*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 50669 ***
[S. i]
WELTREISE-FÜHRER.
ERSTER TEIL.
[S. ii]
MEYERS REISEBÜCHER
mit zahlreichen Karten, Plänen, Grundrissen und Panoramen.
Süddeutschland, Salzkammergut, Salzburg u. Nordtirol. 10. Aufl. Geb. 6 M.
Rheinlande (von Düsseldorf-Aachen bis Heidelberg). 13. Aufl. Geb. 5,50 M.
Schwarzwald, Odenwald, Bergstraße, Heidelberg und Straßburg (unter
Mitwirkung des Schwarzwald-Vereins). 13. Aufl. Gebunden 2,50 M.
Thüringen und Frankenwald (unter Mitwirkung des Thüringerwald-Vereins).
Große Ausgabe. 20. Aufl. Gebunden 2,75 M.
---- Kleine Ausgabe. 20. Aufl. Kartoniert 1,75 M.
Harz und das Kyffhäusergebirge. Große Ausgabe. 20. Aufl. Geb. 2,50 M.
---- Kleine Ausgabe. 20. Aufl. Kartoniert 1 M.
Dresden, Sächsische Schweiz, Böhmisches Mittelgebirge und Lausitzer
Gebirge (Vereinsbuch des Gebirgsvereins). 9. Aufl. Kartoniert 2 M.
Riesengebirge, Isergebirge und die Gebirge der Grafschaft Glatz (unter
Mitwirkung der Gebirgsvereine). 17. Aufl. Kartoniert 2 M.
Ostseebäder und Städte der Ostseeküste. 4. Aufl. Gebunden 4,75 M.
Nordseebäder und Städte der Nordseeküste. 3. Aufl. Gebunden 4,50 M.
Norwegen, Schweden und Dänemark. 10. Aufl. Gebunden 6,50 M.
Österreich-Ungarn, Bosnien und Herzegowina. 8. Aufl. Gebunden 7 M.
Deutsche Alpen. Erster Teil: Bayerisches Hochland, Algäu, Vorarlberg;
Tirol: Brennerbahn, Ötztaler-, Stubaier-u. Ortlergruppe, Bozen, Schlern
und Rosengarten, Meran, Brenta-und Adamellogruppe; Bergamasker
Alpen, Gardasee. 11. Aufl. Gebunden 5,50 M.
---- Zweiter Teil: Salzburg—Berchtesgaden, Salzkammergut, Giselabahn,
Hohe Tauern, Unterinntal, Zillertal, Brennerbahn, Pustertal und Dolomiten,
Bozen. 10. Aufl. Gebunden 5 M.
---- Dritter Teil: Wien, Ober-u. Niederösterreich, Salzburg, Salzkammergut,
Steiermark, Kärnten, Krain, Kroatien, Istrien. 7. Aufl. Geb. 5,50 M.
Der Hochtourist in den Ostalpen, von L. Purtscheller und H. Heß. I. Band:
Bayerische und Nordtiroler, Nordrätische, Ötztaler, Ortler-und Adamello-Alpen.
4. Aufl. Gebunden 6 M.
---- II. Band: Kaisergebirge, Salzburg-Berchtesgadener, Oberösterreichische,
Steirische und Zillertaler Alpen, Hohe und Niedere Tauern. 4. Aufl.
Gebunden 4,50 M.
---- III. Band: Dolomiten, Südöstliche Kalkalpen. 4. Aufl. Gebunden 5,50 M.
Schweiz (mit den Italienischen Seen). 21. Aufl. Gebunden 7 M.
Paris und Nordfrankreich (nebst Brüssel). 5. Aufl. Gebunden 6 M.
Riviera, Südfrankreich, Korsika, Algerien und Tunis. 8. Aufl. Geb. 7,50 M.
Oberitalien und Mittelitalien (bis vor die Tore Roms), von Gsell Fels.
8. Aufl. Gebunden 8 M.
Rom und die Campagna, von Gsell Fels. 7. Aufl. Gebunden 12,50 M.
Unteritalien und Sizilien, von Gsell Fels. 5. Aufl. Gebunden 7 M.
Italien in 60 Tagen (bis einschließlich Neapel und weitere Umgebung),
von Gsell Fels. 9. Aufl. Gebunden 9 M.
Türkei, Rumänien, Serbien, Bulgarien. 7. Aufl. Gebunden 7,50 M.
Griechenland und Kleinasien. 6. Aufl. Gebunden 7,50 M.
Ägypten (Unter-und Oberägypten, Obernubien und Sudân). 5. Aufl. Geb. 9 M.
Palästina und Syrien. 4. Aufl. Gebunden 7,50 M.
Das Mittelmeer und seine Küstenstädte, Madeira und Kanarische Inseln.
4. Aufl. Gebunden 6,50 M.
Weltreiseführer. 2. Aufl. 2 Bände. Gebunden, mit Schutzhülle 25 M.
[S. iii]
MEYERS REISEBÜCHER.
WELTREISE.
ERSTER TEIL:
INDIEN, CHINA UND JAPAN.
ZWEITE AUFLAGE.
MIT 22 KARTEN, 39 PLÄNEN UND 2 TAFELN.
LEIPZIG UND WIEN.
BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT.
1912.
[S. iv]
Alle Rechte vom Verleger vorbehalten.
[S. v]
Vorwort.
Die überaus günstige Aufnahme, die unsre »Weltreise« in ihrer
ersten Auflage bei dem reisenden Publikum wie bei den im Ausland
lebenden Deutschen gefunden hat, beweist, wie sehr die Herausgabe
des »Führers« in der von uns gewählten knappen Fassung
und handlichen Form dem jetzigen Bedürfnis entsprach. Wir haben
daher in der nun vorliegenden zweiten Auflage die Anordnung des
Stoffes nicht geändert, sondern die Grundidee des Buches, dem
eiligen Reisenden auf einer Reise um die Erde einen zuverlässigen
und übersichtlichen Führer an die Hand zu geben, beibehalten und
uns in erster Linie auf eine gründliche Durcharbeitung des gesamten
Stoffes beschränkt; nur die Routen und Ausflüge, die inzwischen
durch Verbesserung der Verkehrswege mehr und mehr an Bedeutung
gewonnen haben, sind neu aufgenommen worden.
Die Bearbeitung des I. Teils, der Alten Welt, lag wiederum in
der bewährten Hand des Verfassers, des Herrn Admiralitätsrats
Georg Wislicenus in Berlin, während den amerikanischen Teil des
Buches Herr Max Wiederhold, Redakteur der »New Yorker Staatsbürgerzeitung«,
übernommen hat. Beiden Herren gebührt für ihre
mühevolle und sachkundige Arbeit unser wärmster Dank. Wesentlich
erleichtert wurde die Herausgabe der neuen Auflage durch die
wertvollen und zahlreichen Beiträge, die uns aus aller Herren Länder
von ortsansässigen Deutschen zugingen, unter denen wir besonders
der Herren Beamten der deutschen Konsulate sowie der Vertreter
großer deutscher Handelshäuser und Schiffahrtsgesellschaften
gedenken müssen; ihnen reihen sich alle die Reisenden, Touristen
wie Berufsreisende, an, die uns ihre Erfahrungen zugute kommen
ließen und dadurch es ermöglichten, daß der Text des Buches, auch
der entlegensten Orte, bis auf den heutigen Tag richtiggestellt werden
konnte. Allen diesen freundlichen Förderern des Unternehmens
sei auch an dieser Stelle unser verbindlichster Dank ausgesprochen.
[S. vi]
Ein größeres Gewicht als in der ersten Auflage des Buches haben
wir diesmal auf alle landeskundlichen Angaben gelegt, weil wir
es für überaus wichtig halten, daß der Weltreisende, der sich ja vor
Antritt der Reise an der Hand ausführlicher Werke eingehend unterrichten
wird, nochmals an Ort und Stelle in kurzen Zügen über die
Eigenart von Land und Leuten nachlesen und sich dadurch das
richtige Verständnis für die Verhältnisse des jeweilig bereisten Landes,
somit den echten Genuß einer Reise verschaffen kann. Anderseits
soll ebenso der weniger gut vorbereitete Tourist auf der Reise,
wo ihm ausführliche Literatur selten zur Verfügung steht, in dem
»Führer« auch auf dem Gebiete der Landeskunde schnell die nötigste
Belehrung finden. Zu dem Zweck hat der Geograph Herr Dr. W. Gerbing
in Leipzig das Buch vom geographischen Gesichtspunkt aus
durchgearbeitet, indem er jedem Band einen knappen geographischen
Abriß beigab oder bereits vorhandene vervollständigte sowie in den
einzelnen Routen auf alle charakteristischen Erscheinungen landeskundlicher
Art hinwies. Wenn dies auch, um den Umfang des »Führers« nicht zu sehr zu
vergrößern, auf Kosten einiger, uns weniger
wichtig erscheinender wirtschaftlicher Angaben geschehen mußte,
so wird dieser Fortfall wohl weniger vermißt, als jene Bereicherung
freudig begrüßt werden.
Die äußerst schwierige Frage der Schreibweise fremder Ortsnamen
haben wir in der Weise zu lösen versucht, daß wir nach Möglichkeit
die ortsübliche Schreibweise wählten, d. h. also diejenige,
der der Weltreisende zunächst begegnet. In Indien ist daher durchweg
die englische, in Niederländisch-Indien die holländische und in
Japan die kürzlich eingeführte amtliche Namensschreibung zugrunde
gelegt.—Von neu aufgenommenen Routen nennen wir, abgesehen
von zahlreichen kleinern Ausflügen: Lahore—Karachi, von Penang
über Land nach Singapore, Hanoï—Yünnanfu, Peking—Jehol, Dairen,
Mukden—Söul—Fusan, ferner Chicago—Saint Orleans—New York.
Wie der Text, ist auch das gesamte Kartenmaterial sorgfältig
revidiert sowie durch neue Karten und Pläne ersetzt und bedeutend
erweitert worden. Neu sind der zweiten Auflage beigegeben worden
die Karten: Vorderindien (nördlicher Teil und südlicher Teil), Zentral-Ceylon,
Penang—Singapore, Kiautschou, Tōkyō—Fuji-no-yama,
Japanische Binnenlandsee, Zeitenkarte (Vereinigte Staaten), Grand
Cañon des Colorado; ferner die Pläne von Simla, Darjeeling, Anuradhapura,
Maduratempel, Mandalay, Saïgon, Soerabaja, Hongkong,
[S. vii]
Kanton, Manila, Schanghai, Wladiwostok, Dairen (Dalny), Nagasaki,
Kōbe-Hyōgo, Ōsaka, Nagoya, Yokohama, Honolulu, San Francisco,
Buffalo, Niagara Falls, Milwaukee, New Orleans, Cincinnati,
Boston.—Außerdem fügten wir der Flaggentafel eine neue Tafel
der Hausflaggen und Schornsteinabzeichen der größern Schiffahrtsgesellschaften
bei, die dem Weltreisenden auf weiter Fahrt oder im
Hafen manche erwünschte Auskunft geben soll.—Sehr freudig begrüßt
werden wird die aus Gründen möglichst großer Handlichkeit
von uns vorgenommene Teilung des »Führers« in zwei mit gesonderten
Registern versehene Bändchen: I. Teil: Indien, China,
Japan; II. Teil: Vereinigte Staaten von Amerika.
An alle Benutzer des »Führers« richten wir zum Schluß die Bitte,
durch Mitteilungen ihrer Reiseerfahrungen und etwaiger Berichtigungen
zur weitern Vervollkommnung des Buches beitragen zu wollen.
Alle derartigen an die »Redaktion von Meyers Reisebüchern in
Leipzig« gerichteten Beiträge (Beschwerden möglichst unter Hinzufügung
schriftlicher Belege) werden dankend entgegengenommen
und bei spätern Abdrücken des Buches bestens verwertet.
Leipzig, März 1912.
Die Redaktion von Meyers Reisebüchern.
[S. viii]
Inhalts-Verzeichnis des ersten Teils.
Seite |
|
Einleitung zur Weltreise |
1-20 |
|
Reisezeit. Reiseplan S. 2.—Rundreisen. Reisegesellschaft
S. 3.—Gesellschaftsreisen. Reiseausrüstung S. 4.
—Reisekosten S. 6.—Geldverhältnisse. Reisepaß S. 7.—Zoll.
Dampfer S. 8-13.—Post u. Telegraph S. 13.—Zeitvergleichung
S. 14.—Sprache. Gasthöfe S. 15.—Landesübliche Ausdrücke
S. 16.—Seewesen. Signalwesen S. 17.—Statistisches S. 18-20.
|
|
I. |
Vorderindien und Hinterindien: Birma, Straits Settlements, Siam,
Indochina, Sumatra und Java. |
1. |
Aus Europa durch den Suezkanal nach Bombay |
22-41 |
|
Von Triest, Brindisi, Genua, Neapel, Marseille nach Port
Saïd S. 22-25.—Port Saïd u. Suezkanal S. 25.—Rotes Meer
S. 30.—Suakin S. 33.—Djibouti S. 36.—Eisenbahn
Djibouti-Addis-Harrar. Abessinien S. 37.—Aden S. 38.
|
|
|
Vorderindien
|
42-52
|
2. |
Bombay |
53-63 |
|
Malabar Hill. Türme des Schweigens S. 60.—Byculla.
Elephanta. Ellora S. 61. |
|
3. |
Von Bombay über Jaipur, Agra, Delhi und Benares
nach Calcutta |
63-96 |
|
I. Von Bombay nach Delhi S. 63.—Ahmedabad S. 65.
—Ajmer S. 67.—Jaipur S. 68.—Amber S. 69.—Delhi
S. 70.—Kutab Minar. Delhi-Umballa-Simla S. 74.—
Delhi-Amritsar-Lahore-Peshawar S. 75.—Von Rawal
Pindi nach Srinagar (Kaschmir) S. 78.—Khaiber-Paß.
Lahore-Karachi S. 80.—Delhi-Agra S. 82.—
Sikandarah. Fatehpur. Sikri S. 86.—Gwalior S. 87.—
Cawnpore. Lucknow S. 88.—Allahabad S. 89.—Benares
S. 90.—Buddh Gaya S. 95. |
|
4. |
Von Bombay nach Madras |
96-104 |
|
Mahabaleshwar S. 97.—Bijapur. Hyderabad S. 98.
—Secunderabad. Golkonda S. 99.—Tirupati. Madras
S. 100. |
|
5. |
Aus Europa durch den Suezkanal nach Colombo. Die
Insel Ceylon |
104-125 |
|
A. Von Genua oder Neapel S. 104; von Marseille, von
Brindisi S. 105.—Triest. Die Insel Ceylon S. 106.—
Colombo S. 110.—Mount Lavinia S. 114.—Kandy
S. 115.—Peradeniya (Botanischer Garten) S. 117.—
Anuradhapura S. 119.—Adams Peak S. 121.—Nuwara
Eliya S. 122.—Hakgala. Badulla. Pedrotallagalla.
Bandarawela S. 123.—Küstenfahrt rund um Ceylon
S. 124—Point de Galle S. 125. |
|
[S. ix]
6. |
Von Colombo über Madras (-Ootacamund) nach Calcutta.
Darjeeling |
125-143 |
|
Tuticorin. Madura S. 126.—Trichinopoly. Tanjore S.
127.—Ootacamund S. 129.—Mysore. Seringapatam.
Bangalore S. 131.—Puri Jagganath S. 133.—Calcutta
S. 134.—Darjeeling. Tiger Hill S. 141.—Phalut S. 142. |
|
7. |
Von Calcutta nach Rangoon. Birma |
143-155 |
|
Birma S. 143.—Rangoon S. 145.—Pegu S. 150.—
Mandalay S. 151.—Von Mandalay nach Bhamo und
Talfahrt auf dem Irawaddy S. 153.—Pagan S. 154. |
|
8. |
Von Colombo über Penang nach Singapore. Sumatra |
|
155-169 |
|
Penang (Georgetown) S. 156.—Medan S. 158.—Padang.
Merapi S. 159.—Krakatau. Penang-Singapore S.
160.—Taiping S. 161.—Kuala Kubu. Kuala Lumpur
S. 164.—Malacca Town S. 165.—Singapore S. 166.—
Johor Bahru S. 169. |
|
9. |
Siam. Indochina |
169-190 |
|
Singapore-Bangkok S. 169.—Siam S. 170.—Bangkok
S. 171.—Phrabat S. 176.—Ayuthia. Singapore-Saïgon
S. 177.—Indochina. Cochinchina S. 178.—Kambodja.
Saïgon S. 179.—Saïgon-Angkor-Thom S. 183.—
Saïgon-Hanoï. Annam S. 185.—Hué S. 186.—Haïphong.
Alongbucht S. 187.—Hanoï. Tonkin S. 188.—
Hanoï-Yünnanfu S. 189. |
|
10. |
Von Singapore nach Batavia. Java |
190-214 |
|
Java S. 191.—Batavia S. 195.—Buitenzorg S. 200.—
Sindanglaja. Pangerango S. 202.—Bandoeng.
Tangkoeban-Prahoe. Garoet S. 203.—Papandajan. Telaga
Bodas S. 204.—Djokjakarta. Prambanan S. 205.
—Bora-Boedoer. Magelang S. 206.—Soerakarta. Samarang
S. 207.—Soerabaja S. 208.—Pasoeroean S. 210.—
Tosari. Bromo S. 211.—Probolinggo S. 212.
|
|
II. |
China, Philippinen, Sibirische Bahn, Korea und Japan. |
|
Südchina |
214 |
11. |
Von Singapore nach Hongkong. Kanton. Macao.
Philippinen: Manila |
214-240 |
|
Südchines. Meer S. 214.—Südchina S. 215.—Hongkong
S. 220.—Kanton S. 225.—Macao S. 233.—Hongkong-Manila
S. 234.—Philippinen S. 235.—Manila S. 236.—
Baguio S. 240. |
|
12. |
Von Hongkong nach Schanghai. Die Yangtse-Fahrt |
240-263 |
|
Swatau. Amoy S. 241.—Futschou S. 243.—Kuschan.
Jungfu. Ningpo S. 244.—Insel Formosa S. 245.—
Ostchinesisches Meer. Schanghai S. 246.—Yangtse-Fahrt
Schanghai-Hankau-Itschang S. 254.—Nanking S. 256.—
Minggrab S. 257.—Nganking. Kiukiang S. 258.—
Hankau S. 259.—Yangtse-Fahrt von Itschang nach
Tschungking S. 262.—Tschöngtu S. 263. |
|
|
Nordchina |
264 |
13. |
Von Schanghai nach Tsingtau, Tientsin und Peking |
240-263 |
|
Kiautschou S. 266.—Tsingtau S. 267.—Lauschangebirge
S. 270.—Tsinanfu S. 272.—Taischan. Küfu
S. 273.—Tientsin S. 275.—Weihaiwei. Tschifu S.
278.—Tongku S. 279. |
|
[S. x]
14. |
Peking und Umgebung |
280-301 |
|
Pi-yün-sse S. 294.—Chinesische Mauer. Minggräber
S. 296.—Jehol S. 298—Peking-Hankau S. 299.—
Hsiling S. 300. |
|
15. |
Von Berlin nach Moskau und auf der Sibirischen Bahn
über Charbin nach Wladiwostok, Dairen und Peking |
301-329 |
|
Moskau S. 305.—Omsk S. 313.—Kraßnojarsk. Jenissei.
Irkutsk S. 315.—Baikalsee S. 316.—Kjachta. Maimatschin.
Amurfahrt Strjetensk-Blagowjeschtschensk-Chabarowsk
S. 317.—Mandschuria. Charbin S. 318.—
Wladiwostok S. 320.—Chabarowsk. Von Charbin nach
Dairen S. 323.—Mukden S. 324.—Peiling S. 325.—
Dairen S. 326.—Port Arthur S. 327.—Von Charbin
nach Peking. Yinkou S. 328.—Schanhaikwan S. 329. |
|
16. |
Korea |
330-337 |
|
Von Mukden nach Söul S. 331.—Tschimulpo S. 332.—
Söul S. 333.—Diamantberge S. 335.—Von Söul nach
Fusan und Shimonoseki S. 336. |
|
|
Japan |
337 |
17. |
Von Schanghai nach Nagasaki, durch die Binnenlandsee
nach Kōbe, über Ōsaka, Kyōto nach Yokohama,
Tōkyō und Nikkō |
347-411 |
|
Ostchinesisches Meer S. 348.—Nagasaki S. 349.—
Eisenbahn Nagasaki-Moji. Kagoschima. Dasaifu. Hakata
S. 353.—Von Nagasaki durch die Binnenlandsee nach
Kōbe S. 354.—Shimonoseki S. 355.—Eisenbahn von
Shimonoseki nach Kōbe S. 358.—Kōbe-Hyōgo S.
361.—Eisenbahn von Kōbe über Ōsaka und Nara
nach Kyōto S. 365.—Kyōto S. 369.—Von Kyōto
über den Hiyeisan zum Biwasee S. 377.—Ōtsu.
Hozugawa (Katsuragawa) S. 378.—Katsura no Rikyū.
Mamoyama. Eisenbahn von Kyōto über Nagoya nach
Yokohama S. 379.—Yamada S. 381.—Futami S.
382.—Kunō-zan S. 383.—Fuji-no-yama
S. 384.—Miyanoshita. Über den Hakonesee nach
Atami S. 386—Yokohama S. 388.—Kamakura S.
391.—Enoshima S. 392.—Tōkyō S. 393.—
Nikkō S. 404.—Chūzenjisee S. 407.—Yumotosee.
Shiranezan. Kirifuri-no-taki. Nyohō-zan S.
408.—Ikao-Harunasee-Harunatempel S. 409. |
|
18. |
Von Yokohama über Honolulu nach San Francisco |
411-423 |
|
Stiller Ozean S. 411.—Haiwai-(Sandwich-) Inseln S. 413.
—Honolulu S. 416.—Hawai S. 421.—Kilauea.
Mauna Kea. Mauna Loa S. 422. |
|
|
Register |
424-436 |
Wem der Umfang des Buches zu groß sein sollte, dem ist
die Möglichkeit gegeben, es in zwei selbständige Teile zu zerlegen
(Einlegedecken dazu sind in den Buchhandlungen für 50 Pf. zu
haben); man zerschneide zu diesem Zweck das Rückenband des
Buches zwischen den Seiten 20 und 21, 212 und 213, und erhält
dann die Hefte: I. Vorderindien, Hinterindien, Sumatra, Java;—
II. China, Philippinen, Sibirische Bahn, Korea, Japan.
[S. xi]
Verzeichnis der Karten und Pläne des
ersten Teils.
Karten.
|
Seite
|
Weltreise, vor dem Titel. |
Länder des Mittelmeers mit den Häfen Port Saïd und Suez |
22 |
Rotes Meer und Suezkanal |
28 |
Asien, Übersicht |
40 |
Ostindien, nördlicher Teil |
64 |
— südlicher Teil |
96 |
Ceylon, im Text |
106 |
Mittel-Ceylon |
114 |
Hinterindien mit Java |
155 |
Penang-Singapore, im Text |
162 |
Französisch-Indochina |
177 |
China und Japan |
215 |
Hongkong-Kanton-Macao |
219 |
Länder des Gelben Meers |
271 |
Tientsin — Peking mit Umgebung von Peking |
275 |
Sibirische Bahn |
301 |
Japan |
337 |
Japanische Binnenlandsee |
356 |
Tōkyō — Fuji-no-yama |
384 |
Ikao-Haruna, im Text |
410 |
Hawai-Archipel mit Umgebung von Honolulu, im Text |
414 |
Weltverkehrskarte
|
436
|
|
|
Pläne.
|
Port Saïd, auf der Karte |
28 |
Suez, auf der Karte |
28 |
Aden, Lageplan, im Text |
38 |
Bombay |
53 |
Simla, auf der Karte |
64 |
Darjeeling, auf der Karte |
64 |
Delhi, im Text |
71 |
Agra, im Text |
84 |
Benares, im Text |
91 |
Madras, im Text |
101 |
Colombo, im Text |
111 |
Anuradhapura, im Text |
120 |
Tempel in Madura, im Text |
126 |
Calcutta |
134 |
Rangoon, im Text |
147 |
Mandalay, im Text |
152 |
Singapore, Lageplan |
166 |
Bangkok, Lageplan, im Text |
172 |
— Stadtplan, im Text |
174 |
Saïgon, im Text |
180 |
Batavia, Stadtplan |
195 |
— Lageplan, im Text |
196 |
Soerabaja, im Text |
209 |
Macao, auf der Karte |
219 |
Hongkong |
220 |
Kanton |
226 |
Manila, Lage- und Stadtplan, im Text |
237 |
— Plan der innern Stadt, im Text |
239 |
Schanghai, innere Stadt |
246 |
— Umgebung |
252 |
Tsingtau |
267 |
— Umgebung |
267 |
Port Arthur, auf der Karte |
271 |
Tientsin, auf der Karte |
275 |
Peking |
280 |
Moskau |
305 |
Wladiwostok, im Text |
321 |
Dairen (Dalny) |
326 |
Nagasaki, im Text |
350 |
Kōbe-Hyōgo, im Text |
363 |
Ōsaka, im Text |
366 |
Kyōto und Umgebung |
369 |
Nagoya, im Text |
381 |
Yokohama |
388 |
Tōkyō |
393 |
Nikkō und Umgebung, im Text |
405 |
Honolulu, im Text |
418 |
— |
Flaggentafel |
18 |
Hausflaggen und Schornsteinabzeichen |
18 |
[S. xii]
Abkürzungen.
abds. |
== |
abds. |
|
NW. |
== |
Nordwesten. |
B. |
== |
Bedienung. |
|
nw. |
== |
nordwestlich. |
bzw. |
== |
beziehungsweise. |
|
O. |
== |
Osten. |
c. |
== |
Cent. |
|
Pens. |
== |
Pension (mit Zimmer). |
d |
== |
Pence (engl.). |
|
Pens. o. Z. |
== |
Pension ohne Zimmer.
|
Di. |
== |
Dienstag. |
|
Pes. |
== |
Peseta.
|
Dîn., Dinn. |
== |
Hauptmahlzeit. |
|
R. |
== |
Route (Abschnitt des Buches).
|
$ |
== |
Dollar. |
|
R. (r.) |
== |
rechts.
|
Do. |
== |
Donnerstag. |
|
S. |
== |
Seite.
|
F. |
== |
Frühstück. |
|
S. |
== |
Süden.
|
Fr. |
== |
Franc (franz.). |
|
Sa. |
== |
Sonnabend.
|
Fr. |
== |
Freitag. |
|
Seem. |
== |
Seemeile.
|
Hst. |
== |
Haltestelle. |
|
Sh. |
== |
Shilling (engl.).
|
km |
== |
Kilometer. |
|
So. |
== |
Sonntag (u. Festtag).
|
L. (l.) |
== |
links. |
|
SO. |
== |
Südosten.
|
£ |
== |
Pfund Sterling. |
|
sö. |
== |
südöstlich.
|
m |
== |
Meter. Die beigefügten Zahlen (75 m) geben die Höhe über dem Meer an. |
|
St. |
== |
Stunden.
|
M |
== |
Meile (engl., amerik.). |
|
Stat. |
== |
Station.
|
M. |
== |
Mark. |
|
SW. |
== |
Südwesten.
|
Mi. |
== |
Mittwoch. |
|
sw. |
== |
südwestlich.
|
Min. |
== |
Minuten. |
|
T.d'h. |
== |
Table d'hôte.
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Mitt. |
== |
Mittagessen. |
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Tel. od. T |
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Telegraph.
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Mo. |
== |
Montag. |
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ü. M. |
== |
über dem Meer.
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m. W. |
== |
mit Wein. |
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Vm. |
== |
Vormittag.
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N. |
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Norden. |
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w |
== |
Werst (1,06 km).
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Nm. |
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Nachmittag. |
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W. |
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Westen.
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NO. |
== |
Nordosten. |
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Z. |
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Zimmer.
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nö. |
== |
nordöstlich. |
|
|
|
|
Eingeklammerte Buchstaben mit Zahlen, z. B. (C4), (CD5), (F2, 3), sind
Verweisungen auf die Quadrate des betreffenden Stadtplans.
Die bei den Gasthöfen angegebenen Zimmerpreise verstehen sich für
Ein Bett, einschließlich Licht und Bedienung, falls für letztere beide ein
besonderer Preis nicht angeführt ist.
Die Angaben vor einer Ortsbezeichnung und in Klammer, z. B. (18 km)
Batavia, (11/2 St.) Johore, bedeuten stets die Entfernung des Orts vom
Ausgangspunkt der Strecke; die Angaben ohne Klammer im laufenden Text
bezeichnen die Entfernung von der zunächst vorher gemachten Zeitangabe;
z. B. »zuerst zum Leuchtturm 1/4 St., dann durch Wald 1/2 St. nach Gasturi
und weiter in 11/4 St. zum (2 St.) Biwa-See.«
[S. 1]
Einleitung zur Weltreise.
Der Pulsschlag des deutschen Volkes ist auf dem ganzen Erdenrund
fühlbar. Deutscher Unternehmungsgeist betätigt sich heutzutage
in den fernsten Gegenden der Erde, in den Bergwerken Sibiriens
und Koreas wie auf den Zuckerpflanzungen der glücklichen
Sandwichinseln mitten im Stillen Ozean. Allerwärts in der Alten
wie Neuen Welt findet man angesehene Handelshäuser, große technische
Unternehmungen, wissenschaftliche Anstalten, von Deutschen
begründet oder von Deutschen geleitet. Nach diesen Plätzen in
weiter Ferne spinnen sich unzählige Verkehrsfäden von der Heimat
aus, alle sind durch feste Bande deutscher Empfindung mit dem
Vaterlande verknüpft; sie sind Brennpunkte, wohin alljährlich
jugendfrischer Nachwuchs hinausströmt, um die deutsche Kraft
mitten im friedlichen, doch scharfen Wettbewerb zwischen den Völkern
der Erde zur Geltung zu bringen und sich selbst da draußen
eine Lebensstellung zu schaffen. Diesen Vorkämpfern der Ausbreitung
deutschen Wesens in fernen Landen soll der »Weltreiseführer«
ein treuer Begleiter und Berater sein; sie in erster Linie werden
für ihre Reisen wie auch für die nähere und weitere Umgebung
ihres Wirkungskreises das Sehens-und Wissenswerteste in ihm verzeichnet
finden.
In unsrer Zeit, die unser seekundiger Kaiser das Zeitalter des
Verkehrs getauft hat, beginnt aber auch der deutsche Vergnügungsreisende
die Scheu vor langer Seefahrt mehr und mehr zu überwinden.
Zahlreiche deutsche Weltreisende haben als besten Gewinn ihrer
weiten Fahrten weltmännischen Blick und reifes Urteil über das
Völkergetriebe unsers Planeten heimgebracht. Seitdem wächst
überall in deutschen Landen die Sehnsucht, ferne Länder, Meere
und Völker mit eignen Augen zu schauen, Stätten uralter oder
junger, überreifer oder unreifer Kultur zu betreten, Lebensart fremder
Völker kennen zu lernen, um Vorzüge und Fehler des eignen
Kulturlebens an ihnen zu messen und den eignen Gesichtskreis
zu erweitern. Darum ist eine Weltreise ein Vergnügen im besten,
gediegensten Sinne des Wortes. Schon vor einem Vierteljahrhundert
konnte ein bekannter Weltreisender aussprechen, »daß
heutzutage eine Reise um die Welt ganz und gar kein Kunststück,
sondern vielmehr ein köstlicher, wenn auch mitunter etwas schwer
zu erringender Genuß ist«. Inzwischen ist das Reisen auf dem
großen Reisewege um die Erde sehr bequem geworden, wenn man
die richtigen Gelegenheiten auszunutzen versteht.—Der
»Weltreiseführer« gestattet freie Wahl für den besten Weg; er führt durch den
Suezkanal nach Vorderindien, Ceylon, Hinterindien, Java, China,
[S. 2]
Korea und Japan, dann über die Sandwichinseln und San Francisco
auf den großen Pacificbahnen nach New York und von da nach
Europa zurück; verschiedene Seitenausflüge, z. B. nach Abessinien,
Sumatra, Siam und den Philippinen, sind eingeflochten; auch ist der
Weg durch Rußland auf der Sibirischen Bahn mit beschrieben, den
Reisende, die nur Asien besuchen wollen, zur schnellern Rückreise
benutzen werden.
Ob die Weltreise ostwärts oder westwärts am zweckmäßigsten
auszuführen sei, das hängt davon ab, wann die Reise begonnen
wird und welchem Lande der Reisende längern Aufenthalt widmen
will. Da die alte Kulturwelt Ostasiens mit ihrem Völkergemisch
dem gebildeten Deutschen viel mehr Wunder zu weisen hat als das
moderne Amerika, und es wohl logischer ist, mit dem Ausgang der
Kultur zu beginnen und mit dem Lande der jüngsten Kulturentwickelung
zu schließen, empfiehlt sich die Ostwärtsreise, wie der
»Weltreiseführer« sie schildert, weil erfahrungsgemäß die meisten
Reisenden gegen Ende der Reise nicht mehr den gleichen Genuß an
Reiseeindrücken empfinden. Wer schnell nach Japan reisen und
dort längere Zeit verweilen will, tut gut, westwärts, über Amerika,
zu fahren, falls er nicht den Landweg über Sibirien vorzieht, der für
Ostasien der schnellste Reiseweg ist. Reisende nach Ostindien,
Insulindien und Indochina wählen stets den östlichen Reiseweg.
Reisezeit. Für Indien ist die beste Zeit Mitte November bis
Mitte März, für die nördl. Gegenden auch etwas früher und später;
unbedingt meiden sollte man den Aufenthalt im April, Mai und
Juni, weil ungesund. Für Ceylon ist Mai, September, Oktober,
November und für das Gebirge Januar bis März die günstigste Zeit.
Für Java empfiehlt sich Mai und Juni (die Regenzeit ist November
bis April); für die Philippinen Januar und Februar (Regenzeit
August bis Dezember); für Indochina November bis Februar. Für
China und Japan ist die beste Zeit der Frühling (in Japan die Zeit
der Kirschblüte, April und Mai) und der Spätherbst von Mitte Oktober
bis Mitte Dezember, in China auch der Winter bis zum April.
Reiseplan. Um den in Ostasien meist heißen und nassen Sommer
zu meiden, tut man gut, Europa im Hochsommer oder Anfang
Herbst zu verlassen, wobei freilich zu beachten bleibt, daß die
Fahrt durchs Rote Meer zwischen Port Saïd und Aden, d. h. etwa
5 Tage lang, im Sommer sehr heiß ist; im Golf von Aden trifft
man meist frische Winde. Im Oktober, November und Dezember,
der Hauptreisezeit, muß man Plätze auf den Dampfern nach Indien
und Ostasien schon lange im voraus bestellen. August und September
sind die Hauptzeit für Reisen von Europa nach den Vereinigten
Staaten, für diese Monate ist Vorausbestellung der Plätze
dringend nötig. Wer eine etwa einjährige Reise rund um die Erde
machen will, verzichte darauf, alle im Reiseführer beschriebenen
Länder Ostasiens zu besuchen. Er wird etwa im August von Triest
nach Bombay oder von Genua nach Colombo fahren, dann quer
durch Indien nach Calcutta (September und Oktober für Indien),
von da über Rangoon und Singapore (November) nach Java (Dezember)
und wieder über Singapore nach Saïgon und Hongkong (Januar),
[S. 3]
dann Schanghai, Tsingtau, Peking (Februar), Hankau, Yangtsefahrt
(März), über Schanghai nach Nagasaki, Kobe-Kyōto-Tōkyō-Nikko
(April, Mai), Honolulu (Juni), San Francisco-New York (Juli).
Rundreise nach dem Spezialprogramm der Weltreise 1912 des
Reisebureaus der Hamburg-Amerika Linie: Ostwärts (7-1/2 Monate):
Ab Berlin über Triest nach Bombay;—Vorderindien (Jaipur, Delhi,
Agra, Benares, Calcutta, Darjeeling);—von Madras über Trichinopoly,
Madura, Tuticorin nach Ceylon (Colombo, Kandy, Nuwara
Eliya);—Singapore;—Java (Batavia, Weltevreden, Buitenzorg,
Garoet, Papandajan, Djokjakarta, Soerabaja, Toesari, Bromo);—China
(Saïgon, Hongkong, Canton, Schanghai, Tsingtau, Tientsin, Peking,
Hankau, Schanghai);—Japan (Kobe, Osaka, Kyōto, Nara, Miyanoshita,
Yokohama, Tōkyō, Nikko);—Sandwich-Inseln (Honolulu);—
Nordamerika (San Francisco, Monterey, Yosemitetal, Yellowstone
Park, Salt Lake City, Manitou, Denver, Chicago, Niagara Falls,
Hudson, Washington, Philadelphia, New York);—von New York
nach Hamburg. Ausführliche Programme beim Reisebureau der
Hamburg-Amerika Linie erhältlich.
Reiseplan des Norddeutschen Lloyd für 1912 (etwa 225 Tage): Ab
Genua über Neapel, Port Saïd, Suez, Aden nach Colombo-Kandy-Nuwara Eliya,
Colombo-Madura, Madras, Bombay, Jaipur, Delhi,
Agra, Benares, Darjeeling, Calcutta, Rangoon, Penang, Singapore,
Batavia, Buitenzorg, Garoet, Djokjakarta, Batavia, Singapore,
Hongkong, Canton, Macao, Hongkong, Schanghai, Tsingtau, Tientsin,
Peking, Nankou, Peking, Tientsin, Tschifu, Tsingtau, Schanghai,
Nagasaki, Kobe, Osaka, Nara, Kyōto, Miyanoshita, Yokohama,
Tōkyō, Nikko, Yokohama, Honolulu, San Francisco, Yosemitetal,
Monterey, Yellowstone Park, Salt Lake City, Manitou, Denver,
Chicago, Niagara Falls, Albany, New York, Washington, Philadelphia,
New York, Bremerhaven, Bremen.
Wer seinen Reiseplan selbst aufstellen will, lese den »Weltreiseführer«
und die unter Reiseliteratur (auch bei den einzelnen Ländern)
angegebenen Reisebeschreibungen vor Aufstellung des Plans, um je
nach Neigung die Länder auszuwählen, wo bei günstigster Reisezeit
längerer Aufenthalt erwünscht ist. Das Reisebureau der Hamburg-Amerika
Linie veranstaltet auch Reisen nach Indien, Ceylon, Java,
China, Japan und zurück mit der Sibirischen Bahn nach besonderm
Programm. Es ist unmöglich, alle zweckmäßigen Zusammenstellungen
für die Weltreise, die in hundertfältiger Weise genußreich
ausgeführt werden kann, zu beschreiben; es muß genügen, daß
der »Weltreiseführer« alle Haupt- und Nebenwege zu den wichtigsten
Sehenswürdigkeiten angibt. Mit Hilfe des »Weltreiseführers« kann
der Reisende auch unterwegs nach Bedarf und Wahl seinen Plan
ändern, Seitenfahrten in seltener besuchte Länder (z. B. Abessinien,
Sumatra, Birma, Siam, Philippinen, Korea usw.) ausführen.
Reisegesellschaft. Solange die Weltreise nicht in Plätze führt,
die weit abseits vom Hauptstrom des Reiseverkehrs liegen, können
auch Damen unbedenklich allein reisen; besonders gilt dies für alle
englischen und amerikanischen Länder wie auch für Niederländisch-Indien
und Japan; fast überall reist man dort in den Gebieten des
[S. 4]
lebhaftem Europäerverkehrs so sicher wie in Deutschland. Nur Ausflüge
ins Innere von Ländern wie Birma, Siam, China, Korea und
die Philippinen unternimmt man besser mit einem Gefährten zusammen,
zumal sich auch dadurch viele Nebenausgaben verringern.
Gesellschaftsreisen nach festem Plan unternehmen unter andern das
Reisebureau der Hamburg-Amerika Linie (Berlin W. 64, Unter den
Linden 8) jährlich auf etwa 71/2 Monate zum Preise von 11900 Mark
(gewöhnlich Mitte Januar beginnend), oder der Norddeutsche Lloyd
(Abteilung Passage), Bremen, auf etwa 71/2 Monate für 11600 Mark
(Schiff und Bahn I. Kl., 50 kg Freigepäck), oder der Österreichische
Lloyd nach Ostasien auf etwa 6 Monate für 8000 Mark (Mittelmeer-
Reisebureau H. Osc. Cahn & Co. in Hamburg 36, Neuer Jungfernstieg 6,
Hauptagentur des Österreichischen Lloyd übernimmt Leitung
dieser Weltreisen, stellt auch kombinierte Touren für Einzelreisende
zusammen).—Auch unternimmt die Hamburg-Amerika Linie
jährlich zwei je viermonatliche Vergnügungsreisen um die Welt auf
einem ihrer großen Ozeandampfer zum Preise von 2750-34000 Mark
(eingeschlossen programmäßige Landausflüge und Eisenbahnfahrt
zwischen San Francisco und New York); Abfahrt im November von
Neapel ostwärts, im Februar von San Francisco westwärts, Anschluß
zur Fahrt zwischen Hamburg und New York auf einem beliebigen
Dampfer der Gesellschaft. Ausführliche Prospekte bei der Hamburg-Amerika
Linie erhältlich.—Wer sich einer solchen Gesellschaftsreise
anschließt, ist aller Sorgen bei den Ausflügen überhoben, muß
allerdings auf freie Wahl der Orte und auf längern Aufenthalt an Orten,
die ihm besonders gefallen, sowie überhaupt auf Bewegungsfreiheit,
die höchste Lust des Reisephilosophen, verzichten; dafür werden ihm
in kurzer Zeit viele Sehenswürdigkeiten programmgemäß vorgeführt.
Da diese Reisen nur in zusammenpassender Gesellschaft erträglich sind,
erkundige man sich vorher genau nach den Teilnehmern der Fahrt. In
den genannten Reisebureaus erhält man auch Fahrkarten für selbständige
Weltreisen und Auskunft über die neuesten Fahrpläne aller
Dampferlinien und Eisenbahnen, die für die Weltreise in Betracht
kommen. Die Zweigbureaus sind im Text überall genannt.—Das englische
Reisebureau von Thos. Cook & Son (London, E. C. Ludgate Circus)
hat Filialen in allen Hauptplätzen der Erde (sie sind im Text
des Buches genannt) und unternimmt ebenfalls die Führung von Reisegesellschaften,
die aber meist aus Engländern bestehen. Monatlich
erscheint Cook's Ocean Sailing List mit praktischen Winken für See-und
Weltreisende, deren Beschaffung vor Antritt der Reise sehr zu
empfehlen ist, da sie sehr genaue Übersichten über die neuesten Fahrpläne
und Fahrpreise bietet, besonders auch für Reisen um die Welt.
Reiseausrüstung. Je weniger Gepäck, desto besser; indessen muß
man für eine Weltreise sich doch gründlicher ausrüsten als für
einen Pfingstausflug. Auf Dampfern kann man meist viel Gepäck
zu mäßigem Preise mitführen (vgl. S. 12).
Unentbehrlich ist ein Kabinenkoffer
(90 zu 60 zu 33 cm), für den Gepäckraum ein größerer
(bis zu 1/2 cbm Raum); außerdem (möglichst wenig) Handgepäck, am
besten feste Ledertasche und Segeltuchsack (für wollene Decke,
Stiefel und schmutzige Wäsche).
[S. 5]
Herrenkleidung: zwei bequeme Reiseanzüge aus kräftigem Wollenstoff,
ein dunkler warmer, ein heller leichter; ein guter Gesellschaftsanzug
aus leichtem schwarzen Kammgarn mit Gehrock, Smoking und
Frack, der im Ausland unentbehrlich ist, da überall bei Besuchen,
im Klub, an der Tafel auf Dampfern und in bessern Gasthöfen sehr
viel mehr auf äußere Form gegeben wird, als dies in Deutschland
der Fall zu sein pflegt. Ein Reitanzug aus derber Reithose mit
Flanellhemd und Flanelljacke, Leder-oder Wickelgamaschen. Weiße
Waschanzüge sind schon im Roten Meer unentbehrlich, daher nehme
man etwa vier Paar Jackets nebst Beinkleidern aus gutem Drillichstoff
schon von Hause mit; später kann man den Vorrat preiswürdig
in Bombay, Colombo, Singapore oder Yokohama ergänzen. Anzüge
aus Rohseide (empfehlenswert) erhält man billig in Colombo etc.
Reichlichen Vorrat an Unterzeug, wollenes wie leichtes (seidenes
kaufe man in China); Netzunterjacken nach Lahmann oder Schießer
sind sehr zu empfehlen (sie schützen, wenn oft gewechselt, gegen
den »Roten Hund«, einen lästigen, stark juckenden, durch Schweiß
und Baden im Salzwasser hervorgerufenen ungefährlichen Hautausschlag,
durch Frischwasserwaschung und Einfetten mit Byrolin, Mentholsalbe
oder ähnlichen Hautsalben zu heilen); ferner reichlich farbige
und weiße Hemdenwäsche (die überall schnell gewaschen und
dabei stark verdorben wird), leichte Schlipse, wollene und leichte
Strümpfe. An Schuhzeug: zwei Paar derbe, doch nicht zu schwere
Reiseschnürstiefel aus braunem Leder; Lackschuhe (für den Frackanzug),
weiße Segeltuchschuhe (unterwegs einkaufen); ein Paar
schwarze, kräftige Stiefel mit Doppelsohlen, innere Sohle Leder,
äußere Sohle Gummi, zum Gebrauch an Bord bei schlechtem Wetter.
Reisehut, Klapphut, blaue und weiße Schiffsreisemütze mit Schirm
oder Sportmützen (leichte und wärmere), Strohhut; Tropenhelm
kauft man in Port Saïd (meist schlecht), in Bombay etc. (sehr gut)
in den verschiedensten Formen. Warmer Reisemantel (»Mackintosh«)
ist unentbehrlich, leichter Staub-und Regenmantel zweckmäßig;
dazu Plaid oder eine seidene oder Kamelhaardecke. Sonnenschirm
kaufe man unterwegs. Zwei tüchtige Leibbinden, zwei seidene Halstücher,
Glacéhandschuhe (in Stanniol gewickelt oder in kleiner Blechbüchse
verlötet, weil sie im feuchten Tropenklima Stockflecke bekommen);
Vorrat der Lieblingszigarren (ebenfalls in Blechkasten verlöten!).
Visitenkarten mit heimischer Adresse und Lebensstellung (lateinische
Buchstaben). Wer einen photographischen Apparat mitnimmt, verpacke
die Films oder Platten sorgfältig in Blechbüchse, mit Heftpflaster
verklebt, da sie sonst durch Seeluft sehr leiden; auch lasse man
nach Aufnahme bald entwickeln, was, ebenso wie das Abziehen, in
allen größern Plätzen ausführbar, in China und Japan z. B. sehr gut.
Damenkleidung unterliegt verschiedeneren Ansprüchen als die
Herrenkleidung. Unentbehrlich ist für Damen ein dickes englisches
Reisekleid mit sehr fußfreiem Rock und Paletot, dazu passend in
der Farbe Mütze und Blusen; ferner ein weißwollenes oder hell gestreiftes
Kostüm mit weißseidener und Batistbluse nebst weißer
Mütze für die Seefahrt; ein dunkles Foulard-oder ganz leichtes
Alpakakleid für Bahnfahrten in Indien, Japan etc.; ein Nachmittagskleid
[S. 6]
und zwei Abendtoiletten, darunter eine dekolletiert;
drei weiße Waschkleider, einfach gemacht und einige Blusen mehr.
Ein warmer Reisemantel (Ulster) und ein gegen Regen imprägnierter
Staubmantel, ferner ein leichter Schlafrock für Schiff und Nachtfahrten
mit der Bahn. Unterzeugausrüstung ähnlich wie für Herren;
Ergänzung für die Tropen ist sehr billig und zweckmäßig in Port
Saïd bei Simon Arzt oder in Bombay im Army & Navy-Basar zu
kaufen, ebenfalls Tropenhut, Schirm, Schuhe und Razais (baumwollene
Steppdecken als Matratze für indische Schlafwagen). An
Schuhzeug: ein Paar feste braune Lederstiefel, ein Paar weiße Segeltuchstiefel,
je ein Paar braune und weiße Halbschuhe, ein Paar
Gesellschaftsschuhe und ein Paar elegante Morgenschuhe (auf dem
Schiff zu tragen). Strümpfe hauptsächlich dünn und hellfarbig.
Leibbinden sind auch für Damen dringend zu empfehlen und von
Port Saïd an zu tragen. Sehr nützlich sind etwa sechs kleine
Seidenbeutel zum Anhängen, um nachts Toilettensachen, wie Haarnadeln,
Schmucksachen etc. unterzubringen, weil der Raum in der
Kabine beschränkt ist und beim Schlingern alles vom Tischchen fällt.
In der Toilettenreisetasche sorge man für kleines Nähzeug mit
Reserve-Hemd-und Hosenknöpfen etc., für Nagelschere, Pflaster,
Verbandwatte und etwas Verbandstoff sowie »russische« Choleratropfen
und andre Augenblicksheilmittel in einer kleinen Reiseapotheke
zusammengestellt; wobei Chinin und Rizinus nicht vergessen
werden sollten. Ein Vorlegeschloß kann zuweilen nützlich
sein. Ferner ein kräftiges Taschenmesser mit Kork-und Schraubenzieher
nebst Dosenbrecher (für Konservenbüchsen). Revolver oder
Browningpistole, in Ledertasche am Gürtel unter der Jacke zu tragen,
ist nur außerhalb der Hauptverkehrsgebiete erforderlich; Büchse oder
Jagdflinte ist je nach dem Zweck der Reise auszuwählen, doch ist zu
beachten, daß die Einfuhr von Waffen in manchen Ländern nur mit
obrigkeitlicher Erlaubnis gestattet ist, auch tragen Waffen meist hohen
Einfuhrzoll (der beim Austritt nur manchmal zurückvergütet wird).
Wer die Handwaffe verheimlicht, kann damit, zumal in den Vereinigten
Staaten, in recht üble Lage geraten. Ein gutes Doppelfernglas
und ein guter, nicht zu kleiner Kompaß sind unentbehrlich, ein
(vorher geprüfter) Aneroid-Barometer (oder Hypsometer) angenehm.
Reiseliteratur. Für die Vorbereitung
zur Reise besonders zu empfehlen:
Victor Ottmann, Rund um die Welt
(Berlin 1905); Julius Meurer, Weltreisebilder
(Leipzig 1906); Cäcilie v. Rodt,
Reise einer Schweizerin um die Welt
(Neuenburg 1903); A. G. Plate, Der ferne
Osten (Bremen 1907); Doflein, Ostasienfahrt
(Leipzig 1906); Walter Frhr.
v. Rummol, Erster Klasse und Zwischendeck
(Berlin 1912); K. Günther, Einführung
in die Tropenwelt (Leipzig
1911); als medizinischer Ratgeber:
Kohlstock, Ratgeber für die Tropen
(Stettin 1910). Spezielle Literatur ist
bei den einzelnen Ländern erwähnt.
Die Reisekosten richten sich natürlich nach den Ansprüchen des
Weltreisenden; man muß 1200-1800 M. monatlich, einschl. Fahrpreise,
also für die Gesamtkosten, bei einer etwa sechsmonatigen Reise rechnen;
längere Reisen sind entsprechend billiger, kürzere teurer für
jeden Monat. Eine Weltreisekarte Tour 1, via Japan und China,
des Norddeutschen Lloyd kostet 2695 M., 2 Jahre gültig, nicht übertragbar;
mit solcher Karte würde eine dreimonatige Reise um die
[S. 7]
Erde etwa 5000 M. kosten. Die 71/2 monatige Gesellschaftsreise um die
Erde des Reisebureaus der Hamburg-Amerika Linie kostet für 1912:
11900 M., Kosten der viermonatigen Vergnügungsreise s. S. 4.
Reisegeld, Geldverhältnisse. Bargeld nehme man für eine Weltreise
wenig mit. Auf den Dampfern gilt das Geld der Landesflagge,
also deutsches auf den deutschen Linien etc. Für den Bedarf der
ersten Tage versehe man sich mit kleinen Banknoten oder etwas
Gold-und Silbergeld des nächsten Hafenplatzes schon im voraus
im letzten Abgangshafen oder an Bord beim Zahlmeister oder Obersteward
(meist etwas teurer). Beim Geldwechseln unterrichte man
sich vorher genau über den Wert des fremden Geldes, bevor man
sich den in jedem Hafen an Bord kommenden Wechslern anvertraut.
Im übrigen versehe man sich schon in Deutschland mit einem Weltkreditbrief
der Disconto-Gesellschaft in Berlin W., Unter den Linden 35,
oder einer andern größern Bank in Deutschland, der den großen
Vorteil bietet, an allen größern fremden Hafenplätzen und Binnenstädten
nach Bedarf Geld abzuheben; jedem Weltkreditbrief wird
eine Liste von Korrespondenten (bei der Disconto-Gesellschaft am
zahlreichsten, etwa 2000) beigefügt, bei denen die Weltkreditbriefe
ohne vorhergehendes Avis zahlbar sind, und die auch in andern
Angelegenheiten dem Reisenden Ratschläge und Auskünfte erteilen.
Im »Weltreiseführer« sind für alle Plätze die Korrespondenten der
Disconto-Gesellschaft in Berlin, der Deutschen Bank und der Allgemeinen
Deutschen Creditanstalt in Leipzig unter »Banken« angeführt.
Reise-Schecks des Reisebureaus der Hamburg-Amerika Linie
werden in Verbindung mit der Disconto-Gesellschaft vorläufig im
Werte von 50 und 100 M. sowie von $ 10, 20, 50 und 100 ausgegeben,
als Zahlungsmittel auf der Weltreise. Auch der Norddeutsche
Lloyd gibt derartige Schecks aus. Diesen Schecks sind die Gegenwerte
der meistbesuchten Länder aufgedruckt (vgl. die Münztabelle);
sie werden wie die Weltkreditbriefe an etwa 2000 Bankzahlstellen
im In-und Ausland (zum Tageskurs) eingelöst. Der Käufer der
Schecks erhält zugleich ein Einführungsschreiben, das er persönlich
unterschreiben muß; bei Einlösung eines Schecks ist das Schreiben
vorzuzeigen und gleichzeitig die eigene Unterschrift in Gegenwart
des die Zahlung leistenden Bankkorrespondenten auf die Rückseite
des Schecks zu setzen. Diese Reise-Schecks haben 3 Jahre Gültigkeit,
werden aber nur im ersten Jahre bei allen im Einführungsbrief
aufgeführten Firmen eingelöst; im zweiten und dritten Jahre können
sie nur noch bei der Direktion der Disconto-Gesellschaft in Berlin
eingelöst werden; später verfallen sie.
Reisepaß sollte jeder Weltreisende zur Legitimation bei sich
führen. Für Rußland bestehen besondere Vorschriften, auch für den
Durchgangsverkehr auf dem sibirischen Landweg, vgl. S. 301. Für
Reisen auf Java (S. 194) ist ebenfalls ein Paß vorgeschrieben, in
Indochina ist er oft nützlich. In China besorgt der deutsche Konsul des
Ankunftshafens einen Reisepaß für die chinesischen Behörden, wenn
man ins Innere reisen will; dazu sind auch Visitenkarten in chinesischer
Schrift (mit Namen, Rang, Heimat und Reisezweck) erforderlich.
Innerhalb eines Landes besorgen auch oft die Gasthöfe die Pässe.
[S. 8]
Zollwesen macht in Asien weniger Schwierigkeiten als bei Reisen
innerhalb der europäischen Zollvorschriften. Näheres im Texte des
Buches bei den Ankunftshäfen.
Konsulate. Man suche nach der Ankunft sein Konsulat auf und
gebe dort seine Karte ab (schon wegen dahin nachgeschickter Briefe),
belästige aber die Konsulatsbeamten nicht mit Kleinigkeiten, suche
nur ihre Unterstützung, wo man von fremden Behörden und deren
Beamten nicht mit gebührender Achtung behandelt wird. In Ägypten,
Siam und China steht der Deutsche unter deutscher Konsulargerichtsbarkeit,
sonst überall unter der Gerichtsbarkeit des Landes, wo er
sich aufhält.
Eisenbahnen. Das Reichskursbuch enthält die Fahrpläne für die
Sibirische Bahn Berlin-Mandschuria-Wladiwostok, für die Nordchinesische
und die Schantung-Eisenbahn. Die Fahrpläne der
übrigen Bahnen etc. muß man sich an Ort und Stelle beschaffen.
Dampferlinien. Norddeutscher Lloyd in Bremen (Abteilung Passage,
Papenstraße; Belegung von Dampferplätzen kann auch in dessen
Hauptagenturen, z. B. Berlin, Unter den Linden 5/6; ferner durch
Reisebureaus, wie das Weltreisebureau Union, Berlin, Unter den
Linden 22; das Amtliche Bayerische Reisebureau in München, Promenadeplatz
16; Thos. Cook & Son, London, E. C. Ludgate Circus;
Schenker & Co., Wien I, Schottenring, u. a. erfolgen): Reichspostdampfer
alle 14 Tage nach Ostasien (abwechselnd von Hamburg
und Bremerhaven) über Rotterdam (nur die Dampfer von Bremerhaven),
Antwerpen, Southampton, Gibraltar, Genua, Neapel (hier
können Reisende von Berlin 14 Tage nach Abfahrt des Dampfers
aus Deutschland ihn mit der Bahn noch erreichen), dann über Port
Saïd, Suez, Aden, Colombo, Penang, Singapore (Anschluß nach
Bangkok und Batavia etc.), Hongkong (Anschluß nach Manila),
Schanghai (Anschluß nach Hankau), Tsingtau (nur die Dampfer von
Hamburg), Nagasaki (nur die Dampfer von Bremerhaven), Kobe,
Yokohama und ebenso zurück (ohne Anlaufen von Rotterdam). Vgl.
Reichskursbuch Nr. 697. Außerdem die Australlinie bis Colombo,
Reichskursbuch Nr. 707a. Schnellpostdampfer zwischen Bremerhaven
und New York alle 8-14 Tage, vgl. Reichskursbuch Nr. 711a in
7 Tagen.—Eine Weltfahrkarte des Norddeutschen Lloyd kostet
2695 M. I. Kl. für Tour 1 via China und Japan; die Reise kann
westwärts oder ostwärts gemacht werden, die Fahrkarte ist 2 Jahre
gültig und nicht übertragbar. Reiseunterbrechung ist in jedem Hafen
gestattet, doch Anmeldung beim Agenten der betreffenden Gesellschaft
erforderlich mit Angabe, wann die Weiterreise angetreten werden
soll. Anspruch auf freien Platz auf dem Dampfer für die Weiterreise
hat der Reisende nicht. Alle Kosten am Lande hat der Reisende
selbst zu tragen. Verlust der Weltfahrkarte wird nicht vergütet. Die
Weltfahrkarte gibt Anrecht auf einen Platz in Außenzimmern niedrigster
Preislage, wenn der Platz rechtzeitig bestellt wird; bei Benutzung
eines Innenzimmers tritt keine Preisermäßigung ein. Die
Anweisung für die Reise über den Atlantischen Ozean kann in New
York durch die Firma Oelrichs & Co. (in Bremen durch den Norddeutschen
[S. 9]
Lloyd) ohne Nachzahlung auf Wunsch des Reisenden auf
eine andre atlantische Linie übertragen werden. Wenn der Weltreisende
sich in Gibraltar, Genua oder Neapel ein-oder ausschifft,
ermäßigt sich der Preis der Fahrkarte um 88 M. Der Preis erhöht
sich um 110 M., wenn man von Port Saïd nach Bombay mit Dampfer
des Österreichischen Lloyd fährt. Die Reisekosten von Bombay
durch Indien bis Colombo sind in den Fahrpreis nicht mit eingeschlossen.
Statt des Reichspostdampfers von Colombo nach Singapore
darf man einen Dampfer der British India S. N. Co. (nicht empfehlenswert!)
von Calcutta nach Singapore benutzen. Gleiches gilt
für die Westwärtsreise, auf der man schon bei der Platzbelegung in
Ostasien anmelden muß, falls man die Reise in Singapore, Penang
oder Colombo unterbrechen will; Meldung beim Schiffszahlmeister
vor Abfahrt von Colombo ist erforderlich, wenn man in Suez oder
Port Saïd die Rückreise unterbrechen will. Von Japan nach San
Francisco berechtigt die Weltfahrkarte zur Fahrt mit den Dampfern
der Pacific Mail S. S. Co. und der Toyo Kisen Kaisha, wobei Reiseunterbrechung
in Honolulu (bei den japanischen Schiffen nicht über
30 Tage) zulässig ist. Eisenbahnfahrten in Japan hat der Reisende
selbst zu bestreiten. Die Weltfahrkarte gestattet auch, mit Küstendampfer
des Norddeutschen Lloyd von Singapore über Bangkok
(mit Fahrtunterbrechung dort) nach Hongkong ohne Mehrkosten zu
reisen. Für die Bahnfahrt von San Francisco via Chicago oder via
St. Louis oder via New Orleans nach New York sind die Reisenden
berechtigt, sich einen der vielen auf der Fahrkarte genannten Reisewege
auszuwählen; die Reise kann in weniger als fünf Tagen ausgeführt,
aber auch an jedem größern Platz unterbrochen werden,
wenn man dies dem Zugführer vorher anmeldet. Mahlzeiten und
Schlafwagenbenutzung (s. II. Teil, S. 4) hat der Weltreisende selbst
zu zahlen. Wenn die Eisenbahnfahrt von San Francisco nach New
York nicht in die Weltfahrkarte eingeschlossen werden soll, ermäßigt
sich deren Preis um 210 M.—Bei Einschiffung für die Reichspostdampfer
in Bremen oder Hamburg müssen die Reisenden am Tage
vor der Abfahrt des Dampfers in Bremen (Papenstraße 5/6) oder in
Hamburg (Baumwall 3) sich zwischen 10 Uhr vormittags und 5 Uhr
nachmittags melden und Verladung des Gepäcks (das vorausgesandt
werden kann) veranlassen. In Rotterdam legen die Dampfer (von
Bremerhaven kommend) am Rynhaven am Kai an; die Reisenden
tun gut, schon am Tage vorher sich bei Wm. H. Müller & Co.,
Willemsplein 5, zu melden. Antwerpen verlassen die Reichspostdampfer
der ostasiatischen Linie Montags, sie liegen am Quai van
Dyck 20 und 21; Agentur in Antwerpen von Bary & Co., Place de
Meir 23, die Reisenden müssen sich meist schon am Abend vor der
Abfahrt einschiffen. Reisende, die die Seefahrt durch die nordeuropäischen
Gewässer scheuen, benutzen den Lloyd-Expreßzug (täglich
früh 6 Uhr 55 Min. von Altona, Hamburg über Bremen, Düsseldorf,
Köln, Wiesbaden, Straßburg, Basel, Luzern etc. nach Genua
in 28 Stunden, Fahrpreis Hamburg-Genua 168,40 M.). Empfehlenswert
ist Platzvorausbestellung bei den Lloydagenturen, der Internationalen
Schlafwagengesellschaft, bei Thos. Cook, Union-Weltreisebureau
[S. 10]
oder Schenker & Co. für den Lloydexpreßzug. Das eingeschriebene
Gepäck der Passagiere, die mit Lloyddampfer von Genua
weiterfahren, unterliegt im Lloydexpreßzug keiner Zollrevision;
man mache den den Zug begleitenden Beamten der Internationalen
Schlafwagengesellschaft darauf aufmerksam. Diese Beamten übernehmen
Überführung des Gepäcks von Genua-Bahnhof an Bord des
Dampfers gegen 1,50 Fr. Gebühr für jedes Gepäckstück. Genua verlassen
die Reichspostdampfer der Ostasiatischen Linie jeden Donnerstag
Mittag 12 Uhr, 1 Stunde nach Ankunft des Lloydexpreßzugs.
Wer den Lloydexpreßzug nicht benutzt, schifft sich am besten in
Neapel ein; Abfahrt des Dampfers von dort Freitags um Mitternacht,
14 Tage nach Abfahrt aus Deutschland. Während der Bahnfahrt sollten
diese Reisenden die Zolluntersuchung ihres Gepäcks an der italienischen
Grenze selbst überwachen und sich vergewissern, daß es
mit ihrem Zuge wirklich mitkommt, da sonst ihr Gepäck trotz
gegenteiliger Zusicherung der Bahnbeamten oft nicht rechtzeitig nach
Neapel kommt! In Neapel melde man sich sofort bei Aselmeyer & Co.,
Corso Re Umberto I (Rettifilo) Nr. 6; dort erhält man eine kostenfreie
Fahrkarte für den Tender, der zu jeder vollen Stunde von
Land zum Dampfer fährt. (Genauere Angaben enthält das neueste
»Handbuch des Norddeutschen Lloyd für die Reichspostdampferlinien
nach Ostasien und Australien«.)
Hamburg-Amerika Linie (Hamburg, Ferdinandstraße 58/62 und
Alsterdamm 25, Abteilung: Personenverkehr, Reisebureau in Berlin,
Unter den Linden 8, s. S. 4). In Ostasien Anschlußlinie (Reichskursbuch
Nr. 697) von Schanghai nach Tsingtau, Tschifu und Tongku
(Tientsin) sowie nach Dairen; im Winter statt Tientsin nur Dairen
(Dalny). Außerdem sind mehrere Dampfer des ostasiatischen Frachtdampferdienstes
zur Aufnahme von Reisenden eingerichtet; diese
Dampfer laufen von Hamburg nach Penang, Singapore, Manila,
Hongkong, Schanghai, Tsingtau, Tongku (Tientsin), Yokohama und
Kobe, einzelne auch bis Wladiwostok; auch die Dampfer des arabisch-
persischen Dienstes, die Port Sudan, Djibouti, Aden, Maskat, Bender-
Abbas, Lingah, Bahrein, Buschir, Basra, Mohammerah anlaufen,
nehmen gelegentlich Reisende mit.—Schnelldampfer zwischen Hamburg
und New York s. Reichskursbuch Nr. 711 a.
Österreichischer Lloyd (Triest, Kommerzielle Direktion; Berlin,
Generalagentur: Unter den Linden 47) unterhält die Linien: Triest-
Bombay, monatlich zwei-(Mai-August ein-) mal, in 15-16 Tagen;
Triest-Calcutta (über Port Saïd, Suez, Port Sudan, Djibouti, Aden,
Karachi, Colombo, Madras und Rangoon) in 40-44 Tagen, am 12.
und 25. jedes Monats; Triest-Kobe (über Port Saïd, Suez, Aden,
Bombay, Colombo, Penang, Singapore, Hongkong, Schanghai, Yokohama,
Kobe in 70-72 Tagen am 27. jedes Monats ab Triest (Reichskursbuch
Nr. 700). Auswechselbare Rückfahrkarten mit den Messageries
Maritimes. Billige Fahrpreise: nach Bombay Salonkl. 33,6
und 30 £, je nach Kabinenlage; Intermed.-Kl. 23,6 £, nach Colombo
36 £, nach Rangoon 38,10 £, nach Calcutta 40,3 £, nach Hongkong
44 £, nach Schanghai 47,6 £, nach Kobe und Yokohama 50,1 £.
[S. 11]
Rückfahrkarten für alle Plätze mit zweijähriger Gültigkeit. (Man
wähle eins der neuern Schiffe.)
Messageries Maritimes (Paris, Rue Vignon 1; Berlin, Unter den
Linden 17/18; Hamburg, Eug. Cellier, Dovenfleet 21) von Marseille
jeden zweiten Sonntag über Port Saïd, Suez, Djibouti oder Aden,
Colombo, Singapore, Saigon, Hongkong, Schanghai, Kobe nach Yokohama
in 38 Tagen, mit Anschlußlinien: Singapore-Batavia in 2 Tagen
und Colombo-Pondicherry-Calcutta in 5 Tagen (Reichskursbuch
Nr. 699). Außerdem monatlich die Australlinie nach Bombay (Reichskursbuch
Nr. 707 b).
Società Nazionale di Servizi Marittimi (Rom, Piazza Venezia 11),
eine Linie ab Genua am 17. jedes Monats über Neapel, Messina,
Catania, Port Saïd, Suez, Aden nach Bombay in 17 Tagen (Reichskursbuch
Nr. 701); eine Linie am 18. jedes Monats von Bombay über
Singapore nach Hongkong.
Ferner: Stoomvaart Maatschappij Nederland (Amsterdam, Prins
Hendrikkade 159-160) und Rotterdamsche Lloyd (Rotterdam, Veerkade
8), je alle 14 Tage von Amsterdam und Rotterdam und Anschluß
an die Dampfer des Österreichischen Lloyd ab Port Saïd nach
Batavia, erstere über Sabang und Singapore, letztere über Padang
(Reichskursbuch Nr. 699 a).—Peninsular and Oriental Steam Navigation
Co. (London, E. C. 122 Leadenhall Street) von London, Marseille
und Brindisi wöchentl. nach Bombay, 14tägig nach Singapore,
Hongkong und Schanghai (schnellste Fahrgelegenheit Brindisi-Bombay,
dann mit Sonderzug nach Calcutta); Erkundigung durch
Cooks Reisebureau (Reichskursbuch Nr. 698 u. 707 c).—Für Fahrten
im Roten Meer: Khedivial Mail S. S. & Graving Dock Co. (Alexandrien)
von Suez über Port Sudan oder Dschidda nach Suakin und
Aden (Reichskursbuch Nr. 698).—Für Fahrten nach und in Vorderindien:
British India Steam Navig. Co. (Reichskursbuch Nr. 698).—
Für Fahrten von Antwerpen nach Japan, Korea, Golf von Petschili
und Wladiwostok: Nippon Yusen Kaisha (Reichskursbuch Nr. 703).—
Zwischen Wladiwostok und Schanghai sowie Tsuruga: Russische Freiwillige
Flotte (Reichskursbuch 705).—Pacific Mail und Toyo Kisen
Kaisha von Hongkong über Schanghai oder Manila, Kobe, Nagasaki,
Yokohama, Honolulu nach San Francisco (Reichskursbuch 704).—
Canadian-Pacific S. S. Line ab Vancouver, Nippon Yusen Kaisha
und Great Northern S. S. Co. ab Seattle nach Yokohama, Kobe,
Nagasaki, Schanghai und Hongkong (Reichskursbuch Nr. 704), die
schnellste Verbindung zwischen Asien und Amerika.—Für Fahrten
von New York nach Europa: s. II. Teil, S. 201 (Reichskursbuch
Nr. 711 a).—Die zahlreichen Küstendampferlinien sind im Texte des
»Weltreiseführers« da, wo sie in Betracht kommen, angeführt.
Allgemeines über die Dampferfahrt. Die Schiffe sind nicht gleichgroß
und bequem; auch die Kabinen jedes Dampfers sind sehr verschieden
im Wert, hinsichtlich Lüftung und Sonnenbestrahlung.
Für die deutschen Reichspostdampfer sind genaue Preislisten (für
jedes Zimmer verschieden) festgesetzt. Man suche stets Außenzimmer
(mit Fenster nach außenbords) zu erhalten, und zwar, der
[S. 12]
Hitze wegen, auf der der Sonnenbestrahlung abgewendeten Seite des
Schiffes. Man meide Zimmer in der Nähe der Maschinen und über
den Kesselanlagen sowie solche im Vorschiff. Die besten Zimmer
liegen in den Decksaufbauten des Mittel-und Hinterschiffs. Je länger
die Seefahrt, um so sorgfältiger sei man in der Wahl des Zimmers.
Auf englischen Schiffen ist es für Ausländer erfahrungsgemäß sehr
schwer, im voraus ein Zimmer zu belegen; man verliert den in
Aussicht gestellten guten Platz oft, wenn im letzten Augenblick
noch ein englischer Fahrgast sich um denselben Platz bewirbt. Deshalb
sollte man stets deutschen und österreichischen Schiffen den
Vorzug geben; sogar Engländer und Amerikaner bevorzugen deutsche
Schiffe. Im Fahrpreis ist die Verpflegung einbegriffen, auf einigen
Linien (z. B. den französischen und italienischen) auch leichter Tischwein.
Die Verpflegung ist die guter Gasthöfe (auf deutschen Schiffen
sogar »Mastkur« I. Ranges); 1/2 Stunde vor den Mahlzeiten Signal
zur Vorbereitung des Anzugs (Hauptmahlzeiten stets im Gesellschaftsanzug,
Gehrock oder Smoking). Früh bringt der Kabinensteward
Tee mit Zwieback auf Wunsch in die Kabine; dann 20 Min. Badezeit,
die man mit dem Bademeister genau verabreden muß; von
8-10 Uhr Frühstück im Speisesaal (kalte und warme Fleischgerichte
etc.); 11 Uhr bringen die Deckstewards Fleischbrühe mit
Brötchen; um 12 oder 1 Uhr »Tiffin« (zweites Gabelfrühstück mit
mehreren Gängen nach Wahl); um 4 Uhr an Deck Tee oder Limonade
mit Gebäck; 7 Uhr »Dinner« (Hauptmahlzeit mit 5-10 Gängen).
Auf den Reichspostdampfern vormittags und zum Dinner Konzert
der Bordkapelle; abends häufig Tanz und Festlichkeiten, auch Skat
mit Bier und amerik. Poker mit Whisky, bis Mitternacht. Die Trinkgelder
am Ende der Fahrt sind nicht unbeträchtlich: Obersteward
und Kabinensteward (etwa je 1/4), Tafelsteward, Decksteward, Bademeister
oder Badefrau, Gepäckmeister und Stiefelputzer (etwa je 1/8
des Gesamttrinkgeldes, das bis Colombo etwa 40 M., bis Yokohama
etwa 70 M. insgesamt ausmacht). Je nach Leistungen genügt es
auch, etwa 3 M. auf den amerikanischen und 2 M. auf den asiatischen
Linien an Trinkgeld für den Tag zu rechnen, wenn man keine besondern
Anforderungen (durch Seekrankheit etc.) gestellt hat. Seekranke,
die an Mahlzeiten nicht teilnehmen, erhalten nach Bedarf
Tee und Gebäck vom Steward im Zimmer oder an Deck, ohne dafür
zu zahlen. Nebenausgaben beschränken sich auf Getränke, Wäsche
und Speisen außerhalb der Mahlzeiten.
Seekrankheit zeigt sich auf großen Dampfern oft nur als leichtes
Unwohlsein, ähnlich wie nach zu reichlichem Genuß geistiger Getränke;
sie ist bei gehöriger Willensstärke zu überwinden, wenn
man ihr von vornherein geringe Bedeutung beilegt. Es empfiehlt
sich, dem Magen durch Leibbinde Wärme und Halt zu geben und
ihn gut zu füllen, auch zwischen den Mahlzeiten Rostbrot, Schokolade,
Kakes, Rotwein zu sich zu nehmen. Andre alkoholische Getränke
meide man, ebenso Kaffee, der bei Anwandlung der Krankheit unbedingt
Explosionen herbeiführt; dagegen ist Tee mit Zitronenscheiben
oder Zitronensaft sehr wohltätig. Man überwinde die ersten
Anwandlungen des Übels in frischer Luft an Deck in bequemer Ruhelage
[S. 13]
(nach Beseitigung beengender Kleidung) in der Mitte des Schiffes;
schlechte Luft, Maschinenöl-und Essengeruch werden leicht verhängnisvoll.
Riechfläschchen belebt. Bei starken Schiffsbewegungen
lasse man die Augen öfters an der unbeweglichen Horizontlinie
Ruhe finden. Man liege flach auf dem Rücken und hebe, wenn es
schlimm ist, die Beine hoch; dadurch fließt das Blut wieder in das
Gehirn zurück. Sicherster Schutz für willensschwache Personen, die
sich nicht zusammennehmen können, ist Ruhelage in einer längsschiffs
aufgehängten Hängematte. Nahrungsverweigerung erhöht das
Unbehagen bei der Seekrankheit.
Kajütsgepäck für die Fahrt auf
Reichspostdampfern nach Ostasien
muß den Namen des Reisenden, des
Dampfers, des Abfahrttages und des
Bestimmungsorts tragen sowie die
Bezeichnung: »Kabine« oder »Gepäckraum«.
Gepäckzettel mit Vordruck liefern
die Agenturen des Norddeutschen
Lloyd. Für Kabinengepäck und Gegenstände,
die während der Reise im
Verwahrsam und Gebrauch der Reisenden
verbleiben, sowie für Gepäckstücke
ohne vorschriftsmäßig ausgefüllten
Gepäckzettel des Norddeutschen
Lloyd übernimmt der Norddeutsche
Lloyd keine Verantwortlichkeit. Ansprüche
wegen beschädigten oder abhanden
gekommenen Gepäcks müssen
sogleich nach Ankunft des Dampfers
am Bestimmungsorte beim Norddeutschen
Lloyd oder dessen Vertreter erhoben
werden, wenn der Eigentümer
nicht seines Anspruchs auf Schadloshaltung
verlustig gehen will. Kaufmannsgüter,
Gelder, Wertpapiere, Juwelen
und Kostbarkeiten dürfen sich
nicht im Gepäck befinden und erklärt
sich der Norddeutsche Lloyd für solche
Artikel frei von jeder Verantwortlichkeit.
Wertsachen sind während der
Reise dem Kapitän oder Zahlmeister
des Schiffes zur Aufbewahrung zu übergeben.
Wein, Bier und Spirituosen
dürfen von den Reisenden nicht mit
an Bord gebracht werden, solche sind
zu den tarifmäßigen Preisen an Bord zu
kaufen. Die Mitnahme von feuergefährlichen,
explosiven oder ähnlichen
Gegenständen ist strengstens untersagt;
Zuwiderhandelnde werden für
allen Schaden haftbar gemacht und gerichtlich
zur Verantwortung gezogen.
Jeder Reisende hat Anspruch auf
freie Beförderung seines Handgepäcks,
eines Stuhls und eines Kabinenkoffers
von höchstens 1 m Länge, 0,6 m
Breite und 0,4 m Höhe sowie andrer
Gepäckstücke mit persönlichen Gebrauchsgegenständen,
insgesamt 1 cbm
Rauminhalt und 200 kg Gewicht nicht
übersteigend (halbzahlende Kinder
100 kg bei 1/2 cbm Raumgehalt Freigepäck),
zur Unterbringung im Gepäckraum.
Für Gepäck-Überfracht im
Gepäckraum wird 50 M. per cbm oder
200 kg berechnet. Mitnahme von
Waren als Gepäck ist nicht gestattet.
Ähnliche Bedingungen auf den andern
Linien des Norddeutschen Lloyd und
auf andern Dampferlinien.
Man achte stets auf sein Handgepäck
und lasse Wertsachen nie unbewacht
liegen; Abfahrt und Ankunft
in Häfen sind bevorzugte Stehltage
für »Händler« und Gelegenheitsdiebe!
Auch vor Beginn der Seekrankheit
alles abschließen!
Seereise-Unfallversicherungen durch
Weltpolicen auf Todes-und Invaliditätsfall
(für Hin-und Rückreise und
Aufenthalt in überseeischen Ländern),
Prämie 80 M. für 1 Jahr und je
10000 M. Versicherungssumme sowie
Reisegepäckversicherung (für je 1000
Seemeilen etwa 1/10 Proz. des Wertes)
übernimmt die Assekuranz-Abteilung
des Norddeutschen Lloyd; ähnlich
auch in Cooks Reisebureau.
Post und Telegraph. Besondere Angaben für die einzelnen Länder
findet man im Texte. Briefe und Depeschen adressiere man:
Herrn N. N., an Bord des Reichspostdampfers ... N. N...., am ...
(Datum) von (Neapel) nach (Colombo), Adresse Herren (Agent der
Dampferlinie) in (Port Saïd). Man erhält dann die Postsachen bei
Ankunft in dem Hafen. Ebenso kann man Briefe etc. an deutsche
[S. 14]
Konsulate (wo kein deutsches Postamt ist: Care of Imperial German
Consulate in ...), oder an die Agenturen von Cooks Reisebureau,
oder an die Dampferagenturen oder gute Gasthöfe adressieren lassen.
Während Landreisen in Indien, Siam, Indochina, Java, China und
Japan lasse man sich Briefe nicht direkt nachschicken, sondern
beauftrage einen Agenten (z. B. Cook) im Hafenplatz, sie auf Anweisung
an bestimmte Plätze nachzuschicken. Briefe im Weltpostverein
kosten 20 Pf. Depeschen von Deutschland kosten: jedes Wort
(bis 15 Buchstaben) nach: Indien 2,05 M., Ceylon 2,15 M., Singapore
3,60 M., Java 4,10 M., Schanghai 4,55 M., Japan 5 M., San
Francisco 1,60 M., New York 1,05 M. Wer viel zu telegraphieren
hat, kann viel sparen, wenn er einen Telegraphenschlüssel (z. B.
den Familientelegraphenschlüssel von Carl Bödiker, Hamburg (Verlag
E. S. Mittler & Sohn, Berlin), mitnimmt. Verabredungen
über den Sinn der gekürzten Depeschen sind nicht erforderlich,
wohl aber empfiehlt sich vorherige Bestimmung einer abgekürzten
Telegrammadresse.
Nachsendungen von Telegrammen, Geld, Paketen etc. an Weltreisende
übernimmt die Firma Bödiker (s. oben; Telegrammadresse,
auch für die Filialen in Tientsin und Tsingtau ist »Bödiker«); sie
depeschiert mit Bödikers Familientelegraphenschlüssel, der sehr beträchtliche
Ersparnisse gewährt; erteilt Auskunft, stellt Reisepläne
auf, besorgt Kabinenplätze, expediert Gepäck und Mobilar etc.
Zeitvergleichung: a) Mitteleuropäische Zeit (M. E. Z.) in Deutschland,
Österreich-Ungarn, Italien; b) Osteuropäische Zeit (O. E. Z.)
1 Stunde vor gegen M. E. Z.: Ägypten (Rußland noch 1 Min. früher);
c) Ostindische Eisenbahnzeit (Indian Standard Time) 4 Stunden 30 Min.
vor gegen M. E. Z. (in den Städten wird nach Ortszeit gerechnet);
d) Chinesische Küstenzeit 7 Stunden vor gegen M. E. Z.; e) Japanische
Zeit 8 Stunden vor gegen M. E. Z; f) Pacific Time (San Francisco)
9 Stunden nach gegen M. E. Z.; g) Mountain Time (Salt Lake
City) 8 Stunden nach gegen M. E. Z.; h) Central Time (New Orleans)
7 Stunden nach gegen M. E. Z.; i) Eastern Time (New York) 6 Stunden
nach gegen M. E. Z.; k) Westeuropäische Zeit (W. E. Z.) in England,
Frankreich, Belgien, Niederlande, Spanien und Portugal 1 Stunde nach
gegen M. E. Z.—Über den Datumwechsel im Stillen Ozean s. S. 412.
Um 12 Uhr mittags Mitteleuropäischer Zeit zeigt die Uhr in:
Moskau
Port Saïd
Suez
Aden
Bombay
Colombo
Madras
Calcutta
Rangoon
Penang
Bangkok
Singapore
Irkutsk
Saïgon
Batavia
|
1
1
1
2
3
4
4
4
5
5
5
5
5
6
6
|
Uhr
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
|
1
—
—
—
51
19
20
53
25
41
42
55
58
—
7
|
Min.
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
|
Nm.
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
abds.
"
|
Peking
Hongkong
Schanghai
Tsingtau
Manila
Charbin
Wladiwostok
Yokohama
——————————
Honolulu
San Francisco
Salt Lake City
Chicago
New York
London
Antwerpen
|
6
7
7
7
7
7
7
8
—
0
3
4
5
6
11
11
|
Uhr
"
"
"
"
"
"
8
——
Uhr
"
"
"
"
"
"
|
46
—
—
—
6
25
48
—
——
28
—
—
—
—
—
—
|
Min.
"
"
"
"
"
"
"
——
Min.
"
"
"
"
"
"
|
abds.
"
"
"
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"
"
"
——
früh
"
"
"
Vm.
"
"
|
[S. 15]
Sprache. Die vorherrschende Sprache für Weltreisende ist das
Englische; nur französische Sprachkenntnisse genügen nicht! Verkehrssprache
auf den Dampferlinien ist die des Landes ihrer Flagge
(auf dem Österreichischen Lloyd ist sie italienisch). Für die fremden
Sprachen leisten im Verkehr »Meyers Sprachführer« (Verlag des
Bibliographischen Instituts in Leipzig), als Ergänzungen zu Meyers
Reisebüchern, ausgezeichnete Dienste. Sie sind eine eigenartige
Verschmelzung von Konversationsbuch und Taschenwörterbuch (in
äußerst handlichem Format), indem jenes in dieses hineingearbeitet
wurde und erst so, durch die alphabetische Anordnung des ganzen
Stoffs, wirklichen Nutzen gewährt. Der Reisende findet im Nu das
gewünschte Wort, daneben grammatische Anweisungen, lehrreiche
Winke über Sitten und Gebräuche und unter leicht zu merkenden
Stichwörtern eine Fülle zusammengehöriger Vokabeln und Redewendungen,
die ihn befähigen, seine Wünsche richtig auszudrücken
und über die landläufigen Themata eine jedermann verständliche
Unterhaltung zu führen. Folgende Bändchen sind wichtig für die
Weltreise: Englisch, geb. 2,50 M.; Französisch, geb. 2,50 M.; Portugiesisch,
geb. 3,50 M.; Spanisch, geb. 3 M.; Italienisch, geb. 2,50 M.;
Russisch, geb. 3 M.; Arabisch, geb. 3 M.; Türkisch, geb. 3 M.
Gasthöfe. Weltreisende finden in den Gasthöfen ersten Ranges
aller großen Hafenplätze Asiens europäische Bequemlichkeit; im
Innern der Länder darf man keine hohen Ansprüche stellen. In
Indien gibt es nur in Bombay, Colombo und Kandy Gasthöfe, die allen
Ansprüchen genügen; im übrigen sind sie mäßig, zuweilen schlecht
nach heimischen Begriffen, aber stets den Eigentümlichkeiten des
Europäerlebens in Indien angepaßt. Die Häuser sind meist einstöckig
mit vielen Veranden und Hallen in tropischen Gärten. An
den hellen Speisesaal stoßen die oft dunkeln Wohn-und Schlafzimmer
mit Bade-und Toiletteraum nebenan; die Betten sind hart. Bedienung
und Reinlichkeit lassen zu wünschen. Man zahlt fast in ganz Ostasien
im Gasthof Pension für den Tag und erhält dafür gegen 9 Uhr
früh Gabelfrühstück, gegen 1 Uhr Lunch (Tiffin) und gegen 7 Uhr
abends Dinner; außerdem Tee mit Brot früh und nachmittags. Das
Essen ist sehr gewürzt, am besten Curry mit Reis; Rindfleisch ist
schlecht, Hammel und Geflügel sind in ganz Ostasien die Hauptfleischnahrung;
Wild ist selten. Man speist nach gemeinsamem
Speisezettel an kleinen Tischen, zum Dinner im Gesellschaftsanzug.
Getränke: Whisky mit Soda am bekömmlichsten, auch für Damen,
Rotweine erträglich (nirgends Weinzwang), Weißweine meist ungenießbar.
In den von der indischen Regierung unterhaltenen Dâk
Bungalows (Rasthäusern für reisende Europäer) findet man meist
bequeme Unterkunft (Bettzeug mitbringen, wie für die Gasthöfe!),
auch Baderaum und meist einfache Beköstigung nach fester Preisliste;
aber man kann die Plätze in den D. B. nicht vorausbestellen; wer
zuerst kommt, erhält zuerst Platz, ist aber verpflichtet, nach 24 Stunden
den nächsten Bewerbern Platz zu machen; der Zimmerpreis ist mäßig.
Wesentlich besser als in Britisch-Indien sind die Gasthöfe in Niederländisch-Indien,
besonders auf Java; sie sind reinlich und luftig,
die Verpflegung meist recht gut, Bedienung gut. Den verwöhntesten
[S. 16]
Ansprüchen genügen die (allerdings nicht billigen) ersten Hotels in
Bombay, Singapore, Schanghai, Tsingtau, Peking, Yokohama, Tōkyō,
Kyōto, Miyanoshita und Honolulu.—Die Wäsche wird in den Gasthöfen
oder durch Vermittelung von deren Manager in ganz Ostasien
schnell, gut und preiswürdig besorgt.—Über amerikanische Gasthöfe
vgl. II. Teil, S. 2.
Restaurants findet man nur in Hafenstädten; man ist meist auf
die Gasthöfe angewiesen; nach der Karte wird selten bedient.
Bäder sind in jedem, auch dem minderwertigsten Gasthof zu haben.
Automobile geben dem Reisenden beste Gelegenheit, in kurzer Zeit viel zu
sehen; sie sind in ostasiatischen Städten sehr verbreitet und entweder durch die
Gasthöfe oder in den »Automobile« bzw. »Motorcargarages« zu mieten.
Erklärung einiger landesüblicher Ausdrücke:
a) Für Indien und Ceylon:
Dâk Bungalow, staatliches Rasthaus
für Reisende (s. oben).
Dandy, Himalaja-Sänfte.
Chota hasri, Morgentee (»kleines
Frühstück«).
Bandar, Hafen.
Catamaran, Brandungsfloß.
Dagoba, buddhist. Heiligenschrein.
Dharamsala, Pilgerherberge.
Fakir, mohammedan. Bettelmönch.
Ghat, Flußtreppe, auch Bergpaß.
Gopura, Pagodentor.
Jogi, Hindu-Bettelmönch.
Maidan, Platz.
Masjid, Moschee.
Monsun, Regenzeit (Juni bis Sept.).
Nàuch, ein Tanz.
Pagode, südindischer Tempel.
Palankin, Tragstuhl alter Art.
Sahib, Herr (Anrede für Europäer).
Sarai, Rasthaus für Reisende.
Kitmitgar, Diener.
Tonga, indischer Wagen.
Ekka, Einspänner, Ochsenwagen.
Tikka Gharri, Droschke.
Razai, indische Steppdecke.
Gymkhana, Spielplatz.
Eurasier, europ.-ind. Mischling.
Kummurbund, wollene Leibbinde.
Sampan, Flußboot (Indochina).
b) Für ganz Ostasien:
Bungalow, Wohnhaus.
Godown, Lagerraum.
Rikscha, von einem Mann gezogenes leichtes Wägelchen für einen Fahrgast,
bei Regen geschlossen.
Tiffin, 2. Gabelfrühstück (1-2 Uhr).
Easy chair } bequemer Liegestuhl
Long chair } aus Bambusgeflecht.
Sedan chair, Tragstuhl aus Bambus.
Curry, scharfe, aromatische Tunke.
Peg, Sodawasser mit Whisky.
Punkah, Zimmerdeckenfächer.
Bombay duck, getrockneter Fisch.
Chutney, scharfes Eingemachtes.
Bund, Kaistraße am Hafen.
Sarong (niederl.-ind.), Hauskleid.
Kabaja (niederl.-ind.), Morgenkleid.
Pyjama, Morgen- und Nachtkleid (Hemdhose; Kombination).
Hock, Rheinwein.
Sandwich, belegtes Butterbrot.
Lime drink, Limonade.
Sado (= dos à dos), niederländ.-ind. Droschke.
Spada (niederländ.-ind.), Diener.
Soja (Soy), japan. Pilztunke.
Curios, altertümliche Kunst- und Nippsachen etc.
Cloisonné, Schmelzfarbenkunst.
Kimono, japanischer Hausrock.
Scrupkin, Sekt auf Eis.
c) Für Japan:
Daibuts, große Buddhastatue.
Daischi, buddhistischer Heiliger.
Gohai, schintoist. Papierstreifen.
Hatoba, Bootshafen, Landungsplatz.
Kagura, schintoistischer Tanz.
Kakemono, Hängebild.
Kawa, Bach.
Kiku-no-mon, das kaiserliche Chrysanthemum-Wappen.
Kuruma = Rikscha (Djinrikscha).
Kwaisha = Gesellschaft.
Kwankoba, ein Basar.
Mitsu-aoi, die drei Blätter des Tokugawawappens.
Nippon = Japan.
Torii, schintoistisches Tempeltor.
Yama, Berg.
[S. 17]
Seewesen. Als Hilfsmittel für die Schiffsführung in der Nähe
von Land dienen Landmarken (Türme, Berggipfel, Gerüste, sogen.
Baken), schwimmende Seezeichen (Tonnen verschiedener Form und
Farbe) an den Kanten von Riffen, Sandbänken und »blinden« (unter
Wasser liegenden) Klippen, auch Feuerschiffe. Nachts warnt die
Küstenbeleuchtung auf Leuchttürmen, Feuerschiffen und Leuchttonnen
(Fettgas oder elektrisch) vor Gefahren im Fahrwasser. Die
Leuchtfeuer unterscheiden sich als Festfeuer (gleichmäßig leuchtend),
unterbrochene Feuer (mit zeitweisen Verdunkelungen), Blinkfeuer
(aufblinkend mit großen Dunkelpausen) und Blitzfeuer (mit Blitzen
von weniger als 2 Sekunden Dauer), ferner als Wechselfeuer (Farbenwechsel
rot, weiß oder grün); um verhängnisvolle Verwechselungen
zu meiden, brennen auf benachbarten Leuchttürmen verschiedenartige
Feuer. Seekarten, Seehandbücher (Beschreibungen der Küste
und der Gefahren des Fahrwassers und Anweisungen für die Schiffahrt),
Leuchtfeuerlisten sowie Kompaß, Lot, Logg, Sextant und
Chronometer dienen dem Kapitän zur Bestimmung des Schiffsorts.
Durch Peilungen (Kompaßrichtungen von Landmarken) wird der
Schiffsort auf der Seekarte in Sicht von Land bestimmt; der nach
dem Kompaß gesteuerte Kurs und die mit dem Logg gemessene
Schiffsgeschwindigkeit geben die Versegelung vom gepeilten Abfahrtspunkt.
Auf hoher See wird die Koppelkurs-oder Loggrechnung
berichtigt durch astronomische Bestimmung des Schiffsorts, indem
mit dem Sextant Sonnen-oder Gestirnshöhen gemessen, dazu die
Chronometerzeiten (nach Greenwich-Zeit) beobachtet werden. Einfachste
Bestimmung der geographischen Breite erfolgt durch Beobachtung
der Mittagshöhe der Sonne; die geographische Länge
wird aus Sonnenbeobachtungen vor-oder nachmittags gefunden,
indem man den Stundenwinkel der Sonne aus den Messungen berechnet
und die daraus gefundene Ortszeit mit der Greenwich-Zeit
des Chronometers vergleicht; der Unterschied ist die geographische
Länge. Peilungen des Sonnenauf-und-untergangs geben durch einfache
Rechnung die wahre Nordrichtung; mit ihr berichtigt man die
Fehlweisung des Kompasses, d. h. die örtliche magnetische Mißweisung
und Ablenkung des Kompasses, verursacht durch die Stahl-und
Eisenmassen des Schiffs. Das tägliche Mittagsbesteck (geographische
Breite und Länge) auf hoher See wird den Reisenden bekannt gegeben.
Signalwesen und Flaggen. Wichtig für die Seeschiffahrt sind die
Signalsysteme zur Verständigung der Schiffe untereinander auf See.
Das Signalisieren mit Flaggen, vom englischen Kapitän Marryat
1848 eingeführt, geschieht mit Hilfe des (in allen Sprachen seefahrender
Völker herausgegebenen) Internationalen Signalbuchs.
[S. 18]
Die 26 Signalflaggen des Internationalen
Signalbuchs zeigen die
Farben Rot, Gelb, Blau und Weiß
und sind mit Buchstaben bezeichnet.
Die Flaggen können wie folgt zusammengestellt
werden: 650 Signale
mit je zwei Flaggen, 15600 Signale mit
je drei Flaggen und 358800 Signale
mit je vier Flaggen. Zum Austausch
von Mitteilungen sind nur Signale mit
zwei oder drei Flaggen erforderlich.
Alle dringenden Mitteilungen, z. B. Gesuche
um Aufmerksamkeit, Anzeigen
von Gefahr oder Not, Aufforderung
zur Hilfeleistung, werden nur mit zwei
Signalflaggen gemacht; z. B. bedeutet
Signal NC (Flagge N, darunter Flagge
C): »Bin in Not, habe unverzügliche
Hilfe nötig.« Mit drei Flaggen werden
ganze Sätze und Satzteile, mit
vier Flaggen geographische Namen,
andre (zu buchstabierende) Namen und
Schiffsnamen signalisiert. Die Signalgruppen
von GQBC bis GWVT sind
als Unterscheidungssignale für Kriegsschiffe,
die Gruppen von HBCD bis
WVTS für Handelsschiffe einer Landesflagge
bestimmt. Von jedem Staat werden
Listen der eignen Schiffsnamensignale
(Unterscheidungssignale) jährlich
veröffentlicht.
Auf Entfernungen, welche die Farben
nicht mehr erkennen lassen, treten
an Stelle der bunten Flaggen die
Fernsignale, für die das Signalbuch
nur Körper: Ball, Kegel, Zylinder
etc., eingeführt hat. Kein Fernsignal
besteht aus mehr als drei Zeichen,
und höchstens zwei sind von
gleicher Form. Die 18 Signalbuchstaben
werden durch Fernsignale wiedergegeben,
die aus drei Signalzeichen
bestehen. Nachtsignale werden
auf Grund besonderer Vereinbarungen
durch Zeigen weißer oder farbiger
Lichter, oft auch nach dem Morsesystem
durch lange und kurze Lichtblinke
gegeben.
Flaggen. Handelsschiffe sind als
solche kenntlich an ihrer (am Heck gehißten)
Nationalflagge, die sie im Hafen
stets, in See in der Regel nur bei Begegnung
von Schiffen führen. Die Reederei
erkennt man an der am Großmast
gesetzten Reedereiflagge und
bei Dampfern auch am Anstrich oder
Abzeichen des Schornsteins.—Kriegsschiffe
führen die Kriegsflagge am Heck
und das Kommandozeichen (Wimpel,
Stander, Admiralsflagge) am Topp.
Die beifolgenden Flaggentafeln
geben die Handels-und Kriegsflaggen
der seefahrenden Nationen sowie
die Reedereiflaggen und Schornsteinabzeichen
der wichtigsten Dampfergesellschaften
wieder.
[Einige nützliche Angaben für Weltreisende.]
Entfernungen in Seemeilen (1 Seemeile = 1852 Meter).
A. Von Hamburg nach:
|
Cuxhaven
Helgoland
London
Dover
Southampton
Plymouth
Amsterdam
Rotterdam
Boulogne
Havre
Ouessant
Lissabon
Gibraltar
Marseille
Genua
|
56
90
430
390
510
620
290
320
420
500
693
1340
1614
2300
2469
|
Neapel
Malta
Brindisi
Port Saïd
Alexandrien
Suez S
Aden S
Bombay S
Colombo S
Calcutta S
Rangoon S
Singapore S
Batavia S
Bangkok S
Saïgon S
Manila S
|
2589
2594
2926
3543
3420
3630
4929
6576
7030
8243
8253
8560
8834
9354
9204
9883
|
Hongkong S
Schanghai S
Tsingtau S
Tschifu S
Wladiwostok S
Yokohama S
Nagasaki S
Vancouver M
San Francisco M
New Orleans
Baltimore
Philadelphia
New York
Boston
Quebec
Montreal
|
10000
10800
11100
11250
11570
11450
10970
14673
13844
5090
3910
4080
3610
3444
3286
3430
|
|
B. Zwischen andern Häfen:
|
Bremerhaven-New York
Harwich-Hoek van Holland
Antwerpen-London
Calais-Dover
Havre-New York
Cherbourg-New York
Liverpool-New York
Southampton-New York
Bordeaux-New York
|
3555
108
191
23
3110
3070
3040
3190
3187
|
Genua-New York
— — Alexandrien
Brindisi-Port Saïd
— — Alexandrien
Triest-Port Saïd
New York-Hongkong S
— — K
— — Yokohama S
— — K
New York-San Francisco M
— — Honolulu M
|
4040
1300
934
840
1305
11610
13590
13040
15020
13090
13200
|
Colombo-Calcutta [S. 19]
Bombay-Madras
Hongkong-Yokohama
Yokohama-San Francisco
|
1254
1480
1560
4530
|
Yokohama-Honolulu
— — Vancouver
Honolulu-San Francisco
San Francisco-Shanghai
|
3400
4340
2100
5800
|
S bedeutet durch den Suezkanal, K um das Kap der Guten Hoffnung, M
durch die Magalhãesstraße.—Tabelle B kann mit A zusammen benutzt
werden, um noch zwischen andern Plätzen die Dampferwege zu bestimmen.
Städte über 500000 Einwohner.
New York (1910)
London (1911)
Paris (1911)
Tōkyō (1908)
Chicago (1910)
Berlin (1910)
Wien (1910)
Philadelphia (1910)
Moskau (1909)
St. Petersburg (1909)
Buenos Aires (1910)
Osaka (1908)
Konstantinopel
Peking (1911)
Tschöngtu
Bombay (1911)
Hamburg (1910)
Kanton
Calcutta (1910)
Budapest (1910)
Rio de Janeiro (1908)
Hankau
Tientsin
Glasgow (1911)
Warschau (1909)
Liverpool (1911)
|
4766883
4522961
2846986
2186079
2185283
2070695
2030850
1549008
1459800
1454700
1272124
1226590
ca. 1200000
1017209
ca. 1000000
972892
932166
ca. 900000
890493
881601
858000
ca. 820000
ca. 800000
783401
764054
746566
|
|
Manchester (1911)
St. Louis (1910)
Boston (1910)
Kairo (1907)
Schanghai
Bangkok (1910)
Tschungking
Sydney (1909)
Neapel (1910)
München (1910)
Leipzig (1910)
Mailand (1910)
Rom (1909)
Amsterdam (1909)
Melbourne (1909)
Cleveland (1910)
Barcelona (1910)
Baltimore (1910)
Madrid (1910)
Dresden (1910)
Pittsburg (1910)
Odessa (1909)
Marseille (1906)
Madras (1911)
Köln (1910)
Breslau (1910)
Sutschou
|
714427
687029
670585
654476
ca. 651000
628675
ca. 610000
605900
596000
595053
587635
584000
574666
568130
ca. 562300
560663
560080
558485
549416
546882
533905
520000
517498
517335
516167
511891
ca. 500000
|
Vergleichung der Thermometerskalen.
Celsius |
Réaumur |
Fahren- heit |
Celsius |
Réaumur |
Fahren- heit |
Celsius |
Réaumur |
Fahren- heit |
-40
-35
-30
-25
-20
-15
-10
- 5
0
|
-32
-28
-24
-20
-16
-12
- 8
- 4
0
|
-40
-31
-22
-13
- 4
5
14
23
32
|
5
10
15
20
25
30
35
40
45
|
4
8
12
16
20
24
28
32
36
|
41
50
59
68
77
86
95
104
113
|
50
55
60
65
70
75
80
90
100
|
40
44
48
52
56
60
64
72
80
|
122
131
140
149
158
167
176
194
212
|
Windstärke (Beaufortskala): 0. Still; 1. Leiser Zug; 2. Leichter Wind;
3. Schwacher Wind; 4. Mäßiger Wind; 5. Frischer Wind; 6. u. 7. Starker
Wind; 8. Stürmischer Wind; 9. Sturm; 10. u. 11. Starker Sturm; 12. Orkan.
[S. 20]
Flächeninhalt und Bevölkerung der Staaten über 5 Mill. Einwohner.
Staaten |
Fläche in qkm
|
Bevölkerung |
Auf 1 qkm
|
Argentinien |
2806400 |
7121822 |
[1] |
2 |
,5 |
Belgien |
29456 |
7516730 |
(10)[1] |
255 |
|
|
Kongokolonie |
2382800 |
18000000 |
[1] |
— |
|
Brasilien |
8550000 |
20515000 |
[1] |
2 |
,5 |
China |
11138880 |
426000000 |
[1] |
30 |
|
Deutsches Reich |
540778 |
64903423 |
(10) |
120 |
|
|
Davon: |
|
|
Preußen |
348702 |
40163333 |
|
115 |
|
|
Bayern |
75870 |
6876497 |
|
90 |
|
|
Sachsen |
14993 |
4802485 |
|
320 |
|
|
Württemberg |
19512 |
2435611 |
|
124 |
|
|
Kolonien |
2658500 |
13920000 |
[1] |
— |
Frankreich |
536464 |
39252267 |
(06) |
73 |
|
|
Kolonien |
11319400 |
49286000 |
[1] |
— |
Großbritannien und Irland |
314433 |
45365599 |
(11) |
144 |
|
|
Kolonien und Schutzstaaten |
30526214 |
356642113 |
(01) |
— |
|
Davon: |
Vorderindien |
4860000 |
316084000 |
(11) |
65 |
|
|
|
Kanada |
9700600 |
7081869 |
|
0 |
,7 |
|
|
Australien und Südsee |
8259900 |
6235000 |
|
0 |
,8 |
Italien |
286682 |
34686653 |
(11)[1] |
121 |
|
|
Kolonien |
484050 |
596000 |
[1] |
— |
Japan |
382415 |
51591361 |
(11)[1] |
138 |
|
|
Kolonien |
291252 |
17015312 |
(11)[1] |
58 |
|
Mexiko |
1987201 |
15063207 |
(10) |
8 |
|
Niederlande |
33079 |
5857949 |
(09) |
180 |
|
|
Kolonien |
2045647 |
38101800 |
[1] |
— |
Österreich-Ungarn |
676077 |
51304249 |
(10) |
75 |
,9 |
Persien |
1645000 |
9000000 |
[1] |
5 |
,6 |
Portugal |
91943 |
5423132 |
(00) |
59 |
|
|
Kolonien |
2093000 |
8580000 |
[1] |
— |
Rumänien |
131353 |
5956690 |
(99) |
45 |
,3 |
Rußland in Europa |
5744058 |
114847043 |
(97) |
20 |
|
|
Sibirien und Mittelasien |
16061468 |
13505540 |
[1] |
1 |
,2 |
Schweden |
447864 |
5521943 |
(10) |
12 |
|
Siam |
600000 |
7000000 |
[1] |
17 |
|
Spanien |
504530 |
19588688 |
(10) |
39 |
|
|
Kolonien |
238900 |
330000 |
|
— |
Türkisches Reich in Europa |
169300 |
6130200 |
|
36 |
|
|
Türkischer Besitz in Asien und Afrika |
2817800 |
17898700 |
[1] |
— |
|
Außerdem Ägypten ohne Sudan |
994300 |
11287359 |
(07) |
11 |
|
Vereinigte Staaten |
7692225 |
91927267 |
(10) |
11 |
,9 |
|
Kolonien und Alaska |
1854287 |
8361963 |
|
— |
[S. 21]
I. Ostindien, Siam, Sumatra, Indochina, Java. |
1. |
Aus Europa durch den Suezkanal nach Bombay S. 22-41
|
|
|
Von Triest, Brindisi, Genua, Neapel, Marseille S. 22-25.
— Suezkanal
S. 26. — Rotes Meer S. 30. — Port Sudan S.
32. — Suakin
S. 33. — Djibouti S. 36. — Abessinien S.
37. — Aden S. 38.
|
2. |
Bombay S. 53-63
|
3. |
Von Bombay über Jaipur, Agra, Delhi und Benares nach Calcutta S. 63-96
|
|
|
Ahmedabad S. 65. — Ajmer S. 67. — Jaipur S. 68. — Amber
S. 69. — Delhi S. 70. — Kutab Minar. Delhi - Umballa - Simla
S. 74. — Delhi - Amritsar - Lahore - Peshawar S. 75. — Von
Rawal Pindi durch den Baramulapaß nach Srinagar (Kaschmir)
S. 78. — Khaiber Paß. Lahore - Karachi S. 80. — Delhi -
Agra S. 82. — Sikandarah. Fatehpur Sikri S. 86. — Gwalior
S. 87. — Cawnpore. Lucknow S. 88. — Allahabad S. 89. — Benares
S. 90. — Buddh Gaya S. 95.
|
4. |
Von Bombay nach Madras S. 96-104
|
|
|
Mahabaleshwar S. 97. — Bijapur. Hyderabad S. 98. — Golkonda
S. 99. — Tirupati. Madras S. 100. — Mahabalipuram S. 104.
|
5. |
Durch den Suezkanal nach Colombo. Ceylon S. 104-125
|
|
|
Von Genua oder Neapel S. 104; von Marseille; von Brindisi
S. 105. — Von Triest, Ceylon S. 106. — Colombo S. 110. — Mount
Lavinia S. 114. — Kandy S. 115. — Peradeniya S. 117. — Anuradhapura
S. 119. — Adams Peak S. 121. — Nuwara Eliya S. 122.
— Hakgala. Badulla. Pedrotallagalla. Bandarawela S. 123. —
Küstenfahrt um Ceylon S. 124. — Point de Galle S. 125.
|
6. |
Von Colombo über Madras (-Ootacamund) nach Calcutta.
Darjeeling S. 125-143
|
|
|
Tuticorin. Madura S. 126. — Trichinopoly. Tanjore S. 127. — Ootacamund
S. 129. — Mysore, Seringapatam, Bangalore S. 131. —
Puri Jagganath S. 133. — Calcutta S. 134. — Assam S. 140. —
Darjeeling. Tiger Hill S. 141. — Phalut S. 142.
|
7. |
Von Calcutta nach Rangoon. Birma S. 143-155
|
|
|
Oberbirma. Pegu S. 150. — Mandalay S. 151. — Von Mandalay
nach Bhamo u. Talfahrt auf dem Irawaddy S. 153. — Pagan S. 154.
|
8. |
Von Colombo nach Singapore. Sumatra S. 155-169
|
|
Penang S. 156. — Medan S. 158 — Padang. Merapi. Krakatau
S. 160. — Malacca S. 161. — Singapore S. 166. —
Johore S. 169.
|
9. |
Siam. Indochina S. 169-190
|
|
Von Singapore nach Bangkok S. 169. — Siam S. 170. — Phrabat
S. 176. — Ajuthia. Von Singapore nach Saïgon S. 177. —
Indochina. Cochinchina S. 178. — Cambodja. Saïgon S. 179. —
Cholon S. 182. — Pnom-penh S. 184. — Angkor Thom. Anam
S. 185. — Hué S. 186. — Haiphong S. 187. — Hanoï S. 188. —
Hanoï - Yünnanfu S. 189.
|
10. |
Von Singapore nach Batavia. Die Insel Java S. 190-212
|
|
Java S. 191. — Batavia S. 195. — Buitenzorg S. 200. — Sindanglaja
S. 202. — Bandoeng. Tangkoeban. Garoet S. 203. — Papandajan.
Telaga Bodas S. 204. — Djokjakarta. Prambanan S. 205.
— Boro-Boedoer. Magelang S. 206. — Soerakarta. Samárang
S. 207. — Soerabaja S. 208. — Pasoeroean S. 210. — Bromo.
Tosari S. 211. — Probolinggo S. 212.
|
[S. 22]
1. Aus Europa durch den Suezkanal nach Bombay.
Vgl. die beifolgende Karte.
A. Von Triest nach Bombay.
Dampfer des Österreichischen Lloyd
am 1. und 16. jeden Monats (Mai bis
August nur am 1.) von Triest über
(1305 Seem.) Port Saïd durch den
Suezkanal nach (2690 Seem.) Aden
und von da nach (4340 Seem.) Bombay
in 15-16 Tagen.
Fahrpreis Triest-Bombay: Salonklasse
33,6 und 30 £ nach Kabine;
Intermediateklasse 23,6 £, Deckfahrt
mit Kost 10 £. Rückfahrkarten, zwei
Jahre gültig, das Anderthalbfache.
Reisende, welche die Ausreise voll
bezahlt haben, erhalten bei Rückreise
innerhalb zwölf Monate 25 Proz. Ermäßigung
auf den Fahrpreis der Rückreise.
Auswechselbare Rückfahrkarten
mit der Messageries Maritimes:
von Triest nach Bombay und von da
nach Marseille oder umgekehrt Lloyd-Salonklasse
—Messageries Maritimes
I. Kl. 66,12, 63,12 und 61,12 £; Lloyd-Salonklasse
—Messageries Maritimes
II. Kl. 53,14 und 51,14 £; Lloyd-Intermediateklasse—
Messageries Maritimes
II. Kl. 49,14 £.
In Triest (Excelsior Palast-Hotel: De la Ville, Z. von 3,50 K an;
Delorme, Z. von 3 K an; Volpich zum Schwarzen Adler, ebenso;
Europa, Z. 2-6 K) legen die Schiffe des Lloyd am Kai an. Die Ausfahrt
gewährt ein prachtvolles Landschaftsbild. Die Westseite des
Adriatischen Meeres ist flach, einförmig und arm an Buchten und
Häfen; die Ostküste ist reich gegliedert, hafenreich, felsig und umsäumt
von zahllosen Kalkinseln, denn das Meer ist infolge einer
Senkung des Landes zwischen die parallelen Kalkzüge eingedrungen
und hat diese teils in Inseln, teils in Halbinseln verwandelt. Wohl
infolge des geringen Zuflusses von Süßwasser (außer Etsch und Po
nur geringe Küstenflüsse) ist der Salzgehalt der Adria sehr hoch,
3,8 Proz. (sonst Mittel 3,5 Proz.). Ebbe und Flut sind schwach,
wie im Mittelmeer überhaupt (1/2-1 m); die durchschnittliche Tiefe beträgt
nur 300 m, erreicht jedoch zwischen Bari und Ragusa 1030 m.
Das Schiff umfährt die Halbinsel Istrien, so daß man nach und
nach die Städte Capo d'Istria, Pirano mit altem Kastell, Parenzo,
Rovigno und zuletzt Pola, den Hauptkriegshafen der österreich.-ungarischen
Marine, meist noch am Horizont auftauchen sieht. Weiter
behält man l. die Küste Dalmatiens, reich an vorgelagerten
Felseninseln, darunter die weit vorgeschobene bergige Insel Lissa,
die einen der besten Häfen des Adriameers (Kriegshafen) hat und
bekannt ist durch die Seeschlacht zwischen der österreichischen und
italienischen Flotte am 20. Juli 1866, wo der österreich. Admiral
Tegetthoff mit der Panzerfregatte Ferdinand Max das italienische
Admiralschiff Re d'Italia in den Grund bohrte.—Nach etwa 24 St.
Fahrt läuft der Dampfer mit SO.-Kurs durch die nur 70 km breite
Meerenge von Otranto, l. die Küste Albaniens mit der Landmarke
des über 2000 m hohen Kaps Linguetta, des Akrokeraunischen Vorgebirges
der Alten, und gelangt aus dem Adriatischen in das Ionische
Meer. Weiterhin erblickt man l. die Ionischen Inseln Korfu,
Kephalonia und Zante. Das Schiff durchläuft dann den Golf von
Arkadia mit den Bergen Messeniens l., passiert die Westseite der
Insel Kreta (Kandia) mit großartiger Gebirgskette (bis 2498 m hoch)
und durchschneidet dann, außer Sicht von Land, das Levantische
Meer, um am 5. Reisetag vor (1305 Seem.) Port Saïd anzukommen,
dessen hoher, schlanker Leuchtturm die einzige Landmarke ist.
Port Saïd und Fahrt durch den Suezkanal s. S. 25.
[S. 23]
B. Von Brindisi nach Bombay.
Expreßdampfer der Peninsular and
Oriental Steam Nav. Co. jeden Sonntag
abend, sobald die englisch-indische
Post eingeschifft ist, von Brindisi nach
(930 Seem.) Port Saïd, wo die Reisenden
auf den über (2325 Seem.)
Aden nach (3989 Seem.) Bombay bestimmten
Postdampfer umsteigen. Die
Expreßdampfer fahren im Anschluß an
den »Brindisi-Peninsular and Oriental
Limited-Express«, der als Luxuszug
jeden Fr. 9 Uhr abds. von London
(Charing Cross) abfährt und über Calais,
Dijon, Mont Cenis, Turin, Ancona
So. gegen Abend ankommt. Der Zug
nimmt nur Reisende für den Expreßdampfer
der P. & O.-Linie auf. Fahrpreis:
London-Bombay nur I. Klasse
57 £ 10 sh. 2 d; Brindisi-Bombay I.
48 £. Näheres in Cooks Reisebureau
(London: Ludgate Circus; Berlin: Weltreisebureau
Union; Brindisi: Strada
Marina). Die Route ist für deutsche
Reisende wenig geeignet.
In Brindisi (Grand Hôtel International; Europa), dem alten
Brundusium, dem besten und bedeutendsten Naturhafen der Ostküste
Italiens, legen die Schiffe am Kai an.—Das Schiff nimmt SO.-Kurs
und folgt der unter A. beschriebenen Fahrt von Triest, um am 3. Tage
in (943 Seem.) Port Saïd (S. 25) einzutreffen. Weiterfahrt s. S. 27.
C. Von Genua und Neapel nach Bombay.
Dampfer der Società Nazionale di Servizi Marittimi am 17. jeden Monats
von Genua über Neapel, Messina, Port Saïd, Massaua, Aden nach (4440 Seemeilen)
Bombay in 18 Tagen. Fahrpreis I. Kl. 33,7 £ (Innenkabine 26,14 £),
II. Kl. 23,7 £, III. Kl. 11 £; Wein bei Tisch frei. Für Rückfahrkarten und
Familien Ermäßigungen.
In Genua (Miramare, Z. von 6 L. an; Eden Palace, ebenso; Bristol,
Z. von 7 L. an; De la Ville, Z. von 4 L. an; Gr. Hôtel Savoia, ebenso;
Continental, Z. 4-10 L.; Central, Z. 2-4,50 L.) gelangt man mit Boot
an Bord. Die Ausfahrt gewährt prächtigen Blick auf die amphitheatralisch
aufgebaute Stadt. Das Schiff läuft mit sö. Kurs durch
das Ligurische Meer, l. die Insel Elba, passiert Civitavecchia,
die Tibermündungen und das über 500 m hohe Vorgebirge Monte
Circello (der Mythe nach Wohnsitz der Zauberin Kirke). Dann erscheint
am Horizont der Vesuv und die Küste des Golfs von Neapel,
in den das Schiff, unweit der (l.) Insel Ischia mit Monte Epomeo
vorbeidampfend, einläuft, eins der berühmtesten Landschaftsbilder.
Neben dem erdbebenreichen Ischia liegt die Insel Procida, dann folgen
am Festland Bajä, Pozzuoli, mit der Vulkangruppe der Phlegräischen
Felder dahinter, das Vorgebirge des Posilipp, die Stadt Neapel,
beherrscht vom Castel Sant' Elmo, dann Portici, Resina, darüber der
Vesuv, weiter Torre Annunziata und jenseits der Sarnoebene die
Kalkberge der Halbinsel Sorrent mit den Küstenstädtchen Castellamare
und Sorrent, südl. die Insel Capri. (Das Schiff wird von Führern
und Händlern überschwemmt, vor denen man sich hüte.)
(340 Seem.) Neapel (Grand Hôtel Hauser, Z. von 6 L. an; Continental,
Z. 3,50-7 L.; Haßler, Z. von 4 L. an; Café-Restaurant Gambrinus,
Piazza S. Ferdinando), die reichste, belebteste und größte
[S. 24]
Stadt Italiens mit 596000 Einw. Man hat meist Zeit, eine Promenade
an der Riviera di Chiaja (Villa Nazionale) und durch die Strada di
Roma (Toledo) zu unternehmen und nach San Martino (10-4 Uhr 1 L.,
So. 9-2 Uhr frei) hinaufzusteigen (bzw. zu reiten), um die wundervolle
*Aussicht zu genießen. (Der Norddeutsche Lloyd veranstaltet
Führungen durch die Stadt.) Man benutze Taxameterdroschken.
Bei der Weiterfahrt läßt das Schiff die Insel Capri l. und steuert
dann südl. Nach etwa 16 St. erscheinen die vulkanischen Liparischen
Inseln, deren nördlichste, Stromboli, mit stets schwach tätigem,
920 m hohem Vulkan, man sieht. Dann taucht die Küste von Kalabrien
(l.) und die von Sizilien (r.) auf, alsbald läuft das Schiff in
die an ihrer schmalsten Stelle nur 3150 m breite *Straße von Messina
ein, ein prachtvolles Landschaftsbild! Die Meerenge ist erst in geologisch
junger Vergangenheit durch einen Einbruch entstanden, der
noch jetzt fortdauert, wie die häufigen und starken Erdbeben beweisen.
L. das Städtchen Scilla, das antike Scyllaeum, am Abhang
des hohen Felsens Scilla, an den die Phantasie der Alten den Mythus
von dem allen Schiffen Verderben bringenden Seeungeheuer Scylla
knüpfte, überragt vom Granitmassiv des Aspromonte (im Montalto
1964 m), bekannt durch den Angriff der Italiener auf den Nationalhelden
Garibaldi am 27. Aug. 1862. Vor Scilla, Torre di Faro und
an andern Stellen der Straße liegen Stromwirbel, von denen der
durch die Gezeitenströmung erzeugte Charybdis-Strudel einer der gefährlichsten
für kleinere Fahrzeuge ist; auch Dampfer meiden dessen
Nähe. R. das flache Capo di Faro (oder Peloro) mit Leuchtturm,
die NO.-Spitze Siziliens; im Hintergrund die Trümmer des vom Erdbeben
29. Dez. 1908 zerstörten Messina, Provinzhauptstadt Siziliens,
in reizender Lage. Gegenüber zeigt sich weiter l. Reggio, die
Hauptstadt von Kalabrien, wie in einem großen Garten gelegen, doch
von Erdbeben besonders arg heimgesucht. L. folgt Kap Pellaro, r.
die Küste Siziliens, vom 3313 m hohen Ätna beherrscht; dann steuert
der Dampfer östl. in die offene See, man behält noch lange den Ätna
in Sicht und erblickt nach 24 St. l. die Berge der Insel Kreta, überragt
vom Psiloriti (2498 m), dem Ida des Altertums. Dann nimmt das
Schiff Kurs auf (1410 Seem.) Port Saïd (S. 25). Weiterfahrt s. S. 27.
D. Von Marseille nach Bombay.
Dampfer der Peninsular and Oriental
Steam Nav. Co. jeden Fr. von Marseille
über Port Saïd (Anschluß von Brindisi,
S. 23) und Aden nach (4545
Seem.) Bombay. Umschiffung in Aden
mit jedem 2. Dampfer, Fahrzeit etwa
16 Tage, Fahrpreis Marseille-Bombay
I. 48 u. 42 £, II. 36 u. 30 £. Anschluß
an den Bombay-Marseille-Expreßzug,
der Do. von London (Victoria-Holborn)
abfährt.
Dampfer der Messageries Maritimes
alle 4 Wochen Mi. von Marseille über
Port Saïd, Suez, Aden nach (4545 Seem.)
Bombay (und weiter über Colombo nach
Australien). Fahrzeit etwa 15 Tage.—
Über auswechselbare Rückfahrkarten
mit dem Österreichischen Lloyd s. S. 22.
—Direktion der Messageries Maritimes
in Marseille, Quai de la Juliette 2, Bureau
des Passages, Rue Cannebière 16
(Telegrammadr. »Sicorne Marseille«).
In Marseille (Grand Hôtel Noailles; De Russie et d'Angleterre,
Z. 5-12 Fr.; De Genève, Z. 3,50-5 Fr.) legen die Schiffe am Kai an.
Bald nach Ausfahrt nimmt der Dampfer SO.-Kurs, den er behält,
[S. 25]
bis nach etwa 20 St. die Inseln Korsika (l.) und Sardinien (r.) auftauchen,
getrennt durch die 12 km breite, flache, klippenreiche und
daher nicht ungefährliche Straße von Bonifacio, die das Schiff nun
passiert. L. auf 60 m hohem Kalkfelsen, an der Südspitze von
Korsika, liegt die Stadt Bonifacio, mit alten Befestigungen und
Leuchtturm.—Der Dampfer nimmt dann Kurs zwischen Sardinien,
dessen mäßig hohe Berge mit niedrigem Gestrüpp bewachsen sind,
und kleinen Eilanden (l.): erst Isola della Maddalena, dann die kahle
Felseninsel Caprera (Ziegeninsel), Wohnsitz (1854-82) Garibaldis,
der auch dort begraben ist. Das weiße Haus Garibaldis ist im Hintergrund
einer kleinen Bucht sichtbar. Das Schiff durchfurcht dann sö.
das Tyrrhenische Meer; dabei erscheinen die vulkanischen Liparischen
Inseln (S. 24). Dann taucht die Küste von Kalabrien (l.) und
die von Sizilien (r.) auf, alsbald läuft das Schiff durch die *Straße
von Messina (S. 24) und folgt dem S. 24 beschriebenen Kurs; nach
5 Tagen erreicht man (1516 Seem.) Port Saïd (s. unten). Weiterfahrt
durch den Suezkanal s. S. 27.
Wer Ägypten: Alexandrien, Kairo und die Pyramiden besuchen
will, findet Näheres in Meyers »Ägypten«.
Port Saïd und der Suezkanal.
Vgl. die Kartons auf den Karten bei S. 22 und S. 28.
Ankunft. Die Schiffe ankern nahe
am Kai; Ausbooten 11/2 Piaster, nachts
21/2 Piaster, Gepäck 1 Piaster das
Stück, großer Koffer 4 Piaster; Gepäckträger
zum Zollamt 2, zum Hotel
3, zum Bahnhof 4 Piaster.
Gasthöfe: Savoy (Pl. a), Quai François-Joseph,
deutsches gutes Haus
in schöner Lage; 60 Z. 22, F. 8, Lunch
20, Dîn. 25, Pens. 62 (16 Fr.) Piaster.—
The Eastern Exchange (Pl. b), Rue Sultan
Hassan, 13-15 sh.—Continental
(Pl. c), Mitte der Stadt, am Schnittpunkte
der beiden Hauptstraßen, Faßbierausschank,
101/2-12 sh. tägl.—De
la Poste, Rue Hassan, tägl. von 12 Fr.
an.—Port Saïd Casino, in schöner
Lage an der Hafeneinfahrt, Konzertrestaurant
(Mai bis September geöffnet).
—Cafés chantants: Eldorado, Rue du
Commerce.—Café Khédivial, Quai
François-Joseph.
Straßenbahn durch die Stadt, Europäern
nicht zu empfehlen!
Post: Französische (Pl. 2);—Ägyptische
(Pl. 1), beide Rue Sultan Hassan.
—Das Postwesen in Ägypten ist gut.
Briefe läßt man am besten an ein Hotel
adressieren.—Telegraph: Englischer
(für das Ausland), Quai François-Joseph
(Pl. 4).—Ägyptischer, Rue du
Commerce (Pl. 3).
Konsulate: Deutsches Reich, Rue
El Nil, Gerent Rickmers; Österreich-Ungarn,
Vizekonsul Probizer.
Geld: Ägyptisches Pfund (= 20,80 M.)
zu 100 Piaster (ca. 20 Pf.) zu je 10
Millièmes (ca. 2 Pf.). Ägyptisches Gold
sieht man nicht häufig. Dafür gelten
englische Pfund Sterling (Gineh inglisi
= 971/2 Piaster), Zwanzigfrankstücke
(Bento [venti] = 77 Piaster) und
türkisches Pfund (lira turk = 873/4
Piaster). Deutsches Gold ist nur beim
Bankier (mit Verlust) zu wechseln,
wird aber in den Hotels genommen.
Von Silber-und Scheidemünzen kursieren
nur ägyptische Stücke: Silbertaler
(20 Pi.), 1/2 Silbertaler (10 Pi.),
1/4 Silbertaler (5 Pi.), 2 Silberpiaster,
1 Silberpiaster, 1/2 Piaster in Nickel,
8-Parastücke (ca. 4 Pf.), 4-Parastücke
(2 Pf.) in Kupfer und Nickel.—Banken:
Deutsche Orient-Bank; National Bank
of Egypt; Anglo-Egyptian Bank; Bank
of Egypt; Comptoir National d'Escompte
de Paris.
Sprache: Arabisch, doch wird im
Verkehr viel Englisch, Französisch und
Italienisch gesprochen oder geradebrecht.
Eisenbahn von Port Saïd über
(80 km) Ismailia, dann westl. nach
(236 km) Kairo, tägl. zwei Schnellzüge
mit Speisewagen in 4 St., südl. nach
(160 km) Suez in 4 St.
Dampferagenturen: Norddeutscher
Lloyd, W. H. Müller & Co.; Hamburg-Amerika-Linie,
Deutsches Kohlendepot;
Deutsche Ostafrika-Linie und zahlreiche
Schiffahrtsgesellschaften andrer
Nationen.
[S. 26]
Port Saïd, Hauptstadt des ägyptischen Gouvernements Isthmus,
im O. der Nehrung, die den Mensalehsee vom Mittelmeer trennt,
unter 31° 16' nördl. Br. gelegen, wurde erst im Jahre 1860
beim Bau des Suezkanals gegründet und zählte 1909: 60000 Einw.,
darunter 23000 Europäer (viele Griechen und Franzosen). Durch
die Lage an der Mündung des Suezkanals ist das Geschäftsleben auf
den Durchgangsverkehr von Fremden zugeschnitten. Die Stadt, in
deren höhern Klassen das französische Element überwiegt, ist regelmäßig
angelegt, die neuern Straßen sind mit Bäumen bepflanzt;
2-4stöckige Gebäude haben im europäischen Stadtteil die Holzhäuser
fast ganz verdrängt. Ihren Mittelpunkt bildet die Place Lesseps
mit Anlagen (zuzeiten Militärmusik). Hauptgeschäftsstraßen sind:
Rue de Commerce mit Läden, Quai François-Joseph mit den Konsulaten
und Dampferagenturen, Rue Osman mit Banken und Gasthäusern.
Sehenswert ist der Hafen, Grand Bassin Ismaïl, 8 m tief,
dessen Teile, von S. nach N. gezählt, das Bassin Chérif, das Bassin
de l'Arsenal und das Bassin du Commerce bilden; weitere Hafenanlagen
sind im Bau. In den Kohlenlagerplätzen hat auch das
Deutsche Kohlendepot, G. m. b. H., eine große Niederlage. Am Ostufer
des Kanals die Werkstätten der Kanalgesellschaft. Etwas nördl.
vor der Stadt, am Kanal-und Meeresufer, der 53 m hohe Leuchtturm,
mit elektrischem Blitzfeuer, 20 Seemeilen weit sichtbar; außerdem
weiße Leuchtfeuer zu beiden Seiten des Kanals und Leuchtbojen
mit grünem und rotem Licht. Zwei riesige Molen, die östliche 1600 m,
die westliche 2250 m lang, beide aus Blöcken, die aus hydraulischem
Kalk und Wüstensand bestehen, schützen die Hafeneinfahrt.
Der westliche Damm soll die vom Nil ins Meer geführten Schlammmassen,
die die Strömung des Mittelmeers nach O. treibt, vom Hafen
fernhalten; auf ihm ein 16 m hohes Standbild Ferdinand von Lesseps'
(von Frémiet), 1899 von der Kanalgesellschaft errichtet. Östl.
vom Hafenkanal sind große Salinen angelegt.
Der Suezkanal, 1859-69 durch den französischen Ingenieur Lesseps
erbaut, hat eine Länge von 160 km, die Breite ist am Wasserspiegel
100-130 m, an der Sohle 38,5 m, die Tiefe 9,50 m; durch Erweiterungsbauten
soll die Sohlenbreite auf 45 m, die Tiefe auf fast
11 m gebracht werden. Die Baukosten beliefen sich auf etwa
19 Mill. Pfd. Sterl., von denen 12800000 durch Aktienzeichnungen
aufgebracht wurden, während den Rest der Khedive deckte. Letzterm
kaufte England 1875 die übernommenen Aktien (177602 Stück
im Werte von 3,5 Mill. Pfd. Sterl.) ab. Die Einnahmen der Gesellschaft
ergaben 1910: 133,7 Mill. Fr., die Ausgaben nur 43,8 Mill. Fr.,
also Überschuß 89,9 Mill. Fr., wovon 31,6 Proz. Dividende gezahlt
wurden. Es benutzten den Kanal 1910: 4533 Schiffe von 16581898
Nettotonnen, darunter 2778 englische, 635 deutsche, 259 holländische,
240 französische, 191 österreichische, 103 russische, 87 italienische,
72 japanische, 34 dänische, 26 spanische, 26 türkische, 25 schwedische,
[S. 27]
20 norwegische, 14 griechische, 11 siamesische, 8 amerikanische,
3 ägyptische, 1 belgisches. Die Abkürzung der Entfernungen
zwischen Europa und den östlichen Ländern beträgt für
die Dampferfahrt nach Bombay von Brindisi und Triest etwa 37,
von Genua 32, von Marseille 31, von Liverpool, London, Amsterdam
oder Hamburg 24 Tage. Der Kanalzoll beträgt 7,25 Fr. für die
Netto-Reg.-Tonne, so daß z. B. ein Dampfer von nur 3000 Ton.
21750 Fr. Kanalzoll zahlt. Die Taxe für Passagiere beträgt 10 Fr.
Die Benutzung des Kanals, zu der alle Nationen berechtigt sind, ist
Schiffen bis 8,53 m (in nächster Zeit sogar bis 9,45 m) Tiefgang mit
elektrischem Leuchtapparat auch bei Nacht gestattet. Die Durchfahrtszeit
beträgt 16-22 St. Die Fahrt ist landschaftlich teilweise
recht interessant, besonders abends bei Mondschein.
Der Kanal durchschneidet die an
ihrer schmalsten Stelle nur 112 km
breite und ganz flache (in der Linie
des Suezkanals nur bis zu 16 m hohe)
Landenge von Suez, ein verhältnismäßig
junges Gebilde, das einst eine
Bucht des Mittelmeeres war, aber
dann zum Teil mit den Absätzen dieses
Meeres, zum Teil mit Sedimenten des
Nils ausgefüllt wurde, der in alter Zeit
einen Arm weit ostwärts entsandte.
Der Südteil der heutigen Landenge
ist aus Absätzen des Roten Meeres
gebildet. Ihre landfest gewordene
Oberfläche wurde darauf von den benachbarten
Festlandsteilen aus mit
einer Sandschicht überweht und ist
heute ebenso sandig und wüstenhaft
wie diese. Reste der einstigen Meeresbucht
sind der Menzalehsee bei Port
Saïd und die übrigen Seen, die der
Kanal durchschneidet (siehe unten).
Als einzige Landverbindung zwischen
zwei gewaltigen Erdteilen mußte die
Landenge von Suez, seitdem Menschen
sich betätigen, eine sehr wichtige Völkerstraße
werden. Der Zugang aus
Vorderasien zu dem reichen Niltal
führte über sie hinweg, und umgekehrt
drangen die Ägypter oft genug über
sie nach den alten Kulturländern
Syriens und Mesopotamiens vor. Wie
oft spielt sie in den Erzählungen der
Bibel eine Rolle! Wichtige Handelsstraßen
führten seit der ältesten Zeit
über sie hinweg, und noch heute wird
sie von einem viel benutzten Karawanen-
und Pilgerweg zwischen Ägypten
einerseits, Palästina und Arabiens
heiligen Stätten anderseits gekreuzt.
Während die Landenge von Suez so
eine wichtige Landbrücke für den
friedlichen und kriegerischen Verkehr
darstellt, mußte sie umgekehrt schon
bald als ein lästiges Hemmnis für die
Schiffahrt empfunden werden, und so
entstand schon vor mehr als 3000
Jahren (um 1400 v. Chr.) die erste
Wasserstraße zwischen dem Mittelländischen
und dem Roten Meer, die,
wie die Mehrzahl ihrer Nachfolger, vom
Unterlaufe des Nil nach dem Nordende
des Roten Meeres lief, also weit
westlich vom heutigen Kanal.
Kanalfahrt Port Saïd-Suez. Der Kanal geht von Port Saïd südl.
und tritt bei (14km) Râs el-Esch in den fischreichen Menzaleh-See,
einen flachen, durch eine Nehrung vom Mittelmeer getrennten
Strandsee; auf den Sandbänken hausen Millionen von Sumpf-und
Wasservögeln (Pelikane, Flamingos). Der Kanal durchschneidet
zwischen Dämmen den See in schnurgerader Linie; die östl. Teile sind
bereits trocken gelegt, gleiches wird für die westl. beabsichtigt. Am
Südende des Sees folgt die Ausweichestelle (44 km) Stat. El-Kantara
(»die Brücke«), eine niedrige Bodenschwelle, über die seit alters die
Heerstraße von Ägypten nach Syrien führte, noch jetzt von Karawanen
benutzt. An Stelle der alten Brücke ist jetzt eine Fähre getreten.
—Dann tritt der Kanal in den kleinen Ballâh-(Dattel)-See, durch
den ebenfalls Sanddämme gelegt sind. Südl. vom Ballâh-See wird
[S. 28]
bei (63 km) El-Ferdân und El-Gisr (r.) eine 14 km lange Kalk-und
Sandsteinbank, die höchste, nur 16 m hohe Erhebung der Landenge,
durchschnitten. Man passiert eine Moschee und eine Schwimmbrücke
sowie die Kapelle der Vierge du Désert auf einer Anhöhe.
Beim Eintritt in den tiefblauen Timsâh- (Krokodil) See liegt r. am
Kanalufer eine Villa (Chalet) des Vizekönigs; der See war früher
eine Lagune mitten in der Wüste; sein erhöhtes Ostufer heißt das
Hyänenplateau. Am NW.-Ende des Sees liegt (76 km) Ismailia
(Hôtel des Voyageurs; gute Bahnwirtschaft; PT am Bahnhof), während
des Kanalbaues entstandenes, stilles, hübsches Städtchen (7000 Einw.),
Zentralamt und Hauptstation der Dampfer der Kanalgesellschaft,
durch Eisenbahnen mit Kairo (21/2 St.), Suez (2 St.) und Port Saïd
(11/2 St.) verbunden. Hier mündet der vom Nil bei Kairo kommende
Süßwasserkanal, der die Ortschaften am Suezkanal mit Trinkwasser
versorgt.—Am SW.-Ufer des Timsâh-Sees der Djebel Marjam, nach
arabischer Sage die Stätte, auf der Mirjam, die Schwester von Moses
und Aaron, sieben Tage fern vom Lager der Israeliten zubrachte
(4. Mos., Kap. 12). Bei (85 km) Tusûn (r.) ein weit sichtbares Schêchgrab.
Der Kanal führt nun durch Sandsteinlagen und erreicht (bei
90 km) die Bahnstat. Serapeum (r.), kleinen, durch den Kanalbau
entstandenen Flecken; westl. ein Darius-Denkmal auf einem Hügel
zum Andenken an den ältesten Kanalbau. 2 km südl. durchbricht
der Kanal harte Kreidefelsen und tritt dann in die blaugrünen Bitterseen
ein, an deren Ein-und Ausgang je ein Leuchtturm steht; das
Fahrwasser ist mit Leuchttonnen und Pfahlbaken bezeichnet. Vor
dem Kanalbau lag die Mulde der Bitterseen trocken, am 18. März
1869 lief das Mittelmeerwasser in sie hinein, am 15. Aug. wurde
der südliche Damm durchstochen und die Begegnung beider Meere
hergestellt. Der Große (nördliche) Bittersee ist ca. 20 km lang; auf
dieser Strecke dürfen Dampfer mit »Volldampf« laufen und sich
auch überholen, da das Fahrwasser breit genug ist. Eine ausgebaggerte
Fahrrinne führt vom Großen in den Kleinen Bittersee,
an dessen NW.-Ufer die Ruinen eines andern Perserdenkmals liegen.
Nw. sieht man die Hügel und die Bahnstat. von Geneffe. Im Kleinen
Bittersee sind zwei Anlegestellen für Schiffe. Südl. von den Bitterseen
ist harter Boden; bei (139 km) Stat. Schalûf (r.) führt der Kanal
durch Sandstein; dann folgen Sandhügel. Der Kanal wird hier
breiter, seine Dämme sind höher als vorher. Beim sogen. (150 km)
Campement Madama bestehen die Ufer aus festem Mergel und weichem
Ton; westl. Ruinen zweier Denksteine mit Inschrift von Darius in
Hieroglyphen-und Keilschrift. Eine Wüstenstraße (Pilgerstraße
nach Mekka) kreuzt hier auf einer Schwimmbrücke den Kanal. Östl.
in einiger Entfernung liegen die Trümmer der alten Stadt Arsinoë.
Die Ausfahrt aus dem Suezkanal ins Rote Meer mündet an der
Ostseite der großen Bai von Suez; die Stadt Suez, die Hafenanlagen
von Port Ibrahim, die Ausweichestelle und die Kaianlagen von Port
Taufik bleiben r., ebenso die Avenue Hélène (S. 29); l. ein starker
Wellenbrecher zum Schutze der Kanalmündung.—(160 km) Port
Taufik (Tewfik), Ausweiche-und Anlegestelle an der Südeinfahrt
des Suezkanals, ist mit Hafenanlagen ähnlich wie Port Saïd ausgerüstet;
Einrichtungen zum Bekohlen von Dampfern nahe dem Gebäude
der Kanalgesellschaft. Die Dampfer halten hier gewöhnlich
etwa 2 St.
[S. 29]
(160 km) Suez (vgl. den Karton auf der Karte »Rotes Meer«).
Gasthöfe: Bel Air, in Stadt Suez,
Rue Colmar, am Bahnhof; 22 Z. 4 Fr.,
Pens. 13 Fr., gut.—Sinai, auf Port
Taufik, nahe dem Landeplatz der
Dampfer; 16 Z., Pens. 13 Fr.
Bierstube: Bayer. Bierhalle, gutes
Essen u. Schlafzimmer.—Cafés: Paradies
und Mahroussa (in beiden Konzert).
Post (ägyptische), Hauptamt in Port
Taufik, Avenue Hélène, Nebenamt in
Suez-Stadt, nahe dem Zollamt.—Telegraph:
Ägyptischer (für Ägypten) in
Port Taufik, nahe dem Bahnhof (Suez-Dock),
in Suez-Stadt im Gouvernementsgebäude;
—fürs Ausland: der
englische Telegraph in Port Taufik,
neben Hotel Savoy, in Suez-Stadt
gegenüber Hotel Bel Air.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
Geo. Meinecke (zugleich Vertreter des
Deutschen Kohlendepots).—Österreich-Ungarn,
Vizekonsul A. Pacho.
Banken: Geo. Meinecke (Deutsche
Orientbank, Banque Imperiale, Ottomane
etc.).—Bank of Egypt Ltd.
Eisenbahn über Ismailia nach (247
km) Kairo in 41/2-51/2 St.
Dampfschiffagenturen: Norddeutscher
Lloyd: W. H. Müller & Co.;
Hamburg-Amerika-Linie: Geo. Meinecke
(deutsches Kohlendepot) und
viele andre.
Auf dem (unbedeutenden) Basar
schöne Korallen, Muscheln etc. aus
dem Roten Meer. Handeln!
Suez liegt an der Nordecke des Meerbusens von Suez, eines Busens
des Roten Meers, im W. überragt vom Djebel Atakah. Die Stadt,
mit etwa 18000 Einw., darunter 2774 Europäer, Sitz eines Gouverneurs,
besteht aus dem arabischen Viertel östl. vom Bahnhof, mit
einigen unbedeutenden Moscheen, und dem regelmäßig angelegten,
sauberen europäischen Viertel westl. und nördl. vom vorigen, mit
einigen großen Häusern und Warenlagern. Nw. vom europäischen
Viertel die schmutzige arabische Matrosenvorstadt Arbaïn.—Im
N. der Stadt liegt auf dem Hügel Kôm el-Kolzum ein verfallenes
vizekönigliches Landhaus mit schönem Umblick. Von hier nö.
die Mündung des Süßwasserkanals mit Schleusenwerk; der Kanal
liegt hier 2 m ü. M. Etwas weiter nw. das Wasserhebewerk der
Suezkanalgesellschaft; auf dem Ostufer des Süßwasserkanals der
frühere Karawanenlagerplatz.—Zu den im S. der Stadt weit ins
Meer hinausgebauten Hafenanlagen führt ein 3,5 km langer, 15 m
breiter Damm, auf dem auch die Bahn läuft (stündl. ein Zug zum
Port Taufik [»Suês-Docks«]), die den Ankerplatz der Schiffe mit
Stadt und Bahnhof verbindet. Der Damm bildet einen aussichtsreichen
Spazierweg; östl. sieht man die Berge der Sinaihalbinsel,
westl. den Djebel Atakah. Am Ende des Dammes l. das Bassin der
Kanalgesellschaft und der Port Taufik am Südausgang des Suezkanals;
sodann Gebäude, die, von den Kanallotsen und-beamten
bewohnt, ihre Front dem Kanal zukehren und die Avenue Hélène
bilden. Am Ende dieser Avenue das von Lesseps errichtete Standbild
des Leutnants Waghorn (gest. 1850), eines angeblich in Deutschland
geborenen englischen Offiziers, der sein Leben erfolglos der von Lesseps
mit Glück durchgeführten Idee gewidmet hatte und im Elend
starb. Das Fahrwasser ist von hier nach S. noch 4 km weit durch
Pfähle und Bojen bezeichnet. Westl. von der Avenue Hélène liegt
das große Hafenbassin Port Ibrahîm, mit Trockendock (124 m lang),
[S. 30]
durch eine mächtige Mauer in den Kriegs-und den Handelshafen
geschieden. Eine Bootfahrt im Hafen bei ruhigem Wetter ist lohnend.
Der Ausflug nach der am Ostufer
des Golfs von Suez gelegenen Mosesquelle
(Ain Musa) erfordert 1/2 Tag
mit Dampfpinnasse, sonst einen Tag
Zeit und ruhiges Wetter. Man macht
ihn entweder zu Esel (20 Pi. sowie
20 Pi. für Überfahrt des Esels) oder
fährt mit Dampfpinnasse (1-2 £) in
1 St. hin, oder Segelboot (15 Pi. finden
Tag) in 3-6 St. ans Ostufer und
geht 3/4 St. durch die Wüste zu den
Gärten an der Quelle (nach früherer
Annahme das Schilfmeer, das die Juden
bei ihrem Zug durch das Rote
Meer passierten). Wahrscheinlicher ist
es, daß die Israeliten weiter nördlich
durch die Bitterseen gewatet sind.—
Die Mosesquelle ist eine kleine Oase,
mit salzigbittern Quellen (natronhaltig),
die nach der Tradition von
Moses durch Hineinlegen eines Baumes
aus einer bittern süß gemacht
wurden (2. Mos. 15, 23-25). Die Oase
ist von Arabern bewohnt, die Gemüsebau
treiben.
Tagesausflüge zu Kamel oder Esel
ins Atâkahgebirge sind für Jäger und
Naturfreunde lohnend.
Das Rote Meer (vgl. beifolgende Karte), ein 2250 km (entsprechend
der Entfernung von Berlin bis Batum) langes, aber im
Mittel nur 275 km (= Berlin-Sangerhausen) breites Meeresbecken,
trennt als ein gewaltiger Graben zwei wüstenhafte Hochländer ganz
ähnlichen Charakters, die Libysche Wüste und das Arabische Hochland.
Im N. läuft es in die beiden schmalen Zipfel des Golfs von
Suez und des Golfs von Akaba aus, im S. wird es durch die nur
26 km breite Einschnürung der Straße von Bab el-Mandeb vom
Indischen Ozean geschieden. Dieser grabenartigen Umrißgestalt
des Roten Meeres entspricht auch seine Entstehungsweise: es nimmt
die Stelle eines in grauer Vorzeit (am Ende der sogen. Tertiärzeit)
in die Tiefe gesunkenen Stücks der nordostafrikanischen Wüstentafel
ein. Von der gleichen Entstehung ist auch der die SO.-Seite
der Sinaihalbinsel begrenzende Golf von Akaba (s. oben), der sich
als »Syrischer Graben« in dem landfest gebliebenen Wadi el Araba
und dem Jordantale noch weit nordwärts fortsetzt (vgl. S. 32).
Die Küsten des Roten Meeres zeigen noch heute seine Natur als
Grabenbruch: hinter einem schmalen, flachen Küstensaum (der
Tihama), einer jungen Meeresanschwemmung, erheben sich sowohl
auf der ägyptischen wie auf der arabischen Seite die Steilabfälle der
benachbarten Hochländer, die aus flachgelagerten Schichten von
Kreidekalk und tertiärem Sandstein bestehen, durch zahlreiche
Trockentäler (Wadis) zerrissen sind und durchaus ein gebirgsartiges
Aussehen haben. Der Gebirgscharakter der Küstenabfälle wird noch
erhöht durch wirkliche Gebirgszüge aus altkristallinen Gesteinen,
die sie namentlich auf der ägyptischen Seite überragen, sowie durch
jungvulkanische, gleichzeitig mit dem Einbruch des Roten Meeres
aufgequollene Gebirgsstöcke, vor allem in Südwestarabien; zu den
erstern gehört der Sinai, zu den letztern der Djebel Schamschan,
die Berge um Aden.—Aber auch unterhalb der heutigen Strandlinie
setzt sich der Steilabfall noch fort, so daß das Rote Meer trotz
seiner geringen Breite namentlich in seiner nördlichen Hälfte bedeutende
Tiefen, bis zu 3000 m, aufweist. Größere Buchten fehlen
fast ganz, dafür ragen viele kleine Felsvorsprünge ins Meer hinaus,
und teilweise umsäumen zahlreiche Klippen die Küsten, die bei der
[S. 31]
Wärme des Wassers auch reich an Korallenbauten sind.—Seinen
Namen trägt das Rote Meer zu Unrecht; es ist meist tiefblau und
nur stellenweise durch nahe der Oberfläche in großen Massen
schwebende niedere Organismen (sogen. Plankton) grünlich, gelblich
oder rötlich gefärbt. Das Tierleben in dem sehr warmen (bis 34,5°)
Wasser ist überhaupt reich, das Meeresleuchten oft prächtig.
Das Klima des Roten Meeres ist
verrufen wegen seiner hohen Temperaturen.
Schon Suez an seinem Nordende
hat eine Jahrestemperatur von
22°, gehört also bereits der heißen
Zone an, aber die südl. Küstenorte
sind noch viel heißer, die Insel Perim
in der Bab el-Mandeb-Straße hat mit
30° die höchste mittlere Jahrestemperatur
von ganz Asien, und Massaua und
Assab stehen ihr nicht nach. Als
verhältnismäßig schmale Einsenkung
zwischen den im Sommer gewaltig erhitzten
großen Wüstenflächen Nordostafrikas
und Arabiens verwandelt sich
das Rote Meer, allseitig zwischen Steilabfälle
eingebettet, im Sommer in
einen wahren Glutkessel. Das Meerwasser
selbst bringt der Luft keine
Abkühlung, denn die Meeresoberfläche
wird selbst sehr stark erwärmt, und
durch die schmale und wenig über
300 m tiefe Bab el-Mandeb-Straße
findet das kalte Tiefenwasser des Indischen
Ozeans keinen Zutritt. So macht
die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und
die Verhinderung nächtlicher Abkühlung
nur die Hitze unerträglicher,
zumal auch keine stärkeren Luftströmungen
herrschen. Die Dampfer
sind daher gezwungen, für die Rote
Meer-Fahrt arabische, somalische oder
chinesische Heizer anzunehmen, und
die Reisenden werden häufig von einem
lästigen Hautausschlag, dem »Roten
Hund«, befallen. Die beste Zeit zur
Fahrt durchs Rote Meer ist deshalb
der Winter. Regenfälle treten über
dem Roten Meer im Sommer fast nie,
im Winter selten ein; Stürme bedrohen
die Schiffahrt nur selten, doch
hat diese in der klippenreichen Küstenzone
unter starken Strömungen zu
leiden, und die Luft ist oft mit Staub
erfüllt, der über den benachbarten
Wüstenflächen aufgewirbelt ist.
Bei der großen Regenarmut sind die Küsten des Roten Meeres
wüstenhaft und schwach besiedelt, Küstenstädte bei der Hafenarmut
spärlich vorhanden und von geringer Bedeutung, da auch ihre
Hinterländer arm an Menschen und an Erzeugnissen sind. Der gewaltige
Verkehr dieser wichtigen Weltverkehrsstraße flutet an den
Küsten des Roten Meeres nur vorbei. Dagegen bestand im Altertum
ein reger Handel zwischen Südarabien und Ägypten und Palästina
(Salomo bezog von der Königin von Saba Weihrauch, Myrrhen etc.).
Im Mittelalter hatte Südarabien als Kaffeeproduktionsgebiet eine
gewisse Bedeutung, jetzt deckt es aber kaum noch ein Hundertstel
des Weltverbrauchs, und der einst wichtige Kaffeeversandhafen
Mocha ist ganz vereinsamt. Auch die Küstenplätze der europäischen
Kolonien, die an der dem abessinischen Hochlande benachbarten
Küste entstandenen sind, vermögen wegen des Fehlens regerer
Handelsbeziehungen zum Binnenland und wegen eines mörderischen
Klimas vorläufig zu keiner Blüte zu gelangen. Nur das schon außerhalb
des eigentlichen Roten Meeres nahe der SW.-Spitze Arabiens gelegene
Aden ist als wichtiger strategischer Stützpunkt der Engländer
und durch seinen guten Hafen zu größerer Bedeutung gekommen.
Fahrt durch das Rote Meer (Suez-Aden 1318 Seem.). Auf der Reede
von Suez, außerhalb der Kanalmündung (s. S. 29) sind gute Ankerplätze
für große Dampfer, doch müssen mehrere gefährliche Riffe,
die aber mit Leuchtbaken bezeichnet sind, gemieden werden; das
[S. 32]
große mittlere Korallenriff Kalaa el-Kebira hat drei rote Gerüstbaken.
Die Küsten an beiden Seiten der Suezbai sind kahl und
öde; an der Westseite erhebt sich der auffällige Djebel Atakah
zu 831 m Höhe. Die Mosesquelle (S. 30) an der Ostseite der Bai erkennt
man an den Palmen, die sie umgeben, sowie an der Quarantäneanstalt
für Reisende. Bei der Fahrt durch den Golf von Suez
halten sich die Schiffe näher der Westküste, die Leuchttürme auf Râs
Safarana, Râs Gharib, auf den Aschrafi-Riffen und auf der Schadwan-Insel
hat. Das Land ist an beiden Seiten sichtbar, an der afrikanischen
die gleichförmigern Steilabfälle der Wüstentafel, die stellenweise
rötliche Färbung haben und im Djebel ed-Dêr 1450 m Höhe
erreichen; an der Ostseite, auf der Sinaihalbinsel, erheben sich die
»mächtig trotzigen, scharfzackigen Wände« des Sinai, ein schönes
Alpenland zerklüfteter Felsmassen, das sich hinter wallartigen Vorbergen
aufbaut und keine Spur von Pflanzenwuchs zeigt. Der Hauptgipfel,
Djebel Musa (2270 m), und der etwas westlichere Gipfel Djebel
Katherina (2602 m) treten für das Auge zurück gegenüber der kühnen
und großartigen Gestalt des Djebel Serbâl (2050 m), der neuerdings
als der Berg der mosaischen Gesetzgebung angesehen wird.
Den Sinai besucht man vom Hafenplatz Tor aus (Quarantäneplatz für
heimkehrende Mekkapilger, deren 1907 dort 45000 die Quarantäne durchmachten),
von wo man in 21/2 Tagen auf Kamelen das Kloster auf dem Sinai
erreicht; der Reitweg ist aber sehr schlecht und durch Räuber gefährdet.
Nach Tor laufen Postdampfer der Khedivial Mail Line der Linie Suez-Djidda
wöchentlich; auch führt ein Reitweg längs der Küste nach Suez.
Vom Golf von Suez gelangt man durch die ziemlich enge, mit
vielen gefährlichen Riffen an beiden Seiten besetzte Djobal-Straße
in das Rote Meer; auf den Aschrafi-Riffen (r.) ein Leuchtturm. Östl.
von der Djobal-Straße zweigt längs der Ostküste der Sinaihalbinsel
der wenig befahrene Golf von Akaba (S. 30) ab, in dessen Fortsetzung
das Jordantal mit dem Toten Meer und dem See Genezareth liegt.—
Am Roten Meer liegen auf ägyptischer Seite ein neuer Phosphathafen
in der Safadjabucht sowie der nur monatlich einmal von einem Regierungsdampfer
besuchte Handelsplatz Kossêr mit 2200 Einw. an
der Mündung des Trockentals Wadi Ambagni; die Stadt ist sauber
und hat eine gute Reede. Eine Karawanenstraße führt nach Kench
am Nil nahe bei Karnak. Weiter südl., am Fuße der Berenice-Berge
(1350 m), liegt unter dem Râs Benas der gute Ankerplatz Port Berenice
dicht bei den Ruinen der altägyptischen Handelsstadt Berenike, von
Ptolemäus II. Philadelphus gegründet und nach seiner Mutter benannt;
eine alte Stationsstraße führte von dort nach Kench. In der
Nähe Smaragdminen. Die Umgegend ist reich an Antilopen.—Einer
der besten Häfen an der Küste von Nubien ist
Port Sudan (früher Mirsa Schêch Barud genannt) auf 19° 35' nördl.
Br., der durch Eisenbahn und Telegraph mit Suakin und Berber
am Nil verbunden ist und im Jahre 1906 eröffnet wurde. Die Einsteuerung
in den gut geschützten Hafen ist sehr bequem. Die Hafenanlagen
sind modern und mit elektrischen Kohlentransportern, Ladebrücken,
Kranen, Werkstätten, Lagerhäusern etc. reich ausgestattet.
Port Sudan hat sich schnell zum Haupthandelshafen für den Sudan
[S. 33]
und Nubien entwickelt; Ausfuhr umfaßt besonders Baumwolle,
Gummi, Vieh und Häute. Die junge Stadt hat bereits an 5000 Einw.,
darunter 1000 Europäer, besitzt Elektrizitätswerk, Wasserwerk, Post
und Telegraph. Zollamt und Bahnhof in der Oststadt, europäische
Geschäftshäuser, Gouvernementsgebäude, Schule, Krankenhaus in
der Weststadt; Garnison und Polizei. Port Sudan soll gesund sein,
trotz großer Hitze im Juni-September. Die Stadt liegt auf baumloser
Ebene, im Hintergrund mit malerischer Gebirgsgegend.
Eisenbahn: Mehrere Züge tägl. in
24 St. nach (792 km) Chartum, über
(39 km) Sallom Junction, von da Anschluß
nach (20 km) Suakin.
Dampferlinien: Wöchentlich ein
Dampfer der Khedivial Mail nach
Suez; außerdem laufen Dampfer der
Hamburg-Amerika Linie (Vertreter
Geo. Meinecke), des Norddeutschen
Lloyd, der British India Steam Nav.
Co. und der Società Nazionale di Servizi
Marittimi Port Sudan an.
Suakin (Sauakin), bisher wichtigster englisch-ägyptischer Hafen,
hat sehr viele Riffe und Inseln vorgelagert, die die drei Einfahrten
sehr schwierig machen, so daß 1903 während des Bahnbaues hier
10 Dampfer strandeten. Die Stadt hat etwa 7000 Einw., liegt auf
einer Insel mitten in vorzüglicher Hafenbucht, die während des englischen
Sudanfeldzugs (1884-91) gegen den Mahdi und seinen Nachfolger
als Hauptstützpunkt der kriegerischen Unternehmungen diente,
aber auch von den Mahdisten mehrmals belagert und hart bedrängt
wurde. Auf dem Festlande liegt die Arabervorstadt El-Kef, nach
der von Suakin ein Damm führt; die Vorstadt besteht meist aus
Lehmhütten, hat mehrere Moscheen aus Lehmziegeln und einen
guten Basar. Die Landseite ist durch einen halbkreisförmigen Befestigungsgürtel
geschützt. Die Stadt Suakin hat Post und Telegraph,
zwei Krankenhäuser, katholische Missionskapelle, mehrere Moscheen.
Gouverneur ist der rangälteste englisch-ägyptische Offizier der Garnison.
Suakin ist in (20 km) Sallom Junction mit der Bahnlinie Port
Sudan-Berber-Chartum verbunden (vgl. Meyers »Ägypten«). Dampfer
der Khedivial Mail laufen wöchentlich an und gehen nach Suez,
Massaua, Dschidda, Hodêda und Aden alle 14 Tage. Suakin ist wichtig
als Einschiffungsplatz der sudanesischen Pilger, die von hier nach
Dschidda überfahren. Die Hitze ist im Juni, Juli und August am
größten, bei Sandstürmen über 40° C; Sonnenstich und Unterleibstyphus
sind dann für Europäer besonders gefährlich.
An der wüstenhaften arabischen Küste des Roten Meeres liegen
folgende Seeplätze und heilige Städte:
Janbo el-Bahr, auf 24° 5' nördl. Br., ist Anlegeplatz für Pilgerschiffe
mit geschützter kleiner Hafenbucht. Die Stadt ist verfallen
und ärmlich; das Landtor führt auf den Karawanenweg nach Medina.
Die Bewohner sind Araber, Besatzung und Kaimakam (»Landrat«)
sind Türken. Der Handelsverkehr nimmt etwas zu; ägyptische,
britische und türkische Dampfer laufen den Hafen an.
Etwa 200 km östl. von Janbo liegt
Medina, die Stadt des Propheten mit
dem Heiligtum El-Haram, einer Moschee
auf der Stelle, wo Mohammed
starb. Der Zutritt zur Stadt ist Ungläubigen
streng verboten, doch haben
einige Europäer die Stadt verkleidet
besucht und beschrieben (Burton 1852).
Dschidda, auf 21° 28' nördl. Br., mit etwa 20000 Einw., ist der
bedeutendste Seehandelsplatz dieser Küste und Hauptlandungsplatz
[S. 34]
der zahlreichen Dampfer und Segler mit Mekkapilgern (jährlich
etwa 40000). Der Ort hat seine Bedeutung wahrscheinlich durch
den Umstand erlangt, daß der Wintermonsun die Segelschiffe von
Südosten her gerade noch bis hierher zu treiben vermag; anderseits
waren die Schiffer häufig gezwungen, hier länger liegen zu bleiben,
um günstigen Wind abzuwarten, und benutzten diese unfreiwillige
Muße zu einem Besuche der heiligen Stätte im Hinterlande, der
Ka'aba (s. unten), die dadurch bis in weit entfernte Gegenden bekannt
wurde. Von See macht die Stadt mit hohen weißen Häusern
und vielen Minarets sowie den Türmen und Basteien der Stadtmauer
einen großartigen Eindruck. Im Hintergrund erhebt sich hohes Gebirgsland.
Dem Ankerplatze vor der Stadt sind gefährliche Riffketten
vorgelagert, durch die schwierige Fahrwasser hindurchführen.
Vom Seetor am Strande gelangt man durch enge, schmutzige Straßen
geradeaus auf den Basar; am Ostende der Stadt liegt das Mekkator.
Die Tore bleiben von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang geschlossen.
Die fanatische Bevölkerung ist christenfeindlich; die Einwohner
und die Beduinen aus der Umgegend gehen stets bewaffnet;
außer einigen Konsuln (England, Frankreich, Rußland, Holland und
Österreich) gibt es fast keine Europäer in der Stadt; außerhalb der
Stadt lasse man sich nicht sehen und sei auch in der Stadt sehr
vorsichtig!—Dampferlinien für den Pilgerverkehr sind die Ocean
Steamship Co., die Khedivial Mail, drei britisch-indische und drei
niederländische Linien. Telegraph nach Suakin, Medina, Mekka.
Mekka, die Geburtsstadt Mohammeds
und Hauptstadt des Hedschas,
liegt etwa 95 km östl. von Dschidda und
400 km südl. von Medina und hat etwa
60000 Einw. Um die Ka'aba (den heiligen
schwarzen Stein) zu besuchen,
der in der Mitte des Mekkatals in der
SO.-Ecke des Beit Allah (Haus Gottes)
eingemauert ist, strömen dort jährlich
bis zu 100000 mohammedan. Pilger zusammen.
Mekka ist Hauptpflegestätte
der mohammedanischen Theologie.
Die Dampfer im Hauptfahrwasser des Roten Meeres steuern,
nachdem sie bei der Insel Schadwan die Djobal-Straße verlassen
haben (S. 32), SSO.-Kurs und sichten zunächst nach etwa 6 St.
den Leuchtturm (mit neuem Blitzfeuer) der beiden Koralleninseln
Die Brüder, behalten dann SSO.-Kurs 100 Seem. weiter, bis der
Leuchtturm des Dädalus-Riffs in Sicht kommt. Von da 656 Seem.
bis zur Insel Djebel Tair; dabei sieht man r. die 213 m hohe St. John-Insel,
die Elba-Berge und andre Gipfel der ägyptischen Küste. Nur
einzelne Dampfer nehmen etwa vom 18.° nördl. Br. südl. Kurs, um
innerhalb der nördl. Dahlak-Inseln längs der Küste der italienischen
Kolonie Eritrea nach deren Haupthafen
Massaua zu steuern, der, von mehreren Inseln und einer Halbinsel
eingeschlossen, einen vorzüglichen Ankerplatz bildet. Die
Stadt mit etwa 35000 Einw. liegt auf der gleichnamigen Insel; am
Hafen liegen Kaufhäuser, Kaffeehäuser und Kolonialgebäude, Marinewerft,
Vorratslager, Marinelazarett. Bank: Società Coloniale
Italiana (Korresp. der Deutschen Bank). Aufblühender Handel,
Ausfuhr von abessinischem Kaffee, Elfenbein, Gold, Gummi, Fellen,
Perlen u. a. Funkentelegraphenstation, Post und Telegraph. Die
Dampfer der Società Nazionale di Servizi Marittimi laufen wöchentlich
[S. 35]
an. Das Klima ist eins der heißesten auf der Erde, vom Juni
bis September sinkt das Thermometer im Durchschnitt nicht unter
30° herab; im April und Mai herrscht Malaria. Der vorzügliche Hafen
diente schon 1867/68 Lord Napier (of Magdala) als Landungsplatz
und Hauptstützpunkt beim Feldzug gegen Abessinien, wurde später
von den Engländern wieder aufgegeben und 1885 von den Italienern
besetzt. Eine Eisenbahn führt von Massaua westl. über Dogali nach
Sahati. Der militärische Statthalter der Kolonie Eritrea wohnt in
Asmara, etwa 45 km sw. von Massaua.
Von Massaua laufen die Dampfer mit sö. Kurs längs der Eritrea-Küste
nach Assab, dem südlichsten Hafen und Handelsplatz der
italienischen Kolonie, von dem ein Karawanenweg nach Magdala
in Abessinien führt. Assab liegt auf 13° nördl. Br. in einer durch
Inseln und Riffe geschützten Bucht und hat 5000 Einw.; die Einfahrt
ist schwierig, besonders durch das Ostfahrwasser. Die italienischen
Dampfer laufen Assab an.
Schiffe, welche die Hafenplätze der
Küste von Jemen besuchen, müssen
schon auf dem 20.° nördl. Br. aus dem
Hauptfahrwasser des Roten Meeres ostwärts
auf die Stadt el-Lid zusteuern
und dann das Innere Fahrwasser
innerhalb der Korallenriffe vor der arabischen
Küste benutzen. El-Lid liegt
auf 20° 7' nördl. Br.; Dampfer des
Österreichischen Lloyd besuchen etwa
vierteljährlich diesen und die folgenden
Hafenplätze, von denen der nächste
im S., Kunfuda, eine befestigte türkische
Stadt mit etwa 10000 Einw.,
auf 19° 8' nördl. Br. liegt. Beträchtlichern
Handel mit Kaffee und Getreide
hat die kleinere Stadt Lohêja, mit
2000 Einw., auf 15° 42' nördl. Br.; der
Ankerplatz liegt etwa 4 Seem. von der
Stadt.—Als Quarantäneplatz für indische
Pilgerschiffe ist der Kamaran-Hafen
an der Ostseite der großen
Insel Kamaran wichtig. Gegenüber
liegt auf dem Festland die Stadt Saliff,
aus deren Steinsalzwerken viel Salz
verschifft wird. Durch den Kamaran-Paß
führt die Küstenfahrt dann nach
dem wichtigen Handelsplatz Hodêda
(Hodeida) auf 14° 47' nördl. Br.; die
aufblühende Stadt hat etwa 45000
Einw. und regen Schiffsverkehr; Ausfuhr:
Kaffee, Felle, Korn. Kleiner
Schutzhafen für Sambuks und Boote
ist neu gebaut. Etwa wöchentlich
Dampfer der Khedivial Mail nach Suez
und Aden und italienische nach Massaua.
Der Telegraph ist selten gebrauchsfähig,
man sendet schneller
Telegramme mit Dampfer nach Aden.
Cholera tritt in Hodêda häufig auf.
Der Hauptdampferweg führt l. an der 245 m hohen, vulkanischen
Insel Djebel Tair vorbei, dann südl. und l. von den Sebajir-Inseln.
Djebel Sugur und die Hanisch-Inseln werden auf der Ausreise
meist r. gelassen, wobei aber die gefährliche Avocet-Klippe auf
14° 22' nördl. Br. gemieden werden muß; sie hat nur 4,6 m Wassertiefe
und ist rings von tiefem Wasser umgeben, auch nicht zu erkennen,
so daß schon mehrere Dampfer auf ihr Schaden erlitten
haben. Die meisten Dampfer steuern durch die Abu Ail-Durchfahrt
östl. von Djebel Sugur und halten dann auf Mocha zu, wobei die
Hanisch-Inseln r. bleiben.—Mocha (Mokka) ist von Bord aus an
den Minarets und Moscheen zu erkennen; im Hintergrund der Stadt
erheben sich hohe Berge, an deren Abhängen der berühmte Kaffee
wächst; während nämlich der Küstenstrich selbst wüst und öde ist,
empfangen die terrassenförmig abfallenden Gehänge des Hochlandes
von Jemen oberhalb von 800 m Meereshöhe ziemlich ergiebige Niederschläge
und sind daher reich bewässert und bebaut. Die Gipfel sind
[S. 36]
meist in Dunstschleier gehüllt. Früher war Mocha wichtigste Handelsstadt
von Jemen, ist aber jetzt von Hodêda weit überholt; die Stadt
sieht wie ein Trümmerhaufen aus. Die Reede hat viele Riffe.—
Dampfer nach Aden steuern in Sicht von Mocha südl. längs der
arabischen Küste durch die Kleine Straße Bab el-Mandeb (S. 30)
und dann östl. meist in Sicht der im Djebel Churruz bis 829 m hohen
Küste nach Aden (S. 38).
Perim, englische Insel in der Straße Bab el-Mandeb, ist kahl,
felsig und vulkanischen Ursprungs; auf dem 65 m hohen Gipfel der
Insel am SO.-Ende liegt eine Lloydsignalstelle, die passierende Schiffe
telegraphisch nach London meldet; Telegraphenkabel führen von
der Insel nach Aden, Suez, Obock, Assab, Massaua und Suakin. Der
bequeme natürliche Hafen an der SW.-Seite der Insel ist an die Perim
Coal Comp. verpachtet, die ein großes Lager an Kohlen zur Ausrüstung
von Dampfern unterhält. Indische Mekkapilger-Schiffe
müssen die Insel zur ärztlichen Untersuchung anlaufen. Perim ist
strategisch als englischer Flottenstützpunkt wichtig, aber unbefestigt.
Zur Brutzeit Schildkrötenfang am Hafen.
Dampfer nach Djibouti laufen westl. von Perim durch die Große
Straße Bab el-Mandeb zwischen Râs Sijan, einem 135 m hohen rötlichen
Küstenvorsprung, und den Sechs Brüdern (Djesiret es-Sawahib),
sechs auffälligen Felseninseln, hindurch, steuern dann um Râs
el-Bir herum in den Golf von Tadjura, an dessen NO.-Ecke der von
Riffen eingeschlossene Hafen von Obock liegt, früher Haupthafen
der französischen Somali-Küste, jetzt, weil ungesund, verlassen. Im
Innern des Golfs von Tadjura liegen die unwichtigen Handelsplätze
Tadjura, Ambabo, Sagallo und das schwer zugängliche Becken
Ghubbet Charab. Am SO.-Ausgang des Golfs liegt die Hauptstadt
der französischen Kolonie Somali.
Djibouti, Stadt mit ca. 16000 Einw., davon 1800 Europäer, Sitz
eines Gouverneurs; zwei deutsche Firmen; Stadt mit steinernen
Häusern, gut gebaut. Polizeitruppe von 500 Gallaleuten.
Gasthöfe: Continental (gelobt);—
Des Arcades;—De France, Pens.
10-12 Fr.—Cafés am Place du Port
und am Place de Menelik.—Dampfer:
Messageries Maritimes, 14tägig
nach Marseille, Ostasien, Australien,
Madagaskar und Mauritius; Küstendampfer
der Cie. de l'Afrique Orientale
nach Aden, außerdem Dampfer des
Österreichischen Lloyd, der Hamburg-Amerika
Linie und der Cie. Harraise
etwa monatlich einmal.—Post u. Tel.
französisch; Telephon nach Harrar und
andern abessinischen Orten bis Addis-Abeba.
—Eisenbahn bis Diré-Daua
(vgl. S. 37), Fortsetzung bis Addis-Abeba
im Bau.—Geld französisch: die Eingebornen
nehmen auch indische Rupien
und Silber-Annas in Zahlung.
Konsulate: Abessinischer Konsul Ato
Joseph, bei dem man vorspreche vor
einem Ausflug nach Abessinien zur
Ausstellung eines Waffenscheins (gratis).
—Bank: Filiale der Banque de
l'Indochine.
Geschichtliches: Erste französische
Niederlassung 1862 in Obock, gekauft
vom Sultan Ibrahim Abu Bekr; Kohlenlager
wurden erst 1883 dort eingerichtet;
1896 wurde Djibouti Hauptstadt
der Kolonie »Côte Française
des Somalis«.
An der Landungsbrücke für Leichter mit Schmalspurbahn liegen
die Kohlenlager und Gebäude der Messageries Maritimes. An der
kleinern südlichen Landungsbrücke, die dem Bootsverkehr zum
[S. 37]
Dampfer dient, das Regierungsgebäude. Krankenhaus für Europäer.
Trotz der Hitze sind die Gesundheitsverhältnisse für Europäer gut,
nur Sonnenstich kommt häufig vor. Größte Hitze im Juli, August
und September. Man trage stets Tropenhelm!—Trinkwasser aus
Wasserleitung ist nicht einwandfrei, Darmkatarrhe treten häufig auf.
Lebhafter Handel mit Elfenbein, Kaffee, Gold und Häuten; Waffenausfuhr
nach der arabischen Küste. Handelshäuser am Place du
Port und Place de Menelik.
Eisenbahn Djibouti-Diré-Daua,
310 km in 16 St., zweimal wöchentl.
Personenverkehr für I. 180, II. 62,
III. (nur Eingeborne) 15,50 Fr., Rückfahrkarten
mit 8 Tagen Gültigkeit I.
220, II. 75 Fr. Spurweite der Bahn
1 m. Die Bahn durchläuft die wasserarme,
hügelige Küstenebene und fährt
dann in Trockentälern in das innere Gebirgsland
hinein. Nachdem bei (89 km)
Ali Sabiet in 734 m Höhe der französische
Grenzposten passiert ist, kommt
man durch besonders schöne Gebirgslandschaften
hindurch. In 831 m Höhe
bei (106 km) Daouanlé ein Bahnhofsgasthaus.
Das Gebirgsland endet bei
(132 km) Adelé, die Bahn tritt auf eine
unabsehbare, mit einzelnen Büschen
und Bäumen besetzte Hochebene, erreicht
(190 km) Col du Harr (887 m)
und, zuletzt wieder durch Bergland,
den vorläufigen Endpunkt in (310 km)
Diré-Daua (1100 m), 1905 gegründeter
Stadt mit 15000 Einw., darunter 500
Europäer. Gasthöfe: Continental;
De France; Vigier; Hermelides; Michaelides.
Geld: Mariatheresientaler und
Meneliktaler (Bör) = 12-16 Mahalek
(abessinische Silbermünze, etwa 12-13
Piaster [Girsch]). Französisches Geld
wird in Zahlung genommen.
Ausflug von Diré-Daua nach
Harar, 60 km in 1-2 Tagen auf Kamelen,
Pferden, Mauleseln oder Eseln;
Preis für ein Tier 3-5 Taler. Die
gebahnte Straße führt am See Hiramaya
(abessinisches Wirtshaus zum
Übernachten) vorbei, überschreitet
einen Bergpaß von 2030 m Höhe und
senkt sich dann nach der Stadt Harar
(Hôt. Universel, Pens. 15 Fr.), die 1856 m
ü. M. auf einem Berge liegt und 50000
Einw. hat, davon 8-10000 Abessinier,
an 7000 Galla und Somali, Rest Fremde
(Araber, Türken, Armenier, Hindus
und Griechen). Harar ist alte Handelsstadt,
1886 von Menelik erobert, Hauptstadt
der gleichnamigen Provinz, Sitz
eines Gouverneurs. Die fünf Tore der
Stadt werden bei beginnender Dunkelheit
geschlossen und unter keiner Bedingung
vor dem nächsten Morgen
geöffnet; vor der Stadt ist keine Unterkunft,
das Kampieren im Freien ist
wegen des Geheuls der Hyänen und
Schakale unangenehm. Die Stadt,
mit Mauern umgeben, inmitten von
Bananenpflanzungen und Kaffeegärten
reizvoll gelegen, hat typisch orientalisches
Gepräge. Sehr gesundes Klima,
gute Wasserleitung. Bank: Bank of
Abyssinia, eine Filiale der gleichnamigen
Bank in Addis-Abeba. Münzwesen
s. unter Diré-Daua; PT, Telephon
nach Djibouti und Addis-Abeba.
Konsulate: England, Italien sind
vertreten. Französisches Hospital.
Lebhafter Handel, besonders in
Kaffee und Häuten; der Markt wird
tägl. von etwa 10000 Angehörigen der
Stämme dieser Provinz besucht. Die
Umgegend ist sehr fruchtbar, das
Klima mild. Etwa 4 St. von Harar
Jagd auf Wildschweine etc.
Das eigentliche Abessinien (Habesch,
Äthiopien), das man bei diesem
Ausfluge nicht berührt, umfaßt ein wildzerklüftetes
Alpenland mit wald-und
wildreichem Tafelland im Innern, mit
gesundem europäischen Hochgebirgsklima,
geeinigt 1889 vom Negus Negesti
(König der Könige = Kaiser) Menelik,
der infolge schwerer Krankheit im Jahr
1911 von der Regierung zurücktrat.
Seitdem ist der (1896 geborne) Enkel
Meneliks, Lidji Jeassu, König von Abessinien.
Die südl. Provinzen werden
künftig mit der Bahn erreichbar, die von
Diré-Daua westwärts 470 km weiter bis
zur Hauptstadt Meneliks, Addis-Abeba,
im Bau ist. Addis-Abeba, etwa 2400 m
ü. M. von Bergen umgeben in der Landschaft
Schoa gelegen, zählt ca. 50000
Einw.; etwa 60 km westlicher liegt die
zeitweilige Residenz Addis-Alam des
Königs. Schoa hat in den Höhenlagen
sehr gesundes Klima, doch tropische
Regenzeit vom Juni bis September.
Jagdgelegenheit bei Addis-Abeba
am Hawasch-Fluß und an den
Robi-Seen auf Nilpferde, Krokodile,
Warrans, Löwen, Leoparden, Büffel
und Antilopen sowie auf Federwild,
wie Marabus, Kuhreiher etc.; zur Jagd
sind Empfehlungen und Regierungserlaubnis
erforderlich.
[S. 38]
Aden.
Vgl. den untenstehenden Lageplan.
Lageplan von Aden.
Ankunft. Östl. und westl. von Aden
ist die Küste niedrig und sandig, so
daß sich die drei Halbinseln Râs Amran,
Djebel Hassan und Aden scharf
hervorheben; die Halbinsel Aden hat
viel Ähnlichkeit mit Gibraltar, ihr
turmartiger, 541 m hoher Gipfel
Djebel Schamschan kommt bei klarem
Wetter schon auf 40 Seem. Abstand
in Sicht. Die aus dem Roten Meere
kommenden Dampfer halten geradeswegs
auf die Leuchtbake auf Elephants
Back und die Leuchttonnen bei Steamer
Point zu. Die Dampfer des Norddeutschen
Lloyd ankern meist sw.
von den äußern Leuchttonnen im
Außenhafen, nur während des stärksten
Südwestmonsuns, im Juni, Juli
und August, gehen sie des hohen
Seegangs wegen in den innern Hafen
(oder nehmen in Perim Kohlen). Alle
übrigen (kleinern) Dampfer suchen
stets den Binnenhafen
auf.—
Die meisten
Dampfer haben
nur 3-6 St. Aufenthalt,
man erkundige
sich genau
nach der Abfahrtszeit,
ehe
man an Land
fährt, und bleibe
bei starkem Seegang
besser an
Bord, weil dann
die Bootfahrt
nach Steamer
Point zeitraubend
u. schwierig
und rechtzeitige
Rückkehr
unsicher
ist. Der äußere
Ankerplatz liegt
etwa 2 km vom
Lande, die Überfahrt
kann 1 St.
dauern. Am
Landungsplatz
hängt ein Bootstarif
(in Deutsch,
Englisch und
Französisch) mit allen Gebühren für
Personen und Gepäck. Ein Bootsinspektor
ist am Landungsplatz zu finden.
—Aden ist Freihafen, Waffen
und Munition dürfen nicht eingeführt
werden, Weine und Spirituosen zahlen
hohen Zoll.
Gasthöfe: Grand Hôtel de l'Univers
(15 Z. 6-10, F. 2, Dîn. 3 sh.);—De
l'Europe (Z. 4, F. 1, Déj. 3, Dîn. 4,
Pens. 10 sh.) sind die besten Gebäude
am Strand von Steamer Point, gut mit
Veranden geschützt und bequem eingerichtet;
Pens. etwa 8 Rup. tägl.
[S. 39]
Post am Strand von Steamer Point.
—Telegraph am Landungsplatz; nur
Rupies oder englisches Gold wird in
Zahlung genommen. Kabel nach Perim
und Suez, Bombay, Zanzibar. Funkentelegraphenstation
bei Marbut Hill.
Wagen sind knapp, viersitzige Einspänner;
Kutscher hat gedruckten
Tarif; bei Zweifel wende man sich an
die Polizei an der Landungsbrücke.
Dampferagenturen: Norddeutscher
Lloyd, Hamburg-Amerika Linie, Deutsche
Ostafrika-Linie und Deutsche
Hansa-Linie, Agentur für alle vorgenannten
die Aden Coal Co. (Tel.-Adr.
»Cory«).—Österreichischer Lloyd,
Cowasjee Dinshaw & Br., ferner Agenturen
mehrerer nichtdeutscher Dampfschiffgesellschaften.
Dampferlinien nach Bombay s. S. 22
und nach Colombo S. 105; Deutsche
Ostafrika-Linie viermal monatl. nach
Mombasa und Daressalam; British
India Co. und Messageries Maritimes
monatl. nach Mombasa und Zanzibar;
Küstendampfer nach Djibouti, Hodêda
und Berbera wöchentl.
Geld. Silberwährung: 1 (indische)
Rupie = 16 annas; 1 anna = 12 Pie.
Es gibt Silbermünzen zu 1/8, 1/4, 1/2,
1 Rup. (15 Rup. gleich 20 Mark).—
Bank: National Bank of India, Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft und
der Deutschen Bank.
Sprache: Englisch und Arabisch.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
C. E. L. Kappelhoff jun., nahe der
Landungsstelle in Prince of Wales
Crescent.—Österreich-Ungarn und
Holland, zurzeit vom Deutschen Konsulat
verwaltet.
Krankenhaus für Europäer in Steamer
Point (European General Hospital
mit europäischen Ärzten und
Krankenschwestern) oberhalb der Postamtsbrücke
auf einem Abhang in
guter Lage.
Kaufläden für Straußenfedern, Felle,
Geweihe, Muscheln, Korallen und arabische
Kuriositäten. Vorsicht im Einkauf
bei den zum Dampfer kommenden
Händlern!
Aden, 54 qkm große, seit 1839 den Engländern gehörende Halbinsel
an der Südspitze Arabiens, unter 12° 46' nördl. Br., hängt mit
dem Festlande durch einen 1233 m breiten Flachlandstreifen zusammen
(s. Plan). Sie besteht aus einer steilrandigen erloschenen
Vulkanruine, die im Djebel Schamschan zu 531 m aufsteigt und deren
nach dem Meere zu geöffneter Krater das Hafenbecken bildet. Am
Ostabhang liegt, von hohen, völlig kahlen Felsmassen umgeben,
die Stadt Aden, 37 m ü. M., gegenüber der befestigten Insel Sirah. Die
Hafenstadt (»Steamer Point«) liegt nw. davon an der von Bergen
umschlossenen Bai Tawaji (Tawahe). Aden war schon im Altertum
(als Adana) und im Mittelalter ein wichtiger volkreicher Handelsplatz,
geriet aber später in Verfall, so daß 1838 die Einwohnerzahl
auf 600 gesunken war. Die Engländer erstürmten die Halbinsel 1839,
befestigten sie stark und machten sie zu einem wichtigen Stützpunkt
für den indisch-ostasiatischen Seeverkehr. Auch die Ausfuhr
von Kaffee, Aloe, Harz, Federn, Perlen, Häuten und Fellen
ist bedeutend (mit Perim 1904/05: 43 Mill. Rupien). Aden mit
Schech Othman und Perim hat (1901) 43974 Einw., darunter 23998
Araber, 8631 Inder, 7364 Somali und 2271 Europäer, meist Engländer.
Seit Eröffnung des Suezkanals hat sich die Bedeutung der Stadt
als stark befestigte Flottenstation, von der aus der Eingang zum
Roten Meere blockiert werden kann, ungemein gehoben. Der vollen
Ausnutzung der günstigen Lage steht nur die Schwierigkeit der Süßwasserbeschaffung
entgegen. Quellen fehlen, und das Trinkwasser
muß durch Destillation von Seewasser beschafft werden, wenn die
vermutlich schon um 1700 v. Chr. in die Felsen gehauenen, von den
Engländern wiederhergestellten Zisternen versagen. Neuerdings wird
geplant, eine Wasserleitung vom Festlande bei Lahadsch (Lahedj)
[S. 40]
herzuführen. Die Halbinsel Aden ist der Präsidentschaft Bombay
unterstellt; der politische Resident wohnt am Nordabhang von Râs
Tarschein, der Westspitze der Halbinsel. Die Stadt Aden liegt am
Ostende, das Geschäftsviertel mit Warenlagern am Innenhafen.
Vom Landungsplatz Steamer Point nach Aden fährt man in etwa
3/4 St. In Steamer Point beginnt das Straßenleben der Europäer
nach 5 Uhr Nm., wenn die Sonne hinter die Berge tritt; dann versammeln
sich die Offiziere und Beamten nebst Familien beim Sportplatz.
Die Straße nach Aden führt anfangs am Strand entlang,
dann vorbei am Dorfe Malla und durch mehrere Felsentunnel und
Festungstore in die Stadt Aden, die regelmäßig erbaut ist und nur
wenig Grün zeigt. Der Basar ist sehenswert (Fettschwanzschafe,
Kamele). Außerhalb der alten Stadt haben die Parsen einen Feuertempel
und einen Turm des Schweigens (S. 60) angelegt. Die großen
Zisternen liegen in einer Schlucht, wo das Regenwasser von den
Bergen zusammenfließt; ihre Umgebung zeigt als einziger Punkt der
Umgebung frisches Grün. Etwa 50 Zisternen sind vorhanden, doch
bisher nur etwa 13 wieder instand gesetzt; sie liegen stufenförmig
übereinander, am SO.-Ende der Stadt bildet ein großes Becken
den untern Abschluß. Das Wasser wird auf Eseln und Kamelen
zur Stadt geschafft. Die Zisternenanlage ist (auch landschaftlich)
die größte Sehenswürdigkeit Adens.
Das Klima von Aden ist nicht ungesund,
doch in der großen Hitze
während des Südwestmonsuns kommen
Hitzschläge häufig vor. Passagiere
von Europa sollten stets mit
Tropenhelm an Land gehen! In der
kühlen Jahreszeit (Mitte Oktober bis
Ende März) hüte man sich vor Erkältungen
nach Sonnenuntergang. Gegen
Sonne und Staub ist eine graue Sonnenbrille
empfehlenswert. Der Regenfall
beträgt im Jahresdurchschnitt 58 mm,
bleibt jedoch manchmal jahrelang ganz
oder fast ganz aus; die mittlere Jahreswärme
ist 28° C. Bei längerm Aufenthalt
wirkt das Klima sehr erschlaffend.
Fahrt von Aden nach Bombay, 1650 Seem., in 4-5 Tagen. Um
heißes Wetter und Regenzeit zu meiden, wähle man für die Fahrt
die Zeit zwischen Ende Oktober und Ende Februar. Mai und September
sind heiß; zwischen Mai und September, im Südwestmonsun,
steht meist hoher Seegang zwischen Aden und Bombay, dann ist
die Überfahrt sehr rauh, naß und unfreundlich.
Der Golf von Aden und das Arabische
Meer, der Nordwestteil des Indischen
Ozeans, stehen wie das übrige
Südasien während des ganzen Jahres
unter dem Einfluß der Monsunwinde,
jahreszeitlicher Luftströmungen, die
durch den Temperaturgegensatz zwischen
Festland und Ozean hervorgerufen
werden. Das Innere der gewaltigen
asiatischen Festlandsmasse
erwärmt sich im Sommer viel stärker
als die umgebenden Meere, kühlt sich
aber auch im Winter viel stärker ab.
Infolgedessen steigt im Sommer die
erhitzte Luft über Innerasien in die
Höhe, und die obern Luftschichten
fließen gegen die kühlem Meere hin ab,
während unten umgekehrt eine Strömung
vom Meere zum Lande hin einsetzt.
Diese äußert sich über dem
Arabischen Meer als Süd-und Südwestwind,
als sogen. Südwestmonsun,
der als Seewind feucht ist und für
den größern Teil Indiens die Regenzeit
bringt. Die umgekehrte Luftzirkulation
tritt im Winter ein; dann
herrscht über dem Arabischen Meer
der Nordostmonsun, ein trockner Landwind,
der viel schwächer weht, weil
die gegen 6000 m hohe Mauer des
Himalaja die Luftmassen aus Innerasien
nur in der Nordwestecke Vorderindiens
in dieses eindringen läßt.
[S. 41]
Schwere Wirbelstürme sind im Arabischen
Meer seltener als in der Bai
von Bengalen und im Chinesischen
Meer, kommen aber doch, besonders
in den Monaten April, Mai, Juni sowie
im November, vor und bringen zuweilen
sintflutartigen Regen und Gewitter.
Fallen des Barometers um
7-8 mm ist ein sicheres Anzeichen für
einen Wirbelsturm, dessen Zentrum
meist im Winkel von etwa 6 Strich
(= 68°) zur Monsunrichtung fortschreitet.
Auch große Dampfer suchen
dem Zentrum nach Möglichkeit
auszuweichen.
Während der Fahrt bietet sich häufiger als im Roten Meere Gelegenheit,
fliegende Fische, Delphine und auch Haie nahe am Bug
und am Heck des Schiffes zu beobachten; gelegentlich sieht man
Tintenfische und Prachtquallen (Siphonophoren), kreisrunde Scheiben
von 5-6 cm Durchmesser, wie schwimmende Kokarden, gelber
Fleck mit rotem Zentrum. Nach E. Haeckel zeigt das Meerleuchten
im Arabischen Meere zweierlei Formen: zuweilen erscheinen abends
Tausende von größern »Leuchtkugeln«, meist Medusen (Pelagia,
Rhizostoma, Zygocannula u. a.), geisterhaft aus der dunkeln Flut
auftauchend und wieder verschwindend; von weitem leuchten sie
nur schwach, doch von einer Welle erfaßt, leuchten sie heller auf.
Bei der zweiten Form leuchten Milliarden kleiner Krebstiere (Ruderkrebse
= Copepoda und Muschelkrebse = Ostracoda, von letztern hat
eine kleine eiförmige Cythere besonders starke Leuchtkraft); zwischen
ihnen sind viele kleine leuchtende Radiolarien und Infusorien,
Peridineen und Pyrocysten. Dieses Leuchten des Meerwassers erscheint
am prächtigsten in den kämmenden Bugwellen des Schiffes
und im Kielwasser oder wenn Delphine dem Schiffe folgen, auch ist es
sehr schön zu beobachten, wenn man es zum Baden benutzt und den
Strahl einer Pumpe im Dunkeln auf den Körper richtet; dann ist
der Badende wie mit Phosphor übergossen.—Land sichtet man gewöhnlich
nicht zwischen Aden und Bombay. Die entlegene, selten
von Schiffen besuchte Insel Sokotra bleibt meist außer Sicht r.;
sie liegt 500 Seem. östl. von Aden und 130 Seem. vor Kap Guardafui.
Die über 1400 m hohen Berge der Insel sind meist in Dunst gehüllt,
so daß man oft die Insel nicht sehen kann, auch wenn man ihr
nahe ist. Der Lloyddampfer »Oder« strandete 1887 bei der Insel
im Nebel infolge von Stromversetzung.
Etwa 700 Seem. onö. von Aden und 100 Seem. nördl. vom Dampferkurs
liegen vor der arabischen Küste die fünf, ebenfalls englischen
Churja-Murja-Inseln, die im Notfalle geschützte Ankerplätze bieten.
—Bei der Ansteuerung Bombays erscheint die niedrige Küste der
Insel, auf der die Stadt liegt; ihr höchster Punkt, Malabar Hill, ist
nur 55 m ü. M. Näher kommend erkennt man die Back Bay mit
der Stadt. Prächtig wird das Landschaftsbild, wenn der Prong-Leuchtturm
vor Colaba Point umsteuert ist und der Dampfer in den Hafen
von Bombay an der Ostseite der Stadt einläuft. Die Colaba-Kirche,
das Taj Mahal Hotel und der schlanke Turm der Universität sind
besonders auffällig. Im N. und O. sieht man kleine Inseln, darunter
auch Elephanta. Die Festlandberge im O. erheben sich bis zu 800 m,
auffällig unter ihnen ist der Funnel Hill (Karnala) wegen seiner seltsamen
Form und ganz l. der Cathedral Rock (Bawa Malang), auch
Mallangadh genannt, dessen Gipfel ein senkrechter Felsenabhang
mit einem verfallenen Fort krönt.
[S. 42]
Vorderindien.
Vgl. die Karten S. 64 und 96.
Allgemeines über die Tropen. Mit
Vorderindien oder Ceylon betritt der
Weltreisende, der der in unserm Führer
beschriebenen Route folgt, zum
erstenmal ein auch seinem äußern
Ansehen nach tropisches Land. Zwar
gehören, rein klimatisch betrachtet,
auch das Rote und das Arabische
Meer der Tropenzone an, aber die
Pracht und Fülle der Pflanzenwelt, die
das Wesen und den Hauptreiz der
Tropen ausmacht, fehlt den öden Gestaden
des Roten Meeres gänzlich.
Die Vegetation ist ihrerseits abhängig
von den Klimaverhältnissen,
in erster Linie von Temperatur
und Niederschlag. Ein allen Tropengebieten
der Erde gemeinsames Merkmal
ist die hohe Temperatur, die
durch den hohen Stand der Sonne
hervorgerufen wird. Zugleich ist aber
auch die Schwankung der Temperaturverhältnisse
im Laufe des Jahres viel
geringer als bei uns, denn der Sonnenstand
wechselt viel weniger als in
unsern Breiten, und damit bleibt ihre
Strahlungskraft und auch die Tageslänge
während des ganzen Jahres ziemlich
gleich. Der höhere Stand, den
das Tagesgestirn am Himmel erreicht,
offenbart sich durch die Kleinheit der
Schatten, die auch hohe Gegenstände
um die Mittagszeit werfen, und vor
allem in der Kürze, mit der sich der
Auf-und Untergang der Sonne vollzieht.
Bei der Steilheit ihres Auf-
und Abstieges sind die Übergänge
zwischen Tag und Nacht viel plötzlicher
als bei uns, und eine eigentliche
Dämmerung fehlt fast ganz. Wenn
nun auch in einem großen Teile der
Tropen trotz der ziemlich gleichbleibenden
wärmespendenden Kraft der
Sonne ein Wechsel der Jahreszeiten
vorhanden ist, so ist dies auf den
zweiten Hauptklimafaktor zurückzuführen,
die Niederschlagsverhältnisse.
Die Hauptjahreszeiten
sind nicht wie bei uns Winter und
Sommer, sondern Regenzeit und
Trockenzeit. Der Regenfall aber
ist wieder abhängig von den Luftströmungen
im indischen Klimagebiet,
also von den Monsunwinden, die
schon (S. 40) erläutert worden sind.
Die Niederschläge drücken die Temperaturen
herab, und infolgedessen
geht die größte Hitze der Regenzeit
voraus, tritt also in Vorderindien im
März bis Mai ein. Man unterscheidet
zwar in Indien gewöhnlich drei Jahreszeiten,
nämlich die kühle (während
unsers Herbstes und Winters), die
heiße (März bis Mai) und die Regenzeit;
aber der Unterschied zwischen
den beiden ersten ist viel geringer als
der zwischen der trocknen und der
Regenzeit. Innerhalb dieser Jahreszeiten
ist das Wetter in den Tropen
viel gleichmäßiger als in Mitteleuropa,
dessen Witterung hauptsächlich durch
die westöstl. wandernden Gebiete
hohen und niedrigen Luftdruckes beherrscht
wird. Während bei uns
»gutes« und »schlechtes« Wetter so
unregelmäßig aufeinanderfolgen, daß
man die kommende Witterung kaum
über einen Tag hinaus mit einiger
Sicherheit voraussehen kann, besteht
in den Tropen ein ähnlicher Wechsel
nur in den Übergangszeiten zwischen
den Jahreszeiten. Innerhalb der letztern
aber ist der Witterungsverlauf mit
seltenen Ausnahmen Tag für Tag derselbe,
so daß man z. B. in Manila in
der Regenzeit einen Spaziergang vor
oder nach dem täglichen Nachmittagsgewitterregen
zu verabreden pflegt.
Das Tropenklima bedingt nun überall
da, wo zur Wärme auch die Feuchtigkeit
kommt, jenes üppige Pflanzenkleid,
das gemeinhin als Hauptcharakterzug
der Tropen betrachtet
wird. Dieses Pflanzenkleid ist freilich
innerhalb der Tropen je nach den
Niederschlagsverhältnissen wieder
sehr verschieden. Dauerndes Wachstum
und das ganze Jahr hindurch
fortdauernder Laubschmuck ist dem
Tropenwalde nur in den räumlich beschränkten
Gebieten beschieden, die
Regen zu allen Jahreszeiten empfangen,
wie in Vorderindien z. B. am
Westabfall des Dekhans und in Sikhim.
[S. 43]
Der größere Teil der Tropenwälder
aber steht zur Trockenzeit
ebenso entlaubt da wie unsere Laubwälder
zur Winterszeit, und die
Trockengebiete haben in den Tropen
nicht weniger Steppen-und Wüstencharakter
wie in den andern Klimagürteln
der Erde auch. Den immergrünen
wie den regengrünen Laubwald
der Tropen unterscheidet von den
Wäldern höherer Breiten vor allem
die äußerste Mannigfaltigkeit der ihn
bildenden Gewächse, während unsre
europäischen Wälder aus nur wenigen
Arten zu bestehen pflegen; zwar ist
auch im gemäßigten und subtropischen
O. Nordamerikas der Wald sehr mannigfaltig
zusammengesetzt, aber diese
Vielheit von Waldbäumen hat sich
auch nur aus einer Periode mit tropischem
Klima in unser Zeitalter herübergerettet.
Im Tropenwald wird das Durcheinander
der Pflanzenarten wieder
einigermaßen ausgeglichen durch das
Einerlei der ungeteilten, glänzend
lederartigen, dunkelgrünen Blätter,
die den meisten Tropenbäumen eigen
sind. Man bezeichnet den Tropenwald
meist schlechthin als Urwald, und in
der Tat ist eine geregelte Forstkultur
auch in den unter engerer europäischer
Verwaltung stehenden Tropenländern
kaum in den ersten Anfängen vorhanden.
Trotzdem werden die meisten
Reisenden wirklich unberührten »jungfräulichen« Urwald kaum zu sehen
bekommen oder wenigstens sein Inneres
nicht betreten. Der ursprüngliche,
geschlossene Tropenurwald ist
in seinem Innern vielfach kaum schwerer
zu durchwandern als etwa der
Buchenhochwald in unsern Breiten;
das Laubdach, gebildet durch die
mächtigen Baumkronen und noch verdichtet
durch üppiges Lianengewirr,
ist so geschlossen, daß unter ihm tiefe
Dämmerung herrscht und Unterholz
aus Lichtmangel wenig aufkommt.
Anders ist es freilich an den sehr
zahlreichen Stellen, wo alte, morsch
gewordene Bäume gestürzt sind und
bei ihrem Fall die Nachbarn mit zu
Boden gerissen haben; in diesen Lücken
entfaltet sich am Boden sofort der
üppigste Pflanzenwuchs, den man nur
mit Hilfe des Buschmessers durchdringen
kann, und ebenso ist es überall
da, wo der Mensch in den Urwald
Breschen geschlagen hat, wo er Pflanzungen
angelegt und vielleicht zum
Teil wieder verlassen, wo er Straßen
hindurchgebaut und auf beiden Seiten
noch einen Urwaldstreifen niedergeschlagen
hat, kurz, an den Stellen,
die der Reisende meist berühren wird.
Hier und an den ursprünglichen Waldrändern,
namentlich entlang den Flußläufen
sowie in den niedrigen Sumpfwäldern
(in Indien Dschangel genannt),
sind die Hauptstandorte für die niedrigern
Palmen, die Musazeen (Bananen),
Bambusarten und andre Gewächse, die
uns als besonders charakteristische
Vertreter der Tropenflora gelten, die
aber doch nur die Kulissen für den
Hochwald bilden. Im Hochwald selbst
kommen an Palmen nur die ganz hochstämmigen
Arten und die Kletterpalmen
vor, die mit Hilfe ihrer Haftorgane
bis hinauf ins Licht zu gelangen
verstehen. Neben deren strickförmigen,
blattlosen Stämmen enthält aber der
Tropenurwald in seinen untern Partien
auch zahlreiche Gewächse, die
das Auge erfreuen: das sind die Epiphyten,
Pflanzen, die an den Stämmen
und auf den Bäumen wachsen, ohne
doch auf ihren Wirtspflanzen zugleich
zu schmarotzen und ihnen Nährstoffe zu
entziehen. Sie entsprechen also nicht
unsrer einheimischen Mistel, sondern
unsern Flechten. Es sind vor allem
Bromeliazeen und Orchideen, letztere
häufig mit prachtvollen, stark duftenden
Blüten, die vielerlei interessante
Anpassungen an ihre eigenartige Lebensweise
zeigen. Ein besonderer
Schmuck des Tropenwaldes der höhern
Bergzonen sind die hochstämmigen
Baumfarne, die, zierlichen Palmen
vergleichbar, unter den Kronen höherer
Bäume anmutige Gruppen bilden.—
Eine besondere Art des tropischen Waldes
ist der Mangrovenwald, der Flachküsten
und die Flußmündungen innerhalb
des Bereiches von Ebbe und Flut
begleitet. Er hat sich den wechselnden
Wasserständen durch Stelzwurzeln angepaßt,
zwischen deren Geflecht das
Wasser unschädlich ein-und ausströmt.
Vorderindien zerfällt seinem Aufbau
nach in drei große Gebiete, die
auch in ihrem landschaftlichen Charakter
stark voneinander abweichen:
das Hochland des Dekhans, das aus
sehr alten Gesteinen besteht und schon
längst landfest war, als Hindostan und
der Himalaja noch vom Meer bedeckt
wurden; das Punjab und Hindostan,
ein Tiefland jungen Ursprungs, in
seinen oberflächlichen Schichten von
den mächtigen, dem Himalaja entströmenden
Flüssen aufgebaut; und
endlich den Himalaja, ein gewaltiges
Faltengebirge, dessen Gebiet aber
ebenfalls bis ins Tertiärzeitalter hinein
vom Meer bedeckt war und das sich
somit erst in verhältnismäßig sehr
kurz verflossener Zeit emporgerichtet
hat.
[S. 44]
Dieser Entstehungsgeschichte entspricht
der allgemeine landschaftliche
Charakter der drei Gebiete: Das Dekhan,
in seinen obern Partien aus
flach gelagerten Gesteinsschichten bestehend
und seit unvordenklichen Zeiten
der nivellierenden Tätigkeit von
Wind und Wasser preisgegeben, hat
trotz seiner ziemlich bedeutenden Erhebung
über das Meeresniveau keinen
Gebirgs-, sondern mehr Hochlandscharakter,
und nur die Abfälle dieses
Hochlandes gegen den Arabischen
und den Bengalischen Meerbusen, die
sogen. Ghats, erwecken den Eindruck
von Gebirgen. Entlang diesen Steilrändern
ist einst die Fortsetzung des
Dekhans in die Tiefe gesunken. Nach
N. zu fällt das Hochland langsam ab
und geht schließlich ohne schroffen
Abfall in die Tiefländer des Punjabs,
Hindostans und Bengalens über. Ihre
weiten Ebenen reichen bis an den Fuß
des Himalaja im N. und des Grenzgebirges
gegen Beludschistan und
Afghanistan im W.
Der Himalaja zeigt alle Merkmale
eines jungen Faltengebirges. Tiefeingeschnittene,
steilwandige Längstäler
verlaufen dem Gebirgsrande parallel
ostwestl. und sind mit der Ebene
durch enge, zuweilen schluchtartige
Quertäler verbunden, deren schmale
Sohlen fast ganz von rauschenden
Flüssen eingenommen werden; Straßen
wie Ortschaften sind dann auf
die steilen Talflanken angewiesen. Von
der Alpenlandschaft unterscheidet sich
die Himalajalandschaft vor allem durch
das Fehlen eiszeitlicher Spuren unterhalb
2500 m Seehöhe, wie Gebirgsseen,
Kare etc. Die Bergketten steigen
in so rascher Folge hintereinander
bis zur Zentralkette, die die höchsten
Gipfel der Erde trägt, auf, daß man
vom tropischen Tieflande des östl.
Gangesgebietes aus vielfach in nur
75 km Entfernung die Schneegipfel
erblickt. Im Westen, z. B. in der
Gegend von Simla, sind die mittelgebirgsartigen
Vorketten des Himalaja
breiter, und die Schneegipfelzone ist
weiter zurückgerückt.
Für Vorderindien besitzt der Himalaja
in zweifacher Hinsicht eine ungeheure
Wichtigkeit: einmal hält er
die eisigen Winterwinde Zentralasiens
ab, die z. B. den in gleicher Breite
gelegenen Küstenorten Chinas rauhe
Winter bringen, und sodann fangen
seine Südhänge gewaltige Niederschlagsmassen
auf, die dem nördl. indischen
Tiefland in Gestalt der Ströme
des Fünfstromlandes (Punjab) sowie
des Ganges und des Brahmaputra
nebst ihren Nebenflüssen wieder zugute
kommen und die Kultivierung
weiter Flächen des an sich trocknen
nordwestl. Indiens überhaupt erst ermöglichen.
Klima. Die beste Jahreszeit für den Besuch Indiens bildet unser Winter,
etwa von Mitte November bis Mitte März (vgl. S. 2). Dann ist in
der Regel nicht nur schönes, regenfreies Wetter, sondern die Temperaturen
weichen auch, wie die kleine Tabelle auf S. 45 zeigt, von europäischen
Verhältnissen kaum ab. Der kühlste Monat, im größten Teile
des Landes der Januar, hat an den Küsten des Dekhans immer noch
dieselbe Mitteltemperatur wie der wärmste Monat in Oberitalien; die
Dezember-oder Januartemperatur im Dekhan und auch in Calcutta entspricht
der Julitemperatur in Süddeutschland, und erst im mittlern
Hindostan und östlichen Punjab sinkt die Wintertemperatur etwa auf die
unseres Mai oder Juni herab. Am kühlsten wird es im nordwestl. Winkel
Vorderindiens, gegen die afghanische Grenze hin.
[S. 45]
Im Sommer dagegen
muß man im Himalaja schon auf
2000 m Seehöhe hinaufsteigen, um
mitteleuropäische Temperaturverhältnisse
anzutreffen; auch ist in dieser
Jahreszeit die regelmäßige Abnahme
der Temperaturen von S. nach N.
und NW. nahezu aufgehoben; aus der
Tabelle ist zu entnehmen, daß Agra,
Peshawar und Allahabad sogar höhere
Julitemperaturen aufweisen wie selbst
Bombay und Madras: die weite Entfernung
vom Meer und von den Seewinden
steigert im Punjab die Temperaturgegensätze
zwischen Winter
und Sommer in demselben Maße wie
etwa in Rußlands Steppen gegenüber
Nordwesteuropa. Ebenso ist an
diesen Orten auch die tägliche Temperaturschwankung,
also der Gegensatz
zwischen Mittags-und Nachttemperatur,
viel größer als an den Küsten;
einer sengenden Mittagshitze steht daher
im Punjab in der heißen Jahreszeit
wenigstens in den allerersten Morgenstunden
eine erfrischende Kühle
gegenüber.
Im folgenden geben wir (im Anschluß
an Jul. Hanns »Handbuch der
Klimatologie«) eine kleine Liste der
Mitteltemperaturen des wärmsten und
des kühlsten Monats an je einem Orte
der Hauptlandschaften Indiens sowie
an zwei Bergorten am Abhang des
Himalaja, in die man sich zurückziehen
kann, wenn es im Tiefland
zu heiß wird. Die dritte Spalte gibt
die hygienisch besonders wichtige
mittlere tägliche Schwankung an.
Ort |
Heißester Monat |
Kühlster Monat |
Mittlere tägl. Schwankung |
Vorderindien: |
|
Bombay (Westküste) |
29,2° |
Mai |
23,6° |
Jan. |
6,1° |
|
Agra (östl. Punjab) |
34,4° |
- |
15,6° |
- |
12,8° |
|
Peshawar (Nordwestgrenze) |
32,9° |
Juni |
9,8° |
- |
14,7° |
|
Simla (2160 m; Vorberge des westl. Himalaja) |
19,4° |
- |
3,8° |
- |
6,1° |
|
Srinagar (1586 m; Kaschmir) |
22,8° |
Juli |
-0,7° |
- |
12,2° |
|
Allahabad (mittleres Hindostan) |
33,6° |
Mai |
15,8° |
- |
13,0° |
|
Calcutta (Bengalen) |
29,8° |
- |
18,4° |
- |
8,9° |
|
Darjeeling (2255 m; Vorberge des östl. Himalaja) |
16,4° |
Juli |
4,5° |
- |
6,1° |
|
Nagpur (Zentralprovinzen) |
34,7° |
Mai |
19,5° |
Dez. |
12,9° |
|
Bangalore (920 m; südl. Dekhan) |
27,6° |
April |
19,7° |
- |
11,1° |
|
Madras (Ostküste) |
31,5° |
Mai |
24,1° |
Jan. |
9,1° |
Ceylon: |
|
Colombo |
27,8° |
- |
26,1° |
- |
6,4° |
Hinterindien: |
|
Rangoon (Niederbirma) |
29,4° |
April |
23,7° |
- |
9,3° |
|
Mandalay (Oberbirma) |
31,8° |
- |
20,4° |
- |
7,4° |
|
Singapore (Malakka) |
27,5° |
Mai |
25,7° |
- |
— |
|
Bangkok (Siam) |
28,6° |
April |
23,8° |
Dez. |
— |
Wie schon oben (S. 40) erwähnt,
wird ganz Indien samt den umgebenden
Meeren von dem Wechselspiel
der Monsune beherrscht, im Sommer
vom feuchten Südwestmonsun, im
Winter vom trocknen Nordostmonsun.
Der Sommermonsun ist für den
größten Teil Indiens der Regenbringer,
wenngleich seine Spenden in den einzelnen
Landesteilen sehr verschieden
ausfallen; sie sind um so größer, je
weniger der Monsun noch abgeregnet
und je mehr er zum Aufsteigen an
Gebirgen gezwungen ist. Da er nun
zunächst das Dekhan von dessen Südwestseite
her bis nach Assam und
dem Himalaja hin überweht, durch
diesen aber abgelenkt wird und nun
nach NO. zum Punjab weiterzieht, so
sind am regenreichsten die Südwestabdachung
des Dekhans, der Himalaja
und der davorliegende Landstreifen,
namentlich Assam, das auch aus
dem Bengalischen Meerbusen direkt die
Regenwinde zugeführt erhält. Hier,
in den Khasiabergen, liegt bei Cherrapunchi
die regenreichste Stelle des
Erdballs, die eine jährliche Regenhöhe
von 121/2 m hat (Deutschland 1/2-1 m).
Das Innere des Dekhans und sein Ostabfall
sind schon viel regenärmer, und
am trockensten ist der Nordwesten
des Landes. Die Regenzeit beginnt
in Südindien zu Ende Mai oder Anfang
Juni und breitet sich im Laufe
des Juni über das ganze Land hin
aus; ihr Ende fällt im allgemeinen
in die erste Oktoberhälfte.
[S. 46]
Bei der großen Abhängigkeit der
Pflanzenwelt von den Niederschlägen
könnte eine Karte der Niederschlagshöhen
Indiens beinahe auch zur Darstellung
der wechselnden Üppigkeit
des Pflanzenkleides dienen. Eigentlichen
tropischen, immergrünen Regenwald
tragen nur die Westghats (s. S. 42
die Bemerkungen über die Tropen).
Das Innere des Dekhans und dessen
Ostabfall sind schon mehr steppenartig
und großenteils von lichtem Wald
und von Grassavanne überzogen. Hier
begegnet man Wäldern aus Teakbäumen,
die in der Trockenzeit blattlos
stehen, und Hainen der schönen
Palmyrapalmen. Üppiger ist die Vegetation
wieder in Assam und in Bengalens
Niederungen, die großenteils
von dichtem, teilweise sumpfigem Wald
bedeckt sind, dem Jungle (Dschangel).
In diesen Gebieten wuchert der
Lotos in den Gewässern und wächst
der Banyanfeigenbaum, der aus seinen
Ästen rings Luftwurzeln zur Erde sendet
und dadurch allmählich einen Säulenhain
um sich herum aufbaut, sowie
sein Verwandter, der Bobaum, ersterer
den Brahmanen, letzterer den Buddhisten
heilig. In Hindostan wird das
Pflanzenkleid westwärts immer spärlicher,
die laubabwerfenden Bäume
nehmen immer mehr zu, und das
Punjab gehört schon ganz dem vorderasiatischen
Trockenraum an: Dattelpalme,
Mangobaum und Gummiakazie
sind seine Charakterbäume, die lange
Dürrezeiten zu überstehen vermögen,
in denen sonst alles oberirdische Pflanzenleben
abstirbt. Nur in der Regenzeit
bedeckt hier frisches Grün die
weiten Ebenen, deren Kultur zum
großen Teil nur durch künstliche Bewässerung
möglich ist. Das untere
Indusgebiet ist sogar großenteils gänzlich
wüstenhaft und vegetationslos
(Wüste Thar). Eigentliche Höhenzonen
der Vegetation sind nur im
Himalaja vorhanden, wo hinter einem
Sumpfgestrüppsaum, dem Tarai, die
untersten 1000 m von tropischem
Regenwald bedeckt sind, der in den
Flußtälern auch tief ins Gebirge eindringt.
Darüber folgt bis 2500 m der
schönste Teil des Himalajawaldes, ein
äußerst mannigfaltig zusammengesetzter
tropischer Gebirgswald, in dessen
Gebiet unter anderm auch Simla und
Darjeeling liegen. Ihm schließen sich
bis 3700 m hinauf nichttropische Wälder
an, dann die Zone der Alpenrosen
(Rhododendren) und Alpenkräuter bis
zur Montblanchöhe, und dann erst beginnt
der ewige Schnee. Der Artenreichtum
der gesamten indischen Flora
wird auf etwa 20000 geschätzt.
Die hauptsächlichsten Charaktertiere
Vorderindiens: Elefant, Tiger und
Pfau, sind Bewohner der Urwälder
und Dschangeln, die auch Affen, Tapir
und Wildschweine, verschiedene Wildrinder,
Fasanen, zahlreiche Papageienarten,
in Südindien außerdem Nashornvögel
und Halbaffen (Makis) beherbergen.
In den Savannen und lichten
Wäldern des Dekhans streifen das Nashorn,
verschiedene Antilopenarten, die
gestreifte Hyäne, der Lippenbär und
das Schuppentier umher. In den Gewässern
hausen Krokodile und Gaviale.
Zahlreich sind die Schlangen,
namentlich die Giftschlangen (Brillenschlange!)
des Dekhans, an deren Biß
jährlich etwa 12000 Menschen zugrunde
gehen. Der Löwe kommt nur
noch in den Gebirgen des Indusgebietes
vereinzelt vor.
Die Bevölkerung ist so dicht wie
kaum sonst in einem großen Ländergebiet
der Erde, China und Westeuropa
ausgenommen. 1901 lebten
im eigentlichen Vorderindien auf 3,5
Mill. qkm etwa 280 Mill. Menschen,
d. h. 81 auf 1 qkm (Europa ohne Rußland:
4,4 Mill. qkm, 300 Mill. Einw.,
etwa 70 auf 1 qkm). Die Volksverdichtung
Vorderindiens würde aber viel
höher sein, wenn nicht selbst jetzt
noch, unter der geordneten Verwaltung
der Engländer, Pest, Cholera und
Hungersnöte (letztere hervorgerufen
durch die namentlich im Nordwesten
öfters ausbleibenden Regenzeiten und
darauffolgende Mißernten) alljährlich
zahlreiche Opfer forderten.
Trotz der Abgeschlossenheit der
Halbinsel, die von zwei Seiten durch
schwer überschreitbare Gebirgszüge,
von den beiden andern durch inselarme
Meere isoliert ist, ist die heutige
indische Nation aus sehr mannigfachen
Bestandteilen erwachsen, die größtenteils
durch die einzige Zugangsstraße
zu Lande, die Kabulpforte im NW.,
eingedrungen sind; erst seit dem
15. Jahrh. kamen sie übers Meer herüber
(Portugiesen, Franzosen, Engländer).
[S. 47]
Zu Beginn der geschichtlichen
Zeit kam um 2000 v. Chr. das Viehzüchter-und
Kriegervolk der Arier,
die Träger der Sanskritsprache, aus
Iran ins Indusgebiet, und ihnen sind
im Laufe von vier Jahrtausenden noch
viele Völkerwellen—Perser, Griechen,
Skythen, Araber, Afghanen, Turktataren
—gefolgt. Aber schon die
Arier fanden sowohl im Indusgebiet
als auch im Gangestal, in das sie vom
14. Jahrh. v. Chr. an vorrückten, zahlreiche
ältere Völkerschaften vor, die
sie großenteils in die Himalajawälder
und ins Dekhan verdrängten. Heute
ist daher die Völkergruppierung im
wesentlichen die folgende: das ganze
Indus-und Gangesgebiet und das nordwestliche
Dekhan nehmen die Hindu
ein, die im Tropenklima schlaff und
weichlich gewordenen und stark mit
andern Völkerstämmen vermischten
Nachkommen der alten Arier. Den
Südostteil der Halbinsel bewohnen die
Drawida oder Südindier, häufig auch
nach einem ihrer Hauptstämme Tamulen
genannt; sie sind länger in Indien
heimisch als die Arier. Eine
noch ältere Völkerschicht stellen die
Mundavölker in der Nordostecke des
Dekhans und dem angrenzenden Stück
des Gangestales dar, die noch heute
auf ziemlich primitiver Kulturstufe
leben, und einige Naturvölker Südindiens,
besonders die Toda im Nilgirigebirge
um Ootakamund (S. 130).
Mongolische Völkerstämme, Verwandte
der Tibeter, wohnen im Himalaja,
sowohl im W., in Kulu und Spiti,
wie namentlich im O., in Nepal, Sikhim
und Bhutan. Bei einem Ausflug
nach Darjeeling kann man sie kennen
lernen.
Unter den außerordentlich mannigfaltigen
Erscheinungsformen der indischen
Halbkultur treten besonders das
Kastenwesen und die religiösen
Verhältnisse in den Vordergrund.
Die Kasten, die auf die Berufsteilung
und auf die Rassenunterschiede zurückgehen,
sind unzählige, vom Brahmanen,
dem Angehörigen der einstigen
arischen Herrenschicht, bis zum verachteten
Paria. Äußerlich unterscheiden
sich die Kasten durch gewisse
Abzeichen in der Tracht. Viel stärker
als die Kasten machen sich die religiösen
Gegensätze im Volksleben wie
in den Volkstrachten bemerkbar. Die
Religionsgeschichte Indiens ist
so reich, wie wohl die keines andern
Landes der Erde. Am weitesten verbreitet
ist heute der Brahmanismus oder
richtiger der Neu-Brahmanismus (Hinduismus).
Die Idee des Brahma, der
Weltseele, geht auf den in den Veden
niedergelegten Dämonen-und Naturgötterglauben
der alten Arier zurück.
Diese Vedenreligion ist einerseits zu
einem hochstehenden philosophischen
System weitergebildet worden, anderseits
aber durch Aufnahme immer
neuer Ideen aus den religiösen Vorstellungen
der ältern Volksstämme
Indiens, wozu namentlich der Seelenwanderungsglaube
und die Verehrung
von Wischnu und Schiwa und ihrer Gemahlinnen
Lakschmi und Kali zu rechnen
sind, zu dem heutigen Hinduismus
herabgesunken, der sich scheinbar ganz
in Äußerlichkeiten, Prozessionen zu
den prächtigen Tempeln, religiösen
Aufführungen, Bajaderentänzen, Wallfahrten
zum heiligen Gangesflusse,
Fakirtum, erschöpft und in zahlreiche
Sekten zerfällt. Indien ist ferner um
500 v. Chr. die Geburtsstätte des
Buddhismus geworden, der aber nach
1200 Jahren dem ältern Brahmanismus
wieder hat weichen müssen; nur Tempel-
und Klosterruinen halten die Erinnerung
an seine indische Blütezeit
wach. Bis heute hat sich dagegen
der Islam erhalten, der in Nordwestindien
über 60 Mill. Bekenner zählt,
und in Bombay und Umgegend die
an Mitgliederzahl (etwa 95000) kleine,
aber einflußreiche Sekte der Parsen,
d. h. der Anhänger der Lehren Zoroasters
(vgl. S. 61). Mohammedaner
wie Parsen unterscheiden sich von den
Hinduisten scharf durch ihre Kopfbedeckungen,
die Mohammedaner
durch den Turban, die Parsen durch
ihre hohen schwarzen Glanzstoffhüte.
Wirtschaftliche Verhältnisse. Die
Nahrung der indischen Eingebornenbevölkerung
ist fast ausschließlich
vegetabilisch, und so ist auch der
Bodenbau die Grundlage von Indiens
Reichtum. Reis, Weizen, Hirse und
Sorghum sind die wichtigsten angebauten
Nahrungspflanzen.
[S. 48]
Davon werden
die beiden letztgenannten im
Lande verbraucht, während der Reis,
die Hauptfrucht des östlichen, besonders
des nordöstlichen Indiens (Bengalens
und Assams), und der Weizen,
der besonders im nw. Trockengebiet
und den angrenzenden Teilen des Dekhans
und des Gangestales angebaut
wird, auch in großer Menge ausgeführt
werden. Wichtige Zweige der Bodenkultur
gelten den Genußmittel liefernden
Pflanzen, nämlich dem Mohn (zur
Opiumgewinnung) und dem neuerdings
in Assam mit großem Erfolg eingeführten
Teestrauch. Noch weit bedeutungsvoller
ist aber der Anbau von
Industriepflanzen, nämlich der Baumwolle
in größern Teilen des Dekhans
und des Indusgebiets und der Jutepflanze
im untern Gangestal und einiger
Ölpflanzen. Jute und Baumwolle
und die daraus hergestellten Waren
stehen in der Ausfuhr mit mehr als
1 Milliarde Mark Wert an erster Stelle.
Ein nicht geringer Teil der Baumwolle
und Jute wird nämlich im Lande
selbst verarbeitet, die Baumwolle in
Bombay, die Jute in und bei Calcutta;
beide Industrien beschäftigen
zusammen etwa 400000 Arbeiter, und
wenn man von Malabar Hill auf den
Fabrikteil Bombays herabblickt, kann
man sich nach Manchester versetzt
glauben.—Die Tierzucht (hauptsächlich
Büffel und Buckelrind; das
Schwein wird von allen Indern verabscheut)
liefert große Mengen Häute
sowie die berühmte Ziegenwolle aus
Kaschmir.
Gegenüber den Produkten der Landwirtschaft
treten die des Mineralreiches
in bezug auf volkswirtschaftliche
Bedeutung stark zurück; es werden
Gold, Steinkohlen, Manganerze
und Petroleum gewonnen sowie Edelsteine,
während die früher beträchtliche
Diamantengewinnung jetzt nur
noch sehr geringfügig ist.
Staatswesen. Das Britisch-ostindische
Kaiserreich umfaßt an
unmittelbaren Besitzungen 2815743
qkm mit 232 Mill. Einw. Die einheimischen
Staaten (zus. 1759556 qkm
mit 62 Mill. Einw.) sind Vasallen-,
Schutz-oder Bundesstaaten; die wichtigsten:
Kashmir mit Baltistan, Sikhim,
die Fürstentümer der Rajputen und
der Mahratten, Hyderabad, Baroda,
Mysore, Cochin etc. Die allgemeine
Aufsicht des indobritischen Reiches
führt (mit Ausnahme von Ceylon, das
einen eignen Gouverneur hat) der Generalgouverneur
(Vizekönig) in Delhi,
dem ein Ausführender und ein Gesetzgebender
Rat zur Seite stehen; die
Präsidentschaften Madras, Bombay und
Bengalen stehen unter selbständigen,
nicht vom Vizekönig ernannten Gouverneuren
mit besondern Gesetzgebenden
Räten, die vereinigten Provinzen
von Agra und Audh, das Punjab, Birma
und die neue Provinz Behar unter stellvertretenden
oder Lieutenant-Governors,
endlich die Zentralprovinzen,
die nw. Grenzprovinz, Assam, sowie
die Andamanen und Nikobaren unter
Oberkommissaren.—Armee 73668
Mann englische und 166090 Mann einheimische
Truppen, außerdem 190000
Mann militärisch organisierte Polizei.
Geschichtliches (vgl. auch S. 47).
Die Europäer begannen in Vorderindien
alsbald nach Auffindung des
Seewegs nach Ostindien (1498) festen
Fuß zu fassen. Zahlreiche Forts und
Faktoreien wurden an den Küsten Indiens
durch die Portugiesen gegründet,
die gegen Ende des 16. Jahrh. durch die
Holländer und Engländer verdrängt
wurden. Letztere stifteten 1600 die
Englisch-Ostindische Kompanie und
kämpften seit dem 18. Jahrh. mit den
Franzosen und den einheimischen Fürsten
um die Herrschaft in Ostindien.
Lord Clive begründete durch den Sieg
bei Plassey (26. Juni 1757) über den Nabob
von Bengalen die britische Macht
in Ostindien. Die englische Macht
wuchs dann durch die Kämpfe mit den
Mahratten (seit Ende des 18. Jahrh.),
die 1818 mit deren Ruin endigten. Ende
1843 wurde auch der Maharadscha
Sindiah unterworfen. Das Reich der
Sikh im Punjab wurde 1845-46 erobert.
Der Aufstand, der im Mai 1857
unter den Sepoys zu Meerut ausbrach
und, von den Mohammedanern genährt,
sich rasch verbreitete, ward
nur durch die größte Energie und
Grausamkeit der Engländer bewältigt.
Im September wurde Delhi, im März
1858 Lucknow, im Dezember Audh
wiedererobert und im Februar 1859
der Aufstand unterdrückt. Schon vorher
war 1. Nov. 1858 die Ostindische
Kompanie aufgelöst und Ostindien
unter Verwaltung der Krone genommen worden.
[S. 49]
Der Vizekönig Lord
Lytton proklamierte 1. Jan. 1877 in
Delhi die Erhebung zum Kaiserreich
Indien und begann 1878 Krieg mit
Afghanistan, in dem ein Grenzstrich
am Chaiberpaß erworben wurde. 1886
kam Birma hinzu.
Reiseliteratur für Indien: Katharina
Zitelmann, Indien (Leipzig 1905); Dahlmann,
Indische Fahrten (Freiburg
1908); Eustace Reynolds-Ball, The
Tourist's India (London 1907); Murray,
Handbook for Travellers in India,
Burma and Ceylon (7. Aufl., London
1911); O. Kaufmann, Aus Indiens
Dschungeln (Leipzig): H. Zache, Mit
dem Kronprinzen durch Indien (Berlin
1911); Winternitz, Geschichte der
indischen Literatur (Leipzig 1909);
Fergusson, History of Indian and
Eastern Architecture (London 1910);
Havell, Ideals of Indian Art (London
1911).
Reisen in Indien.
Beste Reisezeit, s. S. 2.
Reiseausrüstung wie für jede Tropengegend.
Vm. Leinen-oder Rohseideanzug
u. Tropenhelm, nach 4 Uhr
leichter wollener Jackettanzug und
Strohhut, abds. Frack oder Smoking;
schwarzer Rock und Zylinder sind
nicht gebräuchlich. Für Winterreisen
ins Innere sind dicke Überröcke nötig,
dazu wasserdichte Reitmäntel. Man
beachte, daß der Abendtau die Kleidung
naß macht, und daß Nächte und
Morgen kalt sein können, wenn auch
der Tag heiß war. Im südlichen Indien
und an der Küste genügt leichtere
Kleidung; Anzüge erhält man
billig und gut überall von tüchtigen
Schneidern und in guten Geschäften für
europäische Bedürfnisse. Für Gebirgsreisen
ist wollenes Unterzeug und
lange wollene Leibbinde (»Kummurbund«)
unentbehrlich. Derbe Reithosen
nicht vergessen; Tropenhelm ist
überall in indischen Häfen zu haben.
In Ceylon ist leichteste Kleidung erforderlich,
nur in den Bergen ist es
kühl. Bettzeug (ein Kopfkissen, zwei
Steppdecken nebst Laken sowie einige
warme Decken, das Ganze in wasserdichtem
Sack verpackt) muß man stets
mit sich führen, auch auf der Eisenbahn
(Razais, s. S. 16) und wenn
man Bekannte besucht. In den
Gasthäusern und den Dâk Bungalows im
Innern findet man meist gar kein oder
unsauberes Bettzeug. Wegen der
Feuchtigkeit schimmeln verpackte Gegenstände
leicht, das gesamte Gepäck,
Kleidung, Wäsche, Bettzeug, Schuhzeug,
muß also oft in der Sonne an
trockenen Tagen gelüftet werden, Vorräte
und Medikamente etc. müssen
luftdicht verpackt sein. Auch Bücher
und Papiere sehe man gelegentlich
nach, damit sie nicht schimmeln. Moskitonetz
findet man in den meisten
Hotels und Bungalows vor.
Geld. Goldwährung; Einheit ist die
Rupie, 1,33-1,38 Mark. 15 Rupies =
1 £ = 20,40 M. 1 Rup. = 16 annas;
1 anna = 12 Pie (= 4 Pice). Silbermünzen
zu 2, 4, 8 annas und 1 Rupie.
Nickelmünzen zu 1 anna (etwa 8 Pf.),
Kupfermünzen zu 1 Pie, 1 Pice (1/4
anna), 1/2 anna. Goldmünze (Pfund
Sterling) kann nur in größern Geschäften
gewechselt werden. Der
Gold-Mohur (= 16 Rup.) ist nur noch
im Sprachgebrauch (wie die englische
Guinea) vorhanden. Banknoten zu 5,
10, 20, 50, 100, 500 und 1000 Rupies
gibt es von Bombay, Calcutta, Madras
und Rangoon, deren Noten über 50 Rupies
meist nur in der betreffenden
Provinz ohne Abzug genommen werden.
Man lasse sich bei größern Summen
nur die jetzt für ganz Indien gültigen
Banknoten mit rotem Aufdruck,
payable at any office, geben!—Kreditbriefe
(Letters of credit, circular
notes), zahlbar bei Thos. Cook's Offices,
sind für Reisende sehr bequem (vgl.
auch S. 7); sie werden von Cook's
Banking Department (London, Ludgate
Circus) ausgegeben. Die Agenturen
wechseln indisches Geld.
Zoll. Eigne Kleidung ist frei; sonst
zahlt alles, auch Bettwäsche und
Handtücher, photographische Geräte
nebst Zubehör etc., etwa 5 Proz. vom
Werte (in Bombay); Sportswaffen 10
Proz.; Tabak, Wein etc. wird ebenfalls
höher verzollt; Opium 12 Rupien
das Pfund.
Eisenbahn. Das Bahnnetz ist weit
verzweigt, das Reisen trotz der großen
Entfernungen bequem und billig. Man
sei mindestens 10 Min. vor Abfahrt
zur Stelle; auf einigen Hauptstationen
sind die Schalter den ganzen Tag offen
zum Verkauf von Fahrkarten und zur
Gepäckaufgabe.
[S. 50]
Man benutze stets
den neuesten Fahrplan, da häufig
Änderungen in den Zeiten und Wegen
eintreten. Am besten sind Newman's
Indian Bradshaw (9 annas), erscheint
monatlich neu; ferner Indian ABC-Guide
und Indian Railway Traveller's
Guide; sie geben auch Auskunft
über Fahrposten und andre Fahrgelegenheiten
sowie über Flußdampferfahrten
und andres mehr.
Einen Platz im Zuge bestelle man
sich, besonders für Nachtfahrten, schon
einen Tag oder an der Abgangsstelle
des Zugs mehrere Stunden vor Antritt
der Reise beim Stationsvorsteher;
auf Zwischenstationen so frühzeitig,
daß telegraphische Bestellung bei der
Abgangsstelle vor Abfahrt des Zugs
noch möglich ist. Am Zuge weist
der Stationsvorsteher (station master),
nicht der Schaffner, die Plätze an.
Wenn man zu viert reist oder vier
Fahrkarten I. Kl. bezahlt, kann man
ein Abteil für sich haben, in II. Kl.
zu sechs. Die Abteile I. Kl. haben
geräumige Längssitze und Liegestätten
(2 obere, 2 untere), II. Kl. hat noch
eine Mittelbank; Waschraum etc. ist
neben jedem Abteil I. und II. Kl. Es
gibt Damenabteile (Ladies only) I. und
II. Kl. in allen Schnellzügen und vielen
andern Zügen. In Schnellzügen
dürfen Reisende I. Kl. drei eingeborne
Diener, solche II. Kl. zwei Diener zum
Preise III. Kl. in besondern Räumen
mitführen. Alle Wagen sind hoch und
luftig, mit Doppeldach und Jalousiefenstern.
Für richtiges Aussteigen muß
man selbst sorgen, die Stationen werden
nicht ausgerufen, die Türen auch
nicht überall geöffnet. Die Sicherheit
des Reisenden und seines Gepäcks ist
so gut wie in Deutschland.
Eisenbahnzeit (Indian Standard
Time) geht 41/2 St. vor gegen mitteleuropäische
Zeit, 39 Min. vor gegen
Bombay-Ortszeit, 9 Min. vor gegen
Madras-Ortszeit, 24 Min. nach gegen
Calcutta-Ortszeit. Man achte also auf
die Bahnhofsuhren! Die Eisenbahngesellschaften
und ihre Fahrpläne
rechnen den Tag (wie in Italien) zu
24 St., von Mitternacht zu Mitternacht
gezählt (also 12 Uhr ist Mittag, 24 Uhr
ist Mitternacht).
Fahrkarten. Gültigkeitsdauer
für Strecken bis 25 M (40 km) 2 Tage,
bis 300 M (483 km) 4 Tage, bis 450 M
(724 km) 9 Tage, bis 600 M (966 km)
12 Tage, bis 750 M (1207 km) 15 Tage
und auf größern Strecken 18 Tage.
Außer den einfachen Fahrkarten
gibt es zusammengestellte Fahrscheinhefte
(Specimen Tours) mit zweimonatiger
Gültigkeit, die Fahrtunterbrechung
an allen interessanten Plätzen
unterwegs gestatten. Bei gewöhnlichen
Fahrkarten (single journey
tickets) ist Fahrtunterbrechung nur für
einen Tag für je 100 M (161 km) und
auch nur an Orten, die mindestens
101 M vom Abfahrtsort entfernt sind,
erlaubt; deshalb sollten sich Vergnügungsreisende
stets von Cooks Reisebureau
ein Fahrscheinheft (Specimen
Tours) zusammenstellen lassen, weil
sie dann billiger reisen, als wenn sie
abschnittweise die Fahrkarten von Ort
zu Ort (wo längerer Aufenthalt geplant
ist) nehmen.
Gepäck. Jeder Reisende hat in
I. Kl. 11/2 maund (etwa 56 kg) frei,
in II. Kl. 30 seers (etwa 28 kg). Überfracht
kostet zwischen Bombay und
Calcutta über Delhi etwa 15 Rup. das
maund (für je 37 kg), über Nagpur
nur 7 Rup. 6 annas, zwischen Bombay-Delhi,
Bombay-Madras, Delhi-Calcutta
etwa 71/2 Rup. Schweres Gepäck,
Deckstühle etc. übergebe man Cook
zur Versendung als Frachtgut (etwa
halber Preis). Gepäck, das man unterwegs
nicht braucht, kann gleich bis zur
Endstation aufgegeben werden und
lagert dort frei, solange der Fahrschein
gültig ist; später kostet Tag und Stück
4 annas Lagergeld. Gepäckaufbewahrung
für kurze Zeit auf Zwischenstationen
übernehmen die Stationsvorsteher
gegen Gepäckschein.
Handgepäck. Erforderlich für
längere Fahrten sind ein wasser-und
staubdichter Sack mit Bettzeug (weil
Nachtfahrten oft sehr kühl sind), wollene
Decken, eine seidene Decke und
ein »Razai« (Baumwollsteppdecke, als
Matratze dienend, zu 6 Rup., einige
weiße Laken und Handtücher, Kopfkissen
aus Leder mit Überzug; gesamte
Reisebettausrüstung ist in den größern
europäischen Geschäften der Hafenstädte
für 20-25 Rup. zu kaufen);
sehr zu empfehlen ist die Mitnahme von
Mundvorrat in geschlossenem Frühstückskorb
(tiffin basket), auch Rotwein,
Sodawasser, einer Flasche mit
abgekochtem Wasser zum Mundspülen
(in den Zügen nicht zu haben), Kognak
und Teekocher oder kaltem Tee sowie
Körbchen mit Früchten, denn nur die
Schnellzüge (mail trains) haben zuweilen
Speisewagen.
[S. 51]
Für alle Züge
geben die Fahrpläne die Aufenthaltsorte
für Frühstück und Mittagessen
an, aber die Bahnhofswirtschaften (refreshment
rooms) sind nur auf Hauptlinien
gut, sonst oft schlecht und gesundheitsgefährlich;
rohe Milch sollte
man stets selbst abkochen. Mahlzeiten
bestelle man in den Bahnhofswirtschaften
telegraphisch (gratis) beim Zugführer,
Schaffner oder Bahnhofsvorsteher
voraus, da bei großem Andrang
diese Wirtschaften nicht genügend
vorbereitet sind; meist wird
einige Stationen vorher angefragt, ob
Vorausbestellung gewünscht wird.
Gepäckträger erhalten etwa
2 annas für nicht schweres Gepäck.
Die Gasthöfe sind in letzter Zeit
besser geworden, auch in kleinen Orten
findet man jetzt meist gute Hotels.
Man erkundige sich unterwegs bei
europäischen Geschäftsreisenden, die
das Land öfters besuchen, welche
Häuser zurzeit am besten sind. Das
Reisen ist in Indien nicht unverhältnismäßig
teuer, aber man braucht viel
Fahrgelegenheit, weil vieles Gehen
in der Hitze gesundheitsschädlich ist.
Die Unterkunftshäuser für Reisende
(Dâk Bungalows) in den Dörfern gehören
der Regierung; man erkundige
sich vorher, ob sie frei sind, meist
muß man nach 24 Stunden seinen Platz
an Neuankommende abgeben; einzelne
haben einen Wärter, der gute Verpflegung
(Tee und Eier fast stets vorhanden)
liefert sowie Beleuchtung,
aber manche sind fast leer und ohne
Bedienung.
Ein Reisediener (Boy) muß mit Sorgfalt,
womöglich durch Vermittelung
des Konsuls oder eines Reiseagenten
(S. 54), am besten durch Cook oder
den Hotelmanager ausgewählt werden
und zuverlässige Zeugnisse beibringen;
man miete nur nach genauer
Prüfung des Dienstbuches, gebe außer
10 Rup. für Kleidung keinen Gehaltsvorschuß
und nur Geld für kleine
Auslagen, die der Boy billiger als man
selbst macht. Auch als Dolmetscher
muß der Boy dienen. Gute Boys, die
Englisch, Singhalesisch, Tamulisch,
Hindostanisch und Malaiisch sprechen,
sind kaum unter 11/2 Rup. tägl. zu haben;
es empfiehlt sich (außer wenn man
besonders zufrieden ist), den jeweiligen
Boy in Indien, Ceylon, Birma, Siam etc.
zu entlassen, um Reisekosten (hin und
zurück für den Boy) zu sparen. Der gewöhnliche
Monatslohn ist 35-40 Rup.,
worin Selbstbeköstigung inbegriffen,
dazu beim Dienstantritt 10 Rup. für
»warme Kleidung«. Fahrkarte für den
Boy auf den indischen Bahnen kostet
ein Viertel der Fahrkarte I. Kl.; Heimreise
muß ihm voll gezahlt werden.
Einzelne gewandte Reisende mit nicht
zu hohen Ansprüchen sehen neuerdings
vom Mieten eines Boys ab; sie
helfen sich für Gepäck etc. mit den
in allen Hotels herumlungernden Boys,
die gegen kleines Trinkgeld sehr dienstwillig
sind und meist auch etwas Englisch
verstehen. Nach Erfahrung einzelner
Reisenden sind die Fremdenboys
»eine dauernd auf den Geldbeutel
ihrer Herren schielende, mit allen
Hunden gehetzte Tagediebkaste« —
also ist Vorsicht mit ihnen geboten.
Bei gutem Dienst verspreche man ein
Extrageschenk zum Schluß. Diener
aus dem Innern (Up-country servants)
sind oft zuverlässiger und billiger als
die der Hafenstädte; doch die Madras-Boys
gelten als die besten in Indien.
Hat man solchen sprachkundigen Eingebornen
als Diener, kann man mit
englischen Sprachkenntnissen überall
auskommen. Den vollen Lohn zahle
man erst bei der Entlassung.
Die Verpflegung ist in Indien meist
nicht gut, der Genuß frischer Milch
und Butter ist gefährlich, Wasser muß
filtriert und abgekocht werden (Filter
allein genügt nicht!). Abseits von
Hauptreisewegen führe man stets gut
gefüllten Eßkorb (tiffin basket, in allen
Ausrüstungsgeschäften zu haben) und
Sodawasser mit, vgl. oben.
[S. 52]
Die Lebensweise soll in allem mäßig
sein; nicht zu viel Schlaf; gymnastische
Bewegungen zur Förderung des Blutumlaufs
nicht versäumen, aber nur
morgens vor der großen Hitze; früh
aufstehen, zeitig zu Bett. Morgenspaziergänge
und -ritte sind am besten,
abends kann man sich im starken Tau
leicht erkälten. Nach den Mahlzeiten
ruhe man! Man bade täglich, aber
nie mehr als zweimal. Wollene Leibbinde
sollte man namentlich nachts
tragen; sie schützt gegen Darmerkrankungen.
Nachts schlafe man in Nachtanzug
(Pyjamas) aus Rohseide oder
leichtem Wollen-oder Baumwollenstoff
und nie auf fremden Matratzen
oder Kissen ohne reine Bezüge. Man
hüte sich vor Zugwind, weil Europäer
in Indien viel unter Rheumatismus zu
leiden haben, und sitze nicht im Abendtau
im Freien! Nicht zu schwere
Fleischkost, nicht viel Bier, überhaupt
wenig Alkohol. Unreife Früchte und
rohe Früchte, deren Wirkung man
nicht kennt, saure Weine, auch rohe
indische Austern, trotzdem sie wohlschmeckend
sind, sollte man stets
meiden. Sehr stärkend für den Magen
ist der indische Curry mit Reis, auch
wenn er dem, der ihn noch nicht
aß, zu scharf schmeckt. Sekt auf Ei
(»Scrupkin«) wird als Mittel gegen
Dysenterie empfohlen. Durchfall soll
man nicht gleich stopfen, sondern nur
durch Diät (nur Reis essen und gekochtes
Reiswasser trinken!) mildern;
wo ein Arzt ist, ziehe man ihn rechtzeitig
zu Rate, weil er die klimatischen
Einflüsse zu beurteilen versteht; auch
Verstopfung nicht vernachlässigen!
Tee genügt als Stimulans völlig.
Landreisen sind auf Hauptstraßen
im Anschluß an die Bahn mit Postwagen
(Dâk) oder andern ortsüblichen
Fuhrwerken ausführbar. Die eigne
Verpflegung nehme man mit, für die
Eingebornen ist fast in jedem Dorfe
das Nötigste zu haben. Moskitonetz;
übrige Ausrüstung dem Reiseziel anpassen.
Chinin ist nötig. Als Vorbeugungsmittel
wird Chinin in größerer
Dosis (bis zu 1 g) an zwei aufeinanderfolgenden
Tagen wöchentlich oder
jeden fünften Tag 1/2 g zu nehmen
empfohlen; kleine Dosen täglich sind
unwirksam. Während Fieberanfall
nehme man Phenazetin nach ärztlicher
Vorschrift.—Empfehlungsbriefe
an englische Beamte oder Klubs und
an Radschas sind nützlich und bei
Reisen in Birma unentbehrlich.
Gefahren für Reisende. Bisse wilder
Tiere (Pariahunde, Schakale)
muß man, falls Wutverdacht vorliegt,
im Pasteur-Institut in Kasauli nahe bei
Kalka (S. 75) und in Coonoor (Nilgiris)
behandeln lassen. In Bombay
wird ein Pasteur-Institut eingerichtet.
—Schlangen (namentlich Cobras,
Brillenschlangen) zeigen sich gelegentlich
(auch noch auf Malabar Hill in
Bombay), Europäer verscheuchen die
Tiere aber meist durch das Geräusch
ihrer Schuhe. Schlangenbisse werden
ähnlich wie Kreuzotterbisse behandelt:
man verhüte, daß das Gift zum Herzen
gelangt, durch Abschnüren des gebissenen
Gliedes; die Wunde öffnen, ausbluten
lassen, auswaschen mit Lösung
von übermangansaurem Kali oder (falls
dies nicht zur Hand ist) mit heißem
Eisen oder Pulver ausbrennen, dazu
tüchtig Bewegungen machen, Alkohol
trinken etc., um das Gift »auszuschwitzen«.
Als Gegengift erhält man
in Indien »Calmette's Antivenene Serum« oder Chlorpastillen. — Skorpionbisse
sind schmerzhaft, aber selten gefährlich;
man wasche sie mit Ammoniak
oder Essig aus.—Bestreichen mit
Eukalyptusöl schützt vor den wegen
Malaria-Ansteckung gefährlichen Moskitostichen,
die man auch mit Ammoniak
oder Essig behandelt.
Krankheiten, denen Reisende
in Indien ausgesetzt sind: Cholera
(Ansteckung meist durch Wasser); Verstopfung
(man nehme Cascara-Tabletten);
Durchfall (nie vernachlässigen);
Dysenterie; Malariafieber; Augenentzündung;
Typhus; Geschlechtskrankheiten.
—Die Pest (engl. plague)
ist fast überall in Indien heimisch,
tritt unter den Eingebornen mehr oder
minder stark auf, im März am schlimmsten.
Europäer bleiben ziemlich verschont,
wenn sie nicht in nahe Berührung
mit dem Volke kommen. Die
religiösen Feste der Hindus tragen viel
zur Verbreitung der Pest bei.
[S. 53]
2. Bombay
Vgl. den beifolgenden Plan.
Ankunft zur See. Die meisten Dampfer
ankern auf der Reede; Reisende
werden mit Dampfboot gelandet. Zolluntersuchung
in der Halle bei der Landungsbrücke.
Schußwaffen, auch gebrauchte,
zahlen hohen Zoll (s. S. 49),
wenn man sie nicht im selben Jahre
schon in Indien verzollt hat. Der Zoll
wird bei der Abreise gegen Vorzeigen
der Quittung (Receipt) zurückerstattet.
Meist erhält man schon auf dem
Dampfer oder im Zollamt ein Formular,
in das jeder Reisende Zahl der
Gepäckstücke, Inhalt und Wert anzugeben
hat. Wenn das schwere Gepäck
innerhalb 24 St. nicht untersucht
ist, wird es nach dem städtischen Zollamt
(Town Custom House; C4) gebracht.
5 St., nachdem die Ankunft
eines P. & O.-Dampfers signalisiert ist,
gehen Schnellzüge für Durchreisende
nach dem Osten ab.—Beauftragte der
bessern Hotels sowie von Thos. Cook &
Son kommen mit den Zollbeamten an
Bord und übernehmen Aufträge zur
Besorgung des Gepäcks. Falls der
Dampfer nachts ankommt, bleibt man
am besten bis Tagesanbruch an Bord.
Man hüte sich vor aufdringlichen
Agenten unbekannter Firmen!
Gasthöfe: Taj Mahal Palace Hôtel
(Pl. e, C5), erstklassiges Prachthotel
(meist deutscher Direktor) mit europäischer
Einrichtung, der größte und
schönste Gasthof in Indien, elektr.
Licht, Fahrstühle etc.; 400 Z., Pens.
(bei 7 Tagen Aufenthalt) von 10 Rup.
an.—Majestic (Pl. e, B5), Wodehouse
Road, 95 Z., Pens. 10-25 Rup., modern
eingerichtet.—Great Western Hotel
(Pl. b, C4), Apollostraße; bequem;
Fahrstuhl, elektr. Licht.—Apollo
Hotel (Pl. c, B5), Colaba Causeway,
nahe dem gleichnamigen Bootshafen.
—Die größern Gasthöfe haben Bars,
an denen man Bier erhält.
Restaurants: Victoria Station Restaurant,
im Hauptbahnhof.—W. B.
Green & Co.—The Apollo Hotel
Restaurant (Pyrke).—The Majestic
(gegenüber Apollo Hotel).—Mongini,
Church Gate Street.—Cornaglia, Konditorei,
Meadow Street 83.
Diener. Je nach Bedürfnis nimmt
man sofort nach Ankunft einen Diener
(Boy), jeder Europäer in Bombay hat
ihn; Gehalt vgl. S. 51. Doch können
Reisende in Bombay ohne Diener
durchkommen, je nach Ansprüchen auf
Bequemlichkeit. Über Annahme etc.
vgl. S. 51 (wichtig!).
Post, Telegraph, Telephon (B4)
neben dem Victoria Terminus (Hauptbahnhof)
und in der Esplanade Road,
etwa 10 Min. sw. vom Hauptbahnhof.
Ein Post Office Guide und ein Indian
Telegraph Guide (zu je 4 annas) sind
bei jedem Amt zu haben.
Wagen und Droschken: Man frage
den Hotelportier, wieviel man zahlen
soll, weil die Tarife zuweilen unverständlich
sind. Die Autodroschken
(Taxicabs) haben Fahrpreisanzeiger.
Straßenbahnen werden von Europäern
wenig benutzt; ihre Endpunkte
sind Colaba Station und Sailors Home
am Südende der Stadt; sie laufen bis
zum Nordende der Stadt, über Grant
Road, nach Parell und nach den Docks.
Eisenbahnen. Zwei Hauptlinien:
1) Die Great Indian Peninsula Railway
(G. I. P.) vom Hauptbahnhof
Victoria Terminus (C3) für Fahrten
nach Allahabad, Cawnpore, Lucknow,
Agra und Delhi, Benares, Calcutta,
Poona, Hyderabad, Madras und nach
dem Süden. Schnellzüge nach Calcutta
via Jubbulpore in 46 St., via
Nagpur in 48 St.—2) Die Bombay,
Baroda & Central Indian Railway (B. B.
& C. I.), von Colaba Station (B5) für
Fahrten nach Ahmedabad, Ajmer,
Jaipur, Agra, Delhi, Lahore und nach
dem Norden, hat mehrere Bahnhöfe
in Bombay; Reisende, die nahe dem
Fort wohnen, benutzen Church Gate
Station (B4) oder Colaba Station (B5);
die auf Malabar Hill oder in Byculla
wohnen, benutzen Grant Road Station.
Man erhält Rundreisekarten bei Thos.
Cook & Son, s. S. 54.
Dampfer: Österreichischer Lloyd,
Agentur: W. Denso (Telegrammadr.:
»Lloydiano-Bombay«, Church Gate
Street 50; nach Triest jeden Monat
zweimal (Mai bis August nur einmal)
in 16 Tagen; ferner nach Colombo,
Penang, Singapore, Hongkong und
Schanghai monatl.—Messageries Maritimes,
alle 4 Wochen nach Marseille,
Agentur: Hornby Road, Albert Buildings;
beide Gesellschaften haben gemeinschaftliche
Rückfahrkarten (S. 9).
[S. 54]
—Peninsular & Oriental S. N. Co.
(P. & O.), Agentur: 3 Rampart Row;
jeden So. nach Brindisi und London,
14tägig nach Colombo, China, Japan
und Australien; ähnlich Ellerman Line
und Anchor Line.—Società Nazionale
di Servizi Marittimi, Agentur
Hornby Road 59, nach Neapel und
Genua.—British India S. N. Co.,
Agentur: Mackinnon, Mackenzie &
Co., Ballard Road; wöchentl. nach
indischen Küstenhäfen, Calcutta, Karachi,
dem Persischen Golf, Birma und
der Ostküste von Afrika.—Deutsche
Ostafrika-Linie (Hamburg), Agentur
A. Strandes, 14tägig nach Ostafrika
(Daressalam etc.).—Fahrpläne geben
die Tageszeitungen.
Bankgeschäfte: Hongkong and
Shanghai Banking Corporation Ltd.,
Church Gate Street 40;—Chartered
Bank of India Australia & China Ltd.,
Elphinstone Circle, gegenüber Telegraphenamt.
—National Bank of India
Ltd. (Korr. der Deutschen Bank und
der Allgem. Deutschen Creditanstalt in
Leipzig), Rampart Row;—Mercantile
Bank of India, Esplanade Road; alle
Korr. der Berl. Disconto-Gesellschaft.
Sprache. Englisch wird in allen
Hotels, auch in den meisten Rasthäusern
(Dâk Bungalows) gesprochen.
Von den vielen neuindischen Sprachen,
die in den verschiedenen Gebieten
Vorderindiens gesprochen werden, ist
das Hindostani oder Urdu die verbreitetste;
es ist ein Hindudialekt mit
vielen persischen und arabischen Beimischungen,
auch einigen malaiischen,
portugiesischen und englischen Wörtern.
Grammatik und Wörterbuch von
Forbes (London 1855 und 1846) gelten
noch jetzt als beste Sprachführer. Zum
Gebrauch für Reisende genügt aber
der »Hindustani Manual for Beginners« (Times of India-Press, Bombay), der
viele Wörter und Sätze enthält; ferner:
»Marlborough's Hindustani Self Taught« (2 Rup. 4 annas); »How to speak Hindustani
in a Month« (1 Rup.).—Betreffs
der Aussprache englisch geschriebener
geographischer Namen sei bemerkt,
daß u im allgemeinen wie a gesprochen
wird: Kalkatta (geschrieben Calcutta),
Dschamna (geschrieben Jumna),
Lackno (geschrieben Lucknow) etc.
Reisebureaus, Agenten. Norddeutscher
Lloyd: Thos. Cook & Son.—Hamburg-Amerika
Linie, Volkart Brothers.
—Thos. Cook & Son (B4), Esplanade
Road 13 (Lesezimmer); geben »Cooks
India. Information for Travellers landing
at Bombay and Calcutta« mit
Angaben über Reisewege und Fahrpreise
heraus, ein sehr nützliches Heft.
Fahrkarten sind oft für die Bahn billiger
und schneller in Cooks Office zu
haben als auf den Bahnhöfen. Cook
gibt auch Hotelcoupons, für ganz Indien
gültig, aus, seine Fahrkarten können
getauscht oder zurückgegeben werden.
Es empfiehlt sich, Briefe aus der Heimat
an Cook schicken zu lassen, der
sie dem Reisenden nach Verabredung
nachschickt (Deutsch wird aber im
Bureau nicht gesprochen!).—Reiseagenten,
die Reise-und Geldgeschäfte,
auch eingeborne Diener besorgen,
Briefe nachsenden etc., sind:
Latham & Co. (empfohlen), Apollo
Street; King King & Co., Standard Buildings,
Hornby Row; Grindlay, Groom
& Co., Hornby Road. (Vorsicht ist bei
Agenten geboten!)
Konsulate: Deutsches Reich (B5),
Konsul Dr. Heyer.—Österreich-Ungarn
(B5), Konsul Graf Thurn.
Polizei (Police Courts; C3) gegenüber
dem Victoria-Bahnhof. Polizeiwache
neben Apollo Hotel. Polizeipräsidium
gegenüber Crawford Market.
Bäder in allen Gasthöfen. Seewasserbäder
zum Schwimmen in Back
Bay (B5) und Breach Candy (im NW.);
Badezeit im Hotel erfragen
Ärzte: Dr. Alphons Mayr (Deutscher),
Konsulatsarzt, Roosevelt House, Apollo
Reclamation (gegenüber Taj Mahal
Hotel), zu empfehlen.—Zahnärzte:
Dr. Barr, Mayo Road; Dr. Davison,
Landsdowne Road.
Apotheken: Thompson & Taylor,
Esplanade Road; Kemp & Co., Elphinstone
Circle (C4), Sassoon House und
im Taj Mahal Hotel.
Buchhandlungen: Taraporevala,
Meadow Street; Thacker & Co.; Esplanade
Road (B4);—Combridge & Co.,
Esplanade Road.—Presse: The Times
of India; The Bombay Gazette; Advocate
of India (Abendblatt).
[S. 55]
Photographien: Metzker (Deutscher,
gelobt), Hornby Road, Whiteways
Building.—Bourne & Shepherd, Esplanade
Road 18, liefern Films und
Platten jeder Art;—Clifton & Co.
(Mitbesitzer: Schultz), Meadow Street,
sprechen Deutsch.
Geschäftsadressen. Indische
Kuriositäten: Tarachund, Meadow
Street;—Ramswamy, ebenda;—
Hurjimuli und in den Läden in der
Kalbadevi Road und deren Nebenstraßen.
—Reiseausrüstung: Army
& Navy Stores; Badham & Pile; Asquith
& Co.; Whiteway, Laidlaw & Co.; Hoar
& Co.; sämtlich Esplanade Road.
Vergnügungen, Theater (nur zeitweise):
Royal Opera House, Queens
Road; Gaiety Theatre und Novelty
Theatre (BC 3), nahe Victoria-Bahnhof.
—Native Theatre (A1), Grant Road.—
Öffentliche Musik an bestimmten
Tagen im Yacht Club und am »Bandstand« (Musiktempel); Sa. in Byculla,
Victoria Gardens; ebenda Botanischer
und Zoologischer Garten und Museum.
Klubs, Vereine: Deutscher Klub, Kennedy
Sea Face.—Byculla Club, Bellasis
Road, Byculla, mit Schlafgelegenheit.
Bombay Club, 26 Esplanade.—Yacht
Club, Apollo Bandar (C5).—Bombay
Gymkhana and Golf Club, Esplanade
Road.—Ladies' Gymkhana, The Ridge,
Malabar Hill, abds. sehr besucht.
Zeiteinteilung. 1. Tag Vm.: Wagenfahrt
Fort, Europäerstadt und Native
Town (Eingebornenstadt), bequem in
4-5 St. zu durchfahren; Nm. 2 Uhr:
Mit Cooks Dampfer (s. S. 61) nach
Elephanta, zurück 7 Uhr;—2. Tag
Vm.: Wagenfahrt nach Malabar Hill
zu den Türmen des Schweigens (71/2-9)
mit Eintrittskarte vom Hotelportier;
Nm.: Native Town-Basar »shopping« und Wagenfahrt nach Victoria Gardens
und Museum. Abendspaziergang
zum Studium des Volkslebens gegen
6 Uhr;—3. und 4. Tag: Ausflug nach
Ellora (S. 61);—5. Tag früh: Autofahrt
nach Mahim und Vehar Lake.
Weitere Ausflüge s. S. 62.
Geschichtliches. Bombay wurde
1530 vom Sultan Balladur, dem König
von Gujarat, an die Portugiesen
abgetreten, die dort eine befestigte
Handelsfaktorei einrichteten. Bei der
Heirat Karls II. von England mit der
portugiesischen Infantin Katharina
ging Bombay als Mitgift an die englische
Krone über, wurde aber schon
1668 der Ostindischen Kompanie gegen
einen Pachtschilling von 10 £ jährlich
übergeben. Diese Kompanie verstand
die günstige Lage des Platzes
zu würdigen und auszunutzen; schon
1686 wurde der Sitz der westlichen
indischen Statthalterei aus Surate nach
Bombay verlegt, gleichzeitig Postamt
und Münze errichtet. Durch geschickte
Maßregeln, Zoll-und Religionsfreiheit
für die Ansiedler, Ausbau des Hafens
entwickelte sich der Platz und übertraf
schließlich den alten Handelsplatz
Surate bedeutend. Im 19. Jahrh. bewirkte
die Steigerung der Baumwollausfuhr
infolge des nordamerikanischen
Sezessionskrieges schnelles Aufblühen
Bombays. Seit Eröffnung des
Suezkanals ist Bombay die zweite
Handelsstadt Indiens geworden, hat
aber seit 1896 durch Mißernten und
Pest gelitten.
Das Klima von Bombay ist in der
Trockenzeit nicht so heiß wie in andern
indischen Plätzen. Der SW.-Monsun
(Regenzeit) setzt etwa in der
zweiten Juniwoche ein, der Regen
dauert regelmäßig bis Ende September.
Mai und Oktober sind die heißesten
Monate, aber auch dann wird die Hitze
durch kühle Seebrise gemildert, anderseits
macht sie sich infolge der großen
Luftfeuchtigkeit und der geringen
nächtlichen Abkühlung oft fühlbarer
als im Innern des Landes. Die mittlere
Jahrestemperatur beträgt 26,3° C,
zwischen 23,6° im Januar und 29,2°
im Mai. Die mittlere jährliche Regenmenge
beträgt 1880 mm, wovon 1800 mm
allein in der Zeit von Juni bis Ende
September fallen.
Bombay, nach der Göttin Mumba benannt, wichtigster Seehafen
der indischen Westküste und Hauptstadt der gleichnamigen Präsidentschaft
des britisch-indischen Kaiserreichs, unter 18° 55' nördl. Br.,
liegt auf der 55 qkm großen Insel Bombay, die durch einen schmalen
Sund von den Inseln Salsette und Trombay getrennt ist; von
Bombay führen zwei Eisenbahnbrücken und eine Straßenbrücke
(Sion Causeway) über diesen Sund. Der Ghodbandar-Fluß trennt
[S. 56]
die Salsette-Insel vom Festlande. Die Südküste der Bombay-Insel
ist tief eingebuchtet; die malerische, aber seichte Back Bay, mit
gefährlichen Riffen, begrenzt die eigentliche Stadt Bombay nach W.;
Malabar Hill, der SW.-Zipfel der Insel Bombay, schließt die Back
Bay nach NW. ab. An der Ostseite der Stadt liegt die Reede mit
Ankerplätzen für die größten Schiffe, mit Hafenanlagen, Werften
und Trockendocks. Am Apollo Bandar (C5) ist das neue Europäerviertel;
dort liegt der Yacht Club. Die Hauptgeschäftsstraße, Esplanade
Road (B3, 4), trennt das (östliche) Geschäftsviertel, The Fort
(BC3, 4) genannt, von den öffentlichen Gebäuden an der Westseite.
Nördl. vom Victoria-Bahnhof (Terminus; C3) dehnt sich bis zu den
Fabrikvorstädten Mazagon und Byculla, die dichtbevölkerte Eingebornenstadt
(Native Town A-C1), aus. Nördl. davon liegt der
Vorort Parel.—Der gesündeste und malerischste Vorort liegt auf
Malabar Hill; dort ist das Villenviertel der Europäer und wohlhabender
Eingeborner, in dessen Mitte die Türme des Schweigens
(S. 60) liegen. Nahe der Südspitze von Malabar Hill, auf Malabar
Point, steht das Haus des Statthalters (Government House) neben
dem heiligen Hindutempel von Walkeshwar (S. 60).—Küstenbefestigungswerke
liegen auf Elefanta, auf Oyster Rock östl. von Colaba,
auf Middle Ground Shoal, auf Cross Island und auf Colaba Point;
ferner im W. der Stadt bei Mahalakschmi und auf Malabar Point
(man hüte sich, in der Nähe der Festungswerke zu photographieren).
Nö. von Malabar Hill, auf Camballa Hill und an dessen Seeseite,
Breach Candy, liegen ebenfalls Villen.
Bombay hatte 1911: 972930 Einw. (davon 20000 Europäer, 50000
Parsen, 2/3 Hindu, 1/5 Mohammedaner). Die Industrie umfaßt Baumwollfabriken,
Kunstgewerbe, Holzschnitzereien. Bombay ist Ausfuhrhafen
für die Präsidentschaft Bombay und für das westliche
Dekhan; die Ausfuhr umfaßt Baumwolle, Getreide (besonders Weizen)
und Hülsenfrüchte, Ölsamen, Opium, Schafwolle, Häute und
Felle; die Einfuhr Baumwollwaren, Wollen-und Seidenstoffe, Metallwaren,
Glas, Porzellan, Leder, Zucker, rohe Seide, Tee u. a. Im
Jahre 1909 liefen 897 Schiffe von 1963000 Registertonnen in den
Hafen von Bombay ein.
Rundfahrt (zu Fuß gehen ist für den Europäer gegen die Sitte
und wegen der Sonnenhitze gesundheitschädlich, man benutze die
billigen Droschken; nur Abendspaziergänge sind üblich und nicht
nachteilig). Vor Colaba Point, der Südspitze der Halbinsel, auf der
die Stadt Bombay erbaut ist, sieht man auf einem Riff den Prongs-Leuchtturm,
der nachts ein weißes Blinkfeuer zeigt, das wichtigste
Hafenfeuer für die Einsteuerung in den Hafen bei Nacht. Auf der
äußersten Landspitze liegt der alte englische Kirchhof und nördl.
von ihm ein Irrenhaus (Lunatic Asylum). Neben einem alten Leuchtturm
steht östl. vom Kirchhofe das magnetische, astronomische und
meteorologische Observatorium. Folgt man der Hauptstraße Colaba
Road nördl., so sieht man an beiden Seiten die Kasernen (Barracks)
der europäischen Besatzungstruppen mit Familienwohnhäusern,
Gärten und Schießplätzen; r. liegt eine Landungsbrücke (Pilots
Bandar) für Lotsenboote sowie der Schuppen für das Rettungsboot.
[S. 57]
Dicht l. an der Straße folgt dann die hübsche St. John's-Kirche
(»Afghan Memorial Church of John the Evangelist«), zum Andenken
an den Feldzug in Afghanistan (1838-43) erbaut; der Kirchturm ist
zum Teil vom Parsen Cowasjee Jehangir 1864 gestiftet. Eine andre
Stiftung der sehr wohltätigen und liberalen Parsen ist das Parsi-Sanatorium
l. am schmalsten Teile der Colaba Road, dicht an der
Back Bay, mit Palmen umgeben. An dieser Stelle wird die Halbinsel
plötzlich breiter; l. breitet sich das neue Villenviertel Colaba
Reclamation dicht am Meere aus, das durch die Brücke Wodehouse
Bridge mit Queens Road verbunden ist; r. von der Straße liegt
das Sassoon Dock, das älteste künstliche Hafenbecken, jetzt fast
nur zum Landen von Truppen benutzt. Daneben liegen Baumwollager,
in denen die Baumwolle, zur Verschiffung in feste Ballen mit
hydraulischen Pressen (bis zu 800 Ton. Druck auf jeden Ballen) zugerichtet,
aufgestapelt liegt. Ein Baumwollballen hat über 100 Rup.
(etwa 150 M.) Wert. Andre Fabriken und Warenlager liegen in der
Nähe des Colaba-Bahnhofs, dessen Gleise bis zum Hafen führen.
Colaba Station (B5) ist Endpunkt der Bombay, Baroda & Central
Indian Railway (S. 53).—Nördl. von diesem Bahnhof heißt die
Hauptstraße Colaba Causeway; sie führt am Schuppen der Straßenbahn
vorbei, wo der sehenswerte Baumwollmarkt (jährlich über
4 Mill. Zentner) abgehalten wird. L. am Nordende des Colaba Causeway
stehen das Apollo Hotel (Pl. c) und das Majestic Hotel an einem
großen freien Platz mit dem neuen Museum und den Standbildern
des Königs Eduard VII. (Pl. 13) und des Königs Georg IV. Unweit
davon in Wodehouse Road die römisch-katholische Kathedrale und
der Wohnsitz des (deutschen) Erzbischofs Dr. Juergens, S.J.—R. das
Royal Alfred Sailor's Home (BC5), Seemannsheim mit Schlafstätten,
und einige noch freie Bauplätze, daran schließt sich die Marinewerft
(Dockyard, C5), 1767 vom Parsen Lowji Naushir begründet;
hier wurden von parsischen Schiffbaumeistern und Zimmerleuten
viele vorzügliche große Segellinienschiffe aus Teakholz erbaut;
jetzt enthält die Werft 6 Docks und mehrere Schiffbauhelgen.—
Eine Seitenstraße führt vom Seemannsheim sö. nach dem Apollo
Bandar (C5), Bootsanlegeplatz mit Flutmesserhäuschen, vor dem
das Haus des Jachtklubs (C 5) mit Signalmast steht und vor dessen
Strand nur Jachten ankern dürfen; an zwei Abenden der Woche
versammelt sich dort bei Musik die »Gesellschaft« Bombays.—Vom
Seemannsheim führt der Weg um den vorerwähnten Platz zur Rampart
Row, an deren SO.-Ende, Ecke der Marine Street, die 1818 erbaute
schottische St. Andrew's Kirk (C4) steht. Daneben der ehemalige
Eiskeller aus der Zeit, als das Eis noch in Segelschiffen von
Nordamerika nach Indien gebracht wurde. Gegenüber der Rampart
Row liegt Sassoon's Mechanic's Institute (Pl. 14, B4), eine Gewerbeschule
mit guter Bibliothek (auch für Fremde benutzbar), neben
Watson's Hotel. Dicht dabei steht Elphinstone College (B4) zur höheren
Bildung Eingeborner, nach dem berühmten Gouverneur Sir
Mountstuart Elphinstone benannt und hauptsächlich von dem Parsen
Sir Cowasjee Jehangir Readymoney gestiftet, mit Freistellen für begabte
unbemittelte Schüler. Die Rundfahrt führt um das Südende
[S. 58]
des Institute of Science in die Mayo Road, wo der erste Prachtbau
r. in venezianisch-gotischem Stil das Presidential Secretariat
(B 4) ist, der Regierungspalast des Governor und der Members of
Council, zugleich die Amtsräume der Finanz-und Rechtsverwaltung.
Sw. davon liegt am Strande der Back Bay die Schwimmanstalt (B 5)
und die Station für drahtlose Telegraphie; auf dem Platz in der
Nähe ist eine Halle für die Musikkapelle, die hier abends spielt. Dahinter
einige Sportklubs: Commercial Gymkhana, Princess Victoria
Gymkhana, Japanese Club.—Der nächste Prachtbau neben dem
Regierungspalast ist die Universität (University Hall, B 4), auch
von Sir Cowasjee Jehangir gestiftet; ihr prächtiger Glockenturm
(oben hübsche Rundsicht über Bombay) ist gestiftet vom Parsen
Premchand Raichand und zum Andenken an dessen Mutter Rajabai
Tower genannt; die Halle neben dem Turm enthält die Universitätsbibliothek.
Diese »Universität« ist nur eine Prüfungsanstalt; Vorlesungen
werden nicht gehalten; in den hübschen Gartenanlagen
zwischen ihr und Esplanade Road sollen große Prüfungshallen erbaut
werden.—Der nächste Prachtbau, in englischer Frühgotik, ist
der High Court of Justice (höchster Gerichtshof, Pl. 6); hinter ihm
liegt an der Esplanade Road der Bombayklub (S. 55). Der nächste
Bau in Mayo Road ist das Public Works Secretariat (Pl. 7), Regierungsamt
für öffentliche Arbeiten (in der Nähe Standbilder von Sir Rich.
Temple [Pl. 5] und Lord Reay [Pl. 4]), dessen Vorderseite nach der
Querstraße Church Gate Street zeigt, an deren Westende dicht am
Strande Church Gate Station, Verwaltungsgebäude und Bahnhof der
B. B. & C. I.-Bahn, B 4) liegt. Folgt man nördl. der Mayo Road,
so passiert man r. das alte Postamt (Post Office, B 4) mit drei weiten
Hallen in venezianisch-gotischem Stil (Hauptamt östl. vom Victoria-Bahnhof
kürzlich fertiggestellt), dann folgt das modern-gotische
Telegraphenamt (Telegraph Office), vor dessen Nordende ein gutes
Marmorstandbild der Königin Victoria (B 3/4) von Noble steht, gestiftet
von dem indischen Fürsten Khande Rao Gaekwar.—Nun fahre
man die Esplanade Road südl. zurück bis zur Floral-Fontäne (Pl. 8),
dann l. in die Church Gate Street bis zu dem Platz Elphinstone Circle
(C 4) mit Gartenanlagen, vor der Town Hall (C 4), die große Versammlungsräume
enthält, darunter einen für die wissenschaftliche Bombay
Asiatic Society, mit großer, 10-5 Uhr auch für Fremde (mit Empfehlungen)
geöffneter Bibliothek und Museum mit Gemälden und
Standbildern verschiedener Governors. Die Anthropological Society
und Bombay Geographical Society sind mit der Bombay Asiatic Society
verbunden. Auch Konzerte finden in der Town Hall statt.—
Gegenüber der Town Hall liegt die Kathedrale, Cathedral of St.
Thomas (Pl. 9, C 4), erbaut 1718; im Schiff historische Gedenksteine:
für den Governor Duncan; für Kapitän Hardinge, der 1808
in einem siegreichen Seegefecht fiel; für Oberst Campbell, der die
Festung Mangalur monatelang gegen Tippu Sahibs Übermacht hielt;
für den Admiral Sir Frederic Maitland, der Napoleon I. auf dem
Bellerophon nach St. Helena brachte, u. a.—Nahebei in der
Apollo Street Nr. 6 das kleine Museum der Natural History Society.
Südl. neben der Town Hall das Zollamt (C 4), wohl das älteste Gebäude
[S. 59]
Bombays, das 1665 noch portugiesische Kaserne war. Dicht
nördl. von der Town Hall die Münze (The Mint, C4); daneben an
der Ballard Road ist das Hafenamt (Port Trust, C4) mit Signalmast
und vor diesem die alte Landungsbrücke (Ballard Pier, C4);
dort werden Sturmsignale und andre Hafensignale gegeben, die am
Centre Dock-Signalmast am Victoria Dock wiederholt werden. Nördl.
von Ballard Pier wird ein riesiges neues Hafenbecken, Alexandra
Docks, ausgeschachtet.—Vor der Münze liegt ein rundes Süßwasserbecken,
südl. davon die alte Zitadelle (The Castle, C4), von der
nur noch die Seeseite erhalten ist; auf dem Uhrturm fällt täglich
2 Uhr indischer Einheitszeit (Indian Standard Time) der Zeitball
zum Uhrvergleich für Schiffe und Stadt. Mit dem Castle verbunden
ist ein Arsenal (C4), Zeughaus mit Waffensammlung. Nun zurück
durch Church Gate Street zur Floral-Fontäne, dann nördl. in die
Straße r., die Hornby Row, bis zum Rathaus (Municipal Buildings,
BC3) mit 76 m hohem Turm. Daneben in Cruikshank Road das
Polizeigericht (Police Court), dann das Kamahospital (Stiftung von
Pestonji Hormusjee Kama, für Frauen und Kinder, von weiblichen
Ärzten geleitet), weiter St. Xavier's College (Pl. 1, B3), eine vorzügliche
Jesuitenschule; weiterhin folgen Elphinstone High School,
eine Hochschule mit 28 Klassen für den Mittelstand der Eingebornen,
wo unterrichtet wird in Englisch, Guzerati, Sanskrit, Latein
und Parsisch; daneben St. Xavier's High School, von deutschen
Patres geleitet, an der Carnac Road.—Weiter das Gokaldas Tejpal-Hospital
(nach dem Stifter benannt), für Eingeborne bestimmt,
das jährlich an 13000 Kranke behandelt. Das Eckhaus von Carnac
und Hornby Road ist das Polizeipräsidium; ihm gegenüber an der
Hornby Road liegt der Crawford Market (C2) mit Markthallen,
in deren Mitte ein Brunnen, gestiftet von Sir Cowasjee Jehangir
Readymoney; sehenswerte Verkaufsstände mit indischen Früchten,
Blumen, Gemüsen und Fischen (den Bombay duck [gedörrter Fisch]
ißt man zum Curry; sehr gut ist auch der Sargutali oder Pomfret).
In derselben Straße folgen die School of Arts (C2), eine 1857 errichtete
Kunst-und Kunstgewerbeschule, und daneben, gegenüber dem
Victoria-Bahnhof, die Anjuman-i-Islam School (Pl. 3, C3), eine
mohammedanische höhere Schule (eröffnet 1893). An der Ostseite
der Hornby Road liegt *Victoria Terminus (C3), ein gotisch-indischer
Prachtbau; er gibt ein Bild vom Reichtum der Stadt und
ist einer der schönsten Bahnhöfe der Erde. Gegenüber vom Bahnhof
liegt der Neubau des Hauptpostamts und weiterhin, östl. vom Bahnhof,
an der Frere Road, liegt das auch für Reisende empfehlenswerte
Krankenhaus St. George's General Hospital, begründet 1889.
Rückfahrt über Esplanade Road zum Hotel.
Native Town (Black Town; A-C1), die Eingebornenstadt, dicht
bevölkert, mit meist engen, oft krummen Gassen, beginnt nördl.
vom Crawford Market; sehenswerte Basare, allerdings mit viel Trödel,
aber mit interessantem Menschengetriebe an Indern (Hindus und
Mohammedaner), Parsen, Afghanen, Arabern. Man achte auf die
verschiedenen Kopfbedeckungen. Gelegenheit zur Teilnahme an parsischen
Hochzeitsfesten oder hinduistischen Götterfesten (z. B. zu
[S. 60]
Ehren der Glücksspenderin Lakschmi) sollte man ausnutzen, um
das Volk kennen zu lernen. Mitten im Eingebornenviertel liegt
Pinjrapol (B1/2), ein Tierasyl (sehenswert, aber nichts für schwache
Nerven), wo altes Rindvieh, Ziegen, Schafe, Esel, Büffel und Hunde
das Gnadenbrot erhalten; als Weihgeschenke sind auch gesunde
starke Tiere dort. Verschiedene Wasserbehälter mitten in der Stadt
sind mit Tempeln umgeben.—Im nördlichen Teile der Native Town
liegt das Grant Medical College (C1), eine medizinische Hochschule
zur Ausbildung von Indern zu Ärzten; damit verbunden ist das
große Sir Jamsetjee Jeejeebhoy Hospital (für Parsen getrennt, doch
auch für Brahmanen und Mohammedaner), ein Hospital für Unheilbare
mit Baracken für ansteckende Krankheiten.—An der Queen's
Road, 10 Min. nördl. von Marine Lines Station, sind die Leichenverbrennungsstätten
(A2, Hindu Burning Ground), längliche Höfe
mit Warteräumen, in deren Mitte auf eisernen Gabelständern der
Leichnam mit Holz umgeben wird (bei Reichen kostbare Hölzer!);
Asche und Knochenreste werden nachher ins Meer geworfen.
Umgebung: 1) Malabar Hill (etwa 6 km von Colaba Station, zu
erreichen mit Wagen vom Hotel aus, oder mit Bahn von Colaba bis
Grant Road Station, wo man frühmorgens in der Bellasis Road die
Araberställe und-pferde besichtige, die von Arabern nach Bombay
zum Verkauf gebracht werden, dann mit Wagen) auf der Halbinsel
an der Westseite der Back Bay; Fahrweg dahin sehr schön längs des
Strandes. Auf der Südspitze der Halbinsel Malabar Point stehen
die Villengebäude des Gouverneurs; in ihrer Nähe eine Batterie. Die
Spazierfahrt längs der Westseite des Malabar-Hügels bis nach Breach
Candy ist eine der schönsten von Bombay und abends von Wagen
und Reitern viel besucht. Auf Malabar Hill ist das gesündeste und
vornehmste Viertel mit Villen und Gärten. Dicht beim Gouvernements-Bungalow
sind die malerischen Tempelanlagen von Walkeshwar,
ein berühmtes Hinduheiligtum. Gibbs Road, die nördliche
Fortsetzung der Ridge Road, führt nach dem Gipfel des Malabar
Hill. Dort nordöstlich der Villenanlage die
*Türme des Schweigens (Towers of Silence), die Begräbnisstätte
der Parsen, die größte Sehenswürdigkeit Bombays (Eintrittskarten
zur Besichtigung [71/2-9, 21/2-41/2 Uhr] besorgt der Hotelportier).
Der Eingang führt durch ein modernes eisernes Tor, eine
steinerne Freitreppe hinauf in einen schönen Garten durch eine
innere Mauer; von da nimmt ein Parsi-Priester die Führung. Bei
dem steinernen Bethaus, in dem das ewige heilige Feuer brennt, hat
man einen prächtigen Rundblick über ganz Bombay und die See.
Der Führer zeigt ein Modell der Türme.
Es sind fünf Türme, die Hans Meyer
wie folgt beschreibt: » ... sie können
besser runde Terrassen genannt werden.
Jeder hat nur einen Eingang, der
durch einige Stufen von außen zugänglich
ist. Nur den die Leiche begleitenden
Trägern und Priestern ist der Zutritt
zum Turm gestattet. Die innere
Einrichtung ist sehr einfach. Der Turm
ist in drei konzentrische Ringe geteilt,
in deren jedem eine gewisse Anzahl
von Mulden ausgehöhlt ist. In die
Mulden des äußern Ringes werden die
männlichen Leichen, in die des mittlern
die weiblichen und in die des innersten
die Kinderleichen gelegt. Nach
dem Zentrum hin sind die Ringe etwas
geneigt.
[S. 61]
Dort ist ein runder Schacht in
das Mauerwerk eingelassen, in den das
Regenwasser abfließt und der später
die Gebeine aufnimmt.«Sobald eine
Leiche in den Turm gelegt ist, fallen
Scharen von Geiern über sie her und
fressen in kaum einer Stunde alles
Fleisch auf. Beim Ausbruch der Pest
mußten mit großen Kosten mehr Geier
herbeigeschafft werden. Die Knochen
werden in den Schacht geworfen und
zerfallen da. Das aus dem Schacht
abfließende Regenwasser wird durch
eine Kohlenschicht geleitet und desinfiziert,
ehe es in See fließt. Der
größte Turm hat etwa 7,6 m Höhe und
84 m Umfang.« —Diese Bestattungsweise
der Parsi entspricht dem Gebote
des Zendavesta, der Bibel der
von Zoroaster gegründeten iranischen
Nationalreligion, daß die Elemente
nicht durch Berührung mit Verwesungsstoffen
verunreinigt werden dürfen,
und daß im Tode reich und arm
sich begegnen müssen.
Auf demselben Bergrücken, der die Türme des Schweigens trägt,
liegt der Sportplatz Ladies' Gymkhana, mit Tennis-und andern
Spielplätzen, abends sehr besucht; Ehrenmitglieder werden zugelassen.
—Nördl. von Malabar Hill liegt Camballa Hill (88 m), ebenfalls
mit vielen hübschen Bungalows und Villen besetzt und nahe
bei Grant Road Station. Man achte in den Gärten auf Schlangen!
2) Byculla (etwa 4 km mit Bahn
von Victoria Stat.), an der Parel Road
das Albert-und Victoria Museum, mit
Standbild des Prinzgemahls, im Victoriapark
(Victoria Gardens), einem
schönen Botanischen Garten mit Tiergarten;
zweimal wöchentl. Militärmusik.
—In Parel (4 km nördl. von
Byculla, an derselben Bahn) wird der
alte Gouverneurspalast als Laboratorium
für Pestuntersuchungen benutzt.
3) Elephanta (Fahrt von Apollo
Bandar mit Cooks Dampfer in 11/2 St.,
7 Rup. die Person, meist tägl. Nm.
2 Uhr ab Taj Mahal Hotel, Rückkehr
7 Uhr), eine kleine Felseninsel, 9,5 km
östl. von Bombay, ist wegen ihres alten
Hinduhöhlentempels sehenswert, der
aus dem 8. Jahrh. stammt. Prächtige,
aber meist heiße Fahrt durch den
Hafen. Vom Landungsplatz vor der
Ostseite der Insel führen bequeme
Steinstufen zu dem Höhlentempel, der
etwa 76 m über dem Meere liegt, 43 m
breit und lang sowie 4 m hoch ist;
er war durch 42 aus dem Felsen gehauene
Säulen gestützt, die zum Teil
zerstört sind. Gegenüber dem Haupteingang
ein 6 m hohes Brustbild der
Dreieinigkeit Brahmas, Wischnus und
Schiwas; die vielverschnörkelten Riesenreliefs
sind schwülstig und ohne
künstlerischen Wert, aber die Technik
des Baues ist zu bewundern. Giftschlangen
sollen zahlreich auf Elephanta vorkommen.
Der Hinduname für Elephanta
ist Gharapuri (Felsen-oder
Höhlenstadt). (Andre Höhlentempel
findet man in Kanhari in der Mitte
der Insel Salsette; in Montpezir, Bahnstation
Borivli; in Jogeshivar, Bahnstation
Goregaon.)
4) *Ellora (Elura), ein Ausflug auf
2-3 Tage, beschwerlich, aber sehr
lohnend; mit Great Indian Peninsula-Bahn
von Victoria Station in etwa
9 St. zu erreichen; Fahrpreis I. 14
Rup., II. 7 Rup.; Entfernung 212 M.
Erlaubnis zur Benutzung der Rasthäuser
(Rest houses) in Ellora erhält
man auf Antrag vom Residenten in
Hyderabad.—Die Fahrt zwischen
Bombay und Igatpuri ist eine äußerst
malerische Strecke und sollte bei
Tage gemacht werden; man fahre mit
Mittagszug bis Igatpuri dem Schnellzug,
der abends fährt, voraus. Bei
Riva verläßt die Bahn die Insel Bombay
und führt über einen Damm
(Sions Causeway) nach (10 M) Kurla
mit früher berühmten Baumwollmühlen,
dann an der Ostküste der Insel
Salsette nach (21 M) Stat. Thana
(Tanna; Rasthaus), einer sehr alten
portugiesischen Niederlassung (1298 erwähnt
schon Marco Polo den damals
blühenden Handelshafen), die im 16.
Jahrh. blühende Seidenindustrie hatte,
jetzt von Katholiken bewohnt; viele
portugiesische Nachkömmlinge. Die
Bahn führt südl. von Thana über eine
Brücke zum Festland und dann am l.
Ufer des Usher-und Ulhasflusses nach
der sehr alten Stadt (34 M) Stat. Kalyan
(Bahnwirtschaft), wo r. die Madras-Bahnlinie
(S. 96) abzweigt.
[S. 62]
Dann steigt
die Bahn nö. hinan auf das Dekhan-Hochland
durch den Bergpaß Thal
(Thull) Ghat; bei (75 M) Stat. Kasara
beginnt der Aufstieg mit Berglokomotive,
Steigung von 320 m auf 91/2 M;
er endet bei (85 M) Stat. Igatpuri,
Sommerluftkurort für Bombay, mit
Bungalows für die Bahnbeamten. Man
befindet sich hier schon an der Wasserscheide
der Halbinsel, die sich von
hier an langsam ostwärts nach dem
Golfe von Bengalen senkt. Im September
ist der Pflanzenwuchs hier
sehr schön.—Dann ebene Strecke
mit niedrigen Bergen bis—(117 M)
Stat. Nasik (580 m); die hochheilige
alte Hindustadt am Oberlauf des Godavery,
des 1800 km (Rhein 1300 km)
langen Hauptflusses des Dekhan (mit
35000 Einw., darunter 1300 Brahmanenpriester),
liegt 10 km nw. vom Bahnhof
(Straßenbahn dahin; Dâk Bungalow;
Tongas zu mieten); sie hat viele
sehenswerte Tempel, darunter der Kapáleshwar,
der Sundar Narayan, Rama's
Kund; die Missionsschule Sharanpur;
die Lena-Höhlentempel in einem
Hügel 5 M sw. von Nasik.—Dann
folgt (162 M) Stat. Manmad (Manmar;
Bahnwirtschaft; Dâk Bungalow), Kreuzungspunkt,
wo man in den Zug nach
Aurangabad umsteigt; man fährt aber
nur bis (212 M) Stat. Daulatabad, wo
man auf dem Bahnhof speisen kann;
man bestelle von Bombay aus vorher
beim Stationsvorsteher telegraphisch
einen Wagen (Tonga), Preis
12 Rup. Von Daulatabad 16 km Wagenfahrt
nach
Ellora (Rasthaus, für jedermann
zugänglich, Verpflegung ist mitzubringen).
Die berühmten Höhlentempel
von Ellora besuchte schon 1306 Aladdin;
sie sind in einen halbkreisförmigen,
2,5 km langen Abhang aus
dem Fels herausgearbeitet. Am Südende
liegen die ältesten buddhistischen
Tempel, dann folgen brahmanische,
zum Schluß Dschaintempel. Am
prächtigsten ist der dravidische Tempel
Kailasa, aus dem 8. Jahrh.; er ist
von einem 45 m breiten und 84 m
tiefen Hof umgeben, der innen 32 m
hoch ist. Vor dem Hof ist ein steinerner
Vorhang mit Riesengestalten
Schiwas und Wischnus geschmückt,
mit kleinem Eingang in der Mitte. Im
Hofe steht der Tempel, aus einem einzigen
Felsen gehauen, umgeben von
riesigen Steinbildern von Elefanten,
Löwen und Greifen.—16 Höhlentempel
liegen südl. vom Kailasa und
fast ebenso viele nördl. Unter den
buddhistischen sind wichtig: der Dherwara
(der älteste), der Vichwakarma,
der Don Tal (mit 2 Stockwerken), der
Tin Tal (mit 3 Stockwerken). Eine
der schönsten Hindutempelhöhlen ist
der Dumar Lena (46 m lang und breit).
Von diesen Tempeln führt ein Fußsteig
(1,5 km) nach den Dschaintempelhöhlen
Jagannath und Indra
Sabhas. Wer Ellora gesehen hat,
braucht weiter keine Höhlentempel
zu besuchen!
Etwa 1 km vom Ellora-Rasthaus liegt
das besuchenswerte, mit Ringmauer
umgebene Städtchen Roza oder Khuldabad
(2200 Einw.), 600 m ü. M., Hauptwallfahrtsort
für die südindischen
Mohammedaner; neben der großen Moschee
das unscheinbare Grab Aurangzebs,
des letzten bedeutenden Großmoguls
(gest. 1707), sowie die Gräber
Husan Shahs, des letzten Königs von
Golkonda, und Asaf Shahs, des Begründers
der jetzigen Dynastie von
Hyderabad. Auf dem Hin-oder Rückweg
von Ellora fahre man bis zur
Bergfeste Daulatabad, um den höchsten
Punkt der bis 180 m aus der
Hochebene aufragenden Basaltfelsen
der uralten Zitadelle zu besteigen
(Erlaubnis erteilt der Stationsvorsteher
von Daulatabad). Dann folge man
der Hauptstraße nach (25 km von
Ellora) Aurangabad (Dâk Bungalow,
gut, doch klein; 38000 Einw.), 1610
gegründet, Kaiser Aurangzebs bevorzugte
Residenz, jetzt betriebsame Handelsstadt,
im Dekhan mit prächtigem
Mausoleum der Lieblingsgattin Rabi'a
Durrani des Kaisers Aurangzeb (Nachahmung
des Taj Mahal in Agra). Außerdem
sehenswert der Pan Chakki, ein
Schrein, die große Moschee und viele
holzgeschnitzte Häuserfronten.
5) Mahim und Vehar Lake, Ausflug
von Bombay mit Auto, Vm. über
Queen's Road, dann quer durch die
Insel Bombay und den sehr schönen
*Palmenwald von Mahim in ihrer Mitte,
der den Reisenden den ersten großen
Eindruck der Tropenflora gibt; am
Wege prachtvolle hängende Gärten.
Das Dorf Mahim liegt malerisch am
Nordweststrande der Insel; dort ist
ein 1859 begründetes schottisches Waisenhaus
(Scottish Orphanage).
[S. 63]
Mahim ist auch Station der B. B. & C. I.-Eisenbahn
(14 km von Bombay). Die
Landstraße führt dann über den Sion
Causeway, einen Damm, auf die Insel
Salsette, wo etwa 27 km von Bombay
der künstlich aufgestaute See Vehar
Lake mit dem großen Wasserwerk der
Stadt Bombay; der Weg führt durch
dichte Dschungeln, die früher reich an
Tigern waren; jetzt sind diese »man
eaters« (Menschenfresser) dort seltener.
Auch andres Wild ist frühmorgens
dort zu treffen; der See ist sehr fischreich.
3 km nördl. liegt der Stausee
Tuki Lake und nochmals 3 km weiter
die 109 Höhlentempel von Kanhari
(weniger sehenswert als die von Ellora,
S. 62).
Andre Ausflüge (bei längerm
Aufenthalt sehr zu empfehlen!) nach
*Bassein (S. 64), *Matheram (S. 96),
Khandalah und Karli, Poona und
*Mahabaleshwar (S. 97).
3. Von Bombay über Jaipur, Agra, Delhi und Benares nach
Calcutta.
Vgl. die Karten bei S. 96 und 64.
Eisenbahn von Bombay nach Calcutta. 1) Bengal-Nagpur Railway, die
kürzeste Verbindung durch die südl. Zentralprovinzen, 1221 M (1965 km),
sogen. Calcutta-Mail (Schnellzug) über Bhusawal, Nagpur in 413/4 St., Fahrpreise:
I. Kl. 91 Rup. 1 anna, II. 45 Rup. 9 annas; Rückfahrkarten I. Kl.
171 Rup. 8 annas, II. Kl. 80 Rup. 8 annas, III. Kl. 15 Rup. 10 annas. Abfahrt von
Bombay, Victoria Terminus Stat. mittags, Ankunft Calcutta (Howrah) Vm.
2) Great Indian Peninsular Railway und East India Railway, 1400 M (2253 km),
sogen. Midland Route durch die nördl. Zentralprovinzen über Nasik, Jubbulpore,
Allahabad in 421/4 St.; Fahrpreise: I. Kl. 99 Rup. 1 anna; II. Kl. 45 Rup.
14 annas; III. 16 Rup. 6 annas (für Diener). Auf dieser Strecke läuft wöchentlich
ein Sonderzug (Special Train) mit Speisewagen nach Ankunft des P.
& O.-Dampfers in Bombay in 40 St., Fahrpreis 6 £ 12 sh, mit nur 32 Plätzen,
daher Anmeldung vor Ankunft in Aden nötig.
3) Bombay, Baroda and Central Indian Railway und East Indian Railway
durch Radjputana und Hindustan über Jaipur, Delhi, Lahore, Agra, Allahabad,
Benares; die Radjputana-Route kombiniert mit der East India-Route.
Es ist der beste Reiseweg für Weltreisende, zugleich die bestgeleitete Bahnlinie
Indiens; wo die Unterkunft in den auf dieser Strecke gelegenen sehenswerten
Städten zu mangelhaft ist, findet man im Stationsgebäude gute Verpflegung
und bequeme Schlafräume (zuweilen etwas lärmend) mit Bädern.
Von Bombay nach Delhi.
Vgl. die Karten bei S. 96 und 64.
Eisenbahn: Linie 3) (s. oben). Abfahrt
von Bombay von Colaba Station
(am besten, um guten Platz zu bekommen,
l. sitzen!). Schnellzug bis (849 M,
1367 km) Delhi mit Bombay Baroda
& Central Indian-Bahn in 35 St. für
I. Kl. etwa 62 Rup. 7 annas, II. Kl.
31 Rup. 4 annas, Diener 8 Rup.
Der Reisende gelangt auf dieser
Linie aus dem regenreichen, von üppiger
Tropenvegetation bedeckten
Westküstengebiet des Dekhans, das
den Regen bringenden Südwestmonsun
aus erster Hand erhält, in immer
trockenere Zonen; dementsprechend
ändert sich auch die Vegetation, die
in Radjputana schon mehr Ähnlichkeit
mit der des trockenen Vorderasien
hat, als mit der tropischen des
südl. und östl. Vorderindien. Die Temperaturverhältnisse
ändern sich im
Sommer zwischen Bombay und Delhi
nicht so sehr, als man es nach der
etwa 10 Breitengrade betragenden Entfernung
erwarten sollte; dagegen ist
der Winter in Bombay ganz bedeutend
wärmer als in Agra und Delhi (Januartemperatur
in Bombay 23,6°, in
Agra 15,6°).Die täglichen Temperaturschwankungen,
die für das körperliche
Befinden des Menschen besonders wichtig
sind, sind in Nordwestindien viel
größer als in dem beständig feucht-warmen
Bombay.
Ostindien, nördl. Teil.
[S. 64]
Die Bahn geht von Bombay nördl. längs der Back Bay mit Blick
auf Malabar Hill und die Türme des Schweigens, durchläuft die flache
Insel Bombay, Dörfer mit Kokospalmen, und kreuzt bei (10 M) Mahim
das seichte Meer zwischen den Inseln Bombay und Salsette auf
einem Damm (von hier ab vgl. die Karte S. 96). Jenseit des Dammes
(11 M) Bandra mit alten portugiesischen Kapellen, beliebtes Seebad
mit frischerem Seeklima; ein Ritt längs der Westküste der Insel von
Bombay nach Bandra ist sehr lohnend zum Kennenlernen tropischer
Natur (s. S. 42).—Die Bahn führt nun nahe längs der Westküste
der Insel Salsette nach (18 M) Goregaon, dicht am Meer;
etwa 2 km nö. vom Bahnhof liegen die Tempelhöhlen von Jogeshwar
aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrh.—(22 M) Borivli. Von der
Stat. Borivli in 1 St. (mit Tonga) über waldige Hügel nach den
interessanten Höhlen von Kanhari, 109 in Felsen gemeißelte buddhistische
Mönchszellen (jetzt verlassen).—Bei (23 M) Bhayndar
(Ghorbandar) überschreitet die Bahn auf 2 M langer Brücke den
Basseïn Creek, einen Meeresarm, der die Insel Salsette vom Festlande
trennt; jenseits liegt (29 M) Stat. Basseïn Road (Dâk Bungalow).
Von Basseïn Road mit Tonga (stets
bereit) auf Landstraße südwestl. nach
(8 km) *Basseïn (Dâk Bungalow,
Frühstückskorb mitnehmen, Unterkunft
beim Stationsvorstand schriftlich
vorausbestellen!), als starke Seefestung
1532 von den Portugiesen angelegt,
1674 von arabischen Piraten
geplündert, 1739 von den Mahratten,
1744 und 1780 von den Engländern
erobert, den Mahratten aber zurückgegeben,
wurde erst 1817 englisch.
Das Rasthaus nahe den Ruinen hat
Tische und Stühle. Man fährt durch
das mächtige Seetor (aus Teakholz,
gut erhalten) in das Fort; der Hauptweg
führt zur Kathedrale Matriz St.
Joseph mit gut erhaltenem Turm.
Mitten im Fort liegt die Zitadelle, in
ihr die älteste Kirche Indiens, Nossa
Senhora da Vida, mit sehenswertem
Kanzeldach. Im W. Hindutempel und
Tank. Zwischen Tank und Municipal
Road liegen Kirche und Hospital
Misericordia, letzteres mit herrlichen
Klosterhallen; die Kirchenfront ist
das schönste Architekturstück Basseïns.
Im Kloster pflegte der heilige
Francis Xavier während seiner Besuche
1544 und 1548 auszuruhen.
Auch das Landtor Porto da Terra ist
sehenswert. (Der Besuch der Ruinen
Basseïns wird von Kennern sehr empfohlen!)
Die Bahn berührt unbedeutende Stationen. Von (108 M) Stat.
Daman Road (Dâk Bungalow) führt eine Landstraße westl. nach
(7 M) Daman, einer 1531 begründeten, noch jetzt portugiesischen
Niederlassung, die zu Goa gehört; kleine befestigte Seehandelsstadt
an einem Flusse mit seichter Barre und schlechtem Ankerplatz für
Schiffe.—Weiter nach (115 M) Stat. Udvada mit dem ältesten parsischen
Feuertempel in Indien, dessen Feuer aus Persien vor einem
Jahrtausend (700 n. Chr.) mitgebracht wurde und seitdem brennt.
Es folgt die kleine Stadt (149 M) Navsari, Erziehungsort für parsische
Priester.—(167 M) Stat. Surat (Dâk Bungalow), Stadt mit 114116
Einw., früher als Hauptort der englischen Handelskompanie im
18. Jahrh. mit über 3/4 Mill. Einw.; viele Moscheen, Hindu-und
Parsitempel, große Basare (Intarsien, Sandelholzschnitzereien), Tierspital;
Baumwoll-und Seidenspinnereien; da der Hafen von Surat,
Siwalli, an der Tapti-Mündung eine schlechte Reede und versandete
[S. 65]
Barre hat, hat Surat seine Bedeutung als Seehandelsplatz längst
verloren.—2 M weiter überschreitet die Bahn auf langer Brücke den
Tapti.—Vor (204 M) Stat. Broach (von hier ab vgl. die Karte
bei S. 64) führt die Bahn auf einer schönen Brücke über den Nerbudda
(spr. narbadda), den 1280 km langen Hauptfluß der Zentralprovinzen,
der den Hindus nicht viel weniger heilig ist als der Ganges.
Im Spätsommer, gegen Ende der Regenzeit, ist er mächtig angeschwollen.
Die kleine Stadt Broach ist sehr alt, hat auch fünf »Türme des
Schweigens«. 16 km östl. liegt der Hindu-Pilgerort Shukaltirth.—
(248 M) Stat. Baroda (gute Bahnwirtschaft mit Schlafgelegenheit),
Stadt mit 99376 Einw., am Flüßchen Wiswamitri, Hauptstadt des
gleichnamigen Gaekwar-(Kuhhirt-)Staates, mit starker englischer
Besatzung, deren Kasernen durch einen hübschen Park von der Eingebornenstadt
getrennt sind. In dem alten Nazar Bagh-Palast liegen
viele Juwelen, auch zwei Feldgeschütze, deren Rohre aus massivem
Gold, die Lafetten aus Silber sind. Weiße Stiere als Geschützbespannung
werden nahebei gehalten.—Nw. von Baroda durchläuft
die Bahn die ebene, fruchtbare, im Winter kahle und öde, in der
Regenzeit aber grüne, parkähnliche Landschaft Guzerat, durch
die man bei Tage fahren sollte. Besonders die Baumwolle von
Guzerat ist berühmt.—Vom Bahnhof (292 M) Mehmadabad (guter
Warteraum im Bahnhof) malerischer Blick auf den Fluß; abends
und morgens spielen Affenherden dicht beim Zuge; günstiger
Jagdausflug auf schattiger Straße von Mehmadabad nach Kaira
(11 km), einer 31/2 Jahrtausende alten Stadt; die Umgegend ist
reich an Nilgai und andern Antilopen, Affen, wildem Geflügel
(Kraniche, Papageien) und Alligatoren.—Die weitere Bahnstrecke
bis nach Delhi ist überreich an schönen Gebäuden und Ruinen.
Man erreicht nun (310 M, 496 km) Stat. *Ahmedabad, eine der schönsten Städte
Indiens, berühmt durch ihre Denkmäler; man sollte wenigstens 24 St.
Aufenthalt nehmen (5 Tage genügen kaum zu gründlichem Besuch).
Bahnhof der Bombay & Baroda Railway
beim Kaloopur Gate an der östl.
Stadtmauer.—Gasthöfe: Empire Hotel,
Bhadar, Pens. 10-12 Rup., in guter
Lage; Grand Hotel, Mirzapur Road,
Pens. 7 Rup., einfacher, gelobt.—Bank:
Filiale der Bank of Bombay.—Einkäufe:
Empfehlenswerte Schnitzereien u. Einlegearbeiten.
—Wagen in den Hotels;
Droschken I. und II. Kl. nach Tarif.
Ahmedabad, Bezirkshauptstadt mit 215448 Einw. (2/3 Hindu, 1/5
Mohammedaner, viele Dschainas, d. h. Anhänger einer etwa gleichzeitig
mit dem Buddhismus entstandenen religiösen Sekte), am l.
Ufer des Sabarmatiflusses, mit alten Mauern und Türmen, ist Anfang
des 15. Jahrh. von Ahmad Schah, dem zweiten mohammedanischen
König von Guzerat, gegründet, war später zur Zeit des
Mogulreichs eine der glänzendsten Städte des westlichen Indiens
und stets berühmt durch sein Kunsthandwerk; hat bedeutendes Goldwaren-,
Seiden-und Baumwollengewerbe. Die Stadt ist reich an
schönen Denkmälern, Moscheen, Mausoleen, Dschain-und Hindutempeln
und hat echt orientalisches Gepräge; die schmutzigen Straßen
haben viele marmorne Futterstellen für Vögel, die Häuser sind
reich an Holzschnitzereien.—Bei einer Rundfahrt sind die Hauptsehenswürdigkeiten:
[S. 66]
der Hathi Sing's Tempel im Dschainstil, Prachtbau
mit reichen, kunstvollen Skulpturen (1848 erbaut) aus weißem
Marmor, von einem Vorhof mit 53 Pagodenkuppeln umgeben, auch
im Innern (Diener liefern Leinwandüberschuhe, die man aus zeremoniellen
Gründen tragen muß!) sehr sehenswert; er liegt nahe
vor dem Nordtore (Delhi Gate) der Stadt, im Grünen, von Affen
und Papageien umschwärmt. Östl. davon vor der Stadt die *Mata
Bhawani (große Zisterne).—Man fahre dann durch Delhi Gate
südl. am Manik Burj (Rubinbastei) vorbei (l.), die über dem Grundstein
der Stadt erbaut ist.—Am Platz in der Mitte der Stadt liegen
die *Gräber der Königinnen des Ahmad Schah, ein großer Bau aus
schwarzem und weißem Marmor. Gegenüber, mitten auf dem Platze,
die Hauptmoschee, *Jama Masjid, 1424 von Ahmad Schah erbaut;
Eingang von N. auf einer Freitreppe; ihre beiden Minarets wurden
im Erdbeben 16. Juni 1819 halb zerstört.—Ebenfalls ein Prachtbau
ist die *Rani Sepree's Moschee nebst Grabdenkmal der Lieblingsgattin
Mahmud Bigarah's, am Ende der Straße nahe südl. von
den Gräbern der Königinnen, dicht beim Astoria Gate, erbaut 1514.
Dicht westl. davon liegt Dastur Khan's Moschee, erbaut 1486.—
Durch das Astoriator führt ein Weg nach (2,5 km) dem *Grabmal
des Schah Alam; nahe südl. davon liegt in hübscher Umgebung
ein Wasserbehälter.—Auf der Rückfahrt besuche man östl. vom
Weg den großen *Kankariya-Teich mit prächtigen Anlagen, Marmortreppen
und Kuppeltoren, 1451 vom Sultan Kutab-ud-din erbaut.—
Am Fluß, mitten in der Westmauer der Stadt, liegt die alte Zitadelle
*Bhadr (spr. bödder), 1411 von Ahmad Schah erbaut; an ihrer
Ostseite liegt Azam Khan's Palast, jetzt Gefängnis. Sehr schön ist
das Nordtor des Bhadr; in der NO.-Ecke der Zitadellenmauer liegt
die *Sidi Said's Moschee mit reichen Pflanzenornamenten aus Marmor.
Etwa 3,5 km sw. der Stadt, jenseit
des Flusses, liegt das Prachtmausoleum
Azam and Mu'azzam Khan's
Tomb, aus dem 15. Jahrh. Derselbe
Weg führt nach (11 km) *Sarkhej,
einer prächtigen Sommerpalastruine
aus dem 15. Jahrh., vom Sultan Mahmud
Bigarah's erbaut, gut erhalten,
mit vielen prächtigen Mausoleen, Moscheen
und Palästen an einem künstlichen
Teich; selten besucht, aber sehr
sehenswert.
Ein größerer Ausflug von Ahmedabad
mit der Bahn durch die Provinz
Kathiawar über Viramgam nach (165 M)
Songad (bequeme Karawanserei); von
da mit Fahrgelegenheit, die der Deputy
Assistant Political Agent verschafft,
nach dem etwa 24 km südl. von Songad
gelegenen Wallfahrtsort *Palitana,
wo die schönsten, doch selten
besuchten Dschaintempel Indiens auf
dem *Satrunjaya (Heiliger Berg)
liegen, eine großartige Tempelstadt,
die sich über zwei Hügel und das
Tal dazwischen erstreckt. Auf Bequemlichkeit
ist unterwegs nicht zu
rechnen. Schließt man daran noch den
weitern Ausflug nach den Tempeln
von *Girnar bei der Bahnstation Junagarh
(Dâk Bungalow und staatliches
Logierhaus), so muß man 6 Tage für
den anstrengenden, aber sehr lohnenden
Ausflug rechnen.
Die Bahn kreuzt nördl. von Ahmedabad den Sabarmati (Saburmuttee)
auf einer schönen Brücke und führt dann durch reich bebaute
Gegenden des nordwestlichen Guzerat; die Dörfer haben elende
Lehmhütten. Nach Überschreiten der Nordgrenze von Guzerat wird
die Gegend wieder hügeliger.
(425 M) Abu Road Station (Bahnwirtschaft; Dâk Bungalow). Motorwagen
[S. 67]
(7 Sitze, 35 Rup., Fahrzeit 11/2 St.; ein Sitz 5 Rup., fährt nur
für mindestens 4 Personen). Ponies (4 Rup.), Rikschas, Tongas,
Ekka (41/2 Rup.) sind zu haben. Wagen 24 St. vorausbestellen!
Von hier besuche man die 30 km
nw. gelegene, 1200-1700 m hohe Berggruppe
des *Mount Abu. Sie ist der
südl. und zugleich höchste Teil des
Aravalligebirges, das in 500 km Länge
die Grenze zwischen dem nordwestl.
Dekhan und dem nordostindischen Wüsten-
und Trockengebiet bildet; seine
Hänge fangen die Regenwinde ab und
haben deshalb eine viel üppigere Vegetation
als die umgebenden Niederungen.
Es besteht aus sehr alten
Gesteinsarten und ist reich an Erzen
und Edelsteinen. Guter Weg zu Wagen
(Tonga 10 Rup., hin und zurück 18
Rup.), zum Schluß mit Rikscha oder
zu Fuß bis zum Kamm (21/2 St.). Der
Ort Mount Abu (Rajputana Hotel,
gut, Pens. 7 Rup., Platz vorausbestellen!)
in 1200 m Höhe ist vielbesuchter
Sommeraufenthalt und Sitz
der Rajputana-Regierung sowie eines
militärischen Sanatoriums. In der
Nähe liegen die berühmten, ganz aus
Marmor bestehenden *Dilwarratempel
(11. Jahrh.), Dschaintempel, viel
von Reisenden besucht (von 12 Uhr
an zu sehen), äußerst lohnend; man
benutze Rikscha mit 3 Kulis für 2 Rup.
hin und zurück; Paß zum Besuch vom
Magistrat in Mount Abu besorgt das
Hotel. Von den Dilwarratempeln gelangt
man zu Fuß in 21/2 St. oder mit
Rikscha nach Achilghar (Achalgrah-
Fort) mit hochgelegenen Tempeln mit
schöner Fernsicht.
Nach etwa 20 St. Fahrt von Ahmedabad erreicht man (615 M,
990 km) Ajmer, Adschmer (496 m ü.M.; Railway Hotel, mäßig,
vorzügliche Schlafzimmer und Restaurant im Bahnhof; Dâk Bungalow;
Club Kaisar Bagh; Bank: Alliance Bank of Simla; Droschken),
Stadt mit 86273 Einw., mit Mauer (fünf schöne Tore) umgeben, als
Handelsstadt wichtig; Bankgeschäfte für einheimische Fürsten und
Baumwollmarkt; im März große Messe »Aruss-Mela«. Aufenthalt
1-2 Tage ratsam. Hauptsehenswürdigkeit ist die Dargah, ein
Mausoleum aus dem 13. Jahrh., das Grab des mohammedanischen
Märtyrers Khwajah Muin-ud-din Chishti (genannt Chodscha-Sahib),
der allgemein als Heiliger verehrt wird; das von vielen Pilgern besuchte
Grab ist ein viereckiger Bau aus weißem Marmor mit Kuppel;
einer der beiden Eingänge hat einen silbernen Bogen. Christen
dürfen sich dem Heiligtum nur auf 20 m nähern!—Im alten Fort
ist jetzt ein Museum eingerichtet.—Der im 11. Jahrh. angelegte
künstliche See Ana Saugar ist mit Marmorbauten umgeben. Auch
die Moschee Arhai-din-ka-jhompra, um 1200 von Kutab-ud-din
aus den Trümmern eines Dschaintempels erbaut, am Hügel außerhalb
der Stadt und dicht vor dem Tore nahe der Dargah, ist sehr sehenswert.
Oberhalb von ihr vom Gipfel des
Taragarh-Hügels (1000 m; morgens
mit Sänfte oder Pony bequem in 11/2 St.
zu erreichen) hat man bei der zerfallenen
Burg prächtige *Aussicht auf
die Stadt und die weite Rajputana-Ebene.
—Umgegend und Stadt Ajmer
sind sehr malerisch und reich an seltenen
Motiven. Die alten Häuser und
Straßen sind gut gepflegt, das Straßenleben
viel bunter und »indischer« als
in Bombay.—Ausflug nach dem heiligen
Brahmanensee *Pushkar (11 km;
Dâk Bungalow) mit mehreren Tempeln,
sehr lohnend; wird im Oktober
und November von etwa 100000 Pilgern
besucht.
Seitentour nach Udaipur.
Eisenbahn von Ajmer mit der Bombay,
Baroda and Central India Railway
über (116 M) Chitorgarh nach
(185 M) Udaipur in 121/2 St. für I.
171/2, II. 73/4 Rup. (bester Zug abds
von Ajmer; man bestelle vorher beim
Stationsvorsteher von Ahmedabad oder
Ajmer durchgehenden Wagen (keine
Nachzahlung), sonst umsteigen in Chitorgarh
(Chitorgarh besuche man erst
auf der Rückfahrt).
[S. 68]
*Udaipur (620 m; guter Gasthof
mit beschränktem Raum, deshalb Vorausbestellung
zu empfehlen; Tongas
zu haben; Missionsarzt der Church
of Scotland am Orte), die wunderbar
malerische Hauptstadt des Mewarstaats
und Sitz des Maharana (Fürstentitel)
Dhiraj Sir Fateh Singh, des Hauptes
der ältesten indischen Adelsfamilie,
gegründet 1568 von dessen Vorfahren,
dem Maharana Udai Singh, hat jetzt
etwa 46000 Einw. und ist mit bastionierten
Mauern umgeben. Dr. J.
Schmittmann nennt sie eine der schönsten
Städte Indiens: »Dort verwirklichen
sich die Träume, die man in
Europa von der Pracht und dem Farbenreichtum
Indiens träumt: das bunte
Volksleben und die malerischen Marmorpaläste
findet man sonst nirgendwo
mehr«.—Sofort nach Ankunft bitte
man den englischen Residenten um
Erlaubnisschein zur Besichtigung der
Paläste, um einen Reitelefanten des
Maharanas und ein Boot zum Befahren
des Sees; alles wird kostenlos zur Verfügung
gestellt (Trinkgeld!). Nähere
Auskunft gibt der Wirt des Gasthofs.
Die Residency und die Missionshäuser
liegen westl. vom Gasthof. Die Hauptstraße
der Stadt führt vom Hathi Pol-Tor
vorbei an einem Uhrturm und an
dem großen *Jagannath-Tempel (1640
erbaut) zum *Palast des Maharanas,
der in beherrschender Lage einen
Hügel krönt. Durch das Große Tor
(Bari Pol, 1600 erbaut) gelangt man
in den Schloßhof, wo viele Elefanten
angekettet bereitstehen. Geführt von
einem Diener, durchwandert man die
vielen sehenswerten Räume des Palastes;
von einem Dachgarten *Aussicht
auf Stadt und Umgegend. Nach
S. dehnen sich die Gärten des Maharanas
aus, nördl. unter dem Palast
breitet sich ein märchenhafter See mit
kleinen Palmeninseln und Marmorkiosken
aus. Zur Kahnfahrt auf dem
See nehme man einen Nachmittag
und beobachte von einer Insel den
Sonnenuntergang.
Bei Rückfahrt gegen Mittag ab
Udaipur hat man einige Stunden Zeit,
die alte Ruinenstadt von *Chitorgarh
(Dâk Bungalow 1,5 km vom Bahnhof,
gut, auch gutes Essen; wegen Erlaubnis
zur Besichtigung des Forts und
Benutzung eines Reitelefanten schriftlich
beim Hâkim, Oberbeamten des
Ortes). Die Ruinen liegen auf einem
steil abfallenden Hügel von 150 m Höhe
(Rudyard Kipling beschreibt das Fort
in »The Naulakha« und »Letters of
Marque«). Ein breiter Zickzackweg
führt durch mehrere Tore in die Feste
hinauf. Man besteige die berühmten
beiden Dschaintürme des Ruhmes und
des Sieges; der siebenstöckige *Tower
of Fame (Sri Allat) soll 896 erbaut
sein und ist ebenso wie der 1458 bis
1468 erbaute *Tower of Victory (Jai
Stambha) ganz mit interessantesten
Skulpturen bedeckt.
Von Ajmer führt die Hauptbahnlinie (S. 67) weiter nach:
(699 M, 1125 km) Stat. Jaipur, Dschaipur, Jeypore (482 m;
Jaipur Hotel [Bes. Parse], von Deutschen gelobt, Pens. 7 Rup.;
Kaisar-i-Hind-Hotel, nahe dem Bahnhof, 1,5 km vor der Stadt, leidlich,
Pens. 6 Rup.; Wagen, Tongas, Ponies, Elefanten besorgen die
Gasthöfe), Hauptstadt des gleichnamigen Fürstentums und Residenz
des Maharadscha, eine wunderlich malerische und gesunde Stadt
mit 136491 Einw., zwischen Hügeln; viele Tempel und Moscheen,
große Bankgeschäfte, Kunstgewerbe für Export und Touristenwaren
(Einkäufe in der sehenswerten indischen Kunstgewerbeschule »School
of Art« [feste Preise] oder in den Werkstätten von Zoroaster, sonst
Vorsicht [tüchtig handeln!]: Emaillesachen, Metallvasen, Schmuckdecken,
Teller, Granaten, gelbe Topase); Teppich-, Musselin-und
Kattunwebereien. Aufenthalt 2-3 Tage ratsam, um auch Amber
(S. 69) besuchen zu können. Eine Mauer mit hohen Türmen und
sieben prächtigen Toren umgibt die Stadt. Der Maharadscha hält
eignes Militär (Musik geleitet von einem deutschen Kapellmeister);
[S. 69]
Zeughaus, Geschützgießerei.—Rundfahrt vom Hotel 1,5 km zum
Bronzetor vor der prächtigen, breiten Hauptstraße, deren Häuser,
alle in gleichem Stil, rosa bemalt sind mit weißen Ornamenten;
buntes Straßenleben, viele Tauben, interessanter Markt. Der *Palast
des Maharadscha (Erlaubnis zum Besuch besorgt das Hotel) mit
prächtigem Garten (Teich mit Krokodilen), der siebenstöckigen
Chandra Mahal, das Hauptgebäude mit dem Audienzsaal Diwan-i-Khas
aus weißem Marmor. Östl. davon die berühmte alte Sternwarte
des Radscha Jai Singh II. (der Jaipur 1728 gründete und den
Namen gab) mit seltsamen Instrumenten. Daneben der große Marstall
mit 300 Pferden (viele glasäugige und Schecken, aber nur etwa
10 besserer Klasse) und einigen Elefanten; hier auch die Zenana
(Harem).—Ein bizarrer Bau ist der Hawah Mahal (Palast der
Winde, von Jai Singh II. erbaut), dessen Front nach der Hauptstraße
liegt; Uhrturm und Zeughaus sowie eine Druckerei liegen im innern
Palasthof. Östl. vom Audienzsaal ist der von Kolonnaden umgebene
Exerzierplatz. Vor dem Haupteingang steht das Ushwari Minar
Swarga Sul, »das Himmel durchbohrende« Minaret.—An der Stadtmauer
ein schöner Park mit Tiergarten (sehr wilde Königstiger) und
in der Mitte der Prachtbau Albert Hall, ein reichhaltiges Museum
für alte und neue indische Kunst, nebst naturwissenschaftlichen
Sammlungen; es ist eins der größten Museen Indiens und wird durch
die Freigebigkeit des Maharadscha fortwährend bereichert.—Man
besuche auch das Maharaja's College, eine Schule des Maharadscha
für etwa 1500 Zöglinge aller Religionen, mit schöner Bibliothek,
sowie die School of Art, eine indische Kunstgewerbeschule.—
Dicht nö. der Stadtmauer liegen die *Gedächtnistempel (Chhatris,
Chuttries) über den Verbrennungsplätzen der Radschas; man nehme
einen Führer, da der Weg durch einen verwilderten Park (Schlangen!)
führt. Auf dem Hinweg zahllose Affenherden, die man füttern
kann (aber Vorsicht; nicht necken oder reizen). Jai Singh's Chhatri
ist der schönste.—11 km südl. von Jaipur liegt Sanganer, mit altem
Palast und Krischna-Tempel.
Ausflug nach Amber (Alt-Jaipur),
8 km von Jaipur in den Bergen
des Aravalligebirges gelegen. Erlaubnis
zum Besuch erteilt der Resident
(durch Vermittelung des Gasthofs);
Elefanten durch den Hotelwirt für 10
Rup. (doch ist das Reiten unbequem);
bis zu den Bergen fährt man im Wagen.
Der Weg ist sehr schön, er führt
zwischen Parks und Villen der Radschputen-Aristokratie,
Palastruinen (eine
mit Krokodilteich) und Kandelaberkaktusgebüschen
hindurch in 1 St. bis
zu einem freien Platz, wo man den
Wagen mit Pferden verläßt (Ochsenwagen
fahren bis Amber) und wo
event. der Elefant wartet (hier Rasthaus,
Essen vorausbestellen, Getränke
zu haben). Von hier geht (oder reitet)
man auf gutem Weg in 40 Min. bequem
bis *Amber; oben prächtige
Aussicht auf die graue Ruinenstadt
von Amber in einer Talsohle und
das helle Jaipur in der Ebene. Das
alte Schloß ist völlig verlassen, nur
einige Fakire hausen in den Ruinen;
man reitet bis zum Tor, geht dann
durch den großen Hof über Terrassen
und Gänge, sieht prächtige Marmorbauten
mit Steingitterfenstern, Kiosken,
Bädern, Gärtchen in edelstem
maurischen Stil.—Amber wurde 1728
wegen Wassermangel oder nach der
Überlieferung infolge einer Prophezeiung
von Jai Singh II. verlassen, weil
die Stadt ein Jahrtausend alt sein
sollte und er, um sein Herrscherhaus
zu erhalten, eine neue Hauptstadt
gründen müßte. In der Zenana (Harem)
von Amber hielt sich der letzte mohammedanische
Herrscher 928 Frauen,
darunter nur 28 Ranis (Königinnen);
die Fenster der Zenana sind noch
dicht vergittert.—Schon Ptolemäus
erwähnt die malerische Schönheit
von Amber; nur in Gwalior ist noch
ein indischer Palast von ähnlicher
Schönheit.
[S. 70]
Ausflug nach Gulta. Mit Wagen
durch die Stadt zum Fuß des Berges
in 3/4 St., dann 1/2 St. zu Fuß auf guter
Straße hinauf und auf der andern Seite
hinab 1/4 St. nach *Gulta; ein enges
Felsental mit 1500 Jahre alten, teils
verlassenen Hindutempeln in herrlicher
Lage in enger Schlucht mit
reizenden Tankanlagen. Zurück auf
demselben Wege; für den sehr lohnenden
ganzen Ausflug genügt ein Nachmittag.
Die Bahn von Jaipur nach Delhi durchläuft in 8 St. die einförmige
Ebene des Bangangaflusses und sodann das fruchtbare Hügelland
des Staates Alwar und berührt (792 M) Stat. Alwar (597 m; Dâk
Bungalow), Hauptstadt (56740 Einw.) eines Radscha. Königspalast
mit wertvoller Bibliothek orientalischer Manuskripte (ein »Gulistan«,
von Agha Sahib [angeblich einem Deutschen] geschrieben,
der 200000 Mk. wert sein soll!); ferner Zeughaus (reich), Marstall
mit 500 Pferden, Mausoleum des Bakhtawar Singh, ein Elefanten-Festwagen,
das Tripuliya (Grabdenkmal des Tarang Sultan, gest.
1350), mehrere Tempel. Vom Fort, 300 m über der Stadt, prachtvolle
Aussicht, man nehme zum Aufstieg eine Sänfte (chair). Tigerjagd
in der Umgebung.
Nach Überschreiten des Sabiflusses, der hier in der Trockenheit
schon versiegt, geht es nun durch die weite Jumna-Ebene bis
Delhi. Die Bahn bleibt westl. vom Kutab Minar und den Grabdenkmälern
und Ruinen südl. von Delhi, dreht nahe der Stadt nach O.
und läuft durch die nw. Stadtmauer beim Kabul Gate in den Hauptbahnhof
von (890 M, 1432 km) Delhi ein.
Delhi.
Vgl. den Plan S. 71.
Ankunft. Der Hauptbahnhof vereinigt
die Linien der Rajputana Malwa
Railway (von Jaipur), der East Indian
Railway (nach Calcutta) und der
Delhi-Umballa-Kalka Railway mit
einer Linie nach Lahore.
Gasthöfe: Hotel Cecil (Hotz, Schweizer),
Civil Lines, nahe Ludlow Castle,
in schöner, hoher Lage mitten in wohlgepflegten
Anlagen, I. Ranges, recht gelobt,
auch die Küche, Deutsch gesprochen,
Pens. von 7 Rup. an.—Maidens
Metropolitan Hotel, nördl. vom Bahnhof,
ganz gut, Pens. von 7 Rup. an.—
Grand Hotel, Civil Lines, Pens. 5 Rup.
—Woodlands Hotel, bei der St. Jameskirche,
Kashmir Gate, Pens. 5-6 Rup.
Post und Telegraph in der Querstraße
östl. vom Bahnhof.—Droschken
I. und II. Klasse nach Tarif.
Banken: Bank of Bengal.—Delhi
Bank, letztere Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—Polizei in Hamilton
Road und nw. vom Kashmir
Gate, nahe bei Ludlow Castle.—
Bungalow des Distriktsresidenten nahe
bei Kashmir Gate.—Zeitung: The Morning
Post.—Apotheke: Narain & Co.,
New Druggist's Hall.—Zwei türkische
Bäder in der Stadt.—Photograph:
Sultan Ahmad Khan, innerhalb des
Delhi Gate.—Geschäftsadressen.
Indische Kuriositäten: Imre Schweigar,
Kashmir Gate, große Auswahl von
Kunstschätzen; Jadu Kissen, am Kashmir
Gate, Photographien von Indien;
Juweliere in der Hauptstraße Chandni
Chauk (besonders Goldfiligran!);
ebenda Geschäfte für Emaille-Metallsachen,
Elfenbeinschnitzereien (Rughnat
Das, Kinari Basar) und-malereien,
Seidenstickereien, gestickte Schuhe,
Kleider, Decken u. dgl.—Klub: Delhi
Club im Ludlow Castle.
[S. 71]
Zeiteinteilung. 1. Tag: Vm. Besuch
des Forts und Königspalastes, der
Moscheen Jama Masjid und Kalan
Masjid; Nm. Rundfahrt in der Stadt,
Basare in der Hauptstraße Chandni
Chauk.—2. Tag: Frühzeitig Wagenfahrt
nach Firozabad (Asokasäule) und
Indrapat, dann zum Mausoleum Humayun's
und andern Grabdenkmälern;
von da zum Kutab Minar (Essen vorausbestellen!).
Rückfahrt Nm. über Jai
Singhs Sternwarte. Wagen zum Kutab
und zurück 12-16 Rup. den Tag.
Plan von Delhi.
Geschichtliches. Delhi nimmt geschichtlich
den ersten Rang unter den
Städten Indiens ein; als Indraprastha
(griech. Indabara) kommt es schon
im »Mahȧbhârata«, dem altindischen
Heldengedicht, vor. Der Name stammt
von einem Fürsten Dilu, der im 1. Jahrh.
v. Chr. 10 km stromabwärts einen
Burgbau aufführte. Unter einheimischen
Fürsten verwüstet, wurde Delhi
1011 n. Chr. von dem Ghasnawidensultan
Mahmud erobert und mußte
1052 durch Anang Pal II. neu bevölkert
werden. 1193 eroberte Kutab ed-din
Eibek, Feldherr des Ghoriden Moizz
ed-din, die Stadt. Kutab als Statthalter
machte sich 1206 als Beherrscher
Hindustans unabhängig und begründete
damit die »Sklaven«-Dynastie
(1206-90), die in ihrer Hauptstadt
Delhi großen Glanz entfaltete.
1290 folgten die tatarischen Dynastien
Khildschi und Tughlak, bis 1398 der
Mongole Timur Delhi eroberte und
niederbrannte. Als die Stadt sich
wieder erholt hatte, kam sie 1451
unter die afghanische Dynastie des
Bahlul Lodhi; diese stürzte 1526 ein
Nachkomme Timurs, Baber, der sich
zum Großmogul erklärte. 1739 plünderte
Nadir Schah von Persien die
Stadt. 1803 wurde Delhi an die Engländer
abgetreten. Im Mai 1857 versuchten
die Sepoys (eingeborne Truppen)
die Herrschaft der Briten abzuwerfen
und ermordeten die Europäer;
aber 20. Sept. 1857 wurde die Stadt
von den englischen Truppen gestürmt
und der letzte Scheingroßmogul nach
Rangoon verbannt. 1911 wurde anläßlich
der Krönung König Georgs V. zum
Kaiser von Indien bestimmt, daß der
Regierungssitz des indischen Kaiserreichs
von Calcutta nach Delhi verlegt
werde.
[S. 72]
Delhi (252 m), Hauptstadt der britischen Division der Provinz
Punjab, demnächst Hauptstadt des indischen Kaiserreichs, mit 232859
Einw. (zur Hälfte Hindu, etwa 80000 Mohammedaner), liegt inmitten
der steppenartigen Jumna-Ebene, die nur in der Regenzeit mit frischem
Grün überzogen ist, am rechten, hohen und aufgemauerten Ufer des
schiffbaren Flusses Jumna (Dschamna) und ist rings mit einer hohen
und starken Stadtmauer umgeben (mit Graben und Glacis). Die
schmutzige, enge SW.-Hälfte ist die Eingebornenstadt; in der andern
Hälfte liegen prächtige Bauwerke, darunter im Fort der alte Königspalast
(s. unten). Wegen seiner vielen Moscheen und Tempel wird
Delhi das »Rom Asiens« genannt. Eine aus der Blütezeit Delhis stammende
Wasserleitung wurde von der englischen Regierung wiederhergestellt.
Delhi besitzt viele Schulen, Druckereien und Zeitungen.
Die Industrie ist nicht bedeutend; berühmt sind die Gold-und
Silberarbeiten, Musselin-und Schalweberei und die Schnitzerei. Die
Bedeutung von Delhi beruht gegenwärtig auf der Größe des Handels
(Indigo, Baumwolle, Seide, Korn, Ölsaaten, Metalle, Salz, Hörner,
Häute, Tabak, Zucker, Öle, Gold-und Silberwaren). Die Umgebung
ist meilenweit bedeckt mit den Ruinen des alten Delhi oder
Indrapat, zwischen denen wieder eine Reihe von Dörfern entstanden
ist. Unter den vielen zerstörten Palästen, Moscheen und Grabmälern
ist am berühmtesten der (14 km südl.) Kutab Minar (S. 74).
Rundgang. Das stark befestigte Fort mit dem alten *Königspalast,
1632 von Schah Jahan aus gewaltigen Mauern von rotem
Sandstein erbaut, liegt auf einer Anhöhe über dem Flußufer an der
Ostseite der Stadt (Besichtigung erlaubt), Haupteingang von der
Hauptstraße Chandni Chauk (Silver Street) durch das gewaltige Lahore
Gate; ein Arkadengang führt geradeaus in die Musikhalle Nakkar
Khana (Pl. 1), dahinter die öffentliche Audienzhalle Diwan-i-Am (Pl. 2),
mit Marmorthronsockel an der Rückwand (den juwelengeschmückten
Pfauenthron, der hier oder im Diwan-i-Khas stand, raubte 1739
Schah Nadir, er steht jetzt in Teheran); nun nach l. durch Quergebäude
in die private Audienzhalle *Diwan-i-Khas (Pl. 3), eine offene
Marmorhalle von seltenster innerer Schönheit und Pracht, mit vier
vergoldeten Marmorkuppeln und Mosaiken, deren Edelsteine leider
längst geraubt sind (mit der persischen Inschrift: »Und gibt es ein
Eden der Wonne auf Erden—— Du findest es hier! und nur hier
kann's Dir werden!«). R. von der Halle liegt der Saman Burj (Jasminturm,
Pl. 4) mit märchenhaften Frauengemächern und der Rang
Mahal (Pl. 5), eine gemalte Halle. Nördl., also l. vom Diwan-i-Khas,
prächtige Marmorbäder (Akab Baths, Pl. 6) und westl. daneben die
kleine, aber feine *Perlmoschee (Moti-Masjid, Pl. 7) aus weißem und
grauem Marmor mit Bronzetor und drei Kuppeln, erbaut um 1660
von Aurangzeb, benannt nach jetzt gestohlenen Perlmuttereinlagen.
Dazwischen reizende Anlagen mit Marmorterrassen. Jetzt ist der
Palast teilweise in Kasernen verwandelt; seit 1904 wird auf Betreiben
[S. 73]
des damaligen Vizekönigs Lord Curzon (der die schöne Decke im
Diwan-i-Khas herstellen ließ) für Erhaltung und Ausbesserung der
Meisterwerke indischer und mohammedanischer Architektur von
einer ständigen Kommission gesorgt. Statt der frühern Sorglosigkeit
ist strenge Aufsicht eingeführt. Ein kleines Museum im Fort enthält
besonders Miniaturmalereien der Schule von Delhi unter den
Großmoguln. Ausgang durch das sehenswerte Delhi Gate am Südende.
—Über die Torbrücke führt ein Fußweg zur Elgin Road,
die man kreuzt, um geradeaus durch Khas Road auf den Platz zu
gelangen, wo die großartige Jama Masjid (Dschama Masdschid),
die größte Moschee der Erde, steht. Sie erhebt sich auf einem 9,5 m
hohen, 140 m breiten und langen Viereck von roten Sandsteinquadern
und ist aus weißem Marmor erbaut, der mosaikartig mit rotem
Sandstein abwechselt. Den Haupteingang bildet eine prächtige Freitreppe,
die Decke drei weiße Marmorkuppeln mit schwarzen Streifen,
an jedem Ende der Front ein 45,6 m hohes Minaret (oben prächtiger
*Rundblick). Besuch der Moschee am besten Freitag mittags, wo
Tausende von Mohammedanern den Platz füllen, um zu beten und
die Vorlesung aus dem Koran anzuhören.—Nun südl. nach der
Schwarzen Moschee, Kalan Masjid, 1386 vom Firoz Schah Tughlak
im Stil der ursprünglichen arabischen Moschee erbaut, nahe dem
Turkuman Gate.—Zurück denselben Weg und am Dschaintempel
(Jain Temple) nw. von Jama Masjid vorbei zur Hauptstraße Chandni
Chauk (Silver Street), die vom Lahore Gate des Forts fast 2 km
bis zum Lahore Gate der Stadtmauer westl. läuft und mit den besten
indischen Kunstgewerbeläden besetzt ist; an ihrem Westende die
Fatehpuri-Moschee (1650 aus rotem Sandstein erbaut). In der Mitte
der Chandni Chauk ein Springbrunnen, dabei die Sonahri Masjid
oder Goldene Moschee mit drei Goldkuppeln; östl. und r. davon der
Moti-Basar.—Dann östl. weiter und durch die nächste Querstraße
l. nach dem prächtigen Queen's Garden mit steinernem Elefanten
(aus Gwalior 1645 vom Großmogul Schah Jahan hierher geschafft).
An der Nordseite des Queen's Gardens läuft die Queen's Road am
Bahnhof vorbei; man folge ihr östl. bis zur ersten Querstraße l.,
in der Post und Telegraph liegen; dann l. in die Hamilton Road,
hier r. die Bibliothek, l. das Polizeiamt.
Umgebung: 1) Fahrt nach Alt-Delhi
(Firozabad). Die Trümmer der alten
riesigen Millionenstadt reichen fast
30 km südl. vom jetzigen Delhi; man
fahre aus dem südl. Stadttore Delhi
Gate südl. am Gefängnis und Irrenhaus
vorbei; etwa 4 Min. östl. liegt
das alte dreistöckige Fort Firozabad
(Kotila genannt); auf seinem Dach
steht die *Lat- oder Asoka-Säule, ein
Monolith aus rotem Sandstein, 13 m
hoch, mit Inschriften, wovon die zunächst
sichtbaren, in etwa 3 m Höhe,
im Nagri-Dialekt aus dem Jahre 1524,
darüber aber das wichtige Edikt von
Asoka, um 255 v. Chr., in den ältesten
bisher in Indien bekannten Schriftzeichen
abgefaßt sind. Weiter sö.
(3 km südl. vom Delhi Gate) die alte
Feste Purana Kila (Indrapat) mit Tor;
innen die stilvolle Kila Kona-Moschee
(1541 erbaut).—Etwa 1,5 km südlicher
das prachtvolle *Mausoleum des
Großmoguls Humayun in einem wohlgepflegten
Park; Humayun, Sohn Babers,
des Erneuerers der Dynastie
Timurs auf dem Thron von Delhi,
starb infolge Sturzes von der Treppe
in Purana Kila 1556; sein Mausoleum
ist eins der prächtigsten Indiens, in
ihm sind 150 Mitglieder der Familie der
Großmoguln beerdigt.
[S. 74]
—Nun westl.
zum Grabmal des heiligen Nizam-ud-din
Aulia, einem Säulenprachtbau mit
großer Kuppel; man steige aus und
gehe durch die Säulenhalle Chausath
Khambe, in deren Umgebung noch
viele stimmungsvolle Grabdenkmäler
liegen, darunter westl. vom Chausath
Khambe das Grab des Dichters Amir
Khusrau (der Papagei von Hindustan),
gest. 1315; nahebei das Grab der frommen
Jahanara, Tochter des Schah
Jahan (gest. 1681). Auch das Mausoleum
Safdar Jangs, etwa 1,5 km westl.,
ist sehenswert. Dann Rückweg auf
der Hauptstraße nach Delhi, an der
3 km südl. vom Ajmer Gate r. (östl.)
Jai Singh's Sternwarte liegt (1724 erbaut).
Man tut gut, den Ausflug nach
Alt-Delhi in Abschnitte (s. die Zeiteinteilung,
S. 71) zu teilen wegen der
vielen Sehenswürdigkeiten.
2) Fahrt zum *Kutab Minar, der
größten Sehenswürdigkeit Delhis, etwa
17 km südl. vom Ajmer Gate; beansprucht
frühen Aufbruch, dauert
etwa 4 St. (Dâk Bungalow, mit gutem
Essen, vorhanden, man bestelle aber
voraus; während der Reisezeit ist für
Essen und Getränke genügend gesorgt,
doch für größere Gesellschaften auch
dann Vorausbestellung ratsam. Ein
etwa 1/2 km vom Gasthaus entferntes
Mausoleum ist als Dâk Bungalow für
höhere englische Beamte eingerichtet;
Reisende mit besondern Empfehlungen
können auf Wunsch Erlaubnis zum
Übernachten erhalten, um am nächsten
Tag die alte Festung Tughlakabad
(8 km; s. weiter unten) zu besuchen.
Man fährt durch das Ajmer Gate an
der Sternwarte Jay Singh's und dem
Mausoleum von Safdar Jang (s. oben)
vorbei; weiterhin liegt r. vom Wege
(3,5 km nördl. von Kutab) der große
verfallene Wasserbehälter Hauz Khas
(vom Sultan Ala ud-din Khiliji 1293
erbaut) und südl. davon eine Gelehrtenschule
und das Grabmal von Firoz
Schah.—Das *Kutab Minar ist ein
Riesenminaret (»Polarstern«-Minaret)
von 76 m Höhe, 14,5 m unterm und 3 m
oberm Durchmesser mit fünf äußern
Galerien; 375 Stufen führen zur Turmspitze,
von der prächtige *Aussicht auf
die Trümmer von Alt-Delhi und über
die weite Punjab-Ebene. Neben dem
Minaret steht die teilweise verfallene
Moschee Kuwat-ul-Islam (Bau 1191
begonnen), einst ein Prachtwerk ersten
Ranges, im Innern eine Säule aus
massivem Schmiedeeisen von 7 m
Höhe und 40 cm Durchmesser mit
Sanskritinschrift aus dem 3. Jahrh.
n. Chr.; vor der NW.-Ecke der Moschee
das älteste bekannte indische
Grabmal des Altamsh (gest. 1236). Sö.
vom Kutab Minar liegt das Tor Alai
Darwazah, daneben das Grabmal des
Imam Zamin und nördl. von dem großen
Ala ud-din-Hof, der, mit Resten
von Säulengängen umschlossen, die
ganze Anlage quadratisch einfaßt,
liegt der dicke, runde, niedrige Turm
Alai Minar (etwa 1312 erbaut).—Etwa
8 km östl. vom Kutab Minar liegt
die alte Festung *Tughlakabad und
südl. daneben das schöne Grabmal des
Tughlak.
Fortsetzung der Bahnfahrt nach Calcutta (s. S. 82).
1. Seitentour: Delhi-Umballa-Simla.
219 M (352 km) Eisenbahn, in etwa 12 St. etwa für I. Kl. 37 Rup., II. Kl.
20 Rup.—Von Delhi nach Umballa zwei Linien: Die westliche kürzere
über Panipat bleibt auf dem rechten Jumna-Ufer, die östliche macht einen
Umweg über Meerut.
Man benutze den Schnellzug über (54 M) Panipat; der östlichste
Teil des Punjab, den man hier durchfährt, wird von vielen kleinern,
aus den Vorbergen des Himalaja kommenden Flüssen durchströmt,
die sich später in der Tharwüste verlieren. Die Landschaft
bleibt flach bis (123 M) Umballa (Ambala), Cantonment
Station, Knotenpunkt mehrerer Bahnlinien (Umballa City und Civil
Station liegen 9 km westl.), Distriktshauptstadt von 80082 Einw.
(1/2 Hindu, 3/8 Mohammedaner); Lumley's Hotel, nahe dem Bahnhof,
Pens. 4 Rup. Droschken zu haben. Bank: Alliance Bank of
Simla. Viele englische Läden, Kirchen, Krankenhäuser. Hier umsteigen
[S. 75]
in den Simla-(Kalka-)Zug, wenn man in einem Lahore-Zug
fährt.—Das Land steigt allmählich und trägt gegen den Himalaja
hin mit der Zunahme der Seehöhe und damit auch der Niederschlagshöhe
immer reichere Vegetation.—(162 M) Kalka (730 m; Dâk
Bungalow; Lowries Hotel, daneben PT), der Endpunkt der Hauptbahn,
liegt schon in den Vorhöhen des Himalaja. Von hier führt
eine Bergbahn in 7 St. hinauf nach
(219 M) Simla (2159 m; Hotel Cecil [Hotz, Schweizer], I. Ranges,
Deutsch gesprochen, vorzüglich, Pens. von 7 Rup. an; Grand [Peliti's]
Hotel, gut; Lowries Hotel, ähnliche Preise; Longwood Hotel, Pens.
6 Rup.; Elysium; Metropole, Pens. von 6 Rup. an; die Preise sind
hoch; Banken: Alliance Bank, Delhi & London Bank Ltd., Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft; Klubs; PT bei der Union Church;
Zeitung: Simla News; Photographen: Hotz (Deutscher), Bourne &
Shepherds; europäische Schneider-und Modegeschäfte etc. vorhanden).
Berühmter Himalaja-Luftkurort, Distriktshauptstadt mit 15000
(im Sommer 30000) Einw., europäisch gebauten Häusern, Palast
des Vizekönigs etc. Simla ist eine großstädtisch angelegte europäische
Sommerfrische, seit 1864 Sommerhauptstadt Indiens, in der
der Vizekönig mit allen Regierungsbehörden sechs Monate jährlich
den Amtssitz hat (im Winter in Delhi); es bietet jede Bequemlichkeit
für verwöhnte Europäer auch für längern Aufenthalt; Konzerte,
Theater, Bälle; Bibliothek, Schulen, auch katholische Schule
und Kapelle; Sanatorien und Krankenhäuser. Mittlere Jahrestemperatur
12,8° C (Juni 19,4°, Januar 3,8°; die Jahrestemperatur
von Simla entspricht also etwa der der französischen Riviera; doch
sind die jährlichen und auch die täglichen Temperaturschwankungen
geringer als dort. Darjeeling ist im Sommer nicht unbeträchtlich
kühler als Simla). Die Regierungsgebäude liegen auf einem Bergrücken
2180-2450 m ü. M., weit verstreut inmitten des prachtvollen
Pflanzenwuchses der subtropischen Bergwaldregion des Himalaja;
Laub-und Nadelbäume, besonders prächtige Libanonzedern und
Rosen (die noch im November blühen!). Prächtige Fernblicke auf
die schneebedeckten Bergriesen des Himalaja. (Man lese Rudyard
Kiplings »Under the deodars«.)
Die unvergleichliche Naturschönheit
Simlas erkennt man erst voll,
wenn man Fußmärsche in die Umgegend
macht; einer der beschwerlichsten,
aber lohnendsten führt nach
Sultanpur (etwa 88 km in der Luftlinie
nördl. Simla, Weg dahin etwa
200 km mit 11 Bungalows-Zwischenplätzen),
dort guter Bungalow mit Verpflegung.
Sultanpur, die alte Hauptstadt
des Sultanats von Kullu, das
schon großenteils Hochgebirgscharakter
trägt, liegt im Kullutale; Jagdgelegenheit
auf Fasanen und andres
Wild, in den höhern Bergen auch auf
Bären und Steinböcke.
2. Seitentour: Delhi-Umballa-Amritsar-Lahore-Peshawar.
627 M (999 km) Eisenbahn von Delhi nach Peshawar in 30 St. für I. Kl.
36 Rup., II. Kl. 18 Rup.
Von Delhi nach (123 M) Umballa, s. oben. Die Weiterfahrt mit
der North Western Railway führt durch einen großen Teil des östl.
Punjab; von den fünf Flüssen, nach denen es genannt ist, überschreitet
man den Sutlej und seinen Nebenfluß Bias. Die Landschaft
[S. 76]
ist einförmig und mit Ausnahme der Regenzeit dürr, staubig und
kahl; Dattelpalmen und Pappeln machen sich am meisten bemerklich.
(278 M) Amritsar (Bahnwirtschaft, leidlich; Hotel Cambridge
[deutsche Besitzerin], Pens. 8 Rup., leidlich; Hotel Amritsar und
andre dürftige, weshalb man Amritsar besser von Lahore aus besucht
[11/2 St. Bahnfahrt] oder den Frühzug von Delhi benutzt und
mittags nach Lahore weiterfährt), interessante Stadt mit 152866 Einw.
(1/2 Mohammedaner, 3/8 Hindu, 1/8 Sikh; schöne Bevölkerung), in
flacher, ungesunder Gegend, aber die reichste und wichtigste Handelsstadt
des Punjab (die Delhi & London Bank Ltd. und die National
Bank of India Ltd. sind Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft,
die letztere auch der Deutschen Bank) und für den Handel mit
Kaschmir, Hauptmarkt für Teppiche und Kaschmirschals (man kauft
auch in Amritsar Stickereien etc. zu billigern Preisen als sonstwo
in Indien, doch muß man tüchtig handeln!); zugleich religiöse und
einst auch politische Hauptstadt der Sikh, der durch kriegerischen
Geist ausgezeichneten Anhänger einer um 1500 entstandenen religiösen
Sekte, deren Lehren zwischen denen des Brahmanismus und
des Mohammedanismus zu vermitteln streben; als Volk bilden die
Sikh keine Einheit, da sie zum Teil dem Volksstamme der Dschat,
zum Teil den Hindu angehören. Das heilige Buch der Sikh, der
Granth-Sahib, ist Mittelpunkt des Gottesdienstes und wird deshalb
in dem großen *Goldenen Tempel Darbar-Sahib fortlaufend vorgelesen.
Der Tempel liegt in der Mitte der Stadt, am »Teich der
Unsterblichkeit« (= Amritsar), mit vergoldeter Kuppel und vier
silbernen Türen (Eintritt für Fremde nur in Überziehschuhen durch
die Nordtür) sowie schönem Glockenturm. Priester schenken Blumenketten
oder Pfauenfedern oder Zuckersaft und erhalten dafür 1 Rupie;
zum Dienst am Heiligtum sind mehr als 500 Priester angestellt.
Jeder Sikh badet im Teiche. An der Südseite des Teiches liegt der
weniger sehenswerte Darbargarten mit Fruchtbäumen und kleinen
Pavillons; am Südende der malerische Turm Baba-Atal über dem
Grabe des Sohnes des Apostels (Guru) Govind Singh erbaut; die
Fakire im Garten werden 7 Uhr abends von den Priestern gefüttert.—
In der Stadt besichtige man die weltbekannte Teppich-und Kaschmirschalfabrik
von Chamba Mal und Devi Sarai und den Kaisar Bagh,
eine moderne Karawanserei, reich an Volkstypen aus Mittel-und
Ostasien.
Ausflug von Amritsar nö. mit der
»Amritsar Pathankot Railway« bis
(67 M, 108 km) Pathankot (Bahnwirtschaft;
Dâk Bungalow), am Gebirgsfuße;
von da mit Tonga (15 Rup., ein
Platz 7 Rup.) bis (34 M) Danera (Übernachten
im Dâk Bungalow), dann mit
Pony (5 Rup.) oder Dooly (9 Rup.) nach
(22 M, 35 km) Dalhousie (Strawberry
Bank Hotel; Springfield Hotel; Bull's
Head Hotel), reizender Sommerfrische
mit Sanatorium im Waldgebirge, 2350 m
ü. M., mit ähnlichen Klima-u. Vegetationsverhältnissen
wie Simla. Lohnender
Ausflug nach (19 km) Chamba (Dâk
Bungalow) in prächtiger Landschaft.
Von Amritsar südwestwärts weiter nach dem Bahnknotenpunkt
(349 M) Lahore (254 m; Bahnwirtschaft, gut; Nedous Hotel,
Pens. 7-8 Rup., gut, sehr erweitert, gegenüber Lawrence Gardens,
3,5 km vom Bahnhof, 1,5 km von der Altstadt; Faletti's Hotel
[S. 77]
Cecil, Pens. von 7 Rup. an, gelobt, neu;—Banken: Bank of Bengal;
Alliance Bank of Simla etc.—Klubs;—Droschken nach Tarif;—
Zeitungen: »Tribune«, »Civil and Military Gazette«; Photographen:
Craddock; Burke; Jadukishan; mindestens 2 Tage Aufenthalt zu
empfehlen), Hauptstadt der Provinz Punjab, nahe dem Raji, dem
dritten Fünfstromlandfluß, mit dem östl. gelegenen Garnisonsort
Meean Meer, 228318 Einw. (120000 Mohammedaner, 70000 Hindu,
7000 Sikh, 5600 Christen), im April 1905 von einem schweren Erdbeben
heimgesucht. Wie Amritsar durch die Sikhs, so hat Lahore
durch die Herrschaft der mohammedanischen Mogulkaiser (turktatarischen
Stammes) seinen Charakter aufgeprägt erhalten. Die Altstadt
mit engen Straßen von Mauern umgeben, mit vielen Moscheen,
Karawansereien, Pagoden, Märkten; in der NW.-Ecke der Stadt
die Zitadelle (Fort; Besichtigung nur mit Paß, vom Deputy Commissioner
zu bekommen) mit Werkstätten, an deren Ostende der
Akbar-Palast liegt; im Fort die Perlmoschee (Moti Masjid), daneben
der Spiegelpalast Shish Mahal (vom Schah Jahan und Aurangzeb
erbaut); östl. davon ein kleiner Sikh-Tempel. Mitten in der Westmauer
liegt der weiße Marmorpavillon *Nau Lakha. Im Zeughaus
alte indische Waffen, auch Kamelgeschütze und merkwürdige Revolverkanonen.
Neben dem Turme von Shish Mahal stand im Großmogulpalast
noch ein größerer, der Saman Burj. Nun östl. zum
Diwan-i-Khas (Marmorsäulenhalle), jetzt als Kirche benutzt; östl.
davon der Hindupavillon Akbari Mahal (jetzt Apotheke) und der
rote Sandsteinbau an der Nordmauer Khwabgha-i-Kalan. Mitten im
Fort der Diwan-i-Am (jetzt Kaserne), östl. davon ein Hospital.—Die
Bank of Bengal und die National Bank of India Ltd. sind Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft, letztere auch der Deutschen Bank.
Rundfahrt. Vom Bahnhof durch die europäische Villenstadt
sö. von der Eingebornenstadt durch Empress Road über Charing
Cross, vorbei am Government House (früher Mausoleum des Muhammed
Kasim Khan, Vetter des Kaisers Akbar); dann westl. durch
Upper Mall Road zum Lawrence Garden, Botanischem Garten mit
Raubtierhaus; l. bleibt Lawrence Hall und Montgomery Hall mit
Porträtsammlung; dann r. am Punjab Club und an der Kathedrale
vorbei (in deren Nähe das Telegraphenamt); dann l. am Postamt
und den *Museen (Punjabsammlungen verschiedener Art, besonders
die reichhaltigste Sammlung von »Gandharaskulpturen«, etwa 2400
Nummern) nach den Anarkali Gardens; hier ein lange als christliche
Kirche benutztes Grabmal der Anarkali (»Granatblüte«), Favoritin
des Kaisers Akbar, von ihm lebendig eingemauert, weil sein Sohn
Salim sie liebte; Salim (der spätere Kaiser Jahangir, dessen Lieblingsresidenz
Lahore war) erbaute 1615 das Mausoleum. Sehr interessant
ist der Anarkali-Basar.—Dann nördl. an den Regierungsgebäuden,
Schulen, Krankenhäusern und dem protestantischen
Kirchhof vorbei über die Schiffbrücke des Raviflusses nach (9 km)
Shah-Dara. Man kreuzt die Bahn und sieht l. einen Kuppelbau, das
Grab des Asaf Khan; dann r. in einen Park mit prächtigem Marmorpflaster
zum *Grabmal des Kaisers Jahangir, einem Quadratbau mit
vier 30 m hohen Minarets in den Ecken, aus weißem Marmor und
[S. 78]
rotem Sandstein 1627 erbaut; man beachte die Feinheit der Steinskulptur
der weißen Marmoreinfassung des Grabmals. Rückfahrt
durch das Westtor der Stadt über die Esplanade nach dem Fort
(s. oben).—Sehenswerte Moscheen sind die von Wazir Khan (mit sehr
schöner Kachelfassade), die Goldene Moschee Sonahri Masjid und
die Hauptmoschee Jama (oder Badshahi) Masjid. In der englischen
Niederlassung ist ein Schwimmbad. Die Umgebung von Lahore ist
durch vom Ravi abgezweigte Kanäle bewässert.
Ausflug von Lahore nach den Shalimar
Gardens (4 km onö. vom Hauptbahnhof)
auf der »Grand Trunk Road«,
l. (3 km) das Tor des Rosengartens
Gulabi Bagh (von Sultan Beg, Admiral
des Schahs Jahan, erbaut) und gegenüber,
1 km sö. von der Straße, das
Grabmal des Baumeisters Ali Mardan
Khan (der 1637 für Schah Jahan die
Shalimar-Gärten anlegte). Die einst
weltberühmten, leider verfallenen
*Gärten von Shalimar haben drei
Terrassen mit 450 Fontänen. In ihrer
Umgebung, besonders südl. der Straße,
liegen noch andre, teilweise ebenfalls
sehenswerte Gärten.
Die Fahrt mit der North Western Railway von Lahore nach Peshawar
(288 M in 171/2 St.) berührt (391 M von Delhi) Gujranwala,
Geburtsort Randjit Singhs (geb. 2. Nov. 1780, Maharadscha, genannt
»Löwe des Punjab«).—Bei (452 M) Jhelum (Dschilam) überschreitet
die Bahn den vierten der Punjabflüsse und tritt bald
darauf aus dem Tiefland in das Mittelgebirgsland, das sich in etwa
500 m durchschnittlicher Seehöhe hier in großer Breite dem Himalaja
vorlegt. Man sieht im N. die bis 4730 m hohen Schneegipfel
Kaschmirs.—(523 M) Rawal Pindi (520 m; Flashman's Hotel,
gut, Pens. 8 Rup.; Limetree Hotel, am Bahnhof; Imperial Hotel,
Havelock Road, Pens. 8 Rup.; Rawal Pindi Hotel; Mellors Hotel
u.a. Droschken nach Tarif; Banken: Alliance Bank, Commercial Bank
of India), eine junge Stadt mit 86248 Einw. (1/2 Mohammedaner), starke
Festung und größte Militärstation des nördl. Indiens (6 Regimenter
und 5 Batterien), liegt am r. Sohanufer; Handel mit Kaschmir.
Von Rawal Pindi nach Srinagar in
Kaschmir.
195 M = 314 km; einer der besten
Zugänge nach Kaschmir, in 3 Tagen
auf guter Landstraße zurückzulegen;
dreisitzige Tonga 124 Rup., ein Sitz
48 Rup. (geliefert von der Firma
Dhaujibhoy & Son, Hin-und Rückfahrt
228 Rup.); die Posttonga fährt nachts
nicht; Ekkas für Diener und Gepäck
22 Rup. Die Reise ist für mindestens
8tägigen Aufenthalt in Kaschmir
sehr lohnend, aber sehr anstrengend;
die Tonga ist ein zweiräderiger, niedriger
Karren mit drei Sitzen, Gepäck
kann wenig mitbefördert werden. Man
muß 3 Tage lang je 10 St. mit 1/2 St.
Mittagspause in schlecht gefedertem,
unbequemem Wagen, der fast nur im
Galopp fährt, mit häufigem Pferdewechsel,
sich zusammenrütteln lassen.
Der starke Staub verursacht leicht
Augenentzündung. Im Winter ist die
Fahrt der Kälte wegen nicht ratsam.
Man kann auch in bequemern Landauern
fahren, die aber sehr teuer
sind und 4 Tage brauchen. Die Dâk
Bungalows unterwegs sind meist gut,
haben aber nur leere Bettgestelle,
also Reisebettzeug mitnehmen! Ausflüge
von Srinagar in das Alpenland
erfordern Zelt, Feldküche, Ponies zum
Reiten und Gepäcktragen; diese Ausrüstung
wie auch Träger können in
Srinagar durch Cockburn's Agency beschafft
werden (am besten vorher briefliche
Abmachungen).
Man fährt über (37 M) Murree
(2300 m; Powell's Hotel; Rowbury's
Hot.), einen Höhenluftkurort mit europäischer
Temperatur, mit Sanatorien
und Kasernen, hinter denen sich
2700 m hohe Berggipfel erheben; im
Sommer sind viele britische Truppen
hier in der Sommerfrische.
[S. 79]
Dann Abstieg
in das tief eingeschnittene, enge
Durchbruchstal des Jhelum (Dschilam)
nach (64 M) Kohala (guter Dâk Bungalow);
von hier talaufwärts (das Tal ist
im Sommer so heiß, daß Dattelpalmen
gedeihen, und man am besten frühmorgens
oder abends fährt; im April
und Mai prächtige Schneegebirgslandschaft)
über eine Hängebrücke (Zoll!)
über (75 M) Dulai (guter Dâk Bungalow)
nach (85 M) Domel (guter Dâk
Bungalow), wo das Tal eine scharfe
Biegung nach SW. macht, aber immer
noch eng bleibt, über (99 M) Garhi
(guter Dâk Bungalow) und (108 M)
Hatti in wild-schöner Landschaft nach
(1191/2 M) Chagoti (Dâk Bungalow über
der Drehbrücke); dann folgt (133 M)
Uri (guter Dâk Bungalow) und (146 M)
Rampur (Dâk Bungalow), von da ebene
Straße nach (162 M, 261 km) Baramula
(guter Dâk Bungalow), kleinem Ort
am untern Ende des weiten Hochgebirgsbeckens
von Kaschmir, das einst
von einem großen See eingenommen
war; hier mieten Reisende, die längere
Zeit in Kaschmir bleiben wollen,
ein Hausboot (Preis je nach Größe
und Einrichtung mit Bootsleuten 30-150
Rup. monatlich) zu schönen Ausflügen
auf dem großen Wularsee und
nach Srinagar. Von Baramula fährt
man in 3 St. mit Wagen (Hausboot
braucht dazu einen Tag) nach
(195 M, 314 km) Srinagar (1600 m),
d. h. heilige Stadt, auch Suradjnagar
oder Kaschmir genannt, Stadt mit
126358 Einw. (5/6 Mohammedaner),
Sommerresidenz des Maharadscha von
Kaschmir und Jammu, im prachtvollen
Kaschmirtal am Jhelumfluß
gelegen. Unterkunft: Dâk Bungalow;
Nedou's Hotel, sehr gut; viele
Besucher leben in Hausbooten oder
Zelten; beste Zeltplätze im Chenar
Bagh für Junggesellen, im Munshi
Bagh und Ram Bagh am r. Flußufer
nahe der englischen Kirche; ferner
am Dal-Den im Nasim Bagh. Der
Agent des Maharadscha gibt Auskunft
für Reisende über Unterkunft, Preise,
Kulis etc.; Cockburn's Agency besorgt
Boote, Zelte und jede andre
Ausrüstung; englische Ärzte in den
Missionen und beim Residenten, wo
man auch amtliche Vorschriften für
das Reisen im Lande erhält. Bank:
Punjab Bank. Leihbibliothek vorhanden.
Photographen: Millais;
Jadu Kishan.—Die Stadt hat enge,
oft übelriechende Straßen mit Holzhäusern,
darin eine prächtige, aus Zedernholz
mit reichen Schnitzereien hergestellte
Hauptmoschee (Jama Masjid).
Man besteige zunächst den Hügel
*Takht-i-Suleiman (300 m über der
Stadt), auf dem ein Tempel steht; eine
gerade Pappelallee führt hinauf, oben
prachtvoller Blick auf das »Glückliche
Tal«. Auch der Aufstieg auf den 76 m
hohen Festungsberg Hari Parbat im
N. der Stadt ist sehr lohnend. Bootsfahrt
auf dem malerischen Dal (City
Lake) nö. der Stadt, vorbei an den
schwimmenden Gärten (man lese Thomas
Moore: »Light of the Harem« und
»Lallah Rookh«) nach Nishat Bagh am
Ostufer, dann nach dem vom Schah
Jahangir erbauten Lustschloß Shalimar
Bagh in der NO.-Ecke des Sees mit
Reiherstand, von da zum »Garten des
Segens« Nasim Bagh am NW.-Ufer
und zurück am Dorfe Hazrat Bal vorbei,
am Westufer nach S. durch den
Kanal unterhalb Hari Parbat und den
Nasim Bagh-Kanal nach dem Dal Gate.
—Ausflug von Srinagar auf verschiedenen
Wegen, zuerst mit Boot,
dann zu Wagen nach (ca. 26 km) Gulmarg
(Schatten der Rosen), in einem
Tage, einer kühlen, etwas feuchten
Sommerfrische (Nedou's Hotel, gut; Besucher
wohnen auch in Holzhütten
oder Zelten), 2590 m ü. M., mit Ausblick
auf den 8120 m hohen Nanga-Parbat.
Die Eisenbahn führt von Rawal Pindi weiter, zuletzt hinab in das
hier breite Industal und bei (581 M) Attock, nahe der Vereinigungsstelle
des Kabulflusses mit dem Indus (Stat. Attock Bridge, Dâk Bungalow),
über den 200 m breiten Indus auf einer fünfbogigen Gitterbrücke.
Das starke Fort Attock beherrscht den Zugang zu Vorderindien
von NW. her; alle Eroberer Indiens, so Alexander d. Gr. 326 v. Chr.,
Timur 1397, Schah Nadir 1738 u. a., drangen durch das Kabultal
und über Attock ein, daher ist die kleine Festung noch jetzt strategisch
[S. 80]
wichtig. Die Bahn bleibt nun in der Ebene des Kabulflusses,
passiert Peshawar, die Hauptstadt der neuen nordwestlichen Grenzprovinz
und Sitz eines High Commissioner, in ungesunder Lage, mit
ziemlich extremen Temperaturverhältnissen (Juni 32,9°, Januar 9,8°,
gelegentlich kommen Fröste vor), 97392 Einw. (3/4 Mohammedaner),
engen, gewundenen Gassen, vielen Basaren für den wichtigen Durchfuhrhandel
von Kabul, Buchara und Zentralasien, dem alten Palast
Bala-Hissar, mit vielen Moscheen und den Resten einer berühmten
mohammedan. Akademie. Im Museum reiche archäologische Funde:
»Gandharaskulpturen« aus der Umgegend, besonders aus Sari Bohlol,
40 km nö. von Peshawar.—3,5 km westl. liegt der Endpunkt der
Bahn, (627 M, 999 km) Peshawar Cantonment Station (Dâk Bungalow;
Flashman's Hotel, Pens. 7 Rup., nahe dem Bahnhof; Droschken
nach Tarif; Bank Punjab Banking Co.—Geschäfte für mittelasiatische
Waren in der Stadt: Safdar Ali; Haji Rahman); in öder
Ebene das an die Stadt gelehnte englische Truppenlager (über 20000
Mann), Stützpunkt für Unternehmungen gegen Afghanistan. Peshawar
verdient trotz mangelhafter Unterkunft mehrtägigen Aufenthalt
schon wegen des Ausflugs zum Khaiberpaß, dessen Besuch
leider seit 1910 auf einen Wochentag beschränkt ist.
Ausflug nach dem *Khaiberpaß, der
südl. des unzugänglichen Durchbruchs
des Kabulflusses den Safed Kuh, das
Grenzgebirge zwischen Afghanistan
und Indien, überschreitet und die Verbindung
zwischen Afghanistan und der
indischen Nordwestprovinz herstellt.
Zu seinem Besuch ist eine Erlaubnis
des »Political Officer in charge« in Peshawar nötig. Ausflug zu Wagen
(14 Rup.) 5 St. hin und zurück, interessant
sowohl landschaftlich wie wegen
des regen Karawanentreibens. Man
fährt auf guter Straße bis zum (17 km)
Fort Jamrud (501 m; Dâk Bungalow),
am Ostende des Passes, mit starker englischer
Besatzung. Der nach Afghanistan
führende Khaiberpaß zieht 53 km
lang in Windungen bis 1011 m Höhe
über das Gebirge; er ist nur Dienstags
und Freitags für Karawanen geöffnet,
wird dann vom Afridi-Stamm (Khaiber
Rifles) bewacht, die auch die befestigten
Posten (26 km) Ali Musjid (730 m)
und Landi Kotal (520 m) besetzt halten.
In Ali Musjid, wo die englischen Befestigungen
gegen Afghanistan beginnen,
muß man leider umkehren. Die
Fahrt des deutschen Kronprinzen bis
Landi Kotal war eine besondere Höflichkeit.
Neuerdings dürfen sogar englische
Offiziere nur mit ausdrücklicher
Erlaubnis des Oberkommandierenden
(zurzeit General James Wilcocks) bis
Landi Kotal reisen. Die wilde, malerische
Landschaft des Passes ist sehr
sehenswert.—Eine Eisenbahn von
Peshawar bis Landi Kotal ist im Bau.
3. Seitentour: Lahore—Karachi.
Eisenbahn: North Western Railway
von Lahore über Mooltan und Hyderabad
(Sindh) nach (784 M) Karachi,
Schnellzug in 24 St. für I. Kl. 58 Rup.
6 annas, II. Kl. 29 Rup.
Die »Industalbahn« führt durchweg
durch Gebiete, die viel mehr
vorderasiatischen als indischen Charakter
tragen. Die beiden großen
Landschaften, die sie durchfährt, das
Punjab und das Sindh, sind wirtschaftlich
geeint durch den Indusstrom,
klimatisch einander ähnlich als
Trockengebiete, die nur spärliche und
unregelmäßige Regen empfangen und
großenteils geradezu wüstenhaft sind.
Die von O. her ziemlich nahe an das
untere Industal herantretende Wüste
Thar soll streckenweise die Sahara an
Öde und vollkommener Vegetationslosigkeit
übertreffen. Der Indus hat
für das Sindh eine ähnliche kulturelle
Bedeutung wie der Nil für Unterägypten,
aber es bestehen doch gewisse
schwerwiegende Unterschiede:
[S. 81]
während die alljährliche Anschwellung
des Nils, die auf der Regenzeit
in Innerafrika beruht, regelmäßig und
ruhig verläuft, nimmt die des Indus
nicht selten dadurch stürmischen Charakter
an, daß sich der normalen Sommerflut,
die durch die Schneeschmelze
im obern Einzugsgebiet des Stromes
erzeugt wird und im Unterlauf ihren
Höhepunkt im Juli erreicht, noch
Regenwasserwellen aufsetzen, die auf
den Sommerregen im Punjab beruhen.
Dadurch ist der Mensch gezwungen
worden, den Strom in Dämme einzuschließen.
Die befruchtende und
befeuchtende Wirkung der Indusfluten
kann daher nur durch Vermittelung
von Kanälen erfolgen, die zahlreich
vom Strome abgezweigt sind. Sie ermöglichen,
daß ein etwa 20 km breiter
Kulturstreifen den Indus begleiten
kann. Ähnlich liegen die Verhältnisse
längs der Punjabströme, doch sind
hier die Kulturstreifen nicht so breit,
und die Hochwasserbetten sind durch
breite Kies-und Schotterflächen bezeichnet.
Die Erträgnisse dieser Kulturstreifen,
in denen die Dattelpalme
vielfach der auffallendste Baum ist,
wie das Kamel das häufigste Nutztier,
wo Akazien, Pappeln, Tamarisken und
andre Gewächse trockner Zonen gehölzbildend
auftreten, sind mannigfaltig:
Baumwolle, Ölsaaten, Zucker,
Indigo, namentlich aber Weizen, dessen
Anbau in neuerer Zeit rasch zugenommen
und das Aufblühen von
Karachi, das als Ausfuhrhafen dient,
verursacht hat. Als Verkehrsstraße
hat der Indus trotz seines geringen
Gefälles im Unterlaufe nur wenig Bedeutung,
weil die Arme des Deltas, mit
dem er mündet, für Schiffe unbenutzbar
sind; denn auch darin ist der Indus
gegen den Nil benachteiligt, daß er
nicht wie letzterer in ein ruhiges Meer,
sondern in ein solches mit lebhafter
Gezeitenbewegung mündet. Durch die
Flut werden die massenhaften Sinkstoffe
immer wieder flußaufwärts getragen
und verschlämmen die Mündungen.
Die Dampfschiffahrt reicht daher
nur von Tatta am Hauptmündungsarm
bis Mooltan am Jilam. Den Hauptverkehr
vermittelt die Industalbahn.
Von Lahore (S. 76) führt die Bahn über (116 M) Harapa, einen
kleinen Ort, wo Alexander d. Gr. einen Sieg erfocht, nach der sehr
alten Stadt (207 M) Mooltan (Erfrischungs-und Warteraum, Dâk
Bungalow) mit alten Grabdenkmälern, 85708 Einw., meist Mohammedaner;
wichtiger Stapelplatz für die an Bodenerzeugnissen
reiche Umgebung. Ein Stück südl. davon passiert die Bahn das
alte Bett des Biasflusses, der jetzt weit oben in den Sutlej mündet,
früher aber diesem parallel in den Jilam floß. Weiter auf der
(270 M) Adamwahanbrücke von 1287 m Länge über den Sutlejfluß
nach (272 M) Bahawalpur (Dâk Bungalow), Hauptstadt eines Eingebornenstaates
mit 15000 Einw. (4/5 Mohammedaner), mit sehenswertem
Palast des Nawab. Bei (488 M) Rohri zweigt die Bahnlinie
nach Belutschistan und Afghanistan ab; Rohri liegt malerisch am
l. Ufer des Indus auf felsiger Höhe, die 4-5 stöckigen Häuser haben
flache Dächer mit Geländern; die große Moschee (Jama Masjid) ist
ein schöner roter Ziegelbau, die drei Kuppeln mit Porzellanziegeln
gedeckt. Bei Rohri sind die großen Bewässerungsschleusen des
Eastern Nara-Kanals.
(674 M) Hyderabad (Sindh), Haidarabad (guter Dâk Bungalow
im Cantonment; Brind's Hotel; Bank of Bengal; Droschken nach
Tarif), Distriktshauptstadt der Provinz Sindh der Präsidentschaft
Bombay, am Beginn des Indusdeltas gelegen, mit 75964 Einw.
(Hindus und Mohammedanern), 6 km östl. vom Indus, wahrscheinlich
von Alexander d. Gr. gegründet, hat Industrie in Seidenstickereien,
Juwelier-und Lacksachen. Sehenswürdigkeiten sind das
alte, sehr unregelmäßig geformte Fort mit dem alten Palast Mir
[S. 82]
Nasir Khans, jetzt Absteigequartier hoher britischer Offiziere; vom
Fort über dem Torweg interessanter Ausblick auf den Basar mit
buntem Völkergemisch. Auf dem Nordende des Hügels der Stadt
sind die Grabmäler der Kalhoras-und Talpura-Fürstengeschlechter.
Die Bahn kreuzt nun den Indus und führt nach
(784 M) Karachi (mehrere Bahnhöfe; wer nicht sofort an Bord
des Dampfers muß, steige Station Frere Street, auch Cantonment
Station genannt, aus).
Gasthöfe: Paul's Hotel, dicht bei
Frere Street Station, gut;—The Devon
Villa Hotel, gut.
Banken: National Bank of India;
Bank of Bombay etc.
Klubs: Sindh Club; Gymkhana, Ladies
Club; Golf Club.
Zeitung: »Sindh Gazette.«
Konsulate: Deutsches Reich: Konsul
A. Thöle; Österreich-Ungarn: Konsul
W. U. Nicholas, Vizekonsul K. S.
Anderson.
Dampfer: Österreichischer Lloyd (Anderson
& Co., Tel.-Adr.: »Lloydiano«),
monatlich nach Triest in 20 Tagen;
Dampfschiffahrts-Gesellschaft Hansa
(Bremen); British India Steam Nav.
Co. (Mackinnon, Mackenzie & Co.),
wöchentl. nach Europa und Bombay
sowie nach dem Persischen Golf;
Messageries Maritimes (H. Curjel Bombay
Co.), monatl. nach Marseille; außerdem
noch andre britische Linien.
Geschäfte: Sadar Bazaar, gut.
Karachi (Kurrachee, Karatschi), Distriktshauptstadt der Provinz
Sindh, mit 159270 Einw., am äußersten Nordwestende des Indusdeltas
(nahe dem Fuße des Pabgebirges, des Grenzgebirges gegen Belutschistan,
gelegen), ist trotz seiner Entlegenheit zum größten Teile
Indiens und trotz seines steter Versandungsgefahr durch die Sinkstoffe
des Indus unterliegenden Hafens der drittgrößte Seehafen
Indiens geworden (1910 liefen 525 Schiffe mit 758000 Reg.-Ton. ein),
weil es unter der Herrschaft der Engländer (seit 1842) als Hauptausfuhrhafen
des Punjabs dient; Einfuhr von Eisenbahnmaterial,
Stückgütern, Metallen, getrockneten und gesalzenen Fischen etc.;
Ausfuhr von Baumwolle, Weizen, Wolle, Ölsaat, Häuten, Apothekerwaren,
Pferden. Die Stadt hat Handelskammer, Baumwollpressen,
Eisenwerke, Schiffswerft mit Trockendock, Kohlenlager. Der Seehafen
ist durch Wellenbrecher geschützt und mit modernen Kaianlagen,
Ladebrücken etc. gut versehen. Die vorgelagerte Halbinsel
Manora ist durch mehrere Küstenforts verteidigt. Die Eingebornenstadt
nahe am Hafen ist eng gebaut und stark bevölkert; der europäische
Stadtteil weiter aufwärts am Layarifluß macht einen ganz
modernen Eindruck, weitläufig und regelmäßig angelegt, mit vielen
schönen Gebäuden, darunter die Frere Hall mit Bibliothek, Ball-und
Versammlungssälen. Sehenswürdigkeiten enthält die Stadt
nicht, doch wird sie infolge ihrer Handelsbedeutung besucht.
B. Von Delhi nach Agra.
Eisenbahn: East Indian Railway
von Delhi über Aligarh nach Agra in
6 St. für I. Kl. etwa 11, II. Kl. 6 Rup.;
—Great Indian Peninsula Railway
(»Agra-Delhi Cord Line«) über Muttra
in 41/2 St. (Speisewagen).
Die Great Indian P. R. ist die direkte
Linie; sie hält sich in der Nähe
des r. Jumna-Ufers, an dem sowohl
Delhi wie Agra liegen. Die East Indian
R. beschreibt einen Bogen durch
das Gebiet zwischen Jumna und Ganges
und überschreitet zweimal die
Jumna. Sie durchfährt in ihrer ganzen
Erstreckung die »Vereinigten Provinzen« (Agra und Audh), während die
Great Indian zunächst den Südostzipfel
des Punjabs durchläuft.
[S. 83]
Obgleich
das Land mit Hilfe der Kanäle,
die seit 100 Jahren namentlich
in dem zwischen dem Ganges und der
Jumna gelegenen Gebiete angelegt
worden sind, reich angebaut ist, macht
sich die Trockenheit des Klimas in
den der Regenzeit unmittelbar vorhergehenden
Monaten (Februar bis Mai)
durch große Dürre und Staubplage
recht bemerkbar.
Von Delhi (S. 70) führt die East Indian Railway zunächst nach
(78 M) Aligarh (Kellner's Refreshment and Sleeping Rooms, am
Bahnhof, bequem für kurzen Aufenthalt, auch Schlafgelegenheit;
guter Dâk Bungalow), Distriktshauptstadt und sehr alte Festung, die
die Stadt Koil schützt; mit dieser zusammen 63715 Einw. (2/3 Hindu,
1/3 Mohammedaner), Sitz des Anglo-Oriental College zur Erziehung
vornehmer Mohammedaner. Anfang Februar hier eine sehenswerte
Messe. Beim dritten Meilensteine (5 km) südl. von Aligarh an der
Straße ein riesiger heiliger Banyanfeigenbaum (Ficus religiosa), und
in dessen Nähe ein Malteserkreuz zur Erinnerung an einen Überfall
englischer Truppen während des Aufstandes 1857.—Bei (127 M)
Tundla Junction (Bahnwirtsch.) muß man event. in den Zug nach
Agra umsteigen, der in entgegengesetzter Richtung auf einer andern
Linie noch 24 km westl. bis Agra läuft. Dicht vor Agra führt die
Bahn auf großartiger vierbogiger Brücke über den Jumna-Fluß.
Fährt man mit der Great Indian Peninsula Railway, so empfiehlt sich
der Besuch von (89 M) Muttra oder Mathura (Dâk Bungalow), uralter Stadt
(schon Ptolemäus bekannt) von 60000 Einw., am r. Jumna-Ufer. Muttra wurde
1017 vom Afghanenfürsten Mahmud seiner kostbarsten Tempelschätze beraubt,
ist noch heute mit der kleinern, 10 km stromauf an der Jumna gelegenen
Stadt Brindaban (einem hochheiligen Wallfahrtsort der Hindus)
einer der Hauptsitze der Brahmanen, mit zahlreichen Tempeln, in denen
der Krischnakult gepflegt wird. Bootfahrt auf der Jumna, wo morgens
Tausende vor den Tempeln baden (ein kleines Benares).
(142 M, 228 km) Agra (204 m), Ankunft Fort Station oder (über
Muttra) auf Cantonment (Road) Station, 10 Min. von den Gasthöfen.
Gasthöfe: Hotel Cecil (Hotz, Schweizer),
I. Ranges, Deutsch gesprochen,
sehr gelobt, Pens. von 8 Rup. an.—
Laurie's Great Northern Hotel (20 Min.
sw. vom Bahnhof), Pens. 7 Rup.—
Metropole.—Savoy, Pens. 6 Rup.—Guter
Dâk Bungalow nahe dem Postamt
am Drummond Road.—Speiseräume
im Bahnhof.—Droschken nach Tarif.—
Post u. Tel. nahe beieinander, 2,5 km
südl. vom Bahnhof.—Polizeiämter 1 km
nw. vom Bahnhof.—Geschäftsadressen:
Bank of Bengal, Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Teppichfabrik
Otto Weylandt (deutscher
Besitzer), nahe Ftimad-ud-daulah.—
Schals, Gold-und Silberstickereien:
Ganeshi Lall & Sons, Johari-Basar.—
Seifenstein und Marmormosaik: Nathoo
Ram, gegenüber Agra College.—Miniaturmaler:
Badri Pershad.—Photograph:
Priya Lal.
Zeiteinteilung. 1. Tag: Vm. Fort,
Nm. Fahrt nach Sikandarah, abds. nach
Dinner *Taj Mahal (bei Mondschein);
—2. Tag: Vm. Taj Mahal (bei Sonnenaufgang),
dann Fahrt zum Ftimad-ud-daulah-Grab,
zu Weylandt (Teppichfabrik)
und Chinika-Roza-Grab, Nm.
2 Uhr mit Auto (Pers. 10 Rup.) in
1 St. nach Fatehpur-Sikri;—3. Tag:
Nochmals Fort und Stadt.
Geschichtliches. Unter dem Lodhikönig
Nizam Iskander (1488-1517)
ward Agra, damals noch ein Dorf,
Residenz; 1526 wurde es von Baber,
dem Begründer des mohammedanischen
Reiches der Großmoguln, genommen,
der es jedoch wieder an die
Afghanen verlor. Erst Akbar besetzte
es 1559 dauernd und machte es zur
Hauptstadt. Schah Jahan I. (1632-56)
errichtete die Prachtbauten.
[S. 84]
Aber schon
Aurangzeb (1656-1706) verlegte die Residenz nach Delhi, und nach seinem
Tode wurde die Stadt von den Dschat,
Persern, Afghanen etc. verwüstet, bis
die Ostindische Kompanie sie den Mahratten
nahm. Während des Sepoyaufstandes
im Juli 1857 wurden die Engländer
im Fort belagert, aber am 10.
Okt. vom Oberst Greathed entsetzt.
Plan von Agra.
Agra, Hauptstadt der Division Agra, hat mit der Garnison 182419
Einw. (2/3 Hindu, 1/3 Mohammedaner, einige tausend Christen),
starke Industrie in Schuhen, Pfeifen, Goldtressen und schönen
Mosaikarbeiten sowie lebhaften Handel mit baumwollenen und feinen
wollenen handgeknüpften Teppichen (die Fabrik des Deutschen,
Herrn Otto Weylandt, ist sehr sehenswert) und bearbeiteten Steinen.
Agra besitzt vier Colleges und ist Sitz der obersten Divisionsbehörden.
—Die Stadt liegt in dem großen Bogen, den die schiffbare Jumna
(Dschamna) hier nach O. macht; in der Tiefe des Bogens das Fort, südl.
davon die Kasernen und nw. die Regierungsgebäude, dazwischen die
besser als in andern indischen Städten gebauten Eingebornenviertel.
Agra ist reich an Prachtbauten im reinsten maurischen Stil, die auf
die Zeit zurückgehen (Mitte des 17. Jahrh.), da die Stadt die Residenz
[S. 85]
der mohammedanischen Großmoguln (turktatarischen Stammes, mit
persischer Umgangssprache) war.
Rundgang: Das *Fort (zweimaliger Besuch von je 21/2-31/2 St.
sehr lohnend, es ist das schönste und mannigfaltigste seiner Art in
Indien), aus rotem Sandstein etwa 1568 von Akbar begonnen, von
seinem Sohn Jahangir fortgesetzt (die meisten Bauten stammen vom
Schah Jahan, dem kunstsinnigen Enkel des großen Kaisers), berührt
mit dem Nordturm das rechte Jumna-Ufer; seine Mauern sind fast
21 m hoch; sein »Water Gate« (Pl. 2) ist geschlossen, Haupteingang
von NW. durch das Delhi Gate (Pl. 1); außerdem am Südende das
Amar Singh Gate (Pl. 3). Innerhalb des Delhi Gate ist noch ein
zweites Tor, Elephant Gate oder Hathi Pol. Geradeaus geht man
über den Mina-Basar zur *Perlmoschee (Moti Masjid, Pl. 4), der schönste
weiße Marmorbau mit drei Kuppeln und prächtiger Vorhalle, in
deren Mitte ein Marmorbecken.—R. von der Moschee der große
Zeughausplatz, vor dessen Ostseite die große öffentliche Audienzhalle
Diwan-i-Am (Pl. 5), mit Thronstufen in der Mitte. Einige Stufen
führen nun in den großen Palast Schah Jahans (Pl. 6), der aus
vielen prächtigen Einzelbauten von weißem Marmor besteht; zunächst
vorbei am Machhi Bhawan zur kleinen dreikuppeligen »Edelsteinmoschee« (Naginah Masjid), für die Königinnen bestimmt; darunter
lag ein Basar, wo die Hofdamen Einkäufe machten. Oberhalb nach
dem Fluß auf offener Terrasse ein schwarzer Thron; südl. davon die
Hausmoschee des Kaisers (Mina Masjid) und weiterhin die wunderbar
schöne Privataudienzhalle Diwan-i-Khas mit Ausblick auf den
Fluß und die Gärten (1637 erbaut). Im kleinsten Marmorsaal wurde
der von seinem Sohn Aurangzeb entthronte Jahan 7 Jahre gefangen
gehalten, gepflegt von seiner Tochter Jahanara; Jahan starb im
kleinen Pavillon (mit schönen Fenstern), die Augen nach dem Taj
Mahal (s. unten) gerichtet. Eine Treppe führt zum Saman Burj,
eigentlich Jesamine (Yâsmin) Burj (Jasminturm, Wohnung der
Favoritsultanin), mit Springbrunnen in einem schönen Pavillon;
südl. daneben der »Goldene Pavillon« mit vergoldetem Dach und
Frauengemächern; westl. von diesen Pavillons lagen die Marmorbäder
der Prinzessinnen; von da durch den Weingarten (Anguri
Bagh) gelangt man zu dem Shish Mahal (Spiegelpalast) in der NO.-Ecke
des Gartens. Der alte, sehr sehenswerte, aus rotem Sandstein
erbaute Jahangir Mahal (oder Akbar-Palast) am Südende der übrigen
Bauten ist gut erneuert und hat prächtige Sandsteinornamente.—
Nahe vor dem Delhi Gate nw. jenseit der Bahn liegt die Hauptmoschee
(Jama Masjid), erbaut 1644 vom Schah Jahan zu Ehren
seiner Tochter Jahanara; nördl. davon die Kalan Masjid, älteste
Moschee in Agra.—Von da fahre man über die Eisenbahnbrücke
nach dem prachtvollen *Mausoleum von Ptimad-ud-daulah, einem
reichgeschmückten weißen Marmorbau mit Mittelkuppel und vier
Ecktürmen mitten in herrlichem Park; es enthält sieben Gräber,
in der Mitte das des Wesirs Ghiyas Beg, Schwiegervaters Schah
Jahangirs und Vaters der Nur Jahan.—Die Hauptsehenswürdigkeit
Agras (etwa 3 km sö. von den Gasthöfen) ist der **Taj Mahal
(kurz Tadsch oder Tadschmahal = Kronpalast, eigentlich Taj bibi
[S. 86]
ka Roza = Grab der Kronendame), »ein Traum in Marmor«, am r.
Ufer der Jumna; es ist das aus weißem Marmor ausgeführte und
auf einer 18 m hohen Plattform ruhende Mausoleum Schah Jahans
(regierte 1628-58) und seiner Lieblingsgattin Mumtaz-i-Mahal (Stolz
des Palastes, gest. 1629), mit weithin sichtbarer Kuppel von 18,8 m
Durchmesser, woran 20000 Arbeiter 22 Jahre unter Leitung des
Baumeisters Austin von Bordeaux gearbeitet haben sollen. Der Taj
ist vielleicht das schönste und stimmungsvollste Denkmal ganz Indiens
und gilt für edler als die Alhambra und andre berühmte maurische
Bauten. Im Innern, umschlossen von einem zart in Marmor ausgeführten
Gitterwerk, stehen zwei Kenotaphe, die wie die Wände
reich mit Blumen aus kostbaren Steinen und mit anmutigen Ornamenten
geschmückt sind. Umgeben ist das Gebäude von einem
prachtvollen Garten, in dem herrliche Zypressen und ein langes,
geradliniges Wasserbecken mit vielen Springbrunnen liegen. Der
Eingang zum Taj ist durch das Taj Ganj Gate, das zu dem prächtigen
großen *Torweg (Great Gateway) des Gartenhofs führt (mit 26
Marmorkuppeln!); außerhalb eine schöne Karawanserei und andre
Gebäude aus rotem Sandstein. Es ist dringend zu empfehlen, den
Taj mehrmals, und womöglich einmal bei Mondschein, zu besuchen.
NB. Die Hotels wissen die Zeiten, wann der Taj bis Mitternacht
geöffnet bleibt! Im Mausoleum beten und bringen Blumen zu den
Sarkophagen Vertreter aller Religionen Indiens, Hindus, Buddhisten,
Mohammedaner und Parsi.
Ausflüge: 1) Nach Sikandarah, mit
Wagen in 3/4 St. Man fährt durch
die Eingebornenstadt, vorbei am Central
Jail (Hauptgefängnis; Besichtigung
der Teppichwebereien der Gefangenen
empfehlenswert, man schicke
seine Karte dem Inspektor), dann
etwa 6 km nw. Der Weg führt an
vielen Gräbern vorbei; in Sikandarah
liegt das Mausoleum Begum Miriam,
der angeblich christlichen Frau Maria
des Kaisers Akbar, ein zweistöckiger
roter, zurzeit recht verwahrloster Sandsteinbau;
im Unterstock 40 Kammern,
im Oberstock ein weißer Marmorkenotaph.
Ein prachtvolles Tor aus rotem
Sandstein, mit Einlagen von weißem
Marmor führt zum *Grabe Akbars; von
den Minarets zu Seiten des Tores
schöne Aussicht bis nach Fatehpur-Sikri.
Ein breiter Weg führt zum Mausoleum,
einem vierstöckigen Pyramidenbau,
die untern drei Stockwerke
von rotem Sandstein, das oberste aus
weißem Marmor; auf der Plattform
steht der weiße Marmorkenotaph genau
über der Stelle, wo unten im
Kellergeschoß sein Sarkophag, umgeben
von andern Gräbern, steht.
Am Nordende des *Kenotaphs eine
1 m hohe *Marmorsäule, auf der lange
Zeit der berühmte Diamant »Koh-i-Nur« lag, bis ihn der persische Eroberer
Nadir Schah raubte (jetzt gehört
er zum britischen Kronschatz).—
In einem modernen Hause in Sikandarah
befindet sich ein Waisenhaus.
Man tut besser, Sikandarah früher als
den Taj zu besuchen.
2) Westwärts nach (38 km) *Fatehpur-Sikri
(Dâk Bungalow, neu und
groß, mit guter Verpflegung, für längern
Aufenthalt eingerichtet; für kurzen
Aufenthalt Frühstückskorb vom Hotel
mitnehmen!) mit Wagen (25 Rup. in
31/2 St.) oder Automobil (45 Rup., einzelne
Sitze bei Fahrten, die das Hotel
unternimmt, 10 Rup., in 1 St.) auf
guter, schattiger Landstraße, von Akbar
d. Gr. angelegt, wie die alte verlassene
Residenzstadt selbst, deren
Paläste noch sehr gut erhalten sind.
Durch das Agra-Tor einfahrend, sieht
man r. von der Straße die alte Münze,
gegenüber die Schatzkammer, dann
fährt man in den Kaiserpalast hinein,
vor den Diwan-i-Am; l. liegen die
Räume der Sultana und daneben der
Dâk Bungalow (wo man auf Wunsch
meistens auch einen Führer erhält);
gegenüber sind türkische Bäder.
[S. 87]
In der
NO.-Ecke des Palastes ist das Haus
der türkischen Königin; am Nordende
des Hofs eine schöne Privataudienzhalle
Diwan-i-Khas, südl. davon der
Panch Mahal (ein »Damenheim« oder
Zenana) und sw. von diesem das kleine
Haus der Miriam (Akbars angeblich
christlicher Gattin, einer Prinzessin
von Jaipur) mit Garten und Bad; westl.
davon das geschmackvolle Birbal's
Haus. Ferner sind zu erwähnen der
Turm Harem (Hiran) Minar, mit steinernen
Elefantenzähnen geziert, über
den Gräbern des kaiserlichen Lieblingselefanten,
und die Grabmoschee
(weißer Marmor in rotem Sandstein)
des heil. *Salim Chistis in der Nähe
des großen Siegestors und dieses selbst.
3) Südwärts nach *Gwalior; von
Agra Road Station mit der Indian
Midland Railway durch steiniges, hügeliges
Gebiet, die nördl. Ausläufer des
Malwaplateaus, das schon zum Dekhan
gerechnet werden muß, über (35 M)
Dholpur und 6 km weiter südl. über
eine schöne Brücke aus rotem Sandstein
über den Fluß Chambal (Chumbul)
nach
(76 M, 122 km) *Gwalior (161 m;
Gwalior Hotel [von einem Parsen geführt],
außerdem staatliches Fremdenhaus
Musafir Khana, in dem Unterkunft
nur bei Empfehlung und Vorausbestellung
zu haben ist. Reitelefanten
durch Hotelmanager zu bestellen, Bakschisch
an den Führer. Droschken,
mäßig, zu haben [im Notfall Sänfte
nehmen]), Hauptstadt des Vasallenstaats
der Mahratten, hat mit der neuen
Garnisonstadt Lashkar 89154 Einw.
(5/6 Hindu, 1/6 Mohammedaner), liegt
in einer Flußebene zwischen den Ausläufern
des Malwaplateaus und hat
schmutzige Häuser. Vor den Toren
der alten Stadt steht die schöne Hauptmoschee
Jama Masjid; in der Stadt
der prachtvolle *Palast des Maharadschah
(einer der schönsten in Indien)
sowie mehrere Dschaintempel.
Die berühmte *Festung Gwalior erhebt
sich auf einem 110 m hohen
senkrechten Sandsteinfelsen (oben
1900 m lang und 600 m breit) an
der Westseite der Stadt; sie ist noch
jetzt eine der stärksten Indiens. Am
NO.-Ende die sechstürmige Zitadelle.
Im Innern der Festung sind Acker
und Wasserbecken, für 15000 Mann
Besatzung ausreichend. Wahrscheinlich
wurde sie 275 n. Chr. gegründet
von Suraj Sen, der den Sonnentempel
baute; jahrhundertelang war die Feste
Herrschersitz, viel bestürmt und selten
erobert. Englische Truppen nahmen
die Festung 1803, 1844 und 1858; 1886
wurde sie an den Maharadschah übergeben.
Zum Besuch der Feste ist keine
Erlaubnis erforderlich, man schreibt
sich ins Fremdenbuch am Eingang ein;
der Leiter (»Keeper«) des Fremdenhauses
(Musafir Khana) sorgt für Bereitstellung
des Elefanten, falls der Maharadschah
geneigt ist, solchen für Besucher
zur Verfügung zu stellen. Vom
Fremdenhaus fährt man bis zum Fuße
der Feste, dort wartet dann der Elefant
für den steilen Aufstieg. Ein steiler Weg
führt durch folgende sechs Tore in die
Feste: Alamgiri Gate (das nördlichste
Tor, 1660 erbaut), *Badalgarh (oder
Hindola) Gate, ein schöner Hindubau;
r. steht dicht unter dem Felsen der
Festung der Gujari Mahal, Schloß der
Königin von Man Sing, schon sehr
verfallen; Bhairon (oder Bansur) Gate,
1485 erbaut; dann das Ganesh Gate
mit dem Taubenhaus (Kabutarkhana)
davor und einem Hindutempel daneben;
nun vorbei an dem Felsentempel
Chatar-bhuj-mandir (erbaut 876),
ein Wischnuheiligtum mit Wasserteich
(in dessen Nähe sehr alte Skulpturen),
durch das Lakhshman Gate weiter
hinauf längs der Ostseite der Paläste
zum »Elefantentor« Hathiya Pol
(Paur), neben dem das Hawa Gate in
den Man Singh Mandir führt, der,
1486-1516 erbaut, bunte Mosaikwände
hat. Nördl. schließen sich noch vier
Paläste an: Vikram Mandir, Karan
Mandir, Jahangiri Mahal und Shah
Jahan Mahal am Nordende der Feste.
Von den elf Hindutempeln der Feste
ist der mittelste, Teli-ka-Mandir (Anfang
des 12. Jahrh.), der sehenswerteste;
er ist dem Schiwakult gewidmet, auf
höchster Berghöhe mit prächtiger
*Aussicht erbaut und um 1880 wiederhergestellt.
—Die Felsenskulpturen
an den Abhängen der Feste, besonders
die südwestl. Gruppe in der
Schlucht Urwahi, sind ebenfalls sehr
sehenswert, weil einzig in ihrer Art in
ganz Nordindien; die meisten Skulpturen,
im 13. Jahrh. hergestellt (laut
Inschrift aus den Jahren 1440, 1453,
1497 etc.), wurden unter dem ersten
Großmogul Babar zum Teil stark beschädigt.
Es sind fünf Gruppen.
[S. 88]
Das durchfahrene Gebiet gehört zu
den reichsten Kulturgebieten Indiens;
Audh, der Ostteil der »Vereinigten
Provinzen«, ist schon so weit in Kultur
genommen, daß die Wälder großenteils
(außer im nördl. Randgebiet gegen
den Himalajastaat Nepal hin) verschwunden
sind und mit ihnen auch
viele wilde Tiere, wie der Tiger. Dabei
hat das Land, das großenteils von
Natur genügend befeuchtet ist (der
künstlich bewässerte Anteil des Kulturlandes
wird, je weiter ostwärts, um
so kleiner), schon ganz tropischen
Charakter.
C. Von Agra über Cawnpore, Lucknow und Allahabad nach Benares.
Eisenbahn: Agra-Cawnpore in 51/2 St.; Cawnpore-Lucknow in 2 St.;
Lucknow-Allahabad in 51/2 St.; Allahabad-Benares in 31/2 St.; Agra-Allahabad
in 9 St.
Von Agra Fort Station (S. 83) mit der East Indian Railway (am
besten mit Nachtzug, der etwa 3/4-12 Uhr abfährt) über die prächtige
Jumna-Brücke mit 16 Bogen nach (15 M) Tundla; dort meist umsteigen
in den von Delhi kommenden Zug, dann östl. weiter über
Ferozabad nach (72 M) Stat. Etawah, Itawah (Bahnwirtschaft mit
Gastzimmer; Dâk Bungalow, 1 km vom Bahnhof), Stadt mit 40000
Einw. in malerischer Lage zwischen Schluchten und Abhängen am
Nordufer der Jumna, mit schöner Hauptmoschee; *Aussicht vom
teilweise zerstörten Fort auf dem Hügel über der Stadt; unterhalb
vom *Fort Bathing Gats am Flußufer.—Die Bahn erreicht im weitern
Verlaufe das rechte Gangesufer bei
(158 M, 254 km) Stat. Cawnpore, Khanpur (Bahnwirtsch., gut;
Civil and Military Hotel, gut; Empress Hotel, Pens. 7-9 Rup.;
Victoria Hotel; die Bank of Bengal und die National Bank of India
Ltd. sind Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft, letztere auch der
Deutschen Bank; Droschken nach Tarif), Knotenpunkt von fünf
Bahnlinien und an der untern Einmündungsstelle des östl. Gangeskanals
in den Ganges gelegen, mit enger, schmutziger Eingebornenstadt
von 197170 Einw. (1/4 Mohammedaner), wo auf den Basaren
gute Früchte, Leder-und Juwelierarbeiten feilgehalten werden und
interessantes Leben und Treiben herrscht. Die Stadt ist ohne andre
Sehenswürdigkeiten als solche, die an den Aufstand erinnern; in Cawnpore
ließ Nana-Sahib im Mai und Juni 1857: 446 englische Soldaten,
Frauen und Kinder hinmorden, wofür die Engländer im November
weit blutigere Rache nahmen. Wo General Wheeler sich gegen Nana-Sahib
verschanzt hatte, steht die Memorial Church; etwa 3 km nördl.
liegt nahe dem Gangesufer der Memorial Garden mit Gedächtnisbrunnen,
in dessen Mitte ein Friedensengel (von Marochetti) aus Marmor.
Seitentour. Von Cawnpore mit
der Indian Midland Railway oder mit
einer Zweiglinie der Oudh and Rohilkhand
Railway über die Ganges-Eisenbahnbrücke
durch die reichbebaute
Ebene von Audh nach
(44 M, 71 km) Stat. Lucknow oder
Lakhnau (122 m; Bahnwirtschaft;
Wutzler's Royal Hotel [Bes. Deutscher],
eins der besten in Indien, 21/4 km vom
Bahnhof; Savoy and Imperial Hotel,
Abbott Road, Pens. 7 Rup.; Civil and
Military Hotel; Prince of Wales Hotel;
mehrere Klubs; Bank of Bengal, Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft;
Droschken nach Tarif), Knotenpunkt
von 6 Bahnlinien, Stadt mit 264049
Einw. (1/3 Mohammedaner), am Gumti,
einem schiffbaren l. Nebenflusse des
Ganges; großstädtisches Leben, aber
weniger sehenswert als Delhi und
Agra. Auch die großen Prachtbauten
von Lucknow sind architektonisch
dürftig; von Engländern ebenso wie
Cawnpore nur wegen der Ruinen und
Gedächtnisstellen aus der Aufstandszeit
(es wurden hier 2000 Engländer
getötet) besucht.
[S. 89]
—Rundfahrt: Nw.
von der Residency, den Regierungsgebäuden,
liegt im Machhi Bhawan
Fort die interessante große Halle Great
Imambarah in altem Palast, jetzt Zeughaus;
man gelangt dann über die Iron
Bridge zum Lichttempel Hussainabad,
der nur von außen sehenswert ist. In
der Nähe der interessante Kaisar Bagh
(Kaisergarten mit Palästen). In der
Stadt sind die Basare, besonders der
Nakhkhas oder Vogelbasar, sehenswert.
Filigran-und Goldschmiedearbeiten,
Pfeifenmacher, Tonfiguren.
Auch die Elefantenställe der Regierung
sind sehenswert sowie das Museum
(bis 31/2 Uhr offen; Fr. geschlossen) mit
buddhistischen Reliquien aus Muttra
(S. 83) etc., und viele schöne Gärten.
Von Cawnpore weiter mit der »East Indian Railway« sö. nach
(277 M, 445 km) Allahabad (61 m; Kellner's Rooms, am Bahnhof,
mit guter Schlafgelegenheit, Chota-hazri im Zimmer, andre Mahlzeiten
in der Bahnwirtsch.; Laurie's Great Northern Hotel, Pens.
6 Rup.; Central Hotel; Bank of Bengal, Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft;
Droschken nach Tarif; die Zeitung »Pioneer« ist eine
der wichtigsten in Indien, »Pioneer Mail« Wochenausgabe für Europa).
Besuch von Allahabad ist nur bei reichlicher Zeit zu empfehlen;
Benares, Agra und Delhi bieten weit mehr indische Kulturbilder.
Geschichtliches. Allahabad kommt
um 250 v. Chr. unter dem Namen
Prayâga (»Opferstätte«) vor. Akbar
baute 1572 hier sein Fort Ilâhabâs,
das Schah Jahan I. (1632-56) dann
Allahabad (»Stadt Gottes«) nannte.
Die Stadt gehörte zum Reiche des
Großmoguls, bis sie 1753 durch den
Wesir Safter Jang von Audh erobert
ward. Aber schon 1765 wurde sie
von den Briten besetzt und dem Großmogul
Schah Alam zur Residenz angewiesen.
Nachdem dieser 1771 Allahabad
verlassen hatte, überließen es
die Engländer durch den Vertrag vom
Jahre 1773 dem Naib von Audh, der
es endlich an die Ostindische Kompanie
abtrat.
Die Stadt Allahabad, Hauptstadt der Nordwestprovinzen, mit
172032 Einw. (etwa 2/3 Hindu, 1/3 Mohammedaner, 6000 Christen),
liegt auf der Landzunge an der Mündung der Jumna in den Ganges,
an deren Spitze das große, von Akbar erbaute, von den Briten umgestaltete
Fort liegt (Besichtigung nur mit Erlaubnis der Militärbehörde;
längere Wagenfahrt dazu erforderlich); es umschließt Kasernen,
Pulvermagazin, Arsenal für 30000 Mann, die berühmte Säule
des Asoka (240 v. Chr.), einen unterirdischen Tempel mit dem ewigen
Feigen-oder Banyanbaum. Allahabad besteht aus dem engen Eingebornenviertel
mit ärmlichen Lehmhütten neben prächtigen Palästen
und dem schönen, gartenreichen europäischen Viertel. Hervorragende
Bauten hat die Stadt wenige, z. B. den Palast des Gouverneurs,
Kasernen, Verwaltungs-und Gerichtsgebäude, die Große
Moschee, das Serail von Khusru zur unentgeltlichen Aufnahme von
Reisenden, den Khusru Bagh (mit malerischem, hohem Festungstor,
durch das man in die gepflegten Gärten mit drei Mausoleen gelangt),
katholische und anglikanische Kirche, Bibliothek und Museum, Stadthaus,
das Muir Central College, das große Zentralgefängnis zu Náini.
Allahabad ist berühmter Wallfahrtsort, wo sich, um im Ganges zu
baden, im Dezember und Januar 250000, alle 12 Jahre aber eine
[S. 90]
Million Pilger versammeln. Dann wird hier die Magh Mela, eine
religiöse uralte Messe, abgehalten.
Mit der Bahn über (363 M) Mughalo Sarai Junction Station (Speiseraum
im Bahnhof), hier umsteigen! Dann über die fast 1,5 km lange
Stahlbrücke über den Ganges nach (373 M, 560 km) Benares (82 m).
Benares.
Vgl. den Plan S. 91.
Ankunft auf Cantonment Station der
Oudh and Rohilkhand Railway; auch
direkt von Lucknow (S. 88) über (88 M)
Fyzabad und (118 M) Jampur nach
(199 M, 320 km) Benares; letztere
Strecke ist etwa 88 km kürzer.
Gasthöfe (beide liegen 4,5 km landeinwärts
vom Ganges und von der
Eingebornenstadt): Clark's Hotel, 25
Z., Pens. von 7 Rup. an, gelobt; Hôtel
de Paris, 60 Z., gelobt; beide Hotels
mit Garten.—Bank: Bank of Bengal,
Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—Führer zum Besuch der Eingebornenstadt
und Basare sind unentbehrlich
wegen der engen, wirren
Straßen.—Wagen besorgt das Hotel,
Zweispänner 8 Rup. für 1, 4 Rup. für
1/2 Tag; Droschken nach Tarif; empfohlenen
Fremden stellt zuweilen der Maharadschah
von Vijayanagrum seinen
Staatswagen.—Kuriositäten: Seidenstickereien,
Schals, Messinggefäße,
indische Nippsachen, Malereien, Goldschmiedearbeiten
in den Basaren der
Eingebornenstadt.
Geschichtliches. Benares war schon
im 6. Jahrh. v. Chr. der Mittelpunkt
der Religion des Buddha, der hier zuerst
»das Rad seiner Lehre drehte«,
was durch eine riesige Stûpa (Reliquienbehälter)
5 km nördl. von Benares
der Nachwelt überliefert wurde.
Später, nach dem Untergang des indischen
Buddhismus, war es einer der
Hauptsitze des Brahmanismus und
wurde dann nach seiner Einnahme
durch die Mogulkaiser (1194) 600 Jahre
lang von Mohammedanern beherrscht.
Diese vermochten den Brahmanismus
nicht ganz zu unterdrücken, der sich
seit dem 18. Jahrhundert, nach dem
Sturz der Herrschaft der Großmoguln,
rasch von neuem erhob und heute
in Benares wieder eine der Hauptpflegestätten
brahmanischer Philosophie
verehrt. So ist Benares durch
die Mannigfaltigkeit der in seinen
Mauern gepflegten Religionen wie
seiner Denkmäler religiöser Baukunst
eine der merkwürdigsten Städte der
Erde geworden: Buddhismus, Brahmanismus
und Islam haben ihre Andachtsstätten
hier errichtet, Brahmanismus
(Hindu-Religion) und Islam
blühen noch heute, dazu der Schiwa-Kult,
der in ziemlich starkem Gegensatze
zum Brahmanismus steht, da
seine Anhänger (die Lingaiten, nach
dem Symbol des Schiwa, dem Lingam,
genannt) die Vorrechte der Brahmanen
verwerfen, und schließlich die Sekte
der Dschain, die ebenso alt wie der
Buddhismus ist und diesem in mancher
Hinsicht ähnelt.
Zeiteinteilung. 1. Tag: Vor Sonnenaufgang
Stromfahrt auf dem Ganges vom
Dasaswamedh Ghat aufwärts mit Besichtigung
der Leichenverbrennungsstätte
Manikarnika Ghat, der Aurangzeb-Moschee
und des nur vom Boot
aus besuchbaren Nepalese-Tempels
(Boot für 2 St. 3 Rup.—Frühstück
mitnehmen). Nach Frühstück mit Boot
zum Affentempel, Goldenen Tempel,
kleine Aurangzeb-Moschee, andere
Tempel, den Brass Market (Messingarbeiten
sind Spezialität von Benares).
Dann Lunch im Hotel; nachher Fahrt
nach Sarnath (Museum).—2. Tag:
Droschkenfahrt zum Kuhtempel Annapurna,
dann verschiedene Tempel,
Brunnen des Wissens, Anand-Bagh-Garten,
Annie Besant's Hindu College
(theosophische Gesellschaft), Basare
in der Eingebornenstadt.—Nm. Fahrt
nach Belipur, Spazierfahrt im englischen
Viertel.
[S. 91]
Plan von Benares.
Benares (82 m), Banaras, Warânasi (»im Besitz des besten Wassers«,
früher auch Kasi genannt), Bezirkshauptstadt mit 209331
Einw. (vorwiegend Hindu), ist seit 21/2 Jahrtausenden Hauptsitz
brahmanischer Gelehrsamkeit und als heiligste Stadt der Hindu
der besuchteste indische Wallfahrtsort. Viele reiche Hindu haben
sich hier Paläste erbaut, wo sie ihre letzten Tage hinbringen; wer
in der heiligen Stadt in der Gunst der Brahmanen stirbt, ist sicher,
unmittelbar in den Schoß der Gottheit aufgenommen zu werden.
Täglich pilgern Tausende, an Festtagen Hunderttausende hierher,
um im Ganges Gebete und Waschungen zu verrichten oder Krüge
mit dem Wasser des heiligen Stromes zu füllen, das bis zur Südspitze
Indiens getragen wird; seine Versendung ist ein wichtiger Industriezweig.
Kranke lassen sich hierhertragen, um angesichts des heiligen
Stromes zu sterben. Benares hat 1454 meist kleine Hindutempel,
272 Moscheen, mehrere Dschaintempel, einen buddhistischen Tempel.
NB. Eintritt in alle Tempel, außer Affentempel und Kuhtempel,
ist Europäern verboten! Die prächtigste Ansicht gewährt
die Stadt von dem 540-780 m breiten Ganges aus, an dessen weitem
Bogen sie sich hinzieht. Alle andern Gebäude überragt die
Moschee Aurangzebs mit ihren schlanken, 35 m hohen Minarets.
[S. 92]
Ein mächtiger Bau ist auch die 1693 errichtete Sternwarte (s. unten).
Zwischen Paläste und Tempel drängen sich elende Hütten, das
Innere der Stadt ist ein Gewirr enger, schmutziger Gassen. Das
saubere englische Viertel (Sikraul) enthält eine Kirche, ein Hospital,
Kasernen, 3 höhere Schulen, 3 englische Missionsanstalten, eine
Bank. Die durch den Fremdenverkehr geförderte Industrie erzeugt
Seidenstoffe, Schals, Gold-und Silberstickereien, Juwelierwaren,
Messinggefäße (berühmt auf dem Messingmarkt, Brass market), Lackwaren.
Der Handel, unterstützt durch Dampfschiffahrt auf dem
Ganges und die Bahnen, vertreibt heimischen Zucker, Indigo, Salpeter
und führt europäische Waren ein. Benares enthält eine höhere
Hindu-und eine höhere Sanskritschule, das Benaresinstitut, eine Gesellschaft
meist eingeborner Männer, und die Carmichael-Bibliothek.
Die Stadt zeigt das indische Leben
unverfälscht; Hans Meyer sagt von
Benares: »Da ist der unfaßbare Wust
bizarrer Häuser und Häuschen. Da
sind die Hunderte und aber Hunderte
von wunderlichen Tempeln mit
Kuppeln, Pagoden, Götzenfratzen,
Rüsselschnörkeleien, mit farbigen, silbernen,
kupfernen und goldenen Anhängseln
und Bedachungen. Da sind
die massiven, aus dem Strom aufsteigenden
Paläste der einheimischen
Prinzen und Radschas, da tobt und
windet sich die endlose Menschenmenge
aus dem Gewühl enger Gassen
nach dem heiligen Fluß und zurück ...
—Heilige Stiere wandeln an den
Häuserreihen entlang und setzen die
Gemüsekrämer in Schrecken, Affen
sitzen auf den Sonnenzelten u. Dachgesimsen,
schreiend, fressend oder spielend,
unter Tamburin-und Schellenbegleitung
werden Götzen auf Tragbahren
herumgeschleppt, feierlichen Aufzügen
begegnet man in jeder Straße.«
An Festtagen ist das Menschengewühl
beängstigend: trotz der Scheu
der Hindu vor Europäern empfiehlt
es sich, einen indischen Schutzmann
(gegen guten Bakschisch) zur Begleitung
mitzunehmen und keine Innenräume
der Tempel zu betreten.
Rundfahrt durch die Eingebornenstadt, 3 km vom englischen
Viertel. Man kann über Belipur fahren und dort den Palast des
Maharadschah von Vijayanagrum besichtigen, falls Erlaubnis erteilt
wird; *Aussicht vom Terrassendach des Palastes über den Ganges;
man sieht Aurangzebs Moschee und den Goldenen Tempel. Dicht
beim Palast liegen Dschain-Tempel.—Etwa 1 km südl. vom Palast
liegt der Durga-Tempel, der finstern Gattin Schiwas geweiht, die
täglich blutige Opfer (früher Menschen, jetzt Ziegen) fordert, *Affentempel
genannt, weil darin die heiligen Hum-man (Semnopithecus
entellus) zu Hunderten hausen; der Tempel aus rotem Stein mit
gelben Ornamenten ist umgeben von hohen Mauern; im Haupteingang
ein Raum mit Musikinstrumenten: Glocken, Trommeln,
Tamtams u. a.; neben dem Tempel ein schöner Wasserbehälter.—
Man fahre bis zum Dasaswamedh Ghat, eine der heiligsten Pilgerstätten
von Benares (»Ghât« sind die mit Tempeln, Palästen, Pavillons
und Badeplätzen eingefaßten langen Badetreppen, die zum
Gangesufer führen), wo Brahma zehn Pferde geopfert haben soll.—
In der Nähe die Sternwarte, ein schöner Bau mit seltsamen Instrumenten
(darunter ein Mauerquadrant Bhittiyantra, zwei große
Steinkreise, zwei Samrat Yantra zur Bestimmung der Polhöhe, ein
Chakrayantra zur Bestimmung der Deklination, ein Digamsayantra
zur Azimutbestimmung).—Auf dem Wege zum Dasaswamedh Ghat
liegt der Tempel des Regengottes Dalbhyeswar, dessen Abbild in
[S. 93]
einen Wasserbehälter versenkt wird, solange der Gott seine Pflicht
versäumt; seine Gefährtin Sitala heilt die Blattern.—Am bequemsten
steigt man vom Dasaswamedh Ghat in ein Boot (flacher Prahm mit
Stühlen, von etwa sechs Mann gerudert) und läßt sich zunächst eine
Strecke stromauf rudern, um die etwa zwei Dutzend Ghats oberhalb
von Dasaswamedh Ghat vom Strom aus zu betrachten; unter ihnen
gehört das Asi Ghat (das äußerste stromaufwärts, 1. von oben)
ebenfalls zu einer der fünf heiligsten Pilgerstätten in Benares.
Eins der schönsten und besuchtesten ist das Shivala Ghat (6. von
oben); viele Yogin (Dschogin), d. h. brahmanische Büßer (meist mit
den Fakiren, den indisch-mohammedanischen Büßern verwechselt),
sieht man auf den Badetreppen, deren Bußübungen schon in den
Sanskritwerken beschrieben und angeordnet sind. Beim Machan
Ghat (9. von oben) ist eine Leichenverbrennungsstätte, die aber weniger
berühmt als die unten beschriebene beim Manikarnika Ghat
ist.—Beim Kedar Ghat (11. von oben) liegt der Kedarnath-Tempel mit
vielen Heiligtümern, dem Brunnen Gauri Kund und dem Mansarovar-Wasserbehälter,
umgeben von 60 Heiligenschreinen. Beim Chauki
Ghat (12. von oben) werden unter einem Pippalbaum Schlangen
verehrt; viele Schlangenbilder ringsum.—Die Stufen des (13. von
oben) Chatr Ghat oder Rajah Ghat führen zu einem großen Rasthause
für Fremde, vom Rajah Amrita Rao erbaut.—Beim Komeshwar
Ghat (14. von oben) steht der Mondtempel, der jede Krankheit heilt.
Eine der ältesten Badetreppen ist Chausathi Ghat (20. von oben); die
malerischste ist das Munshi Ghat (22. von oben) mit schönem Bau
am obern Ende. Dasaswamedh Ghat (s. oben) ist das 25. von oben,
stromabwärts daneben liegt Man Nandat Ghat. Wenn Zeit, oder
bei zweiter Fahrt fahre man stromabwärts längs der untern Hälfte
der Ghats bis zur Schiffbrücke.
Zur Beachtung: Unmittelbar vor
Sonnenaufgang ist die Stromfahrt
am lohnendsten, weil dann das
Baden und Beten der Büßer und Pilger
am lebhaftesten ist, während Vm. die
Ghats von Händlern mit Blumen,
Obst, Futter (für die heiligen Kühe)
etc. besetzt sind. Bei Sonnenaufgang
steigen zahllose Brahmanenpriester ins
Wasser, dann folgen die Pilger und
daran schließen sich Andachten vor
den Priestern an; alles feierlich und
schön, auch das züchtige Baden der
Hindumädchen.
Beim Bachhraj Ghat (27. von oben) ist ein Shivala-Götzenbild,
daneben ein Hundebild; ein Brahmane mit Pfauenwedel beschützt
durch sein Wedeln die Besucher vor bösen Geistern und fordert dafür
Opfergeld. In der Nähe werden täglich Hunde gefüttert, an Festtagen
mit Butterkuchen und Zucker. Vom Mir Ghat (28. von oben) aus kann
man nur zu Boot den Nepalese-Tempel besuchen; malerisch, aber mit
sehr derb-naturalistischen Schnitzereien; viel von Frauen besucht, um
Nachkommenschaft zu erbitten. Hinter dem Tempel eine sehenswerte
Ringkämpferschule.—Zwischen Lalita Ghat und Jal Sain
Ghat (31. von oben) liegt der berühmte Goldene Tempel, dem
Bisheshwar (Bisheshwar = Herr der Welt) geweiht, einer der ältesten
und wichtigsten Tempel für den Lingam-(= Phallus-)Kult zur Ehre
Schiwas, dessen Kuppeln mit dünnem Goldblech gedeckt sind, der
aber leider in Gassen und Mauern eingebaut ist. Gegenüber dem
Eingang verkauft ein Priester Opferblumen; man gebe Bakschisch,
[S. 94]
wenn er Blumen oder andres als Geschenk überreicht. Der Bisheshwar-Tempel
gilt als der heiligste Hindutempel in Indien, weil er an der
Stelle steht, wo das Gangeswasser am heiligsten ist.—Neben dem
goldenen Turme des Bisheshwar-Tempels steht der rote, kegelspitze
Mahadeo-Tempel, umgeben von zahlreichen kleinen Spitzkuppeln,
Sikras oder Vimanas genannt, wie sie bei Hindutempeln häufig sind.
Zwischen beiden Tempeln hängen neun prächtige Glocken an steinernem
Rahmenwerk. Im Hofe auf einer Plattform stehen aufrechte,
ziemlich formlose Steinklötze (Lingam), uralte Gegenstände der Anbetung.
—Im Viereck zwischen dem Goldenen Tempel und der
schönen *Aurangzeb-Moschee (*Aussicht von den Minarets,
eine steile Mitteltreppe führt bis zum Dache) liegt auch die kleine
Aurangzeb-Moschee und der *Brunnen des Wissens, Gyan Kup,
in dem Schiwa sitzen soll; ein Götzenbild soll von einem Priester
hineingeworfen sein, daher riesiger Pilgerzustrom zu dem stinkigen
Wasser; man hüte sich, in das Gedränge von Pilgern, Frauen
und Kühen auf der Plattform des Brunnens zu kommen. Interessante
Pilgerbräuche sind beim Brunnen zu beobachten. Der
Blick in den Brunnen ist nur Hindu erlaubt, und nur barfuß.—
Dicht außerhalb des Goldenen Tempels ist der Sanichar-Schrein
und einige Schritte weiter der Tempel der Nahrung spendenden Göttin
Annapurna, bei dem sich viele lästige Bettler aufhalten; je ein
Schrein des Tempels ist der Sonne, dem Elefanten-und Glücksgotte
Ganesh, dem Gauri Shankar und dem Affengotte Hanuman geweiht.
—Zwischen diesem Tempel und dem Weissagungstempel, Sakhi
Vinayak, ist ein seltsames rotes Standbild von Ganesh mit silbernen
Händen und Rüssel auf einer Plattform.—Eins der fünf größten
Heiligtümer von Benares, von Hindupilgern stets besucht (am stärksten
im November), ist das *Manikarnika Ghat (33. von oben); über
seiner Treppenflucht steht der Manikarnika-Brunnen, voll fauliger
Blumenopfer zum Himmel stinkend, aber von Millionen Pilgern jährlich
besucht.—Daneben steht der Tarkeshwara-Tempel und an dessen
Wasserseite die größte Leichenverbrennungsstätte von Benares (Anblick
und Geruch für schwache Nerven nicht zu empfehlen!), wo
ohne Feierlichkeit die Leichen zunächst ans Ufer mit den Füßen
ins Wasser gelegt werden, dann von den Angehörigen der (oft nur
kleine) Scheiterhaufen errichtet wird.
Sechs Mann der untersten Kaste
(Domra, die aber reich werden wegen
ihres Monopols des Scheiterhaufenansteckens,
wofür sie bis 1000 Rup. Abgabe
erhalten) heben auf Bambusstangen
den Toten aus dem Fluß, einer flößt
ihm den letzten Trunk Gangeswasser
ein, dann wird er auf den Scheiterhaufen
gelegt und dieser angezündet.
Während das Feuer brennt, werden
die Körperteile nach Bedarf mit
Bambusstangen ins Feuer gestoßen;
schließlich wird die Asche, oft auch
nur halbverkohlte Stücke, in den Fluß
geworfen. Totenkult kennt der Brahmane
nicht, die Leiche ist ihm nur unreiner
Stoff, der zur Läuterung der Seele
von den Elementen vernichtet werden
muß. Trotz der Leichenwäsche baden
und trinken die Hindu unmittelbar
stromabwärts davon im Fluß, weil die
Stelle als besonders heilig gilt.
Weiter stromabwärts liegt das allmählich sinkende Sindhia's Ghat
(34. von oben); groß und schön ist Ghosla Ghat (37. von oben).—
Oberhalb Panchganga Ghat (39. von oben) erhebt sich die stolze
[S. 95]
Aurangzeb-Moschee (S. 94), mit zwei Minarets.—Viele heilige Kühe
benutzen das Gai Ghat (42. von oben), wo auch ein steinernes Kuhstandbild
steht.—Nebenan das Trilochana Ghat soll zwischen seinen
Türmchen besonders heiliges Wasser haben.—Das unterste (47.) ist
das Raj Ghat, neben der Schiffbrücke.—Von da kann man zu
Wagen noch den Palast Nandeshwar Kothi des Maharadschah von
Benares (mit hübschem Garten) auf der Rückfahrt durch Grand Trunk
Road sehen (historisch merkwürdig).
Vom Affentempel (S. 92) fahre man, falls Zeit genug, in den Anand-Bagh-Garten,
wo im 19. Jahrh. der Heilige von Benares, Swami Saraswati,
lebte, dessen Schüler, gelehrte Panditen, die zu seinen Ehren errichtete
Sanskritschule leiten.—Das Hindu College, wo Frau Annie Besant ihre Theosophie
unter jungen Hindu-Mystikern verbreitete, ist des Besuchs wert; es ist in
einem Palast des Maharadschah von Benares.—Auch das christliche Missionswaisenhaus
(von einer Deutschen geleitet) wird manchem sehenswert sein.
Ausflüge: 1) Nach Sarnath, 6,5 km
nördl. von Benares, der Stätte, wo die
alte Stadt Benares stand und Buddha
lehrte; der Weg führt über die Barnabrücke
und längs der Ghazipur Road
bis zum 3. Meilenstein, dann l.; bald
kommen zwei Türme, einer auf einem
Hügel, in Sicht. Ein Turm (39 m hoch)
liegt in einem frühern Wildpark, wo
Buddha mit seinen fünf Jüngern im
Beginn seiner Lehrtätigkeit lebte und
später (im 11. Jahrh.) ein großes buddhistisches
Kloster stand; er ist von Asoka
als Tope oder Dhamek Stûpa erbaut und
enthält im Innern Buddhabilder und
Reliquien; er gilt als besterhaltener
Tope in Bengalen. Nicht weit davon
ein zweiter Turm (33 m hoch), ebenfalls
eine ehemalige Stûpa.—Westl.
von Dhamek Stûpa liegt ein Dschaintempel,
bei dessen Ostende der Torso
eines Buddhagötzen; in der Nähe ein
Brunnen, Ranis Bad. In Sarnath finden
jetzt Ausgrabungen statt, ein archäologisches
Museum ist im Entstehen.
—2) Nach Ramnagar (dazu vorher
Erlaubnis beim Sekretär des Maharadschah
einholen) am Gangesufer; beim
Ramnagar Ghat Überfahrt über den
Strom; vom Palast *Blick auf Benares.
Ein Wasserbehälter liegt 2 km nö.
vom Palast, daneben ein Tempel.
D. Eisenbahn von Benares nach Calcutta.
487 M (784 km) East Indian Railway von Benares bis Calcutta Schnellzug in
141/2 St. für I. Kl. etwa 36, II. Kl. 18 Rup.—Die Fahrt geht durch die regenreichen,
echt tropischen, äußerst fruchtbaren (vor allem Reis-, Mohn-, Indigo-
und Jute-Anbau) und dicht besiedelten, aber auch cholera-und fiebergefährlichen
Ebenen Bengalens bis an den Westrand des ausgedehnten Gangesdeltas.
Von Benares, Cantonment Stat., über die prächtige, fast 1,5 km
lange stählerne Brücke nach (10 M) Mughal Sarai (Bahnwirtschaft;
man erkundige sich, ob Umsteigen nötig); von da nach (149 M)
Bankipur (52 m; Bahnwirtschaft; guter Dâk Bungalow, nahe Bahnhof),
am rechten Gangesufer, mit dem Grab Schah Arganis (wo bei
dem Maharremfest 100000 Menschen zusammenströmen); es ist westliche
Vorstadt und Sitz der Behörden der großen Handelsstadt Patna
(53 m; Dâk Bungalow) mit 136470 Einw.; Patna hat neun Geschäftsviertel
mit vielen Basaren; Handel mit Opium, Indigo, Töpfer-und
Baumwollwaren. Bank of Bengal, Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft
in Bankipur. Patna war 450 v. Chr. die wichtigste
Stadt Indiens, jetzt schmutzig und eng, ohne Sehenswürdigkeiten.
Ostindien, südl. Teil.
[S. 96]
Seitentour nach *Buddh Gaya. Mit
der Patna Gaya Railway von Bankipur
südl. nach (57 M, 92 km) Stat.
Gaya (Dâk Bungalow, fast 2 km vom
Bahnhof, Wagen 21/2 Rup. für 1/2 Tag),
Stadt mit 71288 Einw.; 5 km östl. vom
Bahnhof liegt ein Hindutempel und
2,5 km von diesem der Tempel Bishn
Pad (Wischnus Fußtritt) in der alten
Stadt. Hauptziel für Buddhaforscher
und Archäologen ist der Tempel von
Buddh Gaya (11 km südl. von der Stadt
Gaya), eine neunstöckige Pagode (nahebei
ein Dâk Bungalow. Betten, Essen
und Sodawasser mitbringen!); er ist
543 v. Chr. erbaut und ist als Wiege
des Buddhismus die heiligste Stätte für
einen großen Teil der Menschheit; von
Pilgern viel besucht. Der Tempel ist
voll von Überlieferungen aus dem Leben
Buddhas. Man fährt in 2 St. bis
vor den Tempel, meist durch schattige
Straße; zur Besichtigung etwa 11/2 St.
erforderlich. Asoka umgab den Tempel
mit prächtiger Pfeilermauer (älteste
indische Skulpturen: Kentauren, Lotosornamentik,
Seejungfrauen, märchenhafte
Krokodile mit Elefantenohren,
Pferdekopfmenschen). Hinter
dem Tempel auf einer Plattform der
heilige Bo- oder Pippalbaum (Ficus religiosa).
In der Nähe der Palast eines
Maharadschah, wo Fremde um 4 Uhr
empfangen werden.—Nw. ein kleiner,
sehr alter Tempel mit stehendem
Buddhastandbild.
Von Bankipur sö. weiter nach (305 M, 490 km) Stat. Madhupur.
Ausflüge von hier ins Parasnath-Gebirge auf tempelreicher Pilgerstraße
bis 1365 m ü. M. in malerischer Landschaft mit vielen Aussichtspunkten;
Eisenbahn (24 M, 39 km) bis Giridh, dann guter Fahrweg 29 km bis zum
Fuß der Berge; Träger zum Aufstieg (23/4 St.) sind in Madhuban zu haben.
Dann über (366 M) Stat. Raniganj, am Ostende der großen Kohlenfelder
von Bengalen (viele Fossilien, besonders Farren, ähnlich denen
in den australischen und englischen Kohlenflözen, sind dort gefunden).
—Bei (463 M) Hooghly Junction Station überschreitet die
Eastern Bengal Railway auf schöner Brücke den Hooghly-Fluß,
während unsre East Indian Railway auf dem rechten Ufer bleibt
und über (466 M) Chandernagore (S. 139) und Serampore die Endstation
(487 M, 784 km) Calcutta, Howrah Terminus (S. 135), erreicht.
4. Von Bombay nach Madras.
Vgl. die Karte S. 96.
Eisenbahn von Bombay nach (793 M,
1278 km) Madras: Great Indian Peninsula
Railway und Madras and
Southern Mahratta Railway nächster
Weg; Schnellzüge (mail trains) mit
durchgehenden Wagen I. und II. Kl.
in 32 St. für I. Kl. etwa 59, II. Kl.
291/2 Rup.
Die Bahnstrecke führt in sö. Richtung
quer durch das südl. Dekhan, dessen
Aufbau man gut verfolgen kann: die
schmale westl. Küstenebene, den hohen
gebirgsartigen Westrand, das langsam
gegen O. sich senkende Hochland, das
keinen eigentlichen Gebirgscharakter
trägt, und den im Verhältnis zu den
Westghats niedrigen Ostrand, dem aber
eine breite Küstenebene vorgelagert
ist.—Der Einfluß der wechselnden
Niederschlagshöhen macht sich in der
Vegetation geltend, die am üppigsten
an den feuchten Westghats, auf dem
Hochland aber streckenweise beinahe
steppenartig ist.
Von Bombay (S. 53), Victoria Stat., bis (34 M) Kalyan s. S. 61; hier
zweigt die Madraslinie sö. ab, erreicht (54 M) Neral (gute Bahnwirtschaft
mit Bädern etc.).
Kleinbahn von Neral in 2 St. nach
(13 M) *Matheran (Gasthöfe: Rugby
Hotel, in freier Lage; Gymkhana Hotel,
mit schöner Aussicht; Granville Hotel;
Reitpferde zu haben), 800-1100 m ü. M.;
sehr lohnender und beliebter Ausflug
von Bombay, vgl. S. 63 (im Sommer
Sa. bis Mo. stark besucht), bewaldetes
Hochland mit prachtvollen Ausblicken
auf wilde Felspartien, in die Ebene und
bis zum Meer. Schönste Punkte: *Panorama
Point im N., *Chaux Point im S.;
außerdem lohnend zu besuchen: Louisa
Point und Alexandra Point.
[S. 97]
Nun steigt die Bahn nach Maschinenwechsel bei (62 M) Karjat
das Bore Ghat (550 m; Wasserscheide) steil (1:42 bis 1:37) hinauf
durch schöne Gebirgslandschaft (bei Tage fahren!). Bei 410 m ü. M.
hält der Zug, um die Maschine ans andre Ende zu setzen, und erreicht
dann (78 M) Stat. Khandala (550 m; Dâk Bungalow am Rande
der Schlucht; Glendale Hotel, gut; Khandala Hotel; Convalescent
Hospital der All Saints-Schwestern), schöne Sommerfrische (Wasserfall
von 90 m Höhe, sehr schön in der Regenzeit) der reichen Bewohner
Bombays. Nahebei liegt (80 M) Lonauli (Lanauli oder Lonavla;
Bahnwirtschaft; zwei Gasthöfe 5 Min. vom Bahnhof), der
Platz, von wo man nach dem Höhlentempel von Karli in Tonga fährt.
Der *Höhlentempel (Karli Cave),
einer der größten und besterhaltenen
Indiens, ist in eine fast senkrechte,
über 250 m hohe Felswand 38 m
tief hineingearbeitet; er liegt etwa
3,5 km nw. vom Dâk Bungalow und
11 km vom Bahnhof Karli (ebenso
weit vom Bahnhof Lonauli). Der Bau
erinnert sehr an frühchristliche Kirchen
mit Chor etc.; er ist wahrscheinlich
um 200 v. Chr. errichtet
und künstlerisch ausgeschmückt.—
5 km südl. vom Karli-Bahnhof liegen
die alten Hügelfestungen Lohogarh
und Visapur.—Andre sehr alte
Höhlentempel liegen 3 km südl. von
Karli in Bhaja und in Bedsa, 9 km
östl. von Bhaja.
Von Lonauli mit der Hauptbahnlinie über (85 M) Karli (Dâk
Bungalow) durch malerische Landschaft mit blühenden Dörfern.—
(119 M) Poona, Puna (554 m; Connaught Hotel, bestes; Royal Family
Hotel; Napier Hotel und Poona Hotel; Bombay Bank; Droschken
nach Tarif; Automobile nach Mahabaleshwar der West India Motor Co.,
3 Pers. 75 Rup., 6 Pers. 120 Rup.; Zeitung: »Deccan Herald«; Photographen:
Metzker, Stewart; europäische Geschäfte; Western India
Club u. a.), ein Hauptsitz der Brahmanenkaste, mit Angehörigen
über ein Drittel der einheimischen Bevölkerung), alte Mahrattenhauptstadt,
jetzt Residenz des Gouverneurs von Bombay während
der Regenzeit und das größte Militärkantonnement für die Bombay-Armee,
seitdem die Pest in Bombay herrscht (ist aber auch nicht
pestfrei), hat 157666 Einw., berühmte Gold-und Silberarbeiten; auch
Fächer und Tonfiguren sind zu kaufen.
Ausflüge: 1) Mit Wagen (sehr anstrengend)
nach (24 km sw.) Sinhgarh,
einer berühmten Hügelfeste in schöner
Landschaft.—2) Nach *Mahabaleshwar.
Mit Auto (s. unter Poona)
oder der »Southern Mahratta Railway«,
die bei Poona abzweigt, bis (109 km)
Stat. Wathar (Bahnwirtsch., Mittagessen
vorausbestellen!); von da mit
vorausbestelltem Wagen (beim Postagenten
in Mahabaleshwar für 20-30
Rup.) in 5 St., schöner, doch sehr anstrengender
Bergweg; durch (29 km)
Wai (guter Dâk Bungalow), schönes
Landstädtchen mit riesigem Banyanbaum
in 13 km Entfernung am Fuße
des Hügels Wairatgarh (der 30 Ar
Schatten wirft); dann ins Gebirge
steigend durch das große, von Europäern
viel bewohnte Dorf Panchganni
nach
(64 km) *Mahabaleshwar (1438 m;
Race View Hotel, Pens. 7 Rup.; Fountain
Hotel, ebenso, beide gut, *Aussicht;
Mahabaleshwar Hotel; Ripon Hotel;
Klub mit Schlafgelegenheit; Postagent
[Mail Contractor] Ardeshir Framjee, in
Poona Civil Lines), eine gesunde und
regenreiche Sommerfrische; in der
Nähe die Yena-Wasserfälle und die
*Aussichtspunkte Lodwick Point und
Elphinstone Point. An letzterm stürzt
der Felsen etwa 600 m sehr steil zum
Tiefland ab. Prachtvoller Ausblick
gegen Sonnenuntergang auf die wilde
Felslandschaft und das Meer.
Ausflug von Mahabaleshwar nach
Pratabgarh; hübsche Fahrt 10 km zum
Fuß des Felsenhügels, dann steiler
und schwieriger Aufstieg zu der malerischen
Burg des Mahrattenkönigs Shivaji;
Pratabgarh ist um 1656 erbaut.
[S. 98]
Von Poona führt die Eisenbahn weiter durch bergige Gegend über
(283 M) Stat. Sholapur (483 m; Dâk Bungalow), Stadt mit 55212
Einw., nach (292 M) Hotgi Junction Station.
Seitentour mit der »Southern Mahratta
Railway« nach (59 M, 95 km) Stat.
*Bijapur, Vidjajapura im Sanskrit =
Siegesstadt (510 m; Dâk Bungalow,
in der Stadt; Bahnwirtsch.; Tongas
2 Rup. für 1 Tag), Distriktshauptort
mit 17000 Einw. Bijapur, eine uralte
Siedelung, gelangte erst unter den
Fürsten der Adil Shahi-Dynastie
(1489-1686) zu hoher Blüte als Millionenhauptstadt,
die in ihren hohen
Steinmauern einst 1600 Moscheen
und viele prächtige Paläste einschloß;
begründet 1489 vom Adil Shah Jusaf
Khan, verlor sie die Selbständigkeit
durch den Mogulkaiser Aurangzeb.
Sehenswert der runde Dom Gol Gumbaz
dicht beim Bahnhof (innerhalb der
Stadtmauer; seine Grundfläche ist
größer als die des Pantheon in Rom);
die Hauptmoschee Jama Masjid; ferner
das Schloß Gagan Mahal und das
Mausoleum (Ibrahim Roza) von Ibrahim
II. Adil Shah nebst Königin Taj
Sultana, ein großes Fort mit 109
Türmen innerhalb der Ringmauer,
u. a. Die Umgebung der Stadt ist
sehenswert.
Hinter Hotgi tritt die Bahn in das Gebiet des größten Vasallenstaats
des britisch-indischen Kaiserreichs, in das Reich des Nizam
von Hyderabad (111/2 Mill. Einw., 82000 engl. QM.; die Dynastie
regiert seit 1740), und führt durch gutbewässerte Ebenen über die
Stadt (353 M) Gulbarga (Dâk Bungalow) nach (376 M) Wadi Junction
Station (427 m; Bahnwirtsch.); Umsteigen in die »Nizam's State
Railway« und über (420 M) Stat. Tandur (Bahnwirtsch.) nach
(491 M) Hyderabad, Haidarabad (620 m; Bahnwirtsch.; Montgomery
Hotel, gegenüber dem Bahnhof, gut, Pens. 7 Rup.; Brind's
Hotel, Pens. 7 Rup.; wegen Hotelwagen vorher vereinbaren; Droschken
nach Secunderabad I. Kl. 1 Rup. die Stunde, 9 Rup. den Tag,
II. Kl. 41/2 Rup. den Tag), Hauptstadt des Nizam mit 499840 Einw.
sehr verschiedener Völkerschaften (Hauptsprachen: Telugu und
Mahratti, außerdem hört man Kanaresisch, Hindustani, Hindi, Marwori,
Gondi u. a.) und dem buntesten *Straßenleben von malerischstem
Reiz, mit beachtenswerten *Basaren (Bidriwork, d. h. Silbereinlegearbeit
aus Bidri). Die Bevölkerung trägt noch Waffen. Die Stadt
liegt am Musi-Flusse zwischen Gärten und ist mit einer bastionierten
Mauer umgeben. Im Herbst 1908 wurde die Stadt durch Überschwemmung
des Flusses infolge von Dammbrüchen der oberhalb
gelegenen Stauseen schwer geschädigt. Baumwoll-und Papierfabrikation
bedeutend. Bank of Bengal (Korrespondent der Berliner
Disconto-Gesellschaft).—Rundfahrt. Zum Besuche der Sehenswürdigkeiten
in Hyderabad und Golkonda hole man (vor der Rundfahrt
morgens im gewöhnlichen Anzug) bei der Palastwache am Palast
des Nizam einen Erlaubnisschein der Adjutantur Sr. Hoheit des
Nizam; der Besuch gilt dem Flügeladjutanten (Empfehlungen sind
wertvoll); gewöhnlich schickt der Adjutant den Paß durch einen
Soldaten; man kann auch durch die Hotels Erlaubnisscheine auswirken.
Die englische Residency liegt außerhalb der Stadtmauern
in Chadar Ghat; zwischen ihr und der Stadt ist eine 180 m lange
[S. 99]
Granitbrücke, die Oliphant Bridge. Man kreuze den Fluß über
die nächste nach W., die Afzal Ganj Bridge, dann gelangt man
durch das Afzal Ganj Gate in eine breite Straße, die fast durch die
ganze Stadt führt. In der Nähe des Tores liegt die Afzal Ganj-Moschee
mit vier Minarets neben dem städtischen Hospital; etwa
100 m innerhalb des Tores ist der Palast des berühmten Ministers
Sir Salar Jang Bahadur (gest. 1883), der dem Lande viel genützt
hat.—Weiter in der Hauptstraße trifft man an einer Straßenkreuzung,
wo jede Straße mit einem 15 m hohen Bogen überwölbt
ist, auf den Char Minar, eine alte Gelehrtenschule mit vier schlanken
Minarets, 1591 erbaut.—Östl. davon liegt die Mecca-Moschee,
groß und finster, mit vier Minarets und sechs Bogen.—Der Nizam's
Palast liegt westl. vom Char Minar; er ist modern eingerichtet und
reichlich mit unzugänglichen, durch sechsfache konzentrische Einfriedigung
von der Stadt getrennten Harems versehen, und noch
reichlicher mit Dienerschaft. Man besuche den Elefantenhof, wo
meist etwa 60 Elefanten angefesselt stehen. Am 5. Muharreni (erster
Monat des mohammedanischen Jahres) findet der Langar, ein Umzug
der gesamten Truppen des Nizam um den Palast, statt (der
Nizam und gegen 100000 Einw. der Hauptstadt sind Mohammedaner).
—Sehenswerter ist der Felikan-Palast (Falak Numa), 1 km südl.
von der Stadt, mit reizendem Terrassengarten, auf einem Hügel mit
*Aussicht; es ist ein moderner Prunkbau zur Aufnahme fürstlicher
Besucher (im Innern ein Saal mit Lachspiegeln).—Öffentlicher Garten
mit kleinem Zoologischen Garten (Fr. Abend Konzert).
10 km nördl. von Hyderabad (Bahn dahin) liegt Secunderabad,
Sikanderabad (Montgomery Hotel, sehr gut, Pens. 7 Rup.; Brind's
Parade Hotel; Wagen 10 Rup. für 1 Tag, nach Golkonda und zurück
12 Rup.), das stärkste Militärlager der Engländer im mittlern Indien,
weitläufig auf 50 qkm angelegt; mehrere Kantonnements sind in der
Nähe in Bolaram und Trimalgiri (mit befestigtem Rückzugslager).
Hier stehen etwa 10000 Mann englische Truppen. Der Parade
Ground liegt südl. vom Bahnhof.
Ausflug nach Golkonda, 11 km
nw. von Hyderabad. (Man besorge
sich vorher Erlaubnisschein, s. oben.)
Von Secunderabad 11/2 St. Wagenfahrt
durch eine Gegend voller einzelner, oft
seltsam geformter Granitblöcke. Ein
Granithügel trägt das alte Königsschloß
von Golkonda, durch eine 4850 m lange
Mauer mit über 80 Basteien aus Granitblöcken
und 2, früher 8 Toren, von
breitem Graben umschlossen. Im Granittor
prüft die Wache den Erlaubnisschein,
dann führt eine steile, zum
Teil zerfallene Treppe zwischen Ruinen
von Palästen und Moscheen zum 130 m
hohen Gipfel, auf dem der Königspalast
mit flachem Dach (Aussicht)
liegt.—In der Ebene nördl. und östl.
vom Schloß liegen 18 gut erhaltene,
granitene Mausoleen der Kutab Shahi-Dynastie
mit stattlichen Kuppeln; eins
der höchsten ist das der Sultanin
Haiyat Baksh Begum (gest. 1617). Schöner
ist das Grab ihres Mannes, des
Sultans Muhammad Kuli Kutab Shah
(gest. 1612).
Von Hyderabad Rückfahrt mit »Nizam's State Railway« nach
(121 M) Wadi (S. 98), dort umsteigen in den Madraszug der »Great
Indian Peninsula Railway«. Man fährt dann durch eine weite Ebene
mit Granitblöcken über (385 M von Bombay) Nalwar und auf 1170 m
langer Brücke über den Fluß Kistna, südl. von (427 M) Krishna, nach
[S. 100]
(443 M) Raichur (400 m; Bahnwirtsch., Dâk Bungalow), Stadt aus
dem 14. Jahrh., mit sehenswertem Nord-und Westtor; von der
hohen Zitadelle *Aussicht. Hier beginnt die »Madras Railway«; sie
führt über (486 M) Stat. Adoni, uralte Stadt aus dem 10. Jahrh.
v. Chr., mit dem größten Baumwollenmarkt im Dekhan, und über
den wichtigen Bahnknotenpunkt (518 M) Guntakal (Bahnwirtschaft),
dann vorbei an der Hügelfestung südl. (r.) von (536 M) Gooty (Bahnwirtschaft),
ferner über die Stationen (566 M) Tadpatri und (632 M)
Cuddapah (beide mit Bahnwirtschaft) nach
(710 M) Renigunta (im Bahnhof Wirtschaft und Schlafzimmer,
vorher brieflich beim Station-Master anzumelden!).
Kleinbahn von Renigunta nach
(13 km) Tirupati (Dâk Bungalow),
Stadt mit 14000 Einw., stets mit Pilgern
gefüllt. Etwa 13 km vom Bahnhof
steht auf dem siebengipfeligen heiligen
Hügel Tirumala (760 m) eine sehr
alte Pagode (die heiligste Hügelpagode
in Südindien). Der Aufstieg ist schwierig.
Der Nordaufstieg führt vom Dorfe
Balapilli durch dicke Dschungeln und
über Hügel, wo Tiger und Panther
vorkommen sollen. Auf dem 7. Gipfel,
Sri Venkataramanachellam, erhebt sich
die Pagode zwischen Mango-, Tamarinden-
und Sandelholzbäumen (Eintritt
ist für Europäer nicht erlaubt).
Hier auch ein Bungalow für europäische
Besucher.
Von Renigunta führt die »Madras Railway« über den Knotenpunkt
(751 M) Arkonam (Bahnwirtschaft) nach (793 M, 1278 km)
Madras.
Madras.
Vgl. den Plan S. 101.
Ankunft zur See. Der auch beim
besten Wetter stark brandende flache
Strand ist eingefaßt mit europäischen
Häusern, die sich vom Grün der Gummibäume,
Bananen, Palmen, Banyanbäume
malerisch abheben. Die Dampfer
ankern im Hafen; die Landung geschieht
in flachen Booten, sogen. Masulas;
Taxe 21/2 Rup., für Jollen 1 Rup.
Die Boote landen an der Landungsbrücke.
Hafengeld für Gepäck 1 Rup.
pro Tonne, mindestens 4 annas, Tragelohn
für jeden Kuli 2-4 annas. Zollabfertigung
im Zollamt am Hafen.
Ankunft am Bahnhof. Von Colombo
über Tuticorin kommend, steigt man
am Hauptbahnhof der South Indian
Railway, Egmore Stat., aus, Bahnwirtschaft;
von Bombay kommend, steigt
man an der Central Station der Madras
and Southern Mahratta Railway
aus; beide Bahnhöfe liegen 1,5 km
voneinander. Von Calcutta Ankunft
auf der Central Station.
Gasthöfe: Hôtel d'Angelis, Mount
Road; 40 Z., Pens. 10 Rup., gut, neu
eingerichtet, beste Küche.—South
Indian Railway Hotel, mit dem Bahnhof
verbunden; 80 Z.—Spencer's
Hotel, Mount Road; Pens. 10 Rup.—
Connemara, mäßig.—Prince of Wales,
Pens. 6 Rup., in guter Lage dicht an
der Mount Road.—Victoria, Pens.
6 Rup.—Elphinstone Hotel.—Elphinstone
Branch Hotel (Egmore) u. v. a.—
NB. Die Häuser am Hafen in der
»George Town« sind nicht zu empfehlen!
Tägl. Pens. 5-10 Rup.—Restaurant:
D'Angelis, Mount Road, gute
Küche, auch Zimmer.
Post. Hauptamt (General Post Office)
in George Town, nahe dem Hafen;
ein andres Amt etwa 1/2 km westl.
vom Connemara Hotel. NB. Man gebe
Briefe eigenhändig am Postamt auf.
—Wagen. Wegen der großen Entfernungen
auch innerhalb der Stadt
miete man für den ganzen Tag.—
Straßenbahnen (elektrische) zwischen
den Vorstädten und den Hauptpunkten
der alten Stadt.
Eisenbahnen: South Indian Railway
(Egmore Station) nach Tuticorin
(und Colombo); Madras and Southern
Mahratta Railway (Central Station u. a.)
nach Bangalore, Goa, Poona, Hyderabad,
Bombay (S. 100-96); nach Calcutta
(S. 135).
[S. 101]
Dampfer: Österreichischer Lloyd,
monatl. nach Colombo und Calcutta;
Agentur: Volkart Brothers; auch für
Messageries Maritimes;—nach Colombo
und Calcutta: British India Steam Nav.
Co., wöchentl., Agentur: Binny & Co.;
nach Rangoon und Singapore dieselbe
wöchentl.;—nach Penang und
Singapore: British India Steam Nav.
Co. alle 14 Tage.—Agent des Norddeutschen
Lloyd: Carl Simon Söhne.
Banken: National Bank of India
Ltd., I. Line Beach, Korr. der Deutschen
Bank und der Allgemeinen Deutschen
Creditanstalt in Leipzig.—Chartered
Bank of India, Australia & China,
Esplanade.—Mercantile Bank of India
Ltd., Armenian Street.
Lageplan von Madras.
[S. 102]
Alle drei Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft.—
Reisebureau: Binny & Co.—Konsulate:
Deutsches Reich, Konsul M.
Miersch.—Österreich-Ungarn, Konsul
E. Steiner.—Polizei: Egmore Police
Court, Pantheon Road.
Ärzte: Dr. Niblock; Dr. Giffard;
Dr. Robertson.—Zahnärzte: Badcock;
P. Furnival.—Apotheken: Smith & Co.,
Mount Road und Esplanade; Maclure,
Mount Road, u. a.—Krankenhaus:
General Hospital, nahe Central
Station.
Buchhandlungen: Higgenbotham &
Co.; Combridge & Co., beide Mount
Road.—Photographien: Wiele & Klein;
Del Tufo, beide Mount Road.
Geschäftsadressen: Optiker: W. E.
Smith & Co.; Lawrence & Mayo, beide
Mount Road.—Kleidermacher: Moses
& Co.; Smith & André; Oakes & Co.,
sämtlich Mount Road.—Reiseartikel:
Spencer & Co.—Juweliere: Orr &
Sons; T. R. Tawker & Sons, beide
Mount Road.—Zeitungen: Madras
Mail; Madras Times; Hindu; Madras
Standard.
Zeiteinteilung. Für die Stadt Madras,
Museum, Botanischer Garten
und Marina genügt 1-11/2 Tag. Madras
ist aber ein guter Platz, um die
südindischen Tempelanlagen in Trivalur,
Conjeeveram, Mahabalipuram,
Tanjore (S. 127) sowie die Nilgiri-Berge
(S. 128) zu besuchen.
Geschichte. Fort St. George in
Madras wurde 1639 von den Engländern
erbaut; die Agentur der Englisch-Ostindischen
Kompanie wurde 1653
Präsidentschaft; die Stadt hatte Anfang
des 18. Jahrh. schon etwa 300000
Einw., wurde 1746 von La Bourdonnais
erobert, fiel aber im Aachener Frieden
1748 wieder an England zurück. In
den Kriegen gegen Haidar Ali wurde
Madras hart bedrängt, entwickelte sich
später aber zur dritten Handelsstadt
Ostindiens.
Klima. Im Sommer heiß und
trocken, aber ungefährlich, im Winter
gesund. März bis Oktober, wo der
SW.-Monsun weht, sind heiß und
trocken, Regenzeit im NO.-Monsun,
Oktober bis Dezember. Das Einsetzen
des NO.-Monsuns Mitte Oktober ist
meist von heftigen Stürmen begleitet.
Heißeste Monate sind Mai und Juni
(Mitteltemperatur etwa 31,5° C), kühlste
(aber nicht kalt) Dezember bis Februar
(Mitteltemperatur etwa 24,3° C).
Man trinke kein Leitungswasser,
sondern nur Sodawasser!
Madras (Madrissa, d. h. Hochschule, oder Mandar-raj, von den
Eingebornen Chennapatnam genannt), Hauptstadt der Presidency of
Madras (of Fort St. George), wichtigster Platz an der Koromandelküste
und drittgrößte Seestadt Indiens, hat 517335 Einw. und ist Sitz
des Gouverneurs. Die Stadt zieht sich 15 km am flachen Strande
hin und ist mit den Vorstädten 6 km breit. In der Mitte des Strandes
liegt das alte Fort St. George (auch White Town genannt), worin
das Grand Arsenal mit historischer Waffensammlung, ferner die
Kasernen der europäischen Truppen, die St. Mary's Church und die
Regierungsgebäude. Die Esplanade trennt das Fort von der George
Town, dem Eingebornenviertel und Geschäftsviertel mit engen,
schmutzigen Straßen; davor am Strande liegt der durch zwei Wellenbrecher
gebildete Hafen mit Zollamt, Hafenamt, Postamt, Bank of
Madras, Geschäfts-und Warenhäusern. Auch größere Schiffe können
jetzt nach Umbau des Hafens in diesem ankern.—Südl. vom Fort
zieht längs des Strandes die Hauptpromenade, The Marina, hin,
die auf der Napier's Bridge über den Cooum-Fluß führt; hinter
der Marina liegt etwa 1 km sw. vom Fort das Government House
(Palast des Gouverneurs) mit Park und südl. davon der Chepauk
Park, mit dem alten Palast der Nabob von Karnatik, jetzt Board of
Revenue.—Westl. vom Fort liegen das Pacheappah's College, eine
Stiftung des reichen Hindu Pacheappah Mudelliar, ferner das General
[S. 103]
Hospital.—Westl. von der Central Railway Station ist der schöne
öffentliche People's Park, ein Volkspark mit Musikpavillon, Tennisplätzen
und Tierkäfigen.—Vom Government House führt die 11 km
lange Mount Road, die Hauptstraße für europäische Geschäfte, sw.
nach St. George Cathedral, neben der der kleine, aber schöne *Botanische
Garten liegt, und weiter nach Little Mount, wo der heilige
Thomas den Märtyrertod erlitten haben soll, und schließlich nach
dem etwas größern Hügel St. Thomas Mount oder Great Mount,
auf dessen etwa 90 m hohem Gipfel eine alte, jetzt armenische Kirche
(1547 von Portugiesen erbaut) steht; in ihr ein 1111 Jahre altes nestorianisches
Kreuz mit Inschrift von 801.—In der katholischen Kathedrale
St. Thomé am Südende der Marina sollen die Gebeine des heiligen
Thomas ruhen.—In der Pantheon Road liegt das Museum, daneben
das Victoria Technical Institute (s. unten); 1,5 km westl. davon das
1792 gegründete Madras Observatory (Sternwarte), wo der Nullpunkt
der trigonometrischen Aufnahme Indiens ist, und wo die Standard
Time (die indische Ortszeit) bestimmt wird.
Rundfahrt. Morgens zunächst durch das Fort St. George, dessen
Waffensammlung im Grand Arsenal nur für Kenner Interesse
bietet, über die Esplanade nach dem Hafen (sehenswerte Landungsbrücke),
von da nach dem People's Park, wo man die Tigerkäfige
und Markthalle besichtigt. Dann nach der Pantheon Road zum
*Government Central Museum, tägl. geöffnet 61/2 Uhr früh bis
5 Uhr abds. (der erste So.-Nm. im Monat nur für eingeborne
Frauen!); es enthält unter anderm eine gute Sammlung von Rohstoffen
und fertigen Erzeugnissen des Chinin sowie von südindischen
Pflanzenfarbstoffen; ferner südindische ethnographische Altertümer;
große Sammlung von Gipsmasken indischer Rassen und naturhistorische
Sammlung. Dann in das *Victoria Technical Institute,
einen schönen mohammedanischen Bau, tägl. geöffnet von 71/2 früh
bis 6 Uhr abds. (außer Di.), staatliche Verkaufsstätte für alle Kunstprodukte
Südindiens, auch für gute und preiswerte Antiquitäten.
Dann durch Harris Road und über Harris Bridge zur Mount Road,
an deren Ecke in prächtigem Park (mit Rudeln halbzahmer Gazellenantilopen)
das Government House liegt; nun sw. durch den mit
europäischen Geschäften besetzten Teil der Mount Road, vorbei an
der Statue des Generals Neil vor dem Eingang zum Klub, an der
St. George Cathedral (l.) vorüber zum *Botanischen Garten, neben
der Kathedrale, nicht sehr groß, aber recht geschmackvoll angelegt,
mit von Schlingpflanzen umrankten Lusthäuschen und schilfumsponnenen
Teichen, auf denen prächtige Lotos und Victoria Regia blühen.
Viele seltene Prachtbäume, Hibiscus tiliaceus, Pompelmus, Teakbaum
u. v. a.—Wenn Zeit vorhanden, fahre man über Little Mount
bis Great Mount (s. oben) und durch den Ort Mailapur (St. Thomé),
mit vielen indischen Tempeln und nur von Brahmanenpriestern und
ihren Familien bewohnt, richte sich aber so ein, daß man vor 1/2-5
Uhr Nm. bei der St. Thomé Cathedral am Strand ist, um von da
nordwärts auf die zwischen 5 und 6 Uhr abds. belebte Promenade am
Meer, die *Marina, zu fahren und dabei auch den an Gazellen reichen
Chepauk Park zu besichtigen. Man kann auch vom Botanischen
[S. 104]
Garten direkt durch die Cathedral Road nach der Marina gelangen.
An der Marina liegt auch ein kleines, aber sehenswertes Aquarium
mit farbenprächtigen und merkwürdigen Fischen.
Ausflüge (alle landschaftlich wenig
lohnend, aber zu interessanten Kunstdenkmälern
führend): 1) Nach Trivalur
(Trivellore) mit »Madras and
Southern Mahratta Railway« (26 M in
11/2 St.) zum Besuch einer großen Tempelanlage
mit 5 äußern und 2 innern
Gopuras, einer unvollendeten 1000-Säulenhalle
(688 stehen noch) und
vielen sehenswerten Heiligtümern.
2) Nach Conjeeveram (das südindische
Benares) mit derselben Bahnlinie
(in 3 St. über Arkonam), eine der
7 heiligen Städte, mit 40000 Einw.;
3 km vom Bahnhof liegt der Ekambarah
Swami geweihte große Saiva-Tempel,
an dessen Südseite eine 57 m
hohe zehnstöckige Gopura, durch die
man eintritt; innen l. eine 1000-Säulenhalle
(nur noch 540). Außerhalb der
Umfassungsmauer nach O. ist ein hoher
kunstvoller Wagen mit schweren Holzrädern.
In das Allerheiligste (Vimanah)
darf kein Europäer, kann sich
aber an den Naúch-Tänzerinnen in
nächster Nähe ergötzen. Etwa 3 km
weiter liegt der Wischnutempel in Little
Conjeeveram, in dem man die kostbarsten
Geschmeide und mit Edelsteinen
besetzte Goldketten der Statuen
der Gottheiten besichtigen kann.
(Wer Madura und Trichinopoly gesehen,
kann sich diese beiden Ausflüge
sparen.)
3) Nach *Mahabalipuram, sehr
lohnend; man lasse durch den Hotelbesitzer
die Fahrt sowie Ausrüstung mit
Lebensmitteln gut vorbereiten. Mahabalipuram
(guter Dâk Bungalow) liegt
am Meeresstrande, etwa 56 km südl.
von Madras. Man fährt (NB. mit gut
gefülltem Frühstückskorb!) zunächst
mit Wagen bis (9 km) Guindy Bridge,
nahe Little Mount; von dort fährt man
in Booten (jedes Boot etwa 10 Rup.,
trägt 2 Reisende ohne Diener) auf dem
Buckingham Canal 12-14 St., am besten
nachts, bis gegenüber vom Dorfe
Balipitham. Man kann auch von Madras
(Egmore Station) mit der South
Indian Railway nach (35 M) Chingleput
(guter Dâk Bungalow) fahren, vorher
den Station-Master benachrichtigen,
der das Nötige bestellt; man fährt von
Chingleput mit Tonga (21/2 Rup.) über
Tirukalikundrum zum Kanal und von
da mit Boot weiter. Man steigt an
der Ostseite des Kanals aus, wo sich
aus dem flachen Strandgürtel ein niedriger
Rücken Gneisfelsen erhebt. Dort
liegen, aus dem Stein gehauen, die berühmten
*Sieben Pagoden (Seven Pagodas),
teils sehr alte Nischentempel,
reich mit Skulpturen geschmückt,
dann auch freistehende Pagoden und
kolossale Skulpturmonumente (Elefanten,
Affen und andre Tiere). Hier
ist die ganze Brahminenlehre in Stein
dargestellt, zum Teil in weit über ein
Jahrtausend alten Denkmälern. Die
ganze Anlage war eine uralte Brahminen-Freistätte,
wie sie (nach W. Gallenkamp)
rätselhafter und weniger bekannt
nirgends in Indien anzutreffen
ist. Bootsrückfahrt am besten wieder
nachts, wobei man sich gegen
Moskitos mit Netz und Rauch schütze.
4) Nach Ootacamund (sehr lohnend),
s. S. 128.
5. Aus Europa durch den Suezkanal nach Colombo.
Die Insel Ceylon.
Vgl. die Karte S. 107.
A. Von Genua oder Neapel nach Colombo.
Reichspostdampfer des Norddeutschen
Lloyd (abwechselnd von Bremerhaven
oder Hamburg ausgehend,
über Rotterdam, Antwerpen, Southampton,
Gibraltar in 14 Tagen nach
Genua) gehen jeden zweiten Do. von
Genua (Lloyd-Expreß, s. S. 9), dann
über (336 Seem.) Neapel, (1446 Seem.)
Port Saïd und den Suezkanal in 17
Tagen (von Neapel) nach (4934 Seem.)
[S. 105]
Colombo (Ankunft So. oder Sa.). Die
Schiffe gehen weiter nach Singapore,
Hongkong, Schanghai, Nagasaki oder
Tsingtau, Kobe und Yokohama. Fahrpreis
von Bremen oder Hamburg nach
Colombo I. Kl. 1170 M., II. 765, III.
405 M. (hin und zurück I. Kl. 1760 M.,
II. 1145, III. 605 M.); von Genua oder
Neapel I. Kl. 1080 M., II. 720, III.
360 M. (hin und zurück I. Kl. 1625 M.,
II. 1080, III. 540 M.; Näheres s. neuestes
Handbuch der Reichspostdampferlinien
des Norddeutschen Lloyd, erscheint
zweimal jährlich).
Die Reichspostdampfer laufen von Neapel (S. 23) in 4 Tagen nach
(1110 Seem. von Neapel) Port Saïd (S. 25), dann durch den Suezkanal
über (1197 Seem.) Suez und durch das Rote Meer, wie S. 31 u. 36
beschrieben, nach (2505 Seem.) Aden (S. 38); von da mit östl. Kurs
durch den Golf von Aden; die Reichspostdampfer nehmen dann den
stets sichern Weg nördl. um die Insel Sokotra (S. 41), die nicht
immer in Sicht kommt (sie hat keine Leuchtfeuer), während einzelne
andre Dampfer Kap Guardafui (Râs Assir), dessen Abhänge von
O. gesehen einem schlafenden Löwen gleichen, ansteuern und dann
südl. von den kleinen Inseln und Sokotra auf die Südspitze Vorderindiens,
Kap Comorin, zusteuern. Die Reichspostdampfer laufen
mit OSO.-Kurs meist durch den Neungrad-Kanal nahe nördl. an
der Koralleninsel Minikoi vorbei, deren Leuchtturm eine gute Landmarke
ist; oder auch durch den Achtgrad-Kanal südl. von Minikoi
(vgl. die Karte bei S. 96). Nachts sind nahe über dem südl. Horizont
die schönen Sternbilder des Südlichen Kreuzes sowie des Schiffs
zu sehen. Dann südl. vom Kap Comorin entlang. Bei der Annäherung
an Colombo begegnet man zuweilen schon den einfachen
Fischerbooten mit viereckigen Segeln und Ausliegern, ehe die schönen
Berglinien der Küste von Ceylon auftauchen; später sieht man
dunkleres Vorland. Die große Hafenstadt erkennt man früher an
den vielen Schiffsmasten und Schornsteinen als an den Häusern,
die größtenteils zwischen üppigem Pflanzenwuchs (namentlich Kokospalmen)
verborgen liegen. Der hohe Leuchtturm und der Palast
des Gouverneurs südl. davon sind deutlich zu erkennen. Charakteristisch
ist schon von weitem der 2241 m hohe Adamspik östl. von
Colombo.—(4934 Seem. von Genua, 7570 Seem. von Bremerhaven)
Colombo; Ankunft s. S. 110.
B. Von Marseille nach Colombo.
Messageries Maritimes, jeden 2.
So. von Marseille (S. 24) über (1510
Seem.) Port Saïd und (1597 Seem.)
Suez, abwechselnd über (2881 Seem.)
Djibouti (S. 36) oder über Aden nach
(5098 Seem.) Colombo in 16 Tagen.
Über auswechselbare Rückfahrkarten
mit dem Österreichischen Lloyd s.
S. 22. (Die Dampfer gehen weiter
nach Singapore, Hongkong, Schanghai,
Yokohama.)
Peninsular and Oriental Co., von
Marseille jeden 2. Fr. über Port Saïd
und Aden nach Colombo in 15 (von
Brindisi in 13) Tagen; Fahrpreis ab
Brindisi I. Kl. 48 £. (Die Schiffe
gehen weiter nach Australien.)
Orient Line jeden zweiten Do. von
Marseille über Neapel, Port Saïd, Suez
nach Colombo in 17 Tagen. Fahrpreis
ab Neapel I. Kl. 34-48 £ (weiter nach
Australien).
C. Von Brindisi nach Colombo.
Expreßdampfer der Peninsular and Oriental Co. (vgl. S. 23) haben in Port
Saïd Anschluß an die von Marseille (s. oben B.) kommenden Dampfer derselben
Gesellschaft, mit denen Colombo in 13 Tagen erreicht wird.
[S. 106]
D. Von Triest nach Colombo.
Österreichischer Lloyd (vgl. S. 22), am 12. und 25. jedes Monats über
(1305 Seem.) Port Saïd, Suez (2700 Seem.), Aden, dann abwechselnd über
Karachi oder Bombay in etwa 30 Tagen nach Colombo. Fahrpreis: Salonklasse
36 oder 32 £, Intermediate Kl. 26 £. Umtauschbare Rückfahrkarten mit
den Messageries Maritimes (S. 22) mit 24 Monaten Gültigkeit.—Diese Lloyddampfer
gehen weiter abwechselnd über Madras, Rangoon nach Calcutta
oder über Penang, Singapore nach Hongkong, Schanghai, Yokohama, Kobe.
Ceylon (im Sanskrit Singhala [»Löwenwohnort«], bei den Eingebornen
Lankadiva, arabisch Serendib), britische Insel im Indischen
Ozean, an der Südspitze von Vorderindien, von dem sie durch den
Golf von Manár und die 93 km breite Palkstraße getrennt wird,
ist von N. nach S. 445 km (München-Magdeburg) lang, bis 235 km
(Ulm-Passau = 250 km) breit und 66000 qkm (Bayern 76000 qkm)
groß. Ceylon besteht in seinem südl. Hochland aus denselben alten
Gesteinen wie das Dekhan und bildete wohl, bevor das dazwischenliegende
Landstück in die Tiefe sank, einen Teil des Kontinents,
nach dem jetzt wieder im NW. der Insel die sogen. Adamsbrücke
(S. 124), ein junges Gebilde aus verkittetem Meeressand, hinzieht.
Fast das ganze nördliche Drittel der Insel ist eine prächtig bewaldete
Ebene; ein breiter Gürtel von Tiefland umgibt auch das Bergland
des südl. Teils, das im Durchschnitt 650 m hoch ist. Auf der innern
Hochebene Nuwara Elya erheben sich zahlreiche Einzelgipfel, darunter
der 2241 m hohe Adam's Peak (S. 121), der Pedrotallagalla
(2538 m), der Kirigalpolla (2387 m), der Totapolla (2353 m). Zwischen
den Bergen dehnen sich schöne und fruchtbare Täler aus. Die Nordküste
und die mit Kokospalmen bedeckte Westküste sind flach, die
Süd-und Ostküste steil und felsig; hier bietet der vorzügliche Hafen
von Trincomalí Raum und Schutz für die größte Flotte. Die Flüsse
sind nur zur Regenzeit wasserreich, der bedeutendste ist der Mahawelli
Ganga, 330 km lang und zur Hälfte schiffbar. Ceylon besteht in
seiner Hauptmasse aus archäischen Gesteinen, nur in den ausgedehnten
flachen Landstrichen im N. herrschen junge quartäre Bildungen
(Meeressand, Madreporenkalk etc.) vor. Berühmt sind die Lager
von Edelsteinen (Saphir, Rubin, Zirkon, Spinell, Granat, Turmalin,
Katzenaugen etc.), die aus den alten Gesteinen des Berglandes ausgewaschen
sind und nun im Schwemmlande der Flüsse gefunden werden.
—Die Bevölkerung beträgt (1911) 4,1 Mill. Seelen, darunter
2,7 Mill. Singhalesen und 1 Mill. Tamulen. Daneben zählte man 1904
224719 Mauren (d. h. Indo-Araber), 23312 Eurasier oder Burghers
(Mischlinge von Europäern und Singhalesinnen), 11207 Malaien,
9583 Europäer und 21115 Araber, Afghanen etc., dazu wenige
Tausend Weddas (S. 108). Die Herkunft der Singhalesen ist noch
ganz unsicher; meist nimmt man an, daß sie arischen Ursprungs,
also Verwandte der Hindu und unter Umgehung der ganz Südindien
erfüllenden Drawida (Tamulen) auf dem Seewege von Nordwestindien
her nach der Insel gekommen seien.
[S. 107]
Karte von Ceylon.
[S. 108]
Sie sind mittelgroß,
mit feinen, regelmäßigen Zügen und hübsch gebaut, namentlich
die Frauen oft überraschend schön. Die Hautfarbe wechselt von
Hellbraun oder Olivenfarbe bis ins Schwarze; die Augen sind bisweilen
lichtbraun, das Haar (in dem auch die Männer stets Kämme
tragen) meist schwarz (selten blond), lang und seidig. Polygamie ist
selten. Einfache Kleidung, fast nur vegetabilische Nahrung, Wohnung
in Hütten (oft hoch auf Bäumen). Die Toten werden beerdigt.
Das Kastenwesen ist hier nie in der Weise wie auf dem Festlande
ausgebildet gewesen; an Stelle der dortigen, auf Rassenunterschiede
zurückgehenden Kasten bestehen Berufskasten, von den vornehmen
Goiwansa bis herab zu den aus jeder sonstigen Gemeinschaft ausgeschlossenen
Rodiya. Die Singhalesen haben wohl einst die ganze
Insel besessen, sind aber dann von den vom Festlande nachdrängenden
südindischen Drawidas (Tamulen) auf den größern Südwestteil
beschränkt worden. Der älteste und interessanteste Bevölkerungsteil
der Insel sind die Weddas; sie sind noch kleiner als die Singhalesen,
doch schlank, haben es nie über einen sehr geringen Grad
materieller Kultur hinaus gebracht (sehr geringe Kleidung, mit Bogen
und Pfeil bewaffnete Sammler und Jäger), doch haben sie eine verhältnismäßig
hochentwickelte Sprache und ein strenges Sittengesetz.
Heute sind sie auf wenige tausend Seelen zusammengeschmolzen
und von der Regierung in einigen Dörfern im SO. der Insel fest
angesiedelt. Herrschende Religion ist der Buddhismus, dem eine
glanzvolle Priesterschaft vorsteht; doch ist auch hier die ursprüngliche
Lehre Buddhas verloren gegangen. Die Tamulen sind meist Verehrer
Schiwas, die Mauren Mohammedaner. 1891 zählte man 1877043
Buddhisten, 615932 Schiwaanbeter, 211995 Mohammedaner, 302127
Christen.
Das Klima Ceylons ist rein tropisch,
d. h. gleichmäßig feuchtheiß; nur mit
der Erhebung über den Meeresspiegel
nimmt die Temperatur ab (Jahrestemperatur
von Colombo an der Küste
26,7°, von Kandy in 500 m Seehöhe
24,2°, von Nuwara Eliya in 1900 m
Höhe 14,1°). Der kühlste und der
wärmste Monat weichen in Colombo
nur um je 1,1° bis 1,2° von jener
Mitteltemperatur ab. Die Niederschläge
sind auf der ganzen Insel
nicht gering, da auch der Nordostmonsun,
der auf dem Festlande trocken
ist, sich vor dem Eintreffen auf der
Insel über dem Golf von Bengalen
mit Feuchtigkeit beladen hat. Jedoch
ist die Westseite der Insel regenreicher
als die Ostseite, und erstere
empfängt merkwürdigerweise in der
Zeit des Nordostmonsuns (Winter)
mehr Niederschläge als zur Zeit des
Südwestmonsuns (Sommer), den sie
doch aus erster Hand erhält. Colombo
hat zwei Regenzeiten, eine im Frühjahr
(Höhepunkt Mai) und eine im
Herbst (Höhepunkt Oktober). Die
trockensten Monate (Januar, Februar
und August) empfangen immer noch
so viel Niederschläge wie deutsche
Orte in den Sommermonaten. Die
Ostküste hat vorwiegend Winterregen
(Höhepunkt Dezember) und einen
relativ trocknen Sommer (April bis
September). Zeiten fast ununterbrochenen
Regens und stürmischen,
gewitterreichen Wetters sind die ersten
Wochen nach dem Ausbruche des
neuen Monsuns, also durchschnittlich
Mai und Oktober; in den Zwischenzeiten
ist das Wetter besser. Für
die Westküste ist die Zeit des Nordostmonsuns,
der als Landwind nach
Colombo kommt und Krankheitserreger
aus dem Innern der Insel mitbringt,
gesundheitsgefährlich; man tut
in dieser Zeit gut, möglichst rasch das
Bergland des Innern aufzusuchen.—
[S. 109]
Dank dem feuchtheißen Klima ist das
Pflanzenkleid Ceylons von einer
solchen Üppigkeit, daß die Insel mit
Recht immer wieder als das Urbild
tropischer Landschaft gepriesen und
geschildert wird (vgl. K. Günther, Einführung
in die Tropenwelt. Leipzig
1911. Mit einer Karte von Ceylon.
Auch als Führer bei einem Aufenthalt
auf der Insel zu empfehlen).
Freilich ist nur der West-und Südteil
der Insel ursprüngliches Regenwaldland,
der Ostteil aber mehr von parkartigem,
lichterem Trockenwald bestanden.
Zum großen Teil hat außerdem
der Wald den Kulturen weichen
müssen, denn Ceylon ist etwa ebenso
dicht bevölkert wie das gleichgroße
Ost-und Westpreußen. Doch bietet
gerade die vorgeschrittene Kultivierung
der Insel bequeme und gefahrlose
Gelegenheit zum Studium der Tropennatur,
der Botanische Garten von
Peradeniya (S. 117) eine Zusammenstellung
von Tropenpflanzen, wie sie
sonst nur in Java (S. 200) wiederzufinden
ist.—Ackerbau ist Hauptbeschäftigung;
Reis, Früchte, Fisch
und Gemüse sind die Hauptnahrung
der Eingebornen. Die Insel ist die
Heimat der Zimtbäume (Cinnamomum
ceylanicum), der Piper-Arten (Chavica
Roxburghii) und vieler Kukurbitazeen,
während zahlreiche Kulturgewächse
andrer Länder zugleich eine fruchtbare
Stätte gefunden haben.—Früher wurde
viel Kaffee gebaut; seitdem aber dessen
Pflanzungen durch den Pilz Hemileia
vastatrix vernichtet worden sind, sind
die Teeplantagen an deren Stelle getreten;
Tee ist jetzt der wichtigste
Ausfuhrartikel der Insel. Außerdem
sind wichtig: Kakao, Tabak, Zimt (Regierungsmonopol),
Kautschuk, Baumwolle,
Kokosöl. Die Viehzucht ist beträchtlich.
—Die Landstraßen sind für
Automobilfahrten geeignet.—Tierwelt:
Der in Indien weitverbreitete
Tiger fehlt (wahrscheinlich ausgerottet),
während der Panther noch vorkommt.
Der Lippenbär (Ursus labiatus)
ist ein Charaktertier Ceylons. Der
Elefant ist wild und gezähmt vorhanden
und spielt als Last-und Reittier
eine wichtige Rolle. An Reptilien ist
die Familie der Schildschwänze (Uropeltidae),
von Amphibien die interessante
Blindwühle (Ichthyophis glutinosus) zu nennen.
Die Küsten werden
manchmal von der indischen
Seekuh (Halicore) besucht, im Golf
von Manár wird Perlenfischerei (stark
zurückgegangen) ausgeübt.
Geschichtliches: Schon die Griechen
und Römer kannten das an Edelsteinen
und Gewürzen reiche, von
ihnen Taprobane genannte Ceylon.
Die Insel wurde seit 543 v. Chr. von
Fürsten beherrscht, die aus Nordindien
stammten, und von denen bis
1815 im ganzen 165 herrschten. 245
v. Chr. wurde die Lehre des Buddha
in Ceylon eingeführt. Im 8. Jahrh.
ließen sich mohammedanische Araber
auf Ceylon nieder. Seit 1505 begannen
die Portugiesen regelmäßigen
Verkehr mit Ceylon, machten sich
aber so verhaßt, daß der König die
Holländer zu Hilfe rief. Die Portugiesen
wurden 1632-58 verdrängt,
und die Holländer besetzten das Küstenland.
Im Kriege zwischen England
und Holland wurde Ceylon von
den Engländern besetzt und 1802 förmlich
an sie abgetreten; 1815 wurde
die Insel nach Beseitigung des eingebornen
Fürsten englische Kronkolonie;
ihre Verwaltung ist durchaus unabhängig
von der des festländischen
Vorderindien.
Reisepläne für Ceylon. Auf 3 Tage.
1. u. 2. Tag: Colombo und Fahrt nach
Peradeniya und Kandy. 3. Tag: Colombo,
Kelanitempel, Museum, Mount
Lavinia.—Auf 5 Tage. 1. Tag:
Peradeniya und Kandy. 2. u. 3. Tag:
Nuwara Eliya mit Pedrotallagalla.
4. Tag: Rückfahrt über Kandy nach
Colombo. 5. Tag: Colombo mit Mount
Lavinia.—Auf 10 Tage. 1. Tag:
Colombo. 2. Tag: Peradeniya und
Kandy. 3. Tag: Kandy, Zahntempel,
Lady Horton's Walk. Nm. Fahrt nach
Matale, dort über Nacht. 4. Tag: Post
über Dambulla nach Anuradhapura.
5. Tag: Anuradhapura. 6. Tag: Rückfahrt
über Dambulla und Matale nach
Kandy. 7. Tag: Fahrt nach Nuwara
Eliya. 8. Tag: Nuwara Eliya, Besteigung
des Pedrotallagalla. 9. Tag:
Rückfahrt über Kandy nach Colombo.
10. Tag: Colombo.—Auf 14 Tage.
1. Tag: Colombo. 2. Tag: Fahrt nach
Nuwara Eliya. 3. Tag: Nuwara Eliya.
4. Tag: Besteigung des Pedrotallagalla.
5. Tag: Fahrt nach Kandy und Peradeniya.
[S. 110]
6. Tag: Kandy. 7. Tag:
Fahrt nach Matale. 8. Tag: Fahrt nach
Dambulla, Felsentempel. 9. Tag:
Fahrt nach Anuradhapura. 10. u. 11.
Tag: Anuradhapura. 12. Tag: Rückfahrt
mit Bahn nach Colombo. 13. Tag:
Bahnfahrt nach Point de Galle und
zurück. 14. Tag: Colombo.
Wer die Kosten nicht scheut,
mache die Reise durch Ceylon (oder
einen Teil derselben) mit Automobil,
durch Cook & Son oder die Hotels
in Colombo (s. unten) zu beschaffen,
womöglich schon von Aden aus telegraphisch
zu bestellen; man benutze
möglichst leichte Wagen mit besten
Reifen. Benzin ist in jedem größern
Ort zu haben.
Colombo.
Vgl. den Plan S. 111.
Ankunft zur See. Die Postdampfer
machen an den Tonnen im Hafen von
Colombo fest, der durch Wellenbrecher
gut geschützt ist. Boote mit Händlern,
Zauberern umschwärmen sofort das
Schiff und kommen an Bord (Kabine
abschließen, da die Tamulen tüchtig
stehlen!). Die Landung geschieht mit
Tendern der Dampfergesellschaften
(frei) oder mit kleinen Booten; man
achte auf sein Gepäck und weise die
unverschämten Forderungen der Bootsführer
zurück. 10 Min. Fahrt bis zur
Landungsbrücke am Südende des Hafens
kostet 1/4 Rup. = 25 cents, nach
7 Uhr Nm. 40 cents; dort liegt das Zollamt;
Zolluntersuchung für Vergnügungsreisende
meist ohne Schwierigkeit,
die Zollbeamten sind höflich und
gefällig. Beim Zollamt nehme man eine
Rikscha zur Fahrt nach dem Gasthof.
Gasthöfe: Galle Face Hotel (deutscher
Direktor: G. Peters), an der Galle
Face Esplanade, etwa 2 km vom Landungsplatz,
in schöner, ruhiger Lage
am Meer, mit Garten und Seeterrasse,
für längern Aufenthalt geeignet, gut
geleitet; 250 Z., Pens. 10-15 Rup.
(Pens. vorher vereinbaren!), Z. 4, Tiffin
11/2 Uhr 2,50 Rup., Dinner 71/2 Uhr
4 Rup.; Schwimmbad.—Grand Oriental
Hotel, beim Zollamt an der Landungsbrücke
bequem gelegen, Küche
gerühmt; 154 Z. 4-6, Lunch 21/2, Dinner
4, Pens. 10 Rup.—Bristol Hotel.—
British India Hotel, schöne Lage am
Meer neben dem Fort, II. Ranges, aber
von einzelnen Herren viel besucht,
Pens. 5 Rup.—Mount Lavinia Grand
Hotel, s. S. 114. Man beachte, daß alle
Gasthöfe auf Ceylon zeitweise stark
überfüllt sind, z. B. bei Rennen und
Sportwochen in Nuwara Eliya (S. 122),
bei Besuch größerer Reisegesellschaften
etc., daher ist stets Voraussicherung
der Unterkunft im Innern Ceylons
sehr zu empfehlen!
Post u. Tel.: Queen's Street, 5 Min.
vom Landungsplatze.—Telephon in
allen Gasthöfen und Geschäften.
Wagen und Rikschas nach Tarif
(s. unten).
Straßenbahnen: Zwei Linien; eine
führt vom Landungsplatz nach Kelani,
die andre südl. nach Borella. Beide
werden fast nur von Eingebornen und
Mischlingen benutzt; Fahrpreis I. Kl.
10 cents die engl. Meile.
Kraftwagen (für 2-6 Reisende) zu
Ausflügen ins Innere sind durch Cook's
Office oder die Hotels und bei Walker
Sons & Co., Fort, zu mieten; bei andern
Unternehmern sollen die Preise
sehr willkürlich sein (man kann ungefähr
11/4 Rup. für jede engl. Meile
rechnen).—Postautomobilverbindungen
(vgl. die Karte S. 107), meist recht
gut, bestehen auf der Insel Ceylon
bereits viele Linien und werden fortwährend
vermehrt; man erkundige
sich bei der Postverwaltung.
Eisenbahnen. Hauptbahnhof (Maradana
Junction) der Linie nach Kandy
sowie über Anuradhapura nach Jaffna,
etwa 2 km osö. von der Landungsbrücke.—
Fort Station, am Hafen, dient
der Linie über Mount Lavinia nach
Point de Galle und Matara.—Eisenbahnzeit
wie in Indien, S. 50. Fahrpläne
(Fare tables) auf allen Stationen
für 10 cents, enthalten auch Tarife
für Wagen und Rikschas für alle Orte.
Europäer fahren stets nur I. Kl. So.
weniger Züge als wochentags.
[S. 111]
Colombo.
[S. 112]
Dampfer: Reichspostdampfer des
Norddeutschen Lloyd (Agentur Freudenberg
& Co., Tel.-Adresse: Nordlloyd-Colombo)
alle 2 Wochen nach
Ostasien über Penang und Singapore
bzw. nach Europa, alle 4 Wochen nach
Australien.—Österreichischer Lloyd
(Agentur Darley, Butler & Co.), nach
Bombay, Calcutta, Ostasien und Europa.
—Messageries Maritimes (Agent P. de
Bure, Telegrammadresse: Messageries-Colombo),
nach Indochina, Ostasien,
Australien, Europa; Zweiglinie nach
Pondichéry und Calcutta.—Außerdem
zahlreiche englische Linien (Peninsular
& Oriental Co., Orient Line, British
India Line, Bibby Line etc.) nach allen
europäischen, indischen und ostasiatischen
Häfen. Fahrpreise und Fahrpläne
sind häufig Änderungen unterworfen.
Geld. Landesmünze für Ceylon ist
die Rupie (S. 49), geteilt in 100 cents.
Im Umlauf sind folgende Geldstücke:
Pfund Sterling englisch in Gold =
15 Rup.; Silbermünzen zu 1 Rup.,
50, 25 und 10 cts.; Nickel zu 5 cts.;
Kupfer zu 1, 1/2 und 1/4 cts. Papiergeld:
1000, 100, 50, 10 und 5 Rup.-Scheine.
Schecks werden nur solche
auf Ceylon-Bankhäuser in Zahlung genommen.
Kreditbriefe, vgl. S. 7.
Indisches Papiergeld ist nur mit Verlust
anzubringen, dagegen wird indisches
Silbergeld genommen, nur nicht
die Zwei-Annasmünzen.
Banken: Freudenberg & Co., Korr.
der Deutschen Bank, Dresdner Bank,
Disconto-Gesellschaft und Deutsch-Asiatischen
Bank;—National Bank
of India, Korr. der Allg. Deutschen
Creditanstalt in Leipzig;—Chartered
Bank of India, Australia & China;
—Hongkong & Shanghai Bank;—
Mercantile Bank of India Ltd.; sämtlich
Korrespondenten der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Größere Beträge
lasse man sich hauptsächlich in
50 und 100 Rup.-Scheinen, nicht nur
kleinen (5 und 10), zahlen.
Sprache. Das Singhalesische (Elu)
ist mit Indisch durchsetzt, daneben
ist auch das Tamul (Sprache der Tamulen)
vorherrschend, außerdem Hindostani.
Die Nachkommen der Portugiesen
sprechen verdorbenes Portugiesisch,
die Mauren verdorbenes
Arabisch. Die kirchlichen und philosophischen
Schriften der (buddhistischen)
Singhalesen sind in Pâlisprache
abgefaßt.
Tempelgelder. In buddhistischen
Klöstern und Tempeln liegt meist ein
Fremdenbuch aus; man trage sich ein
und gebe dabei (für 1-2 Personen)
1 Rup., weise dann andre Gabenforderungen
ab.
Reisebureau: Thos. Cook & Son,
1 Victoria Arcades, York Street; besorgt
auch Automobile (womöglich
schon von Aden aus telegraphisch zu
bestellen); hier sind Reisehandbücher
(Cook's Handbook Ceylon) zu haben.—
Führer tragen dunkelblaue Röcke mit
grünen Aufschlägen und müssen Zeugnis
und Tarif (pocket register) vorzeigen;
Lohn für die erste Stunde 50 cts.,
jede Stunde mehr 25 cts. Man sehe
sich vor bei der Wahl des Führers.
Literatur: Henry W. Cave, The
Book of Ceylon, reich illustriert (Lond.
1908); Norddeutscher Lloyd, Automobiltouren
auf Ceylon (Bremen 1910).
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
Reinhart Freudenberg.—Österreich-Ungarn,
beauftragter Konsul R.
Freudenberg.
Polizeiamt: Belästigungen und unverschämte
Forderungen von Kutschern,
Kulis etc. melde man sofort
dem nächsten Polizisten; die Polizei
ist streng und gefürchtet.
Ärzte: Prof. Castellani u. Dr. Gordon
im Galle Face Hotel; Llewellyn Thomas;
Jas. Craik; J. Rockwood; Zahnarzt
Dr. Sidney Same.—Apotheke im
Warenhaus Cargill's & Apothecaries Co.
Buchhandlungen: H. W. Cave & Co.
(Reisehandbücher für Ceylon) und im
Warenhaus Apothecaries Co.
Photographien: Plate (Deutscher),
hat hübscheste Ansichten, verkauft
Films etc. und entwickelt; Colonial
Photographic Co., Victoria Arcade, Fort
(gegenüber Grand Oriental Hotel), auch
Films und Platten etc.—Colombo Apothecaries
Co., neben Grand Oriental
Hotel; stellen Reisenden Dunkelkammer
frei und haben Ansichten, Volkstypenbilder
etc.—Skeen & Co., Chatham
Street.
Geschäftsadressen: In der Geschäftsstraße
an der Landungsbrücke
Basare mit Teppichen, Ebenholzschnitzereien,
Sandelholzsachen, Gold-und
Silbersachen, geschliffene Steine;
beim Einkauf besonders von Steinen
ist Vorsicht geboten, da vieles unecht
ist, und man stets stark herunterhandeln
muß. Schildpattschmucksachen,
Mondsteine, Katzenaugen, Kuriositäten,
Ebenholzsachen etc. bei D. F. de
Silva, Chatham Street 7, und Don
Theodori & Co., Chatham Street 40.
Steine gut und reell (aber handeln!)
bei Caffoore im Bristol Hotel.
[S. 113]
Vereine: Deutscher Verein.—Colombo
Club, Galle Face Esplanade.—
Golf Club.
Zeiteinteilung. 1. Tag: Vm. Fahrt
durch die Stadt nach Kelani; Nm.
nach Mount Lavinia.—2. Tag: Victoria
Park und Museum. Längern
Aufenthalt benutze man zum Ausflug
ins Gebirge.
Geschichtliches. Colombo wurde
1505 von den Portugiesen zur Handelsniederlassung
gemacht, dann 1518 befestigt.
Nach langer Belagerung eroberten
die Holländer 1658 den Platz
und befestigten ihn stark. 1796 bemächtigten
sich die Engländer des guten
Seehafens, der erst seit den 70er
Jahren des 19. Jahrh. an Stelle von
Point de Galle zu Bedeutung gelangte.
Klima (vgl. S. 108). Die Sonnenwärme
in der freien Sonne ist in
Colombo fast stets so groß, daß Europäer
sich durch Tropenhelm und Tropenkleidung,
Sonnenschirm und Sonnenbrille
etc. dagegen schützen müssen.
Man meide es, ohne dringende Ursache
zwischen 10 Uhr Vm. und 4 Uhr Nm.
auszugehen! Sonnenstich und andre
Schäden sind besonders bei frisch aus
Europa gekommenen Fremden nicht
selten; Alkoholgenuß ist vor Sonnenuntergang
zu meiden. Man richte sich
bei längerm Aufenthalt nach der Lebensweise
gebildeter, am Orte akklimatisierter
Europäer!
Colombo, von den Engländern zur Hauptstadt Ceylons gemacht,
hat etwa 180000 Einw., meist Singhalesen (S. 106), dann Tamulen
(von der Malabarküste), die kräftiger und arbeitsamer sind, und
Mauren; ferner Parsen, Juden, Malaien und Mischlinge. Das Volksleben
ist bunt und sehr interessant.—Die Stadt liegt unter 6° 56'
nördl. Br. an einer Bucht, die durch einen 1,5 km langen Hafendamm
nach W. und einen Wellenbrecher nach N. gegen Seegang
geschützt wird. Ein großes Trockendock sowie andre Einrichtungen
zur Ausbesserung von Seeschiffen sind vorhanden. Nördl. von der
Hafenbucht mündet der Fluß Kelani (Kelaniya Ganga). Das europäische
Viertel am SW.-Ende des Hafens hat ein Fort, neben dem
der hohe Leuchtturm, zugleich Uhrturm, steht; dicht dabei die Zeitsignalstation
und südl. davon ein freier Platz, die Esplanade, an der
die Residenz des Gouverneurs, Queen's House (Pl. 1), mit der Vorderseite
nach See liegt. Kasernen liegen südl. vom Palast. Colombo
besitzt mehrere Kirchen, Buddha-und Schiwatempel, ein Museum,
zwei Bibliotheken und große Wasserwerke, die das Wasser 48 km
weit herleiten. Die Eingebornenstadt Pettah mit engen Straßen liegt
nö. vom Europäerviertel längs der Ostküste des Hafens.—Der Handel
von Colombo ist sehr bedeutend, da fast die ganze Einfuhr (Reis,
Kohlen, Baumwollwaren, gesalzene Fische etc.) sowie die Ausfuhr
(Tee, Zimt, Kokosöl, Kokosnüsse, Kaffee, Graphit, Chinarinde, Kopra,
Kautschuk etc.) für Ceylon über Colombo geht. Er befindet sich
fast ganz in englischen Händen.
Rundfahrt (mit Rikscha) durch die Stadt kann fast planlos geschehen,
weil Colombo reich an malerischen Wegen ist; man beachte,
daß das Geschäftsleben sich nahe dem Hafen abspielt. Von der Landungsbrücke
der Boote gelangt man in die York Street; l. Marmorstandbild
der Königin Viktoria, r. Grand Oriental Hotel und l. Victoria
Arcades. Dann am Postamt (Pl. 2) vorbei über die Esplanade zum Galle
Face Hotel. Weiter am Strand entlang an den Kasernen vorbei zum
Standbild von Sir E. Barnes, dann r. an einem alten holländischen
[S. 114]
Glockenturm (Pl. 4) vorbei über den Marktplatz mit dem Rathaus
(Town Hall, Pl. 5). Dort führt l. die Sea Street zu zwei malerischen
kleinen Hindutempeln, während nach r. die Wolfendahl Street zu
der alten hochgelegenen holländischen Wolfendahl-Kirche führt
(*Aussicht auf Stadt und Hafen). Dann nö. weiter nach der katholischen
Kathedrale St. Lucia und an andern Kirchen vorbei zu dem
(r.) schönen Hause Uplands und weiter durch die malerische Fischervorstadt
Mutwal bis zum Fluß und zurück durch Grand Pass Road
bis Skinners Road, nun l. diese Allee entlang bis zum Maradanabahnhof;
von hier westl. bis zum Süßwassersee und an diesem entlang
zum Gasthof zurück.—Ein andrer Rundweg führt vom Galle
Face Hotel über die Brücke, dicht hinter dem Hotel, nach Slave
Island und dann am Rande des malerischen Sees vorbei an dem
hübschen Wohnsitz des kommandierenden Generals für Ceylon in
den Victoria Park. Man beachte vorher den kleinen malerischen
Buddhatempel über dem See, ungefähr gegenüber vom Generalshaus.
Der Park liegt auf dem Platz alter Zimtgärten (Cinnamon
Gardens) und ist reich ausgeschmückt. Im Park das *Museum (1877
erbaut), das wertvolle historische, kultur-und naturhistorische Sammlungen
für Ceylon und eine Bibliothek enthält; originelle Sammlung
Kandy-pottery (wunderliche Tonfiguren), ferner Teufelstänzermasken
gegen jede Krankheit; Inschriftensteine aus Anuradhapura (von den
deutschen Gelehrten Dr. Goldschmidt und Dr. Müller entziffert); ein
Buddhazahn. Auf dem Flur ein Riesenlöwe aus Pollonarua, der
als Königsthron diente, und ein *Fenster aus den Ruinen von Yapahoo.
Vor dem Museum ein Standbild des Gouverneurs Gregory.
Ausflüge: 1) Kelaniya. Wagenfahrt
(etwa 1 St. hin) zunächst durch die
enge, heiße und staubige Eingebornenstadt
Pettah (etwa 6 km), dann über
den Kelanifluß und durch Kokospalmenpflanzungen
bis (10 km) zu einem
alten Buddhatempel (1240 erbaut über
einem 306 v. Chr. errichteten Reliquienschrein
des Prinzen Yatalatissa)
mit im Nirwana weltfernen Buddha,
dem die weißen Blüten des Sakakibaums
dargebracht werden. Beim Maivollmond
hier großes Tempelfest. Auf
der Rückfahrt kann man gegen SO.
einen Umweg machen (2 St. Fahrt).
2) *Mount Lavinia mit der Sea Coast
Railway, deren sechs Bahnhöfe in Colombo
sind: Pettah, The Fort (beim
Hafen), Slave Island (etwa 1/2 km vom
Galle Face Hotel), Kollapitiya, Bambalapitya
und Wellawatta; die Bahn
fährt teils durch Palmenwald, teils am
Strand nach (11 km) *Mount Lavinia
(Grand Hotel, Z. von 3 R. an, Tiffin
21/2, Dinn. 3, Pens. von 7 Rup. an),
in entzückender Lage am Meer auf
malerischem Vorgebirge. In der Nähe
ein Buddhatempel. Sehr beliebter Ausflugsort,
auch für längern Aufenthalt.
Die Fahrt dahin im Wagen (Einsp.
10 Rup.) vom Galle Face Hotel an
der Kollapitiya (Colpatty) Road entlang
durch reizende Eingebornenvororte
und Palmenhaine, fortgesetzt im
Schatten, ist sehr lohnend.—Die
Bahnlinie führt weiter über Point de
Galle (S. 125) nach Matara.
3) *Negombo, 37 km nördl. von
Colombo, lohnender Automobilausflug
(Eisenbahn von Colombo über Ragama,
außerdem zweimal tägl. Coach
service (Autobus), etwa früh 7 Uhr und
2 Uhr Nm. ab Colombo, Fahrzeit 31/2
St., ab Negombo etwa früh 7 Uhr und
33/4 Uhr Nm. Fahrpreis 3 Rup.) an
der Westküste Ceylons durch malerische
Dörfer, Kokospalmenwälder und
Zimtgärten, für Künstler und Liebhaberphotographen
eine Fülle landschaftlicher
Schönheit bietend; die
kleine Hafenstadt Negombo mit vorzüglichem
Rasthaus hat 20000 Einw.;
sie liegt zwischen Meer und Lagune,
zeigt altholländischen Charakter mit
Kanälen und verschiedenen Bauten
(altes Tor, sehr malerisch).
Mittel-Ceylon.
[S. 115]
Von Colombo nach Kandy.
Colombo-Kandy Railway vom Hauptbahnhof;
Morgenschnellzug bis (75 M
= 121 km) Kandy 33/4 St., I. Kl. hin
und zurück 9 Rup., Abfahrt von Kandy
Nm., Ankunft in Colombo gegen Abend.
Cooks Reisebureau gibt Rückfahrkarten
I. Kl. 15 Rup. einschließlich 1. und 2.
Frühstück im Speisewagen und Wagenfahrt
in Kandy.
Für eine kurz dauernde Inselreise
nehme man Rückfahrkarte Colombo-Kandy,
fahre mit Morgenzug, steige in
Peradeninya aus, mit nächstem Zug
weiter; von Kandy Rückfahrkarte nach
Nurelia, auch Rückfahrt mit beiden
Karten bis Polgahawela, dort Fahrt
unterbrechen (Bescheinigung nötig),
dann mit Rückfahrkarte Polgahawela-Anuradhapura
und schließlich zurück
nach Colombo. Man achte darauf,
daß von Nurelia das Gepäck richtig
bis Anuradhapura aufgegeben wird
(sagen, daß man Fahrkarte in Polgahawela
nachkauft).
Die Bahnfahrt in die kühle Gebirgsgegend ist allen zu empfehlen,
die unter der Tropenhitze gelitten haben; wer von Kandy weiter
ins Gebirge hinauf will, nehme warme Kleidung und wollene Decken
mit! Wer Zeit hat, widme mindestens eine Woche dem tropischen
Berglande. Die genußreiche Fahrt führt zunächst über den Kelanifluß
und weiter durch herrliche Tropenlandschaften mit vielen
Palmenarten und Riesenblumen (Talipot), Brotfruchtbäumen, Jak,
Frangipani etc. über (9 M) Ragama (von hier Zweigbahn nach Negombo,
s. S. 114) und Mahara (mit Steinbrüchen für den Hafenbau)
nach (16 M) Henaratgoda; 1,5 km vom Bahnhof sind die Government
Tropical Gardens (für Botaniker wichtig!) für tropische Pflanzen.
Dann fährt die Bahn etwa 26 km durch dichten Kokospalmenbestand
nach (34 M) Ambepussa, schon im Hügelland in ungesunder
Sumpfgegend gelegen, wo dichte Dschungeln die Bahn umgeben.
Dann folgen angebaute Flächen, Kokospalmen und Teepflanzungen.
—(45 M) Polgahawela (Bahnwirtschaft und gutes Rasthaus; 74 m);
hier zweigt l. die Northern Railway nach Anuradhapura (S. 119)
ab. Unsre Bahn führt weiter nach (52 M) Rambukkana, wo der
Aufstieg ins Gebirge beginnt. Die Bahn steigt nun 22 km lang mit
1:45 Steigung bis zu 517 m Höhe. Prächtiger Pflanzenwuchs und
überraschende Ausblicke (Sensation Rock) an jeder Biegung der
Bahn; viele Tunnels und senkrechte Felswände, an denen die Bahn
entlang führt. Zuweilen Blick auf das Tiefland von Colombo, dann
über zerklüftete Täler. Bei (65 M) Kadugannawa ist die Höhe des
Ghats erreicht, die Luft wird schon kühler. Jenseit des Bahnhofs
sieht man den Belungalahügel (775 m), der früher als Wachtposten
diente. Nun senkt sich die Bahn wieder 40 m bis nach (71 M) Peradeniya,
mit den berühmten *Royal Botanic Gardens (S. 117); hier
teilt sich die Bahn, die Hauptlinie läuft südl. ins Gebirge, eine
Zweiglinie nördl. über Kandy nach Matale.—Die Bahn fährt am
Botanischen Garten vorbei nach
(75 M) Kandy (512 m; Queen's Hotel, gut, 112 Z. von 3 Rup. an,
Lunch 21/2, Dinn. 4, Pens. 8-25 Rup.; The Firs Hotel, am See
reizend gelegen, Pens. 7-15 Rup.; Florence Villas Hotel, klein, aber
bequem, Pens. 5 Rup.; Wagen in den Hotels, eine Fahrt Vm. oder
Nm. 41/2-6 Rup.; Klub, am See; Banken: Mercantile Bank of India
Ltd. und National Bank of India Ltd. [beide Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft, letztere auch der Deutschen Bank]; Reisebedarf
[S. 116]
bei Miller & Co.; Cargills; photographische Artikel bei Apothecaries
& Co. und Skeen & Co.; Ärzte: Dr. Hay, Dr. Anderson Smith), die
alte singhalesische Hauptstadt von Ceylon, mit 26519 Einw., darunter
viele Europäer, malerisch an einem kleinen, vom Gebirge halbumschlossenen
See gelegen; hat einen 1600 erbauten, jetzt halbverfallenen
großen Königspalast, 4 Hindutempel, 12 Buddhatempel, darunter
den sehr heiligen mit dem Zahn Buddhas (Dalaba). Abgesehen vom
Eingebornenviertel ist Kandy modern angelegt; während die Eingebornenhäuser
dicht beieinander auf der Talsohle stehen, sind die
Bungalows der Europäer rings an den Berghängen im Grünen versteckt.
Vor Queen's Hotel breitet sich der malerische See von Kandy
aus. Das Klima von Kandy ist erfrischend, obgleich bei Tage die
Hitze noch empfindlich wird; Abende und Nächte sind kühl;
Zimmertemperatur im Dezember 20-25° C.—Der Zahntempel zu
Kandy, *Dalaba Maligawa, ist eins der großen buddhistischen
Heiligtümer; durch eine zinnengekrönte Umfassungsmauer mit
Graben gelangt man in eine große Vorhalle und von da in den innern
Hof, wo auf niedrigem Unterbau der eigentliche Tempel, die
Vihara, steht (zudringliche Priester und Bettler, man gebe einmal
eine Kleinigkeit; vgl. Tempelgelder S. 112).
Man steigt auf enger Treppe ins
Allerheiligste, wo die Reliquie auf
silbernem Tischchen unter glockenförmigem,
goldenem Behälter, der mit
Diamanten und Perlen besetzt ist und
auf goldener Lotosblume ruht. (Der
»Zahn Buddhas« soll so groß wie ein
Krokodils-, Ochsen-oder gar Elefantenzahn
sein; über seine Echtheit bestehen
um so mehr Zweifel, als die Reliquie
1560 in portugiesische Gewalt fiel
und vom Erzbischof von Goa feierlich
verbrannt wurde, trotzdem der König
von Pegu 20 Mill. Francs Lösegeld
geboten haben soll; König Wikrama
Bahu von Ceylon ließ aber bald darauf
durch Priester verkünden, der echte
Zahn sei gerettet, die Portugiesen hätten
einen falschen verbrannt.) Die Reliquie
wird selten gezeigt.—Die bunten
Fresken im Tempel stellen die Höllenstrafen,
besonders für die Untugenden
des weiblichen Geschlechts, dar.—
Sehenswert sind die kostbar gebundenen
heiligen Schriften auf präparierten
Talipotpalmblättern in einem
achteckigen Pavillon des Tempels
(man gebe dem Priester 1 Rup. für die
von ihm überreichten Buddhasprüche
auf solchem Palmenblatt).—In der
Nähe ist in kleiner Kapelle ein großer
Buddha zu sehen. Neben dem Tempel
steht der renovierte Königspalast
(jetzt Besitz des Gouvernements, von
dem Gouvernementagenten bewohnt;
sehenswert ist die alte Audienzhalle
mit herrlich geschnitzten Säulen, jetzt
Gerichtssaal, ferner ein Museum mit
altsinghalesischer Kunst (dort wird vor
den Besuchern gewebt, geschnitzt etc.).
Spazierfahrt über Lady Horton's Walk und Lady Gordon's Walk
ist gegen Abend sehr lohnend; der Weg führt rings um den See
und den Talkessel an den Höhen hinauf mit vielen prächtigen
Ausblicken auf Kandy und das Tal des Mahawelli Ganga. Gregory
Road führt durch herrlichen Wald mit Ausblicken auf den See.
Lady Black's Walk führt nach Peradeniya.—Eine Rikschafahrt
gegen Abend bis zum Flusse nach dem Elefantenkral bietet Gelegenheit,
(zahme) Elefanten baden zu sehen; dann fahre man über
die Mahawelli Ganga-Brücke bis zu dem interessanten Dorfe Katugastota.
In einem Park in Kandy liegt der schöne Wohnsitz (King's
Pavillon) des Gouverneurs von Ceylon. Schlangen kommen in
der Umgegend von Kandy vor, besonders Cobra und Carawilla, auch
[S. 117]
Blutegel und Skorpione, die sich im Unterzeug festsetzen, weshalb
man nach Spaziergang auf Rasen oder in weglosem Wald und Garten
nachsehen sollte. Solange man auf Kieswegen und Straßen
bleibt, besteht keine Gefahr!
Ausflug nach (5 km) *Peradeniya
(gutes Rasthaus mit Betten), mit Bahn
in 10 Min. zu erreichen, am besten
mit Wagen (1/2 St.) durch eine hübsche
Vorstadt von Kandy, wo jedes Haus
von Palmen, Brotfruchtbäumen und
Kaffeebüschen umgeben ist und auf
den Dächern Ananas wachsen. Am
Bahnhofswege liegen die Bungalows
der am Botanischen Garten angestellten
Naturforscher. Die *Royal Botanic
Gardens in Peradeniya, gegründet
1819, sind 60 ha groß und enthalten
eine nahezu vollständige Sammlung
aller wichtigen Tropenpflanzen der
Erde. (Ein guter Plan des Gartens
nebst Führer ist am Eingang zu 25 cts.
zu bekommen.) Der Garten enthält
Denkmäler der verdienten Direktoren
Dr. Gardiner und Dr. Thwaites.
Einzelne Singhalesengärtner sind
gute Führer für den Park.—Den Eingang
bildet ein großer Dom alter
Gummibäume (Ficus elastica) mit wirren,
freiliegenden Wurzeln. Vor dem
Portal stehen drei Baumriesen: ein Mahagonibaum,
ein südamerikanischer
Fruchtbaum (Chrysophyllum) und ein
Nutzholzbaum (Pterocarpus indicus)
aus Birma. Man fahre nun langsam
durch den Garten und steige gelegentlich
aus, um kleine Ausflüge zu Fuß
auf den Promenadenwegen seitlich
von den Fahrwegen zu machen. Zu
beiden Seiten der Einfahrt stehen zwei
mächtige westafrikanische Ölpalmen
(Elaeis guineensis), dicht dabei eine
Gruppe einheimischer und fremder
Palmen: die Kokospalme (Cocos nucifera);
Areca Catechu: die kubanische
Königspalme (Oreodoxa regia); die
Dattelpalme (Phoenix dactylifera) aus
Nordafrika; Areca concinna; Loxococcus
rupicola und die wundervolle Coco
de mer (Lodoicea sechellarum) von den
Seychellen, deren Frucht früher als heilkräftig
galt. Der Mahawelli Ganga
umgibt mit einer starken Windung den
Park von drei Seiten. Eine lange, gerade
Allee von hohen, schattigen Bäumen
mit vielen Zierblumen dazwischen
führt quer durch den größten Teil des
Parks; von ihm zweigt sich ein andrer
Fahrweg ab, der zur Wohnung des
Direktors, auf kleiner Anhöhe gelegen,
führt; dieser Bungalow ist von den
seltensten Pflanzen mit den farbenprächtigsten
Blüten umgeben. Sehr
sehenswert ist der *Farngarten an
einem Bach im Schatten großer Bäume
mit den seltsamsten kleinen und Riesenfarnen;
ferner die Orchideen, blühenden
Schlingpflanzen, Lianen, Trompetenblumen,
Ipomoeen (Trichterwinden),
die Bauhinia scandens und racemosa
(wie ein Ankerkabel aussehend).
Am Ufer des Mahawelli Ganga stehen
hohe Bambusgebüsche, darunter der
bis 40 m hohe birmanische Riesenbambus
(Dendrocalamus giganteus),
dessen Wurzelschößlinge nach der
Regenzeit (im Juni) austreiben und
in 2-3 Monaten diese enorme Höhe
erreichen. In der Nähe ist eine prachtvolle
Oreodoxa-Palmenallee. In einem
Teich wachsen Lotosblumen, Wasserrosen
und andre Nymphäen sowie
die mächtige Victoria regia; in der
Nähe Nutzpflanzen: Kakao-, Kaffee-
und Gewürznelkensträucher, Zimtbäume,
Vanille, Erythroxylon coca
(Kokain), Manihot (Tapioka), Pfeffer,
Sagopalmen, Indigo-und Jutepflanzen,
Citronellagras u. a.; ferner eine Muskatnußbaumallee.
Auch die tropischen
Giftbäume sind vertreten; der javanische
Upas (Antiaris toxicaria), der
Pfeilgiftbaum (unter den man sich nicht
stellen soll) u. a., ferner verschiedene
Gattungen von Kautschuk-und Guttaperchabäumen
(Castilloa elastica, Hevea
brasiliensis); außerdem prächtige
Gruppen von Agaven, Cycas, Eucalyptus
und (am Ende des Gartens)
seltsamen Pandanusarten. Von merkwürdigen
Pflanzen seien noch erwähnt:
die Mimosa pudica, die insektenfressenden
Nepenthes-Arten mit riesigen
kannenähnlichen Blättern, der nachts
seine Blätter schließende südamerikanische
Regenbaum (Pithecolobium
Saman), der Sandbüchsenbaum (Hura
crepitans), dessen Früchte mit lautem
Knall platzen, der Kanonenkugelbaum
(Couroupita guianensis).
[S. 118]
Von den zahllosen
Palmenarten ist eine der schönsten
die in mehreren Alleen angepflanzte,
in Ceylon heimische Talipotpalme
(Corypha umbraculifera); ihr
kerzengerader weißer Stamm wird
mehr als 30 m hoch, ihre Gipfelkrone
entwickelt riesige Blattfächer; im Alter
zwischen 50 und 80 Jahren blüht die
Palme ein einziges Mal und stirbt
dann ab. Sehr interessant ist der
sogen. »Baum der Reisenden« (Ravenala
madagascariensis), eine prächtige
Musazee, die in ihren Blattscheiden
schmackhaftes, kühles Wasser ansammelt.
Der Garten ist voll tropischer
Vögel, Eichhörnchen und Fliegender
Hunde.
Im Garten ist ein sehenswertes *Museum
(tropische Hölzerarten, Pflanzenfasern,
Drogen, getrocknete Früchte
u. a.) und daneben eine botanische
Versuchsstation (sehenswert, mit riesigem
Garten für sich, Direktorwohnung
und Wirtschaftsgebäuden) für
landwirtschaftliche, chemische und
zoologische Untersuchungen (auch für
Mikroskopie und Photographie), dessen
Benutzung auf Antrag beim Direktor
des Gartens (J. C. Willis) auch fremden
Forschern gestattet wird. Man fährt
vom Hauptgarten in kleinem Boot über
den Fluß und meldet sich im Kontor
des Direktors, nachdem man sich an
der Landungsstelle in ein Buch eingeschrieben
hat.
Gegenüber vom Bahnhof eine Teepflanzung
nebst Fabrik und in der
Nähe die Kakaopflanzung Gangaruva.
Ausflug nach Lanka Telika. Die
Umgebung von Kandy bietet Gelegenheit
zu lohnenden Ausflügen, worüber
»Burrow's local guide to Kandy« Auskunft
gibt. Rikschafahrt (etwa 11/2
Rup.) zum Mahawelli Ganga, dann mit
Fähre übersetzen und 20 Min. zu Fuß
zum Felsentempel (Rock temple), wo
in Granithöhle ein 10 m langer schlafender
Buddha aus dem Felsen gehauen,
grell bemalt.—Drei ganz verschiedene
Buddhatempel kann man besuchen,
indem man von Kandy zunächst
8 km auf der Straße nach Kadugannawa
zu fährt, dann auf schmalem Pfad reitet,
zunächst zu dem neuen, aber schön
zwischen Felsenhängen gelegenen Tempel
von Gadaladenya, dann zu dem
alten, halbverfallenen Tempel von Galangolla
und schließlich zu dem architektonisch
seltsamen, auf dem Gipfel
eines Felsens erbauten Tempel von
Lanka Telika. Den Wagen trifft man
auf Verabredung wieder 14 km von
Kandy auf der Straße nach Gampola.
Von Kandy nach Anuradhapura.
Northern Railway von Kandy über Polgahawela nach (111 M) Anuradhapura
in 51/2 St. Von Colombo direkt in 53/4 St.
Von Kandy nach (30 M) Polgahawela s. S. 115. Von hier geht
die Northern Railway nördl. über (43 M) Kurunegala (Rasthaus),
der Hauptstadt der NW.-Provinz, die auf einem vereinzelten, über
300 m hohen Felsen mitten in der Ebene liegt (*Aussicht).—Nicht
weit nö. das alte Buddhistenkloster Ridi Vihare, sehr malerisch auf
einer Anhöhe.—Weiter führt die Bahn über (70 M) Maho (von
hier Ausflug nach [7 km, davon etwa 2 km Fußweg durch Dschungeln]
Yapahu, wo einer der malerischsten alten Tempel, der Malagawa,
früher Aufenthalt des heiligen Zahns von Buddha, liegt; der
Tempel hat prächtige Treppenanlagen und seltsame Fenster mit
reichem Bildhauerschmuck; man bitte den Station Master der Abfahrtstation
in Maho-Station einen Wagen [Bullock car] telegraphisch
vorauszubestellen).—Die »Northern Railway« führt weiter nach
(111 M) Anuradhapura (s. unten) und über den Elephant Pass (Meerenge)
nach (230 M) Jaffna (S. 124) an der Nordspitze Ceylons sowie
bis zur Hafenstadt (241 M) Kankesanturai (s. 124); Fahrzeit von Colombo
bis Jaffna 121/2 St., bis Kankesanturai 13 St.
Um das Innere Ceylons kennen zu lernen, fährt man von Kandy
am besten, wenn man die Kosten nicht scheut, mit Privatautomobil
[S. 119]
(s. S. 110), eine herrliche Fahrt, bis Anuradhapura auf guter Fahrstraße;
oder zunächst mit der Bahn nach (26 km) Matale (Rasthaus
gut, Ankunft vorausmelden; Verpflegung zu haben), einem blühenden
Dorf mitten in Teepflanzungen. Von Matale nach Dambulla fährt
täglich ein Postautomobil (etwa 10 Uhr Vm. ab) in 41/2 St., Fahrpreis
6 Rup., von da weiter nach Trincomali in 18 St., Fahrpreis
15 Rup. Der Weg führt bald hinter Matale an dem sehenswerten
Buddhatempel Alu Vihara vorbei, dessen Kloster über der Straße
malerisch zwischen Felswänden liegt. Kurzer Aufenthalt in (48 km)
Nalande (Rasthaus gut, mit Verpflegung, liegt unter einem riesigen
Tamarindenbaum versteckt); dann folgt schöne Berglandschaft, bis
(72 km) Dambulla (Rasthaus so gut wie ein Gasthof), großem Dorf
am Abhang eines dunkeln Felsens mit Höhlentempel. (Ausflug mit
Automobil oder Bullockcar nach (24 km) *Sigiri, senkrechter Felsen
mit herrlichen Ruinen aus der Ebene aufsteigend, einst starke Feste,
aus dem 5. Jahrh., mitten im Wald; nach Sigiri floh König Kasyapa,
nachdem er seinen Vater Dhatu Sena ermordet hatte. Der Rasthauswart
von Dambulla hilft bei Anordnungen für den Ausflug; in
Sigiri ist auch ein Rasthaus.) Dann mit Privat-Bullockcar (beim Rasthauswart
in Dambulla vorausbestellen) weiter auf hoher Brücke über
den Mirisgoni Oya nach (93 km) Kekerawa (gutes Rasthaus); von hier
kann man auf gutem Fahrweg (13 km) den großen Wasserbehälter
von Kalawewa besuchen (Staudamm erbaut im Jahre 460 vom König
Dhatu Sena), der mehr als 100 Dörfer und die Stadt Anuradhapura
mit Wasser versorgt. Von Kekerawa durch einförmigen Wald über
(113 km) Tirapane (Rasthaus) nach
(135 km) Anuradhapura (Hotel Anuradhapura, gut, Pens. 10 Rup.;
Führer und Auskunft zu haben; in der Nähe wohnt der englische
Government Agent; Postautomobil tägl. nach Trincomali, gegen 2 Uhr
mitt. vom Hotel, Fahrpreis etwa 30 Rup.; man erkundige sich vorher,
vgl. S. 110), jetzt großes Dorf, ehemals Hauptstadt von Ceylon,
wurde um 500 v. Chr. vom König Anurado erbaut (von Ptolemäus
Annurogrammum genannt) und war dann viele Jahrhunderte die
prächtigste Kultusstätte des Buddhismus.
Der chinesische Pilger Fa Hiam
schilderte 412 n. Chr. seinen Besuch
der Stadt; er staunte über »die Pracht
der Bauwerke, den Reichtum der edelsteinbesetzten
Statuen, die überwältigende
Größe der Dagobas, die Zahl
der Priester, die in der Stadt mehr
als 5000, im Kloster zu Mihintale an
2000 betrug«. Etwa 2 Jahrhunderte
später schreibt das singhalesische Buch
Lankawistariyayo: »Die Entfernung
vom Haupttor zum Südtor beträgt 4
Stundenmärsche, ebenso vom Nord-
zum Südtor. Hauptstraßen sind die
Mondstraße, die König Hingururek-Straße
und die Mahawellastraße, deren
erstere an 11000 Häuser zählt, viele
davon zwei Stockwerke hoch. Kleinere
Straßen gibt es unzählige. Der
Palast hat lange Reihen von Gebäuden,
manche 2-3 Stockwerke hoch,
und seine unterirdischen Gänge sind
von großer Ausdehnung« (nach Hans
Meyer). Mit den Einfällen der Tamulen
und Malabaren verschwand die
Stadt aus der Geschichte und wurde
von Urwald überwachsen; seit 1872
hat der Gouverneur Gregory das
Dickicht lichten und die wichtigsten
Ruinen freilegen lassen.
[S. 120]
Plan von Anuradhapura.
Rundfahrten am besten mit Wagen (Bullockcar) 1) im Innern
der Ruinen (inner circle), 2) im »Außenring« (outer circle), 3) nach
Mihintale; nach Bedarf aussteigen. Zuerst besuche man die Palastruine
Lowamahapaya (»Brazen Palace«, d. h. Bronzepalast [Pl. 1], genannt),
ein Wald von etwa 1000 monolithischen vierkantigen Pfeilern
in Reihen von 40 zu 40 (mit 9 Stockwerken und 1000 Klausen vor
2000 Jahren vom König Datagamana für die Priester erbaut). Dahinter
steht eins der größten buddhistischen Heiligtümer, der Riesenbaum
(umgeben von einer Mauer) Siri-maha Bodhin Wahanse, der
heilige Bo-Baum (Pl. 2), ein Abkömmling des Baumes, unter dem
Gautama erleuchtet (d. h. Buddha) wurde; der Baum stammt aus
Buddh Gaya (S. 95), wurde 245 v. Chr. vom König Dewananpiya
Tissa gepflanzt, ist also der älteste historische Baum auf der Erde;
Priester beschützen ihn und verschenken (Gegengeschenk angebracht)
seine Blätter. Der Weg führt dann zurück vorbei an umgestürzten
Buddhabildern, Wischnustieren etc. nach den sieben Dagobas (erbaut
vom 4. Jahrh. vor bis zum 3. Jahrh. nach Chr.), die im Umkreis von
2 St. über das alte Stadtgebiet verstreut sind; sie heißen nach der
Größe Abhayagiriya (Pl. 3; jetzt nur noch 100 m, früher 123 m hoch),
Jaytawanarama (Pl. 8), Ruwanwella (Ruanwelli; Pl. 6), Miriswetiya
(Pl. 7), Thuparama (Pl. 4), Lankarama (Pl. 9) und Kujjatissamara
(Pl. 5). Die Thuparama, die älteste, ist mit drei Reihen geschmückter
Säulen umgeben, enthält das rechte Schulterblatt Buddhas
als Reliquie. Die Ruwanwella-Dagoba (140 v. Chr. erbaut) hat
noch künstlerischen Wert, ihre Terrasse ist mit Altären, Götterbildern
und Säulen wie der Vorhof eines klassischen Tempels bestellt; darunter
sind zwei männliche, zurzeit infolge Einsturzes der Seitenwand
verschüttete Statuen den ältesten Erzeugnissen griechischer Kunst
zur Seite zu stellen. Stellenweise stört ungeschickte Ausbesserung
(nach Hans Meyer).—Auch die großen alten Badebecken in der Umgebung
[S. 121]
der Stadt, die zur Wasserversorgung und als königliche Bäder
dienten, Pokunas genannt, sind sehenswert, namentlich die großen
von Tissawewa (Pl. 10), Nuwerawawa und Basawakulam (Pl. 11);
in der Nähe des erstern ist der kleine Felsentempel Isuruminiya.
Sehenswert sind auch eine Buddhastatue, der Pfauenpalast, die
Mondsteine etc. (vgl. »Baudenkmäler aus ältester Zeit in Ceylon«,
nach dem Englischen des Henry W. Cave, deutsch von Anna, Gräfin
von Zech, Berlin 1901).
13 km östl. von Anuradhapura liegt
der heilige Felsenhügel *Mihintale
(Rasthaus), gekrönt von zwei sehr alten
Dagobas und völlig bedeckt mit
Ruinen von Tempeln, Klöstern und
Einsiedeleien. Die Chaussee dahin
führt durch Dschungeln; man sieht im
Walde Dschungelhühner, Nashornvögel,
Pfefferfresser, Papageien, Affen.
Rasthaus am Fuße des Hügels. Eine
riesige Freitreppe von fast 2000 Stufen
führt in drei Fluchten zum Gipfel, vorbei
an der kleinen seltsamen Ambastalawa-Dagoba,
welche die Asche des
Buddhaapostels Mahindo, 3. Jahrh.
v. Chr., enthält, von 50 Säulen mit dem
Bilde der heiligen Gans umgeben (man
besichtige auch das aus dem Felsen
gehauene schöne Badebecken Naka
Pokuna und die Felsenzelle, Mahindos
Bett genannt, wo der Apostel schlief)
und zur Mahaseya-Dagoba (vom König
Bhatiya Tissa über einem Schrein
erbaut, der ein Haar von Buddhas
Stirn enthält). Ein Pfad führt um die
Dagoba, der prächtigen *Ausblick auf
den Wald, die Dagoba von Anuradhapura
und die fernen Berge von
Matale gewährt.
Rückfahrt von Anuradhapura am
besten mit der Northern Railway (S.
118) direkt nach Colombo oder Kandy;
man kann aber auch von Anuradhapura
mit Postautomobil (s. oben) über
(53 km) Horawapotana (Rasthaus) und
(80 km) Pankulam (Rasthaus), mit den
heiligen heißen Quellen von Chimpiddi,
nach (105 km) Trincomali (S. 124) durch
wilde Tropenlandschaft fahren, von da
zurück nach Colombo (S. 110).
Von Kandy nach Nuwara Eliya.
Eisenbahn von Kandy in 6 St. nach
Nuwara Eliya; Speisewagen im Zug.
In der Reisezeit im Oktober bis Februar
Zimmer vorausbestellen! Man versehe
sich mit warmer Kleidung und wollenen
Decken; die Zimmer werden geheizt.
—Die Gebirgsfahrt ist sehr reizvoll;
man beobachtet die Änderung
des Pflanzenwuchses innerhalb kurzer
Strecken: Tropenwald, Teepflanzungen,
angepflanzte Eucalyptus, Grevillea,
Casuarina; in feuchten Tälern
Baumfarne, Moose, Flechten; in 2000 m
Meereshöhe weite Strecken mit niedrigem
Rhododendron, einzelne hohe
Farnbäume, hochstämmiger Laubwald
und hohe pinienähnliche Keenabäume
(Calophyllum tomentosum), Aloen,
auch noch Tee-und Chinchonapflanzungen
sowie Reisfelder.
Die Bahn führt von Kandy (S. 115) über Peradeniya (S. 117) nach
(34 M) Hatton (Hatton Hotel; Adams Peak Hotel, Pens. 8 Rup.; Arzt
Dr. Thomas in [7 km] Norwood; Hatton Bank; Wagen und Reitpferde
zu haben), 1263 m ü. M.; nahebei große Teepflanzungen in
den Tälern von Dickoya, Dimbula (wo bis 1870 reiche Kaffeepflanzungen
lagen, die durch einen Pilz, Hemileia vastatrix, zerstört
wurden) sowie in Maskeliya.
Besteigung des Adam's Peak (2262
m) von Hatton aus (32 km) am bequemsten,
auch schon von Damen
ausgeführt, obgleich nicht ungefährlich.
Besteigung ist nur lohnend, wenn
der Himmel ganz wolkenfrei ist, also
meist im Februar und März. Der
zuckerhutförmige Gipfel ist allen Religionen
heilig (vgl. Haeckels»Indische
Reisebriefe«); auf ihm wölbt sich ein
kleiner Tempel über der Sripada (heiligen
Fußstapfe). Die Pilger verehren
hierin je nach ihrem Bekenntnis die
Fußspur Adams, Schiwas, Buddhas
oder des heiligen Apostels Thomas; es
herrscht dabei erstaunliche Eintracht
zwischen allen Bekennern.
[S. 122]
Nach arabischer
(mohammedanischer) Sage soll
Ceylon das Paradies gewesen sein, aus
dem Adam vom Engel auf den Berg
getrieben wurde, wo Adam so lange
stand, bis sein Fuß sich in den Gneisfelsen
bohrte; seine Tränen flossen zu
einem kleinen See zusammen, dessen
Wasser noch heute als wundertätig
und heilwirkend gilt. Ehe Buddha in
den Himmel zurückkehrte, berührte
sein Fuß zum letzten Male den Gipfel
des Samanala (so wird der Adam's Pik
von den Buddhisten genannt). Ähnliches
erzählen die Tamulen und Malabaren
von Schiwa, die Christen vom
heiligen Thomas. Die erste Beschreibung
einer Besteigung des Piks stammt
vom arabischen Arzt Ibn Batuta (1340);
schon damals führten zwei Pilgerwege
hinauf: der rauhe beschwerliche Baba-
(Adams-) Weg und der bequemere
Mama-(Evas-) Weg; ersterer führt
zuletzt auf eingehauenen Stufen eine
steile Felswand hinauf, für die fromme
Pilger Festhalteketten gestiftet haben;
die letzte ist die »Kette der Erkenntnis«,
weil sie plötzlich einen Ausblick
in einen Abgrund gewährt (nach Cäcilie
von Rodt, »Reise einer Schweizerin um
die Welt«).
Wenn man von Kandy Wagen, Träger
und Führer vorausbestellt, kann
man die Besteigung von Hatton in
einem Tag ausführen; doch übernachtet
man gewöhnlich in einer Hütte auf
dem Gipfel, um den Sonnenaufgang
und dabei den merkwürdigen Schatten
des Piks zu sehen. Proviant mitnehmen!
Der Aufstieg wird jährlich von
Tausenden von Pilgern jedes Alters
und Geschlechts ausgeführt, ist aber
für Personen, die an Schwindel leiden,
nicht völlig sicher! Man fährt mit Wagen
von Hatton bis (22 km) Laxapana
(guter Gasthof); dann ist noch Reitweg
etwa 5 km (Pferde mitnehmen von
Hatton). Tragsessel sollen in Laxapana
zu haben sein. Der steile Aufstieg von
etwa 460 m führt anfangs noch durch
Teepflanzungen auf ausgetretenen Wegen
zum Tempelchen auf dem Gipfel.
Von Hatton führt die Bahn zunächst etwas bergab nach (41 M)
Talawakele und steigt von da gleichmäßig nach (54 M) Nanuoya
(1613 m), dann umsteigen und auf Zweiglinie mit weiterer Steigung
von 280 m in zahlreichen Windungen bis zur Endstation
(61 M, 98 km) Nuwara Eliya, englisch abgekürzt Nurelia (1893 m;
wegen Vorausbestellung der Unterkunft vgl. S. 110! Grand Hôtel
[deutscher Manager P. Werner], 122 Z. von 31/2 Rup. an, Lunch 2,
Dinner 3, Supp. 11/2, Pens. [wenigstens 3 Tage] von 11 Rup. an, gut;
St. Andrews Hotel [deutscher Besitzer Humbert], Pens 8-10 Rup.,
einfacher, aber gut und in bester Lage; New Keena House, kleines
Familienhaus, zum Grand Hôtel gehörig, Pens. 12 Rup., 18 Z.;
außerdem Pensionshäuser und Klubhaus; National Bank of India
Ltd., Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft und der Deutschen
Bank), auf einer Hochebene gelegen, besteht aus vielen, zum Teil
im Wald oder Garten versteckten Bungalows, darunter der Sommersitz
des Gouverneurs. Von November bis April ist es von den Europäern
auf Ceylon sehr besucht; in dieser Zeit heiße Tage, aber kalte
Nächte. Von Mitte Mai bis Mitte September im SW.-Monsun nasses
und kaltes Wetter; Mitte Oktober bei Eintritt des NO.-Monsuns
Regen und Sturm. Das Klima ist sehr feucht, aber im Gegensatz
zum Tropenklima sehr gesund und erfrischend, die Gegend fieberfrei;
Luftwärme im Jahresmittel 14,1° C, im Januar 13,1°, im Mai
15,5°, im Juli 13,8°, im Oktober 14,4°; gelegentlich tritt Frost auf,
aber die Sonnenwirkung ist doch stets kräftig. 202 Regentage im
Jahre.—Nahe bei Nurelia eine Teefaktorei (Naseby Estate), wo
man die Bearbeitung des Tees beobachten kann (interessant).
[S. 123]
Längerer Aufenthalt in Nuwara
Eliya bietet Ausflüge zu Pferde oder
im Wagen auf der Hochebene nach
dem Rambodapaß (hin und zurück 10
km; jenseit des Passes Teefaktoreien,
Betrieb gern gezeigt); um den See
(10 km); um die Moon Plains (15 km);
2 Tage fordert ein Ausflug zu Pferd nach
den Horton Plains (großes Rasthaus,
sehr gut, Platz vorausbestellen), 45 km
von Nuwara Eliya, in wilder Gebirgsgegend
an schroffen Abhängen. Herrlicher
*Blick in der SW.-Ecke (2100
m) von Horton Plains, bei»World's
End«, senkrecht 1500 m hinab ins
Tiefland. Man hüte sich vor dem weichen
Moorgrund, der bei Nuwara Eliya
häufig vorkommt. (Horton Plains und
Elk Plains sind Eldorados für Jäger:
Hirsche, Rehe, Wildschweine, Hasen,
Fasanen, sogar Leoparden.)—Vom
Grand Hôtel 3/4 St. bequemer Weg
auf den Single Tree Hill, herrliche
Rundschau (man nehme einen Jungen
zur Führung mit, um sich nicht zu
verlaufen).—Von Nuwara Eliya mit
der Bahn 3/4 St. (zu Wagen 1 St.) nach
Randapola (2070 m), herrlicher Blick
ins Tiefland.
Ausflug nach Hakgala, 10 km sö.,
mit Wagen (Zweisp. 6 Rup. hin und
zurück; Rikscha 3,30 Rup.) am malerischen
See entlang nach dem kleinen
Botanischen Garten von Hakgala, der
sehr malerische Ausblicke auf die Hakgala-Berge
bietet. Von den Terrassen
sieht man hinter einem tiefen Tale
den Mamuna-Pik.—Von Hakgala
östl. guter Fahrweg über (21 km) Wilson's
Bungalow (gutes Rasthaus) durch
tiefe Täler über (42 km) Etampitiya
(gutes Rasthaus) nach (60 km) Badulla
(gutes Rasthaus), der Hauptstadt
der Provinz Uva, einer der ältesten
und malerischsten Städte Ceylons,
mitten zwischen Teepflanzungen.
Besteigung des *Pedrotallagalla
(engl. Pidauru Talagala; 2538 m), des
höchsten Berges auf Ceylon, nicht zu
versäumen; von Nuwara Eliya aus sehr
bequem zu Fuß (auch für Damen) in
2 St. auszuführen. Der sehr gute Promenadenweg
führt am Keena House vorüber
durch hochstämmigen Rhododendronwald
mit Keenabäumen zwischen
dichtem Gestrüpp von wilden Rosen
und Farnen über verschiedene Bäche
durch Dschungeln. Oft trifft man Scharen
schwarzer Affen.
»Die Spitze trägt
eine kreisrunde Steinmauer mit einem
trigonometrischen Signalkreuz. Die
*Aussicht trifft ringsum auf Bergland;
von unten blinkt der See von Nuwara
Eliya herauf, um den sich die Häuschen
als dunkle Punkte gruppieren;
die Straßen winden sich wie Schlangen
in die Berge« (Hans Meyer). Auch
der Adam's Peak und das Meer sind
bei klarem Wetter zu sehen. Da der
Berg Wetterscheide ist, trifft man oben
meist sehr kalten Wind (also zuletzt
langsam steigen und oben Decke oder
Mantel benutzen!). Achtung beim Abstieg,
der lehmige, feuchte Boden ist
oft sehr schlüpfrig.
Ausflug nach Bandarawela: Mit
der Bahn von Nuwara Eliya über
(16 km) Nanuoya (S. 122) und weiter
über (49 km) Haputale (Rasthaus)
und den höchsten Punkt der Bahn
(1896 m) nach (71 km) Bandarawela
(guter Gasthof), einer aufblühenden
Sommerfrische, einfacher als Nuwara
Eliya, aber mit dem angenehmsten
Klima; von hier mit Postwagen über
(23 km) Dikwella nach (etwa 30 km)
Badulla (s. vorher).
Von Bandarawela sehr schöne
Autofahrt (s. S. 110) über Haputale
(s. oben) nach (24 km) Haldamulla
(Rasthaus)—von hier Seitenweg
nach Koslande (Rasthaus), am sehr
schönen Naulawasserfall vorbei in
das Jagdgebiet von Wellawaya (Rasthaus),
dann zurück nach Haldamulla
und auf der Hauptchaussee weiter
über (37 km) Beliholoya (Rasthaus)
in romantischer Landschaft nach
(56 km) Balangoda (Rasthaus); von
da durch prächtige, abwechselungsreiche
Tropenflora nach (102 km)
*Ratnapura (gutes Rasthaus), Provinzhauptstadt
mit berühmter Edelsteingewinnung
(Katzenaugen, Rubine,
Türkisen, Opale, Saphire,
Topase) durch Auswaschung des
Lehmbodens; schönste Landschaftsbilder
bieten Blicke vom Gipfel des
Forts, von der Hängebrücke und
der Circular Road; nahebei auf
dem Saumpfad, der von der Brücke
nach Gilimale führt, prächtiger *Ausblick
auf den Adam's Peak (S. 121),
der auch von Ratnapura aus bestiegen
werden kann: Man reitet
bis (11 km) Gilimale, einem großen
Dorf, wandert von da zu Fuß über
(8 km) Palabaddala, Pilgerhaltestelle,
steigt dann steil nach (21 km
von Gilimale) Heramitipana (großer
Pilgerbungalow) am Fuß des Peaks
und hat dann noch 5 km steilen
Aufstieg zum Gipfel (S. 121).
[S. 124]
Von Ratnapura Rückfahrt über
Pussella, Avisawella, Hanwella und
Kaduwella (Orte mit Rasthäusern)
nach Colombo.
Die Rückfahrt von Nuwara Eliya
nach Kandy über (64 km) Gampola
(Rasthaus), Wagenfahrt auf guter Straße
meist bergab, bietet bessere Gelegenheit
als die Bahnfahrt, die Veränderungen
des Pflanzenwuchses nach der
Höhenlage zu beobachten. Etwa halbwegs
in Ramboda (gutes Rasthaus mit
Verpflegung) liegt etwa ein Dutzend
schöner Wasserfälle nahe beieinander.
Von Gampola mit der Bahn zurück
nach Kandy.
Nach Lanka Telika s. S. 118.
Küstenfahrt rund um Ceylon.
Dampfer der Ceylon Steamship Co.
(Agent Walker, Sons & Co., Colombo)
von Colombo jeden zweiten Mi. u. Fr.
Nm. abwechselnd nach Norden oder
nach Süden; Fahrzeit etwa 8 Tage;
Fahrpreis 125 Rup.
Die Nordrundfahrt führt zunächst
nach Pambam auf dem Westende
der Insel Rameswaram, am Westende
der Adamsbrücke, einer 23 km langen
Kette kleiner Inseln und großer
Riffe zwischen der Westspitze der
Insel Manár und der Ostspitze der
flachen, sandigen Insel Rameswaram
(Eisenbahnüberbrückung nach Indien
im Bau). Nach mohammedanischem
Glauben soll Adam über die Adamsbrücke
aus dem Paradiese (Ceylon) vertrieben
sein. Pambam liegt an der einzigen
Durchfahrt (Pambam Passage)
zwischen dem Golf von Manár und
der Palkstraße.
*Rameswaram (Ramisseram), Überfahrt
von Mandapam (Endpunkt der
Zweigbahn von Madura, S. 126) mit
Dampfboot, hat den schönsten drawidischen
*Tempel Indiens mit berühmten
Heiligtümern, die von großen
Pilgerscharen besucht werden. Der
große Tempel steht im nördl. Teil der
Insel, südl. von ihm liegt ein Frischwassersee;
besonders schön sind die
fast 120 m langen Tempelhallen.
Von Pambam nordwärts dampfend,
erreicht man am nächsten Morgen
Kankesanturai, den Hafen von
Jaffna (Rasthaus), einer blühenden
Stadt mit alten holländischen Forts und
Kirchen, Sitz amerikanischer Missionsgesellschaften.
Jaffna hat sehenswerte
Hindutempel sowie schöne Umgebung.
Eisenbahn von Jaffna über Pallai
nach Anuradhapura (S. 119).—Point
Pedro, der nächste Anlegeplatz des
Dampfers, bietet nichts.—Dann steuert
der Dampfer sö.
Trincomali (Rasthaus); Postautomobile
nach Anuradhapura (S. 119) und
Dambulla (S. 119), wichtiger Kriegshafen
in der Geschichte der Seekriege
des 17. und 18. Jahrhunderts, wurde
1622 den Malabaren von den Portugiesen
entrissen, 1639 von den Holländern
erobert, 1673 den Franzosen,
1674 den Holländern, 1782 den Franzosen,
1783 den Holländern und schließlich
von den Engländern seit 1795 behauptet.
Im innern Hafen eine Marinewerft;
der Ort ist stark befestigt
und hat etwa 10000 Einw. Guter
Fahrweg nach (92 km) Anuradhapura
(S. 119).—In der nächsten Nacht läuft
der Dampfer nach
Batticaloa oder Baticalia (Rasthaus),
Hauptstadt der Ostprovinz Ceylons,
mit berühmten Webereien, auf
einer Insel in einem tief einschneidenden
Meeresarm; im Gewässer nahe
der Stadt leben die berühmten singenden
Fische (Cerithium palustre),
eine Art Muschelfisch, deren volle,
sonore Töne man in den Nächten vor
und nach Vollmond im Boot belauschen
kann (sehr wirkungsvoll, wenn
man das Ohr durch einen Stock oder
Zweig mit dem Wasser verbindet).—
Der Dampfer fährt weiter nach Hambantota
(Rasthaus), einem kleinen,
schlechten Hafen; in dessen Nähe an
der Küste nö. liegt (34 km) Kirinde
(Rasthaus), von wo ein Weg nach
(13 km) Tissamaharama, einer der ältesten
verlassenen Königsstädte von
Ceylon mit sehr alten, sehenswerten
Ruinen, führt.
[S. 125]
13 km nö. von Kirinde
liegt Palutupane (Rasthaus),
ein vorzüglicher Platz zur Jagd auf Elefanten,
Büffel, Bären, Leoparden, Rehwild
und Fasanen; in den Dschungeln
trifft man viele sehr alte Ruinen. Von
Palutupane guter Reitweg nach (209
km) Batticaloa (s. oben). Das Waldgebiet
des Flusses Yala ist besonders
schön.—Von Hambantota läuft der
Dampfer nach Matara (Gasthof und
bequemes Rasthaus), einer großen blühenden
Stadt, Endpunkt der Küstenbahn
nach Colombo.—Nach kurzer
Dampferfahrt erreicht man
Point de Galle (Oriental Hotel),
meist nur Galle genannt, sehr alte Seefestung
mit 30000 Einw., aber schlechter
Reede, daher seit dem Hafenbau von
Colombo nicht mehr Dampferknotenpunkt.
Die Umgebung ist sehr schön,
der Palmenbestand wird als schönster
auf Ceylon gerühmt. Landungsplatz
an der Nordseite des Hafens. Mehrere
Buddhistenklöster sind sehenswert.—
Rückfahrt von Galle nach Colombo mit
Dampfer oder mit Bahn (119 km) über
Bentota, Kalutara und Mount Lavinia.
6. Von Colombo über Madras(-Ootacamund) nach Calcutta.
Darjeeling.
Vgl. die Karten bei S. 96 und 64.
Dampfer der British India Steam
Nav. Co. meist mangelhaft, Verpflegung
etc. mäßig. Von Colombo nach
(180 Seem.) Tuticorin in 13 St., dann
South Indian Railway nach (443 M,
713 km) Madras in 22 St. Abfahrt von
Colombo gegen Abend, Ankunft in
Tuticorin etwa 7 Uhr Vm.; Ankunft
in Madras (Egmore) am nächsten Morgen;
Fahrpreis Tuticorin-Madras I. Kl.
etwa 28, II. 14 Rup. Zusammengestellte
Fahrscheine, 2 Monate gültig, sind nur
in Cook's Office zu haben, desgleichen
solche für 2 Monate, mit Erlaubnis,
überall die Reise zu unterbrechen, für
die Fahrt von Colombo über Madras
nach Calcutta. Fahrzeit Madras-Calcutta
43 St. auf der neuen Ostküstenroute
(New East Coast Route). Eisenbahnzeit
(Standard Time) ist 9 Min.
früher als Madras-Ortszeit. (Über indische
Bahnverhältnisse s. S. 49.) In
allen Schnellzügen ist bei Tage Eis und
Selterwasser zu bekommen. Die Bahnwirtschaften
der South Indian Railway
sind meist gut.
[Eisenbahn nach Indien über die
Adamsbrücke ist im Bau (vgl. S. 124);
die neue Linie wird über Anuradhapura
(S. 119) führen und bei Medawachehiya
nach Manár abzweigen,
dann über Rameswaram nach Mandapam
und Madura; dort Anschluß an
die South Indian Railway, die über
Döndigul und Trichinopoly nach Madras
führt. Die Linie soll in einigen
Jahren in Betrieb kommen.]
Dampfer Colombo-Madras: British
India Steam Nav. Co. wöchentlich, wobei
sie Küstenhäfen anlaufen.
Österreichischer Lloyd monatl. von
Colombo über Madras (3 Tage) und
Rangoon (8 Tage, 2 Tage Aufenthalt)
nach Calcutta in 14 Tagen.
Dampfer Colombo-Calcutta: wie
nach Madras; außerdem: Messageries
Maritimes, monatliche Zwischendampfer
laufen Pondichéry an;—Peninsular
& Oriental Co. Zwischendampfer
alle 14 Tage.
Geographisches. Die Ostküste der
vorderindischen Halbinsel, die Koromandelküste,
ist ganz flach, sandig,
teilweise mit Dünenzügen besetzt, von
Nehrungen begleitet und ohne alle natürlichen
Häfen. Die Flüsse des Dekhans
schütten vor ihr meist Deltas
auf, ein Zeichen dafür, daß die Küste
in langsamer Hebung begriffen ist.
Hinter ihr breitet sich bis zum Abfalle
der Ostghats eine durchschnittlich
100 km breite, sandige Küstenebene
aus, die außerhalb der Regenzeit
meist dürr und gelb aussieht und zum
Teil nur mit Hilfe künstlicher Bewässerung
bebaut werden kann. Sie ist reizlos
und ungesund. Landschaftliche
Schönheiten bieten sich dem Reisenden
erst wieder dar, wenn er die Nilgiriberge
(S. 128) aufsucht.
Auf der Überfahrt von Colombo in NW.-Richtung über den Golf
von Manár hat man meist bewegte See; man sieht christliche Fischerboote
[S. 126]
mit rotem Kreuz im Segel und mit Ausliegern. Die Dampfer
ankern in Tuticorin 8 km außerhalb vom Lande, die Landung geschieht
auf kleiner Dampfbarkasse, die bei bewegter See 3/4 St.
bis zum Landungsplatze fährt. In Tuticorin Zolluntersuchung
(S. 49); für Waffen jeder Art, auch Jagdgewehre, ist Zoll zahlbar und
Passierschein erforderlich.
Grosser Tempel in Madura.
Tuticorin (Robert's Hotel, gut; Royal Hôtel; Dâk Bungalow;
Bahnwirtschaft; wenn der Dampfer verspätet eintrifft, wird Frühstück
im Zuge angerichtet), Stadt mit 28000 Einw., Baumwollpressen
und Spinnerei; National Bank of India Ltd., Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft und der Deutschen Bank. Die frühere Perlfischerei
ist jetzt nur noch unbedeutend (die Perlen haben keine
gute Farbe). In der Nähe der Stadt große Salzfaktorei.—Hier beginnt
die South Indian Railway (die Wagen stehen auf der Landungsbrücke);
sie fährt über (19 M) Maniyachi in 5 St. durch die sandige
Küstenebene nach
(99 M) *Madura (148 m; Bahnwirtschaft mit 9 Betten, gut; guter
Dâk Bungalow, am Bahnhof; Bank of Madras. Fahrgelegenheiten
knapp, zeitig bestellen; Einkäufe: Messingsachen und Gewebe in
Seide und Wollmusseline, tüchtig handeln), Distriktshauptstadt mit
105984 Einw., einst Hauptstadt des Königreichs Karnatak. Madura,
das»Athen«Südindiens, mit großartigen Trümmern und gut erhaltenen
Tempeln, gilt als sehenswerteste Stadt Indiens nächst
Benares (S. 90). Der *große Tempel Meenachi (1,5 km westl. vom
[S. 127]
Bahnhof) ist das größte religiöse Bauwerk der Erde und bildet eine
kleine Stadt für sich; er ist von neun»Gopuras«(reich mit Bildsäulen
geschmückte pyramidale Turmbauten, Eingangstore für die Gottheiten)
umgeben, deren höchste 46 m hoch ist. Am Nordende liegt
die berühmte Halle der 1000 Säulen (Sahasrastambha Mandapam),
von denen nur drei fehlen. Hunderte von Priestern halten sich in
den vielen großen Räumen ständig auf. Die westl. Anlage ist Schiwa
geweiht, hier Sundareshwar genannt; die östl. der Minakshi, der
fischäugigen Gattin Schiwas. Innerhalb des letztern Tempeltores liegt
der gemalte Säulengang der Ashta Lakshmi, nach acht Statuen dieser
Göttin benannt, die das Dach stützen. In der Nähe der Wasserbehälter
(Teppa Kulam)»Tank der goldenen Lilien«(Swarna pushpakarini),
umgeben von einem Säulengang. Es ist schwierig, sich
im Tempel zurechtzufinden, man nehme einen Führer und besuche
die Anlage zweimal, wenn Zeit vorhanden, womöglich einmal abends,
bei wunderbarer Beleuchtung durch Tausende von Öllämpchen, besonders
bei hohen Festtagen (z. B. Anfang Dezember); auch kann
man sich den Juwelenschatz zeigen lassen (Auslegung kostet bei
Vorausbestellung 15 Rup.), ziemlich sehenswert. Prächtig ist die
neue Halle Tirumala's Choultry östl. vom Tempel.—Der stilvolle
königliche Palast von Tirumala Nayak (2 km westl. vom Bahnhof)
dient als englisches Regierungsgebäude.—Nördl. von der Stadt liegt
jenseit des Vaigai-Flusses das Tamkam, eine Arena für Kämpfe mit
wilden Tieren, auch vom König Tirumala erbaut, jetzt Steueramt.—
5 km östl. vom Bahnhof und nördl. vom Fluß ist ein Teppa Kulam
(heiliger Wasserbehälter), in dessen Mitte eine Insel mit Tempelanlage;
schöne Fahrstraße führt durch prächtige Banyanallee dahin. Der
größte dieser Banyanbäume (Ficus indica) beschattet eine Fläche
von 55 m Durchmesser.
Die Bahn führt von Madura über (138 M) Dindigul (Bahnwirtschaft),
Stadt mit Tabakmanufaktur und alter Felsenfestung, nach
(184 M) Trichinopoly Junction Station (Bahnwirtschaft).
Zweigbahn (nach Erode) nach (3 M)
Trichinopoly, Tritschinapalli (66 m;
Bahnwirtschaft; Dâk Bungalow, 1,5
km vom Bahnhof; Robert's Hotel in
Cantonment; Spencer & Co.'s Erfrischungsräume,
gut; Schlafgelegenheit
im Bahnh.), Stadt von 104721 Einw., aus
17 Dörfern bestehend; Gold-u. Silberarbeiten,
Webereien, Tabakmanufaktur.
Nahe dem Bahnhof, im Fort am
Nordende der Stadt, erhebt sich ein
schroffer, 83 m hoher Felsen, Zugang
zur Treppe von der Südseite, am Eingange
steinerne Elefanten und Säulen;
290 weiße, steile Stufen führen
hinauf; oben ein kleiner Tempel mit
prächtiger *Aussicht auf Stadt, Tempel,
Palmenhaine, im Hintergrund
Gebirge. Adler und Geier umstreichen
den Felsen.—Ausflug mit Wagen
nach (3 km) Sri Rangam über die
Brücke des Coleroon (Cauvery); etwa
1,5 km nw. von der Brücke liegt der
große Tempel von Sri Rangam mit
schöner Umgebung, ähnlich der Tempelanlage
in Madura. Eine der Hallen
ist mit Edelsteinen geschmückt. Ein
schöner, kleinerer Tempel des Jambukeshwar
liegt noch 1,5 km weiter.
—Sehenswert sind auch die Anikuts,
Dämme im Coleroon zur Bewässerung,
etwa 15 km westl. und östl. von Trichinopoly.
—Seitentour von Trichinopoly
nach Ootacamund s. S. 128.
Von Trichinopoly Junction fährt der Schnellzug in 11/4 St. nach
(226 M) *Tanjore, Tandschur (111 m; Bahnwirtschaft mit Schlafgelegenheit
für 10-12 Pers.; unbequemer Dâk Bungalow am Bahnhof,
[S. 128]
östl. vom Kleinen Fort, wo Ponys und Bullockwagen zu haben),
Stadt mit 58000 Einw., Kunstgewerbe in Gold und Silber, Kupfer,
Teppichen, Seide, an der Wurzel des Cauvery-(Coleroon-)Deltas
gelegen. Der Palast der Prinzessin von Tanjore im Großen Fort
ist etwa 1550 erbaut; im dritten Hof ein achtstöckiger Bau, früher
Waffenkammer; im Versammlungsraum (Teluga Durbar) ein Standbild
des letzten Radschah und eine Sanskritbibliothek von 18000
Handschriften, davon 8000 auf Palmblättern.—Der Große Tempel
von Tanjore im Kleinen Fort ist der älteste und schönste Bau dieser
Art, er stammt zum Teil aus dem 11. Jahrh., ist später erneuert und
aus einem Wischnuheiligtum in einen Schiwatempel verwandelt worden;
in der NW.-Ecke der äußern Umfassungsmauer ist der prächtige
Schrein (Subrahmanya Kovil) des Karttikeya, des Kriegsgottes
und Sohnes von Schiwa, des Schutzheiligen der Brahmanen; Pilger
trinken das über die Statue des Gottes gegossene Wasser. Im Tempel
zahllose Lingam, auf dem Vorhof ein *Riesenbulle.—Die Schwartz's
Church ist zum Andenken an einen alten dänischen Missionar erbaut;
daneben der Shivaganga Tank mit kleinem Park.
Von Tanjore über (250 M) Kumbakonam (Bahnwirtschaft; Dâk
Bungalow); Stadt mit 60000 Einw. und großer elfstöckiger Pagode,
in deren Nähe der Mahamokam Tank, umgeben von 16 kleinen malerischen
Pagoden, liegt, der nach dem Volksglauben alle 12 Jahre
vom Ganges Wasser bekommt.—Dann über (290 M) Chidambaram
(Dâk Bungalow, 2,5 km vom Bahnhof), Stadt mit den ältesten südindischen
Tempeln und Pagoden, nach (299 M) Porto Novo, der ersten
portugiesischen Niederlassung an der Koromandelküste; die Bahn
läuft längs des Strandes bis (316 M) Cuddalore, Stadt mit 52000
Einw., Indigo-und Zuckerfabrikation, Handel mit Reis und Zucker;
der südliche Bahnhof, Old Town Station, hat Bahnwirtschaft, die
3 km nördlichere New Town Station ist näher dem Dâk Bungalow und
den Behörden. Dampferstation der British India Steam Nav. Co.
Für Weltreisende ist der Ort ohne Belang.—Bei (345 M) Villupuram
(Dâk Bungalow; Bahnwirtschaft) Zweigbahn westl. (24 M)
nach der französischen Stadt Pondichéry, deren Besuch nicht lohnt;
dann über (409 M) Chingleput (Zweigbahn nach Conjeeveram, S. 104)
nach (443 M) Madras (Egmore Station), S. 100. Fortsetzung der
Bahn vgl. S. 132.
Seitentour nach Ootacamund.
Vgl. die Karte bei S. 96.
A. Eisenbahn von Madras mit der
South Indian Railway über (302 M)
Podanur, dann mit Zweigbahn nach
Mettupalaium und mit Gebirgsbahn
(Nilgiri Mountain Railway) über Coonoor
nach Ootacamund (29 M von
Mettupalaium) in 181/2 St. (336 M), ungefährer
Fahrpreis I. Kl. 31, II. 16 Rup.
—B. Eisenbahn von Trichinopoly
über Erode Junction (umsteigen!) und
Podanur über Coonoor nach (198 M)
Ootacamund, in etwa 17 St. für etwa
I. Kl. 22, II. 11 Rup.—Zusammenstellbare
Fahrscheine besorgt Th.
Cook's Office.
Die Nilgiriberge, durch eine breite
Senke von dem südlichern Kardamumgebirge
getrennt, aber nordwärts mit
dem Dekhan (Staat Mysore) unmittelbar
zusammenhängend, sind der südl.
Eckpfeiler des gebirgigen Westrandes
(Westghats) des Dekhans.
[S. 129]
Sie bilden einen Gebirgshorst, dessen allseitig
steil abfallende bewaldete Flanken
von schluchtartigen Erosionstälern
zerfurcht sind, während sich oben ein
verhältnismäßig wenig zerschnittenes
Hochplateau ausdehnt, mit breiten,
flachen Tälern und parkartiger Vegetation.
Von Trichinopoly (S. 127) schmalspurige Eisenbahn bis (88 M;
243 M von Madras) Erode Junction (165 m; Bahnwirtschaft; gute
Schlafgelegenheit im Bahnhof); umsteigen auf die Hauptlinie der
South Indian Railway (Madras-Calicut-Mangalore); die folgenden
Entfernungen sind von Madras gerechnet. In (302 M) Podanur zweigt
unsre Linie nach den Nilgiribergen r. ab (man frage, ob Umsteigen
nötig!) und erreicht, allmählich durch prächtige Gegend ansteigend,
über (305 M) Coimbatore (436 m), Stadt mit 40000 Einw., in der
Nähe die schöne Pagode von Perur, den Endpunkt der Hauptbahn
(327 M) Mettupalaium (Matipolliam; Bahnwirtschaft), 451 m
ü. M. Von hier führt eine schmalspurige Zahnradbahn (Nilgiri
Mountain Railway), l. sitzen!, durch herrliche Gebirgslandschaft mit
wilden Bächen und Wasserfällen, Ausblick auf blaue Berge und
dichtbewaldete Hügel, nach (344 M) Coonoor (1860 m; Bahnwirtschaft;
Glenview Hotel [deutscher Besitzer Wutzler], Pens. von 6 Rup.
an; Gray's Hotel; Hill Grove Hotel; sämtlich gut; Pasteursches Institut
für Südindien), eine besuchte, windgeschützte Sommerfrische
mit etwa 18° C mittlerer Jahreswärme und 1400 mm Regenmenge
im Jahr; Sim's Park und Umgegend sehr schön, besonders der etwa
11 km entfernte, 90 m hohe Kartairi-Wasserfall.—Von Coonoor
fährt die Zahnradbahn über Wellington (Militärlager 5 km von Coonoor)
und mehrere kleine Haltestellen durch prächtige Berglandschaft
aufwärts in 11/2 St. nach
(356 M) Ootacamund, Utakamand, kurz Ooty oder Uti genannt,
der besten Sommerfrische Südindiens, 2390 m ü. M., mit 13,5° C
mittlerer Jahreswärme (Januar 11,6°, April 16,1°).
Gasthöfe: Sylk's Hotel, Inhaber
G. D'Angelis & Son, Madras.—Rosemount
Hotel.—Shoreham House, empfohlen,
Pens. 5 Rup. im Vorfrühling.—
Farrington; Fir Crove; Centre Hotel.
—Post u. Tel. nahe der St. Stephanskirche
und dem NO.-Ende des Sees.—
Wagen (Tongas) für Ausflüge; Ponys
zum Reiten.—Bank: Bank of Madras.
—Sanatorium ist während des Sommers
im Betrieb, dann sind auch Ärzte
anwesend.—Buchhandlung und Geschäfte
für europäische Bedürfnisse;
Photograph: Wiele & Kleine.
Ootacamund ist die Hauptgesundheitsstation der Präsidentschaft
Madras; im Sommer haben der Gouverneur und der Höchstkommandierende
ihre Amtssitze hier. Die Bungalows des Ortes liegen
weit verstreut in einem von Bergen umgebenen flachen Tale, der
größte Teil von Ooty liegt nördl. und nö. von dem schönen (künstlichen)
See (2201 m), der 2,5 km lang ist. Ortsvorsteher (Municipal
Office), Postamt, Buchhandlung und europäische Läden liegen nö.
vom Basar der Eingebornen, etwa 1 km nördl. vom NO.-Ende des
Sees. Etwa 3 km südl. vom See liegt Lawrence Asylum, eine
Knabenschule mit Turm. Das Regierungsgebäude (Government
House) liegt etwa 1 km nö. vom Postamt; dicht dabei der prachtvolle
*Botanische Garten, der in einer Reihe Terrassen ansteigt
und neben der indischen auch die europäische und australische
Flora berücksichtigt; Heliotrope erreichen hier 3 m Höhe und 9 m
[S. 130]
Umfang, eine Verbena-Art wird 6 m hoch. Am obern Hang des
Talkessels ist eine Chinchonapflanzung (Chinarindenbaum, Lieferant
des Chinins); auch Tee-, Eukalyptus-und Lorbeerpflanzungen finden
sich in der Umgebung von Ooty, die sich durch wundervollen,
parkartigen Pflanzenwuchs auszeichnet.
Ausflüge (stets Mundvorrat mitnehmen!)
mit Tonga und zu Fuß sind sehr
lohnend; der höchste Gipfel Südindiens,
der 2628 m hohe Dodabeta, liegt etwa
4 km östlich vom See von Ooty: oben
meteorolog. Observatorium: *Aussicht.
—Um den merkwürdigen, aussterbenden
Stamm der Todas, der hellfarbigen,
großen, kräftigen Ureinwohner der
Berge mit kühner Adlernase und fast
europäischen Gesichtszügen, kennen zu
lernen, muß man ihre Ansiedelungen,
Mands, etwa 4 halbrunde Hütten, aufsuchen
oder ihren heiligen Mand, die
pyramidenförmige Strohhütte, Tiriri
genannt, in der nur der Priester
(Pālāl) mit seinem die heilige Büffelherde
bewachenden und die Butter
bereitenden Diener (Kawilāl) haust.
Im Tiriri wird die heilige Büffelschelle
aufbewahrt, als Sinnbild der Hauptgottheit,
des Hiriadewa; dieser bringen
die Priester Gebete (wobei sie den
rechten Daumen auf die Nasenspitze
halten und mit den übrigen gespreizten
Fingern die Stirn berühren). Die
Todas sind dem Christentum völlig
unzugänglich. Man ist jetzt geneigt,
sie für einen Zweig der drawidischen
Völkergruppe zu halten, der
sich hier in abgeschiedener Bergeinsamkeit
besonders rein erhalten
konnte, also das Urdrawidatum repräsentiert.
Auf verschiedenen Hügeln,
besonders auf dem Karoni Hill, 5 km
südlich von Ooty, findet man die
sonderbaren Steinkreise der Todas,
Phins genannt, die Reliquien, Urnen
und hübsche goldene Ornamente
enthalten. Ein heiliger Ort der Todas
ist der Murkurti Peak (2560 m), etwa
32 km westl. von Ooty, wovon aber
nur 13 km im Wagen zurückgelegt
werden können, den Rest muß man
reiten (man nehme reichlich Lebensmittel
und Jagdgewehr mit). Der Weg
folgt den Windungen des Pavakflusses
bis zur Gabelung mit dem Paikari-(Pykara-)Fluß;
man folgt dann letzterm
bis zu seiner Quelle, die nur
2,5 km vom Gipfel liegt. Die Westseite
des Gipfels fällt schroff etwa
2000 m tief ab. (Vorsicht, da der Boden
am Rande sehr locker und unsicher
ist!) Oben *Aussicht auf den Kundah
(2240 m) und den Avalanche Hill
(2590 m). (Andre lohnende Ausflüge
nach dem Ranga Swami-Tempel, den
Wasserfällen auf dem Sigur Ghat und
bei U-Yal-Hatti.)
Den Rückweg von Ootacamund nimmt man am bequemsten über
Coonoor nach Madras, s. S. 100.
Von Ootacamund durch das Nilgirigebirge
und das südliche Dekhan über
Mysore und Bangalore nach Madras;
für Jagdfreunde und kräftige Wanderer
sehr lohnend, aber anstrengend. Man
miete in Ooty einen Bullockcar (etwa
40-45 Rup.) und lasse sich vom »Transitman«,
dem Fuhrunternehmer, schriftlich
die Bezahlung, auch für den Ochsenwechsel
unterwegs, quittieren, versehe
sich mit reichlichen Lebensmitteln
(Konserven), Getränk und Jagdgewehr,
Matratze und Decken und
fahre nur in den kühlern Morgen-und
Abendstunden. Diese Fahrt fordert
von Ooty nordwärts etwa 80 km bis
Nanjangud 3 Tage; etwa alle 8 km
werden die Ochsen gewechselt, in
elenden Dörfchen; zwischen 10 und
4 Uhr Rast im Schatten. Die 1. Tagereise
führt durch Hochland mit Tiroler
Landschaftsbildern, sodann senkt sich
die Straße am Nordabfall des Nilgirigebirges
in Zickzacklinien bis zum
einsamen Bungalow von Sigur, wo
man übernachtet.—Die 2. Tagereise
führt durch die Vorberge des Nilgirigebirges
durch fast unbewohnte Gegend;
gute Jagd auf Dschungelhühner,
Holztauben, Falken, zuweilen auch
auf große schwarze Adler und Eulen;
ferner auf Antilopen, Sambarhirsche,
Wildschweine, Stachelschweine (sehr
wohlschmeckend!), Hasen, Steinböcke
(sehr scheu!), Marder, Schakale, zuweilen
auch auf schwarze Bären und
Panther. Zwischen dem mannshohen
Gras und in den Dschungeln trifft
man auch nicht selten auf Königstiger.
[S. 131]
Übernachtung im Bungalow von
Goondloped.—Die 3. Tagereise führt
wiederum durch gutes Jagdgebiet,
abends erreicht man
Nanjangud (Nandschangad), Stadt
mit sehr heiligem Tempel, wo im März
dreitägiges Wagenfest stattfindet; Endpunkt
der Madras and Southern Mahratta
Railway; man benutze womöglich
noch den Abendzug nach
(15 M) Mysore, Maisur (770 m; Dâk
Bungalow; Bahnwirtschaft; Gordon
Hotel, gut; Royal Hotel), Hauptstadt
des gleichnamigen Staates, mit 68111
Einw., am Fuße des Chamundihügels,
auf dem ein Tempel steht, wo bis zur
Zeit von Haidar Ali Menschen geopfert
wurden; auf dem Wege zum Gipfel
steht ein riesiger Nandi (heiliger Stier
des Schiwa). Alter und neuer Palast
des Radschah. Marstall, Zoologischer
Garten.
Ausflug nach Seringapatam (wo
keine Schlafgelegenheit für Europäer
und der großen Fiebergefahr
wegen dringend vor Übernachten dort
gewarnt wird) mache man mit Wagen
von Mysore. Seringapatam (Srirangapattan),
die alte Hauptstadt des
Staates Mysore, liegt auf einer Insel
des Flusses Cauvery (Kaveri), hat
nur noch 2000 Einw., zur Zeit Tippu
Sahibs aber 150000. Im Mausoleum
ruhen Haidar Ali und sein Sohn
Tippu Sahib. Die Stadt ist nach dem
sehr alten Tempel Vishnu Sri Rangam
genannt. Der Besuch der engen, ungesunden
Stadt hat geschichtliches Interesse.
Die Madras and Southern Mahratta
Railway führt über
(54 M) Maddur (Bahnwirtschaft),
unbedeutende Stadt mit zwei großen
Wischnutempeln, Narasinh Swami
und Varada Raja. Von hier Ausflug
mit Tonga (10 Rup., 24 St., Vorausbestellung
nötig) nach den Cauvery-Wasserfällen
(lohnend in der Regenzeit;
elektrische Kraftstation für das
Kolargoldfeld), südlich nach (27 km)
Malvalli (Dâk Bungalow), dann 20 km
nach dem »See von Siva«. Die Wasserfälle
sind bei der Insel Sivasamudram
während der Regenzeit eine 1 km breite
Wasserfläche; Höhe der Fälle etwa
90 m.
Von Maddur fährt die Bahn in 3 St.
durch welliges Gelände mit bizarren
Felsbrocken, Maisfeldern und Palmenwäldern
nach
(102 M, 164 km) Bangalore (916
m; City Station mit Bahnwirtschaft;
West End Hotel, 45 Z., Pens. 6-8 Rup.;
Cubbon Hotel, 36 Z., Pens. 5 Rup.; Bowring
Hotel; Cunningham Hotel; Droschken
nach Tarif; Motorwagen der Indian
Cycle & General Engineering Co.,
Stafford House, und des Motor House,
South Parade; Bank of Madras), Hauptstadt
des Vasallenstaates Mysore, mit
159046 Einw.; stark besetzte Militärstation
und wichtiger Handelsplatz für
Getreide, Baumwolle und Teppiche.
Bangalores dichtbevölkerte Altstadt
(Petta) hat enge, krumme Straßen,
viele Moscheen und Hindutempel, in
einem eine berühmte Statue der Göttin
der Schönheit; südl. davon liegt das
alte Fort mit dem Arsenal, im NO. das
englische Viertel mit vielen Kirchen,
der Wohnung des britischen Residenten
für Maisur, Regierungsgebäude, Central
College, Zentralgefängnis. Außerhalb
der Stadt liegt der neue Palast
des Maharadschah und der schöne Park
Lal Bagh mit Botanischem Garten. Bedeutend
ist die Teppichweberei, Anfertigung
von goldenen und silbernen
Tressen, Gerberei. Die Stadt liegt im
Grünen, das aber weniger tropisch als
in Madras ist; man sieht Ahorn und
Pappeln. Bangalore ist als gesunde
Stadt mit angenehmem Klima beliebter
Ruhesitz für englisch-indische Pensionäre.
1) Ausflug nach den Cauvery-Wasserfällen
mit Motorwagen von Bangalore
(s. oben) teurer, aber schneller
und bequemer als von Maddur mit
Tonga (s. unter Maddur).
2) Ausflug nach den *Gersoppa-Fällen
von Bangalore mit der Bahn
(Poona-Linie) über (131 M) Birur (umsteigen;
in 9 St., Rückfahrkarten I. Kl.
24, II. 12 Rup.) nach (169 M) Shimoga
(Dâk Bungalow), Distriktshauptstadt
mit 8000 Einw., am l. Ufer der Tunga;
Manganeisengruben in der Nähe; von
da mit Motorwagen (in Bangalore vereinbaren
und Platz bestellen bei der
Indian Cycle etc. Co.; 4 Personen je 38,
3 je 50, 2 je 75 Rup.; die Gesellschaft
trifft auf Bestellung auch Fürsorge
für Unterkunft und Verpflegung, Tag 10 Rup.).
[S. 132]
Der Ausflug dauert von
Shimoga je einen Tag hin und zurück
mit Automobil; für Reisende mit
Bullock-Tonga sind Rasthäuser in (24
km) Ayanur, (48 km) Anantpur, (74 km)
Sagar, (88 km) Talgappe und (104
km) *Gersoppa-Fälle (auch Gairsoppa
oder Jog Falls genannt); die vier
Wasserfälle des Sharasvati-Flusses sollen
zu den schönsten der Erde rechnen,
der erste (Radschah genannt) fällt 240 m
fast senkrecht hinab, der zweite (Roarer)
hat zwei Stufen, der dritte (Rocket)
besteht aus vielen kleinen Fällen, der
vierte (Dame Blanche) aus einer Reihe
von Strudeln. Das Landschaftsbild
mit dem Felsenbett und Uferdschungeln
ist großartig; die malerische Wirkung
wechselt mit dem Sonnenstand;
Felsentauben umflattern die Fälle, Regenbogen
überspannen das Flußtal.
Dicht bei den Fällen sind zwei Bungalows
für Fremde, deren Wächter auch
einfache Nahrung kochen: doch nehme
man reichlich Lebensmittel und Getränk
mit.
Zur Fahrt nach Madras in Bangalore
City Stat. umsteigen, dann über (145 M)
Bowringpet Junction (Zweigbahn [10
M] nach Marikuppam, mit Goldminen
des Kolargoldfeldes) nach (189 M)
Jalarpat Junction (Bahnwirtschaft;
umsteigen in den Zug nach Madras,
dann über (241 M) Katpadi (Bahnwirtschaft;
6 km südl. die Tempel von
Vellore, an einer Zweigbahn, die auch
nach Villupuram, S. 128, führt); ferner
über (256 M) Ranipet (Stat. für
die [8 km südl.] geschichtlich interessante
Stadt Arcot, die schon Ptolemäus
erwähnt) und über (279 M) Arkonam
nach (321 M) Madras (S. 100).
Von Madras nach Calcutta.
Madras and Southern Mahratta Railway
vom Zentralbahnhof in Madras,
Schnellzug Vm. mit durchgehenden
Wagen bis (1032 M, 1661 km) Calcutta
(Howrah Stat.) in 43 St. für I. Kl. 91,
II. 44 Rup. 4 annas; Gepäcküberfracht
(S. 50) pro maund 6 Rup. 4 annas.
(Wegen Änderungen des Abfahrtbahnhofs
erkundige man sich vorher.)
Geographisches. Die Bahnfahrt
längs der flachen Ostküste des Dekhans
bietet landschaftlich wenig, ist aber
doch weniger einförmig als die durch
die Gangesebene. Der östliche Küstenstreifen
der vorderindischen Halbinsel
ist gut angebaut; da die natürliche
Feuchtigkeit dazu vielfach nicht ausreichte,
sind zahlreiche Kanäle angelegt,
die das Flußwasser überallhin
verteilen. Der Bahnbau hat zahlreiche
Brücken nötig gemacht; denn das
Dekhan dacht sich nach O. hin ab, und
die Zahl der in die Bai von Bengalen
mündenden Wasserläufe ist deshalb
sehr groß. Meist sind es kleinere Flüsse,
die von den Ostghats, dem östl. Randgebirge
des Dekhans, herabkommen,
aber dazwischen auch einige große,
nahe der Westküste der Halbinsel
entspringende Ströme: Kistna, Godavery,
Mahanadi. Der größte von ihnen
ist der Godavery, 150 km länger als
der Rhein und mit einem Einzugsgebiet
von der Größe Preußens. Die
Verkehrsbedeutung aller dieser Flüsse
ist gering. Die großen Ströme laufen
in Deltas aus, die besonders fruchtbar
sind, aber von der Bahn umgangen
werden müssen. Der Küstenstrich
selbst ist hafenlos, sandig,
vielfach mit Dünen besetzt, aber mit
Kokos-und Palmyrapalmen bewachsen.
Mehrfach sind große Haffe entstanden,
so nahe nördlich von Madras, und
der Chilkasee (S. 133). Küstenstädte
von Bedeutung fehlen.
Von Madras fährt man über (23 M) Ponneri (Bahnwirtschaft)
nach (85 M) Gudur (Bahnwirtschaft) und (110 M) Nellore (Bahnwirtschaft;
Dâk Bungalow, gut), in dessen Hindutempel römische
Münzen aus dem 2. Jahrh. gefunden wurden, Stadt von 30000
Einw., am Pennar-Fluß, Missionsquartier; dann über (130 M) Bitragunta
(Bahnwirtschaft) und (182 M) Ongole (Bahnwirtschaft) über
den breiten Kistna-(Krischna-)Fluß nach (268 M) Bezwada Junction
(Bahnwirtschaft; Dâk Bungalow), Stadt mit 12000 Einw., Bahnknotenpunkt
für Hyderabad (S. 98) und Bellary; in der Nähe der
[S. 133]
Höhlentempel Undavilli und der Amararshnaraswami-Tempel, 1361
erbaut, und andre Sehenswürdigkeiten für Reisende, die noch
nicht tempelmüde sind.—Bei (305 M) Ellore (Bahnwirtschaft), mit
Teppichwebereien, ist der Vereinigungspunkt der Kistna-und
Godaverykanäle; die Bahn überschreitet später auf großer Brücke
den 3,5 km breiten Godaveryfluß und erreicht gleich darauf die
alte Orissa-Königsstadt (361 M) Rajahmundry (Radschamandry;
Bahnwirtschaft); etwa 40 km flußaufwärts durchbricht der Godavery
die Ostghats in landschaftlich schönen Schluchten.—Bei
(392 M) Samalkot Junction führt r. eine Zweigbahn (8 M) nach der
kleinen Hafenstadt Cocanada (Hotel Viktoria) mit Reede für Küstendampfer.
—Der Schnellzug fährt über (426 M) Tuni (Bahnwirtschaft)
nach (485 M) Waltair (Bahnwirtschaft; von hier Zweigbahn
[3 km] nach dem kleinen, geschützten Hafenplatz Vizagapatam
[Dâk Bungalow], mit 41000 Einw., in hübscher Lage).—Dann
über (522 M) Vizianagram (Bahnwirtschaft), Hauptstadt eines der
größten Zanindari-Staaten mit schönem Palast des Maharadschah,
und (656 M) Berhampore (Bahnwirtschaft) nach (686 M) Rambha,
am Südende des schönen Chilkasees, eines Haffes, an dessen Ufern
man vielerlei Wild, in der kühlen Jahreszeit viele Arten Wasserhühner
sieht.
(749 M) Khurda Road (Bahnwirtsch.), Bahnknotenpunkt.
Zweigbahn von Khurda Road nach
(28 M) *Puri Jagganath (Hotel Seaside,
gelobt, 10 Z., Pens. 6 Rup.,
2 Pers. 10 Rup.; Dâk Bungalow),
Küstenstadt von 20000 Einw., berühmt
wegen des Krischna-Heiligtums,
zu dem im Juni, bei dem großen
Wagenfeste (Rath Dschatra), Hunderttausende
von Pilgern aus ganz Indien
wallfahren. Am Südende der
Stadt, deren Hauptstraße fast nur aus
heiligen Bauten besteht, liegt der
große Haupttempel, der dem Wischnu-Krischna
als Dschaganath (Weltherr)
geweiht ist, und dessen Inneres nur
von Hindu betreten werden darf; man
besichtige den Tempel vom Dach
eines Gasthauses (für Eingeborene)
gegen Trinkgeld; drei hölzerne Blöcke
mit verzerrten Gesichtern bedeuten
Krischna, seinen Bruder Balabhadra
und seine Schwester Subhadra; für
diese drei Götzen sind 14 m hohe Wagen
mit 16 Rädern von 2 m Durchmesser
vorhanden, auf denen sie beim Fest
von den Pilgern zum Gartenhaus gezogen
werden.—Der Haupttempel ist
von etwa 120 kleinen Tempeln für
alle indischen Gottheiten umgeben,
die mit einer hohlen innern und einer
großen, mit vier Gopuratoren versehenen
hohen äußern Mauer umgeben
sind, wovon letztere ein Quadrat von
225 m Seitenlänge umschließt. 18
Feste werden im Tempel abgehalten,
davon ist das Wagenfest das 10. im
Jahre. Vor dem östl. oder Löwentor
steht eine prächtige Säule mit Statue
des Aruna. Am Strandstreifen Swarga
Dwara (Himmelstor) baden die Pilger.
Die Bahn fährt von Khurda Road über (760 M) Bhubaneswar (mit
vielen alten Tempeln, mehr als 500 Heiligenschreinen und Höhlentempeln
in der Umgegend) und über (778 M) Cuttack (Bahnwirtsch.;
Dâk Bungalow), Hauptstadt von Orissa, am obern Ende des Mahanadideltas,
dann weiter über die Flüsse Mahanadi und Brahmani
nach (850 M) Bhadrak (Bahnwirtsch.), (888 M) Balasore (Bahnwirtschaft;
Dâk Bungalow) und (960 M) Kharagpur (Bahnwirtsch.) nach
(1032 M, 1661 km) Calcutta, Howrah Stat.
[S. 134]
Calcutta.
Vgl. den beifolgenden Plan.
Ankunft zur See. Calcutta liegt am
linken Ufer des Hooghly (Hugli), des
westlichsten Seitenarms des Gangesdeltas,
und zwar 130 km oberhalb
des Golfes von Bengalen, 83 Seem.
oberhalb der untersten Deltainsel Saugor
(berüchtigt wegen ihres Tigerreichtums,
es sollen hier jährlich an 2000
Eingeborne von Tigern getötet werden).
Die Einsteuerung ist besonders bei
Nebel sehr schwierig. In der Nähe
des Pilot's Ridge-Feuerschiffs kommt
der Lotse an Bord. Große Dampfer
können nur bei Hochwasser über die
Barren im Flusse einlaufen. Das Wasser
ist schmutziggelb. Die Ufer zeigen
niedriges, schlammbedecktes Gebüsch,
Dschungeln und Grasflächen; den Fluß
beleben Möwen, Seeschwalben, später
auch Weihen, Sumpf-und Landvögel.
Etwa 34 Seem. flußaufwärts von Saugor
liegt am l. Ufer (r.) Diamond Harbour,
das Cuxhaven Calcuttas. Von hier
führt die »Eastern Bengal State Railway« von Diamond Head in etwa 21/2
St. nach (38 M) Beliaghatta Stat. in
Calcutta.—Etwa 10 Seem. oberhalb
Diamond Head liegt am rechten Ufer
(l.) die uralte kleine Stadt Tamluk, im
5. Jahrh. ein wichtiger Seehafen. Etwas
oberhalb liegt die gefährlichste Barre,
die »James and Mary-Bank« (mit nur
etwa 3 m Tiefe bei Niedrigwasser).
Weiter stromaufwärts wird der Pflanzenwuchs
an den Ufern immer üppiger;
man sieht Dörfer, Pagoden und
Tempel, Anlegeplätze für Flußboote
mit hohen Treppenterrassen, und hinter
der scharfen Krümmung bei Hangman
Point erblickt man aus 11 km Abstand
die Häuser von Calcutta. Nun
erscheint l. der prächtige Botanische
Garten, r. Garden Reach (A 6),
die großen Kidderpur-Docks (B 6), in
denen die Frachtdampfer neben den
Warenspeichern liegen. Auch der
Fluß dient als Hafen und ist oft mit
Schiffen stark gefüllt. Der Hafenmeister
bestimmt den Liegeplatz für die
Schiffe; wenn kein Kai frei, muß man
vom Strom im Boot fahren und landet
am besten am Chandpal Ghat,
an der NW.-Seite vom Fort William;
dort Zollabfertigung, falls nicht schon
vorher an Bord erledigt, was meist
der Fall sein wird (vgl. S. 49). Jeder
Reisende erhält vom Zollbeamten einen
Paß, ohne den er sein Gepäck keinem
Wagen übergeben darf. Zollpflichtige
Güter werden ins Zollamt (Custom
House; Pl. 4, C 3) nahe der Hooghlybrücke
geschafft.
Ankunft am Bahnhof: Von Bombay
(S. 53), Benares oder Madras (S. 100)
kommend, in Howrah Station (C 3) am
r. Hooghlyufer, dicht bei der Schiffbrücke;
von Darjeeling oder aus Assam
kommend, in Sealdah Station (E 4)
an der Ostseite der Stadt, nahe Bow
Bazar Street; von Diamond Head in
Beliaghatta (Mutla) Stat., unmittelbar
südl. von Sealdah Stat.
Gasthöfe: Continental (Italiener F.
A. Boscolo), Chowringhee Road 9/12
am Maidan (D 4).—Great Eastern,
Old Court House Str. 1/3 (D 4); größtes
Haus, renoviert, Essen gut.—
Grand Hotel (Frau Mack, österreich.
Manager Mayer), Chowringhee Road,
150 Z., Pens. von 10 Rup. an; von Deutschen
besucht.—De Paris, 27 Dhurrumtollah
(D 4).—Spence's Hotel,
4 Wellesley Place (CD 4). Pension in
allen je nach Jahreszeit und Zimmer
8-20 Rup.— Man beachte, daß
die Reisezeit von Mitte Dezember bis
März zusammenfällt mit der Heimreisezeit
der in Indien ansässigen Europäer
und mit der Hauptfestzeit an
Bällen, Wettrennen etc. in Calcutta,
daher sollte man beizeiten Zimmer
vorausbestellen.
Boarding Houses gibt es viele, allerdings
wenig gute; zu empfehlen das
von Mrs. Monk (Middleton Row 11);
Mrs. Walter's (Russel Street 6-9) und
Mrs. Pell's (Camae Street 1). Man
zahlt meist 175 Rup. für den Monat
oder 7 Rup. für den Tag Pension, doch
in der Reisezeit bis 10 Rup. und mehr,
dann ist Vorausbestellung zu empfehlen.
Restaurant und Konditorei: Peliti,
Esplanade, East 10.—Bristol Hotel,
Chowringhee Road, gute Billards;
weniger für Damen.
Post u. Tel.: Post Office (Pl. 2, C4),
Ecke Dalhousie Square und Koila
Ghat Street.—Telegraph Office (Pl. 3,
D4), Ecke von Dalhousie Square South
und Old Court House Street.
[S. 135]
Wagen: Carriages (Landauer), Einspänner
(billig) und Ticca gharis
(Droschken) nach Tarif.
Automobile für Tage, Wochen oder
Monate stellt die French Motor Car &
Electric Co., Bentinck Street 55.
Straßenbahnen, elektrische mit vielen
Linien, billig und bequem.
Eisenbahnen: 1) Von Howrah Station
(Pl. 10, C3) geht die East Indian
Railway nach Benares und bis Peshawar
(S. 80); nach Bombay via Jubbulpore
(S. 63) od. via Nagpur (S. 63); die
Madras and Southern Mahratta Railway
nach Madras und Tuticorin (S.
126).—2) Von Sealdah Station (E4)
die Eastern Bengal State Railway nach
Darjeeling (S. 141) und Assam (S. 140)
sowie von Beliaghatta (Mutla) Station
nach Diamond Head.
Dampfer: Norddeutscher Lloyd
(Agent: Schröder, Smidt & Co.), Old
Court House Str. 6/7 (Pl. 30, D4), mit
fremdem Zwischendampfer oder Bahn
bis Colombo, von da mit Reichspostdampfer
nach Europa; mit Zwischendampfer
bis Singapore, von da mit
Reichspostdampfer nach Ostasien.—
Österreichischer Lloyd (Agent: R. de
Calò) zweimal monatlich über Madras,
Colombo, Bombay, Aden, Suez nach
Triest in 31 Tagen.—Messageries
Maritimes (Agent: Grézoux, Hare Street
5-6), Zwischendampfer alle 4 Wochen
über Pondichéry nach Colombo.—
Peninsular & Oriental Steam Nav. Co.
(Agent: R. A. A. Jenkins, Strand 19)
alle 14 Tage über Colombo nach
Europa; ebenso über Singapore nach
Ostasien.—British India Steam Nav.
Co. (Agent: Mackinnon, Mackenzie
& Co., Strand 16) wöchentlich nach
allen indischen Häfen und Colombo;
dreimal wöchentlich nach Rangoon.—
River Steam Nav. Co. (Agent: Mac
Neill & Co., Clive Ghat Street 2), Flußdampfer
nach Assam etc.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank,
32 Dalhousie Square (Pl. 31, C4).—
National Bank of India Ltd., Clive Str.
Beide Korr. der Deutschen Bank, der
Berliner Disconto-Gesellschaft, letztere
der Allg. Deutschen Creditanstalt in
Leipzig; ferner Chartered Bank of
India, Australia and China, Council
House Street 5.—Hongkong and
Shanghai Banking Corporation, Dalhousie
Square 31, beide mit Zweigstellen
in Hamburg.—Für Reisende
besorgt auch Cook's Office (s. unten)
Bankgeschäfte, Kreditbriefe etc.
Reisebureaus: Thos. Cook & Son
(Pl. 3, C4), Old Court House Street
11, gegenüber dem Telegraphenamt.
Konsulate: Deutsches Reich, Auckland
Place 3 (Pl. 28, E5), Generalkonsul
Prinz Heinrich XXXI. Reuß j. L.,
Durchl., Vizekonsul Dr. Remy; deutsches
Konsulat (Pl. 28a, CD3), Clive
Row 9, Konsul Hans R. Schuler.—
Österreich-Ungarn, Generalkonsulat,
Theatre Road 36 (Pl. 29, E5), Generalkonsul
Dr. Ferd. Freyesleben, Vizekonsul
W. R. Czerwenka.—Deutscher
Klub (Pl. 32, D5), Elysium Row 13,
einer der schönsten im Osten. Besuch
6-8 Nm.—Polizeiamt (Pl. 9, D3), Bow
Bazar Street.
Ärzte: Dr. H. Finck, 19 Camac Str.,
der einzige deutsche Arzt.—Dr. A.
Caddy, Harrington Str. 2.—Frauenärzte:
Dr. Peck, Harrington Str. 6.—
Miß Baumler, Chowringhee Road 15.—
Zahnärzte: Miller, Chowringhee Road
35.—Woods, Chowringhee Road 25.
—Apotheken: Bathgate & Co., Old
Court House Street.—R. Scott Thomson
& Co., Government Place 15.—
Smith, Stanistreet & Co., Dalhousie
Square, u. a.—Krankenhäuser: Presidency
General Hospital (D6); Eden
Hospital (D3) u. a.
Buchhandlungen: Thacker, Spink
& Co., Government Place (CD4).—
W. Newman & Co., Dalhousie Square.
—Zeitungen: »Englishman«; »Statesman«;
»Indian Daily News« u. a.—
Photographien: John Blees (Kodaks,
frische Films etc.), Chowringhee Road,
neben Grand Hotel.—Johnston &
Hoffmann, Chowringhee Road 22
(D4/5).—Bourne & Shepherd, Chowringhee
Road 8.
Theater: Theatre Royal (Pl. 14, D4),
Chowringhee Road, zum Grand Hotel
gehörig.—Opera House (Pl. 15, D4),
Lindsay Street.—Indische Theater
meist in Beadon Street.
Geschäftsadressen: Optiker: Lawrence
& Mayo; Solomons & Co.; Lazarus.
—Kleiderhändler: Ranken &
Co., H. Clark & Co., Old Court House
Street 5, und andre Firmen, sämtlich
Old Court House Street.
[S. 136]
—Reiseartikel: Whiteaway, Laidlaw & Co.,
Esplanade, East 7.—Jagdgewehre etc.:
Manton & Co., Old Court House Street
13 und Mangoe Lane 1.—F. Schonert
& Co. (Deutsche), Konserven,
Wein, Zigarren; besorgen Ausrüstung
für Jagd-und Bergausflüge (gleich als
Trägerlasten verpackt).—Indische
Juweliere: Esoofally, Hiptoolla & Co.,
Chowringhee Road 6-2 und Radha
Bazar 9-10; Hamilton & Co., Old Court
House Street; Boseck & Co., Wellesley
Place.—Hindubuchhändler: Shambhu
Chandra Addy, Wellington Street.
Zeiteinteilung: 1. Tag: Botanischer
Garten, Museum, Eden-Garten.—2.
Tag: Basare, Zoologischer Garten, Kidderpur
Docks.—Zum Ausflug nach
Darjeeling rechne man mindestens 4,
besser 10-14 Tage. Ausflüge nach
Assam fordern mehrere Wochen.—
Nach Puri Jagganath, vgl. S. 133,
mindestens 2 Tage.
Geschichte. Calcutta wurde 1686
durch englische Kaufleute, die der Mogulstatthalter
von Bengalen aus ihrer
Faktorei Hugli vertrieben hatte, im
Dorfe Tschatanati gegründet, das mit
Kali Ghat (daher der Name) die Stelle
der heutigen Stadt einnahm. Am 20.
Juni 1756 wurde der Ort durch Suradsch
ed Daulah eingenommen, wobei
146 englische Gefangene in das »Black
Hole« eingesperrt wurden, in dessen
engem Raum 123 während der Nacht
umkamen. Nachdem aber Clive 2. Jan.
1757 die Stadt zurückerobert hatte, hob
sich Calcutta rasch wieder. 1772-1911
war es Sitz der britisch-ind. Regierung.
Klima. Die Lage Calcuttas im feuchtheißen,
von dichter Vegetation bedeckten
Gangesdelta, nur 6 m über dem
Meeresspiegel, ist gesundheitlich wenig
günstig. Cholera und Fieber sind endemisch,
doch ist in der Europäerstadt
an sanitären Einrichtungen das Mögliche
geleistet. Man unterscheidet drei
Jahreszeiten: die heiße von Mitte März
bis Mitte Juni, die Regenzeit bis
Ende September und die kühle Jahreszeit
von November bis Anfang März.
Der Sommer ist wegen seiner feuchten
Hitze sehr ungesund, deshalb leben
alle wohlhabenden Europäer, soweit
es die Geschäfte erlauben, von Ende
März bis Oktober in der Sommerfrische
in Darjeeling (S. 141) oder Simla
(S. 75), wo dann auch der Vizekönig
residiert. Als höchste Temperatur
wurde 42,3°, als niedrigste 6,8° gemessen,
als Durchschnitt im heißesten
Monat (Mai) 30°, im kältesten (Januar)
18°. Sehr stark ist der Regenfall;
Zyklone (Wirbelstürme), die gewaltige
Sturmfluten im Hooghly hervorrufen,
richten durch Windwirkung
und Überschwemmung gelegentlich
große Verheerungen an; neben Cholera
und Malaria (s. oben) ist in Calcutta
seit 1902 auch die Pest stark aufgetreten.
Calcutta (spr. kalkatta; der Name bedeutet: Flußtreppe [Ghat]
der Kali, einer Göttin) ist im Gegensatz zu den zahlreichen uralten
indischen Kulturstädten eine Gründung der Europäer und in einer
von Natur sehr ungünstigen Umgebung (nahe dem Westrande des
sumpfigen, ungesunden Gangesdeltas am Hooghlyufer, weit über
100 km vom Meer entfernt) erst emporgeblüht, nachdem 1772 der
unbedeutende Ort zum Sitze des Generalgouverneurs erhoben worden
war. Seitdem hat die vortreffliche strategische und kommerzielle
Lage der Stadt ihre Wirkung entfaltet, und heute ist Calcutta, das
»Hamburg« Indiens, der Hauptausfuhrhafen des Landes und eine
wichtige Industriestadt geworden, deren weitere Entwickelung auch
durch die 1911 beschlossene Verlegung der Zentralregierung nach
Delhi nicht sehr wesentlich beeinflußt werden wird. Es besteht
aus drei Hauptteilen: die White town, die Europäerwohnstadt, vom
Charakter einer europäischen Großstadt, und die Black town, die
schmutzige Eingebornenstadt, liegen auf dem l. Hooghlyufer. Ihnen
gegenüber zieht sich die Fabrikstadt Howrah hin. Die eigentliche
Stadt, vom Fluß und der Circular Road eingeschlossen, enthält die
Esplanade, den Maidan (CD5), an dem das Fort William, 1773 erbaut,
[S. 137]
einen Raum von 3 km Umfang einnimmt, mit großem Arsenal,
619 Geschützen und 25000 Mann. Im N. des Maidan der Palast des
Vizekönigs und das Rathaus. Die Stadt hat 27 protestantische
(St. Paulskathedrale), 8 katholische Kirchen, ein theistisches Gotteshaus
der Brahma Samaj-Sekte, aber keine orthodoxen Hindutempel;
ferner zahlreiche Denkmäler. Die Bevölkerung beträgt: 890493
(mit Vorstädten 1216514) Köpfe (davon ca. 2/3 Hindu, ca. 30 Proz.
Mohammedaner und etwa 6000 Europäer). Die Industrie ist auf
Howrah (B2, 3) konzentriert. Mit diesem hatte Calcutta 1902: 26 Jutefabriken
(die Hauptindustrie) mit 15132 Webstühlen und 80000
Arbeitern, 8 Baumwollspinnereien mit 324038 Spindeln, Papierfabriken,
Zuckerfabriken, Indigofabriken etc. Der Staat besitzt eine
große Geschützgießerei in Kosipur. Großartig ist der Handel, er
wertete 1906/07: 1300 Mill. Rupien. Aus Deutschland kam 1902 für
11159460, dorthin ging für 82683580 Mark Ware. Die wichtigsten
Ausfuhrartikel sind Jute und Jutesäcke, Opium, Tee, Reis, dann
Häute, Baumwolle, Ölsaaten, Indigo, Rohseide, Gummi. Kohle wird
aus Calcutta stark ausgeführt (1905: 7 Mill. Ton.). Der Hafen für
sehr große, schwerbeladene Schiffe ist Diamond Harbour (S. 134);
die meisten Schiffe können bis zur Stadt gelangen, deren Hafen sich
16 km lang am Ufer hinzieht. Die über den Hooghly nach Howrah
führende Schiffbrücke wird zu bestimmten Stunden geöffnet. Es
liefen 1910: 539 Schiffe mit 1550000 Reg.-Ton. ein. Die Stadt besitzt
zahlreiche Bildungsanstalten, darunter das Hindu College, Sanskrit
College, Medical College, die berühmte La Martinière (Stiftung
eines französischen Abenteurers, der 1808 als Millionär starb), einen
prächtigen Botanischen und Zoologischen Garten, ist Sitz der Asiatic
Society of Bengal (Park Street 57, gegründet 1784, mit Bibliothek
von 15000 Bänden, Münz-, Gemälde-und Büstensammlung), des
Lieutenant-Governors von Bengalen, vieler Verwaltungsbehörden,
eines katholischen Erzbischofs, eines anglikanischen Bischofs und
andrer Behörden.
Rundfahrt. Man beginne morgens mit der Chowringhee Road
(D4/5), wo gute Geschäfte sind und am Nordende der Dhurrumtola-Basar
(Pl. 16, D4) liegt. Nun zur *Esplanade (CD5), dem Maidan,
Exerzierplatz und Promenade der eleganten Welt; an dessen Nordseite
vorbei, r. zwischen dem Palast des Vizekönigs (CD4; Government
House, erbaut 1804) und dem Rathaus (Town Hall; Pl. 1, C4)
über den Dalhousie Square (CD4) und durch die Eingebornenstadt
zur Hooghly- (Schiff-)Brücke (C3), von deren Mitte prächtiger
Blick über die Ufer, belebt mit Schiffen und Booten sowie mit
Badenden auf den Treppen der Ghats; auf dem rechten Ufer sieht
man Howrah (B2, 3) mit Bahnhof, Werften, Docks und Fabriken.
Von der Brücke zurück und nach Süden am linken Ufer entlang;
r. Anlegebrücken der Seedampfer (Export and Import Jettis),
l. vorbei am Zollamt (Custom House; Pl. 4, C3), dem Generalpostamt
(Pl. 2, C4), der Bank of Bengal (Pl. 8, C4), dann l. der
sehenswerte *Eden-Garten (C4), ein hübscher kleiner Park, von
den Misses Eden, den Schwestern Lord Aucklands, angelegt und 1856
mit einer birmanischen Pagode aus Prome geschmückt, am besten
[S. 138]
abds. (6-7 Uhr Militärmusik) zu besuchen. Der weitere Weg, The
Strand (C4), führt dann westl. am großen Fort William (S. 136,
nichts Sehenswertes) vorbei, läßt Prinsep's Ghat r., dann über
Hastings Bridge auf die Garden Reach Road (BC6), die am Nordende
des Kidderpur-Docks Nr. 1 (B6) vorbeiführt; man fahre nun nach
l. längs der Westseite dieses Docks, besichtige dort das Löschen und
Laden der zahlreichen Frachtdampfer (sehenswert!) und fahre über
die Brücke zwischen Dock Nr. 1 und 2 zurück durch Kidderpur zum
Zoologischen Garten (C6) mit Prachtexemplaren von Königstigern,
Orang-Utans, schwarzen Panthern, Fasanen etc., der auch als Picknickplatz
beliebt ist (Konzerte So., Eintr. 1 Rup.).—Sw. liegt das
Meteorologische Observatorium, südl. von ihm der Palast Belvedere
(C6) des Lieutenant-Governors mit schönem Park und nahe sö. davon
die Agri-Horticultural Gardens. Vom Zoologischen Garten fährt
man auf der Zeerut Bridge (CD6) über den Tolly Nullah-Kanal (CD6),
dann r. vorbei am Rennplatz (Race Course; C5/6), wo das ganze
Jahr Wettrennen stattfinden, dann schräg über den Maidan, vorbei
an der Victoria Memorial Hall und den Standbildern von Lord Dufferin
(Pl. 21) und Outram (Pl. 26), zum Imperial Indian Museum
(Pl. 6, D4; Chowringhee Road 27 und 28; guter Katalog am Eingang
zu haben; geöffnet 10-4 bzw. 5 Uhr), 1866 erbaut; es enthält wertvolle
Fossilien-und Mineraliensammlungen (darin prächtige Edelsteine aus
dem Bundelkund und Südindien), ferner eine Antiquitätensammlung,
besonders buddhistische Altertümer aus der Tope von Bharhut, aus
Muttra und Gandhara (Punjab), die zum Teil griechisch-klassische
Schönheit erreichen. In einem Anbau, vom ersten Stock des Museums
zu erreichen, eine sehenswerte kunstgewerbliche Sammlung. In der
Fossiliensammlung beachte man den Hyänenbär (Hyänoarktos), den
Amphikyon, den Machairodos (Säbelzahntiger mit 18 cm langen
Zähnen), die Siwalikkatze (so groß wie ein Tiger), den Megaloscelornis
(ein Siwalikstrauß); ferner Knochen vom Dinormis, den Kolossochelys
(eine Siwalik-Riesenschildkröte) und viele andre Seltenheiten.—
Zum Botanischen Garten (11 km sw., Wagenfahrt in 11/2 St.
hin, auch den ganzen Garten besichtigt man im Wagen, insgesamt
1/2 Tag Zeit nötig, 9 Rup.) fährt man über die Hooghlybrücke, am
Bahnhof Howrah vorbei, dann l. südl. am r. Flußufer auf dem Grand
Trunk Road durch die Vororte Howrah, Ramkrishnapur (B4) und
Sibpur nach den *Government Botanical Gardens (A5, 6), die
am rechten Hooghlyufer gegenüber dem Garden Reach (A6) liegen.
Es sind herrliche Parkanlagen mit tropischen Bäumen, Blumenparketts,
Sträuchern, Wiesenflächen, Teichen und Bewässerungskanälen.
Breite Fahrstraßen durchkreuzen den Park. Am NW.-Eingang
stehen drei Prachtbäume, ein Banyanbaum in der Mitte, je ein
Bobaum (Ficus religiosa, unter dem Buddhas Erleuchtung stattfand) an
jeder Seite; ersterer ist den Brahmanen, letztere sind den Buddhisten
heilig! Eine Palmyrapalmenallee führt nach r., eine Mahagonibaumallee
nach l.; man bleibe auf der mittlern Fahrstraße, die durch
Kasuarinenbäume mit Kletterpalmen darauf in die Palmenpflanzung
führt. Dann gelangt man über eine Brücke r. in den Blumengarten
mit Orchideenhäusern etc. Ein breiter Weg führt dann zum Flußufer,
[S. 139]
das man l. läßt, um auf den *großen Banyanbaum (Ficus indica) zuzufahren,
der mit mehreren hundert stammartigen Luftwurzeln eine
Fläche von 80 qm mit etwa 300 m Umfang bedeckt; man geht unter
dem Baum, der von weitem wie ein dichtbewaldeter Hügel aussieht,
wie in einem Gehölz spazieren. Westl. vom Botanical Garden Ghat
(A5), wo man mit Boot über den Hooghly nach Garden Reach ans
linke Ufer sich übersetzen und von da mit Wagen über Kidderpur-Docks
(S. 138) zurückfahren läßt, liegt das Direktorgebäude (Superintendent
House) am Fluß, und in seiner Nähe das berühmte große
Herbarium mit etwa 40000 Pflanzen (vom Direktor Dr. Wallich um
1829 angelegt) nebst Bibliothek. Dem Botanischen Garten ist unter
anderm die Akklimatisation und Kultur der Teepflanze im Himalaja
und in Assam zu danken.
Ausflug auf der Bahn nach Chandernagore (Hôtel de France, gute Weine),
einer 30 km nördl. von Calcutta gelegenen kleinen französischen Kolonie.
Von Calcutta nach Darjeeling
Vgl. die Karte bei S. 64
Eisenbahn von Calcutta nach (379 M)
Darjeeling in 191/2 St. für I. Kl. 49 Rup.
121/2 annas; II. Kl. 24 Rup. 141/4 annas;
Rückfahrkarten mit 14 Tagen Gültigkeit
I. Kl. 66 Rup. 6 annas, II. Kl.
33 Rup. 3 annas. Schnellzug: ab Calcutta
Nm.; an Darjeeling Mitt.; Bettzeug,
wollene Decken und warme
Kleidung, auch Schleier oder Rauchbrille
mitnehmen. Schlafplätze für den
Nachtzug von Sara Ghat aus am besten
bei Cook & Son vorausbestellen oder
telegraphisch von Calcutta aus.—Die
Bahnwirtschaften sind verhältnismäßig
gut; bei der Rückfahrt Dinner in Siliguri.
—Bei der Ankunft in Siliguri
(auf der Bergfahrt) sichere man sich
sofort einen Platz in der Kleinbahn,
ehe man zum Morgenkaffee in den
Wartesaal geht.
Geographisches. Durch die heißen,
ziemlich einförmigen und kahlen, aber
vortrefflich angebauten Ebenen Unterbengalens,
die von dem gewaltigen,
in seiner Breite fast unüberschaubaren
Ganges durchflossen werden, geht es
bis an den Fuß des Himalaja. Ein
Saum von dicht verfilztem, ziemlich
niedrigem Sumpfwald (Tarai) umkleidet
ihn und leitet bald in üppigen
tropischen Regenwald über, der die
untern Berghänge verhüllt. Bei etwa
1000 m Seehöhe beginnt der prächtige
subtropische Bergwald mit seiner
mannigfaltigen Zusammensetzung (die
aber von der des östl. Himalaja in der
Gegend von Simla ziemlich stark abweicht)
aus mancherlei Laubbäumen,
Palmen, Bambus etc., zu denen weiter
oberhalb noch die schönen Baumfarne
treten. Darjeeling selbst bietet
gute Gelegenheit zum Studium dieses
Waldes wie der mongolischen Bevölkerung
des indisch-tibetischen Grenzgebietes (eine große
Straße führt von hier
nach Tibet hinein) und des Aufbaues
des Himalaja aus einer Reihe schmaler
paralleler Gebirgsketten (vgl. S. 44).
Von Sealdah Stat. im O. von Calcutta mit der »Eastern Bengal State
Railway« vorbei am Vororte (5 M) Dum-Dum (spr. damdam), bekannt
durch seine Gewehrmunitionsfabrik, in der zuerst die berüchtigten
Dum-Dum-Geschosse mit Sprengwirkung angefertigt wurden; dann
über (14 M) Barrackpur, mit Landsitz des Vizekönigs und alten Kasernen,
nach (46 M) Ranaghat Junction (Bahnwirtsch.) und über (58 M)
Bogoola (Bahnwirtsch., 10 Min. Aufenthalt zum Nachmittagstee) nach
(103 M) Poradaha Junction (von hier Zweigbahn [47 M] nach Goalanda
Ghat, nahe der Vereinigung des Ganges mit dem Brahmaputra,
dann mit Flußdampfer und Bahn über Dacca, die alte Hauptstadt
Bengalens, nach dem Seehafen Chittagong).—Die Bahn erreicht den
[S. 140]
Ganges bei (120 M) Damukdia Ghat; hier umsteigen auf die Dampffähre,
die in 25 Min. über den sehr breiten Gangeshauptstrom setzt;
währenddessen Abendessen an Bord. Die Dampffähre landet bei
(132 M) Sara Ghat gegen 21 Uhr; man beachte an den Wagentüren
des Zugs die Zettel mit Namen, wenn man telegraphisch Schlafplatz
bestellt hat. Dann mit der »Northern Bengal State Railway« in
kleinen Wagen von 1 m Spurweite über (156 M) Nattore (bei Rückfahrt
wird hier stark geläutet zum Wecken der Fahrgäste, ehe sie
zur Fähre kommen) nach
(244 M) Parbatipur (Bahnwirtschaft).
Abstecher nach Assam; Zweigbahn
von Parbatipur nach (90 M) Dhubri
Ghat, dann Dampferfahrt (wegen Anschluß
vorher bei Cook erkundigen!)
auf dem Brahmaputra, dem »indischen
Rhein«, in 4 Tagen nach Dibrugarh
(123 m; Dâk Bungalow), das
schon nicht mehr allzu weit von der
Austrittsstelle des Brahmaputra aus
dem Himalaja entfernt liegt. Der
Brahmaputra, ein gewaltiger Strom,
fließt durch Assam in einem weiten
bewaldeten Tale, meist in zahlreiche
Arme aufgelöst. Bei Gauhati (s. unten),
wo er nicht geteilt ist, ist er 11/2 km
breit. Sein Hochwasser, gespeist aus
der Schneeschmelze im fernen Tibet
und aus den gewaltigen Regenmengen,
die im Sommer über Assam niedergehen,
reicht von Mitte März bis in
den September. Nahe seinem l. (südl.)
Ufer beginnen die Vorhügel der Khasiaberge,
eines schönen, niederschlagsreichen
u. gut bewaldeten Gebirges mit
reichen Teepflanzungen. An der Südseite,
südl. von Shillong, liegt Cherra
Punji, der regenreichste Ort der Erde
(jährlicher Niederschlag 11600 mm).
Die Brahmaputrafahrt gibt Gelegenheit
zu Ausflügen nach Shillong, Hauptquartier
der Regierung von Assam,
1200 m ü. M., und in die prächtigen
Waldberge des Khasiagebirges; sie
sind aber beschwerlich, langwierig
und teuer; nähere Auskunft gibt
Cook's Office in Calcutta.
Von Parbatipur weiter über (305 M) Jalpaiguri nach (328 M)
Siliguri (Bahnwirtsch., gut; Dâk Bungalow). Hier beginnt die
Darjeeling-Himalayan Railway, eine kleine Gebirgsbahn von 60 cm
Spurweite, sehr schmale Wagen, I. und II. Klasse geschlossen oder
offen. Rauchbrille oder Schleier zum Schutz gegen den Rauch der
Lokomotive sowie warme Decken sind erforderlich. L. sitzen, ein
Eckplatz im offenen Wagen gewährt beste Aussicht, man schwebt
aber zuweilen über Abgründen; der Mittelplatz ist weniger zugig.
Der Temperaturwechsel macht sich stark fühlbar, je höher die Bahn
steigt; die Fahrt (51 M) dauert 6 St., anfangs durch Flachland mit
Feldern, bald aber Aufstieg in dichtem Urwald (der sogen. »Tarai«)
meist längs der alten Fahrstraße; in den Dschungeln hausen Tiger,
Elefanten, Rhinozerosse, Leoparden und andres Wild. An Waldlichtungen
sieht man auch zuweilen Holz schleppende gezähmte
Elefanten. Man übersieht Schluchten mit Himalajazedern (Cedrus
Deodara), Palmenwäldern, Feigen-und Mandelbäumen und riesigen
Rhododendronbüschen. Bei scharfen Kurven sind Schleifen (loops)
angelegt, an andern Stellen Kopfstationen (Spitzkehren), wo die
Lokomotive an das Ende des Zugs gesetzt wird. In größerer Höhe
werden die Zedern und Eichen seltener, häufiger die Baumfarne
(Ferntree, bis 10 m hoch, wie Palmen aussehend).—In (360 M)
Kurseong (Bahnwirtsch., gut; Clarendon Hotel; Dâk Bungalow),
einem Hauptplatz der Teeplantagen, etwa 1500 m ü. M., ist 19 Min.
Aufenthalt zum Frühstück. Der Wald macht Teepflanzungen Platz.
[S. 141]
(Auf der Rückfahrt kann man von Kurseong einen Teil des Abstieges
auf einem Richtweg zu Fuß machen, sehr lohnend; man erkundige
sich beim Station Master in Kurseong.)—Auf dem weitern
Anstieg wird es kühl. Bald hinter Kurseong erster Blick auf den
Kanchanjanga (8582 m), dann noch einmal kurz vor Ghoom.—In
(376 M) Ghoom, 2600 m ü. M., erreicht die Bahn den höchsten Punkt;
gelegentlich Ausblicke auf die Himalaja-Bergkette, dann bergab nach
(379 M) Darjeeling (2184 m), tibetan. Dar-rgjas-glin (d. h. Land
des diamantenen Donnerkeils des Lamas), Stadt mit 13000 Einw.,
Endstation der Bahn.
Gasthöfe: Woodland's Hotel, gut.
—Woodland's Annex Hotel, sehr gut,
Pens. 8-15 Rup., 2 Pers. 14-18 Rup.,
Abfahrt 24 St. vorher anmelden.—
Boscolo's Hotel Oakfield (neu), am
Chaurasta; Central Hotel (neu), Post
Office Road, gut, Pens. von 5 Rup. an.
—Drum Druid Hotel.—Grand Hotel
Rockville, das ganze Jahr geöffnet;
44 Z., Pens. von 8 Rup. an.—Jones
Hotel und Restaurant.—Boardinghouses
Ada Villa; Bellevue; Himalaya
Cottage.—Droschken nach Tarif.—
Photographen: Baar, Deutsch-Österreicher;
Burlington Smith.—Bank.—
Apotheken.—Antiquitäten bei verschiedenen
Firmen.—Skating Rink, bei
der Kirche, gegen Abend Konzert.
Darjeeling, Hauptstadt des gleichnamigen britisch-indischen Distrikts,
an der Grenze von Sikhim, zwischen Nepal und Bhutan, liegt
auf den Vorbergen des Himalaja, ist Sommersitz des Lieutenant-Governors
von Bengalen, vielbesuchte Sommerfrische (für Reisende, die
in Benares oder Calcutta einen Malariaanfall erleiden, ist schleunigste
Reise nach Darjeeling die beste und schnellste Kur) mit dem vorzüglichen
Eden-Sanatorium, mehreren Schulen und einem Pensionat zur
Ausbildung von Forschungsreisenden und Dolmetschern. Mittlere
Jahrestemperatur 11,5° C (Januar 4,5°, Juli 16,4°), größte Kälte-6,7°,
größte Wärme etwa 27° C. Das Klima ist regenreich (3200 mm,
etwa das Fünffache wie in Deutschland); die Regenzeit beginnt Anfang
Juni. Die Hauptstraße The Mall mit Musikhalle (April bis November
spielt Mi. und Sa. Musik) führt zum Observatory Hill; dort
*Aussicht über die Bergketten von Sikhim hinweg auf den Kanchanjanga
(8582 m) und andre Gipfel des Himalaja (großartigste Hochgebirgslandschaft
der Erde). In den Basaren und auf dem Markt
*Sonntag früh interessantes Volksleben (Mongolen, Tibetaner, Bhutias,
Leptschas, Lopos, Nepalesen neben Hindu, Parsen u. a.). Da die
Gebirge bei Tage häufig durch Nebel verdeckt sind, suche man die
Aussichtspunkte bei Sonnenauf-oder-Untergang auf.—Etwa 1,5 km
östl. und 300 m steil bergab liegt das malerische Dorf Bhutia Busti
mit tibetanischem Tempel, vor dem mannsgroße bunte Gebetsmühlen
stehen (auf den Papierstreifen der Mühlen steht das Gebet: »Om
mani padme hum' = O, du Kleinod im Lotos, Amen!«; jede Umdrehung
rechnet als ein Gebet!). Auf dem Rückwege sieht man eine
Stûpa (oder Dagoba = Grabhügel), umgeben von weißer Mauer.—
Der Botanische Garten unterhalb des Eden-Sanatoriums enthält eine
Sammlung von Himalajapflanzen, auch schöne Sammlung von Himalajaschmetterlingen,
-vögeln und Eiern.
Ausflüge: 1) Nach *Tiger Hill
(2600 m), 10 km vor Darjeeling, 500 m
Steigung auf Reit-oder Fußwegen,
mit Führer in 2 St.; am besten zu
Pferde (im Gasthof bestellen, hin und
zurück etwa 5 Rup.), Damen im Tragstuhl.
[S. 142]
Äußerst lohnend! Um
den Sonnenaufgang zu beobachten,
ist Aufbruch mit Laternen früh 4 Uhr
nötig. Man nehme Feldstecher mit!
Bei günstigem Wetter (früh am wenigsten
Wolken oder Nebel) ist der
Sonnenauf-oder-Untergang unvergleichlich
großartig; man übersieht
die Hochgipfelkette des Himalaja vom
Mount Everest (8750 m) im NW. in riesigem
Bogen über den Kanchanjanga
(8582 m) und Donkia Ri (7051 m) bis
im O. an die Grenze von Bhutan und
Tibet; überraschend ist die Schärfe
der Umrisse wie das wunderbare Farbenspiel
auf den Schneeflächen. Die
Schneegrenze liegt bei 4500 m. Der
*Blick auf den Himalaja ist das wunderbarste
Hochgebirgsbild der Erde.
2) Nach Phalut (3600 m), 82 km
nördl. von Darjeeling, quer durch
Sikhim; beschwerlich, da der Weg
quer zu den ostwestl. laufenden Bergketten
verläuft, aber sehr lohnend für
Alpentouristen zu Fuß, mit Führer,
der, zugleich Koch und Dolmetscher,
tägl. 2 Rup. erhält, und mindestens
10 Kulis zum Proviant-und Gepäcktragen,
für Tag und Mann 12 annas;
man kann auch Saumpfade benutzen,
dazu ein Pony (mit Wechsel) 4 Rup.
tägl. oder für Damen eine Dandy, Tragstuhl
mit stellbarem Wachstuchdach
nebst 8 Kulis zum Tragen; in dieser
Art kostet der Ausflug, in 6-7 Tagen
mit dem empfehlenswerten Führer Nadar
Sirdar und 27 Kulis gemacht, für
ein Ehepaar etwa 250 Rup. mit Trinkgeldern
etc. Wenn man von Phalut
über Rinchinpong durch Sikhim zurückkehrt,
dauert der Ausflug 10 Tage:
Woodlands Hotel übernimmt die Ausrüstung,
Stellung der Pferde etc. für
zwei Personen für 440 Rup.; mit Trinkgeldern
und Getränken kann man dann
500 Rup. rechnen. Proviant besorgt
F. Schonert & Co. in Calcutta, Anwerbung
der Pferde und Kulis der
zuvorkommende Manager des Woodland-Hotels.
Wer selbst die Ausrüstung
übernehmen will, nehme einen
Führer an (zu empfehlen auch Keschur
Sing Markar), der auch Pferde etc.
stellt. Ohne Führer kann man weder
mit den Pferden (die im Gebirge leicht
erkranken) noch mit den Kulis fertig
werden, die Sprachkundige zur Beaufsichtigung
erfordern.
—Paßerlaubnis für Benutzung der Bungalows muß
vorher in Darjeeling beim Deputy Commissioner
eingeholt werden, und zwar
je ein Paß für Ausreise und Rückreise
für jeden Bungalow, den man besuchen
will. Man tut gut, die Kulis
mit den Lebensmitteln einen Tag vorauszuschicken.
Mitnahme von Verbandstoffen
und einer Hausapotheke
sowie Jagdgewehren ist zu empfehlen.
Die erste Tagereise führt durch
einsame Täler und über größere Höhen
als Darjeeling bis zum Dâk Bungalow
von (37 km) Tanglu (3070 m; jede
Person über Nacht 1 Rup. und 2 annas
für Brennholz), auf einem schroffen
Bergvorsprung mit *Aussicht mitten
im Wald. Zweite Tagereise durch
wunderbare Gebirgslandschaft über
Berg und Tal nach dem Dâk Bungalow
von (61 km) Sandakphu (Sindukphu),
3630 m, mit prachtvollem *Ausblick
auf Mount Everest und Kanchanjanga.
Dritte Tagereise über stellenweise
schmalen Berggrad zum Dâk Bungalow
von (82 km) Phalut (3600 m). Vor
Sonnenunter-und-Aufgang besteige
man den höchsten Vorsprung des Bergrückens
(etwa 3660 m), wo fünf spitze
Steinhaufen mit tibetanischen Inschriften
stehen. Die Bergriesen erglühen
rosig (Alpenglühen); man befindet sich
nur noch einen Tagesmarsch vom Kanchanjanga
entfernt, sieht diesen Bergriesen
dicht vor sich, dazwischen ein
Labyrinth von Tälern unter gigantischen
Abhängen, tief unten Dschungeln;
*Blick auf Mount Everest.
Wer weiter in die Gletscherwelt des
Himalaja eindringen will, studiere
vorher die Reiseberichte von Freshfield
im »Alpine Journal« und von
Dr. K. Boek in dessen Werk »Indische
Gletscherfahrten«; sie rüsteten ihre
großen Gebirgsreisen in Darjeeling
aus.—Rückreise von Phalut: 1. Tag
nach Sandakphu, 2. Tag bis Tanglu,
3. Tag Ankunft in Darjeeling. Viel
schöner ist die Rückreise durch das
Land Sikhim in 5 Tagen: 1. Tag von
Phalut über den Dâk Bungalow von
(10 km) Chiabhanjon (3150 m) nach
dem Dâk Bungalow von (21 km)
Dentam (2000 m); 2. Tag bis Dâk
Bungalow von (40 km) Pamiongchi
(1500 m); 3. Tag bis Dâk Bungalow
von (56 km) Rinchinpong (1520 m);
4. Tag bis Dâk Bungalow von (75 km)
Chakang (1550 m); 5. Tag zurück nach
(107 km) Darjeeling (2180 m).
[S. 143]
3) Nach Teesta Bridge, 2 Tage
zu Pferd, etwas anstrengend (Paßerlaubnis
für Benutzung der Bungalows
vorher in Darjeeling beim Deputy Commissioner
und beim Executive Engineer
einholen), am 1. Tag zum Bungalow
von (12 km) Badatam (760 m), dort
übernachten, dann durch das Teesta-Tal
über Teesta Bridge (Dâk Bungalow;
210 m) und (27 km) Pashoke
(Dâk Bungalow; 1000 m), zurück nach
Darjeeling. Man kann auch von Darjeeling
über Pashoke ins Teesta-Tal
hinabreiten, dann über Teesta Bridge
(dort im Bungalow übernachten) nach
Riang (Dâk Bungalow) und (51 km)
Kalithora (Dâk Bungalow; 170 m)
nach Siliguri (S. 140) reiten und von
da mit der Bahn nach Darjeeling oder
Calcutta zurück. (Näheres siehe »Meine
indische Reise« von Eugenie Schaeuffelen,
Berlin 1906.)
7. Von Calcutta nach Rangoon. Birma.
Vgl. Karte S. 155.
Dampfer Calcutta-Rangoon, 787
Seem.: British India Steam Nav. Co.
(Agent Mackinnon, Mackenzie & Co.,
Calcutta, Strand 16), dreimal wöchentlich,
So. Di. Fr., in 50 St. für I. Kl. 75,
II. Kl. 371/2 Rup. Fahrkarte Calcutta-Singapore
mit 4 Wochen Unterbrechung
in Rangoon I. Kl. 150, II. Kl.
75 Rup. Verpflegung und Platzbesorgung
für deutsche Reisende lassen zu
wünschen; man bestelle durch Cook
Plätze voraus.
Von Calcutta fährt man den Hooghly abwärts (S. 134), durchquert
den innersten Teil des Golfs von Bengalen mit SO.-Kurs bis zum Kap
Negrais, dann mit östlichem Kurs an den Mündungen des Irawaddy
(spr. irawadi) entlang, die sich durch lehmfarbige Trübung des Seewassers
ebenso wie die Gangesmündungen weit außerhalb der Küste
kenntlich machen. Schließlich steuert man mit NO.-Kurs in den
Golf von Martaban bis zur Mündung des Rangoonflusses, auf dem
das Schiff aufwärts nach (787 Seem.) Rangoon (S. 145) fährt.
Birma (oder Barma, engl. Burma)
erstreckt sich zwischen 27° und 10°
nördl. Br. von der Ostküste des Golfs
von Bengalen aus nordwärts in die
hinterindische Halbinsel hinein. Niederbirma
(Lower Burma) ist seit 1826
und 1852, Oberbirma (Upper Burma)
erst seit 1886 englisch. Zu letzterm
rechnen noch Luschai-und Katschinland
sowie die Schanstaaten, so daß
die gesamte jetzige Provinz Burma,
die einen Teil des Kaiserreichs Indien
bildet, etwa 613000 qkm (Deutsches
Reich 540778 qkm) mit 10500000 Einw.
umfaßt. Oberbirma und auch die Gebirgszüge
Unterbirmas sind noch wenig
erforscht, so daß Touristenreisen im
Lande sich auf die wenigen unten beschriebenen
Linien beschränken müssen.
Das ganze Land gliedert sich in
nordsüdlich verlaufende Gebirgsketten
und dazwischen eingesenkte Täler, von
denen nur eins, das untere Irawaddytal,
eine große Ebene bildet, die sich
südwärts durch die Deltabildung des
Flusses noch ständig vergrößert. Der
zweite große Strom des Landes, der
Salween, der wie der Irawaddy fern im
N. im Grenzgebirge Tibets seinen Ursprung
hat, durchfließt bis zu seiner
Mündung ein verhältnismäßig schmales
Gebirgstal.
Das Klima weicht von dem Vorderindiens
wenig ab. Wie dort unterscheidet
man drei Jahreszeiten: die
kühle (Mitte November bis Anfang
März), die heiße (März bis Mai) und
die Regenzeit. Das Küstengebiet wird
von Ende Mai bis Anfang Oktober
durch den Südwestmonsun mit großen
Regenmengen überschüttet. Landeinwärts
läßt die Regenfülle, abgesehen
von den Gebirgen, rasch nach, da ein
küstennaher Gebirgszug einen großen
Teil der Feuchtigkeit abfängt.
[S. 144]
Die
Temperatur nimmt in der kühlen
Jahreszeit landeinwärts ab (Rangoon
Januar 23,7°, Mandalay 20,4°), in der
heißen aber zu (Rangoon April 29,4°,
Mandalay 31,8°). Die Vegetation
des Küstengebiets ist sehr üppig; die
Inseln des Irawaddydeltas sind großenteils
von Sumpfwald und Röhricht bedeckt,
die Berge von tropischem Regenwald.
Die dichten Wälder, die einen
großen Teil des Innern bedecken, bestehen
vielfach aus Teakbäumen, die
weniger Regen bedürfen; ihr Holz
bildet einen Hauptausfuhrgegenstand;
daneben gibt es Feigen-und Magnolienbäume
sowie Brotfruchtbäume. Tierwelt
wie in Ostindien, dazu vier
Arten Nashörner. Vögel und Reptilien
sind sehr farbenprächtig.
Bevölkerung. Das herrschende
Halbkulturvolk der Birmanen ist wohl
ein Mischvolk aus mongolischen, vorderindischen
und malaiischen Elementen.
Sie sind klein, hellbraun, wohlgestaltet,
sehr lebhaft und geschäftlich
rührig, gegen Fremde meist höflich
und gastfrei, aber unzuverlässig und
verschlagen. Männer und Frauen sind
sehr putz-und vergnügungssüchtig
und in ihrem Leben und Gebräuchen
wesentlich von den Hindu verschieden.
Die Kultur ist vom benachbarten
Vorderindien aus stärker beeinflußt als
von China her. Aus Vorderindien ist
sowohl der Brahmanismus gekommen,
der zahlreiche schöne Tempelbauten,
namentlich in Oberbirma, hinterlassen
hat, wie auch der heute herrschende
Buddhismus, der übrigens mit brahmanischen
Ideen ganz durchsetzt ist.
Jeder Mann muß eine Zeitlang als
Mönch leben; Klöster, Phoongyi-Kyaung,
findet man in jeder Stadt und
jedem Dorf, ältere sind oft prächtig
aus Teakholz geschnitzt und mit Spitztürmen,
Pyathats, geziert. Die Priester,
kahlgeschoren und mit gelben Seidengewändern,
sind hochangesehen, worauf
der Reisende stets Bedacht nehmen
muß, um sich vor Unannehmlichkeiten
zu bewahren. Der Oberpriester, P'ha-T'hena-Baing,
ein hoher Reichswürdenträger,
hat seinen Sitz in Mandalay.
Die Tempel, Phra, sind Prachtbauten,
die Pagoden stets pyramidenförmig.
Die Priester sind gegen höfliche
Fremde sehr artig und zeigen alles
gern. Öffentliche Theateraufführungen
(Pwe), die abds. 8 Uhr im Freien beginnen
und oft über Nacht dauern,
sind sehenswerte Volksfeste.
Den kulturellen Mittelpunkt des Landes
bildet das Irawaddytal, in
dessen Ebenen große Mengen von Reis,
Baumwolle, in viel geringerm Umfang
auch Erdnüsse, Tabak, Zuckerrohr und
Sesam gebaut werden; die Ausfuhr
von Reis (nach China) ist sehr stark.
Im nördl. Gebiet kultiviert man Mais,
Weizen, Hirse, Hülsenfrüchte, Ölsaat;
im Gebirge auch Tee, der teils als
Gemüse gegessen, teils eingesalzen zur
Getränkbereitung benutzt wird. Viehzucht
ist unbedeutend, man hält nur
Zug-und Lasttiere: Pferde, Büffel, Elefanten,
Rinder. Wichtig ist der Bergbau
auf Edelsteine (besonders Rubine
und Saphire), Petroleum und Kohle.
Der Handelsverkehr findet vorwiegend
auf den schiffbaren Flüssen
statt, auf dem Irawaddy mit Dampfern
der Irawaddy Flotilla Co. bis Bhamo,
1180 km von der Mündung, und auf
dem Chindwin. Außerdem mehrere
Bahnlinien, s. S. 145 und 150.
Der Ostteil Oberbirmas wird von
dem wilden Gebirgslande der sogen.
Schanstaaten eingenommen, die erst in
ihrem Nordteil durch die bis nahe an
die Grenze der chinesischen Provinz
Yünnan führende Eisenbahn ein wenig
erschlossen, im ganzen aber noch ziemlich
unerforscht sind. Die Staaten der
Schanvölker, die dieses Gebiet hauptsächlich
bewohnen, stehen zu England
im Verhältnis von Schutzstaaten.
Die Schan sind ein Naturvolk, aber
mit einer nicht ganz geringen Kultur,
und leisten im Ackerbau (Tee und
Baumwolle) und Viehzucht Tüchtiges.
Sie sind mongolischen Ursprungs, also
Verwandte der Chinesen.
Beste Reisezeit nach der Regenzeit,
etwa von Mitte November bis Ende
Februar; aber auch der März ist oft
noch angenehm kühl und sehr geeignet
für Ausflüge.
Die Hauptreize einer Reise ins Innere
Birmas bestehen in der Fahrt auf
dem majestätischen Irawaddystrom,
die den Genuß der Tropennatur unter
den angenehmsten Verhältnissen ermöglicht,
und im Studium der äußerst
liebenswürdigen Bewohner und ihrer
Kultur, besonders ihrer religiösen
Bauwerke.
[S. 145]
Rangoon.
Vgl. den Plan S. 147.
Ankunft zur See. Bei China Bakir
kommt der Lotse an Bord, dann
dampft man auf dem Rangoonfluß
(dem östlichsten Mündungsarm des Irawaddy)
aufwärts und ankert nach etwa
2 St. Fahrt vor der Stadt, 24 Seem.
oberhalb der Mündung. Beide Flußufer
zeigen reichen Pflanzenwuchs;
von weitem sieht man Schornsteine
und die goldglitzernde Dachspitze der
Shwe Dagon-Pagode, später erkennt
man Warenschuppen und Holzlager
und Häuser der Stadt. Landung erfolgt
mit Dampfbarkassen der betr.
Dampfergesellschaft oder mit Booten
der Eingebornen (»sampans«; 4 annas
für 10 Min. Fahrt). Bei hohem Wasserstand
legt der Dampfer am Ufer vor der
Mitte der Stadt an. Zolluntersuchung
wie in Indien (S. 49); von indischen
Häfen kommende Reisende haben
keinen Zoll zu zahlen.
Gasthöfe: Minto Mansions Hotel,
im Cantonment nahe Gymkhana; 80
Z., neu und besteingerichtet, gute Verpflegung,
Din. 3 Rup., Pens. 9-15 Rup.,
Oktober bis April 15-17 Rup.—Strand
Hotel (Pl. a), in schöner Lage, empfohlen.
—Royal (Pl. b), Pens. von 10 Rup.
an.—Criterion Hotel.—Viele Boarding
Houses: Allendale, im Cantonment,
Aberdeen House u. a.; Pens. 5-11 Rup.
Vorausbestellung von Zimmern ist
zweckmäßig. Man kann auch auf den
Irawaddy-Dampfern gut übernachten.
—Restaurants in den großen Gasthöfen;
ferner Chiesa, italienische Konditorei;
Vienna Bakery, Fytche Square.
Post u. Tel. in Strand Road.
Wagen: Ticca gharries nach Tarif.
Man beachte, daß die Kutscher meist
»Madrassis« sind, die Hindostanisch
verstehen, aber weder Straßen-noch
Geschäftsnamen kennen! Man nehme
den Stadtplan mit!
Straßenbahnen (elektr. Bahn mit
2 Klassen). Eine Linie von Strand
Road zur großen Shwe Dagon-Pagode;
eine andre zum Dalhousie Park, eine
dritte Linie nach Pazundaung.
Eisenbahnen: Burma Railway,
Hauptlinie nach Mandalay und Myitkyina
mit Zweiglinien nach Moulmein,
Myingyan, Alon, Lashio und Katha;
außerdem Linie Rangoon-Prome mit
Zweiglinie nach Bassein (vgl. Karte
»China und Japan« und die bei S. 155).
Der Hauptbahnhof (Terminus) liegt
Ecke Phayre Street und Montgomery
Street; die Prome-Linie hat noch
Nebenstationen bei Godwin Road,
Prome Road und Alon sowie eine
große Station im Vorort Kemmendine;
die Mandalay-Linie hat den Bahnhof
Pazundaung.—Lokalverkehr besteht
zwischen Rangoon-Hauptbahnhof-Pagoda
Road-Lanmadaw-Cantonment-Gymkhana-Mission
Road-Kemmendine-Kamayut-Okkyin-Tamaing-Gyogon
und Insein und zurück.
Dampfer: British India Steam Nav.
Co. (Agent Bulloch Bros., Strand Road),
nach Calcutta 3mal wöchentl.; nach
Madras (Fahrzeit 4 Tage), nach Tavoy
und Mergui, nach Penang und Singapore
wöchentl.—Norddeutscher Lloyd
(Agent: Krüger & Co., Ltd., Tel.-Adr.
»Nordlloyd, Rangoon«), durch Zweiglinie
der British India Steam Nav. Co.
alle 14 Tage nach Penang (Fahrzeit
3 Tage, Aufenthalt in Penang etwa
3 Tage), dort Anschluß an die aus-und
heimreisenden Reichspostdampfer.—
Bibby Line, nach Colombo alle 14 Tage
(Fahrzeit 4 Tage).—Österreichischer
Lloyd (Agent Società an. Coloniale di
Trieste, Tel.-Adr.: »Lloydiano-Rangoon«),
einmal monatl. nach Calcutta
(von Colombo und Madras kommend)
und von da nach Triest.—Henderson
Line, 14tägig über Port Said nach
London.
Geld wie in Indien, s. S. 49; aber
indisches Papiergeld muß in Birma
mit Verlust gewechselt werden; Banknoten
des Rangoon Treasury gelten
in ganz Birma. 1 £ = 15 Rup.—
Banken: Bank of Bengal, Strand Road.
—Hongkong and Shanghai Banking
Corporation; Korr. der Allg. Deutschen
Creditanstalt in Leipzig.—National
Bank of India, Phayre Street;
Korr. der Deutschen Bank; alle drei
der Berl. Disconto-Gesellschaft.—
Nederlandsche Handels Maatschappij.
—Cook's Office (s. unten) besorgt ebenfalls
Bankgeschäfte.
Die Sprache der Birmanen ist ein
Glied der indochinesischen Sprachfamilie.
Man beachte Judson, »Grammar
of the Burmese language« und
dessen »Dictionary«. Englisch wird
jedoch in den Gasthöfen und auf den
Eisenbahnen gesprochen.
[S. 146]
Theater: Reisende europäische Gesellschaften
geben zuweilen in der
Jubilee Hall in Pagoda Road Vorstellungen.
—Nationale Vergnügungen
(Pwes) suche man zu erkunden: Zat
Pwe ist Vorstellung mit Gesang,
Tanz und Ulk; Yokthwe Pwe ein Marionettentheater;
Yein Pwe, Ballettänze
mit Musik und Gesang, finden
nur bei besondern Festlichkeiten statt,
sind frei (werden vom Veranstalter
des Festes bezahlt) im Freien von
8 Uhr abds. die Nacht hindurch.
Reisebureau. Thos. Cook & Son,
östl. Ecke der Phayre Street und Merchant
Street (Tel.-Adresse: »Coupon,
Rangoon«), besorgt zusammenstellbare
Fahrscheine für alle Ausflüge mit
Bahn oder Flußdampfer und erledigt
auch alle Geldgeschäfte. (Nützlich ist
Cook's Handbook Burma.)—Scott & Co.,
Merchant Street.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
C. Kauffeld.—Österreich-Ungarn,
Konsul Michael Sevastopulo.—Deutscher
Klub in Commissioners Road.
Polizeiamt in der Pagoda Road beim
Bahnübergang und an andern Plätzen.
Ärzte: Die Zivilärzte im Cantonment;
Dr. de Souza, Dalhousie Street;
Dr. Pearse, Dr. Pedley, beide Signal
Pagoda Road. Die Ärzte haben Sprechstunden
in den Apotheken.—Zahnärzte:
Dr. Panhans (deutsch), Solay
Pagoda Road; Osborn (Amerikaner),
Phayre Street.—Apotheken: De Souza
& Co., Dalhousie Street 215.—Rangoon
Medical Hall, Merchant Street 72.
—Krankenhaus: General Hospital in
der Commissioners Road; Ärzte: Major
Barry, Major Röst.
Buchhandlung: Myles Standish &
Co., Merchant Street 75.—Zeitungen:
Rangoon Gazette; Rangoon Times;
Burma Herald.—Photographien: P.
Klier & Co., Signal Pagoda Road 3 und
Merchant Str., Ecke der Phayre Street.
—D. A. Ahuja (für photographische
Artikel), Sule Pagoda Road.
Geschäftsadressen. Reiseartikel
und europäische Bedürfnisse: Laidlaw
& Whiteway.—Rowe & Co., Fytche
Square.—Watson, Allen & Roberts,
Merchant Street 73.—W. Macfie &
Co., Merchant Street 16.—Kuriositäten,
Ebenholzschnitzereien, Elfenbein-,
Gold-und Silberwaren: Klier &
Co., Merchant Str., Ecke der Phayre
Street.—Goldschmiede und Holzschnitzer
in Godwin Road; gute Schnitzarbeiten
liefert auch das Hauptgefängnis
(Central Jail), Old South Boundary
Road; Buddhafiguren in Bronze und
Alabaster und andre Spezialitäten im
Vorort Kemendine.—Basare: Suratee
Bazaar in China Street.—Rangoon
Bazaar gegenüber; außerdem
öffentliche Märkte (Municipal Bazaars),
Strand Road u. in Kemendine.
Zeiteinteilung für Birma. a) Für
10 Tage (die gewöhnliche Zwischenzeit
zwischen zwei Dampferabfahrten):
Ankunftstag früh Stadt Rangoon, Nm.
Bahnfahrt nach Katha, von da am 3. Tag
früh mit Dampfer nach Bhamo;—
4. Tag Bhamo;—mit demselben Expreßdampfer
am 5. Tag früh zurück,
Nm. an Katha, mit Bahn von da nach
Mandalay;—6. Tag: Mandalay;—7.
Tag: früh ab nach Gokteik Gorge, Nm.
dort an;—8. Tag: Vm. ab Gokteik
Gorge nach Rangoon;—9. Tag: abds.
Ankunft Rangoon;—10. Tag: Vm.
Rangoon, mitt. Abfahrt mit Dampfer.
b) Bei längerm Aufenthalt:
1. Tag: Rangoon;—2. Tag: Bahnfahrt
nach Mandalay;—3. u. 4. Tag: Mandalay;
—5. Tag: Amarapura und Ava;
—6. u. 7. Tag: Gokteik Gorge;—
8. Tag: Bahnfahrt nach Katha;—9.
Tag: Dampferfahrt nach Bhamo;—
10. Tag: Bhamo;—11. bis etwa 20.
Tag: Dampferfahrt Bhamo-Mandalay-Prome-Rangoon.
Der Reiseplan
ist abhängig vom Fahrplan der Irawaddy
Flotilla Co.
Geschichte. Der Platz, wo Rangoon
steht, ist seit alters heilig durch
die Shwe Dagon-Pagode. In den
Kämpfen zwischen den Ländern Ama
und Pegu vertrieb der Bauer Alompra
die Bewohner Pegus und machte
1753 Rangoon zur Hauptstadt der letzten
Königsdynastie von Birma. Der
Übermut des Königs Phagyidan führte
zum Kriege mit England, Rangoon
wurde 1824 von den Engländern erobert,
aber erst 1852 zur Hauptstadt
von Britisch-Birma gemacht. Seitdem
hat sich die Stadt zu einem wichtigen
Ausfuhrhafen für Reis und Teakholz
entwickelt.
[S. 147]
Lageplan von Rangoon.
[S. 148]
Rangoon, Hauptstadt von Britisch-Birma und Sitz des Lieutenant
Governor's, mit 234881 Einw., liegt auf 16° 47' nördl. Br. am Ostrande
des Irawaddydeltas, am linken Ufer des Rangoonflusses (Hlaing),
des östlichsten Mündungsarmes des Irawaddy, dicht oberhalb der
Einmündung des Peguflusses und nach O. begrenzt von dem schmalen
Wasserarm Pazundaung Creek (an dessen Ufern die meisten Reismühlen
liegen). Die Stadt ist weitläufig gebaut mit regelmäßigen
Straßen. Im W. liegt das Chinesenviertel, im NW. das Cantonment,
zugleich Europäerviertel, mit breiten Straßen und schönen Gärten
sowie vielen Kasernen. Im nördlichen Teile dieses Viertels liegt
die große Tempelanlage der *Shwe Dagon-Pagode (s. unten) und
östl. davon der prächtige *Dalhousie Park mit den *Royal Lakes.
Südl. angrenzend der *Victoria Park, in dem sich die Agri-Horticultural
Gardens, das kleine Phayre Museum und der Zoologische
Garten befinden. Erwähnenswerte Gebäude sind das Seemannsheim
(Sailor's Home) und der Chinesische Tempel in Strand Road, das
Sekretariat in der Dalhousie Street, das General Hospital in Commissioners
Road, das Gouvernment House in Kemmendine Road, die
Kathedrale und das Rangoon College mit Bibliothek, alten Pali-und
Birmahandschriften auf Palmenblättern in China Street. Nicht alle
Straßen haben Namen und Hausnummern, was das Zurechtfinden
in der Stadt erschwert. Die Sägewerke für Teakholz (in denen Elefanten
zum Lastentragen verwendet werden) liegen meist in Aloon,
am Westende der Strand Road. Man versäume nicht, die arbeitenden
Elefanten (wood piling elephants) am Fluß anzusehen, früh 6-9,
dann 3 Uhr bis abends.
Rundfahrt. Morgens 1/2-8 Uhr beginne man mit den Basaren
(S. 146), insbesondere dem Suratee Bazaar in der China Street und
dem Municipal Bazaar am Strand; dann ist die beste Zeit, um die
Tätigkeit der sehr geschäftsgewandten, Riesenzigarren rauchenden
interessanten Birmaninnen zu bewundern; die Basare werden viel
besucht, nur um Erkundigungen einzuziehen, zu schwatzen und zu
flirten. Dann fahre man durch China Street bis zur Commissioners
Road, in diese l. zum sehenswerten neuen General Hospital, gegenüber
das Rangoon College und der Deutsche Klub; von da weiter
zum Central Jail (eins der größten Zuchthäuser im britischen Reich),
das Verkaufsräume der Sträflingsarbeiten (meist schöne Holzschnitzereien)
hat und auch innen sehenswert sein soll; Erlaubnis zur Besichtigung
beim Superintendent im Gefängnis.—Dann durch Dalhousie
Street bis zum Fytche Square, wo die achteckige Sule-(Solay-)Pagode
steht; ihr äußerer Bau ist kaum 70 Jahre alt, aber die Stûpa im Innern
soll aus dem 1. Jahrh. stammen und schließt noch eine kleinere Stûpa
von der Königin Schinsobu ein. Auf der Terrasse der Pagode interessante
Reliquienschreine und Statuen.—Die Hauptsehenswürdigkeit
Rangoons, die *Shwe Dagon-Pagode, besichtigt man am besten
4 Uhr Nm. Man fährt vom Strand durch China Street und Pagoda
Road bis vor ihren nach S. gelegenen Haupteingang. Sie ist der
heiligste Buddhatempel in ganz Hinterindien, wahrscheinlich fast
21/2 Jahrtausende alt (588 v. Chr. erbaut) und steht mitten auf befestigten
Terrassen auf einem Hügel des Pegu Jomagebirges. Eine
[S. 149]
schöne Allee führt von der Stadt zum Haupteingang mit reich verziertem,
von fabelhaften Ungetümen aus weißem Stuck bewachtem
Tor, zu dem man auf breiter Freitreppe hinansteigt. Auf der Treppe
Verkäufer aller Art; Gebetfähnchen, Opferkerzen, Puppen, Tempelblumen,
Gongs und Glocken, Eßwaren, dazu Führer und Bettler in
Menge. Innerhalb des Tores öffnet sich der farbenprächtige Tempelplatz,
in dessen Mitte die große, im untern Teil mit Blattgold, im
obern Teil mit Goldplatten bedeckte Pagode über achteckiger Grundfläche
von 413 m Umfang sich in vielen Abstufungen flaschenförmig
98 m hoch erhebt. Ihre Spitze trägt als Herrscherzeichen ein goldenes
Schirmgestell, reich mit Edelsteinen, besonders den prächtigen birmanischen
Rubinen, verziert und mit goldenen und silbernen Glöckchen
behängt, und »Ti« genannt; der letzte Ti von 14 m Höhe und 4 m
Durchmesser und 1,2 Mill. Mk. Wert wurde 1871 vom König Mindun
Min von Oberbirma gestiftet. Acht Haupthaare Gautamas (Buddhas) im
Innern der Pagode werden von unzähligen Pilgern jährlich verehrt.
Die Vergoldung der Pagode ist
verschwenderisch dick, die Edelsteine,
mit denen die Pagode und ihre zahlreichen
Buddhastatuen und andern
Figuren u. Tempel früher geschmückt
waren, sind seit Besitznahme des Landes
durch die Engländer fast sämtlich
verschwunden. Die Pagode (auf deren
Sockel noch im Jahre 1903 ein
wilder Tiger, der sich zur Stadt verlaufen
hatte, geschossen wurde) ist
rings umgeben von kleinern Tempeln
und Altären mit Buddhastatuen aus
Teakholz geschnitzt oder aus Stuck
oder Marmor; dazwischen stehen Elefanten,
Löwen und phantastische Manotthika-Figuren
aus Stein und reichem
Holzschnitzwerk, ferner heilige
Pfosten, wie Flaggenstangen mit langen
Eisenbändern, und gekrönt mit
dem Adler Wischnus, Karaweik; dazwischen
wachsen heilige Bo-Bäume
und Palmyra-Palmen.—Diese seltsame
Tempelanlage wird von Priestern
und Mönchen, Bettlern, Musikanten,
Wahrsagerinnen, hübschen,
aber geschwätzigen Weibern, Krähen
und Hunden bevölkert, während stets
zahllose Glöckchen läuten. Man besuche
dieses »Märchenbild« öfters und
zu verschiedenen Tages-und Abendstunden
und wird stets neue Reize
entdecken.—Am Osteingang steht die
fast 40 Tonnen schwere Glocke, die in
den Fluß fiel, als die Engländer sie
als Beute mitnehmen wollten, später
aber wieder von den Birmanen gefischt
und zum Tempel gebracht wurde.
Noch vor Sonnenuntergang sollte man eine Spazierfahrt durch
den künstlerisch angelegten *Victoria Park mit Zoologischem Garten
und Agri-Hortikultur-Garten, dann durch den schönen Dalhousie-Park
um den Royal Lake herum machen, der durch Bougainvillea-Hecken
eingerahmt ist und kaum 1 km östl. von der großen Pagode
liegt; die goldene Pagodenspitze ist im Hintergrund des Parks zu
sehen.—Um birmanische Klöster kennen zu lernen, wende man sich
an den liebenswürdigen alten Mönch Uthilawuntha, der dicht beim
Bahnhof Pazundaung eine gute Schule leitet und gern europäische
Besucher empfängt. Dort ist man in der Nähe der Reismühlen, deren
Besichtigung zu empfehlen ist; Erlaubnis wird meist gern gegeben.
Ausflüge: 1) Nach dem Victoria-See,
etwa 13 km nördl. der Stadt, an
der Landstraße (in der trocknen Jahreszeit
sehr staubig) nach Prome; die
Landschaft ist hübsch, man fährt durch
große, schattige Ananasgärten zurück
auf der Kokine-Straße, insgesamt 24 km
in etwa 4 St.—2) Nach Syriam, wo
die Raffinerien der Burma Oil Co.
liegen, mit Dampfbarkasse, von der
Landungsbrücke beim Zollamt, Strand
Road, etwa 5,5 km östl. zum l. Peguufer,
wo eine Landungsbrücke ist; das jetzige
Dorf war die erste portugiesische
Ansiedelung in Birma, später holländische
Faktorei (1631-77); Ruinen dieser Niederlassung
sind noch zu sehen.
—10 km
von Syriam steht eine große Pagode
auf einem Hügel.—3) Nach Pegu (sehr
lohnend) s. unten.
[S. 150]
Von Rangoon nach Oberbirma.
Zusammenstellung von Fahrscheinheften
besorgt Cook's Office in Rangoon
(S. 146); z. B. die Tour Nr. 5 für
10 Tage: Bahnfahrt Rangoon-Mandalay-Katha;
Dampferfahrt Katha-Bhamo-Mandalay-Prome;
Bahnfahrt Prome-Rangoon; Fahrpreis I. Kl.
1573/4, II. Kl. 83 Rup.
Burma Railway, Expreßzug von Rangoon
(ab 11 Uhr Vm.) nach (386 M, 620
km) Mandalay (an früh) in 20 St., für
I. Kl. 30 Rup. 3 annas, II. Kl. 18 Rup.
11/2 annas. (Man achte auf sein Gepäck
und verriegele das Abteil, wenn
man schläft, es wird viel gestohlen!)—
Die Bahn läuft nicht in der Irawaddy-Ebene
aufwärts, sondern wendet sich
über die südl. Ausläufer des die Irawaddy-Ebene
ostwärts begrenzenden
Pegu-Yoma-Gebirges dem zwischen diesem
und dem ostbirmanischen Gebirgslande
verlaufenden breiten Talzuge zu.
Dieser wird in seinem größern Südteile
(von Yamethin ab) durch den
Sittangfluß südwärts zum Golf von
Martaban entwässert, im Nordteil aber
nordwärts durch den Isamonfluss, der bei
Ava (S. 153) in den Irawaddy mündet.
Abfahrt in Rangoon vom Terminus (Phayre Street) über (1 M)
Pazundaung Stat. durch wasserreiches, gut bebautes Flachland, aus
dessen üppigem Pflanzenwuchs viele Pagoden aufragen.
(47 M) Pegu (Bahnwirtsch.; Wagen zu haben), Stadt von 14000
Einw., angeblich 573 begründet, war im 16. Jahrh. eine blühende
Großstadt, wovon noch sehenswerte Spuren vorhanden. Vom Bahnhof
sieht man an der Westseite die ruhende Riesenfigur Buddhas, den
Shwethayaung (55 m lang, 15 m hoch) und nahebei die 1476 erbaute
Ordinationshalle für Mönche, Kalyanisima, mit Pali-und Talainginschriften,
sowie die Kyaikpun-Pagode mit vier Buddhafiguren, 27 m
hoch, mit den Rücken gegeneinander sitzend. Größtes Heiligtum
ist die Shwemodo-Pagode, auf einem Hügel malerisch gelegen und
von 128 kleinen Pagoden umgeben. In der SO.-Ecke der Stadtmauer
steht die Shweaungyo-Pagode, *Aussicht über Pegu und Vorstädte.
—Etwa 1,5 km westl. liegt die Shweguzale-Pagode mit 64
Buddhafiguren, 1588 erbaut. (Zur Besichtigung von Pegu fahre man
mit dem Frühzug von Rangoon ab, dann hat man bis zur Ankunft
des Expreßzugs etwa 4 St. Zeit.)
Der Expreßzug fährt dann über (88 M) Pyuntaza, (166 M)
Toungoo, (226 M) Pyinmana, (275 M) Yamethin, (306 M) Thazi
Junction (Zweigbahn nach Myingyan am Irawaddy), (359 M) Kyaukse,
sämtlich mit Bahnwirtschaften, nach (383 M) Myohaung Junction
(Zweigbahn nach Amarapura, S. 153).
Zweigbahn von hier nö. nach (181 M)
Lashio, Hauptstadt der nördl. Schanstaaten,
und Kung-Lon am Salween,
nahe der Grenze der chinesischen Provinz
Yünnan. Ein sehr empfehlenswerter
11/2tägiger Ausflug von Mandalay
(s. unten) führt auf dieser Zweigbahn
mit Kehren durch sehr schöne
Gebirge (ähnlich Darjeeling, S. 141)
bis (83 M) **Gokteik Gorge (Rasthaus
der Bahngesellschaft auf vorherige Anmeldung
beim Station Master der Abfahrtstation
verfügbar, doch nehme
man Lebensmittel mit), einer großen
Schlucht in wunderbarer Landschaft,
überbrückt von einem der höchsten
Bahnviadukte der Erde, einem Meisterwerk
der Technik, etwa 700 m lang,
100 m hoch, auf etwa 15 schlanken
Pfeilern. Darunter eine herrliche
Schlucht, worin der Fluß die Felswand
in einer Höhle mit zahllosen
Stalaktiten und Stalagmiten durchbricht;
man steigt steil etwa 300 m
zur Höhle hinab, deren Ein-und Ausgang
man sieht; sie ist etwa 1200 m
lang, 100 m hoch und 60 m breit.
[S. 151]
Fahrzeit von Myohaung bis Gokteik
Viaduct etwa 8 St., bis Lashio etwa 23
St., weil der Zug in (124 M) Hsipaw
übernachtet, auch auf der Rückfahrt
von Lashio.
Der Expreßzug von Rangoon erreicht nach 20 St. (386 M) Mandalay.
Mandalay.
Gasthöfe: Salween House Hotel,
Pens. 12 Rup.—Gale's Hotel, neben
dem Postamt, beide mäßig.—Schlafgelegenheit
auch im Dâk Bungalow,
gut, gegenüber dem Bahnhof (nur mit
Erlaubnis des Distriktskommissars),
und im Upper Burma Club im Palastviertel,
wenn man Empfehlung hat
(auch Damen können eingeführt werden).
Wer mit Dampfer weiterfährt,
kann sofort auf dem Dampfer (sehr
gut) wohnen.
Wagen: Minderwertige Ticca gharries
zu festen Preisen.—Dampfer der
Irawaddy Flotilla Co. zweimal in der
Woche flußaufwärts bis Bhamo, flußabwärts
bis Rangoon.—Bank: National
Bank of India, Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft und der Deutschen
Bank in Berlin.—Theater: Gelegentlich
sehenswerte Yein Pwes (S.
146).—Ärzte: mehrere englische.—
Apotheken: Burma Medical Hall; Mandalay
Medical Hall.—Zeitungen: Mandalay
Herald; Mandalay Times.—
Photograph: Johannes & Co.
Geschäftsadressen: Reiseartikel
und europäische Bedürfnisse: Moses &
Friends; E. Solomon & Co.; Rowe & Co.
Kunstsachen: Samuels. Seidenstoffe
(feinste, handgewebte Seide der Erde):
Makkim.
Die Stadt Mandalay (Pattaniapura), 96 m, hat 183816 Einw.
und war 1857-85 Hauptstadt des Königreichs Birma; die Stadt besteht
aus drei ineinandergeschobenen Vierecken, von denen die
innern noch mit Mauern umgeben sind. Stark befestigt und bewacht
ist das englische Cantonment, *Fort Dufferin genannt, das alte Palastviertel,
von den Birmanen »Mitte des Weltalls« genannt, vom
König Mindon Min 1857 erbaut; die alten Paläste des Königs, der
Königinnen, die geheime Ratskammer, das Königskloster, die Audienzhallen
sind mit reich vergoldeten Schnitzereien geziert und werden
von den Engländern als Regierungsgebäude und Kasernen benutzt.
Das Government House liegt im großen Wachtturm auf der Mauer
des Palastviertels. Eine 2,5 km lange, 9 m hohe weiße Zinnenmauer
umgibt die Königsstadt, über den sie umschließenden Graben
führen fünf Brücken, davon die nördliche, die »Brücke des Todes«,
nur für Leichenzüge. Im breiten Wassergraben wachsen rote Lotosblumen.
Schöne Reste von Ziergärten. Von einem runden Aussichtsturm
überblickt man das Palastviertel.—Vom *Mandalayhügel
prachtvoller Überblick über die *450 Pagoden (jetzt 729 kleine weiße
Pavillonpagoden, die am Fuße des Hügels einen großen Mitteltempel
umgeben); man sieht bis Amarapura (S. 153); in der Nähe das
Glasskloster.—Nahe dem Bahnhof das schönste und größte Kloster
von Birma, das *Goldene Kloster der Königin (mit unzähligen Tis,
phantastischen Figuren, Balkonen und Säulenpfosten, ein Musterwerk
birmanischer Holzschneidekunst), Priester dienen gern als
Führer. In derselben 85. Straße liegt die Saik Yah Theehahpagode
mit großer Marmorfigur Buddhas.—Der *Basar ist wegen seiner
Volkstypen sehenswert, und weil man sehr gute Seidenstoffe und gelegentlich
auch Antiquitäten preiswert kauft; Gelegenheit zu photographischen
Aufnahmen des Volkslebens.—
[S. 152]
Plan von Mandalay.
Die *Arrakanpagode
(Maha Myat Muni) ist nächst der Shwe Dagon in Rangoon (S. 148)
die heiligste und größte in Birma; ihr sehr schönes, berühmtes bronzenes
Buddhastandbild soll nach der Legende von Buddha selbst
zusammengefügt sein; es ist 1784 von Akyab über die Berge nach
Mandalay geschafft. (Sehr besuchter Wallfahrtsort.)—Außerdem
enthält Mandalay noch viele Sehenswürdigkeiten, deshalb ist mehrtägiger
[S. 153]
Aufenthalt für Reisende, die birmanisches Leben kennen
lernen wollen, sehr empfehlenswert.
Rundfahrt: Bei wenig Zeit beginne man mit der Arrakanpagode,
dann zum Goldenen Kloster der Königin, dann Saik Yah Theehahpagode,
Fort Dufferin und Mandalayhügel mit den 729 Pagoden und
dem Glasskloster. Man beachte, daß der Basar gegen 1/2-5 Uhr Nm.
schließt.
Ausflüge: 1) Nach den Hügeln von
Yankintaung, zu Pferde (weil schlechter
Weg für Wagen), etwa 8 km östl.
von Mandalay; man sieht viele Klöster
und Pagoden und ein Buddhastandbild
in einem tiefen Bodenspalt.—2) Nach
den Hügeln von Maymyo, zunächst mit
der Bahn bis (31 M) Thondaung an der
Lashiozweigbahn, dann mit Reitgelegenheit
in die Berge, zurück über Stat.
Maymyo (42 M von Mandalay) mit der
Bahn.—3) Nach **Gokteik Gorge
vgl. S. 150.—4) Nach *Amarapura (mit
Bahn über Myohaung [S. 150], 10 km
von Mandalay, Stationsvorsteher von
Amarapura besorgt ortskundigen Führer);
diese alte Hauptstadt von Birma
ist voll malerischer Ruinen von Königspalästen
und Pagoden, unter letztern
die Shinbinkugyi-Pagode und die schöne
Patawdawgyipagode auf fünf Terrassen,
mit teilweise humoristischen und
grotesken Marmorreliefs. Südl. vom
Taungthamansee ist ein riesiger sitzender
Buddha, der Mahasakyavansa.—
5) Nach Ava, 6,5 km sw. von Amarapura,
am Zusammenfluß des Irawaddy
mit dem Bergfluß Mjitnge, älteste
Hauptstadt von Birma, mit vielen
Pagoden, aber wenig alten Ruinen.—
6) Nach *Mingoon (10 km oberhalb
Mandalay) mit Lokaldampfer, am r.
Irawaddy-Ufer stromaufwärts. In Mingoon
eine unvollendete Riesenpagode
mit der größten (nicht gesprungenen)
Glocke der Erde, von 81 Ton. Gewicht;
sie ist 4 m hoch und hat unten
5 m Durchmesser; die Glocke ist
in einem Pavillon nahe über dem
Erdboden aufgehängt und muß mit
schweren Balken durch neun Mann
geläutet werden.
Von Mandalay nach Bhamo und zurück nach Rangoon.
Abfahrtstag ist abhängig vom
Dampferfahrplan!—Burma Railway
über (3 M) Myohaung Junction und
(6 M) Amarapura nach (9 M) Amarapura
Shore Stat., Überfahrt auf Fährdampfer
über den Irawaddy nach (13
M) Sagaing, Distriktshauptstadt mit
vielen sehenswerten Pagoden (Erlaubnis
zum Besuch erteilt der Deputy
Commissioner in Sagaing), am r. Irawaddy-Ufer.
—Dann mit der Bahn
durch Prärien und Dschungeln, an
Hügeln vorbei über (66 M) Shwebo,
(112 M) Kanbalu und (166 M) Wuntho,
sämtlich mit Bahnwirtschaft, und
durch die malerische Schlucht zwischen
(181 M) Nankan und (197 M) Meza nach
(212 M) Naba Junction (Bahnwirtschaft);
von hier Zweigbahn nach
(227 M) Katha, am rechten Irawaddy-Ufer
in schöner Landschaft.
[Die Hauptbahnlinie führt nördl.
weiter bis (344 M) Myitkyina, einem
wichtigen Ort für den Karawanenverkehr
mit Tibet und China, am
r. Irawaddy-Ufer, von wo bei günstigem
Flußwasserstand ein kleiner
Dampfer durch prächtige Landschaft
und die »Erste Stromenge« (First
Defile) abwärts nach Bhamo läuft.]
Von Katha mit Dampfer der Irawaddy
Flotilla Co. (I. Kl. sehr gute
Verpflegung und gute Kammern) flußaufwärts
durch die »Zweite Stromenge« (Second Defile), eine schmale
Felsenstraße, nach Bhamo (107 m) am
l. Ufer des Irawaddy (1180 M oberhalb
seiner Mündung), einem von verfallenen
Palisaden umgebenen Handelsplatz
mit 14000 Einw., an der Karawanenstraße
nach der chinesischen
Provinz Yünnan, deren Grenze 50 km
östl. liegt; auf dem Basar verkehren
die Bergvölker der Schanstaaten
und aus Katschin. Sehenswert ist
die Theindawgyi-Pagode (spr. tenndotschi)
und das reichgezierte chinesische
Joß-Haus am Nordende der
Hauptstraße. Ein schöner Weg (11/4
St. zu Fuß) führt auf der Landstraße
nach China durch Dschungeln zu den
Sojima-Pagoden; unterwegs begegnet
man vielen Karawanenzügen und
Schan-und Katschin-Leuten.
[S. 154]
Man
übernachtet und ißt auf dem Dampfer,
der nach Einnahme der chinesischen
Ladung seine *Talfahrt auf dem Irawaddy
beginnt, die in 11/2-21/2 Tagen
nach Mandalay führt, wenn niedriger
Wasserstand nicht unvorhergesehenen
Aufenthalt verursacht. Unter den
Ortschaften, die der Dampfer anläuft,
ist am l. Ufer Thabeitkyin (guter Dâk
Bungalow), der Hafen für die Rubinengruben
in Mogok, etwa 80 km östl.
Früh gegen 6 Uhr geht ein Motoromnibus
(Fahrpreis I. Kl. 30, II. 15
Rup., Europäer können II. Kl. fahren,
da für Eingeborne noch III. Kl. da
ist) in 6 St. nach Mogok (guter Dâk
Bungalow). Besichtigung der Rubinenminen
erfordert einen Tag. Meist kann
man mit dem nächsten Dampfer weiter
fahren.
Wer Zeit hat, kann die Irawaddyfahrt
von Mandalay nach Bhamo auf
Frachtdampfer machen, Verpflegung
und Unterkunft ist gut; diese Dampfer
halten längere Zeit an vielen Plätzen,
haben auch Basar an Bord, der von
den Eingebornen überall zu Einkäufen
viel besucht wird. Rückfahrt
wie oben mit Expreßdampfer.
In Mandalay (S. 151) haben auch
die Expreßdampfer meist einen Tag
Aufenthalt; dann Weiterfahrt auf dem
Irawaddy, vorbei an den Pagoden und
Ruinen von Amarapura (S. 153) und
Ava (S. 153) l. und Sagaing (S. 153)
r.—Erste Anlegestelle ist l. in
Myingyan (74 m), einer großen Baumwollenhandelsstadt,
die durch Zweigbahn
mit der Hauptlinie Rangoon-Mandalay
verbunden ist. Zwischen
Myingyan und Nyaungu mündet von
r. der Chindwin, der größte Nebenfluß,
der ebenfalls für Dampfer schiffbar
ist. In Nyaungu (Regierungs-Bungalow)
schiffen sich die Reisenden
für Pagan aus.
*Pagan, am l. Ufer des Irawaddy,
alte heilige Hauptstadt von Birma vom
5.-13. Jahrh., mit vielen Tempelruinen,
deren jetzt noch etwa tausend
vorhanden sind, darunter das älteste
Denkmal indischen Stils, die *Kyaukku
Onhmiu-Pagode, mit reicher und sehr
grotesker Ausschmückung und fast
arischem Buddhabildnis. Ebenfalls aus
grünlichem Sandstein ist der Maunha-Palast
erbaut, der im Thronsaal feine
Schnitzereien zeigt. Die zahlreichen
Pagoden in Pagan weisen andre Bauart
auf als in Niederbirma; sehenswert
sind die *Ananda-, Sinbinthayaung-,
Gaudapallin- und Thapinyu-Pagoden
aus dem 11. und 12. Jahrh. Man besteige
die Terrasse einer der höchsten
Pagoden, um die Trümmerstadt Pagan
zu überblicken. (NB. Zur Besichtigung
von Pagan und Benutzung des Regierungs-Bungalows
in Nyaungu ist
die Erlaubnis des Deputy Commissioner
in Myingyan erforderlich!)—
Ungefähr 50 km wsw. von Pagan erhebt
sich der Vulkan Popa etwa 1400 m
über die Irawaddy-Ebene.
Beim Anlegeplatz Yenangyaung (l.
Ufer) sind die wichtigen Petroleumquellen
der Burma Oil Co.; das Petroleum
wird durch eine Röhrenleitung
direkt in die Schiffe geführt.
Die Flußufer zeigen auffällige fossile
Baumstämme am Grund. In hübscher
Landschaft die Stadt Minbu (r.);
einige Minuten vom Landungsplatz
liegen Schlammvulkane. Dann folgt
r. Minhla, alte befestigte Grenzstadt;
von hier bis etwa 160 km weiter abwärts
durchläuft der Irawaddy dicht
bewaldetes Hügelland, das stellenweise
an die Rheinufer erinnert. In
schönster Landschaft liegt am l. Ufer,
am Fuße schöner Hügel,
Prome, schon vor Christi Geburt
Hauptstadt eines großen Königreichs,
mit etwa 27000 Einw.; Eisenbahn
nach Rangoon. Die größte Pagode in
Prome, die Shwe Sando, erhebt sich
auf einem Hügel etwa 300 m sw. vom
Bahnhof; sie ist völlig vergoldet und
etwa 55 m hoch und umgeben von
83 kleinen vergoldeten Tempeln; am
Eingang zwei Löwenungeheuer. Ebenfalls
sehenswert sind die Shwe Mokto- und
Shwe Bongan-Pagode, letztere
am rechten Ufer. Etwa 10 km östl.
von Prome die Ruinen der alten Stadt
Sirikhetra, jetzt Yathemyo genannt,
und etwa 25 km südl. von Prome die
Shwe Nattaung-Pagode auf einer Anhöhe.
—Flußabwärts von Prome bei
Thomboo ein hoher, senkrechter Uferfelsen,
der reich mit Buddhabildern
in Nischen versehen und von einer
Pagode gekrönt ist.—Der Dampfer
passiert die Städte Myanoung, Henzada,
Donabew; bei Yandoon beginnt das
Delta des Irawaddy, die Gegend ist
ganz flach und reich bebaut; reichster
Ort ist Maubin.
[S. 155]
In der Mündung des
To-Flusses (oder China Bakir) biegt
der Dampfer in Sicht der offenen See
scharf nach l. in den Bassein Creek,
durch den man nach kurzer Fahrt in
den Rangoon-Fluß und zur Mandalay
Wharf in Rangoon gelangt.
Eisenbahn Prome-Rangoon
(259 km, in 10 St. für I. Kl. 12 Rup.
9 annas, II. 7 Rup. 83/4 annas) Schnellzug
ab Prome abds. über (84 M) Letpadan
Junction, Bahnwirtschaft [Zweigbahn
r. nach (115 M) Bassein, wichtiger
Seehafen für die Reisausfuhr, in
ungesunder Lage am Bassein-Flusse,
mit 30000 Einw.; deutsches Konsulat;
sehr alte Shwe Mudo-Pagode] nach
(161 M) Rangoon (S. 145).
8. Von Colombo über Penang nach Singapore. Sumatra.
Vgl. beifolgende Karte »Hinterindien«.
Reichspostdampfer des Norddeutschen
Lloyd alle 14 Tage von Colombo
in 6 Tagen über Penang (etwa 5 St.
Aufenthalt) nach Singapore. Fahrpreise:
Colombo-Penang I. Kl. 2141/2,
II. 165 Rup., Colombo-Singapore I. Kl.
2741/2, II. 1811/2 Rup. Rückfahrkarte
11/2facher Preis.—Österreichischer
Lloyd einmal monatl. von Colombo über
Penang in 8 Tagen nach Singapore.
Fahrpreise: Colombo-Penang Salonklasse
110 Rup., Colombo-Singapore
Salonklasse 132 Rup.—Messageries
Maritimes alle 14 Tage von Colombo
direkt nach Singapore; Peninsular
and Oriental Steam Nav. Co., ebenso.
Stoomvaart-Maatschappij Nederland
alle 14 Tage von Suez (in 14 Tagen)
über Sabang (in 3 Tagen) nach Singapore
(in 17 Tagen von Suez).—
British India Steam Nav. Co. von Calcutta
(S. 134), Madras (S. 100) und
Rangoon (S. 145) über Penang nach
Singapore.
Von Colombo (S. 110) geht der Dampfer zunächst an der Südküste
von Ceylon entlang, nahe an Point de Galle (S. 125) vorbei, läuft
dann an der Südseite des Golfs von Bengalen, auf 6° nördl. Br.
entlang, östl. auf Atchin Head (seemännischer Name der Nordspitze
der Insel Sumatra) zu, wobei auch die südlichste Insel
der Nikobaren, Groß-Nikobar, meist nicht in Sicht kommt. Auf
der kleinen Insel Poeloe Weh, die einen guten Leuchtturm trägt
und dichtbewaldete Hügel zeigt, liegt mitten in tropischem Urwald
der wichtige niederländische Kohlenhafen Sabang (S. 158), der von
mehreren niederländischen Dampferlinien regelmäßig besucht wird;
in der Nähe sind noch mehrere kleinere Inseln dem gebirgigen
Nordende Sumatras vorgelagert, dessen 1726 m hoher kegelförmiger
Goldberg (Seulawai Agam) weithin sichtbar ist.—Der Kurs bleibt
auch weiterhin östl., bis die Insel Penang in Sicht kommt, die auf
etwa 51/2° nördl. Br. 5 km vor der Küste der Halbinsel Malakka
liegt und den Nordeingang in die Malakkastraße bezeichnet; sie
liegt 1268 Seem. von Colombo, 360 Seem. von Singapore.
Straits Settlements sind die englischen
Niederlassungen an der Straße
von Malakka, die eine Kronkolonie
mit etwa 1 Mill. Einw. bilden; es sind:
Penang mit Wellesley, Dindings, Malacca
und Singapore; dazu eine Anzahl
malaiische Schutzstaaten (the Federated
Malay States), nämlich Perak,
Selángor, Negri Sembilan und Pahang,
deren Sultane durch englische Residenten
überwacht werden, sowie fünf
andre Malaienstaaten: Kedah, Kelantan,
Trengganu, Johor und Perlis,
deren Sultane durch englische Ratgeber
(Adviser) beeinflußt werden. Sehr
viele Chinesen wandern in die »Straits« ein, um
sich als fleißige Arbeiter und
tüchtige Geschäftsleute meist schnell
zu bereichern.
Gewonnen wird Kaffee,
Zucker, Pfeffer, Zinn und Zinnerz,
Bauholz, Tapioka, Sago, Rohgummi,
Kopra, Gold etc., Gesamthandel 1909:
14,3 Mill. £. Regierungseinnahmen
2,9 Mill. £
Hinterindien.
[S. 156]
Penang (Georgetown).
Ankunft zur See. Die schöne, mit
Wald und Palmen bewachsene, bis
834 m hohe Insel Penang (Prince of
Wales Island) umsteuert der Dampfer,
um zwischen der Insel und dem Festland
auf der Reede zu ankern oder,
während der Sumatra-Tabakernte
(Dezember bis März), am Kai festzumachen.
An der Malakkaküste ist
flacher Strand mit Palmenwald, dahinter
erheben sich mehrere Bergketten,
darunter der Kedah Peak;
dieses Gebiet ist die ebenfalls englische
Provinz Wellesley und der Malaienstaat
Kedah. Die Dampfer halten
meist nur 5 St., im Dezember bis März
länger (bis 12); man erkundige sich
genau nach der Abfahrtszeit, ehe man
mit dem Tender des Nordd. Lloyd
(Überfahrt frei) oder mit Sampan an
Land fährt (einfache Fahrt 10 cents).
Penang ist Freihafen, daher keine
Zollbelästigung; Spirituosen einzuführen
ist verboten.
Gasthöfe: Eastern and Oriental Hotel,
in guter Lage am Strande, Farqhar
Street 10.—Raffles Hotel, mit
Restaurant;—Crag Hotel;—Sea View
Hotel;—Hôtel de l'Europe;—Runnymede
Hotel; in allen Pens. von 8 Rup.
an.—Post u. Tel.—Kabel nach Medan,
Madras, Bangkok und Singapore.—
Wagen: Tikka gharries oder Hackney
Carriages.—Rikschas.—Elektrische
Straßenbahn.
Dampfer (vgl. S. 155): Norddeutscher
Lloyd (Agent: Behn, Meyer &
Co. Ltd., Tel.-Adresse: Nordlloyd Penang).
—Österreichischer Lloyd (Agent:
Schmidt, Küstermann & Co., Tel.-Adr.:
»Lloydiano Penang«).—Stoomvaart
Mij. Nederland und Koninkl. Paketvaart
Mij. (Agent: Hüttenbach, Liebert
& Co.); Messageries Maritimes
(Agent: Boustead & Co.); Peninsular
& Oriental Co. (Agent: Gilfillan, Wood
& Co.); British India Steam Nav. Co.
(Agent: Hüttenbach, Liebert & Co.).
—Ortszeit. Penang rechnet nach der
Zeit von Singapore.
Eisenbahn s. S. 161.
Geld: vgl. S. 167.—Banken: Hongkong
& Shanghai Banking Corporation;
—Nederlandsche Handels-Maatschappij.
Beide Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—Chartered Bank
of India, Australia & China. Beide
letztere Korrespondenten der Deutschen
Bank.—Sprache: vgl. S. 167.—
Konsulate: Deutsches Reich, Vizekonsulat
(Behn, Meyer & Co.) in der Office
des Nordd. Lloyd.—Zeitungen: »Pinang
Gazette«; »Straits Echo«.
Das Klima ist tropisch heiß, im Mittel
etwa 27° C, doch bis 33° und mehr,
morgens kühl bis 16°; auf den Bergen
im Mittel 21° C. Der Niederschlag
ist groß, Dezember bis März sind
verhältnismäßig trocken, im Sommer
zwei Regenzeiten, die kleinere im
Mai, die Hauptregenzeit von August
bis Oktober.
Penang (Pulu Pinang = Insel der Betelpalme), von den Engländern
Georgetown getauft, Stadt mit etwa 150000 Einw. (meist Chinesen,
Klings [Arbeiter aus Vorderindien] und Malaien), gehört seit 1785
den Engländern, liegt auf 5° 25' nördl. Br., hat saubere Straßen,
auch im Chinesenviertel, und ein feines europäisches Villenviertel
mit prächtigen Gärten am Race Course und am Hafen; dort liegt
das Postamt mit großer Halle sowie das alte Fort mit Signalstation.
Sehenswert sind die Markthallen und Beach Street; in Chulia Street
und Campbell Street sind Teehäuser und ein chinesisches Theater.
Penang hat lebhaften Handel und starke Zinn-und Sago-Ausfuhr.
1910 liefen 2355 Schiffe mit 2956000 Reg.-Ton. in den Hafen ein.—
Rundfahrt nach dem *Botanischen Garten mit Wagen von
Downing Street l. an der Schule vorbei durch schattige Straßen
des Villenviertels zur Northam Road, dann am Rennplatz vorbei,
[S. 157]
durch M'calister Road, Sepoy Lines zum Eingang des Gartens, der
zwar klein, aber vorzüglich gepflegt und mit seltenen, üppigen
Pflanzen bestellt ist. Er liegt etwa 5 km vom Hafen in einem von
hohen Felsen umgebenen Talkessel; ein hoher Wasserfall bewässert
ihn. In reizvollen Gruppen findet man zahlreiche seltene Tropenpflanzen,
insbesondere prächtige Orchideen, Gewürznelkenbäume
(Caryophyllus aromaticus), Farne, Ravenala (Baum der Reisenden
aus Madagaskar) u. a.—Neben dem Eingange zum Garten führt
ein teilweise steiler Weg auf den *Crag Hill, von dessen Gipfel
(834 m) *Aussicht über die Insel, den Hafen und das Meer; der Weg
ist bis zum Fuße des Hügels 5 km, der Aufstieg 7 km lang; Tragstühle
erhält man am Fuß des Hügels; Auf-und Abstieg im Tragstuhl
4 St. (eine Bahn hinauf ist im Bau). Auf dem Gipfel das Crag
Sanitarium (Hotel; kleine Zimmer, gute Verpflegung). Man sollte
den Aufstieg, wenn man irgend Zeit hat, nicht unterlassen.—Auch
ein Besuch des *Großen chinesischen Tempels in Ayer Itam (am
Endpunkte der elektrischen Straßenbahn) ist sehr zu empfehlen;
Führung durch den Priester, der auch Erfrischungen anbietet; man
gebe Tempelspende (1 $). Ein längerer Aufenthalt (etwa eine Woche)
auf der landschaftlich sehr schönen Insel Penang, die etwa halb so
groß ist wie der Bodensee, ist sehr genußreich.—Fortsetzung
der Route s. S. 160.
Seitentour Penang-Sumatra.
1) Anschlußdampfer des Norddeutschen Lloyd von Penang dreimal in 14 Tagen,
sw. die Malakkastraße querend, nach Belawan (Deli) in 16 St.—Außerdem
Dampfer der Koninklijke Paketvaart Maatschappij (Fahrpläne veränderlich).
Sumatra ist die zweitgrößte der Sundainseln.
Bei einer Längserstreckung
von 1650 km (= Kopenhagen-Neapel)
ist es mit den benachbarten kleinern
Inseln etwa so groß wie die vier deutschen
Königreiche zusammengenommen.
Den Westteil der Insel durchzieht
ein landschaftlich schönes Gebirge,
das als die Fortsetzung des
westbirmanischen Küstengebirges und
des Inselbogens der Andamanen und
Nikobaren gilt und von einer Anzahl
zum Teil noch tätiger Vulkankegel
überragt wird. Der Ostteil der Insel
wird von einem vielfach sumpfigen und
ungesunden Flachland eingenommen.
—Das Klima ist rein tropisch (der
Äquator durchschneidet die Mitte der
Insel), die Temperatur äußerst gleichmäßig,
die Westseite noch bedeutend
regenreicher als die Ostseite. Keine
Jahreszeit kann als trocken bezeichnet
werden, doch hat die Nord-und Ostküste
vorwiegend Herbst-und Winterregen,
während an der Westküste
Höhepunkte des Niederschlags auf den
April und den Oktober bis November
fallen; Februar und Juli sind auf der
ganzen Insel relativ trocken.—Die
Vegetation ist von echt tropischer
Üppigkeit, doch ist das Waldkleid des
Gebirges bei weitem nicht so lückenlos,
wie man es bei den hohen Niederschlägen
erwarten sollte; große Flächen
sind von Savannen eingenommen, die
zum Teil vielleicht erst dem Menschen,
der den Urwald rodete, ihre Entstehung
verdanken. Das östl. Tiefland
ist dagegen, soweit nicht sumpfig,
großenteils von Urwald eingenommen,
da das ungesunde Klima eine stärkere
Besiedelung nicht gestattet.—Die
Tierwelt ist sehr reich und der des
hinterindischen Festlands so nahe verwandt,
daß die Abtrennung von ihm
erst in ganz junger geologischer Vergangenheit
erfolgt sein kann. Nashorn,
Elefant und Tiger sind vorhanden,
dazu der Orang-Utan und zwei
andre große Affenarten (Gibbons),
Halbaffen (Makis), Tapir, Argusfasan
und viele andre, weniger hervortretende.
—Bewohner der Insel
sind die Malaien, deren auf Pfählen
errichtete Dörfer (Kampongs) überall
zwischen Reis-und Baumwollfeldern
sich verstecken.
[S. 158]
Daneben gibt es noch
Reste älterer Bevölkerungsschichten,
wie die Bataker, die noch ein reines
Naturvolk sind.—Die wichtigsten
Welthandelsprodukte sind Tabak
und Kaffee, von denen der erstere im
östl. Flachlande, der letztere im westl.
Gebirgsland am besten gedeiht. Die
beiden unten beschriebenen Routen
führen nach dem Bezirke des besten
Tabaks (Delideckblattabak) und des
besten Kaffees (um Medan in den
Padangschen Hochlanden). Daneben
liefert die Insel noch zahlreiche wertvolle
Wald-und Bodenprodukte, vor
allem Kohle und Petroleum. Sumatra
beginnt erst seit kurzer Zeit einen
raschen wirtschaftlichen Aufschwung
zu nehmen, da die Holländer, denen es
gehört, lange Zeit ihre Haupttätigkeit
dem benachbarten Java zuwandten
und bis in die letzte Zeit hinein sich
mit den ungebärdigen Gebirgsstämmen
des Nordteils der Insel, des Malaienstaates
Atjeh, in blutigen und
kostspieligen Guerillakämpfen herumschlagen
mußten. Nachdem Atjeh jetzt
unterworfen ist, wird es rasch ein
wertvolles Plantagengebiet werden,
doch ist die Insel dem Touristenverkehr
noch fast nicht erschlossen.
Für Reisen auf Sumatra ist
Erlaubniskarte nötig, die vom Justizdepartement
ausgestellt wird und durch
das deutsche Konsulat zu beschaffen
ist.
Belawan-Deli, der Hafen von Deli, liegt Penang gegenüber
an der flachen Nordküste Sumatras, an der Mündung des Koeala
Belawan, dessen Ufer mit Mangroven bewachsen sind. Nur kleine
Dampfer können über die Barre und ankern dicht beim Bahnhof
der Delibahn; Zollamt auf der Landungsbrücke. Übernachten in
Belawan ist wegen Malariagefahr ungesund; man fahre 1/2 St. mit
der Bahn nach Kampong Besar, wo der Agent des Norddeutschen
Lloyd zuvorkommend für Unterkunft sorgt. Die Europäer wohnen
meist in Laboean Deli und Medan. Der Zug fährt bald nach Ankunft
des Dampfers in etwa 2 St. über die 380 m lange Brücke über
den Fluß und durch Tabakfelder hindurch nach (etwa 20 km)
Medan (Orange Hotel; Medan Hotel; PT; Klub: De Witte Sociëteit),
Hauptstadt des Residenten der Ostküste von Sumatra und
eines eingebornen Sultans, mit etwa 15000 Einw. Große chinesische
und andre Geschäfte, Hauptort der Tabakausfuhr. Bank: Nederlandsche
Handels-Maatschappij, Korr. der Deutschen Bank und der Berliner
Disconto-Gesellschaft. Deutsches Konsulat (Konsul Karl Hick).
Mehrere Bahnlinien führen ins Innere des Ostküstengebiets von Sumatra.
Sehenswert ist der Palast des Sultans und der chinesische
Tempel. Die sehenswerten Tabakpflanzungen der Deli-Maatschappij
werden meist mit chinesischen Kulis bearbeitet. Die Tabakblätter
erfahren eine außerordentlich umständliche und sorgfältige Behandlung,
bis aus ihnen die vortrefflichen Delideckblätter entstanden
sind. Im Gebirge kann man die Batak-Stämme (s. oben) kennen
lernen und hat Gelegenheit zu Jagden auf Elefanten, Tiger etc.
2) Dampfer des Rotterdamsche Lloyd fahren alle 14 Tage über Marseille,
Port Said, Suez in 20 Tagen direkt nach Padang.—Die Stoomvaart Maatschappij
Nederland alle 14 Tage von Genua in 20 Tagen direkt nach Sabang,
Singapore, Batavia. In Sabang direkter Anschluß an die Dampfer der
Koninklijke Paketvaart Maatschappij, die alle 14 Tage im Anschluß an die
Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd von Penang über Sabang nach
Padang in 7 Tagen fahren.
Der Dampfer fährt von Sabang (S. 155) längs der gebirgigen, landschaftlich
[S. 159]
sehr schönen Westküste Sumatras, läuft unterwegs mehrere
unbedeutende Hafenplätze an, passiert nun den Äquator (S. 191)
und steuert dann in die von felsigen Hügeln umgebene Koninginnen-Bai
(unter etwa 1° südl. Breite), deren Ufer dicht bewaldet sind und
malerische Dörfer (Kampongs) zeigen. Dann legt der Dampfer an
den schönen Kais im Emmahaven dicht am Bahnhof (mit Bahnwirtschaft)
an; alle 2 St. fährt ein Zug in 17 Min. für 1/4 Fl. auf 100 m
langer Brücke über den Padangfluß nach
Padang (Oranje Hotel, Pens. 5-6 Fl.), Hauptstadt des niederländischen
Gouvernements Westküste von Sumatra, in flacher Gegend
an der Mündung des Padangflusses. Diese älteste Niederlassung der
Niederländer auf der Insel (seit 1666) ist Sitz der obersten Zivil-
und Militärbehörden, eines deutschen Konsuls (Joh. Schild) und
vornehmster Ausfuhrplatz für die reichen Produkte (Kaffee, Stuhlrohr,
Zimt, Muskatnüsse, Gummi, Benzoe, Häute, Kopra, Tabak,
Gambir) der Westhälfte von Sumatra, mit 47607 Einw., darunter
5103 Chinesen, 1784 Europäer. Bank: Nederlandsche Handels-Maatschappij,
Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft und der
Deutschen Bank. Padang ist mit den Hafenplätzen Emmahaven
und Pulu Ajer sowie mit dem Hochlande durch Staatsbahn verbunden.
Das Europäerviertel ist eine ruhige, anmutige Gartenstadt
mit angenehmem Klubleben (zwei Sociëteiten). Die Besteigung des
nahen Affenbergs (Goenoeng' Monjet) bietet schöne *Aussicht auf
die Stadt und das Meer.
Ausflug ins Padangsche Oberland
mit dem »Staats Spoorweg« (teilweise
Zahnradbahn) zunächst durch reich
mit Reisfeldern, Bananenpflanzungen
und Kokospalmen bebaute Ebene
(zuletzt ansteigend) bis Kajoe-Tanam
(143 m), von da (mit Zahnradhilfe)
durch die prachtvolle Schlucht Anei-Kloof
von 15 km Länge (das tropische
Gegenstück zur Gotthardstraße von
Göschenen nach Andermatt!); l. Ausblick
auf die Vulkanriesen Tandikat
(2438 m) und Singgalang (2877 m), r.
auf den Ambatjang (959 m); l. der
25 m hohe Ajer-Mantjoer-Wasserfall.
Auf dem Hochland sieht man den Merapi
(s. unten) vor sich; vorbei an
vielen Kampongs, mit zierlichen Reisscheunen
(rankiang) seltsamer Bauart,
gelangt man nach 4 St. Fahrt nach
Padang-Pandjang (Hotel Merapi,
klein, aber gut) am Knotenpunkt der
Bahn (man lasse sich in den sehr angenehmen
Militärklub einführen).
Von Padang-Pandjang führt die
Zahnradbahn, 19 km, in 11/4 St. am
Vulkan Merapi (s. unten) vorbei nach
Fort de Kock (921 m; Sawah-Hotel,
2 Min. vom Bahnhof), Hauptort des
Padangschen Oberlands; von hier beste
Gelegenheit zu vielen lohnenden Ausflügen:
zum interessanten Malaiendorf
Kota-Gedang; zum Wasserfall von
Soengei-Poear, am Hange des Merapi;
zu den Grotten von Kamang, 12
km vom Fort de Kock; mit Karre nach
dem frischen Schwimmbad (41/2 km)
Soengei Tanang.—*Schöner Tagesausflug
vom Fort de Kock über Simpang
nach (18 km) Matoer (Rasthaus), von da
mit Karre nach Padang-Galanggang,
hier prächtiger Ausblick auf den *Manindjau-See.
Zurück durch das seltsame *Karbouwengat nach (15 km)
Fort de Kock.—Zur Besteigung des
noch tätigen Vulkans *Merapi (2891 m)
fährt man mit Karre (bendy) am besten
von Fort de Kock 1 Uhr Nm. in 4 St.
über Soengei-Poear zum Rasthaus Pagolèan
(1800 m), dort übernachten.
Früh 5 Uhr Aufstieg steil in 21/2 St.
zum Krater (Kapoendan). Oben kalter
Wind! Prächtige *Aussicht frühmorgens,
sonst meist bewölkt.
Von Fort de Kock mit der Bahn
oder durch schönere Landschaft mit
Karre (7 Fl.) nach Paja-Kombo (kleiner,
guter Gasthof, Ankunft telephonisch
von Fort de Kock melden!); der
*Markt hier So. früh ist berühmt (malaiische
Waffen, Kleider, Schmucksachen),
noch berühmter die Schönheit
der Frauen des Ortes. Von hier mit
Karre für 3 Fl. in etwa 2 St. zu dem
riesigen Wasserfall *Batang-Harau.
Schöne Wege auch nach Fort van der
Capellen.
[S. 160]
Von Padang-Pandjang (s. oben)
führt die Bahn längs des Nordufers
des 21 km langen, schönen Bergsees
Singkarah in etwa 4 St. nach Solok
(387 m; einfacher Gasthof); von hier
durch abwechselungsreiche prächtige
Berglandschaft in das Tal von Sawah-Loentoe,
Bahnfahrt etwa 11/2 St.; Besichtigung
der mit javanischen und
malaiischen Kulis und Sträflingen betriebenen
Oembilin-Kohlengruben, wo
täglich bis 1000 Ton. gefördert werden.
Alle Ausflüge in das kühle Hochland
von Padang sind von unvergleichlichem
Reiz.
Von Padang nach Batavia.
Mit Dampfern des »Rotterdamsche
Lloyd« und der »Koninklijke Paketvaart
Mij.« über Benkoelen und vorbei
an der vulkanischen Insel Krakatau
(Poeloe Rakata), die bei einem Ausbruch
durch eine gewaltige Explosion
am 27. Aug. 1883 zum größern Teil
vernichtet wurde, während durch die
Auswurfmassen die umliegenden Küsten
und Fahrwasser verändert, durch
eine gewaltige Flutwelle etwa 40000
Menschen getötet, Schiffe hoch ins
Land hinein geworfen wurden etc.
Die Explosion war das in seinen
Wirkungen am weitesten reichende
vulkanische Ereignis, das jemals bekannt
geworden ist. Sie wurde wahrscheinlich
dadurch hervorgerufen, daß
Meerwasser in das Innere des durch
vorhergehende Eruptionen teilweise
ausgeräumten Magmaherdes Zutritt
fand und sich durch die hier herrschende
hohe Temperatur in Dampf
verwandelte. Die Wirkungen waren
furchtbar. Eine in der nähern Umgebung
der Explosionsstelle bis zu
30 m hohe Meeresflutwelle verwüstete
die Küsten der umliegenden Inseln,
namentlich Javas und Sumatras, wurde
aber an allen Küsten des Indischen
Ozeans und sogar noch an der Westküste
Nordamerikas (San Francisco)
und stellenweise am Atlantischen
Ozean wahrgenommen. Der Schall der
Explosion drang bis nach Ceylon, Saigon,
Neuguinea und Australien. Ungeheure
Massen von Asche (zerstäubte
Lava) und Bimsstein wurden ausgeworfen
und bedeckten nach dem Niederfallen
eine Fläche größer als das
Deutsche Reich; die feinsten Staubteilchen
wurden bis zu 60 km Höhe
emporgeschleudert und von Luftströmungen
um die ganze Erde herumgeführt,
überall Monate hindurch merkwürdige
optische Erscheinungen—
Blaufärbung der Sonne, den »Bishopschen
Ring« um diese und prachtvolle
Dämmerungserscheinungen—hervorrufend.
Die durch die Explosion erzeugten
Luftwellen umkreisten mehrmals
die ganze Erde, wozu sie jedesmal
etwa 36 St. brauchten. Jetzt sieht
die zersprengte Kraterinsel wie eine
Haifischflosse aus, schroff abstürzend
nach einer Seite und hier einen prächtigen
Durchschnitt durch einen Vulkanberg
zeigend, soweit nicht die
Vegetation schon wieder davon Besitz
genommen hat.
Nach Passieren der Insel Krakatau
läuft der Dampfer nun durch
die Sundastraße nahe an der Insel
Dwars in den Weg vorbei um die
NW.-Ecke Javas, die Sankt Nikolaas-Huk,
ostwärts längs der Küste und
an kleinen grünen Inseln vorbei nach
Batavia (S. 195).
Von Penang nach Singapore.
A. Über See.
Der Dampfer (S. 155) fährt in Sicht der Küste von Malakka anfangs
mit südlichem, dann südöstlichem Kurs vorbei an den kleinen Häfen
Port Weld (S. 163), Telok Anson (S. 164), Port Swettenham (S. 165),
Port Dickson (S. 165) und Malacca Town (S. 165), die alle Bahnanschluß
nach dem Innern haben, zur Verschiffung von Gummi
[S. 161]
und Zinn.—Die Fahrt durch den südlichen, engsten Teil der Malakkastraße,
The Straits, führt zwischen Korallenriffen und Koralleninseln
vorbei am Kap Tanjong Bulus, dem südlichsten Punkte des
asiatischen Festlandes, und nördl. von den größern, zum Teil vulkanischen
Riouw-Inseln nach Singapore (S. 166).
B. Über Land (vgl. die Karte S. 162).
Eisenbahn. Mit der Federated Malay
States Railway tägl. 8 Uhr früh von
Penang in 23 St. für I. Kl. $29,83 nach
(465 M) Singapore; Schlaf-und Speisewagen
(F. 75 c., Tiffin 1, Dinn. $1,50)
im Zuge; Freigepäck 133 Pfund engl.;
man achte auf richtige Abfertigung
des Gepäcks.
Die Bahnfahrt gibt Gelegenheit,
die landschaftlich sehr schöne, noch
wenig bereiste Halbinsel Malakka mit
ihren großartigen Zinngruben und
Gummiplantagen kennen zu lernen.
Man sollte 10-14 Tage für die lohnende
und interessante Tour verwenden.
Moskitonetz mitnehmen!
Der Westteil dor Malaiischen
Halbinsel (Malakka) ist der Typus
eines Tropenlandes, reich befeuchtet
durch den Südwestmonsun, mit hoher,
äußerst gleichmäßiger Temperatur und
entsprechend üppigem Pflanzenkleid.
Ein dichtbewaldetes Gebirge mit nordsüdl.
verlaufenden Bergketten durchzieht
die Halbinsel, erreicht aber nicht
sehr große Höhen. Als höchste Erhebung
gilt der 2172 m hohe Kerbau,
den man am 2. Tage der unten beschriebenen
Fahrt durch die Halbinsel
etwa 50 km östl. läßt. Das Gebirge
enthält mit die größten Zinnlagerstätten
der Erde. Zinnerz bildet denn
auch den Hauptausfuhrgegenstand der
Halbinsel, daneben Waldprodukte, vor
allem Guttapercha (auch schon aus
Pflanzungen gewonnen) und Kopal,
sowie Gewürze.—Die Bevölkerung
ist, wie in ganz Hinterindien, stark
gemischt, doch überwiegt in den heutigen
Bewohnern der niedrigem Landesteile
der malaiische Einschlag bei
weitem, während in den entlegenem
Gebirgsgegenden noch Naturvölker
hausen, wie vor allem der Stamm der
blasrohrbewaffneten Sakei (S. 164). Die
Städte bergen noch zahlreiche Bauwerke,
die unter dem Einfluß altindischer,
brahmanischer Kultur entstanden
sind; umgekehrt findet jetzt
in immer stärkerm Maße chinesische
Einwanderung statt.—In den unten
angeführten malaiischen Ortsnamen
bedeutet Bukit Berg, Gunong Gebirge,
Kuala Mündung, Pulo Insel.
Zeiteinteilung für 9 Tage:
1. Tag: früh ab Penang, Fahrt unterbrechen
(3 St.) in Taiping, dann nach
Kuala Kangsar;—2. Tag: nach Ipoh;
—3. Tag: nach Kuala Kubu;—4.
Tag: nach Kuala Lipis;—5. Tag:
nach Kuala Lumpur;—6. Tag: Kuala
Lumpur;—7. Tag: über Seremban
nach Kuala Pilah und zurück nach
Seremban;—8. Tag: nach Port Dickson,
zurück über Seremban nach Malacca
Town;—9. Tag: nach Singapore.
Von Station Penang (S. 156) fährt eine Dampfbarkasse der Bahngesellschaft
von der Fahrkartenausgabe am Hafen (wo auch Gepäckannahme)
in 1/2 St. zur Festlandstation Prai. Von hier geht
nun die Bahn durch Reisfelder, Zuckerpflanzungen etc. über die
englische Grenzstation (25 M) Parit Buntar (Rasthaus, tägl. $1,50,
Verpflegung $2,50), durch die künstlich bewässerte, fruchtbare Ebene
des Krian-Distrikts im Staat Perak bis (34 M) Bagan Serai (Rasthaus,
tägl. $ 1,50, Verpflegung $ 1,50), hier Oktober bis März früh
und abends Gelegenheit zur Schnepfenjagd; weiter über Bukit
Merah, wo die Bahn durch einen Hügel schneidet und ein Bewässerungs-Staubecken
kreuzt, durch hügeliges Land vorbei an den
größten (von über 4000 Chinesen bedienten) offenen Zinngruben der
Erde, zwischen Krian Road Station und (53 M) Kamunting nach
(56 M) Taiping (Rasthaus, tägl. $ 1,50, Verpflegung $ 1,50), einer
der malerischsten Malaienstädte, mit schattigen Straßen voller gelb
blühender Angsena-Bämne (Pterocarpus indicus), einem englischen
und einem chinesischen Viertel.
[S. 162]
Penang-Singapore.
Auf einem Hügel das Haus des
britischen Residenten für Perak, oberhalb der roten Gebäude des
Staatsgefängnisses und nicht weit von dem weißen *Museum (Perak
State Museum) mit sehenswerten zoologischen, geologischen und
ethnographischen Sammlungen der Malaiischen Halbinsel. Nahe
dem Sportplatz (Recreation Ground) mit zwei Klubhäusern (Perak
Club und New Club) liegt ein sehr schöner öffentlicher Garten mit
See, in der Nähe ein schöner Wasserfall. Vom Schießplatz der
malaiischen Garnison führt ein guter Weg am Teegarten-Bungalow
vorbei durch Dschungeln auf den *Larut-Hügel, mit schönen Ausblicken
[S. 163]
auf die Perak-Landschaft; auf dem Gipfel sieben Bungalows.
—Schwierig und unsicher ist von da der Aufstieg zum Gunong
Hijan (1448 m), der weite Aussicht bieten soll (man erkundige sich
vorher und nehme Führer mit). Für Ärzte ist das Eingebornen-
Krankenhaus beim Bahnhof sehenswert.
Zweigbahn von Taiping über (7 M) Matang Fort, das im britischen Perak-
Feldzug 1876 Hauptstützpunkt war, nach (11 M) Port Weld, Seehafen für
kleine Dampfer am Sungi Sengar Besar, wo Zinn aus-und Reis eingeführt
wird; tägl. Dampfer nach Penang.
Die Hauptlinie führt von Taiping durch schöne Hügellandschaft
über Bukit Gantang mit Fortruine (Umgegend reich an Tigern),
steigt dann durch mehrere Tunnels auf die Höhe eines Passes und
über eine eiserne Brücke mit schönem Ausblick auf die hohen Felsen
von Gunong Pontok, deren Höhlen die schwarze Ziegenantilope bewohnt,
über (71 M) Padang Rengas nach
(79 M) Kuala Kangsar (Rasthaus $ 1,50, Verpflegung $ 1,50),
Hauptstadt und Residenz des Sultans Idris von Perak (ein hochgebildeter
Mohammedaner, ausgezeichneter Herrscher und Vater
seines Landes) und des britischen High Commissioner der Verbündeten
Malaienstaaten, am r. Ufer des Perak-Flusses, der die untere
Stadt öfters überschwemmt; höher liegen die drei Paläste des Sultans,
Regierungsgebäude und die Häuser der britischen Beamten
sowie die malaiische Hochschule Malay College, nach dem Muster
der Eton-Schule; ferner eine *Kunstschule (wo schöne Silberarbeiten
etc. zu kaufen sind).
Empfehlenswerte Erfrischung ist
ein Elefantenritt auf gutem Weg
(5 km) nach einem flachen Wasserfall,
wo man baden und dabei den
Fall hinabgleiten kann. Menggelunchor
nennen die Malaien diesen Sport
(man bade nicht ohne Badehose oder
ähnliches).—Beliebt sind Ausflüge
mit Hausbooten von Kuala Kangsar
auf dem Perak-Flusse stromab bis
Telok Anson (S. 164); sie fordern
aber mindestens 3-4 Tage (Hausbootmiete
nach Übereinkunft, mit Hilfe
des Distriktsoffiziers, sieben Mann Besatzung
erhalten je 50 c. tägl., man
gibt etwas Vorschuß zum Einkauf von
Nahrung; ein Steuermann nach Übereinkunft;
für Damen ist ein richtiges,
geschlossenes Hausboot erforderlich).
Moskitonetze u. Verpflegung, auch Getränke
und Jagdgewehre sind mitzunehmen.
Wegen der Krokodile sei man
sehr vorsichtig beim Baden, befolge
genau den Rat des malaiischen Steuermanns.
Nachts ankert man meist mitten
im Strom, um die Malariastechmücken
(Anopheles) zu meiden. Unterwegs
ist reichlich Jagdgelegenheit
auf Schnepfen, Enten, Krokodile etc.,
am besten bei Parit, Bota und Pulau
Tiga; Fischen mit malaiischen Netzen.
Rückkehr von Telok Anson s. S. 164.
Die Bahn führt von Kuala Kangsar bei (83 M) Enggor zur Pontonbrücke
über den Perak-Fluß, dann über (93 M) Sungei Siput und
(101 M) Chemor nach
(111 M) Ipoh (Rasthaus, tägl. $ 1,50, Verpflegung $ 1,50, und ein
Gasthof), aufblühende Handelsstadt im Kinta-Tal, gesund gelegen,
Mittelpunkt der Zinngruben, deren Besichtigung sehenswert ist, da
nach allen Systemen mit chinesischen Kulis und elektrischen Maschinen
dort gearbeitet wird.—In der Umgebung, bei Gunong Rapat
und Sungei Raia, schöne Kalksteinfelsen mit sehenswerten chinesischen
Felsentempeln. In Ipoh originelle *malaiische, tamilische
und chinesische Theater.—Im Kinta-Distrikt leben an den Abhängen
[S. 164]
des 2172 m hohen Gunong Kerbau, etwa 35 M östl. von Ipoh,
die Sakei, ein Stamm scheuer Ureinwohner hellerer Hautfarbe, die
noch lange Blasrohre (sumpit) mit vergifteten Bolzen benutzen und
nackt in offenen Pfahlhütten leben.
Die Bahn führt von Ipoh über mehrere kleine Stationen nach
(149 M) Tapah Road (Rasthaus); Zweigbahn nach (35 M) Telok
Anson, einem Hafen für Zinnausfuhr am Perak-Fluß mit Küstendampferverkehr
nach Penang und Singapore; Telegraph. Durch reich
angebautes Plantagenland, dann durch dichte Dschungeln und Wälder
mit tropischen Nutzhölzern über unbedeutende Stationen nach
(221 M) Kuala Kubu, kleiner, hübsch gelegener Malaienstadt im
Staate Selangor.
Ausflug von hier mit Motoromnibus
der Bahngesellschaft (vorausbestellen)
auf guter Landstraße durch das malerische
Gebirge und durch wilde
Dschungeln über (44 M) Raub (Rasthaus)
nach (ca. 60 M) Kuala Lipis
(gutes Rasthaus, tägl. $ 1,50, Verpflegung
$ 2,50), Hauptstadt des Staates
Pahang am Jelai, Nebenfluß des Pahang-Flusses.
Der Sultan residiert in
Pekan (Rasthaus) an der Mündung des
Pahang, wohin man von Kuala Lipis
mit malaiischem Hausboot in etwa
einer Woche gelangen kann. (Dieser
ganze wilde und romantische Ausflug
von Kuala Kubu quer durch die Halbinsel
Malakka bis zum Südchinesischen
Meer ist anstrengend und nicht ohne
Gefahren, daher nicht für jeden Weltreisenden
zu empfehlen! Er bietet
aber Naturschönheiten und große
Jagdgelegenheit seltener Art.)—Von
Pekan ist zuweilen Gelegenheit, mit
Küstendampfer nach Singapore zu gelangen,
aber die Einschiffung ist bei
Nordostmonsun (Oktober bis März) oft
wegen hohen Seegangs auf der Barre
der Flußmündung unmöglich; Rückkehr
von Pekan über Land oder auf
dem Fluß sehr langwierig; vielleicht
kann man im Notfall über Kuantan
(Rasthaus; Hafen im Bau) Dampfer
erreichen oder mit Automobil auf der
(zum Teil 1911 noch im Bau begriffenen)
Straße nach Benta an der Straße
Kuala Lipis-Kuala Kubu zurückkehren.
(Man ziehe vor solchem Ausflug
Erkundigung bei den englischen Behörden
in Kuala Kangsar und Kuala
Lipis ein.) Von Kuala Lipis mit
Motoromnibus zurück nach Kuala
Kubu.
Von Kuala Kubu führt die Bahn über (235 M) Serendah, (241 M)
Rawang, Bahnhof für den Ort Bandar Baharu, und (254 M) Batu,
lauter Minenstädte, nach
(259 M) *Kuala Lumpur (Station Hotel, neu, am Bahnhof, Pens.
von $ 6 an, mit Restaurant; Empire Hotel und ein Rasthaus, tägl.
$ 1,50, Verpflegung $ 1,50), Hauptstadt der Malaiischen Bundesstaaten
mit etwa 35000 Einw., in schöner Lage, mit prächtigen Gärten im
europäischen Viertel und verhältnismäßig kühlem Klima. Residenz
des britischen »Resident General« der Malaiischen Bundesstaaten.
Vor einem schönen öffentlichen Park mit See das Museum mit
reichen zoologischen (besonders Vögel und Fische) und ethnographischen
(besonders Tonwaren und Matten) Sammlungen. Kuala
Lumpur ist für längern Erholungsaufenthalt geeignet, hat gute
Basare, Hospital etc.—Ausflüge nach (26 km) Dusun Tua, einem
Bungalow mit heißer Quelle in malerischer Landschaft an einem
Fluß, wo man tropisches Tierleben beobachten kann (fliegende
Eidechsen, fliegende Hunde, Affen etc.).
[S. 165]
Zweigbahn von Kuala Lumpur durch
den mit Gummiplantagen bestandenen
Klang-Distrikt nach (etwa 18 M) Klang
(Rasthaus beim Bahnhof), Residenzstadt
des Sultans von Selangor, Mittelpunkt
des Gummihandels, durch
ein Hügelfort mit britischer Garnison
beherrscht, und von da nach (etwa
6 M) Port Swettenham (Rasthaus,
Post und Tel.), dem modern ausgebauten
wichtigsten Hafen für Küstendampfer
zwischen Penang und Singapore,
mit beträchtlichem Seeverkehr;
Dampfer nach Penang und Singapore.
Von Kuala Lumpur weiter durch Gummiplantagen über (274 M)
Kajang (Rasthaus), einem hübschen Dorf mit Zinngruben, nach
(302 M) Seremban (Rasthaus), Hauptstadt des Malaienstaates Negri
Sembilan, in ähnlich schöner Lage wie Kuala Lumpur, auch mit
britischem Viertel.
Ausflug von Seremban mit Motoromnibus
auf malerischem Weg über
das Gebirge nach (24 M) Kuala Pilah
(Rasthaus), Residenz des Yam Tuan
von Sri Menanti, dessen *Palast
(Astana) in einem prächtigen Seitental
8 km von Kuala Pilah liegt. Die
Stadt Kuala Pilah liegt am Muar-Fluß
und an einer Zweigbahn nach Gemas
(S. 166); auf dem höchsten Hügel
(*Aussicht) in der Stadt ist das Amtsgebäude
des britischen Residenten;
in der Hauptstraße der Stadt ein Standbild
des ersten britischen Residenten,
Martin Lister, von Chinesen gestiftet.
Zurück mit Motoromnibus nach Seremban
oder mit Wagen (Gharries) auf
ebenfalls schönem Gebirgsweg nach
Tampin (s. unten).
Zweigbahn von Seremban in 11/2 St.
nach (etwa 22 M) Port Dickson (Rasthaus),
auch Arang Arang genannt,
Hafen für Küstendampfer, mit guter
Seebadegelegenheit, beste Badezeit
51/4—61/4 Uhr Nm.; man übernachte
im Port Dickson Sanitarium (Platz
vorausbestellen), dicht am Badestrand.
Die Bahn führt von Seremban weiter durch gut bebaute Obstgärten
und Reisfelder und stark bevölkerte, wohlhabende Malaiendörfer
über Pedas, Rembau und Chengkau nach (334 M) Tampin
(Rasthaus). Fortsetzung der Route S. 166.
Von hier Zweigbahn (22 M) nach
Malacca Town (Rasthaus am Bahnhof, dem Seebad am nächsten;
andres Rasthaus an der Seeseite der Stadt), wichtiger Seestadt und
Hauptausfuhrhafen der Malaienstaaten, mit etwa 95000 Einw. Malacca
Town liegt auf 2° nördl. Br. und ist die älteste europäische
Niederlassung auf der Halbinsel, 1511 von den Portugiesen unter
Albuquerque begründet und zu einem wichtigen Gewürzhandelsplatz
gemacht, 1641 von den Niederländern und 1795 von den Engländern
erobert, dann 1818 zurückgegeben, aber 1824 gegen Benkoelen
von den Niederländern wieder eingetauscht. Man trifft noch Nachkommen
der Portugiesen sowie die portugiesische Kirche Nossa
Senhora do Monte auf dem Gipfel des St. Pauls-Hügels, neben dem
Leuchtturm am l. Ufer der Mündung des Malacca-Flusses. Der
Hügel ist mit alten Festungswerken umgeben. Mehrere Brücken
führen über den Fluß zu dem Stadtteil des r. Ufers. Malacca Town
ist Sitz der Regierung des britischen Malacca-Territoriums (Teil
der Kolonie Straits Settlements, vgl. S. 155). Am Fuß des St.
Pauls-Hügels liegen Schulen (darunter die sehenswerte Chinesenhochschule
des Dr. Morrison), Post und Telegraph, Gericht, Krankenhäuser
etc.; sehenswert ist an der Seeseite Albuquerques Tor.
Die Stadt ist ziemlich gesund, obgleich etwas wärmer als Singapore.
—Etwa 8 km westl. von Malacca Town liegt der hübsche Badeort
*Tanjong Kling (Regierungsbungalow, Erlaubnis zur Benutzung
für Seebadezwecke erteilt die Public Works Office in Malacca Town).
[S. 166]
Malacca Town hat durch Inseln geschützte Reede; lebhafter Verkehr
von Küstendampfern nach Penang, Port Swettenham, Port Dickson
und Singapore.
Fortsetzung der Hauptroute. Von Tampin (S. 165) führt
die Bahn über einige unbedeutende Stationen nach (364 M) Gemas,
Grenzstation des Staates Negri Sembilan (Zweigbahn von Gemas
im Betrieb über Rompin nach [22 M] Bahau, von da im Bau nach
Temerloh im Staat Pahang; Zweigbahn von Bahau nach [12 M] Kuala
Pilah [S. 165] im Betrieb), und durch Urwald und Dschungeln des
Staates Johor über mehrere kleine Ortschaften nach (450 M) Johor
Bharu (S. 169); von da Fährdampfer nach Woodlands (s. unten)
und Bahn nach (465 M) Singapore.
Singapore.
Vgl. beifolgenden Plan.
Ankunft. Die Ansteuerung des Hafens
ist wegen vieler gefährlicher
Riffe und Bänke vor der Hafeneinfahrt
schwierig; Handelsdampfer laufen zum
Teil, die Reichspostdampfer stets in
den engen Hafen innerhalb der Inseln
und machen meist am Tanjong Pagar-Kai
dicht am Lande fest. Am Landungsplatze
stehen europäische und
malaiische Diener von allen Gasthöfen
sowie reichliche Fahrgelegenheiten
(Wagen und Rikschas, auch elektr.
Straßenbahn). Fahrt bis zur Stadt etwa
20 Min. Keine Zolluntersuchung, aber
Waffen dürfen ohne Polizei-Erlaubnis
nicht eingeführt werden!
Gasthöfe: Raffles' Hotel, Beach
Road 2, nahe der Esplanade, 130 Z.
—Hôtel de l'Europe (Pl. 13), an der
Esplanade, in besserer Lage. Küche
in beiden mäßig, Pens. etwa $ 8.—
Hotel Adelphi, Colman Street, 100 Z.,
Pens. von $ 5 an.—Hôtel de la Paix,
Colman Street 3, 40 Z. $ 2-3, Tiffin
11/4, Dinn. 11/2, Pens. $ 6-8.—Hotel
van Wijk Co. Ltd., Stamford Road 2,
80 Z. 2, F. 1, Lunch 1, Dinn. 1,50,
Supp. 2, Pens. $ 5-6, Küche gelobt.
—Die meisten Gasthöfe sind zugleich
Restaurants.
Post (Pl. 18), an der Südseite der
Cavanagh-Brücke neben der Börse.
—Telegraph, Robinson Quai. Kabel
führen nach Penang, Saigon, Labuan,
Soerabaya und Batavia.—Wagen:
Tikka gharries oder Hackney Carriages
nach gedrucktem Tarif.—Rikschas
ebenfalls mit fester Taxe.—Reitpferde
zu haben.—Straßenbahnlinien (s. den
Plan), auch von Europäern benutzt.—
Eisenbahn: Singapore & Kranji Railway
(Bahnhof Tank Road), vom Landungsplatz
der Postdampfer in 25 Min.
mit Straßenbahn zum Bahnhof, von
da in 11/4 St. bis zur Endstat. Woodlands
(von wo Fährboot nach Johor mit Anschluß
an die Federated Malay States
Railway, S. 161).
Dampfer: Norddeutscher Lloyd
(Agent: Behn, Meyer u. Co., Tel.-Adr.
»Nordlloyd Singapore«): Reichspostdampfer
alle 14 Tage nach Ostasien und
Europa; Anschlußdampfer nach Bangkok
und Deli sowie nach Britisch-Nordborneo,
Makassar, Menado (auf Celebes),
Süd-Philippinen und Neuguinea
(über Batavia)—Koninklijke Paketvaart
Maatschappij (Agent: J. Deandels
& Co.): Anschlußdampfer an die
deutschen Reichspostdampfer nach u.
von Batavia, Samarang und Soerabaya.
—Stoomvaart Maatschappij Nederland
(Agent: J. Daendels & Co.)
alle 14 Tage nach Batavia und nach
Europa über Sabang.—Österreichischer
Lloyd (Agent: Rautenberg,
Schmidt & Co.), monatlich einmal nach
Ostasien und Europa.—Messageries
Maritimes (Agent: C. Tournaire; Telegrammadresse:
»Messageries Singapore«)
alle 14 Tage über Saigon nach
Ostasien und über Colombo nach Europa;
Anschlußdampfer nach Batavia.
—Peninsular & Oriental Co. alle
14 Tage nach Ostasien und Europa,
mit Anschlußlinien nach Java, Sumatra,
Celebes u. a.—British India
Steam Nav. Co. alle 14 Tage nach
Vorderindien.
[S. 167]
Geld. Einheitsmünze ist der Straits-Dollar
($) = 2,40 Mark oder 2 sh. 4 d.;
Silbermünzen außerdem zu 50, 20, 10,
5 cents. 1 $ = 100 cents. Außerdem
Kupfergeld.—Banken: Deutsch-Asiatische
Bank, Korr. sämtlicher deutschen
Großbanken.—Hongkong & Shanghai
Banking Corporation, Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Chartered
Bank of India, Australia & China.—
Nederlandsche Handels-Maatschappij.
Beide letztere Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft
und der Deutschen
Bank.
Sprache ist malaiisch, die allgemeine
Verkehrssprache Hinter-und
Insulindiens.
Theater, malaiische sind besuchenswert.
Konsulate: Deutsches Reich, Generalkonsul
Feindel, Vizekonsul Dr. Saunier.
—Österreich-Ungarn, Dr. Erwin
Ritter von Zach.—Deutscher Klub,
sehr schön gelegen.
Polizeiamt: South Bridge Road und
North Bridge Road, letzeres nahe dem
Hôtel de l'Europe.—Ärzte: an 30;
deutsche Ärzte Dr. Werner, Medical
Hall; Dr. Wertheim.—Zahnarzt.—
Deutsche Apotheken.—Krankenhaus:
General Hospital.—Buchhandlungen:
Kelly & Walsh, Raffles Place.—Fraser
& Neave.—Zeitungen: Straits Times;
Government Gazette; Singapore Free
Press; Colonial Press. Einige malaiische,
tamulische und chinesische
Zeitungen.
Photographieren von Festungswerken
(die oft nicht zu erkennen sind)
ist streng verboten und wird mit
1 Jahr Zuchthaus bestraft, da Singapore
Kriegshafen ist. (Deutsche Liebhaberphotographen
werden mit Vorliebe
böser Absichten verdächtigt!)
Einkäufe: Korallen, Muscheln,
Korbstühle, Ananas frisch und konserviert
(sehr billig).
Zeiteinteilung. 1. Tag: Markt in
der Chinesenstadt, Museum, Botanischer
Garten, Esplanade.—2. Tag:
Fahrt nach Johor.—3. Tag: Ausflug
nach dem Sea View Hotel, östl.
von Singapore, an der See.
Geschichte. Das alte Singapura
soll in der 2. Hälfte des 12. Jahrh.
von dem aus Sumatra eingewanderten
Radschah Sang Nila Utama begründet
sein; sein Nachfolger Sikander
wurde von den Javanen vertrieben
und gründete die Stadt Malakka, während
die javanischen Herrscher zum
Islam übertraten (jetzt Hauptreligion
der Malaien) und das Sultanat Johor
begründeten. Sir Stamford Raffles
drang darauf, daß das im Anfang des
19. Jahrh. zum Seeräuberschlupf gewordene
Singapore englisch werde;
1819 wurde die britische Flagge auf der
Insel gehißt, entwickelte sich aber
erst mit dem Aufblühen der Dampferfahrt
zu einem der wichtigsten
Stapelplätze und Stützpunkte für den
Seeverkehr nach und von Ostasien.
Das Klima ist heiß, doch nicht ungesund,
mit sehr gleichmäßiger Temperatur,
auch für Kinder gut. Mittlere
Jahrestemperatur etwa 27° C; höchste
im Jahre vorkommende Temperatur
durchschnittlich 38°, die niedrigste
17,5°. Stürmisches Wetter herrscht
meist beim Monsunwechsel (SW.-Monsun
im April bis Oktober), aber nur
kurze Zeit. Die Regenmenge ist beträchtlich
(2350 mm); es regnet in
Schauern mindestens zweimal alle 3
Tage, am stärksten im November und
Dezember. Dem Regen ist der üppige
Pflanzenwuchs zu danken. Die Sonne
geht stets gegen 6 Uhr auf und unter.
Singapore (bedeutet entweder Löwenstadt = singa puru, oder
Raststadt—sing gah pura), die Hauptstadt der Straits Settlements
(S. 155), liegt auf der gleichnamigen Insel unter 1° 16' nördl. Br.,
mithin nur 141 km vom Äquator. Die vorzügliche Lage am Hauptseeweg
von Europa nach Ostasien sowie zwischen dem Golf von
Bengalen und der Chinasee und in der Nähe der großen Sundainseln
und der Philippinen haben die Stadt, die schon frühzeitig zum
Freihandelsgebiet erklärt wurde, zu einem blühenden Stapelplatz
für den Seehandel und einem wichtigen Kohlen-und Ausrüstungshafen
für zahlreiche, stetig wachsende Dampferlinien im Indischen
und Stillen Ozean gemacht. Für die englische Kriegsflotte ist Singapore
ein wichtiger Stützpunkt außerhalb der europäischen Gewässer.
[S. 168]
Es ist seestrategisch äußerst günstig gelegen.—Die Stadt zeigt
europäisches Großstadtgepräge und hat etwa 250000 Einw., davon
sind 4/5 Chinesen, 1/8 Malaien, 3/80 Europäer (etwa 250 Deutsche)
und Eurasier, 3/80 Indier (insgesamt 3/4 Männer, 1/4 Frauen); darunter
auch Klings (Arbeiter aus Vorderindien), Araber, Armenier,
Parsen, Juden, Birmanen, Siamesen etc. Die Chinesen spielen also
der Zahl nach die Hauptrolle; sie leben hier nicht nur als Kulis
und Kleinhändler, sondern auch ein großer Teil des Handels liegt
in ihren Händen.—Der neue Hafen von Singapore ist nach S.
durch die Inseln Blakan Mati und Pulubrani geschützt, mit guten
Kaianlagen, Kohlenlagern und Warenschuppen reichlich versehen.
—Die Ausfuhr umfaßt Zinn, Kautschuk, Pfeffer, Stuhlrohr,
Reis, Tapioka, Kopra, Sago, Lack, Patschuli, Zitronellaöl;
Einfuhr: Kohle, Petroleum, Eisenwaren, Baumwollwaren. 1908
liefen 5187 Schiffe mit 6984980 Reg.-Ton. in den Hafen ein.—
Das Stadtgebiet teilt sich in die Chinesenstadt, das Europäerviertel
und das Malaienviertel. Drei Hügel, Pearls Hill (49 m), Government
Hill (48 m), gekrönt vom Palast des Gouverneurs, und Mount
Sophia (33 m), überragen die Stadt. Gegenüber der Reede liegen die
europäischen Geschäftshäuser, einige Klubs und nahe der Johnston
Pier die Börse (Pl. 17) und das Postamt (Pl. 18). Auf der Esplanade
steht das Gymkhana-Klubhaus und in der Mitte ein Standbild des
Sir Thomas Stamford Raffles (Pl. 10), gegenüber die St. Andrews-Kathedrale
(Pl. 7). Von der Esplanade führt die High Street nw. zu
dem alten Fort Canning (jetzt Signal-und Salutstation); sw. von diesem
liegt am linken Ufer des Singaporeflusses der Kampong Malacca
und ihm gegenüber auf einer Insel der Kampong Saigon. Die Chinesenstadt
liegt südl. vom Flusse, den viele Brücken überschreiten;
sie enthält viele Buddhatempel, chinesische Läden und einen großen
Basar. Viele reiche Chinesen haben außerhalb der Stadt prächtige
Besitzungen.
Rundfahrt. Morgens fahre man über die Cavenaghbrücke in
die Chinesenstadt auf den *Markt am Raffles Quai oder einen andern
Markt, wo seltsame Fische, andre Seetiere und Tropenfrüchte,
wie Ananas, Mango, Mangustins, Rambutans, Brotfrucht, Zuckerrohr
u. v. a. verkauft wird; dann nach Wahl durch einige enge
Straßen der Chinesenstadt westl. zur Havelock Road, über die Brücke
r. durch Kampong Saigon und Kampong Malacca, nördl. durch Mirabeau
Road, Tank Road und Orchard Road, oder Tank Road über
Government House Hill (nahe am Gouvernementshaus vorbei), Cavenagh
Road, Bukit Timah Road (an alten Friedhöfen vorbei), Scotts
Road (am Teutonia Club vorbei) und Orchard Road zum *Botanischen
Garten (Fahrt 1 St. nnw. vom Dampfer-Anlegeplatz), der
auserlesene tropische Bäume und Gewächse zeigt, z. B. Sago-und
Kokospalmen, Muskatnußbäume, Kaffeebäume, Kroton-und Kakaobäume,
Bananen (auch die Ravenala aus Madagaskar, Baum der
Wanderer), Farne (darunter die zierlichen Baumfarne), Lianen,
Orchideen, Calamus-Rotang (spanisches Rohr) etc. Nm. zwischen
4 und 5 Uhr besucht die vornehme Welt Singapores den Botanischen
Garten; Rückfahrt durch Orchard Road, eine prächtige Allee,
[S. 169]
zum Raffles Museum (Pl. 9), 1887 begründet, mit naturhistorischen
und ethnographischen Sammlungen und wissenschaftlicher Bibliothek.
Vor Sonnenuntergang besuche man die Esplanade und Raffles Plain,
den Sportplatz, wo um diese Zeit eleganter Wagenkorso stattfindet.
Ausflüge: 1) Nach Sea View Hotel
9 km östl. vom Postamt in Singapore,
im Palmenwald an der See, mit Ausblick
auf die östl. Einfahrt zur Reede.
Man fährt dahin mit Wagen G der Straßenbahn,
ab Tanjong Pagar durch die
Hauptverkehrsstraße der Stadt, oder
mit Automobil oder Wagen.—2) Nach
Johor; täglich fünf Züge der »Singapore
and Kranji Railway« vom Bahnhof
Tank Road in etwa 11/4 St. nördl.
nach Woodlands. Fahrplan in der Zeitung;
die Bahn führt durch das nw.
Villenviertel der Stadt, dann durch
Malaiendörfer, Gärten, Ananasfelder
und Wälder an die Nordküste der Insel
Singapore; ein kleiner Dampfer fährt
von da über den schmalen Wasserarm
Selat Tabray in 8 Min. auf das Festland
der Malakkahalbinsel und landet
vor dem kleinen Orte
Johor-Bahru (Johore Hotel, am
Strande, modern, preiswürdig, elektr.
Licht, gute Verpflegung; 41 Z. 2, F.
1,50, Lunch 2, Dinn. 2, Pens. $ 6-7),
der neuen, mit Grün umgebenen Hauptstadt
des Sultans von Johor in malerischer
Lage. Mit Rikscha fährt
man zu dem auf der Höhe gelegenen
*Palast des Sultans (Istana), umgeben
von schönem Palmenpark; er enthält
nüchtern-europäisch eingerichtete
Empfangsräume; sehenswert sind die
wertvollen Waffen und mancherlei
malaiisches Rüstzeug. Schöner Blick
von der Anhöhe, auf der die große
neue Moschee nahe dem Palaste steht.
Im Park einige Käfige mit Raubtieren.
Im Chinesenviertel des Ortes
Johor ist eine *Spielbank mit kleinen
Spieltischen; So. Nm. großer Betrieb
(englischen Offizieren verboten!);
daneben ist ein chinesisches Theater
(mit lärmender Musik). Im Ort ein Postamt
des Sultans mit eignen Johor-Briefmarken
(für Sammler!).
9. Siam. Indochina.
Von Singapore nach Bangkok.
Vgl. die Karte bei S. 155.
Anschlußdampfer des Norddeutschen Lloyd gehen bald nach Ankunft des
Reichspostdampfers von Singapore in 4-5 Tagen nach Bangkok.
Das Schiff geht mit östlichem Kurs um die SO.-Spitze der Halbinsel
Malakka ins Südchinesische Meer (S. 214), dann mit NNW.-Kurs
an mehreren kleinen Küsteninseln, darunter die 1050 m hohe
Insel Tioman, vorbei längs der Ostküste der Halbinsel Malakka, die
zuletzt beim Kap Laboha (Labuan) auf etwa 41/2° nördl. Br. gesichtet
wird; östl. von diesem Kap liegt die 283 m hohe Insel Teng-gol.
Dann gelangt man in den Golf von Siam, dessen Ostseite die Küste
von Kambodja bildet; im innern, nördlichsten Teile des Golfs
passiert man r. beim Kap Liant (r.) kleine grüne Inseln, ehe das
Flachland des Menamflusses in Sicht kommt. Die Menammündung
ist nur für kleinere Dampfer mit etwa 4 m Tiefgang zugänglich, weil
eine seichte Barre ihr vorgelagert ist; größere Schiffe müssen auf der
Reede von Koh ti Chang oder Ang Hin ankern. Das Fahrwasser ist mit
Seezeichen und Leuchtfeuern gut versehen, ein Feuerschiff bezeichnet
die Barre. Die Flußfahrt (s. die Karte auf S. 172) dauert 3 St. und
zeigt schon die Reize des seltsamen Landes; in der schönen Landschaft
tauchen die weißen, sonderbaren Tempelbauten, Wat genannt,
[S. 170]
mit vergoldeten Spitzen und merkwürdigen Giebeln auf. Am linken
Ufer liegt die Zollstation Paknam (PT, Zollamt, Bahnhof, Bahn nach
Bangkok) mit einem Küstenfort. Auf dem Fluß ist reger Verkehr von
Fischerbooten, kleinen Dampfern und Seglern. Die Ufer zeigen Reisfelder,
Dörfer, Zuckerplantagen, Fischbuhnen, Fischereihallen und
Festungswerke zwischen Palmen. Gegenüber von Paknam sieht
man zwei Inseln mit dem Fort Sua-Son-Lek-Tin (Tiger mit verborgenen
Klauen) und prächtige Tempelbauten (Wat Phra-tschedi),
zu denen im Oktober beim Thot Kathin-Fest siamesische Pilger
wallfahren. Weiter aufwärts liegt an einer Schleife des Flusses der
Ort Paklat; man passiert erst Unter-Paklat, umfährt große Orangegärten
am rechten Ufer und erreicht dann Ober-Paklat in der Nähe
großer Palmenhaine. Die gute Landstraße Chareun Krung führt von
Paklat nach (etwa 16 km) Bangkok. Bei der nächsten Biegung des
Flusses gelangt man vorbei an Schiffswerften und Docks, an Gärten
und Reismühlen im Vorort Bang Koläm, und biegt an der letzten
Krümmung in das Stadtgebiet von Bangkok ein, wo die Kriegsschiffe
und Königsjachten vor Anker liegen, neben zahllosen schwimmenden
Häusern; dahinter moderne Fabrikschlote und siamesische Tempel.
Siam ist ein unabhängiges Königreich
(Pufferstaat) zwischen dem englischen
Birma im W. und dem französischen
Indochina im O., das letzte
Gebiet Hinterindiens, das noch nicht
unter europäischer Herrschaft steht;
es umfaßt heute nur noch das Gebiet
des Menamflusses und einen Teil der
Halbinsel Malakka, etwa 314000 qkm
mit 6,7 Mill. Einw. Die allermeisten
Reisenden werden ihren Besuch auf
Bangkok nebst Umgebung und Ayuthia
beschränken, d. h. auf den untersten
Teil der Menamebene, die von diesem
Fluß aufgebaut ist und noch jetzt
alljährlich von ihm weithin überflutet
wird. Der Menam hat einen viel kürzern
Lauf (700-800 km) als die andern
großen Flüsse Hinterindiens; er entspringt
im Nordteil Siams, dem gebirgigen
Laosland, das die südl. Fortsetzung
der Schanstaaten Ostbirmas
bildet, und durchfließt in seinen untern
Teilen eine große Ebene, die
ebenso ein Kulturzentrum geworden
ist wie die Ebene des Irawaddyflusses,
Unterbirma. Das Klima der Menamebene
ist tropisch-warm, wenn auch
nicht so gleichmäßig wie in Penang
und Singapore. Die Niederschläge werden
auch hier vom SW.-Monsun gebracht,
der von Ende April bis September
weht; bald nach seinem Beginn
(im Mai) und gegen sein Ende
zu (im September) sind die Regen am
stärksten. Dementsprechend beginnt
auch der Menam Ende Mai oder Anfang
Juni zu steigen und verbreitet
sich von Anfang August bis zum November
weithin über die umgebende
Niederung, ihr fruchtbaren Schlamm
und die nötige Feuchtigkeit für die
Reiskultur zuführend. Da die Niederschläge
und die Überschwemmungshöhe
von Jahr zu Jahr ziemlich stark
schwanken, haben die Siamesen zur
Regelung der Überflutungen zahlreiche
Kanäle (Klongs) angelegt.
Das herrschende Volk des Landes,
die Siamesen, sind ein Mischvolk wie
alle Völker Hinterindiens, doch überwiegt
der mongolische Einschlag bei
ihnen. Sie sind klein und kräftig, aber
als Buddhisten ziemlich indolent, sehr
abergläubisch und vergnügungssüchtig;
die Frauen sind tüchtiger als die
Männer. Musik, Theater, Tierspiele
und Geldspiele sind sehr beliebt, jede
Gelegenheit wird benutzt, um Feste zu
feiern (vgl. S. 176). Neben den Siamesen
spielen im Wirtschaftsleben Siams die
Chinesen eine wichtige Rolle. Während
die Siamesen vor allem dem Reisbau,
der in Siams Volkswirtschaft bei
weitem die wichtigste Rolle spielt, obliegen,
haben die Chinesen die Verarbeitung
und Verwertung des Reises
in Händen und sind Handwerker und
Arbeiter. Auch einige 1000 Europäer
leben im Land als Regierungsbeamte
und Kaufleute; zum Teil sind sie mit der
Ausbeutung der Teakholzwälder Nordsiams
beschäftigt.
[S. 171]
Staatsreligion
ist der Buddhismus, der durch seine
zahlreichen Priester und Mönche (jeder
Siamese muß, wie der Birmane, eine
Zeitlang als Mönch leben) wie durch
seine prunkvollen Tempelbauten und
vielen Feste und Aufzüge dem öffentlichen
Leben das Hauptgepräge gibt.
Die Tempel Ayuthias, der alten Hauptstadt,
zeichnen sich vor denen des übrigen
Indiens dadurch aus, daß sie sich
nach oben hin nicht verjüngen, sondern
aus einer Anzahl von Stockwerken
gleichen Umfanges bestehen. Das
Hauptmerkmal der religiösen Bauten
Bangkoks ist die Überladenheit mit
allerlei Schmuck. Der Hauptverkehr
in der Menamebene findet trotz
neuerdings angelegter Bahnen noch zu
Wasser statt; der Handelsverkehr zu
Lande nach den südl. Schanstaaten in
Birma und nach der chinesischen Provinz
Yünnan (S. 189) erfolgt durch Karawanen,
die von der wichtigsten Stadt
Obersiams, Chiengmai, ausgehen; diese
Stadt liegt im wichtigsten Teakholzbezirk
an der obern Schiffahrtsgrenze
des Maping, des Hauptnebenflusses
des Menam. Die jetzige Dynastie beherrscht
Siam seit 1782. Der König
Maha Vadjiravudh, Phra Mongkut Klao,
geb. 1. Jan. 1881, in London erzogen,
regiert seit 24. Okt. 1910. Das Heer
ist europäisch geschult. Zur Flotte
gehören 1 Kreuzer, einige Kanonenboote
und Torpedofahrzeuge etc. Landesflagge
ist rot mit dem Weißen
Elefanten, dessen Heiligkeit aus der
frühesten buddhistischen Geschichte
stammt. (Gautama, d. i. Buddha,
ging als weißer Elefant in den Leib
seiner Mutter ein.) Zu den Titeln des
Königs gehört auch der »Herr des
Weißen Elefanten«. Wird ein »weißer« Elefant (d. h. nur heller grau als die
andern) gefangen, dann wird er mit
großen Festlichkeiten in den königlichen
Marstall aufgenommen.
Bangkok.
Vgl. die Pläne S. 172 und S. 174 sowie die Karten S. 155 und 177.
Ankunft zur See. Die Dampfer
ankern auf dem Menamflusse, die
Landung geschieht mit Sampans am
l. Ufer, wo der Hauptteil der Stadt
liegt.
Gasthöfe: Oriental Hotel, am Flußufer,
mäßig und nicht billig; schickt
Motorboot zum Dampfer.—Hôtel de
l'Europe, ganz mäßig.—Bristol Hotel
und Restaurant (Deutscher, C. Prüfer),
gelobt, sauber, preiswert, deutsches
Faßbier, Pens. 6, monatl. 150 Tikals;
Treffpunkt deutscher Kapitäne.—
Pension in den Gasthöfen 8-12 Tikals
(Frühst. 8 Uhr, Tiffin 12 Uhr, Dinner
7 Uhr).
Post: Siamesisch. Briefe und Karten
gebe man auf der Post ab, nicht
in die Straßenbriefkasten.—Telegraph:
Überland nach Birma, Singapore
und Indochina.—Telephon in
den Gasthöfen etc.
Wagen: Europäische Droschken
und Rikschas (die Kutscher verstehen
nicht englisch).
Straßenbahn: elektrisch, führt vom
südlichen Vorort Bāng Koläm durch
die New Road bis zur Königsstadt.
Eisenbahnen: Von Bangkok nach
(20 km) Paknam und nach (264 km)
Korat mit Zweigbahn nach Paknam-Poh;
über Rat-buri nach (152 km)
Petscha-buri (deutsche Ingenieure);
Staatsbahn nach (63 km) Patriu; Privatbahn
nach (33 km) Tacheen und
weiter nach (34 km) Meklong an der
Westküste des Golfs von Siam. (Die
deutschen Eisenbahnbaumeister kennen
das Land; Auskünfte nur bei der
Staatsbahn.)
Ortszeit von Bangkok 5 St. 42 Min.
vor gegen M.E.Z.
Dampfer: Norddeutscher Lloyd
(Agent: A. Markwald & Co., Telegr.-Adresse:
»Nordlloyd, Bangkok«) etwa
zweimal wöchentlich nach und von
Singapore und Hongkong, mit I. Kl.-Kabinen.
—Messageries fluviales de
Cochinchine, alle 14 Tage über Schantabun
(Siam), Samit und Pulo Condor
nach (510 Seem.) Saïgon.—Auf dem
Menam: Siam Steam Packet Co. täglich
nach Ayuthia (in 8 St.) und Muong
Angton; wenn der Wasserstand es zuläßt,
auch bis Muong Paknam-Poh.
Geld. Silbermünzen: 1 Tikal (oder
Bat = 15 g Silber) hat etwa 1,54 M.
Wert; man rechnet 5 Tikals = 4 $
mexikanisch, 1 Tikal = 100 Satang.
Auch 10-, 5-und 1-Cents-Stücke werden
geprägt.
[S. 172]
Einige Banken geben Banknoten
aus. Bei schwierigern Geldgeschäften
wende man sich womöglich
stets an das Konsulat.
Lageplan von Bangkok.
Banken: Hongkong & Shanghai
Banking Corporation, Korr. der Allg.
Deutschen Creditanstalt in Leipzig;
Chartered Bank of India, Australia &
China, Korr. der Deutschen Bank;
Banque de l'Indo-Chine; alle drei Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft.
Siam Commercial Bank.
Sprache, Tai
genannt, ist einsilbig
und verwandt
mit dem
Chinesischen,
doch kommen
auch mehrsilbige
Wörter aus dem
Sanskrit und Pali
vor. Vgl. Wershoven,
Lehr-und
Lesebuch der
siamesischen
Sprache und
deutsch-siamesisches
Wörterbuch,
Wien 1892.
—Zeitungen:
»Bangkok Daily
Mail«; »Bangkok
Times«; »Siam
Observer«.—
Theater: siamesische
und chinesische.
—Konsulate:
Deutsches
Reich, Gesandter
Frhr. v. d. Goltz;
Vizekonsul Frhr.
Rüdt v. Collenberg.
—Österreich-Ungarn,
der deutsche Vertreter.
—Deutsche
unterstehen
in Siam deutscher
Gerichtsbarkeit.
Paß erforderlich.
—
Deutscher Klub.
—Amerikanische
Mission (gibt sehr
liebenswürdig
Auskunft über
Land und Volk).
—Polizei gegen
Fremde im allgemeinen
zuvorkommend,
event.
rufe man sofort
den Schutz des Konsulats an.
Ärzte: Leibarzt des Königs und
die deutschen Ärzte Dr. Schäfer und
Dr. Hintze.
[S. 173]
Geschäftsadressen: Gute europäische
und chinesische Läden in der
New Road; beim Einkauf von Rubinen
und Saphiren ist Vorsicht geboten;
die besten Edelsteine gehen roh zum
Schleifen nach Europa. Deutscher
Juwelier, auch Curios: F. Grählert &
Co. Auch ein deutscher Photograph
(Rob. Lenz & Co.) sowie zwei deutsche
Apotheken: Bangkok Dispensary
(R. Schulz) und Tatten Dispensary
(M. Mannsfeldt) sind in Bangkok.
Zeitteilung. 1. Tag: Wagen-und
Bootsfahrt durch die Stadt, Märkte
besuchen, Nm. New Road und Dusit-Park.
—2. Tag: Vm. Tempel, Nm.
Palastviertel.—3. Tag: Ausflug nach
Ayuthia. Zum Kennenlernen Siams
sind 14 Tage Zeit gut zu verwerten.
Klima. Die Gesundheitsverhältnisse
sind nicht sehr gut, da die Stadt auf
flachem, feuchtem Boden erbaut und
von zahlreichen Kanälen durchzogen
ist, die allen Unrat aufnehmen und bei
niedrigem Wasserstand sehr schlimme
Gerüche aussenden. Die mittlere
Jahrestemperatur beträgt 26,7° (Dezember
23,8°, April 28,6°). Man unterscheidet,
wie in Indien, drei Jahreszeiten:
die kalte Zeit vom November
bis Februar, die heiße im März und
April und die Regenzeit von Ende
April bis in den Oktober hinein. Die
kalte Zeit mit vorwiegendem NO.-Wind
bringt nach warmen Tagen recht kühle
Nächte, so daß man sich vor Erkältungen
sehr hüten muß, und ist
fast regenlos. Die Wärme nimmt dann
rasch zu und wird im April namentlich
dann sehr unangenehm, wenn die
Seebrise ausbleibt. Der gegen Ende
April einsetzende SW.-Monsun bringt
auch hier die Regenfälle, die am heftigsten
zu Beginn (Mai) und gegen
Ende seines Wehens (September) fallen.
Die Gesamtregenmenge ist vergleichsweise
gering (1500 mm), da das
Gebirge Malakkas viel Feuchtigkeit
abfängt.
Geschichte. Nach Zerstörung der
alten Hauptstadt Ayuthia 1767 durch
die Birmanen wurde das Dorf Bangkok
Hauptstadt des chinesischen Feldherrn
Phya Tak, der dort seine Dynastie
begründete, aber 1782 durch
den siamesischen Chan Phya Chakkri
entthront wurde; amtlich heißt die
Stadt deshalb noch Si Ayuthia Mahä =
große, erhabene Stadt. Nach Abschluß
der Handelsverträge mit England, den
Vereinigten Staaten und Preußen (um
1861) entwickelte sich Bangkok zur
wichtigsten Handelsstadt; ihr schnelles
Aufblühen wurde durch den 1910
verstorbenen König Tschulalongkorn
tatkräftig und erfolgreich gefördert.
1893 erzwangen 2 französische Kanonenboote
die Durchfahrt durch die
Küstenbefestigungen und bedrohten
Bangkok; seitdem sichert die Eifersucht
der europäischen Großmächte dem
Lande vorläufig die Unabhängigkeit.
Bangkok (»Stadt der Obstbäume«), Hauptstadt von Siam, mit
628675 Einw. (darunter über 100000 Chinesen) und 18 km Umfang,
unter 13° 45' nördl. Br., beiderseits des Menam, 33 km oberhalb
dessen Mündung. Wichtiger Seehafen für Ausfuhr von Reis, Teakholz,
Büffelhäuten etc.; 1908 liefen 830 Schiffe mit 774424 Reg.-Ton.
ein. Die Ufer haben Landungsanlagen; die siamesische Flotte liegt
beim Königspalast an Bojen, fremde Kriegsschiffe ankern gegenüber
Oriental Hotel. Bangkok besteht aus einer innern, mit 10 m hoher
Zinnenmauer umgebenen und einer äußern Stadt. Die Häuser liegen
meist in Gärten, sind am Ufer aus Holz oder Bambus und auf Pfählen
gebaut, sonst jetzt auch aus Stein erbaut, während früher Stein außer
von Europäern nur zu Tempeln und Klöstern, deren Bangkok
an 700 besitzt, und bei den königlichen Palästen verwendet wurde.
Viele schwimmende Häuser auf Bambusflößen werden in den die
Stadt durchziehenden Kanälen an Pfählen festgebunden, mit Kramläden
oder Werkstätten; da viel Marktverkehr auf dem Wasser, ist
der Fluß sehr belebt.
[S. 174]
Stadtplan von Bangkok.
[S. 175]
In der innern Stadt liegt der Palast des
Königs (s. unten) hinter einer hohen Mauer von 1300 m Umfang;
der Boden im Innern ist ganz mit Marmor-und Granitfliesen belegt;
inmitten des Hofes erhebt sich, von einem spitzen, vergoldeten Turm
überragt, der Mahāprasāt, die Halle, in der der König ausländische
Gesandte empfängt; in einem weitern Saal erteilt der König Gehör.—
Der schönste Schmuck Bangkoks ist die Pagode Wat Tscheng (S. 176),
die sich in Terrassen bis zu einer Kegelspitze verjüngt. Mit den
Pagoden sind stets Klöster verbunden, wo oft 200-300 Mönche
wohnen, außerdem Güter, Höfe, Teiche, Tempel und Kapellen, alle
umschlossen von einer großen Mauer.—Besuchswert ist auch die
Vajirañan-Bibliothek (Dir. Dr. O. Frankfurter), 1881 gegründet, mit
wertvollen Handschriften.—Die Bevölkerung besteht aus Tai
oder Siamesen, ferner Birmanen, Chinesen, Malaien, Leuten aus
Laos, Pegu, Annam, Kambodja.—Die heimische Industrie ist
seit Zulassung des Fremdhandels sehr gesunken, nur der Bau von
Flußschiffen und Dampfern, mit Maschinen aus Europa, noch bedeutend;
ferner besteht in Bangkok eine Gesellschaft für elektrische
Anlagen, viele Reisschälmühlen, Dampfsägewerke. Bangkok ist
Mittelpunkt des aufblühenden Außenhandels von Siam.
Rundfahrt durch die Stadt. Das siamesische Leben und das
Treiben auf den Märkten sieht man auf Fluß-und Kanalfahrten
mit Dampfbarkasse oder Sampan oder mit Wagen zunächst morgens
nach dem 2 km langen Hauptbasar Talāt Noï, wo das Völkergemisch
erstaunlich ist, oder nach dem kleinern Basar Talāt Vat Koh; die
meisten Fremden, besonders Chinesen, trifft man auf dem Basar
*Sampeng im SO. der Stadt, mit vielen Verkaufsstellen von Lebensmitteln,
Gebrauchsgegenständen, mit Niederlagen von Buddhafiguren
und Götzenbildern; auch chinesische Spielhöllen fehlen nicht. Von
den vielen, meist prächtigen Tempeln sind die schönsten im Palastviertel.
(NB. Zutritt zum Palastviertel und zu dem großen Tempel
sowie zum Museum ist nur gegen besondere Erlaubnis gestattet, die
man durch Konsul oder Empfehlung erlangt.) Das *Palastviertel,
wohin man durch die New Road mit Wagen fährt, besteht aus
vielen großen und kleinen Gebäuden, in deren Mitte der Palast des
Königs (s. oben), ein moderner Prachtbau mit siamesischem Dach,
liegt. Wer gut empfohlen ist, erhält junge vornehme Siamesen (die
fertig Englisch sprechen) als Führer. Es empfiehlt sich, Nm. gegen
5 Uhr zum Palast zu fahren; dann findet dort meist Promenadenkonzert
statt. Hinter dem Empfangspalast liegt das Königshaus
Khāng Nai, worin der König wohnt. Im Marstall werden die »weißen«
Elefanten (schmutzig hellgrau oder graubraun mit weißen Flecken
auf den Ohren, vgl. S. 171) gezeigt; sie nehmen mit Dankverbeugung
Zuckerrohr.—Prächtig ist der Tempel *Wat Phra Käo (Tempel
der Kleinodien), dessen Hauptbau Phra Ubosat verschwenderisch
reich an Goldmosaik ist; sein Hauptaltar, der eine Buddhafigur
aus Jaspis mit Kopf aus Smaragd trägt, ist mit Gold und Edelsteinen
übersät, die Türen sind mit Perlmutter eingelegt, die Ziegeln vergoldet
etc. Zahlreiche Phratschedis (kegel-und pyramidenspitze
kleine Pagoden) umgeben den Haupttempel; unter ihnen ist die Si
Rathana Phratschedi außen bis zur Spitze mit Goldmusiv bekleidet.—
In der Nähe liegt der Krönungstempel Putaprang Phrasat und daneben
der feine Pavillon Phra Mondop.
[S. 176]
Phantastische Figuren schmücken
die Eingänge der Tempel; oft sieht
man den Vogelmensch Khrut, aus
Bronze, obere Hälfte Mensch, untere
Vogel, mit spitzer Kopfbedeckung und
Maske und grüner Fayencerüstung,
daneben fast europäische Groteskfiguren,
Antiken, Elefanten, Affen,
Tiger, Pferde und Adler. Um die Altäre
stehen Vasen mit betäubend duftenden
Tempelblumen: Ylang-Ylang,
Plumeria und Tuberosen, dazu Weihrauch,
hell-und dunkelgelb gekleidete
Priester mit Ylang-Ylangblüten in der
Hand, Blumen und Reis opfernde
Frauen and Kinder.
Außerhalb des Palastes liegt das Museum, eine Schatzkammer
von Edelsteinen und chinesischem Porzellan. Daneben ein als Museum
benutzter Tempel mit vielen Buddhafiguren.—Südl. vom
Schloß sind Staats-und Wirtschaftsgebäude und Gartenanlagen mit
Kiosken; am Menamufer ist ein Wasserpavillon und Anlegeplatz für
Boote.—Im nördlichen Teile liegen das Ministerium des Auswärtigen,
die Münze und die Druckerei. In der Nähe hat König
Tschulalongkorn den schönen Dusit-Park (Paradiespark) angelegt,
wo gelegentlich bei elektrischem Licht Musik spielt und Feste gefeiert
werden; in der Nähe ist ein großes *siamesisches Theater, wo
nur junge Mädchen meist sehr phantastische Stücke aus der indischen
Göttersage spielen.—Von den vielen Tempelanlagen ist *Wat
Tscheng mit dem 70 m hohen Phraprangturme weithin sichtbar;
von der obersten Galerie prächtige Aussicht. Den Mittelbau krönen
vier Türmchen, aus deren Nischen dreiköpfige Elefanten hervortreten.
—Ebenfalls weithin sichtbar erhebt sich über einer Baumgruppe
auf einem Hügel der Wat Saket.—Die größte Tempelanlage
nahe dem Königsviertel ist der Wat Poh mit 49 m langer, schwer
vergoldeter liegender Buddhafigur, auf deren mit Perlmutter eingelegten
Fußsohlen die 64 Zeichen der Schönheit und Bilder aus
Buddhas Leben dargestellt sind.—Noch zu erwähnen ist der Wat
Radschabophit mit den Grabmälern der Königskinder; Wat Sutat mit
Riesenbuddha, dem 72 überlebensgroße Jünger gegenüber sitzen;
der Palast Sarānrom mit schönen Fresken.
Siamesische Volksfeste. Das Hauptfest
Kathin (Besuch der Tempel) ist im
Oktober; der König besucht am ersten
Tage zu Wagen, die beiden nächsten zu
Fuß oder in prächtigem vergoldeten
Tragstuhl mit militärischem Aufzug die
Tempel, wobei die ganze Stadt festlich
geschmückt ist, an den folgenden vier
Tagen in seiner 50 m langen grotesken
Galeere Rüa Pratinang, von 60
Ruderern bewegt, mit etwa 40 märchenhaft
ausgerüsteten Prachtbarken,
worin die Prinzen und der Hofstaat
folgen, mit Musik und Gesang der
Ruderer die Tempel auf dem rechten
Flußufer. Wenn diese Aufzüge zu
Ende sind, beginnen die Volksfeste
mit Illumination, Feuerwerk und phantastischen
Aufzügen.—Andre Feste
sind: die Zeremonie des Haarknotenabschneidens
bei den Königskindern;
die Verbrennung verstorbener Prinzen
und Prinzessinnen, wo die Festlichkeiten:
Paraden, Umzüge, Feuerwerke,
Laternentänze, Theater-und Marionettenvorstellungen,
meist drei Tage
dauern, u. a.—Ähnlich, mit märchenhafter
Illumination des Palastes, der
Stadt und der Kriegsschiffe, wird der
Geburts-und Krönungstag des Königs
gefeiert.
Ausflüge: 1) Nach Phrabāt (oder
Prabat), einem berühmten Wallfahrtsort,
16 km nördl. von Bangkok auf
einem Berg. Eisenbahn (nach Lop
buri) bis (102 km) Tarna, von da mit
Straßenbahn noch 20 km. Phrabāt ist
ein Kloster, das in vergoldetem Turm
auf mit Silberplatten belegtem Fußboden
hinter silbernem Gitter eine
heilige Fußspur Buddhas, mit goldenem
Geschmeide bedeckt, enthält; im
Hintergrund eine Buddhafigur unter
goldenem, mit Edelsteinen verziertem
Thronhimmel.
[S. 177]
2) Nach *Ayuthia, 70 km nördl.,
sehr lohnend, Führer und Mundvorrat
mitnehmen! Eisenbahn von Bangkok
nach Ayuthia in 2 St.; der Bahnhof
in Ayuthia liegt 1/2 St. von den Ruinen
und dem Elefantenkral. Empfehlenswerter
ist die *Fahrt auf dem Menam
mit selbstgemietetem kleinen Dampfer
der Siam Steam Packet Co.; man
muß für Verpflegung selbst sorgen.
Fahrzeit zu Berg etwa 10-12 St., zu
Tal 6-9 St. Auf der Flußfahrt beobachtet
man siamesisches Leben auf
den schwimmenden Häusern; die Ufer
sind mit wohlhabenden Dörfern, Gärten
und Reisfeldern bestanden. Grüne
Ufer findet man beim königlichen
Sommerschlosse Bang Pha-in (auch
mit der Bahn zu erreichen; zum Besuch
ist Erlaubniskarte erforderlich,
4-5 Tage vor dem Ausflug beim
Konsulat zu bestellen), mit schönen
Gärten, zierlichen Pavillons, Elefantenstall,
Bädern etc., auch einen
Buddhatempel in gotischem Kirchenstil!
Nun teilt sich der Fluß, der östliche
Arm führt zum Ort Ayuthia; man
landet beim *Elefantenkral, Riesenzaun
aus 3-4 m hohen und 1/2 m
dicken Teakholzpfosten, die etwa 1/2 m
voneinander in die Erde gerammt
sind; mit zahmen weiblichen Elefanten
werden die wilden Herden aus den
Dschungeln der Umgegend in die Nähe
des Krals gelockt, dann durch eine
Treiberkette mit Geschrei, Tamtam,
Fackeln und Schüssen in den Kral
getrieben. Der König sieht dem Eintreiben
auf hohem Pavillon zu. Dann
besorgen zahme Elefanten das Zähmen
der wilden, von denen die schönsten
in den Marstall des Königs kommen
(noch im Anfang des 19. Jahrh. sollen
bis zu 6000 Kriegselefanten an den
Schlachten in Hinterindien teilgenommen
haben), die übrigen als Arbeitstiere
bei den Holzfällern, an Sägemühlen
und Bauunternehmer verkauft
werden.—Die malerischen Ruinen
der alten Hauptstadt (ihre Blüte war
1350-1767) liegen auf einer Insel von
8 km Umfang, die mit Zinnenmauer
umgeben war; kleine Kanäle führten
vom Fluß in die Stadt; am schönsten
sind die Trümmer des alten Palastes
mit *Riesenbuddha und die der königlichen
Tempel. Am Südende der Stadt
hatten die Niederländer eine Handelsfaktorei,
gegenüber die Portugiesen
und französischen Jesuiten, die eine
Zeitlang sehr einflußreich waren. Von
einem vierstöckigen Wachtturm guter
Überblick über Alt-und Neu-Ayuthia;
der neue Ort Krungkao mit etwa 20000
Einw. ist eine Pfahlbautenstadt, in
der man mit Sampan in die Läden
und Spielhöllen, viele in schwimmenden
Hütten, fährt.—Etwa 6 km von
der Stadt liegt in der Ebene die sehr
hohe und daher sehr heilige Pyramide
oder Phratschedi Palavi, umgeben
von Sümpfen, daher nur im Sampan
oder auf Elefanten zu erreichen; oben
*Aussicht; im dritten Stockwerk eine
riesige vergoldete Buddhafigur.
3) Nach Lopburi, etwa 50 km
stromauf von Ayuthia am Menam, mit
Dampfer; der Ausflug soll sehr anstrengend,
aber auch sehr lohnend sein
(Auskunft bei den deutschen Eisenbahnbaumeistern
in Bangkok).
Von Singapore nach Saïgon.
Vgl. beifolgende Karte.
Messageries Maritimes alle 14 Tage
von Singapore in 2 Tagen nach (648
Seem.) Saïgon; außerdem eine 14tägige
Zweigdampferlinie zwischen Saïgon
und Singapore, wo die Dampfer Anschluß
haben: nach Europa mit den
deutschen Reichspostdampfern oder
holländischen Dampfern, nach Ostasien
mit englischen Dampfern.—
Von Saïgon Anschlußdampfer alle
8 Tage über Quinhone und Tourane
nach Haïphong.
Die Fahrt von Singapore geht mit NNO.-Kurs durch das Südchinesische
Meer (S. 214), vorbei an der Granitinsel Pulo Condor,
Strafkolonie für Anamiten und Chinesen, mit Leuchtturm. Bei Kap
Saint-Jacques, dem SW.-Ende des Gebirgsbogens von Anam, kommt
die Küste von Cochinchina in Sicht; das Kap ist ein oben kahler,
[S. 178]
unten dichtbewaldeter Bergrücken (mit Leuchtturm), an dessen Fuß
ein Seebad mit Sanatorium für Offiziere und Beamte (Hôtel de la
Plage) liegt. Auf den Höhen starke Küstenbefestigungen. (NB. Man
hüte sich, diese zu photographieren, wenn man auf einem französischen
Dampfer fährt!) Hübsche Spazierwege sind in der Umgebung
des Seebades; in der Nähe liegt eine Pagode an einer Stelle, wo ein
Walfisch gestrandet, 1848 von anamitischen Fischern erbaut. Dann
fährt der Dampfer in dem schmalen und sehr gewundenen Donnaï-Fluß
60 km zwischen flachem Sumpflande, dichten Dschungeln, dann
Reisfeldern, Bananen-und Palmenhainen. Bei der Einfahrt in den
Saïgonfluß sieht man die roten Türme der Kathedrale der Stadt
Saïgon; auf dem Fluß ist wenig Verkehr.
Indochina. Der östl. Teil Hinterindiens
ist unter dem Gesamtnamen
Indochina französisches Kolonialgebiet
unter einem Generalgouverneur (in
Hanoï), das sich in folgende sechs Gebiete
gliedert: Cochinchina, Cambodja,
Anam, Laos, Tonkin und Kwangtschou;
letzteres liegt außerhalb Hinterindiens
an der Ostseite der südchinesischen
Halbinsel Leitschou. Cochinchina
und Tonkin stehen unter unmittelbarer
französischer Verwaltung,
Laos und Anam haben noch einheimische
Fürsten, die von französischen
Oberresidenten geleitet werden.
Das ganze Gebiet umfaßt etwa 800000
qkm (annähernd = Deutsches Reich
und Österreich) mit 16 Mill. Einw. Es
enthält im S. und im NO. zwei Ebenen,
die des Mekong und des Roten Flusses
(Songkoi); erstere umfaßt Cochinchina
und den Hauptteil von Cambodja,
letztere das Zentrum von Tonkin. Der
Hauptteil des französischen Besitzes
aber ist Gebirgs-und Hochland und
gliedert sich in die Kordillere von
Anam und die dahinterliegenden Plateaus
und Stufenlandschaften von
Laos.—Klimatisch gehört ganz
Indochina dem südasiatischen Monsungebiet
an, doch unterliegt der jährliche
Klimaverlauf in den verschiedenen
Landesteilen ziemlich starken Abweichungen,
von der beständig feuchtheißen
Sumpfniederung von Cochinchina
bis zu dem schon viel extremern
Klima Tonkins und den rauhen Hochebenen
des innersten Laoslandes und
von dem Sommerregen Saïgons bis
zu dem Herbst-und Winterregen von
Huë.—Auch die Vegetationsverhältnisse
sind sehr verschieden,
vom tropischen Regenwalde bis zur
Wüstensteppe einiger trockener Kalkplateaus
im Laoslande.—Die bekanntesten
Vertreter der Tierwelt sind
hier wie im übrigen Hinterindien Elefant,
Tiger, Panther und der Gibbonaffe.
—Die beiden Tiefebenen sind
zugleich Mittelpunkte der Kultur und
Volksverdichtung und wichtige Reisbaugebiete;
Reis bildet den Hauptgegenstand
der Ausfuhr, dem erst in
weitem Abstande Zinn, Fische und
Bodenbauprodukte folgen.—Die Bevölkerung
teilt sich wie im übrigen
Hinterindien in Halbkulturvölker, die
die leichter zugänglichen Landesteile,
namentlich die Küsten und Flußebenen,
bewohnen, und in Gebirgsstämme, die
noch nicht über das Naturvölkertum
hinausgekommen sind. Körperlich und
in ihrem Kulturbesitz sind alle diese
Völker, wie es der von den Franzosen
ihrem Kolonialbesitz gegebene Name
sehr glücklich ausdrückt, sowohl von
Indien wie von China her vielfältig
beeinflußt worden, in diesem Teile
Hinterindiens naturgemäß mehr von
dem näherliegenden China aus, wie
denn auch heute die Chinesen einen
wichtigen Bevölkerungsteil ausmachen.
Doch haben sich für den alten Einfluß
der indischen Kultur auch in diesem
Teile Hinterindiens glänzende Zeugen
in den Ruinen von Angkor-Thom in
Cambodja (S. 185) erhalten.
Cochinchina besteht in der Hauptsache
aus dem feuchtheißen und ungesunden,
aber sehr fruchtbaren und
für den Reisbau vorzüglich geeigneten
Delta des gewaltigen Mekongstromes,
das sich rasch weiter ins Meer hinausschiebt
und vom Mekong allsommerlich
von neuem überschwemmt und
befruchtet wird. Ein Stauwerk zur
Regelung des Flutverlaufes, wie es
die Engländer in Ägypten bei Assuan
errichtet haben, brauchten die Franzosen
nicht zu bauen, weil der Mekong
ein riesiges natürliches Regulierungsbecken
im Tonlé-sap, einem See, der
die Mitte des Beckens von Cambodja
einnimmt, besitzt.
[S. 179]
Bei der Hauptstadt
von Cambodja, Pnom-Penh, beginnt
das Mekongdelta mit einem zu diesem
See führenden Arm, der während der
sommerlichen Hochflut des Stromes
der Seemulde einen bedeutenden Teil
des Mekongwassers zuführt, so daß
der Tonlé-sap im Sommer von 110 auf
200 km Länge, von 1 auf 12 m Tiefe
und von 3000 auf 25000 qkm Fläche
wächst. Im Herbst, wenn der Mekong
fällt, beginnt der Tonlé-sap sich wieder
zu entleeren und führt Cochinchina
im Winter die nötige Feuchtigkeit zu.
—Ein Netz von Kanälen regelt den
Zu-und Abfluß des Wassers in der
Mekongtiefebene, besonders im Delta,
das, so groß wie das rechtsrheinische
Bayern, flach und sumpfig, fast ganz
dem Reisbau gewidmet ist.
Das nw. von Cochinchina angrenzende
Cambodja ist in seinem Hauptteil
eine Beckenlandschaft, deren
Mittelpunkt der Tonlé-sap bildet. Um
die Sumpflandschaften in der Umgebung
dieses Flachsees, die dichte
Waldungen mit vielen Kautschuk liefernden
Gewächsen tragen, reihen sich
fruchtbare Reisbaugebiete, die nur in
der Regenzeit überschwemmt sind.
Weiter nach außen folgt eine Steppenzone
mit Lateritboden und endlich
eine niedrige Gebirgsumrahmung, die
wieder bewaldet ist; sie besteht im
SW. aus dem Küstengebirge, bis 1000 m
hoch, und im N. aus dem Pnom-dangrek,
dem Steilabfall des nördl. gelegenen
Plateaus von Nieder-Laos.
Das feuchtheiße Klima Cochinchinas
ist als sehr wenig günstig bekannt.
Man unterscheidet auch hier
drei Jahreszeiten, die kühle, die heiße
und die Regenzeit; letztere dauert vom
Mai bis zum November, solange der
SW.-Monsun weht, und erreicht ihren
Höhepunkt im September; sie bringt
täglich Gewitter. Gesundheitlich am
gefährlichsten ist die Zeit nach der
Regenzeit, bis der Boden ausgetrocknet
ist. Saïgon hat eine mittlere Jahrestemperatur
von 27,4°, am kühlsten ist
der Dezember mit 25,4°, am wärmsten
der April mit 29,3°, die Wärmeschwankung
ist also sehr gering.
Cochinchina umfaßt 57000 qkm mit
2,9 Mill. Einw., Cambodja 175000 qkm
mit 1,2 Mill. Einw. Seine Hauptstadt
ist Pnom-Penh, wo der König Sisowath
residiert. Die Hauptmasse der
Bevölkerung Cochinchinas wird
von Anamiten gebildet, die als vorzügliche
Reisbauern, Handwerker und
Soldaten gerühmt werden, den ganzen
Handel jedoch, wie die Siamesen, den
Chinesen überlassen haben.
Reisen in Indochina. Beste Zeit ist
Dezember bis Februar. Der Sommer
ist nur an der Küste und im Hochgebirge
erträglich. Paß ist von Nutzen;
chinesische Diener müssen mit Paß
versehen sein. Für längere Reisen ins
Innere sind mehrere Diener nötig, die
sorgfältig ausgewählt werden müssen;
Koch und Dolmetscher der Landessprache
ist nötig. In Anam verschafft
man sich Träger beim Ortsvorstand
oder Postverwalter. Europäer
finden an Orten, wo Gasthäuser
fehlen, meist im Gemeindehaus Unterkunft.
Bei Schwierigkeiten wende man
sich an die anamitischen Behörden
und, wenn nötig, an den französischen
Residenten. Man reist, wo
es keine Pferde gibt, meist im Tragsessel
oder im Palankin; Sessel ist
vorzuziehen. Zur Ausrüstung gehören
Feldbett, Zelt, Moskitonetz, Medikamente
gegen Malaria und giftige Stiche,
Lebensmittel und Kochgeschirr. Unterwegs
sind Eier und Geflügel zu haben.
Man benutze nach Möglichkeit
die Flußdampfer.
Reiseliteratur: Gräfin Montgelas,
Bilder aus Südasien (München 1906);
Madrolle, Indo-Chine (Paris 1902).
Saïgon.
Vgl. den Plan S. 180.
Ankunft zur See. Der Dampfer
macht an einer Landungsbrücke fest;
Zolldurchsicht ist streng. Man fährt
mit Rikscha in 15 Min. zum Gasthof.
[S. 180]
Plan von Saïgon.
[S. 181]
Gasthöfe: Grand Hôtel Continental,
Rue Catinat; 100 Z. 4, F. 0,75, Déj. 2,
Dîn. 3, Pens. von $ 8 an; zu empfehlen.
—De l'Univers, Rue Turc;
70 Z., Dîn. $ 1,50, Pens. $ 4-9.—
Des Nations, Boulevard Charner, ganz
bescheiden.—Des Colonies, Rue Nationale,
nur als Restaurant zu benutzen.
Restaurants: Grand Hôtel Restaurant
de l'Hôtel de Ville, guter Mittagstisch
$ 1,50.—Cafés sind viele vorhanden.
Post und Telegraph: Place de la
Cathédrale.—Telephon im Stadtgebiet.
Wagen: Zweispänner und Einspänner
(Malabar) nach Tarif (Fahrt nach
Cholon 70 bzw. 50 c.).—Rikschas (Poussepousse)
nach Cholon 40 c., hin und zurück
mit 1 St. Aufenthalt 80 cents.—
Sampans (Boote) mit zwei Ruderern
nach Cholon 40 cents.
Dampfstraßenbahn: Nach (6 km)
Cholon zwei Linien, davon eine bis
(5 km) Bin-dong; eine nach (18km)
Hok-mon mit Zweiglinien nach Da-kao.
—Eisenbahnen: Von Saïgon über
Cholon nach Mytho 71 km; von Saïgon
über Bienhoa und Giaray (79 km) nach
Tanh-linh, 132 km, und nach Phanthiet
soll an der Küste bis Vinh (im nördl.
Anam) geführt werden (dann Anschluß
bis Yünnanfu in China, S. 189).
Automobile werden bei den guten
Straßen viel, auch zu Postfahrten (z. B.
nach Tay-ninh [100 km nw.], nach
[23 km] Bienhoa und [120 km] St.-Jacques)
verwendet. Automobile zum Besuch
der Umgebung sind zu mieten,
einschl. Chauffeur $ 30 für den Tag.
Dampferagenturen: Messageries Maritimes:
de Baillou (Tel.-Adresse: Messageries
Saïgon).—Messageries fluviales
de Cochinchine.—Norddeutscher
Lloyd: Speidel & Co. (Tel.-Adresse:
Speidel, Saïgon).
Geld. Amtlich französisches Geld:
1 Fr. =100 Centimes; im Landesverkehr
ist die Hauptmünze der Dollar
(Piastre genannt) zu 100 cents; vgl.
S. 219. Ein Silberdollar etwa = 2 Fr.
15 c. = 1,80 Mk.—Banken: Banc
de l'Indo-Chine, Korr. der Deutschen
Bank.—Hongkong & Shanghai Banking
Corporation, beide am Kai des Arroyo
chinois, beide Korresp. der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Chartered
Bank of India, Australia and China.
Sprache der Anamiten ist einsilbig,
isolierend mit sechs Tonakzenten und
stark mit chinesischen Lehnwörtern
durchsetzt. Grammatik von Dignet (Paris
1897) und Dirr (Wien 1894), Wörterbuch
(anamitisch-französisch) von
Bonet (Paris 1899-1900). In den Gasthöfen,
Bahnhöfen und Agenturen wird
Französisch und Englisch gesprochen.
Theater. Théâtre municipal, französische
Truppe, Spielzeit Oktober bis
April, Vorstellungen am Di. Do. Sa.
So., Logenplatz $ 2, Fauteuil $ 1,50.—
Anamitische Theater, sehenswert!
Militärkonzerte: Mi. abds. am Boulevard
Charner, So. Nm. im Jardin de
Ville oder Jardin Zoologique.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
Reinsdorf.—Österreich-Ungarn, Konsul
Franz Fischer.—Deutscher Klub.—
Polizeiamt: Ecke Quai du Commerce
und Boulevard Charner.
Ärzte: französische Zivil-u. Militärärzte.
Großes Militärhospital.—Buchhandlungen:
Schneider, im Continental
Hotel; Rey & Curiol; Claude, die beiden
letztern Rue Catinat.—Zeitungen;
Opinion; Courrier Saïgonnais; Nam-ky.
—Geschäfte in der Rue Catinat.
Zeiteinteilung: 1. Tag: Vm. Markt,
Stadt und Zoologischer Garten; Nm.
nach Cholon und zurück.—2. Tag:
Ausflüge in die Umgebung.—3.-10.
Tag (oder länger): Reise über Pnom-penh
nach Angkor-Thom.
Geschichte. Die anamitische Ortschaft
wurde von Chinesen besiedelt;
1789-1811 war Saïgon Hauptstadt des
anamitischen Kaisers Hia-long, der,
durch den Taysonsaufstand aus Hué
vertrieben, erst 1811 wieder sein altes
Reich eroberte. Seitdem nennen die
Anamiten die Stadt Gia-dinh; 1790
befestigte Oberst Ollivier, ein Franzose
im Dienste Anams, die Stadt. 1859
nahm Admiral Rigault de Genouilly
Saïgon, das bis 1902 Hauptstadt Indochinas
blieb und wichtiger Kriegshafen
wurde.
Saïgon, Hauptstadt von Cochinchina, liegt nahe dem Ostrande
des Mekongdeltas, 55 km vom Meer entfernt, am r. Ufer des Saïgonflusses,
der im Gegensatz zu den verschlammten Mündungsarmen
des Mekong für Dampfer befahrbar ist, auf 10° 40' nördl. Br. und
hat etwa 51000 Einw., darunter 5500 Franzosen, 300 andre Europäer
und 12000 Chinesen. Die Stadt ist sorgfältig und geschmackvoll
gebaut mit reinlichen Straßen, der Sumpfboden ist durch Kanäle
[S. 182]
trockengelegt. Als Hafen dient der Fluß; Warenschuppen und
Kohlenlager der Messageries Maritimes (BC5) liegen am Südende,
die Marinewerft mit großem Trockendock am Nordende der Stadt.
An die Marinewerft grenzt der Zoologische und Botanische Garten
(BC1, 2); letzterer reicht bis zu der großen Zitadelle (mit europäischen
Kasernen; B2). Von der Ostseite der Zitadelle führt der breite
Boulevard Norodom (AB2, 3[see above]) zu dem mitten in großem Park gelegenen
Palast des Gouverneurs (A3), hinter dem sich der Volkspark
(A4; Jardin de Ville) anschließt. Saïgon hat eine große Kathedrale
(A3) in romanischem Stil, eine Sternwarte, mehrere Schulen
und verschiedene Denkmäler. Das Klima ist für Europäer nicht
gesund. Hauptausfuhr: Reis, gesalzene Fische, Baumwolle, Pfeffer,
Gummi, Kopra, Häute, Felle, Hörner und Kautschuk. Einfuhr:
Textilwaren, Maschinen, Chemikalien u. a.—Rundfahrt. Um das
Volksleben kennen zu lernen, fahre man frühmorgens auf den Markt
(B4; Marché) in der Nähe des Arroyo chinois, dann durch die
hübschen Anlagen des Jardin de Ville; nördl. von diesem Volkspark
liegt das Collège Chasseloup-Laubat (A3), wo Eingeborne als
Dolmetscher ausgebildet werden; dann nach r. um den Park des
Gouverneurs herum durch den Boulevard Norodom, vorbei r. am
Denkmal Gambettas (A3) und der Kathedrale, l. der Zitadelle, zum
Botanischen Garten (Jardin Botanique), der reich an tropischen
Zier-und Nutzpflanzen ist (mit Baumschule und botanischer Versuchsstation);
im daranschließenden Zoologischen Garten (Jardin
Zoologique) sind sehr große Königstiger, Leoparden, Bären, Elefanten,
Pelikane sowie Schlangen. Nm. besuche man die Promenaden
in der Umgebung (A1; Tour de l'Inspection), wenn man das Villenviertel
und die vornehme Welt Saïgons sehen will.
Ausflüge: 1) Nach der Eingebornenstadt
Cholon, 5 km sw. Dampfstraßenbahn
(2 Linien) alle 20 und 30 Min. in
14 Min.; Eisenbahn in 9 Min.; oder mit
Wagen auf verschiedenen Wegen. Man
fährt am Arroyo chinois entlang durch
die anamitischen Vororte, vorher am
Hospital von Choquan über mehrere
Brücken über den mit Sampans und
Dschunken besetzten Arroyo (Kanal).
—Ein andrer Weg, die »Route stratégique«,
führt vorbei an europäischen
Gärten sowie an chinesischen und
anamitischen Gemüsegärten; dann
vorüber an den Trümmern einer Königspagode
bei der Ferme des Mares
(einem Landgut) und über die Gräberebene
(Plaine des tombeaux) mit vielen
Grabhügeln.
Cholon (Bahnwirtschaft; Café de
Paris, Avenue Jaccareo.—Juweliere:
Chan Binh, Rue Gia-long 78;
Ngo Phuoc, Rue des Jardins 47; Taquang
Thanh, Rue de Canton 80;
Holzschnitzereien, Möbel mit Perlmuttereinlagen;
Stickereien: Duyet-hoa
Xuong, genannt O-chau, Rue de
Canton 73), Stadt von 138000 Einw.,
die wichtigste Gewerbe-und Handelsstadt
von Cochinchina und Hauptstapelplatz
für den Reishandel; von
Chinesen 1780 gegründet, sieht Cholon
ganz chinesisch aus, mit chinesischen
und anamitischen Theatern
und buntem Straßenleben sowie mehreren
Pagoden. Das Drachenfest wird
jährlich wie in China sehr gefeiert.—
In der Nähe von Cholon liegt die Tonwarenfabrik
Caï-maï.
2) Eisenbahn über (23 km nö.)
Bienhoa (am Donnai) nach dem 800 m
hohen, prächtig bewaldeten Berge
Nui-Chuachan, mit Observatorium
und landwirtschaftlicher Versuchsstation,
unweit des derzeitigen Endpunktes
der Bahn (Giaray). Man
nehme Verpflegung mit.
[S. 183]
3) Mit Automobil: a) Über
Bienhoa nach den Wasserfällen des
Donnai, oberhalb Trian, 48 km; Mundvorrat
mitnehmen.—b) Über Bienhoa
und Baria (Gasthof) nach Kap
St.-Jacques (S. 177), 120 km.—c)
Nach (30 km nördl.) Thudau mot (Gasthof,
gute Küche) am Saïgonfluß,
Hauptstadt der wegen intensiver Tropenkulturen
bekannten Provinz gleichen
Namens.
Seitentour: Von Saïgon über Pnom-Penh nach Angkor-Thom.
Vgl. die Karte auf S. 177.
Für Weltreisende lohnt der Besuch
Saïgons nur, wenn damit eine Reise
nach Cambodja (beste Zeit November,
Dezember, Januar) zum Besuch
der berühmten Khmer-Bauten in Angkor-Thom
verbunden wird.
Die Société des Études Indochinoises,
an deren Spitze gebildete Franzosen
stehen, welche die Reise nach Angkor
selbst gemacht haben (Adresse im Museum
und in der Stadtbibliothek zu erfragen),
macht sich eine Ehre daraus,
den Reisenden mit Auskünften zu
helfen. Die Dampfergesellschaft Messageries
fluviales hat zwei Ausflüge
eingerichtet (Nr. 1 für 8 Tage zu 350 Fr.,
Nr. 2 für 12 Tage zu 450 Fr.) nach
folgender
Zeiteinteilung: Ausflug für 8 Tage:
Dampferabfahrt von Saïgon Do. abds.
(man kann auf eigne Kosten, I. Kl. $ 2,55,
II $ 1,70, Fr. Nm. mit Bahn ab Saïgon
fahren nach [71 km] Mytho [Hotelrestaurant
Viol], wichtige Hafenstadt
in der Cua Tieu-Mündung des Mekong-Deltas
mit 6950 Einw.; Ausfuhr von
Reis, Mais, Tabak und Kopra. In
Mytho erreicht man den Dampfer);—
Sa. früh Ankunft in Pnom-Penh;—
So. früh ab Pnom-Penh;—Mo. früh
an Siem-Reap-Mündung, mittags an
Angkor-Wat, Tempelbesuch;—Di.
früh nach Angkor-Thom, Nm. Rückkehr
nach Angkor-Wat;—Mi. früh
ab Angkor, nachts an Pnom-Penh;—
Do. ab Pnom-Penh Vm.;—Fr. früh
an Saïgon.
Ausflug für 12 Tage: Fr., Sa.,
So. wie vorher;—Mo. Angkor-Wat;
—Di. Angkor-Thom;—Mi. Preah-Khan;
—Do. Ta-Prohm;—Fr. Bat
Choum;—Sa. Me-Bom etc.;—So.
Abfahrt und nachts an Pnom-Penh;
—Mo. ab Pnom-Penh;—Di. früh
an Saïgon. Die Zeiten stimmen gut
mit den Dampfergelegenheiten nach
und von Hongkong und Singapore.
Die Khmervölker bilden den östlichen
Zweig der Austroasiaten, einer
sehr alten Bevölkerungsschicht Südasiens,
die im Gesichtstypus zwischen
den Mongolen und den Malaien steht,
aber mit keiner dieser beiden Völkergruppen
näher verwandt ist. Die heutigen
Khmer (die Cambodjaner) sind
liebenswürdig, friedlich, heiter, gastlich,
sehr wahrheitsliebend, mit starkem
Nationalgefühl, stehen aber in
ihren wirtschaftlichen Leistungen weit
hinter den Anamiten zurück. Ihre
Ehen meist monogamisch, die Frauen
sehr frei; der Bräutigam dient um
die Braut und lebt im Hause der Eltern
der Frau.
Die Blütezeit ihrer Kunst und
die Zeit ihrer politischen Vormachtstellung
liegen weit zurück. Ihre
Kunst blühte im 10.-14. Jahrh. und
war eine Tochter der vorderindischen
(neubrahmanischen) Kunst; von dieser
hat sie die Grundlagen für die
bauliche Anordnung ihrer Pagoden
und Paläste übernommen, diese aber
durchaus selbständig und glücklich
weiterentwickelt, so daß Bauten entstanden
sind, die sowohl durch die
Großartigkeit der Gesamtanlage wie
die Schönheit der Einzelteile und den
reichen Schmuck an Bildwerken noch
heute als Ruinen unser Staunen wachrufen
und sehr vorteilhaft von der überladenen
neusiamesischen Baukunst abstechen.
Besonders merkwürdig ist
das Durcheinander brahmanischer und
buddhistischer Darstellungen und Götterbilder
in diesen Tempeln, die als
brahmanische Verehrungsstätten errichtet,
aber später vom Buddhismus
in Besitz genommen worden sind.
Das Khmer-Reich begründete in der
zweiten Hälfte des 1. Jahrh. n. Chr.
der sagenhafte Held Preah Thong (lebt
noch in Volksliedern), der die jungfräuliche
Königin Neang heiratete.
[S. 184]
Ende des 5. Jahrh. führte Kambu, ein indischer
oder nach Indien verbannt gewesener
cambodjanischer Prinz, indische
Religion und Sitten ein; ihm
folgten andre bedeutende Herrscher,
deren Reich sich auf ganz Hinterindien
bis an den Golf von Bengalen und
auf die Malakkahalbinsel ausdehnte;
811 wurde die prächtige Hauptstadt
Angkor-Thom eingeweiht, die nach
noch vorhandenen chinesischen Schilderungen
nirgends ihresgleichen gehabt
hat. Die Erbauung von Angkor-Wat
unter König Suryavarman II.
fällt schon in den Beginn des Verfalls
(12. Jahrh.); 200jährige blutige
Kriege zwischen Cambodja und den
Thaï (jetzigen Siamesen und Laoten)
im 13.-15. Jahrh. verursachten den
Zusammenbruch des Khmer-Reiches,
dessen Hauptstadt Angkor-Thom 1462
nach dreimaliger Zerstörung endgültig
verlassen wurde. Die zur Herrschaft
gelangten Thaï, die dem Buddhismus
anhingen, machten Angkor-Wat zum
buddhistischen Heiligtum (ob es im
Khmer-Reich nur Tempelstadt oder
auch Königspalast war, ist zweifelhaft,
doch wahrscheinlich). Cambodja hütet
die alten Überlieferungen des Khmer-Reiches;
die alte hohe Kultur ist noch
überall sichtbar und unterscheidet das
interessante, noch zu wenig bekannte
Land sehr von allen andern hinterindischen
Ländern.
Von Mytho (s. S. 183) fährt man mit Flußdampfer über Vinhlong,
hübsche Niederlassung am r. Ufer, und über Sadec, den »Garten
von Cochinchina«, vorbei an Ortschaften in fruchtbaren Niederungen
mit bergigem Hinterland und erreicht
Pnom-Penh (Grand Hôtel [Unterbringung im Hotel auf Kosten
der Messageries fluviales. Das Hotel gibt für den Aufenthalt in
Angkor einen Boy als Koch sowie Proviant, Wein und Mineralwasser
mit. Zur Stadtbesichtigung ist 1 Tag Zeit]; Banque de
l'Indo-Chine, Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft und der
Deutschen Bank; Post und Tel.; viele französische Geschäfte; Agent
des Norddeutschen Lloyd: Speidel & Co.), Hauptstadt des Königreichs
Cambodja mit 46000 Einw., darunter 360 Europäer (meist
Franzosen), 6800 Chinesen; einige Stadtteile haben modernen Zuschnitt,
im Khmerstil gebaut. Viele Spielhöllen, von Chinesen geleitet,
wo »ba-quan« gespielt wird. Eine große Allee führt parallel
zum Flusse durch die Stadt zum *Königspalast, mit vielen Gebäuden
mit Perlmutterornamentik, großem Thronsaal mit Deckengemälden
(Nymphen und Göttinnen). Sehr sehenswert ist das Ballett der Bajaderen
des Königs, mit anmutigen Körperbewegungen von klassischer
Schönheit. Mitten in der Stadt liegt der *Pnom, ein Hügel mit einer
986 erbauten Pagode, umgeben von schattigem Volkspark mit Käfigen
wilder Tiere und Vogelhäusern. Prächtige Steintreppe mit Löwen-
und Kriegerfiguren führt zur Pagode, *Aussicht auf Fluß und Umgegend.
Modern sind das Heiligtum des großen Bonzen und der
Königstempel Vaht Phrakeo; auch die Leichenverbrennungsstätte
ist sehenswert.
Die Fahrt geht von Pnom-Penh in den Ausfluß des Tonlé-sap
(S. 179) und erreicht den großen See bei Kompong Luong, dem Landungsplatz
für den 6 km westlichern alten Königssitz Ou-dong, mit
seltsamen Mausoleen und einem Riesenbuddha sowie mehreren reich
mit Figuren, Reliefs etc. geschmückten Pagoden. Am r. Ufer liegt
flußaufwärts das Malaiendorf Lo-vek und 8 km westl. davon die
Ruinen von Lo-vek, einer noch ältern Hauptstadt Cambodjas als
Ou-dong. Am NW.-Ende des großen Sees liegt die Mündung des
Siem-Réap; dort liegen l. Sampans bereit für Reisende und Gepäck.
Man fährt etwa 41/2 St. mit Sampan je nach Wasserstand den kleinen
[S. 185]
Fluß hinauf, bis man die Ochsenkarren erreicht, die den Reisenden
zum Rasthause (ganz neu, mit 10 Z. und 14 Betten sowie Speisesaal)
bei Angkor-Wat bringt; Mitnahme von Decken für die zuweilen
sehr kühlen Morgenstunden im Boot ist zu empfehlen. Nm.
Besuch des wenige Schritte vom Rasthaus entfernten, noch gut
erhaltenen, von Prea-ket Mealea im J. 57 n. Chr. erbauten Tempel
*Angkor-Wat, etwa 3 km nördl. von Siem-Réap; er steht in einem
Park, zeigt viele brahmanische Inschriften, Denkmäler, seltsame
Tiergestalten, Säulenhallen, große Gopuratürme, prächtige Tore etc.
Von da Besuch des Königspalastes von *Angkor-Thom, 4 km nördl.
vom Rasthaus; er ist von einem Mauerviereck mit 4 km Seitenlänge
umgeben, das fünf Tore mit Türmen und Terrassen hat; im Innern
stehen sonderbare Zeugen der alten Khmerkunst: der Bhan-yong
(Bayon), ein mehrstöckiger Hallenbau mit 14 Türen sowie andere fast
rätselhafte Bauwerke, die als Paläste und Tempel dienten. Nach
Angkor-Wat wallfahrten jetzt noch zahlreiche Pilger; die Tempelstätten
werden von Priestern gepflegt. Die ganze Umgegend ist
reich an Tempelruinen.
Die Dampfer fahren noch weiter
bis Battambang am Seng-ke; die Stadt
ist des Handels wegen wichtig, hat
auch viele alte Tempel im Innern und
in der Umgegend.
Von Pnom-penh nach Khôn (276
Seem.) auf dem Mekong aufwärts mit
Dampfern der »Messageries fluviales« im August bis Dezember in 4 Tagen,
zurück in 18 St. Auf dem obern Mekong
Dampfer je nach Wasserstand
bis Pak-moun, dann Bootsfahrt in 15
bis 20 Tagen bis Luang-prabang im
obern Laos. Sehr interessante und
landschaftlich lohnende Fahrt durch
das meist ziemlich enge, stellenweise
schluchtartige, tief (bis 1000 m) ins
Gebirge eingesenkte, aber infolgedessen
auch ziemlich heiße Mekongtal.
Die Strombreite wechselt zwischen
1/2 km und 50 m; mehrfach sind
Stromschnellen zu überwinden. Man
treffe Vereinbarungen mit den »Messageries
fluviales«.
Von Saïgon nach Haïphong und Hanoï.
Messageries Maritimes alle 8 Tage
von Saïgon nach Tourane für I. Kl.
128, II. 891/2 Fr. und weiter nach Haïphong
für I. 192, II. 140 Fr. Dann
101 km Eisenbahn von Haïphong nach
Hanoï.
Anam. Das unter französischer
Oberherrschaft stehende Königreich
Anam, 160000 qkm groß mit 5,5
Mill. Einw., Hauptstadt Hué, besteht
größtenteils aus Gebirgsland, das im
südlichen Teil steil unmittelbar zur
Küste abfällt und erst von Hué ab
nordwärts einer schmalen, sehr fruchtbaren
Küstenebene Raum läßt. Die
etwa 1200 km lange Küste von Anam
ist der Schiffahrt sehr ungünstig;
häufig von Stürmen und im Herbst
und Winter von starker Brandung
heimgesucht, bietet sie in ihrem südlichen
Teil durch Felsriffe, im nördlichen
durch Sandbarren der Annäherung
von Schiffen gefährliche Hindernisse,
enthält aber viele gute Häfen,
darunter die Bucht von Tourane; Tourane
hat sich schnell zur Hafenstadt für
die etwa 80 km nördl. gelegene Hauptstadt
Hué entwickelt, die ihrerseits
ihre Vorrangstellung der Lage am Südende
der Küstenebene und am Ausgangspunkte
eines bequemen Überganges
über das Gebirge hinüber nach
Laos (Paß von Ailao, 410 m) verdankt.
Das Gebirge, die »Kordillere« von
Anam, erhebt sich durchschnittlich bis
600 oder 700 m, doch mit einigen Gipfeln
auf 2500 m. Es zeigt zwar eine
Reihe von durch tiefe Täler getrennten
Ketten, ist aber wahrscheinlich
nicht, wie die Gebirgsketten des westlichen
Teils von Hinterindien, ein
Faltungsgebirge, sondern durch Bruchbildung
entstanden; es besteht meist
aus alten und widerstandsfähigen Gesteinen
und ist gut bewaldet.
[S. 186]
Nordwärts
von Hué beherbergt es noch
viele Naturvölker. Das Klima der
nördlichem Küstenstrecke Anams
weicht von dem Cochinchinas ziemlich
stark ab; der jährliche Temperaturverlauf
ist weniger gleichmäßig, der
Winter kühler, die heiße Zeit um einige
Monate verschoben (Hué Jahr 25,4°; Februar
19,7°, Juni und August 29,5°), die
Regenzeit wird nicht vom SW.-Monsun,
sondern vom NO.-Monsun gebracht und
fällt in die Monate September bis Dezember,
Höhepunkt im Oktober.
Die Seefahrt vom Kap Saint-Jacques (S. 177) längs der Küste von
Anam bietet vom Leuchtturm des Kap Padaran (mit Blitzfeuer
von 32 Seem. Sichtweite) schöne Gebirgslandschaft. Ein sehr schöner
Hafen liegt in der Bucht von Cam-ranh, der als Schutz bei
stürmischem Wetter dient. Manche Dampfer laufen den Hafen von
Nha-Trang an, in dessen Laboratorium 1897 Dr. Yersin den Pestbazillus
entdeckte. Man passiert dann Kap Varella mit Leuchtturm
und gelangt nach Quinhone, Hafenplatz in einer großen geschützten
Bucht; in der Ebene viele Baudenkmäler der Khmer (S. 183); 18 km
nw. liegt die Zitadelle von Binh-dinh (15000 Einw.). Auf 16° 15'
nördl. Breite erreicht man die schöne Bucht von
Tourane (Tourane Hôtel oder Hôtel Morir, 40 Z. 4, Ged. 3,50,
Pens. 12 Fr.;—Banque de l'Indo-Chine, Korr. der Deutschen
Bank und der Berliner Disconto-Gesellschaft); moderne Stadt (vgl.
S. 185) mit 4300 Einw. (100 Europäer); Ausfuhrplatz der Kohlengruben
von Nang-Son; Eisenbahn von hier über Hué nach Quangtri,
175 km. Im Volkspark Skulpturen von Khmerbauten. Der Hafen
mit 8 m Wassertiefe liegt 3/4 St. von der Stadt. Ausflug im Palankin
mit Trägern (durch die französische Residentschaft vorher zu bestellen),
die alle 10 km gewechselt werden (Preis 10 c. für jeden
Mann), über den 470 m hohen Bergkamm Col des Nuages bis (107 km)
Hué; soll sehr lohnend sein. Schneller gelangt man mit der Eisenbahn
(s. S. 185) nach
Hué (Grand Hôtel Guérin Hué), Hauptstadt des Königreichs
Anam, mit 50000 Einw., auf 16° 35' nördl. Br. am l. Ufer des
Huong-giang oder Huéflusses; gegenüber liegt die französische Oberresidentschaft
(Résidence supérieure) und ein kleines französisches
Viertel. Sehenswert sind die Königsstadt und die Königsgräber,
zur Besichtigung ist Erlaubnis durch die Residentschaft zu erwirken.
Der *Palast des Königs Duy-Tan ist mit hoher Mauer umgeben,
viele Gebäude liegen innen in Gärten. Die Stadt umgibt die Königsstadt,
hat viele Pagoden, Schulen, Zeughäuser und ist mit Festungsmauern
nach Vaubans System umgeben. Gewerbe und Handel sind
unbedeutend. Bahn nach Hanoï. Beim Ausflug nach den *Königsgräbern
(1 Tag, Mundvorrat mitnehmen!) fährt man von Hué im
Wagen bis zum Fluß und nimmt hier Sampan zum Besuch der
flußaufwärts gelegenen Gräber (es ist verboten, durch die Mittelpforte
der Mausoleen einzutreten, die nur für den König da ist).
Man besichtigt zuerst das Mausoleum von Gia-long, dann das hervorragend
schön gepflegte von *Minh-mang (mit Gärten). Dann zurück
zum Wagen und Besichtigung der interessanten Totenstadt von
*Tu-duc in der Nähe von Thieu-tri.
Von Tourane (s. oben) steuert der Dampfer mit NNW.-Kurs durch
[S. 187]
den Golf von Tonkin auf die kleine Insel Hon-dau mit Leuchtfeuer
zu, die vor der Cua-Cam-Mündung des Roten Flusses liegt; r. läßt
man die Norwayinseln mit 22 Seem. weit sichtbarem Blitzfeuer, die
den großem Inseln vor der Alongbucht vorgelagert sind. Bei Do-Son
(Grand Hôtel; Doson Hôtel, gut), 22 km so. von Haïphong, ist
auf einer Halbinsel ein hübsches, vielbesuchtes Seebad mit vielen
Villen angelegt. In die Mündung des Cua-Nam-trieu, dem neuen
Hauptfahrwasser nach Haïphong, das durch den Dinh-Vu-Durchstich
mit dem Cua-Cam (oberhalb dessen Mündung) verbunden ist, können
jetzt große Dampfer bis 8,5 m Tiefgang einsteuern.
Haïphong, Stadt mit 27000 Einw., ist der Haupthafen von Tonkin,
wie Saïgon der von Cochinchina ist, und hat in seiner Lage
Ähnlichkeit mit jenem; es liegt nicht im Delta des Hauptflusses von
Tonkin, des Roten Flusses, dessen Mündungsarme zum Teil wie die
des Mekong verschlammt sind, sondern etwas seitlich am Zusammenfluß
des Song Tam-bac mit dem Cua-Cam, 37 km vom Meere.
Gasthöfe: De Commerce.—De l'Univers,
beide ersten Ranges; einfacher
De Marseille; De l'Europe.—Post u.
Tel.—Telephon nach Hanoï; Kabel
nach Saïgon und Hongkong.—Eisenbahn
nach Hanoï und weiter, vgl. unten.
—Dampfer: Messageries Maritimes
nach Saïgon und Marseille; Correspondances
fluviales du Tonkin nach Hanoï
zweimal wöchentl., außerdem nach
vielen Plätzen in Tonkin; Norddeutscher
Lloyd: Agent Speidel & Co.—
Geld: S. 181.—Banken: Banque
de l'Indo-Chine, Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft und der Deutschen
Bank; Hongkong Shanghai Banking
Corporation; Chartered Bank of
India, Australia and China (Agent
Speidel & Co.).
Sprache, vgl. S. 181.—Theater
mit französischer Truppe; Societé musicale.
—Ärzte: Dr. Forest; Mazot.—
Apotheken: Brousmiche; Pharmacie
Coupard.—Buchhandlung: Schneider.
—Zeitungen: Courrier de Haïphong
etc.—Photographen: Bonal & Co.;
A-kit, Rue du Commerce 3; A-dong,
Rue du Commerce 59.
Die Stadt macht europäischen Eindruck; an den Flußufern liegen
Warenschuppen und Schiffswerften, gute Kai-Anlagen und ein
Trockendock. Haïphong ist Ein-und Ausfuhrhafen für Tonkin
und die chinesische Provinz Yünnan, bis zu deren Hauptstadt eine
Eisenbahn führt. Deutsche Frachtdampfer der Hamburg-Amerika
Linie und der Reederei Jebsen laufen Haïphong regelmäßig an. Ausfuhr:
Reis, Zinn, Farbhölzer (Gambir), Mais, Paddy (ungeschälter
Reis), Maniok (Manihot), Galmei (Zinkspat), Wolfram. Außer einem
Denkmal Jules Ferrys keine Sehenswürdigkeiten.
Ausflug in die *Alongbucht und
den *Faitsilong-Archipel ist sehr
lohnend, doch beschwerlich; man fährt
am besten mit Küstendampfer von
Haïphong bis Hongay (kleiner Gasthof)
und mietet dort einen großen
Sampan (mit Schlafgelegenheit); bequemer,
doch teurer ist das Mieten
einer Dampfbarkasse in Haïphong.
Zur Fahrt ist ein ortskundiger Schiffer
unentbehrlich. Thos. Cook's Office in
Hongkong stellt Heckraddampfer für
2-4tägigen Ausflug von Haïphong aus;
Kosten nach Zahl der Teilnehmer. Die
grotesken Felseninseln der Bucht sind
Naturwunder größter Sehenswürdigkeit,
besonders folgende: Ile de la Surprise,
Grottes des Merveilles, le Cirque,
le Tunnel (2 km lange, enge Tropfsteinhöhle,
durch die man hindurchfährt)
und viele andre seltsam geformte,
meist steile Klippen und Inseln, deren
grüne Kalkfelsen mit Orchideen, Gräsern
und Gebüsch prachtvoll bewachsen
ist. Vor der Fahrt beschaffe man
sich Seekarten der Bucht beim Hafenkapitän
in Haïphong. Photographien
sind in Haïphong und Hanoï zu haben.
[S. 188]
Eisenbahn nach Hanoï, 101 km in 3 St. 40 Min. für I. $ 7,07,
II. $ 5,05. Man fährt um Haïphong herum, dann über eine 90 m
lange Drehbrücke durch die Flußniederung vorbei an der Zitadelle
von (44 km) Haïduong, Stadt mit 8000 Einw., 25 m hohem
Uhrturm und schönem Park; dann über (60 km) Cam-giang, (76 km)
Lac-dao und (95 km) Gia-lam und über die prächtige, 1682 m lange
Brücke Pont Doumer über den Roten Fluß nach
Hanoï, Hauptstadt Indochinas, auch Kescho(d. i. Markt) genannt.
Gasthöfe: Grand Hôtel Métropole,
Boulevard Henri Rivière, gute Pens.
15-25 Fr.—Hanoï-Hôtel, Rue Paul
Bert.—De la Paix, Rue Paul Bert.—
Du Lac, Rue Jules Ferry.—Post u.
Tel.: Square Paul Bert.—Telephon,
auch nach Haïphong.—Elektrische
Straßenbahn von Place de Négrier nach
Bac-moi-phuong, Village du Papier
und Tan-ap; I. Kl. 5 cents.—Eisenbahn:
nach Haïphong; nach Lang-son
und noch 465 km über die chinesische
Grenze bis Yünnanfu soll zum Yangtse-Tal
geführt werden (S. 189); nach
Ninh-binh im Bau bis Vinh und weiter
nach Anam; im Bau nach Sontay.—
Dampfer der Correspondances fluviales
nach Haïphong, Nam-dinh und Laokay.
—Bank: Banque de l'Indo-Chine,
Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—Theater: Théâtre municipal,
französische Truppe am Boulevard
Amiral Courbet; chinesisches Theater.
—Konzerte: Militärmusik Do. abds.
Square Paul Bert, So. Nm. im Botanischen
Garten; Société philharmonique.
—Militärhospital.—Buchhandlungen:
Schneider; Crébassac, beide
Rue Paul Bert.—Zeitungen: Avenir
du Tonkin; Indépendance tonkinoise;
Indo-Chinois; Tribune; Revue indochinoise.
Geschichte. Hanoï wurde angeblich
767 n. Chr. von Chinesen gegründet
und lag damals dem Meere ganz
nahe, ist ihm aber durch Anwachsen
des Flußdeltas entrückt worden. 1427
wurde Hanoï durch die Le-Dynastie
Hauptstadt von Anam und Tonkin.
Infolge Vertrags von 1874 wurde neben
zwei ändern Häfen auch Hanoï
dem Fremdhandel eröffnet und ein
französischer Konsul mit militärischer
Bedeckung in der Stadt zugelassen,
die in dem Kriege von 1882 beschossen,
besetzt und mit Tonkin 1883 unter
französisches Protektorat gestellt
wurde.
Tonkin. Die Ebene des Roten
Flusses oder Songkoi, dessen Mittelpunkt
Hanoï bildet, ist nur so groß
wie Sachsen oder Baden, aber von
den Bewohnern mit chinesischem Fleiß
bestellt und darum sehr volkreich.
Die Reisproduktion des Songkoideltas
würde freilich noch viel bedeutender
sein, wenn der Songkoi nicht während
seines Hochwassers, das seinen Wasserstand
um 8-9 m erhöht, häufig ausbräche
und sich ein neues Bett suchte;
auch die Ausbildung des die Wasserverteilung
im Delta regelnden Kanalnetzes
ist infolge dieser Unbeständigkeit
des Flusses zurückgeblieben.—
Das Klima Tonkins ist insofern dem
Cochinchinas ähnlich, als die Regenzeit
wie dort vom SW.-Monsun gebracht
wird und in den Sommer fällt
(Höhepunkt Juli). Dagegen macht sich
die nördlichere Lage im Winter schon
ziemlich bemerkbar: die Junitemperatur
beträgt noch 28,7°, aber die Februartemperatur
nur noch 16,5°, der mittlere
jährl. Tiefstand der Temperatur 6,7°.
Die Stadt Hanoï, unter 21° 2' nördl. Br. am r. Ufer des Songkoi,
175 km von dessen Mündung, malerisch gelegen, ist terrassenförmig
angelegt, mit breiten, modernen Straßen und hübschen Promenaden,
hat schöne Wohnhäuser, Geschäftshäuser, Villen und große moderne
Magazine (Debeaux frères, Union commerciale indo-chinoise etc.)
im europäischen, andre Häuser aus Stein und Ziegeln im chinesischen
Stil. Hanoï ist Sitz des französischen Generalgouverneurs und
Oberresidenten, mit 103188, mit Nachbarorten 150000 Einw., darunter
2000 Chinesen, 1088 Europäer (ohne Militär). Die eingeborne
Industrie erzeugt Baumwollen-und Seidenstoffe, schöne Seidenstickereien,
[S. 189]
Perlmutterarbeiten (Inkrustationen), Filigranarbeiten aus
Gold und Silber, lackierte Waren. Der Handel, meist in den Händen
von Chinesen, neuerdings auch von Europäern, ist bedeutend;
Ausfuhr: Reis, Zuckerrohr, Seide, Mais, Bohnen, Schellack, Erze.
Fahrzeuge können bis Hanoï hinaufgelangen, Boote (in der guten
Jahreszeit auch Dampfschaluppen) bis Laokay. Außerhalb der Stadt
liegt die hohe alte, für den damaligen Herrscher von Anam nach
Vaubans System durch französische Offiziere erbaute Zitadelle mit
schöner Pagode, Wohnungen der Mandarinen, Kasernen, Magazinen,
Arsenal, Schatzkammer etc.—Rundfahrt. Morgens besuche man
die Markthallen in der Eingebornenstadt, in der Rue du Riz; dicht
dabei, in der Rue des Voiles, ist die Pagode des Kriegsgottes Ba Mã
mit *Bronzestatue auf Drachenthron. Beim Teich von Truc-bach liegt
die *Pagode des Großen Buddha mit schöner Riesenbronzestatue Buddhas;
auch die Pagode der beiden Schwestern Trung (Trung-Liet, zweier
tonkinesischer Jungfrauen von Orléans, die Anam 38 n. Chr. vom
chinesischen Joch befreiten) ist sehenswert. Im Kleinen See (Petit Lac)
liegt die *Pagode de l'île de Jade (auch Ngoc Son genannt). Von da
fahre man an der Kathedrale vorbei zum *Museum beim Bahnhof
am Boulevard Gambetta, worin Baudenkmäler der hinterindischen
Kunststile gesammelt sind; in Nebenhallen sind permanente Ausstellungen
von Kunst-, Gewerbe-und Handelsgegenständen. Vor
dem Museumsplatz steht am Boulevard Gambetta ein schönes Denkmal
(von Rivière): »Frankreich beschützt Indochina«.—Nun zum
Botanischen Garten (Jardin Botanique), in dessen Mitte der kleine
Hügel Nui-sa liegt; oben *Aussicht über Stadt und Roten Fluß.
Außer Pflanzensammlung findet man Käfige mit Tigern, Hirschen,
Vögeln, Schlangen etc.—Neben dem Botanischen Garten liegt in
schönem Park der Palast des Generalgouverneurs.—Südl. vom Botanischen
Garten die Lotospagode Chua Mot-cot, aus dem 11. Jahrh.—
Die bis zur Hauptstadt der benachbarten chinesischen Provinz Yünnan
seit 1910 fertiggestellte Bahn (s. unten) ermöglicht einen bequemen
Besuch des südwestlichen China.
Von Hanoï nach Yünnanfu.
Vgl. die Karte bei S. 215.>
Eisenbahn: Die Tonkin-Yünnanbahn
(von der Compagnie française de
chemin de fer de l'Indochine et du
Yunnan erbaut und 1. April 1910 dem
Verkehr übergeben) verbindet die Tiefebene
von Tonkin durch das großartige
Erosionstal des Songkoi (Roter
Fluß) mit der südwestlichsten chinesischen
Provinz Yünnan. Wegen der
prächtigen Naturbilder und der zahlreichen
kühnen Bauwerke dieser Gebirgsbahn
ist ihre Befahrung zu empfehlen
trotz zurzeit noch vorkommender
Betriebsstörungen. Über
Fahrzeiten, Fahrpreise, Unterkunft etc.
erkundige man sich in Hanoï oder
Haïphong.
Den größern Ostteil der chinesischen
Provinz Yünnan bildet ein im
Mittel 2000 m hohes, von Gebirgszügen
überragtes Kalksteinhochland, das wegen
seiner Wasserarmut eine ziemlich
dürftige Vegetation hat; die Bergzüge
tragen jedoch vielfach Laub-und Nadelwälder.
Die Talmulden sind teilweise
mit rotem Ton, den Zersetzungsprodukten
des Kalksteins, ausgekleidet
und zuweilen von Seen eingenommen.
—Das Klima soll für Europäer angenehm
sein.
[S. 190]
—Die Bevölkerungszahl beträgt nur 12 Mill., darunter
einige beinahe unabhängige Stämme
der Ureinwohner (Lolo und Lissu).
Etwa ein Drittel der Bewohner sind
Mohammedaner (Panthoi oder Choitsu),
die nichtchinesischer Herkunft, aber
stark mit Chinesen vermischt sind.
Letztere machen die Hauptmasse der
Bevölkerung aus. Infolge seiner Abgelegenheit
sind in Yünnan besonders
häufig Aufstände gegen die Zentralregierung
erfolgt, zuletzt der große
Mohammedaneraufstand 1853-72.—
Der Hauptreichtum des Landes liegt in
seinen Bodenschätzen, vor allem
Zinn, Zink, Kupfer, Silber, Gold, Kohlen
und Salz sowie Edel-und Halbedelsteine
(Rubine, Saphire, Jade, Jadeit,
Nephrit). Durch den Bau der Yünnanbahn
haben sich die Franzosen die Ausbeutung
dieser Erzlager gesichert (englisch-französisches
Bergwerkssyndikat).
Der Westteil Yünnans steht durch
Tragtierkarawanen in regem Handelsverkehr
mit Birma und Siam, der Nordteil
mit Suifu am Yangtse (S. 254).
Von Hanoï (S. 188) über eine große Eisenbahnbrücke auf das l.
Ufer des Songkoi und durch den obersten Teil der angebauten Deltaebene
bis zur Austrittsstelle des Songkoi aus dem Gebirge. Das Tal
des Mittellaufes des Flusses ist 1000-1200 m tief in das regenreiche
Gebirgsland von Obertonkin eingeschnitten und größtenteils mit Urwald
bedeckt, der zahlreiches Wild birgt; der Strom ist trotz mancher
Stromschnellen in der Regenzeit (Sommer) mit großen Schiffen aufwärts
bis Laokay zu befahren. Die Bahn folgt dem Songkoital bis
(296 km) Laokay, dem französischen Grenzort, an der Mündung
des Bergflusses Namti in den Songkoi; wichtiger Handelsplatz; kleine
Zitadelle, erzreiche Umgebung.—Über den Namtifluß nach dem
chinesischen Grenzort Hokeon (d. h. Flußmündung). Dann beginnt
der 180 km lange Aufstieg zum Hochlande von Yünnan, im Tale
des Namti aufwärts, mit Hilfe von 78 Tunneln und 123 Brücken,
davon 24 Tunnel und eine zwischen zwei Tunnel eingeschaltete Brücke
auf einer 15 km langen Strecke (Boucle, Schleife), die zur Überwindung
eines Talkessels dient, bis—(476 km) Möngtse (1370 m),
Stadt mit etwa 12000 Einw., seit 1889 dem Fremdenhandel geöffnet;
in der Umgebung Zinn-, Silber-und Bleibergwerke. Weiter nordwestwärts
wieder über zahlreiche Brücken und Tunnel über Tschikai und
die Kreishauptstadt Lin-ngan (1380 m), sodann über einen Gebirgszug
ins Tal des Holiukiang, des Hauptquellflusses des Hsikiang (S. 254),
und in diesem aufwärts auf die Hochfläche von Hsin-hsing (1643 m),
zuletzt um den See Tienschi (1950 m) herum nach
(773 km) Yünnanfu (1960 m), Hauptstadt der Provinz Yünnan und
Amtssitz des Generalgouverneurs von Yünkwei (Provinzen Yünnan
und Kweitschou); Missionsstation, Telegraph nach Tschungking
(S. 263) und weiter nach Mittelchina sowie nach Birma; berühmte
Seidenstoffe und Teppiche.
10. Von Singapore nach Batavia. Die Insel Java.
Vgl. den Karton auf der Karte von »Hinterindien« bei S. 155.
Koninklijke Paketvaart Maatschappij:
Von Singapore innerhalb 24 St.
nach Ankunft des Reichspostdampfers
des Norddeutschen Lloyd aus Europa
nach Batavia. Außerdem wöchentlich
ein Dampfer direkt von Singapore
nach Batavia in 2 Tagen. Rundreisekarten
Singapore-Batavia-Soerabaja-Singapore
I. $ 90, II. $ 54.
Stoomvaart Maatschappij Nederland
alle 14 Tage von Singapore nach
Batavia in 2 Tagen.
[S. 191]
Messageries Maritimes alle 14 Tage
im Anschluß an die ostasiatische Hauptlinie
von Europa, in 2 Tagen von
Singapore nach Batavia.
Die Fahrt von Singapore nach Batavia führt durch die Riouwstraße
zwischen den Inseln Batam r. und Bintang l., passiert dann die
»Linie« (den Äquator), zuweilen durch »Linientaufe« (Fest der Schiffsbesatzung
mit Begießung von Wasser äußerlich und Rum innerlich)
gefeiert, und geht an bewaldeten Inseln des Riouw- und Lingga-
Archipels mit südlichem Kurs meist durch die schmale Bangkastraße,
zuweilen zwischen den Inseln Bangka und Billiton durch die Gasparstraße.
Die Zinninsel Bangka ist flach mit etwa 700 m hohen Bergen,
ihr Hauptort Muntok am Westende wird von Dampfern angelaufen.
Billiton (Blitong) ist ebenfalls bergig, bis 600 m hoch und reich an
Zinn und Eisen; der Hauptort Tandjong-Pandang liegt an der
Westküste. Bei der Ansteuerung der Bataviabai ist der weiße
Leuchtturm auf einer kleinen Insel auffällig; die Küste ist flach,
die hohen Berge des Hinterlandes geben ein prächtiges Bild, sind
aber häufig im Dunst verdeckt.
Die Insel Java.
Vgl. die Karte bei S. 155.
Java, die kleinste, aber wichtigste
der Großen Sundainseln, ist der reiche
und stark bevölkerte Hauptsitz des
niederländisch-ostindischen Kolonialreiches,
das insgesamt 1,9 Mill. qkm
(das 31/2fache des Deutschen Reiches)
umfaßt, aber nur 38 Mill. Einw. zählt.
Der Besuch Javas ist äußerst lohnend
wegen der reichen tropischen Pflanzen-
und Tierwelt, der zahlreichen Vulkane,
der interessanten, freundlichen Bevölkerung,
der buddhistischen und brahmanischen
Denkmäler und des Charakters
der Insel als einer ungewöhnlich
blühenden tropischen Pflanzungskolonie.
Die gute niederländische Verwaltung
hat dafür gesorgt, daß die
ganze Insel bequem und gefahrlos bereist
werden kann.
Die Insel erstreckt sich von der
Sundastraße im W. in 1060 km Länge
bei 70-200 km Breite bis zur Balistraße
im O. und ist mit Nebeninseln,
Madoera etc., 131500 qkm groß. Bis
zur jüngern Tertiärzeit befand sich
an der Stelle von Java wahrscheinlich
eine Gruppe von kleinern Inseln;
dann begannen an zahlreichen Stellen
vulkanische Ausbrüche, deren Auswurfsmassen
(meist Schlamm und
Asche, wenig Lava) den Archipel zu
der heutigen langgestreckten Insel
zusammenschweißten. So zeigt das
heutige Java ein etwa 1000 km langes
Gebirgsrückgrat, dem zahlreiche Vulkankegel
aufgesetzt sind; gegen die
Nordküste senkt es sich zu einem
hügeligen Flachlande, das sich von der
Ebene Ostsumatras (S. 157) durch die
geringe Ausdehnung des Sumpflandes
sehr vorteilhaft unterscheidet. Der
Landschaftscharakter wird, namentlich
im Südteile der Insel, ganz von den
Vulkangipfeln beherrscht; es gibt
ihrer weit über 100, von denen fünf
noch in jüngster Zeit tätig waren,
während viele andre wohl nur scheinbar
erloschen sind. Sie ordnen sich in
einer Längsreihe und mehreren Querreihen
an. Die Höhe der Vulkane ist
sehr verschieden; 45 von ihnen sind
höher als 2000 m, am höchsten ist der
Semeroe mit 3680 m. Sie zeigen meist
nicht Spitzkegel-, sondern mehr Flachkegelform,
ihre Krateröffnungen haben
teilweise mehrere Kilometer Durchmesser,
und ihre Abhänge sind von
regelmäßig angeordneten Regenrinnen
zerfurcht und förmlich gerippt.
Das Klima ist entsprechend der
Nähe des Äquators und der Inselnatur
des Landes äußerst gleichmäßig. Die
mittlere Jahrestemperatur von Batavia
beträgt 26°, von der die höchste und
die niedrigste durchschnittlich im Jahr
vorkommende Temperatur nur um je
6,5° abweichen.
[S. 192]
Es gibt demzufolge
nur zwei Jahreszeiten, die feuchte und
die trockne, die auf den beiden Längsseiten
der Insel entgegengesetzt sind:
auf der Nordseite fällt die Regenzeit in
unsern Winter (Dezember bis Februar),
die Zeit des NW.-Monsuns, auf der
Südseite in unsern Sommer (April bis
Oktober), die Zeit des SO.-Monsuns;
letzterer liefert bedeutend mehr Feuchtigkeit.
Das Innere hat keine ausgeprägte
Regen-und Trockenzeit. Im
Hochland entsprechen die Temperaturen
etwa den Mai-und Junitemperaturen
in Süddeutschland: Tosari, 1780 m
hoch, hat 16° Jahrestemperatur, als
kältesten Monat den August mit 15°,
als wärmsten den Januar mit 17° (in
dieser Umkehr des jährlichen Temperaturganges
offenbart sich die Lage
auf der Südhalbkugel der Erde!). Das
Klima des Hochlandes ist für den Europäer
durchaus zuträglich, nur das
des feuchtheißen, fiebergeschwängerten
Küstenstrichs (also auch der Städte
Soerabaja und Batavia) ist gefährlich.
Die Pflanzendecke ist infolge der
beständigen feuchten Wärme und der
Regenfälle sehr üppig und läßt sich
in den Mangroven-und Sumpfgürtel
der Küste, die Flachlandvegetation, in
der besonders Palmen und Bambus
hervortreten, den tropischen Regenwald
der untern Berghänge, den tropischen
Gebirgswald und die Strauchvegetation
der höchsten Gipfel gliedern.
Ein nicht geringer Teil des Waldgebiets
wird von Savannen eingenommen,
die mit mannshohem Alang-Alanggras
bestanden sind. Ein großer
Teil des ganzen Landes ist in Kulturland,
Reisfelder der Eingebornen und
Pflanzungen der Europäer, verwandelt.
Die Tierwelt Javas weicht von der
des hinterindischen Festlandes und Sumatras
schon ziemlich stark ab. Zwar
beherbergt die Insel noch den Tiger,
das Nashorn und den Gibbonaffen,
aber der Elefant, der Tapir, der Orang-Utan
und der schöne Argusfasan fehlen
ihr. Trotzdem ist die Fauna noch sehr
reich, besonders an Affen, Vögeln
(Pfau, Nashornvögel etc.) und prächtigen
Schmetterlingen. Andre bekannte
Bewohner der Insel sind Fliegende
Hunde, Panther, wilde Hunde (Canis
rutilans), Banteng (Bos banteng), Wildschweine
(Sus ritlatus und verruccosus),
Hirsche, sehr viele Schlangen, darunter
Pytons, Eidechsen, Leistenkrokodile
und Kaimane.
Die Bevölkerung Javas beträgt
(1905) etwa 30 Mill. (darunter 65000
Europäer und Mischlinge, 300000 Chinesen
und 19000 Araber) und ist mit
229 auf 1 qkm beinahe doppelt so dicht
wie im Deutschen Reiche (vgl. S. 20);
dabei ist etwa ein Fünftel der Insel
(Küstensümpfe, Alangsteppen, Bergwälder)
noch Wildnis, und Großstädte
gibt es nur drei. Die Hauptmasse der
Bevölkerung besteht aus Malaien und
sondert sich in zwei verschiedensprachige
Hauptgruppen, die Sundanesen
im W. der Insel, klein (1,57 m),
untersetzt, kräftig, mit groben Gesichtszügen,
und die etwas größern (1,61 m),
feiner gebauten, hübschern Javaner
im O., zu denen man auch die Bewohner
der Nachbarinseln Madoera
und Bali rechnet. Die Malaienbevölkerung
Javas ist freundlich, bescheiden
und unterwürfig, willig, aber nicht ausdauernd
im Fleiß und für größere Anstrengungen
ungeeignet und läßt sich
von den eingebornen Fürsten und den
Holländern völlig leiten; die natürliche
Hinterlist und Rachsucht der Malaien
kommt verhältnismäßig wenig zum
Durchbruch. Die eigne Kultur der Malaien
ist nicht gering, freilich auch von
Vorderindien aus seit alters stark beeinflußt.
Hausgewerbe sind Weberei
und das Batiken, bei dem man weiße
Arabesken und andre Muster auf farbigem
Stoff dadurch erzeugt, daß man
die Stellen, die weiß bleiben sollen,
durch Aufgießen von Wachs vor dem
Gefärbtwerden schützt. Hauptbekleidungsstück
ist der Sarong, ein um den
Unterkörper geschlagenes Tuch. Bei
der Herstellung der auf Pfählen errichteten
Häuser und der Gerätschaften finden
Bambus und Rotangstricke die vielseitigste
Verwendung. Unter den Vergnügungen
spielen Hahnen-und andre
Tierkämpfe sowie Schatten-und Puppenspiele
(Wajang), in denen unter Orchesterbegleitung
namentlich Szenen
aus alten Heldenepen aufgeführt werden,
die Hauptrolle. Hauptnahrungspflanze
ist der Reis; seine Kultur erfolgt
mit Hilfe des Wasserbüffels von
den kleinen weilerartigen Dörfern
(Kampongs) aus, die mit allerlei Fruchtbäumen
(Kokos-, Areka-[Betelnuß-]
und Sagopalmen) umpflanzt sind.
[S. 193]
Unter der fremden Bevölkerung
spielen außer den Europäern die Chinesen
und die Araber die Hauptrollen.
Erstere betätigen sich als Großkaufleute
und Pflanzer, vor allem aber als
Kleinhändler. Die Araber spielen als
Wucherer, religiöse Fanatiker und Unruhestifter
eine sehr unliebsame Rolle.
Die Europäer sind als Beamte, Soldaten,
Kaufleute und Pflanzer auf der
Insel. Der europäische Plantagenbau
steht in hoher Blüte und liefert
für den Welthandel mannigfaltige Produkte,
deren Zahl von den in Buitenzorg
und Boeboelat bestehenden botanischen
Gärten und Versuchsstationen
noch immer zu erhöhen gesucht wird.
Die Hauptkulturen liefern für den Welthandel
Kaffee (besonders im trocknen
Osten), Tee (viel, aber nicht gut), Kakao,
Zimt, Zucker (aus den Zuckerrohrpflanzungen
der östl. Ebene), Pfeffer,
Reis, Kopra, Indigo, Cochenille, Tabak
(in Mitteljava), Chinarinde (im feuchten
Gebirgslande Westjavas) etc. Monopol
der Regierung sind: Seesalzgewinnung,
Sammeln der eßbaren Schwalbennester,
Opiumverkauf, Pfandhäuser,
dann Teakholzschläge der Tectona
grandis in den Staatsforsten (Djattiwälder).
Die Industrie umfaßt viele Reismühlen
und Zuckerfabriken, eine
Chininfabrik, eine Petroleumraffinerie,
Arrakbrennereien, Seifen-, Eis-und
Mineralwasserfabriken und 52 Druckereien.
Eisenbahnen sind auf Java
(1909) 4200 km (einschließlich Nebenbahnen)
im Betrieb.
Verwaltung. Die Insel Java ist in
23 Residentschaften geteilt. An der
Spitze jeder Residentschaft steht ein
mit großer Machtvollkommenheit ausgestatteter
Resident mit Assistent-Residenten
und Kontrolleuren, sämtlich
Niederländer, dagegen sind die Vorsteher
der Regentschaften, Distrikte
und Dessa (Gemeindebezirke, aus
mehreren Kampongs bestehend) angesehene
Eingeborne, von denen die
der beiden ersten von der Regierung
ernannt, die der letzten von den Gemeinden
gewählt und vom Residenten
bestätigt werden.
In den beiden »Fürstenländern« Soerakarta und Djokjakarta
regieren einheimische Fürsten
unter Oberaufsicht des Residenten. Der
Landbesitz einer Dessa ist Gesamteigentum
der Gemeinde und wird jährlich
neu verteilt. Jeder Grundbesitzer
hat Grundsteuer zu entrichten und
Frondienste zu leisten.
Geschichte. Java erscheint schon
bei seinem ersten Auftreten in der
Geschichte (um 100-200 n. Chr.) als
hochkultiviertes Land. Später wanderten
aus Nordindien Hindu ein, die
zwar als Rasse nicht bestehen blieben,
sondern in den Malaien aufgingen; aber
sie beeinflußten die Kultur und besonders
die religiösen Verhältnisse sehr
stark und gewannen auch vielfach die
politische Herrschaft. Noch heute gehören
die Ruinen sowohl der buddhistischen
(Boro-Boedoer; S. 206) wie der
brahmanischen religiösen Bauwerke
mit zu den schönsten Beispielen indischer
Bauweise. Politisch zerfiel die
Insel in eine Reihe von Hindureichen.
Bis Ende des 15. Jahrh. war das
mächtigste Reich das von Madjapahit.
Um 1400 wurde von arabischen Kaufleuten
der Islam eingeführt; Mohammedaner
gründeten die Reiche Bantam
und Mataram und eroberten Madjapahit
um 1480. Bei Ankunft der Europäer
auf Java bestanden hauptsächlich
die Reiche Bantam, Jakatra, Tscheribon
und später Mataram, das mächtigste
von allen. Um 1520 hatten die
Portugiesen Handelsverbindungen mit
den Eingebornen angeknüpft; aber
1596 erschienen die Holländer, verdrängten
die Portugiesen und siedelten
sich an. Sie bemächtigten sich Jakatras,
erbauten 1619 Batavia, wußten
die einheimischen Fürsten durch Zwiespalt
zu schwächen und zu unterwerfen
und verjagten auch die Engländer,
die ebenfalls Kolonisationsversuche
gemacht hatten. 1684 nötigten
sie den Sultan von Bantam, ihnen
seine Hauptstadt einzuräumen; um
1700 wurde Tscheribon unterworfen,
und 1742 ward Bantam ein Lehen der
Holländisch-Ostindischen Kompanie.
Vom Kaiser von Mataram gegen die
Makassaren und Maduresen zu Hilfe
gerufen, zwangen ihn die Holländer in
ein Lehnsverhältnis. 1755 teilten sie das
Reich in zwei Hälften, deren eine sie
dem rechtmäßigen Erben gaben, der
nun den Titel Susuhunan führte, während
sie über die andre einen Seitenverwandten
des Kaisers mit dem Titel
Sultan setzten.
[S. 194]
Die Fürsten wurden
in strengster Abhängigkeit erhalten
und mußten an ihren Höfen holländische
Residenten aufnehmen, auch
dulden, daß die Holländer bei ihrer
Residenz ein Fort besetzt hielten. 1811
kam die Insel in den Besitz der Engländer.
Nach dem Pariser Frieden erhielten
die Holländer 1815 Java zurück.
Eine der gefährlichsten Erhebungen
war die 1825 von Diepo-Negoro; 1846,
1848-49 und 1908 mußten gegen die
benachbarte Insel Bali Kriegszüge
unternommen werden.
Literatur: J. Veth, Java, geographisch,
ethnologisch, historisch (Haarlem
1896-1903); J. Giesenhagen, Auf
Java und Sumatra. Streifzüge und
Forschungsreisen im Lande der Malaien
(Leipzig 1901); Haeckel, Aus
Insulinde (Leipzig 1908).
Reisen in Niederländisch-Indien.
Beste Reisezeit ist Mai und Juni.
Ausrüstung. Reiseanzug im Gebirge
wie in Deutschland, da die Nächte
kalt und der Witterungswechsel oft
schroff ist. An der Küste und in der
Ebene ist Tropenausrüstung unentbehrlich,
dazu Gesichtsschleier, baumwollenes
Unterzeug, reichlich Wäsche,
seidene oder leinene Jackettanzüge,
dazu Tropenhelm. Abends trägt man
in den Klubs und ersten Hotels geschlossene
weiße Anzüge; für Festlichkeiten
leichter Frackanzug ohne Futtereinlagen.
Pyjamas und Sarong. In
den Hauptplätzen auf Java kann man
jede Ausrüstung zu mäßigen Preisen
beschaffen. Weiße Anzüge in Singapore
$ 21/2, in Batavia beim europäischen
Schneider 8-10 Fl., beim Chinesen
6 Fl., in 24 St. herstellbar.
Verpackung der Vorräte muß gegen
Feuchtigkeit und Kakerlaken schützen,
also am besten in Blechbüchsen.
Geld wie in den Niederlanden,
1 Silbergulden (Fl.) etwa = 1,70 Mk.
= 100 cents oder 10 dubbeltjes.—
Goldmünzen: 10-Guldenstücke.—
Silbermünzen: Rijksdaalder = 21/2
Fl., gulden = 1 Fl., halve gulden =
1/2 Fl., kwartgulden, kwartje = 1/4 Fl.,
dubbeltje = 1/10 Fl.—Kupfermünzen:
21/2, 1 und 1/2 cent.
—Banknoten der
Niederländisch-Indischen
Regierung und der Javasche Bank
sind vollwertig, Banknoten des Mutterlandes
(Niederlande) gelten etwas geringer.
Falsche Rijksdaalder, Gulden
und 1/2-Guldenstücke sind häufig!
Verkehrssprache: Für die niederländisch-indischen
Namen beachte
man, daß oe = u im Deutschen, ou
= au, ui = eu, ij = e-i; für Kenner
des Plattdeutschen macht das Holländische
keine allzu großen Schwierigkeiten;
die gebildeten Holländer verstehen
meist Deutsch.—Die javanische
Sprache, die von der Bevölkerung
Mittel-und Ostjavas (im W.
der Insel spricht man Sundanesisch, im
O. viel Maduresisch), d. h. von etwa
18 Mill. Menschen gesprochen wird,
ist ein Zweig des malaiisch-polynesischen
Sprachstammes. Sie ist die
Tochter der altjavanischen oder sogen.
Kawisprache und enthält viele Lehnwörter
aus dem Sanskrit. In der
Umgangssprache ist der Unterschied
zwischen der vertraulichen und der
höflichen Rede ungemein scharf ausgeprägt.
Die javanische Schrift
hat sich entwickelt aus der alten Kawischrift,
die einer altertümlichen indischen
Schrift entstammt. Die beste
Grammatik des Javanischen ist T.
Roordas »Javaansche grammatika« (Amsterd. 1855),
in kürzerer Fassung
desselben »Beknopte javaansche grammatika« (das. 1875,
4. Aufl. 1893), Javanisch-Niederländisches
Wörterbuch,
ebenfalls von T. Roorda. »Praktische
Grammatik der javanischen Sprache« von
Bohatta (Wien). — Im Verkehr
ist die malaiische Sprache sehr
üblich (s. unter Singapore, S. 167);
ein sehr nützlicher Sprachführer ist
für Deutsche: Hüttenbach, Anleitung
zur Erlernung der malaiischen Sprache
(Verlag von J. Haltermann, Medan-Delhi,
S. 158, Sumatra), auch in Batavia
zu haben, Preis 1 Fl.
Lebensweise vorsichtig wie in Indien
(s. S. 51). Märsche, Ritte nur
morgens anzuraten; in der heißesten
Tageszeit bleibe man im Hause oder
ruhe im Schatten. Bad morgens und
nach Bedarf nachmittags.
[S. 195]
Gasthöfe gibt es jetzt auch in den
kleinern Städten, sie sind meist recht
gut, mit luftigen Zimmern, vorzüglichen
Betten, Moskitonetzen. Empfohlen
wird telegraphische Bestellung
der Zimmer (nach kurzem Code des
Touristenbureaus).—Die über das
Land verteilten staatlichen Rasthäuser
(ähnlich den brit.-ind. Dâk Bungalows),
die sogen. Pesanggráhans, dienen nur
den niederländ. Staatsbeamten und
sind von Reisenden nur mit Erlaubnis
der Provinzregierung zu benutzen.
Eisenbahnen (staatlich) sind in I.
Klasse bequem und sauber, größere
Bahnhöfe mit guten Wirtschaften, auf
kleinern sind stets Früchte zu haben.
(Man reist viel angenehmer als in
Indien!) Nachts fahren keine Züge.
Europäer benutzen auf Java auch die
II. Klasse; in einigen Zügen Speisewagen.
Freigepäck 30 kg, Handgepäck
darf nur 20 kg wiegen.
Führer für Niederländisch-Indien:
»Guide through Netherlands India of
the Royal Packet Company«, herausgegeben
von der Koninklijke Paketvaart
Maatschappij (Amsterdam 1903).
Touristenbureau in Weltevreden
(Batavia) und Rijswijk, Gang Pool,
gibt freie Auskunft, verschafft Karten
und Fahrpläne (Sprechzeit 71/2-1 u.
41/2-71/2 Uhr), gibt auch den Reiseführer
»Trips in the Isle of Java« heraus.
Paß. Zum Reisen auf Java ist eine
vom Residenten auszustellende »Toelatingskaart«
erforderlich. Das Touristenbureau
(s. oben) soll ermächtigt
sein, diese Karte sofort auf Wunsch
auszustellen. Für Reisen auf Sumatra,
Borneo, Molukken, Celebes ist Reiseerlaubnis
nötig, die vom Justizdepartement
ausgestellt wird und durch das
deutsche Generalkonsulat zu beschaffen
ist.
Batavia.
Vgl. den Lageplan S. 196 und den beifolgenden Stadtplan.
Ankunft zur See. Die meisten
Dampfer laufen in den durch zwei
lange Molen geschützten Hafen von
Tandjong-Priok ein, der etwa 9 km
östl. vom alten Hafenkanal vor der
Stadt Batavia liegt. Aber auch die
Bai von Batavia, in der die größten
Dampfer und Segler mit feuergefährlicher
Ladung ankern, ist durch
Riffe und Inseln gut gegen Seegang
geschützt; von den Dampfern auf der
Reede gelangt man mit Dampfbarkassen
zum Hafen. Die Dampfer der
Koninklijke Paketvaart-Maatschappij,
überhaupt alle Passagierdampfer, machen
stets dicht am Kai im Hafen fest.
Gepäck-Kulis erhalten 10 cents für
jedes Stück; zunächst etwas umständliche
(aber loyale) Zolluntersuchung
im Zollamt (Zoll 6 Proz. vom
Wert). Zur Einfuhr von Waffen bedarf
es einer vorherigen Erlaubnis des
Residenten. Gezogene Gewehre unter
91/2 mm Kaliber und ebensolche Repetierpistolen
dürfen nur mit Erlaubnis
des Generalgouverneurs eingeführt
werden, deshalb empfiehlt es
sich, solche größern Kalibers mitzunehmen.
—Der Bahnhof zur Fahrt
nach Batavia liegt neben dem Zollamt.
Man kann sich telephonisch Gasthofswagen
zum Bahnhof Noordwijk in
Weltevreden bestellen; dann nehme
man Fahrkarte bis dahin; nach 20 Min.
umsteigen in Stat. Batavia, in der Unterstadt.
Wer in Alt-Batavia zunächst
Geschäfte hat (Geldwechseln), steige
schon da aus. Neuerdings ist Weltevreden
direkt mit Tandjong-Priok
durch Bahn verbunden; man nimmt
Fahrkarten bis Stat. Kemajoran in
Weltevreden.
Gasthöfe liegen in Weltevreden;
Hôtel der Nederlanden (deutscher Bes.
Merten) in Rijswijk, in bester Lage
(Pl. 1, B4), empfohlen; 100 Z., Pens.
6-10 Fl.; stellt Auto.—Hôtel des Indes
(Pl. 2, B4), Molenvliet; 150 Z., gut, gelobt,
Pens. von 6 Fl. an.—Grand Hôtel
Java (G. G. Lion), Rijswijk (Pl. 3, B4)
bei Stat. Noordwijk; 70 Z., F. 1, Lunch
1,50, Din. 2, Pens. 6 Fl.—Hôtel Wisse
(Pl. 4, B4), Noordwijk, Ecke Molenvliet.
—Bescheidener: Hôtel Ort (Pl. 5, B4),
Molenvliet; Z. 2,50-4 Fl. Überall Pension
tägl. von 6 Fl. an, bei längerm
Aufenthalt billiger; Deutsch wird meist
gesprochen. Neben europäischem Gabelfrühstück
die gute »Reistafel«, Curryreis
mit vielen scharfen Zutaten:
Huhn, Fisch, Gemüse, Früchte etc.,
sehr gesund und nahrhaft.
Pensionen: Tramzicht; Weltevreden;
Molenvliet; alle in Molenvliet Ost.
[S. 196]
Restaurant: Restaurant-Hôtel der
Nederlanden in der Benedenstad.
Post: In der Benedenstad, nahe
Stat. Batavia, in Binnen-Nieuwpoortstraat
(A2); in Weltevreden, Schoolweg,
neben dem Theater und auf Rijswijk,
Tanah abang, nahe Klub Harmonie,
geöffnet 8-6 Uhr, an Posttagen
bis 8 Uhr abds. Poste restante-Briefe
gehen zum Postamt Weltevreden.—
Telegraph im Postamt. Kabel nach
Singapore, Banka und über Billiton
nach Borneo.—Telephon in allen
Gasthöfen; öffentliches Amt in Kali
Besar Unterstadt.
Wagen: Sádo (aus: dos-à-dos); auch
gedeckte Wagen (ebro und ropo), 1 St.
1 Fl.; Sänften (planki) nur in der Unterstadt.
—Gasthofswagen.
Automobile stellen Hotel der Nederlanden,
Hotel des Indes, Hotel Wisse,
ferner »Het Centrum« (Noordwijk) und
Fuchs (Parapatan und Tanah abang).
Lageplan von Batavia.
Straßenbahnen: Dampftram (trem
setum) von der Unterstadt bis Meester-Cornelis
alle 10 Min.—Elektrische
Bahn nach Rijswijk und Tanah abang
(A5) alle 10 Min.
Eisenbahnen: Staatsspoor (»S. S.«)
nach Oberstadt (Pasar Senèn, C5), Meester-Cornelis,
Bekasi, Keedoenggedeh
und je eine Linie nach Tandjong-Priok
und Anjer.—Nederland. Indie
Spoorweg (»N. I. S.«) zur Oberstadt
(Stat. Noordwijk und Koningsplein),
Meester-Cornelis und nach Buitenzorg,
von da Anschluß an das große staatliche
javanische Bahnnetz, Man
kaufe den neuesten Fahrplan!
[S. 197]
Dampferagenturen: Norddeutscher
Lloyd, Behn, Meyer & Co. (Tel.-Adr.:
Nordlloyd Batavia. Passagekontor
Kali Besar West.—Koninklijke Paketvaart
Maatschappij; Stoomvaart Mij.
Nederland, beide Weltevreden, nahe
Sluisbrug, auch Kali Besar Ost und
Tandjong-Priok.—Rotterdamsche
Lloyd: Internationale Crediet-en Handelsvereeniging
»Rotterdam« in Weltevreden,
nahe Sluisbrug und Kali Besar
Ost.—Messageries Maritimes: Reynst
& Winju (Tel.-Adr.: Messageries-Batavia),
Kali Besar Ost.
Reisebureau: Weltevreden, Koningsplein
(O5), besorgt Fahrkarten
etc.; vgl. auch S. 195: »Touristenbureau«.
Banken: Javasche Bank (A2), gegenüber
der Post in der Unterstadt.—
Nederlandsche Handel-Maatschappij,
Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft
und der Deutschen Bank.—
Nederlandsch-Indische Handelsbank,
Unterstadt und Noordwijk.—Nederlandsch-Indische
Escompto Maatschappij
(Wechselstube in der Oberstadt
bei Sluisbrug und in Tandjong-Priok
am Landeplatz).—Chartered Bank of
India, Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—Hongkong & Shanghai
Banking Corporation, Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft u. der Allg.
Deutschen Creditanstalt in Leipzig; die
beiden letzten in Kali Besar West.
Theater (C4) am Komedieweg.
Konzerte in der Harmonie und im
Konzertgarten am Waterlooplein, So.
51/2 bis 61/2 Uhr Nm., auch abds. im
Botanisch-Zoologischen Garten (C5).
Konsulate: Deutsches Reich, in Weltevreden,
Koningsplein West, nahe dem
Museum, Generalkonsul Dr. Lettenbauer;
Sekretär Schleifenbaum. Tel.-Adr.:
»Germania«.—Österreich-Ungarn,
Konsul Th. Quellhorst, Noordwijk,
gegenüber Java-Hôtel.—Schweiz,
Konsul A. E. J. Buß (in Firma Maintz
& Co.), Kali Besar West.
Vereine: Deutscher Turnverein.—
Vornehmster niederländischer Klub:
Harmonie, Rijswijk; Militärklub Concordia,
Waterlooplein (C4).
Ärzte.—Apotheken.—Krankenhäuser:
Militärhospital am Hospitaalweg
(C5); Diakonissenhaus Tjikini.
Buchhandlungen: G. Kolff & Co.,
Batavia, Benedenstad, Kali Besar 24.
—In Weltevreden: Noordwijk, gegenüber
dem Java-Hôtel.—H. M. van
Dorp & Co., Benedenstad, gegenüber
dem Bahnhof der N. I. S. (Reiseführer
vorrätig).—Zeitungen: Het Bataviaasch
Nieuwsblad; Java Bode; Het
Nieuws van den Dag.
Photographen: Charls & van Es;
Koene & Co. (beide Firmen deutsch).—
Geschäftsadressen: van Arcken & Co.,
Uhrmacher und Juwelier.—Verkaufsstelle
für Kuriositäten, Landeserzeugnisse
»Ost und West« (staatlich unterstützt)
in Weltevreden, nahe der Harmonie.
Zeiteinteilung für Java. Auf 7
Tage: 1. Tag Batavia; 2. Tag Buitenzorg;
3. Tag Fahrt nach Garoet;
4. Tag Besteigung des Papandajan;
5. Tag Bandoeng; 6. Tag Besteigung
des Tangkoeban Prahoe; 7. Tag
Rückfahrt nach Batavia.—Auf 14
Tage: 1. Tag Batavia; 2. Tag Buitenzorg;
3. Tag Fahrt nach Maos;
4. Tag Djokjakarta; 5. Tag Ausflug
nach Boro-Boedoer; 6. Tag Fahrt nach
Soerabaja; 7. Tag Fahrt nach Pasoeroean
und Tosari; 8. Tag Besteigung
des Bromo; 9. Tag Rasttag in Tosari;
10. Tag Rückfahrt nach Soerabaja;
11. Tag Fahrt nach Maos; 12. Tag
Fahrt nach Garoet; 13. Tag Besteigung
des Papandajan; 14. Tag Rückfahrt
nach Batavia. Andre Reisepläne
im Touristenbureau in Batavia
und bei den Agenturen von Thos. Cook
& Son in andern Plätzen (nicht in Batavia)
zu erkunden.—Wer die reizende,
weiche javanische Landschaft,
über die ein lichtes wunderschönes
Grün gebreitet ist (daher »Smaragdinsel«),
aus dem die großen vereinzelten
Vulkanpyramiden aufsteigen, genießen
will, mag gern einen Monat
auf Java verwenden.
Geschichte. Der niederländische
Generalgouverneur Pieter Both legte
1610 bei Jakatra eine Faktorei an,
die der berühmteste seiner Nachfolger,
Jan Pieterzoon Coen, anstatt Amboinas
1619 zur Residenz machte.
[S. 198]
Von den Engländern unterstützt, versuchten
1618 die Fürsten von Bantam
und Jakatra die niederländische
Besatzung zu vertreiben; doch 1619
besiegte Coen den Fürsten von Jakatra
und besetzte sein Reich. Ein
Fort wurde zum Schutz der nun Batavia
getauften Stadt angelegt, das
alle Angriffe des Susuhunan von
Mataram, des Herrschers über Zentral-
und Ostjava, überstand und sich
schnell entwickelte. Als aber infolge
eines Erdbebens 1699 die Mündung
des Tjiliwong verschüttet und das
Uferland sumpfig wurde, verlegte 1809
der Generalgouverneur Daendels die
Residenz nach der 6 km landwärts gelegenen
Ebene von Weltevreden und
ließ die Befestigungswerke abtragen.
1811 wurde die Stadt von den Engländern
besetzt, aber 1816 an die
Niederlande zurückgegeben.
Batavia, Hauptstadt Niederländisch-Ostindiens und der gleichnamigen
Residentschaft Javas, mit (1905) 138500 Einw. (darunter
über 8000 Europäer und 28000 Chinesen), liegt nahe dem Westende
der Nordküste, unter 6° 7' südl. Br., an der Südseite einer geräumigen,
durch 17 kleine Koralleninseln geschützten Bai und am
Flüßchen Tjiliwong, inmitten ausgedehnter Reisfelder und Kokospflanzungen.
Die Unter-oder Altstadt (Benedenstad, AB2) enthält
das große Stadthaus, eine Kirche, die Javasche Bank, die Zollgebäude,
ein für Chinesen und ein für Eingeborne bestimmtes Hospital
sowie ein Gefängnis für letztere, die Magazine der Regierung und
der Niederländischen Handelsgesellschaften, die Kontore und Speicher
der großen Handelshäuser und der Schiffsagenturen, ist aber nur
noch von Malaien, Javanen, Arabern und Mauren, Mischlingen und
Chinesen (im chinesischen Kampong) bewohnt, während die Europäer
ihre ehemaligen Wohnhäuser in der Unterstadt nur während
der Geschäftsstunden aufsuchen, sonst aber in dem neuen Stadtteil
Weltevreden (= Wohlzufrieden; C4/5) wohnen, wohin der fast 4 km
lange, gleichfalls europäische Stadtteil Molenvliet (AB3) über die
Stadtteile Noordwijk und Rijswijk (B4) hinüberführt. Die luftigen
großen Häuser, mit Veranden, liegen getrennt zwischen Zierbäumen.
In Rijswijk das großartige Harmoniegebäude, das Palais des Generalgouverneurs,
südl. angrenzend der schöne Rasenplatz Koningsplein
(B4, 5), der ringsum von schönen Gebäuden, darunter die
armenische Kirche, das Gebäude der Naturhistorischen Vereinigung,
das Museum der Gesellschaft für Künste und Wissenschaften und die
Wilhelmskirche, umgeben ist. An die NO.-Ecke von Koningsplein
schließt sich die Zitadelle Prinz Frederik Hendrik (B4) und das neue
Gebäude der Koninklijke Paketvaart Maatschappij. Östl. vom Tjiliwong
liegen um den großen Platz Waterlooplein (C4) die römisch-katholische
Kirche, das Theater, die Freimaurerloge, das Gefängnis
für Europäer, das Regierungsgebäude (Het Paleis), das Laboratorium,
Infanterie-und Artilleriekaserne (Kavallerie im Stadtteil Rijswijk);
südl. das große Militärhospital und das Arsenal (C5). Hieran schließen
sich die von Eingebornen und Chinesen bewohnten Kampongs.—
Die Industrie beschränkt sich auf Kalkbrennerei, Ziegelfabrikation,
Töpferei, Gerberei und Destillation von Arrak; Hausindustrie ist
die Matten-und Korbflechterei, Batiken etc. Der Fluß Tjiliwong
ist in ein Kanalnetz zerlegt, von dem Batavia durch-und umzogen
wird. Da in der seichten innern Reede nur flachgehende Schiffe
ankern können, hat man 9 km östl. bei Tandjong-Priok einen Hafen
angelegt, der durch Kanal, Eisenbahn und Fahrstraße mit Batavia
[S. 199]
verbunden ist.—Ausfuhrartikel sind Kaffee, Zucker, Tabak, Gewürze,
Pfeffer von Sumatra, Zinn aus Bangka und Billiton, Damaraharz,
Indigo, Reis, Rotang, Gambir, Kopra, Bambushüte, Häute,
Tee, Arrak, Palm-und Kajeputöl, Teakholz, Büffelhörner und
Büffelhäute, Chinarinde, Kampfer, Kassia, Sandel-und Sapanholz,
Tamarinden, während die Einfuhr in europäischen Manufakturen,
Eisen, Luxusartikeln, Wein, Butter, Konserven besteht. Die Hälfte des
Umsatzes fällt auf das Mutterland. Der Schiffsverkehr ist lebhaft.—
Zu den Bildungsanstalten gehören das Gymnasium Wilhelm III.,
je eine höhere Bürgerschule für Knaben und Mädchen, 13 andre
Regierungsschulen, 5 Privatschulen, die Parapatan-Waisenstiftung.
Für Nichteuropäer bestehen 30 Schulen, außerdem 1432 mohammedanische
Schulen. Eine medizinische Bildungsanstalt für eingeborne
Ärzte (Doctors Djawa) ist am Militärhospital. Weiter sind zu nennen
die Batavische Gesellschaft für Künste und Wissenschaften (1778 gegründet),
die Gesellschaft für indische Sprach-, Länder-und Völkerkunde,
die Gesellschaft für Landbau und Industrie, die Gesellschaft
für Minenwesen (mit großen mineralogischen Sammlungen).—Batavia
ist Sitz des Generalgouverneurs und der höchsten Regierungs-,
Gerichts-und Militärbehörden, eines katholischen Erzbischofs, einer
Handelskammer.—Die Umgebung ist bedeckt mit den von Eingebornen
und Chinesen bewohnten Dörfern (Kampongs) inmitten
ausgedehnter Kokospflanzungen und Reisfelder.
Rundfahrt. Früh zwischen 6 und 9 Uhr fahre man durch die
schönen Straßen von Weltevreden im Wagen (durch Tanah abang,
Kebon Sirih, Tjikini, Pegangsaan, Matraman, Kramat, Waterlooplein,
Koningsplein) oder um 6 Uhr mit der Dampfstraßenbahn in
die Benedenstad und gehe zum Kleine Boom (A1) durch das alte
Tor des Bataviakastells, wo die alte Kanone Merians besar (oder
djagoer) liegt, die von der eingebornen Bevölkerung als Fruchtbarkeitsspenderin
verehrt wird. Nicht weit davon ist der sehenswerte
Fischmarkt Pasar Ikan; dann über eine Zugbrücke und durch
Kali Besar, wo die alten holländischen Kaufhäuser stehen; zurück
zur Straßenbahn durch das chinesische Viertel (A2). Dann kann man
Kaufleute etc. in der Altstadt im Geschäftsviertel besuchen, hierauf
fahre man zum *Museum (B5) am Koningsplein (8-3 Uhr geöffnet,
Mi. und So. frei); es enthält eine vollständige javanische ethnographische
Sammlung: Häusermodelle, Hausgerät, Waffen, interessante
Musikinstrumente, besonders das Gamelang (16 Kupferplatten
über zwei Bambustragbalken, in C-Dur ohne halbe Töne), große und
kleine Gongs in Holzgerüsten, groteske Wajang-Puppenfiguren für das
javanische Schattenspiel, kunstvolle Sarongs, bunte Stroharbeiten,
Modelle von Folterwerkzeugen und Hinrichtungsarten; in einer
Schatzkammer sind Schmucksachen, mit Edelsteinen besetzte Kris,
ein goldener Sultansthron. Auch die Archäologische Sammlung ist
sehenswert; berühmt ist die *Münzensammlung. Vor der Bibliothek
(Mi. und Sa. 71/2-9 Uhr Vm., So. 8-11 Uhr) steht ein kleiner Bronzeelefant
(Geschenk des Königs von Siam).—Nach der Reistafel, zwischen
1-5 Uhr Nm., ruhen alle Holländer der Hitze wegen, die Straßen
sind leer; nach 5 Uhr unternehme man Spazierfahrten in den prächtigen
[S. 200]
Straßen Weltevredens (s. oben) zu den Plätzen, wo die Musik
spielt und die vornehme Welt Batavias promeniert. Dabei sieht man
die Denkmäler von Jan Pieterzoon Coen, den Begründer der Stadt,
das Waterloo-Denkmal mit Löwen, ein Siegesdenkmal mit Eisernem
Kreuz, das Denkmal des Generals Michiels, letztere drei auf dem
Waterlooplatz.
Von Batavia nach Buitenzorg.
Eisenbahn (am besten mit Morgenschnellzug, etwa 7 Uhr) von
Batavia, Stat. Noordwijk, in etwa 11/4-21/2 St., für I. Kl. 43/4, II.
31/4 Fl. Man fährt durch Reisfelder und Obstgärten, Kaffeeplantagen
und üppige Wälder mit hohen Palmen, Tamarinden, Banyans, Bananen,
Farnen und Bambusgebüschen. Herrliche Ausblicke auf das
Bergland Javas; die Bahn steigt durch die Vorberge bis (62 km)
Buitenzorg.
Führer für Buitenzorg: Dr. W. Burck, »Wandelingen door den Botanischen
tuin«, auch in deutscher Übersetzung zu haben; »Gids van Buitenzorg en
Omstreken«, Verlag von Gr. Kolff & Co. in Batavia; Führer des Touristenbureaus
(S. 195).
Buitenzorg (spr. beutensorch, d. h. Ohnesorge = Sanssouci), 263 m
ü. M. (Hôtel Bellevue, sehr gerühmt, man nehme eine »bergkamer«,
Zimmer nebst Veranda, mit Aussicht aufs Gebirge [Vulkan Sálak],
Pens. tägl. 6-8 Fl., Wagen am Bahnhof, man fährt 10 Min. durch
die Allee Djalan besar; Hôtel du Chemin de Fer, am Bahnhof, Pens.
6 Fl., Restaurant), ist eine vornehme, entzückende Villenstadt, seit
1746 Residenz des Generalgouverneurs, mit Klubhaus, protestantischer
Kirche, großem Markt, Rennplatz. Vor dem schönen Palais
des Generalgouverneurs liegt eine große Wiese mit Gazellen und
Hirschen. Zwischen 2 und 5 Uhr Nm. meist Gewitter mit starkem Regen
in Buitenzorg, wonach man sich mit den Ausflügen einrichten
muß. Mehrere Besuche erfordert die Hauptsehenswürdigkeit, der
*Botanische Garten, der wissenschaftlich wertvollste, schönste und
reichhaltigste Tropengarten der Erde, begründet 1817 von dem deutschen
Botaniker Kaspar Georg Reinwardt, 1880-1909 unter Leitung
des Prof. Dr. Melchior Treub, seit dessen Tod ist Dr. H. J. Wigman
Direktor; ihm untersteht ein Stab von 24 meist niederländischen
Naturforschern, die in Laboratorien arbeiten. Zum Garten gehören
ein großartiges Herbarium, eine botanische Bibliothek von 20000
Bänden, ferner der Kulturversuchsgarten von Tjikömöh (72 ha, etwa
1/2 St. Fahrt von Buitenzorg) und der Gebirgsgarten von Tjibodas
(mit Urwald 313 ha). Zum Besuch der Laboratorien und Sammlungen
ist Erlaubnis im Kontor am Haupteingang einzuholen. Plan
des Gartens erhält man gratis im Kontor. Der Garten ist nach wissenschaftlichen
Grundsätzen geordnet, Art bei Art, bietet aber trotzdem
wunderbare landschaftliche Bilder.
Durch das alte Steintor beim Chinesischen
Marktplatz am Haupteingang,
wo die Direktorialgebäude etc.
liegen, gelangt man in eine vom Hortikulturist
Teysmann 1828 angepflanzte
Allee; jeder der hellen Riesenstämme
trägt eine Schlingpflanze, meist Aroïdeen
und Orchideen, darunter die
Riesenorchidee Grammatophyllum speciosum
(die bis 3000 Blüten gleichzeitig
hat!) und Philodendron mit durchlöcherten
Blättern. R., hinter dem
Hause des Torwarts, findet man die
riesige Liane (Entada scandens).
[S. 201]
In dem
Fahrweg, der nach r. führt, wächst
die Amherstia nobilis mit roten Blütenzweigen
und großen, flachen Schoten,
ferner die Saracca mit gelbem Blütenbüschel;
in der Nähe Pithecolobium und
ein sehr großer Schattenbaum, Schizolobium
excelsum. L. vom Wege stehen
Farngruppen und ein Baum mit auffällig
runder Krone, Xanthophyllum
vitellinum (eine Polygalee); auch die
schraubenförmig gewachsenen Pandanus-Arten
sind sehr bemerkenswert.
In der Nähe, unter den Zykadeen, ist
eine große Orchideenkultur unter
schattenspendenden Bäumen, der Plumeria
acutifolia, der auf javanischen
Kirchhöfen vielfach angepflanzt ist.—
In der prächtigen Palmensammlung
r. vom Seitenfahrwege fällt an einer
Wegecke die ungewöhnlich hohe und
schlanke Niboeng-Palme (Oncosperma
filamentosa) auf, und weiterhin die
rote Pinang (Cyrtostachys Rendah),
dann die stachlige Zalacca, die aufrechtwachsende
Königspalme (Oreodoxa)
aus Brasilien, verschiedene Phoenix-Arten,
darunter die Dattelpalme
(Ph. dactylifera), viele Varietäten von
Kokospalmen (Cocos nucifera), die Ölpalme
(Elaeis Guinensis), Sagopalmen
(Metroxylon) und die berühmte Coco-de-mer
(Lodoicea Sechellarum) mit riesigen
Wedeln und eigenartigen großen
schwarzen Früchten. Von den Palmen
l. stehen tropische Nadelbäume, Araukarien,
Damara-Arten mit breiten blattartigen
Wedeln u. a.—Im untern
Garten, am Tjiliwong-Flusse, wachsen
Mangroven (Rhizophorae), in der SO.-Ecke
die Sonneratia acida, ein Sumpfriesenbaum,
wie die Mangroven, mit
Luftwurzeln, und der ägyptische Papyros
(Cyperus papyrus).—Weiterhin
am Fluß, nahe dem Badeplatz des
Generalgouverneurs, stehen Myrtazeen,
darunter Gewürznelkenbäume,
Djamboes und Eukalyptus; gegenüber
die Lontarpalme, der Eisenholzbaum
und Ficus-Arten.—Am Nordende des
Gartens findet man den Advokaatbaum,
verschiedene Zimtbaumarten,
Kroton-und Cearagummibäume, dazwischen
Kassavasträucher (Manihot
utilissima, »Mandiok«); in der Nähe
Eisenholzbäume, der Paranußbaum
(Bertholletia excelsa), blühende Barringtonia,
Sandelholzbäume und verschiedene
zu den Anonazeen gehörende
indische Fruchtbäume sowie süßduftende
Magnoliazeen. Gleichzeitig Blüten
und Früchte trägt der Stelechocarpus
Burahol; schönen Duft verbreitet
die Myristica Horsfieldii. Zwischen
den Diospyros-Arten (Ebenholzbaum,
Kaki-Fruchtbaum, Styrax Benzoin und
Gutta percha) und giftigen Apocyneen
sieht man nahe dem Palast des Generalgouverneurs
die Kigelia pinnata
(mit wurstförmigen, etwa 40 cm langen
und 10 cm dicken Früchten) und in
einem Teich, am Nordende der alten
Allee, die riesige Victoria regia, am
Ufer die zierliche Urostigma Rumphii.
Zwischen Sapindus Rarak (Frucht als
Seife verwendbar) und andern Sapindazeen,
wie das Filicium decipiens aus
Ceylon, die amerikanische Cecropia;
in der Nähe ein kleiner Teich mit
Nymphäen, beschattet von einer riesigen
Ficus elastica (mit Luftwurzeln).
In der Nähe Mahagonibäume, ein Urostigma
giganteum und der Cocabaum
(Erythroxylon Coca).—Am untern
Ende der großen Allee steht ein Baum
mit Früchten wie Wachskerzen (Parmentiera
cerifera).—Am Ende des
großen Teiches mit schönen Lotosblumen
steht der sogenannte »Baum
der Reisenden«, die imposante Musazee
Ravenala Madagascariensis.—Eine
prächtige Livingstonia-Palmenallee
führt zum Rosengarten, wo ein Denkmal
Teysmanns steht. In der Nähe
Rohrarten und der giftige Upasbaum
nahe dem Orchideenhause; dort findet
man außer zauberhaften Orchideen
auch Passifloren, Maranten, Calatheen,
Bromeliazeen, Dieffenbachia-und Anthurium-Arten.
—(Haeckel, Haberlandt,
Giesenhagen u. a. haben den Botanischen
Garten ausführlich beschrieben.)
————
Ausflug nach Gadok, etwa 12 km
von Buitenzorg, zu Wagen auf guter
Landstraße, vorbei an malerischen
malaiischen Dörfern (Kampongs) über
Batoe-Toelis (Inschriftenstein) mit
schönem Ausblick auf die Umgegend.
Ausflug nach Sindanglaja (S. 202),
etwa 30 km von Buitenzorg, mit Wagen
soll lohnend sein.
[S. 202]
Von Buitenzorg durch die Preanger-Regentschaften nach Soerabaja.
Eisenbahn (vgl. S. 196) von Batavia
(Weltevreden) nach Soerabaja I. Kl.
39,25, II. Kl. 25 Fl.—Touristenkarte:
Batavia-Soerabaja-Pasoeroean-Soerabaja
(60 Tage gültig) I. Kl.
55,35 Fl.—Rundreisekarten: Batavia-Djokjakarta-Batavia
(30 Tage
gültig) I. Kl. 60,95 Fl.; Batavia-Garoet-Batavia
(30 Tage gültig) I. Kl. 28,20 Fl.—
Speisewagen in den Zügen zwischen
Batavia und Soerabaja sowie
im Java-Expreß Bandeng-Soerabaja;
Mahlzeiten 1,50 Fl.—Da nachts keine
Züge fahren, dauert die Reise bis zum
Ostende der Insel 3 Tage. Man kaufe
den neuesten Fahrplan.
Die Javanische Staatseisenbahn (von Buitenzorg ab) »Staatsspoor«
(S. S.), die Java in der ganzen Länge durchzieht, läuft von Buitenzorg
durch Hügelland über Brücken und Viadukte erst nach S., übersteigt
den Paß zwischen dem Sálak-Vulkan (2215 m) und dem dreigipfeligen
Gedeh-Vulkan (3023 m), wendet sich dann nach O., durchläuft
Kaffee-und Teepflanzungen und Wälder mit schönem Blick
auf die südlichen Vorberge (r. sitzen!) und erreicht nach 4 St. Fahrt
(60 km) Soekaboemi (d. h. Entzücken der Welt), 650 m ü. M.
(Hotel Sela Batoe, mit Schwimmbad, Familienpavillons, Billardsaal,
*Aussicht auf Baros und den Gedeh, 28 Z., F. 1, Lunch 1,50, Dîn. 2,50,
Pens. 6 Fl., gelobt; Viktoria Hotel [deutscher Besitzer Lenné], in
Park mit Einzelvillen, Pens. 6 Fl.; Wagen am Bahnhof). Der entzückende,
als Erholungsaufenthalt beliebte Ort, zu längerm Aufenthalt
geeignet, mit Rivieraklima, liegt in den Preanger-Regentschaften,
der größten, reichsten und landschaftlich reizvollsten Residentschaft
Javas, mit etwa 21000 qkm und 2 Mill. Einw.; Männer und Frauen
haben auffallend schöne Körperformen. Das Javanische Märchentheater
(vgl. S. 192) ist sehenswert. In der Nähe (10 Min.) das gute
Hotel und Sanatorium Sela Batoe (1700 m).—Ausflüge mit Wagen
(3-6 Fl.) nach dem Kratersee *Sitoe Goenoeng (1300 m); zum Wasserfall
Tjibeureum von 130 m Höhe; zur Barosbrücke (Aussicht); zum
schmucken Javanendorf Tjisaët u. a.
Die Bahn führt weiter durch einen Tunnel und über eine kleine
Schlucht nach (100 km) Tjiandjoer (579 m; guter Gasthof), unbedeutendem
Ort in einem heißen Talkessel voller Reisfelder;
Fortsetzung der Bahn s. unten.—Von hier fährt man, ohne
sich aufzuhalten, mit Sádo (4-5 Fl.) oder Wagen (11 Fl.) auf prachtvollem
Bergweg nach *Sindanglaja (1074 m; Hotel Sindanglaja, in
herrlicher Lage, Pens. 6 Fl., vorzüglich, Arzt), einer ausgezeichneten
Sommerfrische. In der schönen Umgebung liegt das (20 Min.) Sommerschloß
Tjipanas des Generalgouverneurs; nahebei heiße Quellen zum
Baden. Vom Poentjak, dem höchsten Punkte der Landstraße nach
Buitenzorg, hat man schöne *Aussicht über das Preangerland;
schöner Ruheplatz etwas weiterhin am Telaga Warna (d. h. Farbe
wechselnder See, 200 m Tiefe).
Ausflüge. Die Umgegend bietet Gelegenheit
zu schönen Ausflügen: nach
Kandang-Badaq (d. h. Nashorns Lust),
eine Schutzhütte mit Ausblick in den
Bergen, 2392 m ü. M., in 21/2 St. zu
erreichen, mit Pony und Kulis als Führer
und Wegbahner durchs Dickicht;
von da in 11/2 St. auf den Gipfel des
Vulkans Pangerango (Mandalawangi,
3022 m) oder auf den gefährlichern
Kraterrand des Gedeh (2962 m), zu
dessen Besteigung man bei Vollmond
abds. von Sindanglaja aufbreche, um
bei Sonnenaufgang oben anzukommen;
großartige *Aussicht und seltsam geformter,
riesiger Krater von 250 m
Tiefe und 700 m Breite.
[S. 203]
Wegen Ausrüstung
und bester Zeit zum Aufstieg
hole man Rat im Hotel.—Beim Abstieg
vorbei an dem Wasserfall des
Koeripan-Wildbachs in tiefer Schlucht.
—Von Sindanglaja aus besuche man
den 14 km entfernten botanischen Berggarten
Tjibodas (1425 m), zu Pferd
oder mit Sänfte; hier ist ein herrlicher
Park mit Zedern, Araukarien,
Baumfarnen, Grasbäumen (Xanthorrhoea
australis); dahinter ein Urwald
mit drei 130 m hohen Wasserfällen,
Lianen, Vogelnestfarnen, grauen Gibbonaffen
und Felswänden.—Ferner
Ausflüge nach Goenoeng Kasoer; nach
den Wasserfällen von Tjibeureum, Tjikoendoel
und vielen andern Punkten.
Von Tjiandjoer (S. 202) führt die Bahn (r. sitzen!) über einen
Viadukt über den Tjisokan-Fluß, r. prachtvoller Wasserfall, dann
über die Schlucht des Tjitaroem-Flusses und über den Goenoeng
Mesighit an steilen Abhängen entlang in das Tal hinunter nach
(160 km) Bandoeng (700 m; Hotel Preanger, Pens. 6 Fl.; Hotel
Homann, 50 Z., Pens. von 6 Fl. an; beide sehr gut; deutsche Zeitungen;
Wagen am Bahnhof; Hotel Wilhelmina, Mitte der Stadt,
Pens. 5 Fl.), Hauptstadt der Preanger-Regentschaften mit etwa
22000 Einw., breiten Straßen mit Villen, vor dem großen Platze
das luftige Regierungsgebäude (Mesighit), nebst Park; in der Nähe
der Markt (pasar), ein Seminar für javanische Lehrer und ein Rennplatz
(Rennen im Juli), von dem aus guter Blick auf die südlichen Bergketten.
Bei Bandoeng ein Sanatorium. Gute Badeanstalt mit frischem
Bergwasser in Tjiampelas, etwa 3 km vom Regierungsgebäude, mit
Sänfte (1/2 Fl.) in 20 Min. zu erreichen (Bad 10 cents). Fahrt in 1/2 St.
(21/2-3 Fl.) zum Wasserfall Tjoeroeg (13 m hoch), landschaftlich schön.
Besteigung des Tangkoeban-Prahoe
(2075 m). Aufbruch von Bandoeng
abds. (oder frühmorgens) mit
Wagen auf guter Kunststraße über
eine Bambusbrücke bis (24 km) Lembang
(Hotel Bergzicht, deutscher Besitzer,
Pens. 5 Fl, bei längerm Aufenthalt
billiger, ein Monat 120 Fl.); dort
Reitpferd nach dem Krater für 3,50 Fl.,
Sänfte 5 Fl. Nun vorbei an Chinarindenbaumpflanzungen
im dichten Urwald
bergauf; nach 2 St. erreicht man
einen 2 km langen und 1 km breiten,
200 m tiefen Krater; bald erblickt man
westl. daneben noch einen kleinern
Krater von etwa 100 m Tiefe. Der
größere, Kawa Ratoe (2000 m), ist noch
tätig, aus der braunen Schlammfüllung
steigen Schwefeldämpfe auf; am Ostrande
sind Solfataren mit schönen
Schwefelblumen. Die Wand zwischen
beiden Kraterbecken ist schmal, man
hüte sich vor dem Abrutschen! Der
Abstieg, auch mit Führer in den westlichen
Krater, Kawa Oepas (Giftkrater),
ist gefährlich und sehr ermüdend.
Vom Rande des Tangkoeban-Prahoe
(d. h. gekentertes Boot) *Aussicht über
Krawang auf die Sunda-See vor der
Nordküste Javas.
Von Bandoeng durch das malerische (200 km) Tjitjalengka, in prächtiger
Gebirgslandschaft mit zahlreichen Vulkanen, noch steigend bis
(220 km) Tjibatoe (850 m; umsteigen in die Zweigbahn nach Garoet).
Fortsetzung der Hauptroute S. 204.
Zweigbahn (20 km) südl. nach
Garoet (710 m; Touristenhotel Papandajan [Bes. A. Hacks, Hamburger,
steht mit Rat und Tat zur Seite, sorgt in allem für seine
Gäste], vortrefflich, empfohlen, mit Badeanstalt, 20 Z., Pens. 6 Fl.;
Van Horcks Hotel, Pens. 5 Fl., schöner Garten, gelobt; Klub, für
Fremde zugänglich; Automobile zum Besuch der Ausflugsorte), Bergstädtchen
in schönster Lage, Gelegenheit zu schönen Spaziergängen;
[S. 204]
Fahrt in 40 Min. zum malerischen See *Sitoe Bagendit, Überfahrt
über den See auf bedachtem Floß nach der andern Seite, wo man
einen Hügel besteigt, von dem aus Blick auf 7 große Vulkane (in
der Umgebung von Garoet sind 14 Vulkane, von denen der Goenoeng-Goentoer
[Donnerberg; 2244 m] der unruhigste ist. Fahrt in 11/2 St.
(3 Fl.) zum Wasserfall Tjitis am Fuße des Goenoeng-Goentoer.
Besteigung des Papandajan (2600
m). Aufbruch früh 5 Uhr von Garoet
mit Dreigespann-Wagen (5 Fl.)
in 21/2 St. Trabfahrt bis zum Dorfe
Tjiseroepan (1222 m), 18 km südl. von
Garoet; dort (Mundvorrat mitnehmen
oder Frühstück [2 Fl.] in Villa Pauline)
mit vorausbestellten Pferden (3,50 Fl.),
für Damen Tragsessel (Tandu, 3,50 Fl.),
Führer (75 cts.) und Kuli (50 cts.) aus
dem Rasthause (pesanggrâhan) an Datura-Hecken
entlang und dann im
dichten Urwald steil bergauf; in etwa
2-3 St. gelangt man an einen gelblichen
Hang von Lavagestein und
Schwefelasche, dann zu Fuß durch
eine abgestürzte Kraterwand in einen
dampfenden Kraterkessel, der von
drei Seiten noch Wände hat; aus zahllosen
Spalten dringen zischend Säulen
gelblicher Schwefeldämpfe empor.
Unter Vorantritt der Führer kann
man den Kraterboden stellenweise betreten,
aber Vorsicht! der Boden ist
hohl und bricht stellenweise leicht
durch, auch kann man bei umspringendem
Winde von den Schwefeldämpfen
stark belästigt werden. Der
Kraterrand wurde abgesprengt bei
einem mächtigen Ausbruch des Papandajan
1772, wobei 40 Dörfer verwüstet
und 3000 Menschen umkamen.
Gute Bergsteiger sollten vom Kraterbecken
an der Windseite bis zum
obersten Kraterrande (noch 270 m
höher) steigen, wo sie vom geodätischen
Signal in 2600 m Höhe prächtige
*Aussicht über die Gebirgsketten
haben, soweit der Schwefeldampf es
zuläßt. Am Fuße des Kraters liegt
das Todestal (s. unten). Auf-wie Abstieg
sind wegen des lockern Lavagerölls
schwierig.
Ausflug zum Telaga Bodas. Aufbruch
früh 5 Uhr von Garoet mit
Wagen (hin und zurück 3,50 Fl.) bis
(11 km) Wanaradja, dort Reitpferd
(4,50 Fl.), Tragsessel mit 4 Kulis (5,50
Fl.) und Führer (1 Fl.); man steigt
durch Kaffeepflanzungen und Urwald
bis 1724 m ü. M. und erreicht dann
den von hohen Kraterwänden eingeschlossenen
Weißen See (Telaga Bodas),
dessen milchige, grünlichweiße
Farbe durch Schwefel und Alaun erzeugt
ist. Man kann in 1/2 St. um den
fast runden See von 600 m Durchmesser
herumgehen, der den Krater
des Geloenggoeng ausfüllt, und sieht
dabei einen Wasserfall, heiße Quellen
und eine Solfatara. Seit 1822 hat kein
Ausbruch stattgefunden. Beim Abstieg
geht man durch das 150-250 m tiefere
kleine Todestal (Pedjagolan) an der
NW.-Seite des Berges, von Gebüsch
umgeben, mit kahlem, graugelblichem
Boden, auf dem giftige Gase lagern,
die kleine Tiere sofort töten.
Ausflug zum Tjangkoewang-See.
Früh 1/2-6 Uhr mit Dreispänner (10 Fl.)
über (9 km) Tjiboejoetan (Badeplatz
mit kaltem Wasser) und Tjitjapar
(kalter Schwimmplatz) zum See von
*Lèlès (Tjangkoewang): von da zurück
am See Sitoe Bagandit (s. oben)
vorbei und über Tjipanas (heiße
Quellen) nach Garoet (Ankunft gegen
1 Uhr mittags).
Besteigung des *Kawa Kemodjang,
eines sehr aktiven Kraters, mit prächtiger
Aussicht und auf großartig schönem
Weg zu erreichen. Aufbruch
1/2-5 Uhr vom Hotel mit Dreispänner
(4-5 Fl.) zum Dorf Tjiparai; von da
mit Reitpferd (3 Fl.) oder Tragstuhl
(4 Fl.) nebst Kuli zum Tragen der
Frühstückstrommel und Führer. Rückkehr
nach Garoet gegen 3 Uhr Nm.
Die Hauptbahnlinie führt von Tjibatoe (S. 203) weiter über
Tjamis bergab durch die fruchtbare Ebene von Tasik-Malaja, den
üppigsten Teil des Preanger-Landes, und dann durch die Tiefebene
der Residentschaft Banjoemas durch wildreiche Dschungeln und
Sümpfe nach (380 km) Maos (guter Gasthof am Bahnhof u. a.), wo
die Züge von Batavia und Soerabaja kreuzen. Der Java-Expreßzug
[S. 205]
geht von Bantoeng früh ab, kommt Nm. in Djokjakarta und
abds. in Soerabaja an. Man schütze sich in dieser Malariagegend
besonders vor Moskitostichen durch Schleier und Rauchen!
Zweigbahn von Maos nach Tjilatjap, ein unbedeutender Seehafen und verrufenes
Fiebernest, an der landschaftlich schönen Südküste Javas, der die
lange »Blumeninsel« (Noesa Kembangan) vorgelagert ist.
Weiter über Gombong, Koboemen, Koeto Ardjo; nach 51/2 St. Fahrt
(560 km) Djokjakarta (meist kurz Djokja genannt; Hotel Toegoe
[A. Herscheit], am Bahnhof, 40 Z., F. 1, Dej. 1,50, Din. 2, Pens.
5-6 Fl., gelobt; Hotel Centrum; Hotel Mataram, alle drei nahe dem
Bahnhof), Hauptstadt des gleichnamigen Vasallenstaats, Sitz des
Sultans und eines niederländischen Residenten mit starker Garnison
im holländischen Fort Vredenburg und etwa 60000 Einw., davon
4000 Chinesen und 2000 Europäer. Der Sultanssitz, Kraton, ist ein
mit 4 m hohen und 5 m breiten Mauern umgebenes Stadtviertel,
in dessen Straßen 15000 zum Hofstaat des Sultans gehörige Javaner
leben; mitten im Kraton, hinter zwei Toren und Gittern, ist der
Palast des Sultans mit großem Harem. (Erlaubnis zum Besuch des
Kraton ohne Audienz wird durch den Residenten gern erlaubt, wenn
man ein kurzes Schreiben an ihn rechtzeitig einreicht; beste Besichtigungszeit
Vm.; die Residentschaft stellt einen niederländischen
Unterbeamten, der Deutsch spricht, zur Führung). Das Stadtleben
ist sehenswert.—Rundfahrt. Vom Gasthof morgens mit Wagen
3 Fl.) durch eine Allee zum *Waterkastell, die Ruine eines mit
Graben umgebenen märchenhaften Lustschlosses mit Bädern, Teichen,
Irrgärten, Hallen und Türmen. (Man nehme einen Jungen als Führer.)
Dann weiter über den großen Paradeplatz, wo sich abends bei Militärmusik
die Europäer zeigen, in den Kraton (soweit ohne Erlaubnis zugänglich),
ein Labyrinth von Höfen, Gärten und Tempeln, Häusern,
Leibwachträumen, Elefantenställen, Leopardenkäfigen etc. Der Platz
vor dem Schloß ist schön, die Schlösser sind nicht sehenswert. Man
versäume nicht, über einen Markt in der Stadt (pasar) zu fahren und
das Malen der Sarongs (Batiken) vor den Hütten anzusehen.
Ausflüge: 1) Nach Prambanan;
mit der Bahn (Rückfahrkarte I. 1,75,
II. 1 Fl.) von Djokja in 40 Min. nach dem
Dorf Prambanan, der dritten Station
der Bahnlinie Djokja-Solo, dann zu
Fuß oder mit Wagen in 1/4 St. zum alten
*Hindutempel von Prambanan; beim
Tempel gutes Rasthaus mit Kaffeehaus.
Drei Mauern umgeben die riesige Anlage;
mitten zwischen 157 kleinen Dagobas
stehen auf quadratischer Terrasse
acht große Tempel, gopuraartige Aufbauten
mit breiten Treppen. Der größte
Tempel hat noch zwei Seitentreppen,
im obern Tempelraum ist eine Schiwafigur,
im Nebenraum seine Gattin Durga
auf getötetem Stier; die Javanen nennen
das schöne Erzbild »Lora Djonggrang«,
eine Märchenprinzessin, der
sie Frucht-und Blumenopfer bringen.
Im dritten Tempelraum ist der elefantenköpfige
Sohn beider, Ganesa.
In einem andern Tempel ist ein großen
Reichtum spendender steinerner
Zebustier. Das Schönste sind die
kunstvollen, oft naiv-lustigen Steinfriese
an den Außen-und Innenwänden
der Haupttempel; sie stellen
die brahmanische Götterlehre und das
indische Epos Ramâyana dar; vorzüglich
erhalten ist die Geschichte vom
treuen Affen Hanumân. Der Nebentempel
zeigt groteske Darstellungen
zu Ehren der Göttin der Fruchtbarkeit.
Die Tempelanlage gilt als Grabstätte
der alten hindustanischen Kaiser
von Mataram, etwa im 8. Jahrh. erbaut.
[S. 206]
—Rückweg zum Bahnhof nehme
man über die Tausend Tempel (Tjandi
Sèwoe), 20 Min. nördl., mit einem
großen Mitteltempel, umgeben von
240 kleinen in vier Reihen; der Haupttempel
ist beim Erdbeben 1867 beschädigt,
zeigt aber noch vorzügliche
Götterbilder; erwähnenswert sind die
schönen Frauenfiguren an den Treppenmauern
der Westseite, die eine
Vision Buddhas darstellen. (Beschreibung
des Tempels von Dr. Groneman
beim Tempelwächter zu haben.)
2) Nach *Boro-Boedoer (wer in
Djokja mit Mittagsschnellzug ankommt,
hat auf dem Bahnhof sofort Anschluß
mit der Dampfstraßenbahn nach Moentilan),
32 km nw.; 2 St. Fahrt mit Automobil
(stellt Hotel Toegoe für 65 Fl.
für 5 Personen, hin und zurück über
Magelang); oder mit Dampfstraßenbahn,
vom Bahnhof Djokja abgehend,
nördl. durch gut bebautes Land, meist
Reisfelder, Dörfer mit Märkten, bis
nach (25 km) Moentilan; von da mit
Zweispänner (3,5 Fl.; Dreispänner [7 Fl.]
kaum nötig, Fuhrwerk bestelle man
unterwegs beim Zugführer oder beim
Bahnhofsvorstand) in das Hochland
von Kadoe, das »Paradies von Java«,
in dessen Mitte der wunderbare Tempel
von Boro-Boedoer liegt, umgeben
von Bergen, darunter die Vulkane
Merapi (2875 m) und Merbaboe (3145 m).
Man fahre zuerst zum Vortempel
Tjandi-Mendoe, mit Riesensteinbild
Buddhas. Etwa 4 km weiter, nach
15 Min. Fahrt, erreicht man nach Überschreiten
eines Flusses den Hügelrücken,
worauf, gegenüber dem Haupttempel,
das (14 km) Rasthaus (pesanggrâhan)
mit Wirtschaft (gut zum Essen
und Übernachten) steht. Wenn Zeit
ist, übernachte man dort, weil Sonnenunter-
und-aufgang in Boro-Boedoer
unvergleichlich schön sind. Der Tempelwächter
ist ein Deutscher.—Der
große *»Tempel« von Boro-Boedoer
ist das großartigste buddhistische Bauwerk
auf Java, erbaut im 8. oder 9.
Jahrh., 1907-11 durch die Regierung
gut renoviert. Er ist kein eigentlicher
Tempel, sondern ein kuppelförmiges
Denkmal ohne Innenraum zum Andenken
Buddhas (Stupa). Auf quadratischer
Grundfläche von 153 m
Seitenlänge erhebt sich »jenes in Terrassen
aufsteigende, seltsam grandiose
Bauwerk, das an Mächtigkeit alle
andern buddhistischen Tempelbauten
so weit überragt, wie das Land, in
dem es steht, an Schönheit den Standort
jener übertrifft« (Hans Meyer). Der
Unterbau besteht aus fünf 20eckigen,
von 1,5 m hohen Steinmauern eingefaßten
Terrassen übereinander, jede
mit reichverziertem Tor in der Mitte,
neben dem Treppenstufen zur höhern
Terrasse hinaufführen. Alle Terrassen
sind mit Buddhafiguren, Löwen und
Stieren und reichen Ornamenten geschmückt.
Über der obersten 20eckigen
Terrasse erheben sich noch drei
kreisrunde, die je 32, 24 und 16 (insgesamt
72) sitzende Buddhafiguren
unter offenen (teilweise eingestürzten)
Kuppeldächern (Dagobas) tragen. Als
Krönung des ganzen Baues steht auf
der obersten 37 m hohen Terrasse eine
6 m hohe Dagoba; sie enthielt früher
einen Buddha, der jetzt vor dem Tempel
steht. Leider sind viele Steinfiguren
barbarisch verstümmelt; man zählt
über 400 Buddhabilder. Von den 1500
Basreliefs sind fast 1000 noch gut erhalten
und bilden den künstlerisch
wertvollsten Teil des Ganzen; man erkennt
auf ihnen Segelschiffe mit zwei
Masten, prächtige Rüstungen, Speichenräder.
*Aussicht prächtig von
der Kuppel des Tempels, besonders
bei Sonnenauf-und-untergang! (Beschreibung
des Tempels von Dr. Groneman
ist beim Tempelwächter zu
haben; ausführlicher ist das Werk:
»Die Buddhalegende in den Skulpturen
des Tempels von Bôrô-Budur«
von C. M. Pleyte, mit 120 Abbildgn.,
Amsterdam, Verlag de Bussy.)
Vom Tempel zurück kann man mit
der Dampfstraßenbahn ab Moentilan
16 km nach Magelang (Hôtel Loze)
fahren und von da mit Wagen in die
Hochebene von Diëng (2171 m; gutes
Rasthaus), die mit dem amerikanischen
Yellowstone Park (II. Teil, S. 151)
verglichen wird.—Sehr schön ist die
Wagenfahrt (17-20 Fl.) von Magelang
durch das paradiesische *Kedoetal über
den Pinggit-Paß (686 m) nach (35 km)
Ambarawa (Hotel van Rheeden, genannt
di Atas, gute Verpflegung, Pens.
4 Fl.; Hotel di Bawa), einem idyllischen
Landstädtchen; von dort Eisenbahn
nach Samarang (s. S. 207).
Von Djokjakarta fährt die Bahn durch Reisfelder und große
[S. 207]
Dörfer am Fuße des Vulkans Merapi entlang, r. die scharfzackigen
Felsen der südlichen Gebirge, nach dem Bahnknotenpunkt
(620 km) Soerakarta oder Solo (104 m; Hotel Slier, weit vom
Bahnhof, Wagen zu haben), Hauptstadt des gleichnamigen Vasallenstaats
mit 109459 Einw., darunter etwa 5000 Chinesen und 1200
Europäer, Sitz des Susuhunan (Kaisers) des ehemaligen Reiches von
Mataram und des von diesem unabhängigen Prinzen Mangkoe Negoro
sowie eines beide überwachenden niederländischen Residenten. Der
Kraton, die Kaiserstadt, ist mit hohen Mauern umgeben; Eintrittserlaubnis
erhält man durch ein Schreiben an den Residenten. Gelegenheit
zur Teilnahme an Hoffesten mit interessanten, Jahrhunderte
alten Hofbräuchen und schönen Tänzen der kaiserlichen Bedojohs
(Tänzerinnen fürstlicher Abkunft), dazu Gamelang-(Orchester-)
Spiel, »wajang-wong« (Schattenspiele; vgl. S. 192) und »topèng« (Maskentanz).
Der Kaiser erscheint stets von Zwergen, Lanzen- und
Schildträgern und großem Hofstaat umgeben. (Gesuche um Audienz
müssen vom Generalgouverneur befürwortet sein und mindestens
vier Tage voraus beim niederländischen Residenten in Soerakarta
angemeldet werden.)—Rundfahrt durch die Stadt sehr lohnend
wegen des bunten Volkslebens; morgens besuche man den Markt
(pasar). Sehenswert der schöne Palast (dalem) des Prinzen Mangkoe
Negoro, mehrere Tigerkäfige und der Elefantenstall des Kaisers;
kleiner Zoologischer Garten mit schönen Schlangen, Affen und Tigern.
Prächtige Tamarindenalleen führen zum holländischen Fort Vastenburg,
in der Mitte des Europäerviertels. Auch das lebhafte Chinesenviertel
ist besuchenswert.
Von Soerakarta nach Samarang. Von der Hauptroute zweigt eine
nördliche Linie ab und führt über Goendih und Kedoengdjatti (Zweigbahn
nach Ambarawa, s. oben) nach
(125 km) Samárang, Seehafenstadt mit 96000 Einw. (5000
Europäer).
Gasthöfe: Hôtel du Pavillon, am
Bodjongweg, Pens. 5,5-6,5 Fl.;—Hôtel
Jansen, Heerenstraat, beide gut.—
Hôtel Tjandi, für längern Aufenthalt,
oberhalb der Stadt, Dampfstraßenbahn
bis Djomblang, dann mit (voraus zu
bestellendem) Gasthofswagen hügelaufwärts.
Viele Pensionen; gute Restaurants.
Post u. Tel. neben dem Rathaus,
Telephon neben dem Rathaus.—Wagen
zu haben.—Straßenbahnen: vom
Bahnhof zur Zentralstation und von
da am Rathaus vorbei den Bodjongweg
entlang zur Wohnung des Residenten;
vom Bahnhof durch Oengaran-Allee
südwärts bis Djomblang.—
Eisenbahn nach Cheribon (Anschlußstrecke
nach Krawang im Bau, zur
Herstellung einer direkten Linie Batavia-Samarang)
und über Soerakarta
nach Soerabaja.—Dampfer der Koninklijke
Paketvaart Mij., wöchentlich in
2 Tagen nach und von Batavia und
in 1 Tag nach und von Soerabaja Landung
in Samarang mit Dampfbarkassen
(2 Fl.) oder Segelprauen (11/2 Fl.). Im
Westmonsun ist die Landung oft gefährlich.
—Dampferagenturen: Norddeutscher
Lloyd, C. A. Bertsch (Tel.-Adr.:
Nordlloyd, Samarang); Rotterdamsche
Lloyd, Internationale Credieten
Handelsvereeniging »Rotterdam«;
Stoomvaart Mij. Nederland und Koninklijke
Paketvaart Mij.; Messageries Maritimes.
Bank: Javasche Bank; Nederlandsche
Handels-Maatschappij, Korr. der
Berliner Disconto-Gesellschaft und
der Deutschen Bank.—Konsulat:
Deutsches Reich: Generalkonsulat in
Batavia.
[S. 208]
Die alte Stadt Samarang, nahe der Mündung des Ngaran oder
Samarangflusses, war bis 1824 befestigt, wovon noch das Fort Prins
van Oranje erhalten ist. Der neue Stadtteil liegt hauptsächlich an
der von Kanarienbäumen und Tamarindenbäumen beschatteten
Bodjong-Allee. Im Stadtgarten Mi. und So. Konzert. Eine Oberstadt
liegt auf einem 100 m hohen Hügel etwa 3,5 km südl. von Samarang
in Tjandi; dorthin führt die schöne Oengaran-Allee bis Djomblang,
einen Teil des Chinesenviertels durchschneidend. Lohnende Wagenfahrt
nach dem chinesischen Felsentempel Gedong Batoe. Am Westende
der Stadt liegt das arabische und javanische Viertel, das bei
Westmonsun früher oft überschwemmt wurde. Samarang bietet
wenig für Vergnügungsreisende, ist aber der zweitgrößte Handelsplatz
Javas; lebhafte Ausfuhr von Kaffee, Zucker, Kopra, Indigo
und Büffelhäuten.
Von Soerakarta nach Soerabaja führt die Hauptbahnlinie durch
die mitteljavanische Ebene zwischen den nördlichen Hügelketten
und den südlichen Vulkangebirgen hindurch nach (95 km) Madioen
(Hotel Madioen) und weiter über (175 km) Djomblang und (215 km)
Modjokerto nach
(265 km) Soerabaja (Surabaya), Seehafenstadt mit (1905) 163611
Einw., darunter 8000 Europäer und 11200 Chinesen.
Ankunft zur See. Mit Dampfer der
Koninklijke Paketvaart Mij. von Batavia
dampft man, wenn im SO. der
weiße Leuchtturm von Soerabaja in
Sicht und der Lotse an Bord, durch
das schwierige und sehr seichte Fahrwasser
der Madoera-Straße, r. Java,
l. die gebirgige, von den unzuverlässigen
Maduresen bewohnte, mit üppigem
Grün bewachsene Insel Madoera,
vorbei an vielen ins Wasser hineingebauten
Fischerdörfern, vor denen
zahllose Fischerprauen segeln oder
treiben, auf die mit Dampfern und
Seglern meist dichtgefüllte Reede von
Soerabaja, wo der Dampfer bei dem
weißen Wachtschiff ankert, dicht beim
Landungsplatz Oedjong, an der Mündung
des Flusses Kalimas, beim Wilhelminatoren.
Man landet im Tambangan
(Ruderboot, wie Sampan) für
1/2 Fl. beim Zollamt (kleine Boom),
wo stets, auch wenn man von Batavia
kommt, Zolluntersuchung stattfindet;
Einfuhr von Schußwaffen ist nur mit
Erlaubnis (S. 195) gestattet. Viel Gepäck
lasse man mit Boot zum Gasthof
schaffen; sonst nehme man beim Zollamt
einen Wagen.
Ankunft am Bahnhof: Man steige
womöglich an Hst. Stat. Goebeng bei
Simpang aus, oder an Hst. Soerabaja
(Kotta), je nach Wahl des Gasthofs.
Gasthöfe: Oranje Hotel, am Simpangweg;
72 Z. mit Bad u. Telephon,
modern, Pens. 7-12 Fl., Auto.—Hotel
Embong Malang (Wijnveld), gut; 40 Z.,
Pens. 6 Fl., am Djalan Embong-Malang,
nahe Stat. Goebeng.—Hotel Sarkies,
Pens. 6 Fl.—Hotel Simpang, am Simpangweg;
40 Z., Pens. 6 Fl.—Hôtel
des Indes, in der untern Stadt; 50 Z.,
Pens. 5 Fl.—Hotel-Pension van Vlooten,
Simpang.—N. V. Hotel & Pens. v. d. Blij,
Embong Malang, Pens. 5 Fl.—Restaurants:
Restaurant Grimm und Hellendoorn,
die besten Kaffeehäuser auf
Java, nahe dem Stadtpark und Stat.
Soerabaja (Kotta).—Bierhaus eines
Chinesen, beim Bültzingslöwen-Denkmal,
europäisches Faßbier.
Post u. Tel. nahe dem Stadtbahnhof.
—Telephon ebenda.—Kabel
nach Celebes, Singapore, Australien,
Borneo.—Wagen: Zweisp. (Kosongs)
sind kaum teurer als Sádos.—Straßenbahn:
vom Hafen zum Südende der
Vororte.—Eisenbahn: nach Batavia
über Soerakarta, nach Samarang etc.
[S. 209]
Plan von Soerabaja.
[S. 210]
Dampfer der Koninklijke Paketvaart
Mij. wöchentl. in 3-4 Tagen
nach und von Batavia über Samarang.
—Dampferagenten: Koninkl.
Paketvaart Mij., Geschäftshaus: Willems
Kade.—Norddeutscher Lloyd,
Behn, Meyer & Co., Societeitstraat
(Tel-Adr.: Nordlloyd, Soerabaja).—
Rotterdamsche Lloyd, Internationale
Crediet-en Handelsvereeniging »Rotterdam«.
—Stoomvaart Mij. Nederland.
—Messageries Maritimes, Anemaet
& Co.
Banken: Javasche Bank; Nederlandsche
Handels-Maatschappij, Korr.
der Berliner Disconto-Gesellschaft und
der Deutschen Bank; Hongkong &
Shanghai Banking Corporation; Chartered
Bank of India, China & Australia;
Ned. Ind. Escompto Mij., Korrespondent
der Deutsch-Asiatischen Bank
(Behn, Meyer & Co.).
Theater: Javanische und chinesische
im Hafenviertel, sind nicht empfehlenswert.
—Zeitung: »Soerabaja
Handelsblad«.
Konsulate. Deutsches Reich: Konsul
G. Rademacher.—Österreich-Ungarn:
Vizekonsul Bernhard Wolf.
—Vereine: Simpangsche Societeit (Club)
und Concordia, beide international;
Deutscher Verein (eignes Haus in Genteng,
deutschen Reisenden sehr zu
empfehlen).—Ärzte: Dr. Grün, Genteng;
Dr. van Steden, ebenda; Dr. van
Hasselt, Simpang Doekoe.—Zahnarzt:
Dr. Schöppe, Kaliassin.—Apotheke:
De Vriendschap, Dir. P. C. Gilde in
Aloen-Aloen.—Simpangsche Apotheke,
Simpang.—Krankenhäuser: Militärkrankenhaus,
auch für Zivilisten; Zivilkrankenhaus
Ngemplak.
Soerabaja ist die erste Handelsstadt Niederländisch-Indiens und
liegt auf 7° 14' südl. Br. Am schönsten ist das Stadtviertel Simpang
mit dem *Simpang-und Scheepsmakerspark und schönen Villen,
darunter das Haus des Residenten. In der Nähe des schönen Restaurant
Grimm ist ein Denkmal zu Ehren des tapfern freiwilligen
Krankenträgers v. Bültzingslöwen. In der eigentlichen Stadt stehen
die Häuser nahe beieinander, auch sind die Wohnungen, Geschäftsräume,
Läden der Europäer kaum von denen der Eingebornen getrennt,
infolgedessen die Straßen schmutzig und häßlich sind. Reger
Handelsverkehr herrscht auf dem Flusse Kalimas, an dem die Warenspeicher
und großen Exportgeschäfte liegen. Am Nordende der
Stadt liegt das alte Fort Prins Hendrik, nördl. davon am Hafen
eine große Marinewerft mit Trockendocks und vielen Werkstätten
sowie dem Kasino Modderlust. Der Handelshafen wird neu ausgebaut.
Für Vergnügungsreisende bietet Soerabaja nichts. Der
Handel der Stadt ist sehr bedeutend, Ausfuhr umfaßt Zucker, Tabak,
Kaffee, Kopra; Einfuhr europäischer Waren ist groß.—Nahe südl.
von Soerabaja liegen am Strande von Kalangandjar zwei Schlammvulkan-Hügel.
(Von Soerabaja beste Dampfergelegenheiten zu Ausflügen
nach Borneo, Celebes und den Molukken.)
Von Soerabaja auf den Bromo.
Eisenbahn bis Pasoeroean; dann mit
Sádos (Zweispänner) für 21/2 Fl. in
11/2 St. nach Pasrepan und weiter mit
Bergwagen für 3 Fl. (2 Personen) nach
Poespo. Von hier zu Fuß oder zu Pferd
(auch Tragsessel für Damen) in 3 St.
nach Tosari, wo man übernachtet, um
am andern Morgen vor Sonnenaufgang
die Besteigung (am besten zu Pferd)
des Bromo unternimmt.
Man kann auch an bestimmten Tagen
mit Automobil von Soerabaja nach
Tosari fahren (Mi. und Sa. Nm. für 75
Fl., zurück Do. und Mo. früh für 60 Fl.)
In Pasoeroean oder Soerabaja
bestelle man telegraphisch Zimmer
für die Nacht in Tosari, weil oben oft
alles besetzt ist; der Agent in Pasoeroean
besorgt auch Karten für 6 Fl.
zur Fahrt nach Tosari.
Von Soerabaja mit der Bahn (Automobilverbindung s. oben) über
Sidhoardjo und Bangil in etwa 3 St. nach (65 km) Pasoeroean,
»Betelgarten« (Marine-Hotel; Hotel Morbeck), einer hübschen Hafenstadt
[S. 211]
mit 35000 Einw. (500 Europäer), Hauptstadt der gleichnamigen
Residentschaft, die bei Malang den besten Kaffee und Tabak Javas
sowie Zucker und Indigo liefert. Bank: Nederlandsche Handels-Maatschappij
(Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft).
Von Pasoeroean im Sádos-Zweispänner (s. oben) durch schattige
Alleen auf guter Straße durch das Dorf Gondang-wètan, mit lebhaftem
Markt, in 11/2 St. nach Pasrepan am Fuße des Berges; von
da mit kleinem Bergwagen (s. oben; wenig Gepäck, wollene Decke
und Überzieher mitnehmen!) durch dichten tropischen Urwald steil
bergauf nach Poespo (kleiner Gasthof und Sanatorium), 630 m. Nach
Einnahme des Reistafelfrühstücks geht man in 3 St. hinauf bis Tosari;
wem die Hitze zu groß, nehme Reitpferd (2 Fl.) nebst Saumpferd
(2 Fl.) für Gepäck (größere Koffer werden von Poespo durch
Kulis [je 60 cts.] hinaufgetragen), oder für Damen Tragsessel (3,60 Fl.)
mit 6-8 Trägern (je 60 cts.). Ein guter Weg führt in vielen Windungen
bergan durch den mit großen schwarzen und grauen Affen
und überraschend buntfarbigen Vögeln belebten Urwald, zuletzt durch
Felder, mit europäischen Gemüsen und Kartoffeln, Mais und Zwiebeln.
Tosari (1777 m; Sanatorium Tosari, 1845 begründet, Dir. und
Arzt Dr. Fangmann, vorzüglich, angenehme Geselligkeit, Zimmer
telegraphisch vorausbestellen, Telephon nach Pasoeroean, Pasrepan
und Poespo, 104 Z., F. 2, Lunch 2, Din. 2,50, Pens. 7 Fl.; noch etwas
höher das Kurhaus Tengger [1840 m], Inhaber J. Elfferich, Z. 5-6 Fl.),
die höchste Sommerfrische Javas, wird wegen seines frischen und
trocknen Bergklimas (Luftwärme zwischen 10 und 20° C) viel von Erholungsbedürftigen
besucht. Schöner »europäischer« Garten am Kurhaus.
Im April und Mai sowie Oktober und November ist Tosari am
stärksten besucht. Spaziergang zum *Nymphenbad mit prächtigem
Wasserfall in 40 Min.
Besteigung des Bromo. Von Tosari
Aufstieg zum *Bromo (2300 m)
möglichst früh vor Sonnenaufgang zu
Pferde (besser als im Tragsessel); zu
Fuß hin und zurück ist etwas anstrengend,
da man sowieso zu Fuß
klettern muß. Führer 90 cts.; Zeit zur
Besteigung etwa 3-4 St. Die Gegend
zeigt anfangs europäisch-alpinen Pflanzenwuchs
(Wolfsmilch, Brombeeren,
Kamillen, Rhododendron, Alpenveilchen,
Edelweiß, Baldrian, Erdbeeren,
Vergißmeinnicht etc.). Auf halber
Berghöhe prächtiger Ausblick nach S.,
auf den höchsten Berg Javas, den
Vulkan Semeroe (3676 m), dessen ovaler
Riesenkrater von 9 km Durchmesser
in 2125 m Höhe mit Asche
ausgefüllt ist (nur der Kilaueakrater,
S. 422, ist noch größer). Nach etwa
2 St. Ritt erreicht man den Moenggal-Paß
(2482 m); der Weg teilt sich, l.
erreicht man nach kurzer, steiler Steigung
eine kleine Fläche, auf der eine
Hütte steht; dort, am innern, schroffen
Abhang, *Blick auf den etwa 200 m tiefer
liegenden Sandsee des alten Tengger-Vulkans,
dessen Riesenkrater von
etwa 8 km Durchmesser mit Sand
gefüllt ist; im Sandsee (Dasar) erheben
sich vier kleine Vulkankegel:
der Widodarèn, der Giri (von N.
gesehen, hinter ersterm), der stets
tätige Bromo und der alleinstehende
Batok. Nun etwa 200 m mühsamer
Abstieg (Pferde besser führen) zum
Sandsee, dann Ritt über den Sand
in 3/4 St. westl. und nw. um den Fuß
des Batok zum Fuße des Bromo bis
zu der neuen Steintreppe, die mit
etwa 250 Stufen zum obern Kraterrand
führt, wo die Pferde mit Kulis
zurückbleiben. Dann Aufstieg zum
obern Kraterrand des Bromo (2300 m).
Auf 3/4-Höhe hört man schon das
grollende Donnern und Dröhnen des
Bromo; man glaubt, der Krustenrand
zittere.
[S. 212]
Oben ist eine breite Fläche,
wo man das von den Kulis heraufgebrachte
Frühstück verzehrt. Ein
etwa 1/2 m breiter Fußpfad (nur Schwindelfreien
zu empfehlen) führt in 1 St.
um den 200 m tiefen Kratertrichter
herum, dessen Anblick Hans Meyer
wie folgt beschreibt:
»Aus dem Boden heben sich wiederum
zwei kleinere Kegel, die zurzeit
von kleinen, schmutziggrünen
Teichen ausgefüllt sind und bisweilen
große Blasen treiben. Dicht daneben
aber gähnt unter einem überhängenden
Fels ein feuriger Schlund, so
furchtbar großartig, daß die Phantasie
eines Höllenbrueghel keinen greulichern
Höllenschlund hätte ersinnen
können. Daraus fährt sausend, zischend
und heulend eine Glutflamme,
angefacht wie von Tausenden von
Hochofengebläsen und tobend, daß
man mühsam seine fünf Sinne zusammenhalten
muß, und hoch über
uns verdichten sich die Wasserdämpfe
zu jener weißen Wolke, die wir schon
vom Rande des großen Kraters aus
beobachtet hatten. Ich machte trotz
der Einwendung meines Führers
einen Versuch, in den Krater hinabzuklettern,
fand aber an der abschüssigen
Wand und in dem nachrutschenden
Sandschlamm so wenig Halt, daß
ich schleunigst umkehrte.«
In der Nähe von Tosari liegt ein
*Tenggeresen-Dorf, dessen Bambushütten
viele kleine Kammern haben. Die
Tenggeresen sind Ureinwohner, die
noch der alten javanischen Naturreligion
treu geblieben sind; sie sind ein
sittsamer, friedlicher und fleißiger
Volksstamm, deren Andachtsstätte der
Bromo ist, in dessen Sandmeer sie sich
an jedem zwölften Vollmond mit ihren
Priestern (Dunkun's) in Festkleidern
versammeln, dort Gelübde erfüllen (z. B.
Tänzerinnen tanzen lassen); schließlich
wird auf ein Zeichen des Oberpriesters
unter Vorantritt aller Priester
von Tausenden von Männern,
Frauen und Kindern der etwa 220 m
höhere Kraterrand des Bromo erstürmt;
oben werden als Opfer Früchte,
Hühner, Kleider, Münzen, Kuchen
niedergelegt, von den Priestern gesegnet
und dann in den Krater geworfen
(wobei Jungen aber im innern
Kraterrand auffangen, was sie fassen
können). Das Opfer gilt für die
Seelen der Verstorbenen, die ein Fegfeuer
im Bromokrater durchmachen
müssen, ehe sie auf den Gipfel des
benachbarten, 1000 m höhern Seméroe,
wo ihr Gott-Vater Batoro Guru
lebt (die Walhalla!), gelangen.
Wer vom Tengger-Gebirge noch
mehr sehen will, kehrt nicht nach
Tosari zurück, sondern reitet durch
den Sandsee nach dem Passe von
Ngadisari, nach etwa 200 m Aufstieg
wird der Oberrand des Tenggerberges
wieder erreicht, auf dessen
äußerm sanften Hang das von grünen
Wiesen und Bäumen umgebene höchste
Tenggeresendorf Ngadisari liegt. Nach
1-2 St. gelangt man weiter auf landschaftlich
sehr schönem Gebirgsweg
(mit vielen steilen Abhängen und
schwierigen Stellen) nach Soekapoera,
wo man in dem prachtvoll gelegenen
Rasthaus, pasanggrâhan, übernachtet
(gute, reine Betten). Man telegraphiere
schon von Tosari zum Residenten von
Pasoeroean um Erlaubnis zum Übernachten
im Rasthaus. In Soekapoera
bestelle man telegraphisch von Probolinggo
einen Wagen zum Fuß des Gebirges.
—Am andern Morgen recht
früh zu Wagen (6 Fl.) in etwa 6 St.
nach Probolinggo (Hotel Egener, gut),
Bahnstation und kleiner, malerischer
Seehafenplatz mit 8000 Einw., an der
Madoerastraße, mit schönen Tamarinden-Alleen.
Von hier zurück mit der
Eisenbahn (100 km) über Soerabaja
(S. 208) nach Batavia (S. 195).
Von Tosari sind sehr viele schöne
Ausflüge auf guten Pferden (Tarif im
Sanatorium) zu machen; die Leitung
des Sanatoriums gibt Auskünfte und
besorgt alles. Man muß stets sehr früh
aufbrechen, da mittags meist Nebel
eintritt. Sehr schön und bequem ist der
Ritt nach dem *Penandjaan (2780 m);
man hat das Sandmeer tief unter sich
und schaut in den Bromokrater hinein.
Prächtiger Rundblick!
[S. 213]
II. China, Philippinen, Sibirische Bahn, Korea, Japan. |
11. |
Südchina: Von Singapore nach Hongkong. Kanton. Macao.
Philippinen: Manila S. 214-240
|
|
|
Südchines. Meer S. 214. — Südchina S. 215. — Hongkong S. 220.
— Kanton S. 225. — Macao S. 233. — Von Hongkong nach
Manila S. 234. — Philippinen S. 235.
|
12. |
Von Hongkong nach Schanghai. Yangtse-Fahrt S. 240-265
|
|
|
Swatau. Amoy S. 241. — Futschou S. 243. — Kuschan.
Jungfu. Ningpo S. 244. — Insel Formosa S. 245. — Ostchines.
Meer. Schanghai S. 246. — Yangtse-Fahrt Schanghai-Hankau-Itschang
S. 254. — Nanking S. 256. — Minggrab S. 257. —
Kiukiang S. 258. — Hankau S. 259. — Itschang S. 262. —
Tschungking S. 263.
|
13. |
Nordchina: Von Schanghai nach Tsingtau, Tientsin
und Peking S. 265-280
|
|
|
Kiautschou S. 266. — Tsingtau S. 267. — Lauschangebirge
S. 270. — Tsinanfu S. 272. — Küfu S. 273. — Tientsin S. 275. —
Weihaiwei. Tschifu S. 278. — Tongku S. 279.
|
14. |
Peking und Umgebung S. 280-301
|
|
|
Große Chinesische Mauer S. 295. — Minggräber S. 296. —
Jehol S. 297. — Peking-Hankau S. 299.
|
15. |
Von Berlin nach Moskau und auf der Sibirischen Bahn über
Charbin nach Wladiwostok, Dairen u. Peking S. 301-329
|
|
|
Moskau S. 305. — Tomsk S. 314. — Krassnojarsk. Jenissei.
Irkutsk S. 315. — Baikalsee S. 316. — Amurfahrt Srjetensk-Chabarowsk
S. 317. — Charbin S. 318. — Wladiwostok
S. 320. — Chabarowsk S. 323. — Von Charbin nach Dairen
S. 323. — Mukden S. 324. — Chienshan. Dairen S. Port Arthur
S. 327. — Von Charbin nach Peking S. 328.
|
16. |
Korea S. 330-337
|
|
|
Von Mukden nach Söul S. 331. — Tschimulpo S. 332. —
Söul S. 333. — Von Söul nach Fusan und Shimonoseki S. 336.
|
17. |
Japan. Von Schanghai nach Nagasaki, durch die Binnenlandsee
nach Kōbe, über Osaka, Kyōtō nach Yokohama,
Tōkyō und Nikkō S. 341-411
|
|
|
Ostchines. Meer S. 348. — Nagasaki S. 349. — Eisenbahn
Nagasaki-Moji. Kagoshima. Dazaifu. Hakata S. 353. —
Von Nagasaki durch die Binnenlandsee nach Kōbe S. 354. —
Shimonoseki S. 355. — Eisenbahn von Kōbe über Osaka
und Nara nach Kyōtō S. 356. — Eisenbahn von Shimonoseki
nach Kōbe S. 358. — Kōbe-Hyōgo S. 361. — Kyōtō S. 369. —
Über den Hiyei-zan zum Biwasee S. 377. — Hozugawa
S. 378. — Momoyama. Eisenbahn von Kyōtō nach Yokohama
S. 379. — Yamada. Futami S. 382. — Kunozan S. 383. —
Fuji-no-yama S. 384. — Mianoshita. Über den Hakonesee
und den Jikkokutoge nach Atami S. 386. — Yokohama
S. 388. — Kamakura S. 391. — Enoshima. Kanazawa S. 392. —
Tōkyō S. 393. — Nikkō S. 404. — Chuzenjisee S. 407. —
Yumotosee. Nyohō-zan S. 408. — Ikao. Harnausee. Harunatempel
S. 409. — Asama-yama S. 411.
|
18. |
Von Yokohama über Honolulu nach San Francisco S. 411-423
|
|
|
Stiller Ozean S. 411. — Haiwai- (Sandwichs-Inseln) S. 413. —
Honolulu S. 416. — Kilauea. Mauna Kea. Mauna Loa S. 420.
|
[S. 214]
Südchina.
China wird durch das Tsinlinggebirge
und seine niedrigere östl. Fortsetzung,
das Hwaigebirge, die sich aus
Innerasien heraus bis nahe an die
Meeresküste bei Nanking erstrecken,
in zwei Hauptteile zerlegt, Südchina
und Nordchina, die sich in den mannigfachsten
Beziehungen unterscheiden.
Südchina, auf dessen Betrachtung
wir uns zunächst beschränken, umfaßt
von den 18 Provinzen, in die das eigentliche
China geteilt ist, folgende zehn:
Yünnan, Szetschuan und Kweitschou im
SW., Kwangsi und Kwangtung im SO.,
Hunan, Hupeh und Kiangsi in der Mitte,
Fukien, Tschekiang und den Südteil von
Nganhwei im NO. Für den Weltreisenden
kommen fast nur die Küstenprovinzen
Kwangtung (mit Kanton und Swatau),
Fukien (mit Amoy und Futschou)
und Tschekiang (mit Ningpo und Hangtschou)
sowie die Provinzen des untern
Yangtsegebiets: Kiangsu, Nganhwei
(Anhwei) und Hupeh in Betracht.
Die Küstenprovinzen Südchinas
sind, abgesehen von der Delta-Ebene
des Hsikiang, an der Kanton und Macao
liegen, fast ganz von Gebirgsland
erfüllt, das sich mit meist von SW.
nach NO. streichenden Ketten hinter
einer insel-und buchtenreichen, trotz
Verschlammung der Buchten nicht
hafenarmen Küste erhebt. Die Längstäler
dieses Gebirgslandes werden von
gut schiffbaren und durch niedrige
Talwasserscheiden miteinander in bequemer
Verbindung stehenden Flüssen
durchzogen, deren bedeutendster der
gegenüber Hongkong mündende Hsi-kiang
ist. Die Flüsse stellen die besten
Verkehrswege des Landes dar, da Eisenbahnen
noch fast ganz fehlen und
Landstraßen nicht vorhanden sind. Der
Landverkehr ist vielmehr ausschließlich
auf Saumpfade angewiesen und
auf Fußwege, auf denen Menschenkraft
als wichtigstes Transportmittel
verwendet wird.
Klima. In gleicher Breite wie das
nördl. Drittel Vorderindiens gelegen,
hat Südchina doch ein viel rauheres
Klima als dieses abnorm warme Gebiet,
weil ihm die schützende nördl.
Gebirgsschranke fehlt. Ganz Ostasien
steht ebenso wie Südasien unter der
klimatischen Wechselwirkung zwischen
der großen asiatischen Landmasse,
deren Inneres sich im Winter
stark abkühlt und im Sommer stark
erhitzt, und den viel gleichmäßiger
temperierten Randmeeren; es hat also
Monsunklima (vgl. S. 40). Der sommerliche
SW.-Monsun, der weiter nordostwärts
in S.-und SO.-Monsun übergeht,
ist auch hier warm und bringt
Trübung und Regen; der winterliche
NW.-Monsun weht dagegen in ganz
Ostasien viel stärker als der Sommerwind,
ist kalt, sehr trocken und bringt
heiteres Wetter. So haben nur Hongkong
und Kanton noch ein einigermaßen
tropisches Klima mit feuchtheißem
Sommer, aber regenarmem
und ziemlich rauhem Winter; weiter
nordostwärts wird der Temperaturgegensatz
zwischen Sommer und Winter
immer stärker, die Sommerhitze
erreicht überall noch tropische Höhe,
während im Winter schon im Hinterland
von Swatau unterm Wendekreis
die Berge bis tief hinab gelegentlich
in Schnee gehüllt sind.
Die Pflanzendecke hat gleichfalls
nur im S. noch tropischen Charakter
mit Palmen, Bananen, Bambus u. dgl.;
weiter nordostwärts und im Gebirge
spielen immergrüne, hartblätterige
(subtropische) Gewächse die Hauptrolle,
unter denen die Kamelien und
deren Verwandter, der Teestrauch,
die bekanntesten sind. Die ursprüngliche
Vegetation tritt jedoch stark zurück
hinter den Kulturgewächsen, denn
die Küstenprovinzen sind äußerst dicht
bevölkert und sogar die Berghänge
bis zu 1500 m hinauf mit Hilfe von
Terrassenkultur in Benutzung genommen.
Außer Nahrungspflanzen,
unter denen Reis, Mais, Hirse und
andre Getreidearten, Zuckerrohr, Hülsenfrüchte
und Gemüse die Hauptrolle
spielen, werden besonders Baumwolle,
der Teestrauch und der Maulbeerbaum
(für die Seidenraupenzucht)
kultiviert. Ebenso ist auch von der
freilebenden höhern Tierwelt außer
den schönen Fasanen wenig mehr zu
merken.
[S. 215]
Die Chinesen und ihre Werke werden
daher fast überall für den Besucher
Chinas im Vordergrunde des
Interesses stehen. Seitdem sie seit
dem 3. Jahrtausend v. Chr. aus Innerasien
in ihr heutiges Land vorgedrungen
sind, das (mit Ausschluß der Mandschurei,
der Mongolei, Ilis und Tibets)
etwa 4 Mill. qkm umfaßt (annähernd
71/2mal so viel wie das Deutsche Reich),
haben sie dieses in ein Kulturland zu
verwandeln verstanden, wie kein anderes
Volk der Erde seinen Wohnsitz.
Die Fruchtbarkeit und das dem Ackerbau
günstige Klima sowohl des lößbedeckten
Nordteils des Reiches wie
des lößfreien Südteils wiesen von jeher
auf den Ackerbau als die natürliche
Grundlage der Volkswirtschaft hin, und
die rasch zunehmende Volksverdichtung
zwang zu immer weiterer Ausdehnung
des Kulturlandes und zu immer
sorgfältigerer Ausnutzungsweise desselben,
die heute geradezu als »Gartenbau« bezeichnet werden kann. Die
starke Volksvermehrung (die große
Zahl der Kinder ist eine der auffälligsten
Erscheinungen im menschenwimmelnden
China) hat ihren Hauptgrund
in der den Grundzug der chinesischen
Volksreligion bildenden Ahnenverehrung,
welche die Darbringung von
Ahnenopfern durch männliche Nachkommen
verlangt und auch die Ärmsten
zu frühzeitiger Heirat zwingt. Die
Gesamtbevölkerung Chinas soll nach
der letzten Volkszählung (1910) reichlich
400 Mill. betragen, was einer mittlern
Volksdichte von 100 entspräche
(Deutsches Reich 1910: 65 Mill. auf
541000 qkm, Dichte 120). Doch ist diese
Zahl wohl zu hoch angenommen. Indem
so die Lebensbedingungen für den
einzelnen auf dem gegebenen Raum
immer knapper wurden, sind höchste
Genügsamkeit und ausdauernder Fleiß
(Sonntag in China unbekannt) Haupteigenschaften
des Chinesen geworden;
der chinesische Bauer ernährt sich und
seine Familie von einem uns Europäern
winzig erscheinenden Stückchen
Land, der Kuli von einem lächerlich
geringen Arbeitslohn. Das namentlich
im N. stark kontinentale Klima mit
seinen plötzlichen Witterungsschwankungen
vertilgte alle weichlichen Individuen
und hat die Chinesen durch
natürliche Auslese gegen Witterungseinflüsse
unempfindlich gemacht; sie
sind das einzige Volk der Erde, das in
allen Klimaten arbeitsfähig bleibt;
daher die weite Verbreitung chinesischer
Kulis. Trotzdem die Chinesen
ein Ackerbauvolk sind und der Bauernstand
(außer den Akademikern) als
der höchste gilt, wohnen sie nur in
einzelnen Landesteilen auf dem Lande
verstreut; meist drängen sie sich vielmehr
in großen, volkreichen Dörfern
und in mauerumgürteten Städten
zusammen, den Plätzen der großen
Märkte, des Warenaustausches und
des Handels, in denen der lebhafte
Handelsgeist des Volkes seine Wirkungsstätten
findet. Das enge Zusammenwohnen
und die starke Konkurrenz
in diesen Wohnplätzen hat als
sehr unangenehme Eigenschaften Hinterlist
und Unreinlichkeit sowie anderseits
eine einseitig materielle Lebensauffassung
hervorgerufen. Der maßlose
nationale Hochmut des Chinesen,
der ihn auch in uns Europäern nur
»Barbaren« sehen läßt, und die Erstarrung
ihrer Kultur, die sich erst
in allerjüngster Zeit zu lösen beginnt,
finden ihre Erklärung in dem Umstande,
daß China, das »Reich der
Mitte«, stets von kulturell tieferstehenden
Völkern umgeben war und alle
seine Bedürfnisse selbst erzeugte, so
daß es sich Jahrtausende hindurch
nach außen ganz abschließen konnte.
Die chinesische Volksreligion sieht,
wie bereits oben erwähnt, ihren Endzweck
in der Verehrung der Ahnen
und des Herrschers. Ihre philosophische
Weiterbildung hat sie im
Konfuzianismus, der Lehre des Kungfutsze
(551-478 v. Chr.), gefunden, dessen
noch heute im höchsten Ansehen
stehende Philosophie den einzelnen
lehrt, sich nur als Glied der Gesamtheit
zu betrachten und dessen Wohle
sich unterzuordnen. Der Buddhismus
hat in China, so weit seine Klöster dort
auch verstreut sind, nie eine große Rolle
zu spielen vermocht. Der Islam zählt
etwa 30 Mill. Anhänger in entlegeneren
Teilen des Reiches. Sehr gering sind
auch die Aussichten auf Ausbreitung
des Christentums unter diesem ältesten
Kulturvolk Asiens; nur die Jesuiten
haben einst (um 1600) große Erfolge
erzielt, aber nur, weil sie dem Volke
ihren Ahnenglauben und die Verehrung
des Kungfutsze ließen.
[S. 216]
Die gegenseitige
Eifersucht der verschiedenen
christlichen Konfessionen, Sekten
und Richtungen, die heute noch alle
Anstrengungen der Missionen illusorisch
machen, haben schon damals
das Werk der Jesuiten zerstört: gerade
als der kaiserliche Hof in Peking
im Begriffe stand, zum Christentum
überzutreten, wurden die Jesuiten
dank den Einflüsterungen der Dominikaner
und Franziskaner vom Papst
zurückgerufen. Heute zählt man unter
den Chinesen etwa 1 Mill. katholische
und 150000 protestantische Christen,
die vorwiegend den untern Volksklassen
angehören.
Die ganzen staatlichen Verhältnisse
sind zurzeit in stärkster Umbildung
begriffen; den Hauptanteil an dieser
Umwälzung haben die Südchinesen.
Das Beamtenheer der Mandarinen erfährt
seine Ausbildung auf rein formalistischem
Wege durch das Studium
der Klassiker. Die darin erlangten
Kenntnisse werden durch Prüfungen
nachgewiesen, an denen jedermann
teilnehmen kann. Es herrscht Ämterkauf.
Die Amtssitze der höhern Beamten
(die durch kleine Knöpfe auf
den Mützen und Stickerei des Brustlatzes
gekennzeichnet sind) tragen
die Bezeichnung fu (z. B. Singanfu,
Tschifu).
Geschichte. Ursprünglich war China
von unzivilisierten Stämmen bewohnt;
um 2600 v. Chr. drangen die Stammväter
der heutigen Chinesen aus Zentralasien
in das nordwestchinesische
Lößgebiet ein. Singanfu in der heutigen
Provinz Schensi wurde ihre
Hauptstadt. Sie brachten aus ihren
trocknen Ursitzen die Teekultur und
die Berieselungskunst mit. Im Laufe
langer Zeiten dehnten sie ihre Herrschaft
über das ganze heutige China
und noch weiter aus, wurden aber
später vielfach von fremden Dynastien
unterworfen, die teils von W., teils
von N. kamen. Im ersten nachchristlichen
Jahrtausend waren es vor allem
tungusische Stämme, die aus der nördl.
Mandschurei ins Liautal (um Mukden)
gelangt waren und nun durch die
schmale Pforte von Liauhsi (vgl. S. 329)
nach Nordchina vordrangen. Am bekanntesten
unter ihnen sind die Kitan
geworden, die die in China von 905-1125
n. Chr. herrschende Liau-Dynastie
begründeten; auf sie geht die Bezeichnung
Chinas als Kitai zurück.
Zu Anfang des 13. Jahrh. wurde China ein
Teil des gewaltigen Reiches der Mongolen,
und Kublai Chan, der Enkel
Dschingis Chans, machte Peking zu
seiner Hauptstadt und begann den Bau
des gewaltigen Kaiserkanals (S. 265);
Marco Polo stand längere Zeit in seinen
Diensten. Schon 1356 machte sich aber
ein chinesischer Priester, Tschuyüentschang,
zum Herrn von Nanking und
begründete 1368 als Kaiser die einheimische
Ming-Dynastie, die bis 1644
herrschte, dann aber dem tatkräftigen
jungen Chan der gleichfalls von N., aus
dem Liautal, gekommenen tungusischen
Mandschu weichen mußte, der als
Kaiser Schuntschi die Tsing-Dynastie
begründete. 1662 wurden die Holländer
aus Formosa vertrieben, das sie 1625
besetzt hatten. Im 17. und 18. Jahrh.
wurden vereinzelte Niederlassungen
der Russen, Franzosen und Engländer
geduldet. Wichtig für die Eröffnung
des Handelsverkehrs mit Europa war
der Opiumkrieg 1840-42, in dem die
Engländer Hongkong erwarben und die
Öffnung der Häfen Kanton, Amoy, Futschou,
Ningpo und Schanghai erzwangen.
Ernstlich bedroht wurde die Tsing-Dynastie
durch den Taiping-Aufstand,
dessen Führer Hung-Siutsuen Anhang
unter christenfreundlichen Chinesen
fand, sechs Provinzen und 1853 die alte
Hauptstadt Nanking einnahm. Bald
darauf geriet die kaiserliche Regierung
in Krieg mit England und Frankreich;
1860 wurde Peking besetzt, der Sommerpalast
geplündert und zerstört und
China zu Handelsverträgen mit allen
Seemächten gezwungen. Dann unterstützten
aber die Engländer und Franzosen
die chinesische Regierung gegen
die Taiping, deren letzte Stütze, die
Stadt Nanking, 1864 genommen wurde.
Im Krieg um Korea zwischen Japan
und China 1894/95 verlor letzteres
Formosa und die Pescadores-Inseln.
1897 nahm Deutschland als Sühne für
die Ermordung zweier Missionare die
Kiautschoubucht, 1898 Rußland Port
Arthur und Talienwan, Frankreich
Kwangtschou und England Weihaiwei
und Nord-Kowloon bei Hongkong;
hierdurch entstand eine fremdenfeindliche
Stimmung, die zu der Boxerbewegung
führte.
[S. 217]
Nach Zerstörung
der Takuforts am 17. Juni 1900, Ermordung
des deutschen Gesandten
(20. Juni), Befreiung des Landungskorps
unter Admiral Seymour und
Entsatz Tientsins wurde Peking am
14. Aug. genommen. Seit dem Ausbruch
der Revolution im Herbst 1911,
welche die Stürzung der monarchischen
Dynastie und republikanische
Verfassung anstrebt, ist das chinesische
Reich in innere Wirren verwickelt;
europäische Streitkräfte schützen Leben
und Eigentum der fremden Staatsangehörigen.
Reiseliteratur für China: v. Richthofen,
Schantung und seine Eingangspforte
Kiautschou (Berlin 1898); E.
Tiessen, China (Berlin 1902); W. Grube,
Religion und Kultus der Chinesen
(Leipzig 1910); M. v. Brandt, 33 Jahre
in Ostasien (Leipzig 1901); G. Wegener,
Zur Kriegszeit durch China 1900/01
(Berlin 1902); Madrolle, Chine du Sud;
Ders., Chine du Nord (Paris 1904).
————
Reisen in China.
Reisepaß für die chinesischen Behörden
besorgt der deutsche Konsul
im Ankunftshafen; man tut gut, sich
mit Visitenkarten in chinesischer
Schrift zu versehen (die Namen, Rang,
Heimatsort und Reisezweck angeben).
Das Gepäck ist zu beschränken, weil
die Verkehrsverhältnisse schlecht sind.
Am bequemsten reist man in Südchina
auf Flußdampfern und Flußbooten (gemieteten
»Hausbooten« [Sampans] oder
Dschunken); letztere sind auch bei
Kanalfahrten zu gebrauchen, aber die
Reise geht langsam vonstatten, flußaufwärts
mit Ziehleuten. Landreisen am
besten zu Pferde, viel unbequemer sind
die Maultiersänfte und der zweiräderige
Reisekarren (ohne Federn!); letzterer
ist für größeres Gepäck unentbehrlich,
doch gibt es Fahrstraßen nur vereinzelt
und nur in Nordchina; Südchina
kennt außer den Wasserstraßen nur
Saumpfade und als Transportmittel nur
Menschen und Tragtiere. Wenn man
die Karre mit eignen Feldbettstücken
polstert, ist sie allenfalls erträglich.
Reittiere kauft man am besten, Packtiere
(Maultiere) mietet man. v. Richthofen
empfiehlt die Benutzung von
Reit-und Packtieren für alle Landesteile
von Nordchina; man kann mit
ihnen auf Fußwegen auch Berge übersteigen.
Gute Maultiere leisten die
besten Dienste. Moskitonetz ist im
Sommer unentbehrlich. Im Winter
sorge man für warme Kleidung, Decken
und mit Schaffell gefütterten Mantel
sowie hohe, derbe Wasserstiefel. Laterne,
großer Vorrat an Stearinlichten,
europäisches Tischgerät, Glas und Porzellan
zwischen Filzplatten verpackt,
Kochgerät.
Der Diener muß europäisch kochen
können, die chinesische Kost ist ungesund,
nur gekochter Reis und Brot
sind frisch brauchbar. Hühner, Enten
und deren Eier sind billig, Rind-und
Hammelfleisch nur in Städten, wo
Mohammedaner wohnen und in den
Städten mit größern Europäerkolonien;
die Chinesen selbst verwenden das
Rind nur als Zugtier. Chinesisches
Schweinefleisch ist wegen großer
Verbreitung der Trichinose ungenießbar.
Zum Mundvorrat nehme man
reichlich Fleischextrakt, gepreßte Gemüse,
Kakao, Tee (schwarzen, die
Chinesen trinken grünen), kondensierte
Milch.
Über den Verkehr mit der Bevölkerung
hole man sich vorher bei Landeskennern
Rat; niemals vergesse man,
daß man sich unter einem Kulturvolk
befindet. In größern Orten mache
man dem Gemeindevorsteher Besuch;
wenn er Geschenke schickt, gebe man
dem Hauptdiener etwa so viel, wie die
Lebensmittel wert sind.
Geld. In Hongkong werden Silbermünzen
zu 1 $ (Dollar), 50, 20, 10 und
5 cents geprägt; 1 Hongkong-Dollar =
100 cents = 1,78-1,95 M., je nach dem
Kurs. Post und Telegraph nehmen nur
Hongkong-Dollar sowie Noten der
Lokalbanken, kein englisches Geld etc.
Im Geschäftsverkehr ist der Tschop-Dollar
(mit meist rotem chinesischen
Geschäftsstempel versehener Kanton-Dollar),
auch »old und new Mexican
Dollar«, dem Hongkong-Dollar ungefähr
gleichwertig. Höheren Wert,
etwa 2-2,40 M., hat der echte Mexikanische
Dollar, der überall an der
chinesischen Küste vollwertig ist (man
hüte sich vor falschen Dollars, die
am Klang kenntlich sind!); der Hongkong-Dollar
ist nur in Hongkong, Kanton,
Swatau, Amoy und Singapore
vollwertig, an andern chinesischen
Plätzen wird er gar nicht oder nur
mit Verlust genommen.
[S. 218]
Kupferstücke
von 20 Käsch gelten nur im südlichen
China. Auch mit dem Papiergeld ist
Vorsicht geboten; manche Noten sind
nur in Hongkong und dem südlichen
China vollwertig, während man (selbst
bei Scheinen der Hongkong-Shanghai
Bank, die in Hongkong ausgestellt
sind) in Schanghai 10 Proz. und mehr
Verlust erleidet. Deshalb erkundige
man sich vor größern Geldabhebungen
bei zuverlässigen Bankgeschäften, ob
das aufgenommene Geld auch im
nächsten Hafen noch vollwertig ist.
Im chinesischen Reiche laufen als
Münzen die Tungtsien, Sapeken oder
Käsch um, das sind auf einer Seite bezeichnete
Rundstücke aus Kupfer mit
Zinn, Blei und Zink, von ungleicher
Größe und Dicke mit vierkantigem
Loch. Je 100 werden zu einem Mahs
oder Tsiën aufgereiht und 10 Schnüre zu
einem Liang oder Tael gebündelt. Diesem
wurde ein Kegel fast reinen Silbers
(engl. sycee) von in Schanghai 34,246 g
Gewicht gleichgesetzt; aber man erhält
für solches Tael 750-2000 Käsch, je
nach dem Platzkurs. In Haikuan-Tael
von 38,246 g oder bei vertragsmäßig 11/3
Unze Avoirdupois = 37,799 g werden
die Zölle bezahlt. 1 Haikuan-Tael =
11/2 mexikan. Dollar = etwa 2,95 M. =
0,70 amerikan. Dollar. Als wirkliche
Münzen, jedoch vielfach verunstaltet,
benutzt man mexikanische und andre
Dollars, die seit 1873 auch in Kanton
geprägt werden und hier 24,494 g fein
wiegen sollen; dieser Dollar von Kanton,
= 4,409 M. Silber, erhielt 1890
Gültigkeit im ganzen Reiche, wird
aber, wie die übrigen Edelmetallmünzen,
außerhalb der Vertragshäfen in
der Regel gewogen. Größere Barzahlungen
erfolgen in gestempelten
Silberbarren von meist 50 Tael. Außerdem
zahlt man in Goldblättern, deren
Feinheit der Goldschmied in chinesischer
oder englischer Schrift beglaubigt.
Alle diese Wertzeichen haben
gegeneinander veränderlichen Kurs.
Den Geldverkehr mit Europa und
Amerika vermitteln in den Vertragshäfen
ansässige Banken. Von den
chinesischen Bankgeschäften sind die
wichtigsten u. sichersten die »Schansi-Banken«
(Hsihao). Der Zinsfuß beträgt
durchschnittlich 10-15 Proz. Die chinesischen
Banken geben eigne Noten
aus. Allein in Tientsin emittieren
gegen 300 Banken solche. Sie haben
ungefähr die Größe europäischer Banknoten,
sind auf starkes, grobes Papier
gedruckt und mit einer Menge Stempel
versehen, um Fälschungen zu verhüten.
Die Noten lauten auf 100-10000
Käsch.
Sprache. Mit chinesischen Dienern,
Geschäftsleuten, Boys spricht man
meist das Pidgin English (Geschäftssprache),
ein Gemisch aus Englisch,
Portugiesisch und Chinesisch, bei den
europäischen Wörtern stets l statt r,
also plople statt propre = rein. Beispiele:
Gut so, macht nichts, genug =
maskee; Art und Weise = fashion;
Ort, Gegend, Haus = side; holen,
kaufen, bekommen = catch; bring'
mir = catch this side; holen = makee
come; oben = topside; trage hinauf
= catch topside; schnell = tschop;
sofort = tschop-tschop; sehr gut
(Nr. 1) = numbel one; haben Sie bekommen
= have gott?; ich oder er
kann oder darf nicht = no can do!;
der Herr weiß schon = master savee;
Kellner, hol' einen kräftigen Träger,
der mir meine beiden Koffer sofort
hier heraufbringt, hast du verstanden?
= boy! makee come numbel one side
kuli tschop-tschop two piecee topside
must have this side! savee?; Wünscht
der Herr Frühstück? = Master wantchee
tschau-tschau? Ich will sofort
eine Selterwasser haben = My wantchee
soda, tschop-tschop!; Whisky
und Soda, ich verstehe = Whisky soda!
My savee!; Bring' Champagner her =
champaign-lai!; das Wasser gehört
nicht dem Herrn, es gehört ihm, und
er will Geld dafür = Water no belong
master, water belong he, he wantchee
money!; Du bist ein sehr schlechter
Diener = You belong very bad boy;
Verstand = savee-box; es ist sehr
schlecht (kaput, zerrissen, verdorben
etc.) = belong bad; ich weiß nicht =
my no savee; Ich bin ein Deutscher
= My belong German.
Die Sprache der Chinesen ist unter
allen Kultursprachen die einfachste.
Sie besteht nur aus einsilbigen Wörtern.
Ihr fehlen alle Beugungen, jede
Unterscheidung von Haupt-und Zeitwort,
jede Wortbildung überhaupt,
außer Zusammensetzung der Silben.
Die Bedeutung der Wörter im Satz wird
durch ihre Stellung hervorgebracht.
[S. 219]
Die Umgangssprache zerfällt in zahlreiche
Dialekte, die in Aussprache
und Artikulation so voneinander abweichen,
daß sich die Angehörigen
verschiedener Provinzen oft kaum verstehen.
Allgemein verbreitet ist dagegen
das sogen. Kwānhoá (Hochchinesisch)
als Sprache der Gebildeten
und als Verkehrssprache. Die chinesische
Schrift ist aus einer Bilderschrift
hervorgegangen.—Über Namenschreibung
vgl. S. 281.
Für Erlernung der wichtigsten hochchinesischen
Worte und Redewendungen
zu empfehlen: »Konversationsbuch
für die Reise und den Selbstunterricht« von
Hsüeh Chi Tschong.
11. Von Singapore nach Hongkong. Kanton. Macao.
Philippinen: Manila.
Vgl. die Karte S. 155 und die beifolgende Karte.
Reichspostdampfer des Nordd. Lloyd
(S. 166) von Singapore alle 14 Tage Fr.
oder Sa. in 5 Tagen nach (1437 Seem.)
Hongkong, für I. Kl. 8 £ 16 sh., II. Kl.
6 £ 12 sh. Rückfahrkarte 11/2facher
Preis.—Österreich. Lloyd monatl. einmal
von Singapore nach (1448 Seem.)
Hongkong in 6 Tagen.—Messageries
Maritimes alle 14 Tage von Singapore
über (648 Seem.) Saïgon (S. 179) in
7 Tagen nach (1582 Seem.) Hongkong.—
Peninsular and Oriental Co. von Singapore
alle 14 Tage in 6 Tagen nach
(1440 Seem.) Hongkong.
Von Singapore führt der kürzeste Seeweg mit NNO.-Kurs etwas
westl. an den holländischen Anambas-Inseln vorbei, dann in Sicht
der französischen Inseln Great Catwick und Cécir de Mer, weiter
während des SW.-Monsuns mit nördlichem Kurs unter der Küste
von Annam entlang, wobei Kap Padaran mit Leuchtfeuer eine gute
Ansteuerungsmarke bildet, und westl. von den Paracel-Inseln vorbei,
dann vom 17.° nördl. Br. ab mit NO.-Kurs nach Hongkong. Dieser
Weg ist der beste für die Monate April bis September; trotzdem
laufen viele Dampfer während des ganzen Jahres von Cécir de Mer
mit nordöstl. Kurs zwischen den Paracel-Inseln und Riffen und der
großen, mit gefährlichen Riffen besetzten Macclesfield-Bank hindurch,
obwohl dieser mittlere Seeweg etwas länger ist. Bei starkem
NO.-Monsun macht der Dampfer gewöhnlich einen östlichen
Umweg, weil dann im östlichen Teile des Südchinesischen Meeres
schwächerer Gegenwind als nahe vor der Küste von Annam vorgefunden
wird. Bei der Annäherung an Hongkong kommen kleine
Inseln, dann die schön geformte hohe Felseninsel Hongkong (S. 222)
in Sicht. Von den vorgelagerten Ladronen und Kaipong-Inseln ist
die 448 m hohe Große Ladronen-Insel an ihrer Bergkuppe zu erkennen;
die Insel Paktsim (Kaipong-Inseln) zeigt die auffälligen
Eselsohren, zwei fast senkrechte, 286 m hohe spitze Gipfel. Die
vorgelagerte, 30 m hohe Gap-Klippe trägt einen weißen Leuchtturm
(mit Blinkfeuer von 18 Seem. Sichtweite), von dem aus ankommende
Dampfer telegraphisch nach Hongkong gemeldet werden. Bei der
Annäherung an den Tschukiang (Perlfluß) oder Kantonfluß, dem
die Insel Hongkong inmitten einer Gruppe kleiner Felseninseln östl.
vorgelagert ist, trifft man meist auf große Flottillen kleiner Fischerdschunken.
Die Gap-Klippe r. lassend, steuert der Dampfer mit
nördlichem Kurs östl. von der Lingting-Insel auf die West-Lamma-Durchfahrt
[S. 220]
zu und dann r. drehend durch die Sulphur-Durchfahrt
zwischen Green Island und der Insel Hongkong auf die Reede von
Hongkong, die einen geschützten Hafen bildet.
Das Südchinesische Meer (Nanhai) erstreckt sich von der Halbinsel
Malakka bis zur Formosa-Straße (vgl. beifolgende Karte). Der
südliche Teil wie auch die Golfe von Siam und Tonkin haben weniger
als 200 m Tiefe, während im nordöstlichen Teil, zwischen den Philippinen
und Hongkong, mehr als 4000 m Wassertiefe gefunden sind.
Sehr gefährliche Korallenriffe findet man an vielen Stellen, besonders
ausgedehnt westl. von der Insel Palawan bis 110° östl. L. Im nördlichen
Teile liegen die Paracel-Inseln, umgeben von Riffen und
Bänken; östl. davon die große Macclesfield-Bank u. a. Die Strömungen
im Südchinesischen Meere sind von den herrschenden Winden
abhängig: während des SW.-Monsuns setzt der Strom zwischen
Singapore und Hongkong sowie unter der Küste von Annam nnö.,
während des NO.-Monsuns ssw. Der SW.-Monsun beginnt im Golf
von Tonkin Mitte April und weht im Juni, Juli und August überall
zwischen Singapore und Hongkong. Der NO.-Monsun ist am stärksten
und gleichmäßigsten im Januar, Februar und März. In der
zweiten Hälfte des SW.-Monsuns treten vor dem Golf von Siam, der
Küste von Indochina und dem Golf von Tonkin häufig heftige Gewitterböen
mit dunklem Gewölk auf. Taifune kommen im Mai bis
November, doch meist nur im August, September und Oktober vor;
bei westlichem Sturm ist die Gefahr, in die Mitte des Taifuns zu geraten,
für Schiffe, die von Singapore nach Hongkong fahren, nicht
groß, weil man sich wahrscheinlich an der linken Seite der Sturmbahn
befindet und nur beizudrehen braucht, bis das Wetter besser
und der Wind sw. geworden ist. Wenn der Barometerstand sich
wenig ändert, kann das Sturmgebiet an seiner Südseite umsteuert
werden, mit südlichen und östlichen Kursen. Bei südlichem Wind
kann man den Kurs beibehalten, muß sich aber hüten, der Sturmmitte
zu nahe zu kommen. Am unsichersten ist die Lage des Schiffes,
wenn der Sturm aus Richtungen zwischen NO. über N. bis NNW.
weht. Nur wenn der Wind dann nach l. dreht, oder wenn er gleich
aus NNW. beginnt, kann man mit SW.-Kurs abhaltend sicher sein,
der gefährlichen Sturmmitte zu entgehen.
Hongkong.
Vgl. die beifolgenden Pläne.
Ankunft zur See. Der Hafen ist
stark belebt mit großen Dampfern,
deren täglich bis zu 60 ein-und auslaufen
(vgl. S. 223). Die Hafenstadt
Victoria baut sich am Fuße des Pik
der Insel Hongkong stufenweise auf,
ihre weißen, palastartigen Häuser liegen
zwischen schönen Gärten mit
grauem Felsenhintergrund. Alle großen
Dampferlinien haben Festmachetonnen
für Dampfer; die deutschen
Reichspostdampfer legen an dem Pier
von Kowloon an; Ausschiffung erfolgt
mit Dampfbarkassen der Gasthöfe oder
mit Sampan (1/2 St. Fahrt, 10 cents jede
Person). Da Hongkong Freihafen ist,
findet keine Zolluntersuchung statt.
Gasthöfe: Hongkong Hotel, 170 Z.,
Pens. $ 6-12.—Grand Hotel (deutscher
Besitzer), Pens. von $ 5 an.—
King Edward Hotel, Ice House Street,
sehr mäßig (indischer Manager); 85 Z.,
F. 1, Lunch 1,25, Dinn. 1,25, Sup. 1,
Pens. $ 6-12.—Astor House Hotel,
Queen's Road Central.
[S. 221]
—Peak Hotel,
nahe dem Endpunkte der Drahtseilbahn
auf dem Pik, für Fremde zu
empfehlen, die Zeit haben, außerhalb
der Stadt zu wohnen; Pens. von $ 5
an.—Connaught Hotel, Main Street;
90 Z., Pens. $ 5-15, monatl. $ 90-100.—
Grand Carlton Hotel (Familienpension),
Ice House Road 8 u. 10, Pens. von $ 4
an.—Thomas Hotel.—Kowloon Hotel.
—Privatpension Kingsclerc, Kennedy
Road, gelobt (deutsche Besitzerin G.
Sachse).
Cafés (mit kalter Küche): Weismann,
Des Voeux Road.—Wiener Café,
Queen's Road.
Post: Queen's Road, beim Uhrturm;
Briefe nach Deutschland 10 cents,
Postkarten 4 cents.—Telegraph: New
Praya, Connaught Road. Die Preise für
Telegramme schwanken nach dem
Dollarkurs.—Kabel nach Saïgon,
Labuan, Manila, Schanghai und Macao.
—Telephon.
Wagen gibt es nicht.
Elektr. Straßenbahn von Westpoint
bis Shankiwan am Meeresufer entlang,
in 60 Min. für 40 cents, Teilstrecken
5 cents. Umsteigen bei Happy Valley.
Tragstühle (chair) mit 2 Trägern,
nach Tarif: in der Stadt 1/2 St. 20 cents,
1 St. 30 cents, 3 St. 70 cents; für den
Tag $ 1; außerhalb der Stadt mit 4
Trägern: 1 St. 60 cents, 3 St. $ 1, für
den Tag $ 2. Im Bergdistrikt die
Hälfte höher.
Rikschas: 1/4 St. 5 cents, 1/2 St. 10
cents, 1 St. 15 cents, jede Stunde mehr
10 cents.—Drahtseilbahn (Peak tramway)
von Garden Road zum Pik in 7
Min., einfache Fahrt 30 cents, Hin-u.
Rückfahrt 50 cents; von 71/2 Uhr früh
bis 8 Uhr abds. alle 10 u. 15 Min.; von
8-111/4 Uhr abds. jede 1/2 St.—Fahrräder:
Verleihgeschäft in Queen's Road
Central, westl. von New Praya.—
Pferde zu mieten in Kennedy Stables.
Flußdampfer. 1) Nach Kanton:
Hongkong, Canton and Macao Steamboat
Co. 3mal tägl. (außer So.), 8 Uhr
Vm. und 9 u. 10,30 Uhr Nm.; Fahrpreis
$ 8, jede Mahlzeit $ 11/2, F. 9 Uhr,
Tiffin 1 Uhr, Dinner 71/2 Uhr. Schlafkabine,
wenn frei. Französische Dampfer
(vorzuziehen!) jeden Abend 51/2 Uhr
(außer So.), Fahrpreis $ 5, Mahlzeit
$ 11/2; Schlafkabine.—2) Nach Macao:
H. C. & M. S. Co. tägl. (außer
So.) abds., Fahrpreis $ 4; Wing-on
Steamship Co. jeden Morgen 8 Uhr,
Fahrpreis $ 3; Sonntags Sonderschiffe
hin und zurück $ 2, Aufenthalt ca. 4 St.
Fährdampfer (Ferry launch) von
Hongkong, Ice House Street, nach dem
nördl. gegenüberliegenden Kowloon,
Godown Wharf, in 9 Min. für 15 cents;
von 51/2 Uhr früh bis 73/4 Uhr abds.
alle 10 Min., bis 91/4 Uhr jede 1/4 St.,
bis Mitternacht jede 1/2 St.
Seedampfer: Reichspostdampfer des
Norddeutschen Lloyd (Agentur: Melchers
& Co., Queen's Building I., Tel.-Adresse
»Nordlloyd-Hongkong«) alle
14 Tage nach Schanghai und Japan,
ebenso nach Singapore und Europa;
Anschlußdampfer über Manila, Angaur,
Jap, Friedrich-Wilhelmshafen,
Rabaul und Brisbane nach Sydney.—
Österreichischer Lloyd (Agentur: Sander,
Wieler & Co., Tel.-Adr.: »Lloydiano
Hongkong«) monatlich nach Schanghai,
Yokohama, Kobe sowie über Singapore
nach Europa.—Messageries Maritimes
(Agentur: de Champeaux, Tel.-Adr.:
»Messagerie-Hongkong«) alle
14 Tage über Schanghai, Kobe nach
Yokohama, ebenso über Saïgon, Singapore
nach Europa.—Peninsular and
Oriental Co. alle 14 Tage nach Europa
und über Schanghai nach Japan.—
Pacific Mail Steamship Co., Great Northern
S. S. Co., Toyo Kisen Kaisha
und Nippon Yusen Kaisha etwa alle
10 Tage über Japan nach San Francisco.—Nach
den Philippinen (Manila)
vgl. S. 234.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank,
Tel.-Adr. »Teutonia«, Queen's Road
Central Nr. 7, Korr. sämtlicher deutschen
Großbanken;—Hongkong-Shanghai
Bank und Banque de l'Indochine,
beide Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
Theater: Im Winter zuweilen eine
europäische Truppe; außerdem chinesische,
eins (Koshing in Queen's Road
West), wo stets gespielt wird, auch
Singspielhallen; mitunter Promenadenkonzerte
am Drahtseilbahnhof.
Reisebureau: Thos. Cook & Son,
Des Voeux Road Central 16, gibt gratis:
»Information for Travellers landing at
Hongkong«; liefert Fahrkarten für Führung
und Fahrt nach Kanton, empfehlenswert.
[S. 222]
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
Dr. E. A. Voretzsch, Wyndham
Street 8 u. 10, etwa 5 Min. von Blake
Pier, mit Lesezimmer für deutsche
Seeleute.—Österreich-Ungarn, Konsul
Ritter v. Wiser, Princes' Buildings.—
Deutscher Klub »Germania«, Kennedy
Road, nahe Union Church und Drahtseilbahn;
Hongkong Club (engl.), am
Hafen, Connaught Road, New Praya.
—Deutscher Gottesdienst (deutscher
Pfarrer) in der Kapelle des Berliner
Findelhauses, So. 11 Uhr.—Deutsche
Schule, Kennedy Road, hinter Union
Church.
Polizei: Hauptamt (Central Police
Station) Old Bailey Street, südl. vom
katholischen Dom.
Deutsche Ärzte: Dr. Müller; Dr.
Justi, Mansion House; Dr. Hoch.—
Deutsche Apotheke: Medical Hall (Inhaber
E. Niedhardt & H. Kammel),
Ecke Ice House Str. u. Des Voeux Road.
—Krankenhäuser: Civil Hospital,
Queen's Road West; Peak Hospital.
Buchhandlungen: Kelly & Walsh
Ltd.—W. Brewer & Co.—Presse:
Hongkong Daily Press; China Mail;
Hongkong Telegraph; South China
Morning Post.—Photographien: Viele
Geschäfte, die auch Platten und Films
in gutem Tropenverschluß liefern, z. B.
Long Hing & Co., Queen's Road Central.
n der
Festungswerke und Marineanlagen ist
streng verboten.
Geschäftsadressen: Queen's Road
ist Hauptgeschäftsstraße. Optiker:
Charles J. Gaupp & Co. (deutsch),
Alexandra Building.—N. Lazarus,
im Hongkong Hotel.—Zigarren,
Ansichtskarten: Kruse & Co.
(deutsch), Mansion House.—Warenhaus
Lane Crawford & Co., Ecke Ice
House Street und Chater Road.—
Kleider- und Wäschehändler:
Tak Cheong, Queen's Road Central;
Bon Ton, D'Aguilar Street 2.—Curios
und japanische Waren: Kun & Komor,
Hongkong Hotel Building (sehr gut);
Loong Shing Co., Queen's Road Central
26.—Seidenspitzen und Grasleinen:
Madame Flisch & Co.—Blackwood-Möbel:
Lok-Hing; Kwong Hing.
—Porzellan: Wing Hing.—Juwelier
J. Ullmann & Co., Queen's Road Central
34, gegenüber Hauptpost.—Silbersachen:
Wang Hing; Wing Nam,
sämtlich Queen's Road Central.—Man
kauft sehr preiswürdig schöne Seidenstickereien,
Goldstickereien auf Seide
u. Samt, Grasleinenstickereien, Blackwood-Kunstmöbel
und andre Kunstschnitzarbeiten
in Elfenbein, Ebenholz,
Speckstein, Cloisonne-(Metallemaille-)Kunstsachen,
Bronzen, Silberarbeiten
verschiedenster Art, goldene Ringe etc.,
Eisenschmiedearbeiten, Korb-u. Strohflechtereien,
mottensichere Kampferkisten,
chinesische Bilder auf Reispapier
und in Öl etc.
Zeiteinteilung auf 5 Tage. I. Tag:
Hongkong, Fahrt auf den Peak;
Queen's Road; Nachtfahrt nach Kanton.
—2. Tag: Kanton.—3. Tag:
Kanton.—4. Tag: Früh Rückfahrt
nach Hongkong; Nm. Park und Promenade
Kennedy Road oder Bowen
Road (Wasserleitung).—5. Tag: Vm.
Happy Valley, Nm. Einkäufe.—Auf
8 Tage: 1.-4. Tag wie vorher.—
5. Tag: Früh nach Macao.—6. Tag:
Macao, Nm. Rückfahrt nach Hongkong.
—7. Tag: Happy Valley, Nm.
Einkäufe.—8. Tag: Fahrt auf den Peak,
zu Fuß Nm. zurück.
Hongkong, chines. Heung Kong (»Tal der reichen Wasser«), britische
Insel östl. der Einfahrt in den Kantonfluß, ist 15 km lang,
7-8 km breit, 75 qkm groß mit (1905) 377850 Einw., von denen nur
17977 Nichtchinesen (Engländer, Portugiesen, Inder, etwa 300
Deutsche etc.). Dazu kommt auf der gegenüberliegenden Halbinsel
Kowloon (Kaulun) ein seit 1898 gepachtetes Gebiet von 974 qkm
mit 85011 Einw. Die ganz aus Granit und Basalt bestehende Insel
erhebt sich im Victoria Peak 551 m ü. M. Das Klima kann mit
einer mittlern Jahrestemperatur von 22° (Februar 14,3°, Juli 27,6°)
noch als tropisch bezeichnet werden, wenn auch die jährliche Temperaturschwankung
schon stark (absolute Extreme etwa 35° und 2°)
ist. Doch hat Hongkong unter den kalten trocknen Landwinden
nicht so stark zu leiden wie das benachbarte Festland. Die Regen
[S. 223]
fallen hauptsächlich im Sommerhalbjahr. Europäern ist das Klima
Hongkongs nicht sehr zuträglich; die angenehmste Zeit ist November
bis Januar, August und September sind wegen der feuchten Hitze
sehr ungesund. Die Pflanzenwelt war auf der Felseninsel ursprünglich
dürftig, trägt aber nun in den von den Engländern geschaffenen
Gartenanlagen tropischen Charakter. Auch vermag Hongkong seinen
Bedarf an Gemüse sowie etwas Reis, Yams, süße Kartoffeln zu erzeugen;
Mango-, Birn-und Orangenbaum sind heimisch. Von Tieren
finden sich die Wildkatze, Ameisenfresser, zahlreiche Vögel, Landschildkröte,
einige Schlangen (auch giftige), das Holzwerk zerstörende
Termiten (»weiße Ameisen«). Taifune richten zuweilen
großen Schaden an. Die Hauptstadt der Insel, Victoria, an der
Nordküste, ist in 7 km Länge terrassenförmig am Abhang des Gebirges
aufgebaut, hat einen Palast des Gouverneurs, Stadthaus,
Theater, Museum, Bibliothek, Kasernen, Marinehospital, Marinedepot,
Marinedock, Sternwarte, Kohlenmagazine, ist Sitz eines anglikanischen
Bischofs, des Vizeadmirals der englischen Flottenstation
für China (etwa 60 Schiffe), des kommandierenden Generals der
Truppen (139 Offiziere, 3659 Mann), hat eine Polizeitruppe von 1018
Mann (Engländer, Sikh, Chinesen) und 83 öffentliche und mehrere
private Schulen, darunter eine deutsche Vorschule der deutschen
Kirchen-und Schulgemeinde. Die Stadt ist sehr reinlich und ordentlich,
unregelmäßig gebaut ist nur das westliche Chinesenviertel.—
Die Industrie ist jung; Werft und Dock in Kowloon, zwei große
Zuckerraffinerien, Baumwollspinnerei, Stuhl-, Hanfseil-, Zement-und
Seifenfabrik; berühmt sind die Hongkongstühle aus geflochtenem
Rattan (span. Rohr). Die Bedeutung der Stadt liegt in Handel und
Schiffahrt; die Insel beherrscht den Zugang zur Mündung des Hsikiang,
des Hauptflusses und Hauptverkehrsweges Südchinas, und hat vor
Schanghai die sichere Lage voraus. Als Freihafen begünstigt, steht
es mit Europa und den Seehäfen des Stillen und Indischen Ozeans
in lebhaftem Verkehr. Die Einfuhr umfaßt Reis, Zucker, Baumwolle,
Opium, Salz, Öl, Tee, Seide; da Hongkong Umschlagshafen ist,
werden dieselben Waren auch wieder ausgeführt.
Rundfahrt (in den untern Straßen mit Rikscha, in den obern
mit Tragstuhl). Vom Landungsplatz bei der Ice House Street in die
große Geschäftsstraße Queen's Road Central, vorbei am Stadthaus
(City Hall), neben dem mehrere Bankgebäude stehen, weiterhin der
Uhrturm neben dem Postamt und vorbei an der Zentralmarkthalle
bis zur Queen's Road West im Chinesenviertel; von da am Hafen
längs Connaught Road oder durch eine der obern Straßen, z. B. Holywood
Road, zurück zum Park (Public Gardens), an dessen Nordseite
in schönem Garten der Palast des Gouverneurs liegt. In der Nähe
ist der Bahnhof der Drahtseilbahn (S. 221), die hinaufführt nach
*Victoria Peak (551 m); Auffahrt sehr malerisch mit prächtigen
Ausblicken; vom obern Bahnhof führt eine Treppe zum Peak
Hotel; der Weg r. führt an Kasernen vorbei zum Gipfel mit Signalstation
(20 Min.), wo herrliche *Aussicht auf das Meer im S. mit den
Inseln und auf den Hafen. Zurück gehe man die steile Peak Road
bergab, oder wende sich vom obern Bahnhof nach l. um die kleine
[S. 224]
Bergkuppe nach O. und kehre auf Bowen Road zur Stadt zurück.
Oder man steigt sw. hinab vorbei am Wasserbehälter und dem
französischen Kloster Pok Fulum (Erholungsstation) und wendet sich
um die SW.-Ecke der Insel, erreicht nach etwa 3 St. anstrengendem
Marsche die Chinesenstadt und kehrt auf der Game Road oder
Bonham Road zurück. Man beachte, daß alle diese Wege, da sie
viele Windungen und Zickzacklinien machen, länger sind, als man
sie vom Gipfel des Peak schätzen kann. Den Peak besuche man
öfters, lasse sich nicht durch trübes Wetter abhalten, da man oben
stets reine, frischere Luft (und gute Verpflegung im Hotel) findet.
Auf allen Wegen kann man sich ohne Führer auf den Zickzackwegen
leicht verlaufen und zu sehr großen Umwegen gezwungen
sehen. Auch hüte man sich, einen photographischen Apparat zu
zeigen.—Schöne Spaziergänge bieten Kennedy Road und Bowen
Road.—Ausflug nach Happy Valley mit Rikscha oder elektrischer
Straßenbahn bis Stat. »Bowen Road«, bis Robinson Road, dann
l. auf der schönen Bowen Road 6 km; oder (event. im Tragstuhl)
vom Uhrturm am stattlichen Army Hospital vorbei bis zum Rennplatz
(Race course), an dessen Westseite nebeneinander der mohammedanische,
katholische, protestantische, parsische und hindustanische
Friedhof liegen. An Renntagen im Frühjahr versammelt sich ganz
Hongkong auf dem Rennplatze; die Gasthöfe und Klubs haben
Tribünen dort. In der Nähe liegt der Spielplatz (Recreation Ground)
des Golf Club und östl. davon der hübsche East Point Hill. Rückfahrt
am bequemsten durch das östliche Chinesenviertel (Wanshai),
vorbei am Royal Naval Hospital, und durch die Queen's Road East,
an der r. die englische Marinewerft mit Werkstätten, Vorratslagern
und Trockendock liegt.—Mit Fährdampfer (S. 221) in 9 Min. hinüber
nach Kaulun (Kowloon); Rikschas sind zu haben; dort liegen die
großen Waren-und Kohlenlager, Werftanlagen mit Docks und Kasernen
für englisch-indische Truppen. Der Ort ist ohne Sehenswürdigkeiten,
aber wichtig für den Seehandel. Etwa 3 km nördl. liegt der chinesische
Fischereihafen Yaumati, wo auch Dschunken gebaut werden.
Eisenbahn Kaulun-Kanton (170km;
I. Kl. $ 5,40, II. 2,70; Fahrzeit des
Schnellzugs 5 St.). Die 1910 fertiggestellte
Bahn beginnt im Nordzipfel
der östl. an Kowloon grenzenden
Hongham Bay. Um Raum für die Bahnhofsanlagen
und Kais zu gewinnen,
mußte ein Teil der Bucht zugeschüttet
werden. Die vorgelagerte Bergkette
durchschneidet die Bahn in dem 2198 m
langen Beacon Hill-Tunnel und läuft
am Tolohafen entlang in NW.-Richtung
über Lofa, wo das chinesische
Gebiet beginnt, und Schaklung (der
einzigen Station des Schnellzugs) nach
Kanton (S. 225).
1. Seitentour: Hongkong-Kanton.
Dampfer, s. S. 221 (die französischen Schiffe haben bessere Küche, die
englischen bessere Kabinen); 90 Seem.; Fahrzeit etwa 7 St. bei Tage, 12 St.
nachts. Für die Nachtfahrt Schlafkoje vorausbestellen. Eilige fahren am
besten nachts nach Kanton, verbringen hier den Tag und kehren 5 Uhr abds.
mit dem gleichen Dampfer nach Hongkong zurück, da Nachtlager in Kanton
nicht zu empfehlen. Ankunft Mitternacht, man schlafe auf dem Dampfer bis
früh.—Cook & Son geben Fahrkarten für Kanton einschl. Dampferfahrt und
Führung aus; zu empfehlen.—Eisenbahn s. oben.
[S. 225]
Die Fahrt ist landschaftlich schön; zunächst mit westl. Kurs
zwischen den Inseln Mahwan und Lantao durch, dann nördl. in die
30 km breite Mündung des Kantonflusses, eigentlich eine Meeresbucht,
die von W. her durch das Delta des Sikiang schon großenteils
ausgefüllt ist. Man sieht anfangs nur einzelne kleine Inseln,
bis die kahle Küste mit geschwungenen Berglinien näher tritt, das
Wasser gelb wird und die Ufer in der Bocca Tigris zusammentreten;
diese Enge wird von Inseln gebildet, auf denen chinesische Küstenwerke,
meist verfallen, zu sehen sind. Durch die Enge gelangt man
in den Perlfluß, dessen Ufer gut bebaut sind; man sieht in der Ebene
Bananen, Obstbäume und Reisfelder. Zum Abgeben von Post und
Reisenden stoppt der Dampfer bei Whampoa (Huangpu), chinesischer
Stadt mit verfallenen Werftanlagen, Marine-und Militärakademie,
Torpedo-und Seeminenabteilung; es ist der Ankerplatz
für große Seeschiffe mit Ladung für Kanton. Weiter oberhalb wird
das Fahrwasser flach (3,5 m Tiefe). Die Zahl der Dschunken und
Sampans nimmt zu, das Getümmel und Getöse wirkt sinnverwirrend;
die Dampfpfeife muß ununterbrochen heulen, um eine schmale
Fahrrinne zu erzwingen. Einzelne Türme von Kanton erscheinen:
etwa 100000 Kantonesen leben auf dem Wasser in Booten aller Art,
in zehnfachen Reihen dicht nebeneinander. Schmutzige Holzhütten
und ärmliche Steinhäuser, Speicher, Pagoden, einzelne Gärten, ein
Stück Stadtmauer mit Wachttürmen, das ist der Anblick der Riesenstadt
vom Fluß aus; das schönste Wahrzeichen ist der Turm der
französischen Kathedrale.
Kanton.
Vgl. die Karte S. 226.
Ankunft. Der Dampfer legt im
Stadtgebiet nicht weit von der Insel
Schamien an; man gelangt mit Tragsessel
oder wegen des Gepäcks mit
Sampan (5-10 cents) nach dem Gasthof.
Für eintägigen Aufenthalt (genügt!)
vermittelt der Dampferkapitän Führer
mit Tragsessel; der Dampfer gibt Tiffin
mit (das man an der fünfstöckigen
Pagode verzehrt), in der Stadt erhält
man nichts für Europäer Eßbares.
Gasthof: Hotel Victoria, auf der
Insel Schamien; 20 Z., Pens. $ 8-12,
Ged. $ 11/2, Hausboot zum Dampfer
50 c.; als Nachtquartier nicht zu empfehlen.
Die sogen. Blumenboote (Flower
Boats), wo halb chinesische, halb europäische
Gastmahle zu haben waren,
sind 1909 abgebrannt und nicht erneuert
worden.
Europäer werden dringend
davor gewarnt, sich ohne Begleitung
bekannter Chinesen in einem Boot auf
dem Fluß aufzuhalten!
Post: Deutsches, englisches, französisches,
japanisches Postamt auf der
Insel Schamien, chinesisches in der
Stadt.—Telegraph chinesisch auf
Schamien.
Tragsessel (chair) mit 3 Trägern
$ 11/2-21/4 für den Tag.—Sampans
(Boote) für Flußfahrten nach Zeit, etwa
$ 1 stündlich.
Dampfer nach Hongkong: Abfahrt
8 Uhr Vm. (Fahrzeit 7 St.); 5 Uhr
Nm. (Fahrzeit 7-12 St.). Fahrpreise:
englische Dampfer $ 8, französische 5,
chinesische 4, ohne Mahlzeiten;—
nach Macao: jeden Wochentag 8 Uhr
Vm. für $ 5;—nach den Vertragshäfen
Samschui und Wutschau am Westfluß
dreimal wöchentl., für $ 15, hin und
zurück $ 25.
Eisenbahn: Kanton-Samschui in
2 St.; Kanton-Hankau im Bau, 90 km
im Betrieb; Kanton-Kaulun (S. 224).
[S. 226]
Plan von Kanton.
[S. 227]
Banken: Hongkong & Shanghai
Banking Corp.; Banque de l'Indochine,
Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft;
Deutsch-Asiatische Bank im
Hause der Herren Arnold Karberg &
Co.; Carlowitz & Co., Korr. der Deutsch-Asiatischen
Bank, sämtlich auf der
Fremdenniederlassung Schamien.
Fremdenführer sind unentbehrlich,
man nehme aber nur solche mit guten
Empfehlungen durch Vermittelung von
Thos. Cook in Hongkong (s. S. 221), der
die alte Führerfamilie Ah-Cum (John
und Ah-On) als zuverlässigste empfiehlt,
oder des Dampferkapitäns oder des
Gasthofs; sie erhalten etwa $ 2 und
einen Tragsessel für den Tag, größere
Gesellschaften nach Übereinkunft;
man überträgt ihnen am besten die
Gestellung der Tragsessel nebst je
drei Kuli (zu etwa $ 2); Besichtigungsplan
verabrede man vorher mit dem
Führer womöglich mit Hilfe eines ortsansässigen
Europäers. Der Führer
ist auch bei Einkäufen nicht gut zu
entbehren, aber nicht stets zuverlässig;
auch chinesische Speise-und Spielhäuser
kann man mit ihm besuchen.
Wegen des oft fremdenfeindlichen
Pöbels gehe man nicht ohne
Führer und Tragsessel in die Stadt
und meide jede Volksansammlung.
Besuch öffentlicher Hinrichtungen ist
des gebildeten Europäers unwürdig
und ekelhaft.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul.
Dr. W. Rößler, Dolmetscher Tigges.
Klub: Canton Club, auf Schamien,
international für Europäer, Einführung
durch Mitglieder.
Krankenhaus: Ein französisches
und ein amerikanisches Hospital.
Einkäufe: Die Gewerbe liegen meist
gassenweise zusammen. Man findet:
Jade-Schmucksachen (Nephrit), Silber,
alte und neue Seidenstickereien,
Specksteinschnitzereien, Schwarzholz-
und Elfenbeinschnitzereien u. a. Die
Preise sind meist billiger als in Hongkong
und Schanghai; viele der dortigen
Waren werden in Kanton hergestellt,
doch ist in Schanghai die Auswahl
für europäischen Geschmack
leichter. Für Europäergeschmack bestimmte
Waren (Seide, Silber, Elfenbein)
in der Sai Hing Gei (2 Minuten
von der Brücke).
Kanton, Canton (chines. Kwang-tschou-fu), die wichtigste Handelsstadt
Südchinas, zweitgrößte Stadt des chinesischen Reiches und
Hauptstadt der Provinz Kwangtung, liegt unter 23° 8' nördl. Br.
am l. Ufer des Perl- oder Kantonflusses, nahe dem Nordrande des
Sikiangdeltas, in einem Gebiete, das noch üppige, tropenartige Vegetation
besitzt, aber im Winter zuweilen schon Nachtfröste erleidet.
Durch sein Straßenleben ist es die interessanteste Stadt Chinas. Die
Stadt ist von der üblichen rechteckigen Backsteinmauer (nebst
Graben) umgeben, die hier 10 km lang, 12 m hoch und an der Krone
7 m breit ist, und zerfällt in die dem Fluß zugekehrte Neustadt und
die durch Mauer mit Graben von ihr getrennte, fünf Sechstel der
Gesamtfläche einnehmende alte Tatarenstadt. Hervorzuheben sind
hier die Yamen (Residenzen) des Generalgouverneurs und des Tatarengenerals,
das Kungfutszekollegium und der kaiserliche Tempel,
die Fünfstockpagode, 120 andre Tempel, eine Moschee, mehrere
buddhistische Klöster, die Münze, der große Exerzierplatz und die
französische katholische Kirche. Neu-und Weststadt sind das Geschäftsviertel.
Ein interessantes Wirrwarr von Straßen, Gassen, Sackgassen
und Wassergraben, 1,2-4 m breit, mit Granitquadern belegt,
darunter meist Wasser-oder Schlammgräben, darüber von April bis
Oktober Strohmatten oder »Himmelsfenster« (mosaikartige Schiebefenster
aus Muschelschalen), darin Menschenknäuel wie in keiner
ändern Großstadt (vor den Essenszeiten in den Märkten!), Gewimmel,
Gelärm, Geschrei, Geruch. Auf dem flachen, durch zahllose Kanäle
durchkreuzten Ufer (außerhalb der Mauer), auf Pfahlbauten, sowie
in den bis nahe an die Flußmitte verankerten Booten der »Wasserstadt«
[S. 228]
wohnt gleichfalls eine zahlreiche Bevölkerung. Die Fremdenniederlassung
befindet sich auf der Insel Schamien, die, ehemals
eine Schlammbank, 1859-61 erhöht und ummauert wurde und jetzt
mit ihren breiten Banyanalleen angenehmen Eindruck macht; die Engländer
erhielten 4/5, die Franzosen 1/5. Unter den erstern haben sich
auch Deutsche, Amerikaner, Niederländer niedergelassen. Die Einwohnerzahl
wird auf 900000 angegeben, darunter 2000 Mönche und
Nonnen (9/10 buddhistische); mehr als 100000 Menschen wohnen auf
etwa 84000 Fahrzeugen im Strom.—Als Industriestadt nimmt Kanton
in China den ersten Rang ein als Hauptsitz der Seidenspinnerei
und-weberei und Seidenstickerei, durch Borten-und Schnurenfabrikation,
Färberei, Glasbläserei, Glas-und Steinschleiferei, Lackwaren-
und Papierfabrikation, Holz-und Elfenbeinschnitzerei, Möbelschreinerei;
in der Umgebung beschäftigt die Seiden-, Metall-und
Porzellanindustrie ganze Dörfer, zur Zeit der Zuckerernte arbeitet
ein großer Teil der Bevölkerung in den Zuckermühlen.—Der Handel
Kantons liegt zum größten Teil in englischen und deutschen Händen.
Werden die meist für Kanton bestimmten, in Kaulun und Lappa
verzollten Waren eingerechnet, so beläuft sich der Gesamtwert des
Handels von Kanton auf etwa 900 Mill. Mark. Hauptposten der
Ausfuhr sind Tee, Rohseide und Seidenwaren (für 31,4 Mill. Taels),
Matten, Zucker, Kassia, Porzellan, Feuerwerkskörper; der Einfuhr
Opium (für 5,3 Mill. Taels), Baumwollenzeuge, Baumwollengarne,
Wollwaren, Metalle, Petroleum, Kohlen, Erdnüsse. Der Handel wird
stark durch Hongkong beeinflußt, wo der Schwerpunkt des auswärtigen
Geschäfts liegt.—Stadt und Hafen sind durch Forts und
Batterien geschützt; auf den im N. der Stadt gelegenen Bergen liegen
fünf kleine Forts, auf der Südseite vier, darunter Dutch Folly, jetzt
Station für drahtlose Telegraphie, auf einer kleinen Felseninsel mitten
im Fluß, am Westende der Insel Whampoa das Haukwa-, Napier-
und Barrierenfort. Die Forts an der Bocca Tigris (S. 225), mit vielen
Geschützen bewaffnet, aber ungeschickt gebaut, wurden in den
Kämpfen mit England 1841, 1847 und 1857 leicht genommen.
Das Klima von Kanton zeigt starke Extreme, das Thermometer
steigt im Sommer bis 38° C und sinkt im Winter bis 4,5°, Schnee und
Eis sollen als Seltenheit vorgekommen sein (z. B. 1893).
Rundfahrt mit Führer (S. 227) und im Tragsessel (kaltes Frühstück
sowie an Kleingeld etwa $ 2 für Priester und Händler mitnehmen,
dessen Verteilung man dem Führer überlasse; Trinkgelder nur,
wo Wächter Türen öffnen: im Wa Lam Tse, in der Fünfstockpagode,
in Tsans Ahnenhalle, etwa 5-10 cents). Beim Gasthof über die Brücke
in die engen Gassen der Chinesenstadt. Durch die Schuhmacherstraße
geradeaus zum Hung Sing-Tempel, dort r. in die Ha Gao Po
(Hauptstraße für chinesische Seidenstoffe, am Anfang der Straße,
r., Läden mit Sänften für Hochzeiten-und Begräbnisse), dann l.
durch die Sai Loi Tso Te (Schwarzholzmöbel mit Marmor-und Perlmuttereinlagen)
zum *Tempel der 500 Götzen (Wa Lam Tse;
»Tse« = buddhistische, »Kün« = taoistische Klöster). Am Eingang die
sagenumsponnenen Torwächter, buntbemalte Figuren aus gebrannter
Erde hinter schmutzigen Holzgittern. Erste Halle: die drei Buddha.
[S. 229]
Zweite Halle: siebenstöckige Marmorpagode, Geschenk des Kaisers
Kien Lung. Dann l.: Halle der 500 »Lohan« (Schüler Buddhas):
500 lebensgroße Tonfiguren sitzen in langen Reihen an den Wänden.
Dem Eingange gegenüber Kaiser Kien Lung in goldschimmerndem
Gewande. Rechts von ihm zeigt der Tempelwächter »Marco Polo«.
Wer will, kann sich die Priesterwohnungen ansehen. Zurück zur
Ha Gao Po, durch die Ta Tung Gei (chinesische Banken, Apotheken;
Seidenfaden) nach der Tsong Yün Fong (Seidenstickereien, Bilder
in Schwarzholzrahmen). In Nachbarstraßen alle Arten Laternen.
Die nächste Straße, Dai Sann Gei, ist eine Haupthandelsstraße
(Elfenbein, Kuriositäten, Fächer; Nephrit = »Jadestone« fast nur
hier echt zu haben). In der Parallelstraße Ho Bunn Gei Schwarzholzmöbel,
Musikinstrumente und Felle. Durch das »Tor der Tugend« (Kwai Tak Mun)
in die Altstadt. Am Tor viele Läden mit Käfigvögeln,
Schlangen, Affen und anderm Getier. L. durch die Dai See Gei
in das Mandschuviertel. Hier der »Tempel der fünf Genien« (Ng
Sin Gunn). »Die fünf Genien flogen auf Rammblöcken durch die
Luft nach Kanton. Die Balken wurden in Steine verwandelt und
hier aufbewahrt«. Eine große Glocke (5000 kg schwer) hängt hier:
»ihr Klang bringt Unglück über die Stadt«; 1857, bei der Belagerung
durch Franzosen und Engländer, schlug eine Granate ein Stück aus
ihr heraus und machte sie tönen. Im Tempelhof eine Fußspur
Buddhas.—Nordwestl., ganz nahe, die älteste Moschee (Wai Sing Tse)
in China, um 626 gegründet; über ihr der »Nackte Turm« (Kwong
Tap) als Minaret; die Moschee soll von einem Onkel Mohammeds
gebaut sein, dessen Grab sich in einer andern der drei Moscheen
Kantons befindet. In der Nähe der »Kwong Tap« wohnen meist
Mohammedaner, deren Gesamtzahl auf 3000 angegeben wird.—Nördl.
anschließend das Reservat der Bannertruppen, auch Mandschu. Ihre
Häuser sind meist klein, unordentlich, weiß gestrichen mit schwarzgemalten
»Querbalken« über der Tür. Keine Läden hier, die Männer
sind Soldaten, Wächter oder ohne Gewerbe. Die Mandschufrauen
fallen durch lange, hellblaue Gewänder auf, während Chinesenfrauen
Obergewänder, die nur bis zum Rumpfende reichen, tragen.—Nach
N., durch die Fa Tap Gei nach der *Blumenpagode (Fa Tap, richtiger
»Geschmückter Turm«, im Gegensatz zum »Nackten Turm«,
Kwong Tap), einem achtseitigen, neunstöckigen, rosaübertünchten
Turm von 51 m Höhe; 505 n. Chr. erbaut; ins Innere kein Zutritt.—
Weiter nördl. bis zum großen Nordtor (Dai Pak Mun); unterwegs
hübscher Blick auf das Wachthaus über dem Tor.—Von hier besuche
man ein »Totenhaus« (z. B. das Buddhistenkloster Sao San).
Ein hof-oder gartenartiger Raum,
oft im Anschluß an ein Kloster, ist mit
Längs-und Quermauern durchzogen,
an jeder Wandseite liegen Zimmerfluchten;
das Ganze gleicht einer Miniaturstadt
aus kleinen viereckigen
Grabkapellen. Gegen Eintrittsgeld und
jährliche Miete lassen reiche Leute
hier ihre Toten niederlegen, bis der
Wahrsager Ort und Zeit für die Beerdigung
bestimmt hat, was Jahrzehnte
dauern kann. Die Ausstattung des
Raumes ist verschieden; meist ist in
der Mitte ein Altartisch, dahinter hängt
ein Vorhang oder Teppich zum Verhüllen
des Sarges. Auf oder neben
dem Altar sind Opfergefäße, Räucherstäbchen,
Speisen, große Figuren aus
buntem Papier, an den Wänden Bilder,
an der Decke hängen Lampen
und, senkrecht oder wagerecht, gestickte
oblongische Läufer.
[S. 230]
Oft ist
auch ein Diener anwesend, wohnt
oder schläft in einem Nebenraum der
»Totenstadt« und sorgt für frisches
Essen und Wasser. »Bei Kindersärgen
steht Spielzeug, bei Frauensärgen
Spiegel, Salbentöpfe, kostbare Kleider.
Zuweilen wird der Tote betrogen und
erhält Speisen aus Wachs, die haltbarer
sind. In manchen Kapellen lesen
in weiße Trauerkleider gehüllte Chinesen
aus Folianten laut Totengebete,
während ein buddhistischer Priester
den Takt in Pentametern auf einer
kleinen Topftrommel schlägt«(nach
Hans Meyer). Die Herstellung der Papierwaren
für Toten-und Opferkult
(Papierblumen,-sänften,-treppen,
-figuren,-tabakspfeifen,-geld,-opferschnitzel)
ist eine bedeutende Industrie
der Stadt.
Nahe beim Nordtor der Kun Yam-Berg, einer der heiligen Orte
Kantons. Kun Yam ist die buddhistische Göttin der Barmherzigkeit
(Sanskrit Avalokitêshvara) und eine der häufigsten Bildsäulen hier.
1858-62 war am Berg das Hauptquartier der Engländer und Franzosen.
Unten das Taoistenkloster Sam Yün Kung, einer der saubersten
und schönsten Tempel der Stadt; eine lange Flucht breiter
Granitstufen führt empor zum Kun Yam-Tempel; vom Tempelhof
schöner Blick über die Stadt.—Zwei Minuten weiter die Fünfstockpagode
(Ng Tsang Lao), keine Pagode, sondern ein mächtiger
Burgturm von Hausgröße, rechteckig, fünfstöckig, aus rotem Gestein,
die Simse weit vorspringend, erbaut unter dem ersten Ming-Kaiser
(zwischen 1366 und 1399). Vom Obergeschoß weiter *Ausblick:
Im S. die Stadt, der Perlfluß als schimmerndes Band, an seinen
Ufern zwei Neunstockpagoden, in der Ferne die Sai Siu-Hügel. Im
O. und W. die dörferbesäte Ebene, im N. und NO. dicht hinter
der Stadtmauer die »Weißen Wolkenberge« (ein andrer heiliger Ort;
hier findet der Totenkult sein letztes Ziel: vom Fuße bis zum
Gipfel liegen die Hufeisengräber neben-und übereinander). Im Oberstock
zwei Bildsäulen: Kun Yü und Wan Tsèng (heilig gesprochener
Kultusminister aus dem 7. Jahrh.), denen die Prüflinge opfern, um
gut zu bestehen. Höhe und Lage auf der schon an sich 10 m hohen
Stadtmauer machen die Fünfstockpagode zu einer Landmarke. Die
Chinesen sagen: Kanton gleicht einer mächtigen Dschunke, die
Fünfstockpagode ist der Hintermast mit gespreiteten Segeln, die
Blumenpagode der Vordermast (Zeichen des steigenden Handels
und steigenden Wohlstandes der Stadt).
Auf der Stadtmauer (zu Fuß) oder durch die Stadt (in Sänfte)
nach dem kleinen Nordtor (Siu Pak Mun). Geradeaus, immer nach
S., bis zur Hauptstraße der Altstadt, der etwa 1 St. langen Wei Ngoi
Gei (»Straße der Wohltätigkeit und Liebe«), dann r. zum »Tempel
des Schreckens« (Sing Wong Miu, »Sing Wong« ist der Schutzgott
der ummauerten Städte, deshalb findet sich sein Tempel ebenso in
jeder Stadt wie der des Kungfutsze).
Der Sing Wong Miu ist ein typisch-kantonesischer
Tempel: klein, neuerdings
renoviert. Er wird von Frauen,
Landleuten, Soldaten besucht, gleichzeitig
von »Bauernfängern«; Bettler,
Spieler, Wahrsager, Hausierer drängen
sich hier, zumal an Festtagen.
An den Wänden des Hofes werden
die Strafen der buddhistischen Hölle
in Bildern vorgeführt (r. und l. je fünf).
[S. 231]
»Da wird ein Kerl lebendig in Öl gesotten,
während grausige Ungeheuer
die Glut des Ofens anfachen; dort
wird ein armer Sünder aufgeschraubt
wie ein Korkzieher, an andrer Stelle
wird ein Bösewicht Zoll für Zoll zerstückelt,
am dritten Ort ein andrer
unter einer Riesenglocke zu Tode geläutet,
und so geht es fort durch alle
erdenklichen Stufen der raffiniertesten
Grausamkeit« (Hans Meyer). Das Ganze
erinnert an ein Panoptikum.
Dem Sing Wong-Tempel gegenüber durch die Fu Hog Tung Gei
nach dem *Kungfutsze-Tempel (Kuong Tsao Fu Hog Kung). Kanton
hat drei Kungfutsze-Tempel, dieser ist der erste. An bestimmten Tagen
im Frühling und Herbst versammeln sich hier alle Zivil-und Militärbeamten,
an ihrer Spitze der Generalgouverneur. Die Verehrung
des großen Weisen besteht im Räuchern, Verbrennen von Kerzen,
Opfern von Reis, Wein, Fleisch, Musik, Niederknien u. a.—Nicht
weit davon, in der Söng Mun Dai Gei (Hauptstraße der chinesischen
Buchhändler) die *Wasseruhr. Sie besteht aus vier Kupferkübeln,
die auf Stufen stehen. Das Wasser tropft von einem zum andern;
im untersten schwimmt ein Anzeiger, der angibt, wie lange das Wasser
fließt. Nach 12 St. wird es ins oberste Gefäß zurückgegossen. Erbaut
wurde die Wasseruhr um 1320.—Nördl. zurück zur Wei Ngoi
Gei und diese entlang bis zum Westtor (Sai Mun). Auf dem Weg
mehrere Yamen (Amtsgebäude). Das Schatzmeistersyamen (der Einmündungsstelle
in die Wei Ngoi Gei gegenüber), dann ein wenig
weiter, r., das Präfektsyamen, zuletzt das des Tatargenerals (die
Straße führt durch die großen Tore des Vorhofs, l. eine Wand mit
dem kaiserlichen Drachen).—Nach Schamien zurück durch die Sap
Tsat Po und Sap Bat Po (wichtige Handelsstraßen, hier auch viele
europäische Waren).
Kürzere Rundfahrt: Wem diese Fahrt zu lang ist, gehe von der
Ha Gao Po zum Westtor und hier auf die Stadtmauer: schöne Blicke auf
den Tempel der fünf Genien, den »Nackten Turm«, die Blumenpagode, den
Kun Yam San, die Fünfstockpagode. (Vom Nackten Turm auf der Stadtmauer
zum Großen Nordtor; uralte Geschütze auf der Stadtmauer, Schweine
und Hühner liegen darunter, menschliche Faulenzer schlafen darauf, daneben
kochen die Wächter ihr Essen; auch l. durch die Mauerluken manch
hübsches Bild; bis zum Großen Nordtor 25 Minuten zu Fuß, vom Tor aus
gehe man wie bei der ersten Fahrt beschrieben.)
Zwei hervorragend schöne Gebäude erfordern weitere Ausflüge:
1) die Ahnenhalle der Familie Tsan. Man fahre mit der Nordbahn
(7 Min.) nach der ersten Station Hgai Chim. L. vom Bahnhof
die Hochschule der beiden Kuong-Provinzen (mauer-und grabenumzogenes
Viereck, mit vielen Gebäuden und Baumgruppen,
einer kleinen Stadt ähnlich). Mit Sänfte nach der Ahnenhalle (15
Min.), einem der schönsten Gebäude in Südchina, drei Reihen Hallen
hintereinander. Überreiche Stuckarbeiten an Dach und Mauerwerk,
die weiten stillen Höfe erinnern an die Alhambra; in der letzten
Halle viele kleine Ahnentafeln.—2) Der Kungfutsze-Tempel des
Pünjü-Distrikts (Pun Yü Hog Kung), großer Bau, prächtig gelbrotes
Ziegeldach, ornamentale Drachen über dem Eingang zur
Haupthalle (nur an Kungfutszes Geburtstag geöffnet, sonst Eingang
durch Seitentüren), im Innern seltsame Riesenfigur des großen Philosophen.
—Daneben die Amtsgebäude des Pun Yü-Magistrat; Besuch
der Gefängnisse (Erlaubnis des Beamten!) nicht uninteressant.
Die Schauerszenen, früher häufig, sind jetzt unterdrückt. Am Flußufer
der Richtplatz, in »Friedenszeiten« werden hier Töpfe getrocknet.
[S. 232]
Soviel Hinrichtungen am Tage stattfinden, soviel Holzkreuze
werden vorher dort etwas erhöht aufgebaut; das Schauspiel (meist
Kopfabschlagen) ist widerlich.—Unter den vielen Tempeln der
Stadt sind noch zu erwähnen: der Medizintempel, vor dessen Eingang
eine vergoldete Holzschnitzerei hängt; im Innern schöne Reliefs und
im Nebensaal 60 Götzenbilder, von denen jedes ein Jahr des Menschenlebens
und der 60jährigen Kalenderperiode darstellt; vor jedem
steht eine Vase zum Opfern von Räucherkerzen. Eine kreisrunde
Tür führt in einen andern Saal mit zwei Altären.—Einer der ältesten
Tempel, 362 erbaut, liegt im NW. der alten Stadt, nahe der
Blumenpagode, im Kloster der glänzenden Elternliebe (Kwang hiao
tse); er hat zwei kleine siebenstöckige, eiserne Türme mit Inschriften
aus dem 10. Jahrh.—Bemerkenswert ist noch der Kaiser-Tempel
(Wan tscheu kong) ein Staatsgotteshaus, wo die Zivil-und Militärbeamten
Kantons an Kaisers Geburtstag, beim Neujahrsfest und bei
Verheiratung des Kaisers Festgottesdienst abhalten. Auf dem kahlen
Altar steht eine Tafel, auf der der goldene Namenszug des Kaisers
auf grünem Lack angebracht ist.—Für weitere Auskunft ist zu
empfehlen: »A Guide to the city and suburbs of Canton, by Dr. Kerr«
(Hongkong, Kelly and Walsh).
Ausflug. Kanton gegenüber, am
Südufer des Perlflusses, die Vorstadt
Honam auf gleichnamiger Insel; Bootsbauerei,
Hauptsitz der Mattenindustrie,
etwa 200000 Einw. Mit Sampan fährt
man (nicht ohne ortskundigen Europäer!)
über den Fluß. Sehenswert sind
eine große Tempelanlage (Hoi tswang
tse) im Kloster des Meer-Banners, zu
der man durch eine lange Reihe von
Toren und Holzstatuen gelangt, zwei
Hauptpagoden und drei riesige Buddhafiguren;
am interessantesten sind
die vielen Bonzen, die man in ganzen
Rotten trifft (listige Augurenphysiognomien).
—Dann fährt man flußaufwärts
zur Insel Fati, gegenüber von
Schamien, wo sehenswerte Ziergärten
liegen; sie enthalten außer vielen
Blütengewächsen, Palmen, Dracaenen
auch absonderliche Buschpflanzen, die
zu allerlei Figuren (Menschen, Drachen,
Fische, Fächer u. a.) zurechtgestutzt
sind, denen mit Glas und
Porzellanansätzen nachgeholfen wird;
sehr eigenartig sind auch die Miniaturlandschaften,
meist Berge mit Häusern,
Grotten, Brücken, Menschen,
Bäumen. Bei der Wasserfahrt kann
man gelegentlich beobachten, wie
Priester auf großen Dschunken Andachten
abhalten; auch das Treiben
auf dem Wasser, das Familienleben in
den Fahrzeugen bietet Sehenswertes.
Am angenehmsten sind Fahrten mit
»Hausboot« der auf Schamien ansässigen
Europäer; sie sind für Ausflüge
zu Wasser bestimmt.
2. Seitentour: Hongkong-Macao.
Dampfer, s. S. 221. 40 Seem.; Fahrzeit etwa 31/2 St., Ausflug auf 1 Tag
(besser 2 Tage). Fahrpreis $ 4; So. Sonderschiffe hin und zurück $ 2, 6 St.
Aufenthalt (genügt für Rickschafahrt, Besuch der Spielhöllen und aller
Sehenswürdigkeiten). (NB. Man kann auch von Kanton direkt nach Macao
in etwa 8 St. fahren [Fahrpreis $ 5], doch sind die Dampfer [S. 225] sehr
klein, daher bei Seegang unbequem.)
Die Fahrt von Hongkong ostwärts, je nach dem Wetter dicht längs
der Nord-oder Südküste der großen Insel Lantao, ist reizvoll; dann
durch die ziemlich offene Mündung des Kantonflusses, vorbei an
kleinen Inseln nach dem versandenden Hafen von Macao, der an
landschaftlicher Schönheit mit Hongkong wetteifert, trotzdem die
Felsenhalbinsel Macao nur 100 m hoch ist. Auf dem Fort Nossa
[S. 233]
Senhora da Guia steht der erste europäische Leuchtturm, der in
China brannte; die Hügel tragen alte Festungswerke. Die kleine Stadt
sieht von See mit ihren Kirchen, Terrassen, Arkaden und Balustraden
malerisch aus. Im Hafen liegen meist nur Fischerfahrzeuge.
Macao
(vgl. den Karton auf der Karte S. 219).
Gasthöfe: Hotel Boa Vista, über
der Stadt in schönster Lage, Rua do
Tanque do Mainato 1, gut, allein zu
empfehlen; Pens. $ 8.—Macao-Hotel
an der Grande Promenade, mäßige
Preise.—Post u. Tel. (Kabel) portugiesisch.
—Rikschas: 1 St. 10 cents in der
Stadt, 15 cents außerhalb.—Tragsessel
mit 2 Trägern ein Weg 15 cents; 6 St.
50 cents; für den Tag $ 1.—Dampfer:
nach Hongkong tägl. früh, Sa. und So.
2mal tägl., für $ 4-2; nach Kanton
Mo. Mi. Fr. früh.—Sprache portugiesisch,
doch kommt man mit Englisch
überall durch.—Geld portugiesisch;
1 Milreis (1000 reis) etwa 4,53 M., also
100 reis = 45 Pf. Es gelten Banknoten
der Hongkong-Schanghai Banking Co.
und das in Hongkong umlaufende
Kleingeld. Der Goldkurs schwankt
täglich.—Spielhöllen (mit Roulette):
Fantam; Wong hang; Wong wo; Einsatz
von $ 1 an, man gewinnt beim
»fan tam« den vierfachen Einsatz, weniger
10 Proz.; Spielzeit den ganzen
Tag, das Spiel ist primitiv (man wird
enttäuscht sein).
Macao wurde 1517 von den Portugiesen
besetzt und diente einst als
alleiniger Vermittelungsplatz des europäischen
Handels mit China. Seitdem
aber die Fremden in Kanton selbst
Zutritt gefunden, und vollends, seitdem
die Engländer die Insel Hongkong
und die Halbinsel Kaulun besetzt
haben, ist Macao als Handelsplatz
völlig bedeutungslos geworden, zumal
auch der Hafen durch die Sinkstoffe
des Hsikiang ganz verschlammt ist.
Der Besuch des Ortes lohnt aber auch
heute noch wegen seiner herrlichen,
an Monte Carlo erinnernden Lage
auf einer kleinen Felsenhalbinsel und
wegen der zahlreichen Zeugen der
einstigen portugiesischen Kolonialherrlichkeit.
Es ist kein größerer Gegensatz
denkbar als zwischen dem
reichen Leben, das in Honkongs Straßen
und Hafen pulsiert, und dem
menschenleeren Macao. Die Portugiesen
selbst haben hier wie überall in
ihren Kolonien ihr Volkstum nicht rein
erhalten, sondern sind zu einer Mischrasse
herabgesunken. Der Baucharakter
der Europäerstadt ist dagegen noch
rein portugiesisch.—Das Klima ist
im Sommer weniger heiß, angenehmer
und gesünder als auf Hongkong.
Macao (spr.-kāu) liegt 60 km westl. von Hongkong auf einer felsigen
Halbinsel, die eine nur 100 m breite Landzunge mit der flachen
chinesischen Insel Heongschan, des Südteils des Hsikiang-Deltas, verbindet.
Die Grenzmauer, deren Tor früher chinesische Soldaten bewachten,
ist jetzt verfallen. Macao hat 63991 Einw. Der Handel
ist sehr im Niedergang (Waffenschmuggel) und ganz in Händen von
Chinesen.—Die Stadt Macao ist malerisch auf einer Hügelreihe erbaut,
die bis 100 m vom Strand aufsteigt; die Straßen sind vielfach
steil. Auf den Höhen mehrere alte Forts, die mit je einer Kompanie
Festungsartillerie und Infanterie besetzt sind. Macao scheidet
sich in die regelmäßig gebaute portugiesische (jetzt verödete) Stadt
mit fünf Kirchen, darunter die St. Pauls-Kathedrale, zahlreichen Kapellen
und (seit 1834 aufgehobenen) Klöstern, aber auch nicht minder
zahlreichen Spielhöllen, und das chinesische Viertel mit großem
Basar und engen, schmutzigen Gassen. Macao ist Sitz des Gouverneurs,
eines Bischofs und eines chinesischen Mandarins und Hauptsitz
der französischen Missionen in China.—Der äußere Hafen ist
ungenügend geschützt, zwei innere Häfen sind eng und verschlammen,
daher nur für Flußdampfer und Dschunken brauchbar, während
[S. 234]
große Seeschiffe 9-10 km von Macao ankern müssen. Eingeführt
wird aus China: Seide, Matten, Tee, Zucker, Schweine, Tabakblätter,
Bambus; aus Hongkong: Reis, Erdnußöl, Petroleum, Kohle,
Mehl. Ausgeführt werden nach China Opium, Baumwollengarn und
Reis.—Die Portugiesen erhielten bereits 1557 gegen jährliche Zahlung
von 500 Taels an China das Recht zur Niederlassung; diese
Summe wurde bis 1848 entrichtet.—Seit 1845 ist Macao Freihafen,
konnte sich aber neben Hongkong nicht behaupten, besonders seit
1873 der Kulihandel verboten wurde.
Rundfahrt in der Stadt mit Rikscha vom Gasthof Boa Vista
hinunter in die Hauptstraße der Stadt, Praia Grande, wo der Palast
des Gouverneurs und andre Regierungsgebäude liegen und am Nordende
ein Park, in dem Nm. Musik spielt, während ganz Macao dort
promeniert.—Dann l. den Berg hinauf zur Ruine der São Paolo-Jesuitenkirche
mit schönem Portal und etwas weiterhin zum Camões-Garten,
wo der verbannte Dichter seine »Lusiaden« vollendet haben
soll und eine Büste des Dichters steht, mit mehreren Inschriften,
darunter einer sehr stimmungsvollen Widmung eines Franzosen.—
Ein guter Weg, die Avenida Vasco da Gama, führt nördl. zur chinesischen
Grenze; auf einer Anhöhe sieht man einen terrassenförmigen
Parsenfriedhof.—Jenseit des kleinen Grenztores 8 km weiter liegt
eine reiche chinesische Besitzung mit sehenswertem Park.—In dem
fleißigen, aber häßlichen Chinesenviertel von Macao ist eine Opiumfabrik
sehenswert.—Die Spielhöllen (Casa do Jogo, Gambling
saloon) liegen meist in der Rua da Felicidade. Macao gewährt wegen
seiner idyllischen Ruhe und malerischen Umgebung genußreichen
Aufenthalt für 2-8 Tage.—26 km von Macao liegen die heißen
Quellen von Yo muh.
3. Seitentour: Hongkong-Manila
(vgl. Karte s. 155).
Dampfer der China Navigation Co.
und der Indo-China Steam Navigation
Co. (wöchentl.), der Philippine Steamship
Co. (14tägig) laufen von Hongkong
nach Manila (640 Seem.) in 21/2
Tagen; Fahrpreise veränderlich, je
nach Güte der Dampfer $ 30-50, Hin-und
Rückfahrt $ 50-80. Der Norddeutsche
Lloyd (Austral-Japan Linie)
läuft Manila alle 28 Tage an. Es ist
notwendig, einen Paß bei sich zu
haben, der vom amerikanischen Konsul
in Hongkong visiert ($ 1 Gold) wird.
Bei der Passagebelegung in Hongkong
wird von allen Dampferlinien die auf
den Philippinen verlangte Immigration
Tax von 8 Pesos = $ 4 Gold hinzugerechnet.
Bleibt der Reisende weniger
als 3 Monate auf den Philippinen, kann
er diese Summe durch die Agentur
der Linie, mit der er nach Manila fuhr,
reklamieren. Das Beste ist, dies 14
Tage oder 3 Wochen vor der Abreise
zu veranlassen, da es solange
dauert, bis das Zollamt den Betrag
zurückzahlt.
Die Fahrt von Hongkong (S. 220) mit südöstl. Kurs durch das
Südchinesische Meer (S. 214) ist sowohl im NO.-wie im SW.-Monsun
des Seeganges wegen unbequem und besonders unruhig beim Monsunwechsel.
Bei Ansteuerung der Westküste von Luzon erkennt man
meist zuerst den 1070 m hohen Monte Agudo auf der Halbinsel,
hinter der die kleine Bucht von Subic liegt, und erst später die
1300 m hohe Sierra de Mariveles auf der großen Halbinsel, die die
große Bai von Manila nach W. abschließt. Zwischen dem Kap Mariveles
[S. 235]
und der gefährlichen Klippe La Monja und der 1 km östlichern
Felseninsel Corregidor (mit Leuchtturm; diese Insel und die Inseln
Caballo, Carabao, Fraile in der Einfahrt sind sehr stark befestigt)
hindurch steuert man in die geräumige Bucht ein, deren Küstenumfang
etwa 150 km mißt. Der Leuchtturm auf der San Nicholas-Bank
bleibt r., dann erscheint r. die flache Waldküste von Cavite,
und voraus sieht man auf künstlichem Ufer neue große Gebäude der
Manila Hotel Co., des Army und Navy Club und Elk Club, dahinter die
düstern Festungsmauern, Kirchtürme und Häuser der Stadt Manila,
im Hintergrunde die Höhen von San Mateo.
Die Philippinen, die nördlichste
Inselgruppe des Indischen Archipels,
im W. vom Chinesischen Südmeer,
im O. vom Stillen Ozean begrenzt, besteht
aus 3146 größern und kleinen
Inseln, darunter die größten: Luzon,
Mindanao, Samar, Negros, Palawan,
Mindoro, Leyte, Cebu, Bóhol, Basilan,
Panay, Masbate, mit (einschließlich
der Suluinseln) 296310 (Italien 286682)
qkm Gesamtfläche. Die Küsten sind
meist zerrissen und von Korallenriffen
umrahmt. Die Inseln werden von
dichtbewaldeten Bergketten durchzogen,
die, wo sie nicht von Laven,
Aschen und Tuffen der Vulkane überdeckt
sind, aus kristallinischen Schiefern
bestehen. Die zum Teil noch
tätigen Vulkane bilden zwei Reihen,
eine östliche, die mit dem erloschenen
Butulan (1097 m) auf Mindanao beginnt
und sich über die erloschenen Vulkane
Malutun (2000 m) und Apo (3200 m) bis
zu der erst 1871 entstandenen, 1627 m
hohen Insel Camiguin und bis zu dem
Bulusan, dem 2530 m hohen, noch
tätigen Mayon oder Albay in Südluzon
fortsetzt, und eines westliche, die von
dem Cotaboto auf Mindanao über den
tätigen Canloon (2497 m) auf Negros
und über den Halcon (2700 m) auf
Mindoro bis zu den Vulkanen bei
Manila hin und weiter nördl. sich erstreckt.
Einige Vulkane sind erst in
jüngster Zeit entstanden, Erdbeben
sind ziemlich häufig. Der Reichtum
an Metallen ist groß, aber noch wenig
ausgenutzt, Gold ist auf fast allen
größern Inseln nachgewiesen; einige
zwanzig amerikanische Gesellschaften
sind an der Arbeit. Mit Gold kommen
Silber, Platin (Kizal), Eisen, Kupfer,
Blei und Zink (Camarines) vor, außerdem
Zinnober, Schwefel, Petroleum,
Steinsalz, Kaolin u. a. Das wichtigste
Fossil ist eine treffliche Braunkohle, die
auf der Insel Batan gefördert und von
den Küstendampfern viel benutzt wird.
Das Klima ist ein tropisch-insulares
Monsunklima mit gleichmäßig
hoher mittlerer Wärme und zwei
Jahreszeiten, einer Regen-und einer
Trockenzeit. Die Periode des NO.-
Monsuns (Oktober bis April), der für
die Nord-und Ostküsten regnerisch ist,
ist die kühlere, die des SW.-Monsuns,
der hauptsächlich der Westseite Regen
bringt, die wärmere Jahreszeit. Die
Verteilung der Regen über das Jahr
ist an den einzelnen Orten je nach
ihrer Lage zu den Gebirgszügen sehr
verschieden; Manila hat seine Regenzeit,
in der jeden Nachmittag ein starker
Gewitterregen niedergeht, vom Juni
bis September. Sprichwörtlich (aber
übertrieben): 6 Monate Staub, 6 Monate
Schlamm. Manila: Januar 25°, Mai
28,6°; mittlere Jahresextreme 36,3° und
17,1°; Regenmenge 1927 mm (davon
Juni bis November 1700 mm). Der
Wechsel der Monsune (Mai-Juni und
September-Oktober) ist mit heftigen
Wirbelstürmen verbunden. Die nördlichen
Inseln sind häufiger, die südlichen
seltener furchtbaren Zyklonen
(Taifunen) ausgesetzt.
Die Pflanzenwelt ist die malaiisch-tropische
der Sundainseln und
besonders reich an Palmen; die Tierwelt
gehört zwar ebenso der malaiischen
an, doch fehlen ihr fast sämtliche,
auf den übrigen Sundainseln
allgemein verbreitete Großtiere; die
Raubtiere sind nur durch eine Viverre
und eine Marderart vertreten.
Die Bevölkerung zählt (1909)
8189760, davon 30000 Amerikaner,
100000 Chinesen, 650000 Negritos, d. h.
Ureinwohner, die in den entlegenern
Gebirgsteilen leben; die Hauptmasse
der Eingebornen besteht aus (stark
mit fremdem Blut gemischten) Malaien
mit zahlreichen Stämmen.
[S. 236]
Eine
große Rolle spielen die Mestizen
(Mischlinge aus Malaien und Spaniern).
Die christlichen Malaien von Luzon
nennt man Tagalen. Sie haben die Niederungen
und Gebirge zwischen ihren
unter Kokospalmen versteckten Pfahlbaudörfern
gut angebaut mit Nahrungspflanzen
(vor allem Reis), Zuckerrohr,
Tabak und der Bananenart Musa
textilis, der Lieferantin der Manilahanffasern.
Gewerbebetriebe: Schnitzarbeiten,
Manilahanfverarbeitung zu
Stoffen und Matten; Trepang-und
Perlenfischerei, Entenzucht. Ausfuhr:
Manilahanf, Kopra, Zucker, Tabak,
Kaffee, Farbholz, Ilang-Ilang, Aloefaser,
Gold. Der Straßenbau in den
Provinzen schreitet rüstig vorwärts.
Auf Luzon sind bis jetzt 600 km, auf
Cebu 110 km, auf Panay 125 km Eisenbahnen
im Betrieb. Unter dem Zivilgouverneur
stehen das Oberhaus, bestehend
aus neun von Washington aus
ernannten Beamten, das Unterhaus
aus 81 gewählten Abgeordneten, ferner
die 40 Provinzen mit vom Volke gewählten
Gouverneuren; die Städte
haben Selbstverwaltung.
Geschichtliches. Magalhães
entdeckte und besetzte die Inseln 1521
und taufte sie Inseln des heiligen Lazarus;
1543 wurde der Name nach
dem Kronprinzen (spätern König Philipp
II.) in »Islas Filipinas« umgeändert.
1645 erlitten die Philippinen ein
schweres Erdbeben. Im 18. Jahrh. begannen
die Spanier eifrige Plantagenwirtschaft
und Missionstätigkeit durch
geistliche Orden (Augustiner, Dominikaner
und Jesuiten); die Ordensgeistlichen
machten sich durch Härte verhaßt,
so daß seit 1876 Aufstände unter
Führung aufgeklärter Filipinos kein
Ende nahmen. Nach Beendigung des
spanisch-amerikanischen Kriegs 1898
trat Spanien die Philippinen an die
Vereinigten Staaten ab, die aber in
der kurzen seitdem verflossenen Zeit
trotz großer Geldopfer die schweren,
dem Wirtschaftsleben der Inseln durch
die spanische Mißwirtschaft geschlagenen
Wunden und das tiefgewurzelte
Mißtrauen der Eingebornen gegen die
weißen Beherrscher noch nicht beseitigen
konnten. Die Eingebornen
sind auch jetzt noch recht unruhig.
Beste Reisezeit Januar und Februar.
Manila
(vgl. den Plan S. 237).
Ankunft zur See. Seedampfer ankern
innerhalb des Wellenbrechers,
Küstendampfer im Pasigfluß. Schiffe
bis zu 10 m Tiefgang können Passagiere
und Ladung in den beiden Landungshallen
absetzen. Strenge Zolluntersuchung;
Waffen werden, solange
keine Erlaubnis zum Tragen eingeholt
ist, zurückbehalten.
Gasthöfe (sehr mäßig): Delmonico
Hôtel, das beste am Platz, Deutsch
gesprochen;—Hôtel Métropole, Plaza
Goiti;—Hôtel Bay View, San José,
Ermita;—Hôtel de France, Escolta,
in allen Pens. 5-10 Pesos.—Manila
Hotel, modern, im Bau.—H. Wechsler,
deutsche Gastwirtschaft und Bierhalle,
Anloague (an der deutschen Flagge
kenntlich); Mitt. $ 1 (2,10 M.).
Post. Brief nach Deutschland 10,
Postkarte 4 centavos, über Sibirien (besonders
zu vermerken) 20 u. 8 centavos.
Telegraph: Eastern Extension, überall
hin; Pacific Cable Co. nach Manila,
Schanghai und San Francisco. Sämtliche
Philippinen-Inseln sind durch
Kabel miteinander verbunden.
Mietswagen kosten für die erste
St. 40 cts., jede folgende St. 30 cts.—
Elektrische Straßenbahn bis Malabon
und Fort Mac Kinley.—Eisenbahn von
Manila nach Camp I und San Fernando
mit Zweigbahnen, Manila-Batangas,
Manila-Cavite, Manila-Antipolo,
etwa 600 km.
Dampfer: Nach Hongkong s. S.
234;—Great Northern Steamship Co.,
monatl. über Hongkong, Schanghai
nach Seattle;—Pacific Mail S. S. Co.
(Agentur Castle Bros. Wolf & Sons) und
Tojo Kisen Kaisha, monatl. über Hongkong,
Schanghai nach San Francisco;
—Norddeutscher Lloyd (Agentur Behn,
Meyer & Co., Ltd., Tel.-Adr. Nordlloyd
Manila), alle 4 Wochen nach
Australien und Neuguinea;—Küstendampfer
der Philippine Steamship Co.
(Agentur Warner, Barnes & Co.), nach
allen Inseln des Archipels.—Außerdem
Agenturen der Hamburg-Amerika
Linie, Messageries Maritimes u. a.
[S. 237]
Karte der Umgebung und Lageplan von Manila.
[S. 238]
Geld: 1 Peso = 1/2 $ Gold (Vereinigte
Staaten, II. Teil, S. 2) = 2,10
M.—Banken: Hongkong & Shanghai
Banking Corporation und Chartered
Bank of India, Australia & China;
beide Korrespondenten der Berliner
Disconto-Gesellschaft und der Deutschen
Bank; International Banking
Corporation; Banco Español Filipino.
Sprache. Mit Englisch kommt man
gut aus.
Vergnügungen: Militärkonzerte an
der Luneta (Reede), Hahnenkämpfe etc.
Konsulate: Deutsches Reich, Dr. Zitelmann,
Calle Real 346, Malate etc.
—Österreich-Ungarn, Konsul Peter
Krafft.
Deutscher Klub: General Solano
402, San Miguel, im Villenviertel; von
seiner Terrasse *Aussicht.
Die Polizei ist gut; die amerikanischen
Polizisten geben höflich Auskunft
und zeigen den Weg.
Deutscher Arzt: Dr. Bartels, Calle
Marina 67, Ermita.
Deutsche Apotheken: Stahl &
Rümcker, Escolta 83; Santos & Jährling,
Plaza Goiti.
Zeitungen. Englisch: Manila
Times, Abendzeitung; Cablenews American,
Daily Bulletin, Morgenzeitungen.
Spanisch: El Comercio, El Mercantil.
Sehenswürdigkeiten: Kathedrale
und die alten Kirchen in Intramuros,
Museen, alte Festungswälle in Cavite,
Bilibid Prison.
Geschäftsadressen. Viele deutsche
Kaufleute leben in Manila; man frage
im Gasthof nach dem »Directory«.
Zeiteinteilung. Für Manila genügen
einige Tage; für Ausflüge nach Baguio
4 Tage, nach den Majayjay-Fällen
3 Tage, zur Insel und dem Vulkan
Taal 4 Tage, nach Sibul Springs 3
Tage, nach Los Baños 11/2 Tag.
Geschichtliches. Manila wurde
1572 begründet, 1590 als Festung ausgebaut;
1643 wurde es von den Holländern,
später von asiatischen Piraten
und aufständischen Eingebornen
bedroht, aber nie eingenommen. Am
1. Mai 1898 erzwang der amerikanische
Admiral Dewey die Einfahrt in die
Bucht von Manila, zerstörte in der
Bucht von Cavite das aus kleinen,
alten Schiffen bestehende spanische
Geschwader und blockierte Manila von
der Seeseite, während die verbündeten
Filipinos sie von der Landseite einschlossen,
so daß die spanische Besatzung
13. Aug. 1898 kapitulieren
mußte. Auch während der Kämpfe,
die bald zwischen den Amerikanern
und den Filipinos ausbrachen, wurde
Manila wiederholt von letztern angegriffen.
Manila, Hauptstadt und Haupthandelshafen der Philippinen,
liegt im Südteile der größten, nördlichsten Insel des Archipels, Luzon,
am Ostufer der prächtigen Bai von Manila, unter 14° 35' nördl. Br.,
hat 234409 Einw. (Tagalen, Mestizen, Spanier und etwa 30000 Ausländer,
meist Chinesen), macht den Eindruck einer südeuropäischen
Stadt. Die meisten Häuser sind wegen der Erdbeben aus Holz (nur
das Erdgeschoß aus Stein), aber darum den Wirkungen der Wirbelstürme
preisgegeben; der letzte Zyklon (1882) verwüstete in einer
Stunde die halbe Stadt. Manila besteht aus der alten, von moosbewachsenen
Ringmauern umgebenen innern Stadt (Intramuros) und
den durch eine Stein-und drei eiserne Brücken mit dieser verbundenen
Vorstädten (Extramuros). Erstere, am l. Ufer der Pasig, hat
gerade Straßen, Palast des Erzbischofs, Rathaus, 10 reichgeschmückte
Kirchen, viele Klöster, Hospitäler, Kasernen, Observatorium (von
dem berühmten Meteorologen und Taifunspezialisten Jesuitenpater
José Algué, Verfasser des Werks »The Cyclones of the Far East«,
vorzüglich geleitet). Die innere Stadt, an die sich die Vororte Ermita,
Paco und Malate und das Fort Santiago eng anschließen, ist
Sitz des Zivilgouverneurs und des obersten Gerichtshofs und hat nur
etwa 20000 Einw.
[S. 239]
Manila, Plan der Innern Stadt.
Die Vorstädte Binondo und Santa Cruz am r.
Pasigufer sind Sitze des europäischen, amerikanischen und chinesischen
Handelsverkehrs, dagegen blüht in dem von Mestizen und
Fremden bewohnten Tondo der Kleinhandel. Hauptindustrie ist
Zigarrenfabrikation und Verarbeitung von Manilahanf; daneben Verfertigung
von Nanking, Flechtarbeiten, Teppichen, Goldschmiedearbeiten
und andern Metallwaren; durch europäische und amerikanische
Unternehmer sind Zuckerraffinerie, Maschinenfabriken, Brennereien
und Zündhölzchenfabrik entstanden. Der Handel liegt meist
in den Händen von Engländern, Deutschen und Amerikanern. Die
Einfuhr umfaßt Baumwollengewebe, Eisenwaren, Petroleum, Seiden-
und Wollwaren, Papier, Kohlen, Kupfer, Reis, Wein, Schirme etc.,
Ausfuhr Zucker, Hanf, Tabak, Zigarren, Kopra, Kokosnußöl u.a.
Der Handel richtet sich größtenteils nach den Vereinigten Staaten
und England. Von Unterrichtsanstalten besitzt Manila eine Universität,
höhere Schulen, Lehrerseminar für Eingeborne, Sternwarte,
bürgerliches und militärisches Hospital. Das Klima ist trotz Feuchtigkeit
gesund (Durchschnittstemperatur 27°, Januar 25°, Mai 28,6°),
Cholera und Pest aber haben zahlreiche Opfer gefordert. Zyklone
und Erdbeben haben die Stadt wiederholt schwer heimgesucht.
—Rundfahrt. Man besuche die Geschäftsstraße La Escolta; sie
ist Hauptsitz des Handels-und Schiffsverkehrs, lebhafter Verkehr
bei Geschäftsschluß an der großen Pasigbrücke, Puente de España;
von dort wandert man zum Strande. Der Bagumbayan und die
Luneta, wo Militärmusik spielt, sind beliebte Spaziergänge. Auf
[S. 240]
der Plaza steht das Standbild Isabellas II., in der Nähe der alten
Festung, bei der Brücke, die Magalhães-Säule und vor dem frühern
erzbischöflichen Palast, jetzt Sitz des amerikanischen Truppenbefehlshabers,
das Denkmal Karls IV. Sehenswert sind die Zigarrenfabriken
und die Barbierläden sowie die Vororte der Eingebornen, die Tabakpflanzungen,
Bambushaine und Kokospalmenhaine in der Umgebung.
Ausflüge: Lohnend ist ein Ausflug
nach dem Kratersee Laguna encantada
(bezauberter See) und nach dem
Wasserfall in der prächtigen Schlucht
bei Santa Cruz (bequem mit Auto, die
Stunde 4-6 Pesos), ferner nach dem
Kriegshafen Cavite mit Bahn in 13/4
St., zurück mit Fährdampfer 1 St.; mit
Bahn westl. nach Laguna de Bay zum
Kurort Los Baños (gutes Hotel) mit
heißen Quellen; in die Berge von
San Mateo, Montalbani und Antipolo.
Vor größern Ausflügen ziehe man
Erkundigungen über den Reiseweg ein.
Ausflug nach Baguio (4 Tage erforderlich):
Mit Frühzug der Dagupan
Railway nordwärts Manila durch die
Provinzen Rizal, Bulacan, Pampanga,
Tarlac und Pangasinan, gut angebautes,
ebenes Land mit Reis-und Zuckerrohrfeldern,
dann durch Wälder von
Nipa-Palmen und sandige Moore mit
5-8 m hohem Cogan-Gras. Hinter
Dagupan steigt die Bahn etwa 100 m
zum vorläufigen Endpunkt Camp One;
hier beginnt das Gebirgsland der Provinz
Benguet (man fährt ab Camp One
mit staatlichen Gebirgsautomobilen);
die Benguet-Landstraße steigt in der
Talschlucht des Bued-Flusses durchschnittlich
1: 25 etwa 40 km in prächtigem
Alpenpanorama empor; erste
Haltestelle (20 km) Twin Peaks (Bungalow
mit Erfrischungen). Von da in
2 St. auf großartigem Weg zum Gebirgskamm
(eine der schönsten Landschaften
der Erde); halbwegs hört die
Tropenflora auf, Myrten und Nadelholz
beginnen, die Luft wird kühl.
Man sieht r. einen Durchhau nach
Camp John Hay und erreicht 100 m
weiter Hill Side (*Aussicht) und bald
darauf *Baguio (Hotel Pines, gelobt,
in prächtiger Lage), die Sommerresidenz
der amerikanischen Beamten mit
frischem, gesundem Bergklima, 1456 m
ü. M., in schönster Landschaft gelegen,
als Kurort sehr beliebt. Die höchste
in 4 Jahren beobachtete Temperatur
beträgt nur 26,4°, die niedrigste 6,8°,
die Niederschlagsmenge aber nicht
weniger als 4000 mm, der meiste Regen
fällt im Mai-Oktober, Dezember-März
sind ganz trocken.—Etwa 5 km weiter
liegt Gibraltar und weiter l. Topside,
die Residenz des Zivilgouverneurs
mit Park und Sportplatz. L. vom
Hotel liegt der Bezirk Brook Side.
12. Von Hongkong nach Schanghai. Die Yangtse-Fahrt.
Vgl. die Karte S. 214.
Dampfer (Österr. Lloyd, Messageries
Maritimes und P. & O. Line) in 3-4
Tagen von Hongkong nach Schanghai,
vgl. S. 221.—Die Reichspostdampfer
(s. S. 245 B.) gehen von Hongkong
in 3 Tagen nach (870 Seem.) Schanghai
und laufen auf der Rückreise zur Teezeit
Futschou an. Fahrpreise Hongkong-Schanghai
I. Kl. $ 66, II. Kl. $
44.—Außerdem Pacific Mail Steamship
Co., Canadian Pacific Steamship
Co., Toyo Kisen Kaisha und Nippon
Yusen Kaisha.—Nach Formosa gehen
Dampfer der Osaka Shosen Kaisha
über Swatau, Amoy und Futschou nach
(930 Seem.) Schanghai in 7 Tagen.—
Küstendampfer (s. unten A.), darunter
die Deutsche Reederei M. Jebsen, die
Douglas Steamship Co., die Indo-China
Steam Nav. u. a., berühren Swatau,
Amoy, Futschou und Ningpo. Näheres
in den Tageszeitungen in Hongkong.
A. Die Küstenfahrt zwischen Hongkong und der Yangtse-Mündung
wird nur von kleinen Dampfern ausgeführt, da der große Bogen der
südchinesischen Küste zwar außerordentlich viele Buchten besitzt und
zum Teil in Inselscharen aufgelöst ist, aber wenige tiefe Häfen besitzt.
[S. 241]
Die Buchten sind entstanden, indem das Land sich senkte und
das Meer in die Täler des bisherigen Küstenlandes eindrang; nachträglich
sind sie zum Teil durch Sinkstoffe der Flüsse wieder verschlammt
worden. So bestehen auf der ganzen langen Strecke nur
drei bedeutendere Hafenorte, bei denen wie bei Kanton Flußmündungen
die Stelle von Häfen vertreten: Swatau, Amoy und
Futschou. Sie alle haben es nicht zu größerer Bedeutung bringen
können, weil ihre Hinterländer zwar sehr reich und mit guten
Wasserwegen ausgestattet, aber nicht allzusehr ausgedehnt, sondern
gegen das Innere durch eine höhere Gebirgsschranke abgeschlossen
sind. Kleinere, dem Fremdenhandel zugängliche Häfen sind Santuao,
Funing, Wentschou.—Man verläßt Hongkong durch den
Lyemun-Paß, läuft zwischen den Küsteninseln und nahe unter Land
bis zum Kap Gute Hoffnung (Good Hope Cape), 50 m hoch, mit kleinem
weißen Leuchtturm an der Mündung des Han-Flusses; zwischen
Inseln und Klippen steuert man durch das Zuckerhut-Fahrwasser
(Sugarloaf Channel) über die Barre in den mit Fischerbuhnen besetzten
Fluß und gelangt nach 1 St. Fahrt nach
(175 Seem.) Swatau (Astor House Hotel, Pens. $ 6-12; Swatow
Hotel, an der Landestelle, mäßig), Scha-tou, Hafenstadt der Provinz
Kwangtung, dem fremden Handel seit 1858 geöffnet, auf 23°22'
nördl. Br., also etwa unterm Wendekreis gelegen, mit etwa 48000
Einw. (unter 250 Ausländern etwa 30 Deutsche), hat bedeutenden
Seeverkehr, namentlich als Mittelpunkt der Rohrzuckererzeugung,
und europäische Niederlassungen an beiden Ufern des Hanflusses
8 Seem. innerhalb der Mündung; deutsches Konsulat (Dr. v. Borch)
und deutsches Postamt am Nordufer, größere Niederlassung auf der
Insel Kakchioh am Südufer zwischen schönen tropischen Gärten und
felsigen Hügeln; je ein (internationaler) Klub auf jedem Ufer (Einführung
durch Mitglied). Einkäufe: Zinkteebüchsen, Zigarrenkasten,
Grasleinengewebe, Fächer und Curios. Chinesische Flußdampfer
fahren bis zu der volkreichen Industriestadt Tschautschoufu (Chaochowfu;
bis hierher auch Eisenbahn, 48 km, täglich 3 Züge) und
Kityang, dem Mittelpunkte des Zuckerrohrbaues. Auf dem Fluß
im Winter Jagdgelegenheit auf Wildenten und Wildgänse etc.
Nördl. von Swatau gelangt man in die Formosastraße, die im
NO.-wie SW.-Monsun meist starken Seegang hat; man fährt in Sicht
der Küste an vielen Inseln vorbei und biegt, nachdem man die
Nantai Wuschan-Pagode auf 524 m hohem Berggipfel erblickt hat,
in eine weite Bucht; im Innern liegt
(310 Seem.) Amoy (Hsiamen, in der Provinz Fukiën), dem fremden
Handel seit 1842 geöffnet, auf etwa 24° 30' nördl. Br., mit 114000
Einw. (30 Deutsche), Sitz eines Titu (Admirals), eines Taotai und
eines Haifangting (Seepräfekt), auf der Insel Amoy, die, 15 km lang
und 11 km breit, von 400000 Menschen in 136 Ortschaften bewohnt
ist und an der Mündung des Drachenflusses (Kiulungkiang) liegt.
Letzterer bildet eine gute Wasserstraße ins Hinterland. Die Bedeutung
des Ortes als Handelsplatz ist stark zurückgegangen, seitdem
Japan die gegenüberliegende große Insel Formosa besetzt hat
und der Verkehr zwischen dieser und dem Festland gering geworden
[S. 242]
ist. Die Innenstadt, in der die Yamen der chinesischen Beamten liegen,
ist mit Mauern umgeben. Vor dem Südtor eine alte Ehrenpforte
mit Steinfiguren, die eine im 17. Jahrh. vom Vizekönig in Futschou
empfangene holländische Gesandtschaft darstellen, und Inschriften,
wonach den Holländern gestattet wurde, in Amoy Handel zu treiben.
Reste der Mauern um die alte holländische Niederlassung hinter
dem New Amoy Dock. Amoy wurde 1544 von Portugiesen besucht;
später war den Spaniern dort der Verkehr gestattet.—Bei Amingkang,
Dorf 1 km südl. von Amoy, liegt das Grab des Prinzen Lu
Wang, der 1660 auf der Flucht vor den Mandschus in Amoy starb,
daneben zwei Steinfiguren und ein steinernes Pferd, die Symbole der
Abstammung vom Herrscherhaus.—An den Bergabhängen ein
weißer Grabstein neben dem andern, aus der Taiping-Rebellion herrührend.
—Gegenüber Amoy die alte Nan tai wu-Pagode.—Vier
große Forts verteidigen die Stadt.—Im Hafen sehr lebhafter Handelsverkehr;
Einfuhr hauptsächlich Opium und Baumwollwaren,
Ausfuhr schwarzer Tee und Zucker. Eisenbahn nach Tschangtschoufu
(Changchowfu) im Bau. Gelegenheit zu billigen Einkäufen (man muß
stark handeln!) chinesischer Kuriositäten: Katzenaugen, Schnitzereien
aus Pfirsichkernen, hölzerne Götzenfiguren, Speckstein. Sehenswert
sind auch die Fabriken für Spitzen, künstliche Blumen, Porzellan
und Seide, die Markthallen, Malerwerkstätten und der Fischmarkt,
Teehandlungen. Amoy ist eine der schmutzigsten Städte
Chinas, man nehme Riechsalz mit; auch herrschen Cholera und
und Pest dort häufig.—Gegenüber dem Hafen von Amoy liegt
Kulangsu, eine kleine Insel mit der sehr gesunden und malerischen
internationalen Fremdenniederlassung unter eigner Verwaltung, dem
Sea view Hotel und dem New Amoy Hotel, dem Amoy Club, der
Masonic Hall, dem Deutschen Postamt, ferner den Banken: Hongkong
& Shanghai Banking Co. (Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft)
und National Bank of China; Deutsches Konsulat (Konsul
Dr. Merz). Spaziergang (2 St.) rund um die malerische Insel auf bequemem
Weg, beliebte Promenade der Europäer, die auf Kulangsu
international zusammenhalten und sehr gastfrei sind.
Ausflüge von Amoy (Überfahrt mit
Sampan von Kulangsu; man nehme
Führer vom Hotel mit, nach der Landungsstelle
bei der Asiatic Petroleum
Co.) zum Weißen Hirsch-und Tigertempel
in schöner Landschaft, in 1 St.
auf gutem Weg mit Ausblick auf Stadt
und Hafen.—Unterhalb des Tigertempels
lag der Wackelstein, ein schwerer,
früher beweglicher (jetzt umgeworfener)
Felsen.—Beim Rennplatz, vom
Seeräuberkönig Koxinga (der Mitte
des 17. Jahrh. die Holländer aus Formosa
verdrängte) angelegt, liegt der
Lamputan-Tempel. Vor dem Tempel
stehen von Schildkröten getragene
Grabsteine berühmter Chinesen; hinter
dem Tempel ein Park mit Grotten.
Im Innern des Tempels stehen in der
großen Vorhalle vier riesige Holzbildwerke,
r. ein Lautenspieler, daneben
ein Krieger in goldenem Panzer, gegenüber
zwei andre Tempelwächter, von
denen einer eine Schlange erdrückt,
der andre eine Pagode in der Hand
hält. Im Heiligtum steigt man eine
Treppe hinauf in eine Halle, wo ein
milder Buddha einer goldenen Lotosblume
entsteigt, ihm zur Seite betende
Gestalten. An den Wänden stehen
hinter Glas Götzenbilder. Auf der
Bergkuppe oberhalb des Tempels
*Aussicht.
Lohnend ist auch ein Ausflug etwa
20 Seem. flußaufwärts zu der 330 m
langen, aus gigantischen Steinblöcken
erbauten Brücke, deren Bau ein technisches
Wunder darstellt.
[S. 243]
Ferner zu
empfehlen eine Fahrt auf der zum
Teil schon im Betriebe befindlichen
Bahnlinie von Amoy nach der großen
Binnenstadt Tschangtschoufu.
Die Küstenfahrt von Amoy nordwärts führt an der Westseite der
Formosastraße (S. 245) zwischen vielen Inseln und durch die Haitanstraße
(innerhalb der großen Insel Haitan) zur Mündung des Minflusses.
Die Einsteuerung in den Fluß ist sehr schwierig und geht
über zwei Barren zur Pagodenreede (Pagoda Anchorage), wo eine
siebenstöckige Pagode auf der Insel Losing steht; am Westende der
Insel chinesische Marinewerft mit Trockendock. Die Ufer sind sehr
malerisch und von hohen steilen Felskuppen begleitet; hohe Berge
bilden das Nordufer. Nachdem der Dampfer geankert, fahren die
Reisenden mit einer Dampfbarkasse in 2 St. flußaufwärts nach
(510 Seem.) Futschou (Brockett's Hotel; W. Brand's Boarding
House, für längern Aufenthalt zu empfehlen, in der Fremdenniederlassung
auf der Insel Nantai, wo das Dampfboot anlegt; Foochow
Club; Hongkong & Shanghai Bank, Chartered Bank of India [beide
Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft, letztere auch der Deutschen
Bank in Berlin]; Deutsches Konsulat [Konsul G. Siemssen]), engl.
Foochow (in der Volkssprache Hoktschiu), Hauptstadt der chines.
Provinz Fokiën, am l. Ufer des schiffbaren Minflusses, 32 km von
dessen Mündung, von malerischen Hügeln umgeben, in fruchtbarer
Ebene, eingeschlossen von 9 m hohen, 4-7 m dicken Mauern, auf
unebenem Boden unregelmäßig, aber typisch »chinesisch« erbaut,
hat 630000 Einw., wovon 10000 Mandschu, die ein ummauertes
Viertel bewohnen, und 200 Europäer (18 Deutsche) in der Vorstadt
Nantai in schönen Villen mit Gärten auf dem r. Ufer. Die Vorstädte
ziehen sich bis an den Fluß, der eng besetzt ist mit schwimmenden
Wohnungen; über ihn führt eine 301 m lange Brücke (die »Brücke
der 10000 Lebensalter«), die längste in China, die auf 40 Pfeilern mit
bis 14 m langen Steinplatten ruht. Futschou ist Sitz des Vizekönigs
von Mintsche (Fokiën und Tschekiang), des Gouverneurs von Fokiën
und des Oberbefehlshabers der Mandschutruppen; es hat große Bauwerften
für Dschunken, Fabriken für Seiden-und Baumwollengewebe
und Papier, auch ein deutsches Dampfsägewerk, und ist seit langem
nächst Hankau der erste Teemarkt Chinas für die Ausfuhr. Für
Einkäufe zu beachten: Seifenstein-Kunstgewerbe, gute und sehr
originelle Lacksachen, künstliche Blumen, Schnitzereien aus Teeholzwurzeln,
Silbersachen. Ferner werden Papier und Holz aus-,
Opium, Baumwolle, Wollwaren, Garne, Metalle, Kerosen eingeführt.
Zwei Dampferlinien laufen zweimal wöchentl. nach Hongkong.—
Futschou wurde 1842 dem Fremdenhandel geöffnet; 1884 wurde hier
eine Abteilung der chinesischen Flotte durch französische Kriegsschiffe
vernichtet. In der Teezeit (Juni bis November) legen die
von Ostasien zurückkehrenden Reichspostdampfer in Futschou an.—
Rundgang nur in Sänfte ausführbar (vgl. Kanton, S. 225), auch des
Schmutzes wegen. Über die Brücke (auf ihr kann man den Fischereibetrieb
mit Kormoranen beobachten) gelangt man durch die Südvorstadt,
vorbei an den Niederlassungen der amerikanischen, Methodisten-
und Dommikanermissionen, durch das Südtor in die Stadt.
[S. 244]
Dicht innerhalb des Tores liegt r. der Tempel des Kungfutsze (Tempel
der Literatur), dahinter in der SO.-Ecke der Stadt das Mandschuviertel.
—An der mittlern Hauptstraße, die vom Südtor zum Nordtor
führt, liegen der Yamen des Vizekönigs und andre Paläste.—
Nahe dem Westtore liegt der Tempel des Kaisers, im nördl. Stadtviertel
ist eine Prüfungshalle für Beamte und in deren Nähe ein
Tempel der Schutzgötter der Stadtmauern. Von der nördl. Stadtmauer,
nahe der siebenstöckigen roten Pagode, hat man guten Überblick
über die Stadt. Interessanter *Rundgang auf der Stadtmauer
um die Stadt (6-8 St.).—Der Garten des deutschen Konsulats am
Siemssen-Bund mit schönen Orchideen ist Reisenden gern geöffnet.
Futschou nebst Umgegend bietet vielerlei Lohnendes für eine Woche
Aufenthalt. Das Klima ist gesund; Taifune sind selten.
Ausflüge: 1) Nach dem Kuschan
und nach Kuliang, Sommerfrische der
Europäer im schönsten Hochwald mit
20° C im Sommer; erfordert 1 Tag.
Man fährt mit Sampan oder Hausboot
flußabwärts, landet am l. Ufer und
steigt auf bequemem Weg (etwa 3000
Stufen) bergan zum buddhistischen
Mönchskloster (in halber Berghöhe, in
1 St. zu erreichen), das über 200
Mönche aus allen Gegenden Chinas beherbergt.
Im Kloster herrscht überraschende
Sauberkeit; man sieht praktisch-moderne
große Speisesäle und
Küchenanlagen mit Wasserleitung,
Kesseln u. Backöfen. Im Haupttempel
thront Fo (Buddha) auf großem Altar,
umgeben von vielen Untergöttern. Tierstallungen
und Fischteich liegen neben
dem Kloster. (Man gebe dem führenden
Mönch ein Geldgeschenk.)—Vom
Kloster Aufstieg auf schmalem Fußweg
auf die Höhe des Kuschan, wo die
Wohnhäuser der europäischen Sommerfrischler
liegen. Auf dem Bergkamm
prächtige *Aussichten. Der
885 m hohe Gipfel des Kuschan hat im
Februar zuweilen eine Schneekappe.—
2) Zum Leitschikloster (Kloster der
Lehre vom alten Stein des Westens),
nahe beim Nordende der Insel Nantai,
im 9. Jahrh. vom heiligen Tukma
gegründet; es liegt nahe dem Minfluß
in uraltem Park, umgeben von Bergen.
Das Heiligtum hat sehr viele Statuen.
—3) Dreitägiger Ausflug den Nebenfluß
Jungfu aufwärts, der bei der
Mitte der Südseite der Insel Nantai
in den Min mündet; malerisch bewaldete
Ufer mit Wasserfall, Bambuswald
und heißen Quellen; man besuche
das *Yungfu-(Yuenfu-)Kloster,
den Bambu Creek, die Schwefelquellen
(Pokau) und steige bergauf bis *Banker's
Glen.—4) Lohnende Ausflüge
können mit Hausbooten oder Dampfbarkassen
gemacht werden, aufwärts
bis Schuikou (Shuikow), Stadt 40 Seem.
oberhalb Futschou am Zusammenfluß
des Minkiang und Hsiangki.
Auf der Küstenfahrt werden nördl. von Futschou zuweilen die
unbedeutenden Vertragshäfen Santuao (8000 Einw.) in der Samsabucht,
10 km östl. von der größern Stadt Ningteh, und Wentschou
(Wenchowfu; 80000 Einw.) angelaufen; Wentschou am Wukiang,
einem Fluß, der durch den Sanpwan-Paß zwischen Inseln angesteuert
wird; die Stadt zeichnet sich durch Sauberkeit aus, ist aber geschäftlich
still.—Dann steuern die Küstendampfer durch den Nimrodsund
in den landschaftlich schönen Tschusanarchipel am SO.-Ende
der großen Hangtschoubucht hinein, laufen zuweilen den Ankerplatz
von Tinghai auf der Hauptinsel an und dampfen von da in die
Mündung des Yungflusses, wo sie je nach dem Wasserstand vor der
befestigten Hafenstadt Tschinhai (mit 26000 Einw.) ankern oder
weiterlaufen bis zum Hafen von
Ningpo, Stadt mit 400000 Einw. in der Provinz Tschekiang, auf
29° 53' nördl. Br., ist Sitz eines Taotai (etwa Regierungspräsident).
[S. 245]
Die Bewohner sind fleißig, klug und friedlich, die Straßen reinlich.
Zahlreiche Tempel, buddhistische Mönchs-und Nonnenklöster, Erziehungsanstalten
und Versammlungshäuser. Die Chinesenstadt liegt
auf der Halbinsel zwischen den Flüssen Yujao und Funghwa, die
zusammen den Yung bilden. Über beide Flüsse führen Schiffbrücken.
Die Fremdenniederlassung (Gasthof; Campoklub; britisches Konsulat;
Dampfer nach Tschinhai, Schanghai zweimal tägl. etc.) liegt
nö. von der Chinesenstadt auf der Halbinsel zwischen dem Yungfluß
und dem Yujao. Ningpo war 1522-42 portugiesische Niederlassung
und wurde 1842 dem Fremdhandel als erster Hafen eröffnet.
Klima wie Schanghai, doch gesünder. Einfuhr: Woll-und Baumwollwaren,
Opium, getrocknete Früchte; Ausfuhr: Tee, Baumwolle,
Seidenwaren, Matten, Hüte, Fächer, getrocknete Fische (Tintenfische).
Lebhafter Dampferverkehr.—Rundgang. Die 860-873 erbaute
Stadtmauer ist 8 m hoch, 5 m breit und hat 8 Tore. Das älteste
Bauwerk ist der im 9. Jahrh. erbaute sechseckige, siebenstöckige
Himmelsturm (Tienfengta), auf dessen Plattform eine Wendeltreppe
mit 150 Stufen führt. Aus dem 12. Jahrh. stammt der Tempel der
Himmelskönigin (Tiengheukong), ein Heiligtum der Seefahrer; er
zeigt sehr schöne Skulpturen.
Von Ningpo gehen die Küstendampfer nördl. durch die Hangtschou-Bai
und folgen dem Dampferweg zur Yangtsemündung nach
Wusung und (930 Seem.) Schanghai (S. 246).
B. Die Reichspostdampfer fahren von Hongkong nö. durch die
Formosa- (oder Fukiën-)Straße, außerhalb (östl.) der Ockseuinseln
und der Turnaboutinsel östl. Haitan (beide mit Leuchttürmen). Diese
Gewässer sind reich an Seetieren; man kann Menschenhaie, auch
Hammerhaie, Walfische und große Fliegende Fische sowie Delphine
beobachten, außerdem große dunkelbraune Möwen und andre Vögel.
Die See ist meist lebhaft bewegt, so daß sich bei nicht seefesten
Reisenden zuweilen nochmals Seekrankheit einstellt; dann empfiehlt
es sich, die frische Luft an Deck als bestes Heilmittel zu genießen,
denn auf der Höhe von Swatau tritt man beim Überschreiten des
Wendekreises des Krebses aus dem Tropengürtel in die gemäßigte
Zone. Der NO.-Monsun bringt frischkühles Wetter.
Die Ostseite der Formosastraße bildet
die Insel Formosa, von den Chinesen
und Japanern Taiwan genannt,
395 km lang und etwa so groß wie
Ostpreußen. Abgesehen von der kultivierten
Küstenniederung im W., die
von Chinesen bewohnt wird, ist die
Insel noch sehr wenig bekannt. In
dem gebirgigen, bis über 4000 m aufsteigenden
Innern wohnen malaiische
Stämme, wohl auch noch ältere Stämme
bisher nicht sicher erforschter Herkunft.
Seit 1895 gehört die Insel den
Japanern, die Eisenbahnen, Landstraßen
und Telegraphen angelegt
haben. Wichtigster Seehafen ist Kiirun,
am Nordende der Insel, mit vorzüglichem,
von den Japanern stark
befestigtem Hafen, Hauptstadt ist Taihoku
mit etwa 100000 Einw.—Ein
Besuch der landschaftlich sehr schönen
Insel ist wohl lohnend, wird aber wohl
kaum für den flüchtigen Weltreisenden
in Betracht kommen, zumal die
Unterkunftsverhältnisse auf der Insel
noch sehr primitiv sind und der
Reisende vielfach auf die Gastfreundschaft
ortsansässiger Kaufleute u. a.
angewiesen ist.
[S. 246]
Vor der Westküste von Formosa
liegen die basaltischen Pescadoresinseln
(japanisch Hōko rettō), die auf der
Insel Ponghau (Hōko tō) den vorzüglichen
Schutzhafen Makung (Makyū kō
oder Bakō kō) haben, der als japanischer
Flottenstützpunkt ausgebaut
ist; sein Besuch ist Europäern nicht
erlaubt.
Nördl. von Turnabout erreicht man das Ostchinesische Meer,
das ähnliche Windverhältnisse wie das Südchinesische Meer (S. 220)
hat; doch weht der NO.-Monsun im November und Dezember
als voller Sturm. Die besten Monate sind Februar, März und April
mit meist heiterm Himmel. Taifune sind im Mai bis September
nicht selten, Hauptzeit ist August, September und Oktober. Im
Ostchinesischen Meer ist die Bahnrichtung der Taifune meist nördl.
bis nö. (doch kommen auch andre Richtungen vor), deshalb sind
die gefährlichen Windstriche andre als im Südchinesischen Meer,
und dementsprechend ändern sich die Regeln zur Vermeidung der
Sturmmitte.—Von Turnabout steuern die Postdampfer östl. der
Insel Hieschan und dann zwischen den Felseninseln Tongting und
Piting durch; dann wird der Leuchtturm der Steepinsel angesteuert
und zwischen dieser Insel und andern durch auf die 118 m hohe
südlichste Bonhaminsel (mit Leuchtturm) zugedampft. Nachdem die
Bonhamstraße zwischen den Bonhaminseln und der Insel Pirie durchlaufen
ist, steuert man auf die kegelförmige, etwa 80 m hohe Gützlaffinsel
(mit Leuchtturm) zu, die wichtigste Ansteuerungsmarke für
die Yangtsemündung; sie ist Signalmeldestelle für Schiffe, fünf Telegraphenkabel
landen auf der Insel, davon laufen zwei nach Schanghai,
eins nach Amoy, zwei nach Nagasaki. In der Nähe der Insel sichtet
man das Tungscha-Feuerschiff, das auf der großen Yangtsebank die
Einfahrt in die seichte Flußmündung bezeichnet; dort kommt der
Lotse an Bord (falls er nicht schon in Hongkong sich einschiffte)
und führt den Postdampfer in die an schmutziggelbem Wasser kenntliche
Mündung des Riesenstroms, des Yangtsekiang, hinein, wo man
anfangs nur Feuerschiffe und Seezeichen, später l. auch einen ganz
flachen und öden Küstenstreifen sieht. Große Dampfer ankern bei
niedrigem Wasserstand im Huangpu auf der Reede von
Wusung (Woosung Forts Hôtel), als Vorhafen für Schanghai
wichtig, liegt an der Mündung des Huangpu in den Yangtse; die
alte Stadt ist durch Überschwemmungen zerstört; jetzt sieht man
nur einige Häuser und Lagerschuppen. Die 16 km lange Bahn nach
Schanghai wurde 1876 erbaut, 1877 durch fanatische Chinesen zerstört
(die in der Lokomotive eine Verhöhnung des Drachengottes
sahen) und erst 1898 neu gebaut. Am Flusse sind Schiffbauwerften.
Chinesische Kanonenboote und Zollkreuzer liegen vor Wusung.
Schanghai.
Vgl. beifolgende Pläne.
Ankunft zur See. Die Postdampfer
laufen jetzt meist durch das ausgebaggerte
Asträa-Fahrwasser bis
Schanghai; müssen sie gelegentlich in
Wusung ankern, so befördern sie ihre
Reisenden mit Tendern (Dampfbooten)
nach Schanghai; da in der Hauptreisezeit
die Gasthöfe in Schanghai oft überfüllt
sind, tut man gut, auf seinem
Dampfer zu bleiben, wenn man erst
Nm. in Wusung ankommt und nicht
Zimmer telegraphisch von Hongkong
vorausbestellt hat.—Die fast zweistündige
Fahrt im Huangpufluß bietet
wenig Sehenswertes, da die Ufer flach
und eintönig sind; der Dschunkenverkehr
auf dem Fluß ist sehr lebhaft.
[S. 247]
Vor Schanghai wimmelt der
Fluß von Fahrzeugen und Schiffen.
Am l. Ufer liegt die Stadt an der
starken Krümmung des Flusses. Man
passiert zuerst Schiffswerften, Petroleumniederlagen,
Fabriken, besonders
Baumwollspinnereien und dann das
Stadtviertel Hongkiu und landet meist
am Bund, gegenüber den Geschäftshäusern
und Dampferagenturen an
einem neuen Ponton. Zolluntersuchung
findet bei der Landung statt; verboten
ist Einfuhr von Waffen und Munition,
Morphium, Kokain.
Ankunft mit der Bahn von Wusung,
etwa jede 2. St. in 30 Min. für I. 60,
II. 40 cents, nur bis 8 Uhr Nm.; Bahnhof
in Schanghai in Hongkiu, mit
Rikscha, Wagen oder Straßenbahn zum
Gasthof in 15 Min.
Gasthöfe: Hotel Kalee (geleitet von
Alfr. Mildner, Deutscher, sehr aufmerksam),
Ecke Kiukiang Road und Kiangse
Road, 130 Z. (Bad bei jedem Zim.),
Pens. $ 6-10; sehr beliebt und zu empfehlen.
—Astor House, Ecke Broadway,
gegenüber dem deutschen Generalkonsulat,
vergrößert, sehr komfortabel,
I. Ranges, Pens. $ 7-10.—
Palace Hotel, am Bund, Ecke Nanking
Road, besonders amerikanischer Verkehr,
Pens. $ 9.—Hôtel des Colonies,
im französischen Viertel, Rue du Consulat,
80 Z., Pens. $ 5-12.
Pensionen: Leechu (Frau A. Lührs),
Quinsan Gardens 6-7; Frau H. Diederichs,
North Szechuan Road 11-12;
Frau M. Schütz, North Szechuan Road
15; Frau A. Schubert (Mount Pleasant),
North Honan Road 24.
Restaurants: Rich. Neumann, Astor
Road (nahe dem Astor House), Frühstücksstube
(Schlächterei), vorzüglich.
—Café Riche, Rue Montauban.—
Sweetmeat Castle-Konditorei, Nanking
Road 36.—Social Shanghai Tea Rooms,
Kiangse Road 39.—Teehäuser: Mandarinenteehaus
in Alt-Schanghai.—
Gartenwirtschaften: St. Georges
Farm, Ende der Bubbling Well Road.
—Point-Hotel, 4 km vom Astor House.
Post: Deutsches Postamt, Ecke Szechuan
Road und Foochow Road; außerdem
englisches, französisches, amerikanisches,
russisches, japanisches und
chinesisches Postamt.—Telegraph
am Bund, Deutsch-Niederländische
Telegraphengesellschaft im deutschen
Postamt. Landlinien nach Peking,
Hankau etc.
Wagen jeder Art sind zu mieten;
Rikschas, 1 Meile 5, 1 St. 25 cents;
Sampans (Boote), 1/2 St. 25 cents.—
Reitpferde sind zu mieten, auch Fahrräder
(1 St. 50 cents).—Automobile
$ 6 je 1 St.
Straßenbahnen: mehrere Linien;
eine französische nach Zikawei, mit
Zweiglinie nach Lokawei; im Internationalen
Settlement Linien nach
Bubbling Well, Railway Station, Public
Park und Yangtsepoo (sehr gut
und regelmäßig).
Dampfer: Reichspostdampfer des
Norddeutschen Lloyd (Agent: Melchers
& Co., Tel.-Adr.: »Nordlloyd
Schanghai«), alle 14 Tage nach Europa
bzw. Japan, jeder 2. Dampfer über
Tsingtau.—Hamburg-Amerika Linie
Schanghai-Tsingtau-Dienst (Agentur
Kiukiang Road 2a), zweimal wöchentl.
nach Tsingtau. Dieselben Reichspostdampfer
jeden Mi. nach Chefoo-Tientsin,
jeden Sa. nach Dairen-Tientsin
und zurück (laufen im Winter Dairen
statt Tientsin an).—Yangtse-Linie
(Agenten: Melchers & Co.), wöchentl.
nach Hankau, dorthin auch englische,
französische, chinesische und japanische
Linien, so daß fast jeden Tag
ein oder mehrere Dampfer fahren.—
Österreichischer Lloyd (Agent: Sander
Wieler & Co.), einmal monatl. nach
Kobe und Yokohama sowie nach
Europa.—Messageries Maritimes
(eigne Agentur, Tel.-Adr. Messageries
Schanghai), alle 14 Tage nach
Kobe und Yokohama sowie nach
Europa.—Peninsular & Oriental Co.,
alle 14 Tage nach Japan und Europa.
—Pacific Mail Co. und Toyo Kisen
Kaisha, etwa 10tägig nach San Francisco,
Canadian Pacific Co. (gelobt),
etwa alle 3 Wochen nach Vancouver
(alle drei Linien über Yokohama).—
Direkte Postdampfer der South Manchurian
Railway (Bureau der Nippon
Yusen Kaisha oder bei Ackermann &
Co.) zweimal wöchentl. nach Dairen
(S. 326) zum Anschluß an die sibirische
Route (kürzeste Verbindung mit Europa
in 16 Tagen).— Man beachte,
daß der Überfahrtspreis nach Amerika
der gleiche bleibt, wenn man erst in
Yokohama an Bord geht.—Außerdem
wöchentl. japanische Dampfer nach
Japan und Korea.
[S. 248]
—NB. Die Zeitungen
in Schanghai enthalten tägliche
Listen über die Fahrzeiten und Bestimmungshäfen
aller Dampferlinien,
auch für die chinesischen, japanischen,
englischen und französischen
Flußdampfer auf dem Yangtse und die
Küstendampferlinien. Bevor man aber
fremde Linien benutzt, erkundige man
sich bei deutschen Firmen.
Eisenbahnen: 1) Nach Wusung (S.
246).—2) Über Sutschou (Soochow)
und Tschinkiang (Chinkiang) nach
Nanking, durch an Seiden-, Reis-und
Baumwollbau reiche Gegend; Schnellzug
in 2 St. nach Sutschou, in 7 St.
nach Nanking. Fahrgäste der Lloyddampfer
nach und von Hankau dürfen
die Strecke Schanghai-Nanking oder
zurück mit der Bahn fahren.—3) Nach
Hangtschou (Hangchow) s. S. 252.
Geld (s. S. 217) empfiehlt sich nur
so viel zu wechseln, wie man am Platze
braucht, und zwar bei einer europäischen
Bank.—Banken: Deutsch-Asiatische
Bank, Bund 14 (Hauptgeschäft,
mit Filialen in Berlin, Hamburg, Tsingtau,
Calcutta, Hongkong, Tientsin, Peking,
Singapore, Tsinanfu, Hankau,
Yokohama und Kobe), Korresp. der
Disconto-Gesellschaft, der Deutschen
Bank und der Allg. Deutschen Creditanstalt
in Leipzig; vermittelt Bankgeschäfte
nach allen Plätzen der Erde.
Man erbitte dort Auskunft über die
Geldverhältnisse.—Hongkong & Shanghai
Bank. Corp., Korresp. der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Chartered
Bank of India, Australia & China,
Korr. der Deutschen Bank in Berlin.
—International Banking Corporation.
—Sino Belgian Bank.—Imperial Bank
of China.—Nederlandsche Handels
Maatschappij.—Yokohama Specie Bank.
Sprache: Chinesisch, vgl. S. 218;
in Gasthöfen und im Handelsverkehr
wird überall Englisch, oft auch Deutsch
gesprochen.
Theater: Im Winter spielen zuweilen
durchreisende europäische Gesellschaften
oder Dilettanten (Deutscher
Theaterverein sowie je eine englische
und französische Gesellschaft) im
Theatre Lyceum (nahe dem englischen
Konsulat, Soochow Road).—American
Cinematograph und Victoria Hall jeden
Abend Spezialitätenvorstellung.
Symphoniekonzerte der vorzüglichen
städtischen Kapelle (deutscher Kapellmeister
Prof. Buch) in der Stadthalle,
Nanking Road, So. Nm. 41/2-6 Uhr,
Eintritt frei, nur im November bis Juni,
sehr besucht!—Chinesische Theater
in Canton Road, Foochow Road, Hankow
Road und am chinesischen Bund.
—Teehäuser mit »Singsong Girls« (chinesische
Sängerinnen) in der Foochow
Road, sehr interessant.
Fremdenführer (nötig) im Gasthof
zu erhalten oder am Eingange zur
Chinesenstadt (Preis nach Vereinbarung,
etwa 50 cents).
Reiseführer: C. Fink, Führer durch
Nord-und Mittelchina (sehr zu empfehlen!);
The Palace Hotel: Guide to
Shanghai.
Konsulate: Deutsches Reich, Generalkonsul
Wirkl. Legationsrat von Buri,
Konsul Dr. Ney, vier Vizekonsuln,
zwei Dolmetscher etc., Whangpoo Road
9 und 10, an der Einmündung des Soochow
Creek, gegenüber Astor House.
—Österreich-Ungarn, Generalkonsul
Dr. Bernauer, Avenue Paul Brunat.
Klubs: Deutscher Klub Concordia
(mit Lesezimmer und Bibliothek), am
Bund, sehenswert.—Shanghai Club
(international), am Bund (Pl. 13). In
beiden sind für Mitglieder und eingeführte
Herren sehr bequeme, modern
eingerichtete Zimmer zum Wohnen zu
mieten.—Shanghai Race Club; Masonic
Club; Deutscher Gartenklub, Avenue
Paul Brunat; englischer Country
Club, Bubbling Well Road—alle mit
eignen Klubhäusern.
Polizei: Central Police Station, Ecke
Foochow Road und Honan Road.
Deutsche Ärzte: Dr. Krieg, Dr. v.
Schab, Dr. Kurt Schultze, Dr. Gerngroß,
Dr. Birt, sämtlich nahe dem deutschen
Generalkonsulat und Astor House,
außerdem Dr. Blumenstock, Dr. Liese.
Zahnarzt: Dr. Mosberg, Kiukiang
Road 2.—Apotheken: Pharmacie de
l'Union (Inhaber Voelkel & Schröder,
deutsch), Nanking Road 37.—Bubbling
Well Dispensary (deutsch), Ecke Nanking
Road und Lloyd Road.—Watson
& Co.—Medical Hall, Llewellyn
Co., Nanking Road 4.—Krankenhäuser:
General Hospital, North Soochow
Road.—Victoria; Nursing Home.
[S. 249]
Buchhandlungen: Max Noeßler &
Co., Nanking Road 38, deutsche, auch
englische und französische Literatur.
—Kelly & Walsh, Bund.—Öffentliche
Bibliothek in der Stadthalle, Nanking
Road.—Zeitungen: Ostasiatischer Lloyd
(Chefredakteur C. Fink, Nanking Road
24a, Sprechzeit 9-12 Vm.), erscheint
einmal wöchentlich, mit täglicher Ausgabe
europäischer und asiatischer Depeschen.
Täglich erscheinen: North
China Daily News, Shanghai Times und
Echo de Chine morgens. Shanghai
Mercury und China Gazette abds.—-
Fremde Wochenschriften: North China
Herald u. a.; chinesische Zeitung:
Hsieh-ho-pao etc.
Photographien: Mactavish & Lehmann,
gegenüber Astor House; Burr
Photo Co. und mehrere chinesische
Firmen, von denen Ying Cheong & Co.,
Canton Road, als beste gilt (entwickeln
Liebhaberaufnahmen).—Denniston &
Sullivan (Amerikaner), Nanking Road.
Geschäftsadressen: Optiker, Uhrmacher
und Juwelier: C. Ismer & Co.
(deutsch); Hirsbrunner & Co., beide
Nanking Road.—Schneidergeschäft:
Wilck & Mielenhausen, Nanking Road
26.—Reiseausrüstung: Weeks & Co.;
Hall & Holtz; Lane, Crawford & Co.;
Whiteaway, Laidlow & Co., sämtlich
Nanking Road.—Seidenhaus: Laou
Kai Fook & Co., Ecke Kiukiang Road
und Honan Road 8/9.—Silberwaren:
Luen Wo, Nanking Road.—Japanwaren
und Kuriositäten: Kuhn & Komor,
Nanking Road 2, im Palace Hotel.
—Holzschnitzereien: am Broadway.
—Rohseide, Pongeen, Spitzen etc.:
Industrial Mission Depot (Deutsch gesprochen),
Nanking Road 21.—Grasleinensachen:
Young La Woo, Broadway
A, Nr. 1288.
Zeiteinteilung für Schanghai und
für die Yangtsefahrt: Schanghai 2-4
Tage; Hangtschou 3 Tage; Schanghai-Nanking
und zurück 2 Tage; Schanghai-Hankau
und zurück 12 Tage.
Weltreisende tun gut, von Schanghai
zunächst nach Tsingtau zu fahren,
von da mit Bahn über Tsinanfu-Tientsin
nach Peking, von da mit Bahn
nach Hankau, zurück mit Yangtsedampfer
bis Nanking, von da mit
Bahn nach Schanghai, dann direkt
nach Japan.
Geschichtliches. Der Hafen von
Schanghai war schon im 10. Jahrh.
wichtig und wurde unter den Mandschus
1292 Unterpräfektur (hien). Die
Stadtmauern wurden 1522-66 erbaut.
Im 17. Jahrh. gründeten die Jesuiten
die Niederlassung Zikawei; der
Minister Zi Kwangki, Freund des Jesuiten
P. Ricci, hatte das Land geschenkt;
als er mit Familie zum Christentum
übertrat, wurden die Missionare
vertrieben, und der Orden erhielt
erst durch den Vertrag von Nanking
seinen Besitz wieder. Im Opiumkrieg
zerstörte die englische Flotte am 16.
Juni 1842 die Wusungforts und nahm
Schanghai. Durch den Vertrag von Nanking
wurde Schanghai dem Fremdhandel
geöffnet, und den sich ansiedelnden
Engländern, Franzosen und Amerikanern
wurde Landgebiet in Erbpacht
zugewiesen, wofür dem Kaiser von
China jährlicher Zins zu zahlen ist.
Während des Taipingaufstandes, der
das reiche Hinterland von Schanghai
besonders hart betraf und großenteils
entvölkerte, wurde die Stadt 1853 und
1861 von den Rebellen bedroht, aber
durch englische und französische Truppen
geschützt. Die Stadt entwickelte
sich schon während des Aufstandes
günstig, weil viele reiche chinesische
Kaufleute in der Fremdenniederlassung
Schutz fanden. Später wurden
die 1843 begründete englische und die
seit 1848 bestehende amerikanische
Niederlassung zu einer Gemeinde (International
Settlement) vereint; sie werden
von einem Gemeinderat (Municipal
council) geleitet, in dem die Engländer
die Mehrheit haben, aber auch
Deutsche und Amerikaner sitzen. Die
seit 1847 bestehende französische Niederlassung
(Concession française) bildet
eine eigne Gemeinde. Während des
Boxerkriegs waren starke englische,
deutsche, französische, japanische und
russische Truppen zum Schutze der
reichen Handelsstadt gelandet.
Schanghai (d. h. »oberhalb des Meeres«), die wichtigste internationale
Seehandelsstadt Ostasiens, verdankt ihre Bedeutung der
Lage nächst der Mündung des Yangtse, der wichtigsten Wasserstraße
Chinas. Da an den flachen Ufern der Mündungsstrecke des
[S. 250]
Riesenflusses selbst wegen der Schwankung in der Wasserführung
des Stromes und des starken Unterschiedes von Ebbe und Flut
keine Mündungsstadt entstehen konnte, so ist diese seitwärts 14
Seem. oberhalb der Mündung des Wusung-oder Huangpu-Flusses
entstanden. Letzterer dient als einzige Ausmündung sämtlicher
Kanäle und Flußläufe des flachen und tiefgelegenen, aber außerordentlich
fruchtbaren und dichtbevölkerten Gebietes zwischen dem
untersten Yangtse und der Hangtschoubucht, das sowohl nach dem
Yangtse wie nach dem Meere zu eingedeicht ist. In den unter chinesischer
Verwaltung stehenden Stadtteilen leben etwa 175000 Chinesen.
In den beiden Fremdenniederlassungen wohnten 1910 zusammen
548137 Chinesen, ferner 15006 Nichtchinesen, darunter
4779 Briten, 3466 Japaner, 1088 Deutsche, 114 Österreicher und
76 Schweizer. Unmittelbar außerhalb der Fremdenniederlassungen
haben sich noch etwa 5000 Japaner angesiedelt. Wirtschaftlich
stehen Engländer, Deutsche und Amerikaner den andern Nationen
weit voran. Die Stadt verfügt über ein gutbewaffnetes Freiwilligenkorps,
eignes Polizeikorps und Feuerwehr. Die Straßen der Fremdenniederlassungen
sind gut gepflegt, weitläufig und meist rechtwinklig
zueinander angelegt. Am Flusse liegt eine breite Uferstraße, Bund,
mit Bäumen und Rasenplätzen, wo die großen Dampferlinien eigne
Landungsbrücken haben. An der Stadtseite des Bund erheben sich
stattliche Gebäude: das Zollhaus am Eingang in die Hankow Road;
ihm gegenüber die Deutsch-Asiatische Bank; nördl. davon der Prachtbau
der Russisch-Chinesischen Bank, dann die Chartered Bank und
die Yokohama Specie Bank; Ecke der Yinkee Road der Prachtbau
des *Deutschen Klubs Concordia, 1906/07 im Renaissancestil erbaut,
das schönste Klubhaus in Ostasien. Am Nordende des Bund liegt
die Masonic Hall (Freimaurerhalle). Dazwischen südl. vom Zollamt
liegen Geschäftshäuser europäischer Großkaufleute, die Hongkong &
Shanghai Bank, das Telegraphenamt und der sehr schöne *Neubau
des Shanghai Club im Barockstil (Pl. 13). Dahinter sowie nördl. und
südl. vom Bund dehnen sich die Stadtteile der Fremdenniederlassungen
aus, die sämtlich mit Kanalisierung und elektrischem Licht
versehen sind. Die Stadt hat vorzügliche Schulen, darunter die
1911 errichtete deutsche Kaiser-Wilhelm-Schule an der Weihaiwei
Road (Vorschule, Realgymnasium, höhere Mädchenschule), eine
große englische Bürgerschule, Mittelschulen für Chinesen, eine
deutsche Medizinschule (1907 von deutschem Kuratorium gegründet)
zur wissenschaftlichen Ausbildung chinesischer Ärzte, große moderne
Krankenhäuser für Europäer und Chinesen, unterhält Sportplätze
am Beginn der Bubbling Well Road und im Hongkiu Park.
Elektrische Straßenbahnen durchziehen die Hauptstraßen. Am Beginn
der Bubbling Well Road liegt der Rennplatz, Eigentum des
Shanghai Race Club. Im Stadtviertel Hongkiu ist eine deutsche
evangelische Kirche. Im französischen Viertel ist die große katholische
St. Josephskirche. Schanghai ist Sitz eines katholischen und
eines anglikanischen Bischofs, eines englischen Gerichtshofs Supreme
Court of China (zur Schlichtung von Streitsachen, in denen Engländer
die Beklagten sind) sowie eines amerikanischen Obergerichts,
[S. 251]
des Statistischen Amts der chinesischen Seezollbehörde sowie einer
Abteilung der Royal Asiatic Society.—Die Chinesenstadt liegt südl.
vom französischen Viertel, ist mit Mauern umgeben und hat große
Vorstädte, in denen am Wasser auch Warenlager (Godowns) europäischer
Kaufleute liegen. Der Handelsverkehr ist sehr lebhaft,
eingeführt werden Baumwollenstoffe, Opium, Petroleum, Kohlen,
Maschinen u. a., ausgeführt besonders Seide, Tee, Borsten, Federn,
Hanf, Moschus, Galläpfel, Strohgeflechte, Rhabarber, Wachs, Häute
und Talg. Schanghai ist der wichtigste Umschlagsplatz für alle
Erzeugnisse Chinas, weil es durch den Yangtsestrom mit vielen
wichtigen Provinzen gute Verkehrsverbindung hat.
Rundfahrt (mit Rikscha, Wagen oder Straßenbahn). Im Internationalen
Viertel ist der Bund die besuchteste Promenade; mehrere
Denkmäler stehen im nördl. Teil, eins für Sir Harry Parkes vor der
Nanking Road, dann das *Iltisdenkmal (zum Andenken an die Besatzung
des am 23. Juli 1896 vor Kap Schantung gestrandeten deutschen
Kanonenboots) und in dem kleinen Park (Public Garden) am
Nordende des Bund ein englisches Kriegerdenkmal (The ever victorious
army) sowie ein Standbild von Margary; dort im Sommer
Nm. oder abds. dreimal wöchentl. zuweilen Musik der 50 Mann
starken Stadtkapelle (deutscher Kapellmeister, Prof. Buch).—Hauptgeschäftsstraße
ist die Nanking Road mit sehenswerten Markthallen,
in deren Verlängerung, Bubbling Well Road, der Rennplatz nebst
andern Sportplätzen sowie eine Gartenwirtschaft (St. George's Farm)
und ein europäischer Friedhof liegen.—Das Villenviertel im W.
der Stadt ist neuerdings weit ausgebaut, eine Spazierfahrt durch die
hübschen Alleen ist wegen des internationalen Treibens sehr interessant.
—Im frühern Amerikanischen Viertel ist Broadway die Geschäftsstraße,
an deren Ende Seide-und Baumwollwebereien liegen.
Ein Teil von Hongkiu ist Villenviertel.—In das Französische Viertel
gelangt man vom Südende des Bund auf einer Brücke über den
Yangkingpang-Kanal, die Fortsetzung des Bund nach S. bildet der
Quai de Wampoo, an dem dicht bei der Brücke ein Wettersignalturm
steht, der die Wetterberichte und wichtigen Taifunwarnungen des vorzüglichen
meteorologischen Observatoriums der Jesuiten im benachbarten
Zikawei veröffentlicht; die Wetterkarten für das ostasiatische
Gebiet hängen dort (täglich erneut) aus; außerdem Zeitball (Pl. 14)
sowie Wetter-und Sturmwarnungssignale. Die ersten Gebäude am
Quai de Wampoo sind die Banque de l'Indochine, das Geschäftshaus
der deutschen Firma Melchers & Co. (Agenten des Nordd. Lloyd etc.),
das Gebäude der Messageries Maritimes, das französische Konsulat
und das Gebäude der französischen »Mission étrangère«. Dann gelangt
man zum Quai de France, wo viele Lagerhäuser (Godowns)
liegen. Hauptstraße der »Concession Française« ist die Rue du Consulat,
in der das Rathaus (Hôtel de la Municipalité) mit dem Denkmal
des Admirals Protet und das Hôtel des Colonies liegen. Durch
die Rue du Consulat und die Avenue Paul Brunat führt die elektrische
Straßenbahn nach Zikawei. Durch die neuen Stadtteile der
Französischen Niederlassung führen elegante Villenstraßen, so die
11 km lange Avenue Paul Brunat, an der auch der Deutsche Gartenklub
[S. 252]
liegt. Zahlreiche Straßen vermitteln den Verkehr zwischen
der Französischen und der Internationalen Niederlassung.—Die
Chinesenstadt grenzt dicht an das Französische Viertel, ist mit Mauern
umgeben und hat so enge (schmutzige) Straßen, daß man sie nur zu
Fuß oder mit Sänfte besuchen kann (im Sommer wegen der übeln
Ausdünstungen nicht zu empfehlen). Einige Tempel sind sehenswert,
besonders die Kungfutsze-Pagode und der Tempel der Stadtgötter,
in dessen Nähe das auf einem Teich erbaute alte Teehaus
Husingting nebst Mandarinenklub steht; Marktplatz und Werkstätten,
wo Schnitzereien hergestellt werden, besuche man im Vorbeigehen.
Man nehme einen Führer, da es sehr schwierig ist, sich in
den engen Gassen zurechtzufinden. Wenn man Kanton gesehen hat,
kann man sich den Besuch der Chinesenstadt von Schanghai ersparen.
Ausflüge: 1) Nach *Zikawei, einer
großartigen Niederlassung der Jesuiten,
8 km östl. von Schanghai, mit
elektrischer Bahn (einsteigen bei Melchers
& Co.), Einspänner ($ 3) oder
Rikscha auf ebener Straße; auf den
Feldern vor der Stadt viele Gräber.
Man fährt dann in einen Park und
durch steinernen Torbogen in den
Klostergarten mit Säulenhalle. Die
große Anlage von Zikawei besteht aus
vielen Gebäuden, darunter das Gebäude
des Bischofs von Kiangnan, ein
Seminar, Jesuitenkollegium, große
Bibliothek, Museum und Wetterwarte,
Waisenhaus für Chinesenmädchen mit
Klosterschwesternschule (sehenswert;
1000 Personen im Kloster, 35 Nonnen;
Stickereien, Klöppeleien werden gefertigt
und billig verkauft), Kapelle
und Karmeliterkloster, ein Waisenhaus
für Chinesenknaben mit Druckerei,
Maler-und Bildhauerschule; die
hier zum Verkauf gestellten Schnitzereien
sind sehr begehrt und preiswert.
In der Wetterwarte (zum Besuch ist
Erlaubnis vorher einzuholen) wirken
die Jesuitenväter, insbesondere der berühmte
Meteorolog P. Froc zum Besten
der gesamten Schiffahrt in den ostasiatischen
Gewässern; ihre Taifunwarnungen,
die mit auf den Beobachtungen
der Observatorien von Hongkong,
Manila und neuerdings Tsingtau
beruhen, sind wohl die sichersten
Wettervorhersagen, die überhaupt irgendwo
gemacht werden. Daher hat
jeder Ostasienreisende alle Ursache,
diese Tätigkeit zu bewundern und den
gelehrten Vätern zu danken für die
Fürsorge, die jedem Weltreisenden zugute
kommt, da alle Schiffe sich nach
den Sturmwarnungen von Zikawei
richten. Hauptklimadaten für Zikawei
nach 34jährigen Beobachtungen: Mitteltemperatur
des Jahres 15°, des Januar
3,1°, des Juli 26,9°. Mittlere
Jahresextreme 37,2° und-7,4°. Jährliche
Niederschlagshöhe 1118 mm. Die
Jesuitensternwarte in Zose liegt 20 km
von Zikawei auf einem 100 m hohen
Hügel. Vom Turm der Wetterwarte
in Zikawei hat man gute Aussicht
über die Umgegend.—Auf dem Weg
nach Zikawei kommt man am Lihungtschang-Tempel
vorbei, in dessen Garten
ein Bronzedenkmal für den chinesischen
Staatsmann Lihungtschang
(in Europa angefertigt) steht. In der
Nähe von Zikawei (Spaziergang 1/2 St.
durch saubere Dörfer) liegt hinter
einem dreistöckigen Torbau mit Drachenbildern
die siebenstöckige Pagode
Lischuangta in Longhua nahe dem Wusungufer
(vom obersten Stock *Aussicht
über die Flußebene; Besteigung
aber zurzeit unmöglich, da die Treppen
zerfallen sind). Von dort Rückfahrt
mit Wagen (den man vorher
hinbestellen muß) am Kiangnin-Arsenal
vorbei (Besuchserlaubnis vorher
einholen!). Diese Fahrt sowie der
Gang von Zikawei nach Longhua sind
sehr lohnend zur Zeit der Pfirsichblüte.
2) Hangtschou, tägl. mit der Bahn,
Mittagsschnellzug (Speisewagen) ab
Schanghai in 6 St.; oder mit Dampfbarkassen,
hübsche Fahrt an malerischen
Ortschaften vorbei und unter
gewölbten Brücken hindurch, über den
Vertragshafen Sutschou (einst eine
Millionenstadt, aber in der Taipingrevolution
schrecklich verwüstet) oder
direkt nach Kiahsing, von da auf dem
Kaiserkanal nach Hangtschou, Hauptstadt
der Provinz Tschekiang, mit
etwa 350000 Einw., dem Fremdhandel
seit 1896 geöffnet.
[S. 253]
Englisches Konsulat.
Große Seidenwebereien und
Werkstätten für kostbare Goldstickereien.
Die Stadt hat 10 Tore und 35 Li
(= 20 km) Umfang. Seit 1650 besteht
in der NW.-Ecke der Stadt ein befestigtes
Mandschuviertel. Mitten in
der Stadt der Stadthügel (City Hill) mit
Tempeln und schöner Rundsicht. In
der Nähe liegt der große, von Bergen
eingerahmte Sihu (Westsee) mit Trümmern
prächtiger Bauwerke; am See
auf einem Hügel liegt die alte Pagode
Paoschuta, auf dem See die Insel
Kuschan mit Kiosken, Tempeln und
Palast. (Marco Polo hat die ganze
Anlage als eine der prächtigsten in
China seinerzeit beschrieben.) Viele
Tempel und Klöster sind in der Umgebung
des Sees, darunter die sogen.
Hinduklöster. Als der Mönch Odoric
im 13. Jahrh. Hangtschou besuchte,
wurden hier am Fuße des Berges zahlreiche
Affen mit Menschengesichtern
von den Priestern gefüttert, die die
Seelen edler Menschen sein sollten.—
Andre berühmte Tempelanlagen liegen
im nahen Tienmuschan (»Gebirge der
Himmelsaugen«).
3) *Flutbrandung (Bore) des
Tsientangkiang, bei Voll-und Neumond,
am sehenswertesten zur Tag-
und Nachtgleiche (21. März, 23.-24.
Sept.), eine großartige Naturerscheinung,
die man am besten von der
Pagode bei Haining beobachtet; man
gelangt dahin von Hangtschou mit der
Bahn bis Lining, von da auf bequemen
Wegen mit Rikscha nach (20 km) Haining,
am l. Ufer des Tsientangkiang,
etwa 45 km unterhalb Hangtschou;
dort besteige man die Pagode. Bei
Haining tritt die Flutbrandung zwar
fast mit jeder Flut ein, erreicht aber
nur zur Springzeit (Voll-und Neumond)
große Höhe und Geschwindigkeit;
dann bildet sie eine 3-8 m hohe,
steile Kaskade schäumenden Wassers
in gerader, 2 km langer Linie
quer über den Fluß; die gewaltige
Wassermasse nähert sich mit Dampfergeschwindigkeit
unter starkem Rauschen.
Man beachte, daß das Phänomen
zur Tag-und Nachtgleiche in Haining
schon einige Stunden vor Voll-und
Neumond eintritt.
4) Saddle Islands, eine malerische
Gruppe von 25 Felseninseln und zahlreichen
Klippen, ist die nördlichste
Gruppe des großen Tschusan-Archipels,
der beim Nimrodsund (S. 244)
beginnt und der großen Bai von Hangtschou
vorgelagert ist; die größten
Inseln sind North Saddle, South Saddle,
East Saddle, die wie auch viele kleinere
von fleißigen Fischern bewohnt sind.
Bäume wachsen nur an einigen geschützten
Stellen, sonst sieht man nur
Gestrüpp zwischen den Felsen. Während
der Fischzeit (April, Mai, Juni)
beleben Tausende von Fischerdschunken
aus Ningpo und Wentschou und
unzählige Sampans die Inselgewässer.
Gefangen wird besonders Tintenfisch
in riesiger Menge; der Fang wird ausgeweidet
und auf den Klippen in der
Sonne getrocknet, aber nur bis Mitte
Juni, dann ist der durch dieses Verfahren
erzeugte Gestank vorbei.
North Saddle wird jetzt als Seebad
und Sommerfrische besucht;
Dampfer laufen in 7-8 St. von Schanghai
dahin (Entfernung 84 Seem.). Der
höchste Gipfel (238 m) von North
Saddle ist bequem zu besteigen und
gewährt prächtige *Aussicht über die
Inselgruppe. Drei gute Buchten ermöglichen,
in ruhigem Wasser mit
Sampan zu landen; sehr malerisch ist
die Südostbucht. Auf dem Nordende
steht ein Leuchtturm (europäische
Wärter). Die Insel bietet Erholungsbedürftigen
beste Gelegenheit zum
Seebaden, Fischen, Segeln, Klippenklettern.
Der Bau eines Sanatoriums
auf North Saddle ist geplant.—Wegen
Dampfergelegenheit, Unterkunft und
Verpflegung erkundige man sich in
Schanghai beim Coast Inspector des
Kaiserl. Chinesischen Seezollamts.
5) Sutschou (Soochow), an der Bahnlinie
Schanghai-Nanking und am
Kaiserkanal, Hauptstadt der Provinz
Kiangsu, seit 1896 dem Fremdhandel
geöffnet, mit 500000 Einw. (vor der
Taipingrevolution 1 Mill.) und lebhaftem
Seidenhandel. Von Sutschou
Gelegenheit mit Boot und Sänfte zu
Ausflügen in die Hügel der Umgebung;
gerühmt werden die Hügel Fan-fen-san
mit den Gräbern der Fan-Familie,
der Goldhügel, der Tien-bing-san, der
Ling-gan-san (südl. vom Fan-fen-san)
mit berühmter alter Pagode und Ruinen
alter Paläste der Könige Wu und Yueh;
[S. 254]
ferner der Schang-fang-san (der Flutfluchthügel,
wo das Volk des Königs Wu sich bei
Überschwemmung gerettet
haben soll), der berühmte Hung
Schan, alle mit zahlreichen altchinesischen
Bauwerken. Man benutze dabei
die Karte »Country round Soochow«,
von Thomas Ferguson, in Schanghai zu
haben, und lese vorher »History of Soochow« von
Dr. A. P. Parker (Schanghai).
Auf dem Yangtsekiang von Schanghai nach Hankau und Itschang.
Vgl. die Karte bei S. 215.
Dampfer der Deutschen Yangtselinie
(etwa wöchentl. einmal), der China
Merchant's Co. sowie englische, französische
und japanische laufen auf dem
Yangtsekiang von Schanghai nach
(1085 km) Hankau, so daß jeden Tag
einmal, oft zweimal, Fahrgelegenheit
ist. Fast alle Dampfer sind gut eingerichtet
und bieten gute Verpflegung.
Die Fahrtdauer (bis Hankau etwa 4
Tage) ist vom Wasserstand im Yangtse
abhängig (s. unten). Die Fahrpreise
sind bei Melchers & Co. sowie den
Agenturen der fremden Linien in
Schanghai zu erfahren. Da die Dampferfahrkarten
auch für die Bahnfahrt
Schanghai-Nanking und zurück gültig
sind, empfiehlt es sich, um Zeit zu
gewinnen, diese (wenig lohnende)
Strecke mit der Bahn, Fahrzeit 7 St.,
zu machen. Wegen Anordnung des
Reisewegs für Weltreisende durch Nordchina
vgl. S. 249; man beachte, daß
die Bergfahrt nach Hankau zeitraubend
ist, daher sollte man womöglich nur
von Hankau zu Tal nach Schanghai
fahren.
Der Yangtsekiang, der Hauptfluß
Südchinas, ist mit einer Länge von
ungefähr 5000 km (Donau 2860 km) und
einem Stromgebiet von 1,9 Mill. qkm
(dem 10fachen des Rheingebiets) einer
der mächtigsten Ströme der Erde. Er
kommt wie die Hauptzuflüsse seines
Oberlaufs aus dem Hochgebirge Osttibets
und fließt in seinem ganzen
Oberlauf in tiefeingeschnittenem Tal
ungefähr südwärts, bis er an der Nordgrenze
von Yünnan ostnordöstl. Richtung
annimmt, die der Mittel-u. Unterlauf
durch die Provinzen Szetschuan,
Hupe, Nganhwei und Kiangsu im
großen ganzen beibehält. Leider erfüllt
der Yangtse die Aufgabe, einen
bequemen Weg durch die schwer überschreitbaren
Gebirgsketten des innern
Südchina zu bieten, wegen zahlreicher
Stromschnellen nur während der kurzen
Perioden mittlern Wasserstandes
im Frühjahr und Herbst, so daß von
der Austrittsstelle aus dem innern Gebirgslande
bei Itschang bis zu dem
äußerst fruchtbaren, dichtbesiedelten
und ertragreichen »Roten Becken« der
Provinz Szetschuan hinauf Dampfschiffverkehr
erst seit 1909 versuchsweise
hat eingerichtet werden können.
Um so größere Bedeutung hat der Strom
in seinem immer noch 1700 km langen
(deutsche Elbstrecke 740 km) Unterlaufe
von Itschang (S. 262) an, wo er
zwar auch noch vielfach durch Bergland
fließt, aber mit gleichmäßig geringem
Gefälle. Mit seinen Nebenflüssen
bildet er hier innerhalb eines
der reichsten Teile Chinas ein weitverzweigtes,
vortreffliches Wasserstraßennetz.
Große Seeschiffe können
bei Flußhochwasser im Sommer bis
Hankau hinauf fahren. Eine ganze
Reihe volkreicher und wichtiger Städte
sind daher an seinem Unterlauf entstanden:
Tschinkiang (großer Nahrungsmittelhandel),
Nanking, Wuhu
(Reis), Kiukiang (Tee u. Porzellan) und
vor allem die Städtegruppe Hankau-Wutschang-Hanyang;
weiter oben
Yautschou, Tschangscha, Tschangte
und Itschang. Im Frühjahr, wenn die
Schneeschmelze eingesetzt hat, beginnt
der Strom zu steigen und erreicht
seinen Höchststand, der das winterliche
Niedrigwasser in eingeengten
Strecken des Mittellaufs bis 30 m, bei
Hankau 15 m, bei Kiukiang noch um
14 m übersteigt, erst im Juli oder
August, weil ihm auch die Sommerregen
viel Wasser zuführen. Da auch
die Nebenflüsse im Sommer Hochwasser
haben, so würde die Anschwellung
im Unterlaufe des Yangtse
noch stärker sein, wenn nicht zwei
große Flachseen, der Poyangsee und der
Tungtingsee, die Hauptwassermassen
dreier großer rechtsseitiger Nebenflüsse,
des Kan, des Hsiang und des
Yüen, aufnähmen und nur allmählich
wieder abgäben, so wie regulierende
»Talsperren« größten Stiles wirkend.
[S. 255]
Die Fahrt auf dem untern Yangtse
und den angrenzenden Strecken seiner
Nebenflüsse ist zwar keineswegs reizlos,
doch vermag sie große landschaftliche
Schönheiten nur stellenweise zu
bieten; solche steigern sich erst in dem
großartigen Durchbruchstale oberhalb
Itschang. Die Reize einer Yangtsefahrt
beruhen hauptsächlich auf dem großen
Verkehr und den interessanten Städtebildern
und auf den interessanten Einblicken
in das Wirtschaftsleben des
chinesischen Volkes.
Die Fahrt von Schanghai führt zunächst flußabwärts bis Wusung
(S. 246), dann in den über 30 km breiten Mündungstrichter Yangtsekiang
(die Chinesen nennen den Strom Ch'ang-chiang, spr. tscháng-djang,
d. h. Langer Strom). Die ersten 160 km aufwärts von Wusung
fährt man in dem Ästuar wie auf einem großen gelben See,
dessen Ufer nur stellenweise sichtbar werden. Von den Häusern sieht
man nur die Dächer, ihr unterer Teil ist hinter Deichen verborgen,
die die Dörfer der Flußniederung gegen Überschwemmung schützen.
Nur die Lotsen vermögen sich durch die vielen Bänke im Fahrwasser
hindurchzufinden; die jährlichen Überschwemmungen ändern
die Fahrrinnen fortwährend, schwemmen Inseln an oder reißen Uferstrecken
fort. Landmarken bilden Pagoden auf Hügeln, so die
Pauschanpagode nahe bei Wusung, oder Baumgruppen und Gerüstbaken,
so r. auf der großen, flachen Insel Tsungming. Nach etwa 16 St.
Fahrt zeigen beide Ufer Hügel. Bei den mit einer Pagode gekrönten
Langschanhügeln (110 m hoch), einem besuchten Wallfahrtsort mit
vielen Tempeln, wird der Strom schmäler, die Berge werden höher,
beim Huangschan ist der Fluß kaum 1400 m breit, am r. Ufer liegen
6 Forts, am l. Ufer gegenüber der Stadt Kiangyin (Stadtmauer 1506
erbaut) noch drei Batterien. Hier ist der Telegraph von Schanghai
nach Peking mit Kabel durch den Yangtse geführt. Oberhalb erweitert
sich das Bett, der Kurs führt an Wäldern, Feldern und vielen
Dörfern vorbei; der Fluß ist mit Dschunken und Dampfern reich
belebt. Weithin sichtbar ist die siebenstöckige Tschusanpagode auf
dem Gipfel eines hohen Berges mit Fichtenwald; am Fuße des Berges
liegt eine zweite befestigte Flußsperre mit acht Batterien, Kuppelfort
und kasemattiertem Erdwerk, in der Nähe ein Militärlager. Vor
Tschinkiang wird die Landschaft sehr malerisch; mitten im Strom
liegt die Silberinsel (Tsianschan; ähnlich der Böcklinschen Toteninsel),
deren bewaldeter Hügel eine niedrige Pagode und andre
Tempelanlagen trägt; auch hier Festungswerke am Südende der
Insel und an beiden Ufern.
(260 km) Tschinkiang (chines. Chên-chiang, spr. djö́n-dyáng),
seit 1861 Vertragshafen mit 184000 Einw., als Handelsstadt wichtig,
weil sie an der Kreuzung des Kaiserkanals mit dem Yangtse liegt,
der von Peking nach Hangtschou läuft und 1100 km lang ist (zwischen
Peking und Tschinkiang 800 km); jetzt ist der Kanal allerdings
stark verfallen und ohne Bedeutung für den Handelsverkehr zwischen
Süd-und Nordchina. Seit 1907 ist Tschinkiang Station der Bahnlinie
Schanghai-Nanking. Anlegebrücken für die Flußdampfer. Die
Stadt hat eine Fremdenniederlassung (deutsches Postamt; Agentur
von Melchers & Co.) oberhalb der Chinesenstadt am Hügel Yintai-schan
mit gut gepflegtem Bund mit Bäumen und ist mit starken
[S. 256]
Mauern umgeben. Der Kaiserkanal (s. oben), der den Yangtse ohne
Schleusen kreuzt, bildet einen Teil des Festungsgrabens. In der
Umgegend Jagd auf Wildschweine und Fasanen. Der schönste Punkt
der Umgebung ist die *Goldinsel (Kinschan) dicht oberhalb der
Fremdenniederlassung am r. Ufer, die noch 1823 am l. Ufer und
1842 mitten im Fluß lag; an ihrem Westabhang ein großes buddhistisches
Kloster mit Pagode.
Die Fahrt geht weiter an der hohen, siebenstöckigen Pagode von
Yitsching (Jitschöng) am l. Ufer vorbei; die Stadt ist Hauptplatz für
den Salzhandel. Dann werden die Ufer flach, am r. Ufer zeigt der
Hintergrund bewaldete Berge; auf einem hohen Berge am l. Ufer
steht die Ninganschan-Pagode. Die Gegend wird immer fruchtbarer.
Auf dem r. Ufer hohe Zyklopenmauern über Hügeln, auch
mehrere Pagoden und Schornsteine einer Marinewerft, sowie der
Löwenhügel (Schetseuschan), mit modernen Batterien bewaffnet; dann
erreicht man Hsiakuan (zwei europäisch geleitete Gasthöfe), die
Ufervorstadt von
(330 km) Nanking (chines. [»Südresidenz«] Chiang-ning-fu, spr.
dyáng-ning-fú), Stadt mit 267000 Einw., darunter etwa 160 Europäer
(14 Deutsche), am r. Yangtseufer in hügeliger Gegend, seit
1899 dem Fremdhandel geöffnet; es war die uralte Kaiserstadt Chinas
seit 200 v. Chr. bis 1404 und blühte am meisten in den ersten Zeiten
der Ming-Dynastie, seitdem schwand ihre Größe; 1854 wurde sie
im Taipingaufstand zerstört (wobei auch der berühmte, 165 m hohe
Porzellanturm völlig zugrunde ging); heute ist sie zwar als Handelsplatz
von Tschinkiang überflügelt, aber als Sitz des Generalgouverneurs
der Provinz Kiangsu, Anhui und Kiangsi sehr wichtig (zurzeit
Regierungssitz der Revolutionäre), hat Provinzialhochschule (Nanking
ist der literarische Mittelpunkt Chinas, mit großen Büchereien
und Druckereien), Militärstation, drei Militärschulen, Marineschule
und Arsenal, zahlreiche Missionen. Die rege Industrie stellt aus der
hier wachsenden Baumwolle den als »Nanking« bekannten Stoff her;
berühmt ist der Nankinger Seidenbrokat. Eisenbahnen nach Schanghai
(S. 248), Bahnhof in Hsiakuan bei der Dampferbrücke, und von
Pukow (gegenüber Hsiakuan am l. Ufer) nach Tsinan am Hoangho
(und weiter nach Tientsin), davon 110 km im Betrieb; die ganze
Strecke soll im Herbst 1912 fertig sein. Das Fremdenviertel vor dem
Nordtor der Stadt, in Hsiakuan, dient wegen ungesunder Lage fast
nur als Geschäftsviertel; fast alle Fremden wohnen innerhalb der
Stadtmauer. P und T in Hsiakuan und Nanking. Deutsches Konsulat
(Konsul: Dr. Wendschuch) liegt 4,5 km vom Hafen, an der r.
Seite der Hauptstraße in Nanking; deutscher Arzt 9 km vom Hafen,
kann telephonisch gerufen werden. Nanking ist mit Mauern umgeben,
die bis zu 15 m hoch und 56 km lang sind. Aus der Ufervorstadt
Hsiakuan gelangt man auf einer guten Straße über eine
Brücke, die über einen Kanal führt, durch das stattliche Tor Yifongmen
in die Stadt Nanking; der südliche Stadtteil enthält noch
Reste der Mauer, die den von den Taipings zerstörten Palast der
Ming-Dynastie umgab; man benutze Wagen (am Hafenplatz zu haben,
täglich $ 3-4) oder Rikscha, da die Entfernungen sehr groß sind,
[S. 257]
z. B. bis zur französischen Jesuitenmission 8,5 km vom Landungsplatz.
Im SO. der Stadt liegt das moderne chinesische Geschäftsviertel,
sehr belebt, mit engen Straßen. Im O. das ehemalige Mandschuviertel,
weitläufig gebaut, mit dem Palast (Yamen) eines Bannergenerals,
der als Stellvertreter des Kaisers sogar den Generalgouverneur
überwacht. Östl. vom Mandschuviertel lag die alte »Rote
verbotene Stadt«, in der die Ruinen des Palastes der Mingkaiser
liegen. Im N. Gärten, Reis-und Gemüsefelder innerhalb der Stadtmauern,
dazwischen überall Grabdenkmäler, auch ein öffentlicher
Garten und eine Rennbahn. Die Gebäude der Ersten chinesischen
allgemeinen Landesausstellung von 1910 dienen weiter einer Dauerschau
für Unterrichtswesen und Industrie der Provinz Kiangsu.
Gegenüber Nanking liegt Pukou (Pukotschöng), Endstation der Bahn
nach Tientsin und Peking (s. oben).
Ausflug zum Minggrab (bei schlechtem
Wetter nicht ratsam). Von der
Mitte Nankings braucht man gut 11/2
St. mit Rikscha für den Hinweg, der
durch das Tor Tschaoyangmen führt.
Die Gräberstraße beginnt mit einem
dreibogigen Tor, hinter dem eine
höhere Torhalle folgt, die am Abhang
eines heiligen Gräberhügels liegt, um
den nun der Weg, die groteske »Geisterallee«,
herumführt; paarweise stehen
die steinernen Ungeheuer zu beiden
Seiten des Wegs, Pferde, Löwen,
Kamele, Elefanten; dann folgen die
Steinbilder von Militär-und Zivilmandarinen.
Dahinter liegen die Grabanlagen.
Die ursprünglichen Grabanlagen
sind im Taipingaufstand 1854
vernichtet worden; die jetzigen Gebäude
sind nur eine notdürftige Kulisse,
die der Kaiser Tsait'ien errichten
ließ, um darin alljährlich den
Manen des großen Gründers der Ming-Dynastie
opfern zu lassen. Im zweiten
Hof vom Kaiser K'ang Hsi (1662-1723)
verfaßte Inschriften zur Erinnerung an
seinen Besuch der Stätte; der hinterste
Hof mündet in einen Tunnel, der zu
einer Terrasse mit roter Mauer führt.
Dahinter erhebt sich ein bewaldeter
Hügel, in dem der Kaiser Hungwu
(1368-98) ruht.
Die Flußfahrt aufwärts führt an der Fasaneninsel vorbei, wo im
Herbst gute Jagd ist, und weiterhin an der Stadt Taiping, am r.
Ufer, schon von weitem an einer siebenstöckigen Pagode zu erkennen;
die Stadt war der Herd des großen, nach ihr benannten
Aufstandes (1852-64) der christenfreundlichen Chinesen gegen die
Tsing-Dynastie, ihre Mauern sind 810 erbaut.—Dann folgt
(413 km) Wuhu, Stadt mit 129000 Einw., 1 km landeinwärts,
mit Mauern umgeben, am r. Ufer des Yangtse, Vertragshafen seit
1877, als Handelsplatz wichtig, weil es durch Wasserwege mit großen
Handelsstädten, besonders mit dem Teestapelplatz Taipinhsien, ferner
mit den wichtigen Seidenhandelsplätzen Nanling und Kinghsien
sowie mit Ningkuofu verbunden ist. Einfuhr: Opium und Baumwollwaren;
Ausfuhr: Seidengewebe, Tee und Steinkohlen, vor allem
aber Reis, der in riesigen Mengen verfrachtet wird. Die europäische
Niederlassung liegt auf Hügeln unterhalb der Chinesenstadt, bisher
nur von der amerikanischen Methodistenmission besiedelt. Agentur
der deutschen Firma Arnhold, Karberg & Co. ist in Wuhu. Wuhu
hat elektrische Beleuchtung. Eisenbahn von Wuhu nach Kuangtetschou
ist im Bau und soll bis Hangtschou (S. 252) weitergeführt
werden.
Oberhalb Wuhu wird das Flußbett enger, das l. Ufer zeigt hohe
Berge. Etwa 3 km unterhalb (512 km) Tatung (Dampferstat.), Stadt
[S. 258]
am r. Ufer, steht die auffällige Pagode Kiangschanki auf 30 m hohem,
überhängendem Steilufer.—Weiter oberhalb am l. Ufer (588 km)
Nganking (Ankingfu), Hauptstadt der Provinz Anhui, von großen
Mauern umgeben, mit 40000 Einw. und einer der schönsten siebenstöckigen
Pagoden Chinas; obgleich nicht Vertragshafen, dürfen die
Dampfer doch anlegen sowie Reisende und Güter aus-und einschiffen.
—16 km nnö. von Nganking, beim Dorfe Huoschangkiao, liegt eine
berühmte Pagode am Eingang einer Tropfsteinhöhle. Die Gebirge
der Umgegend sind reich an landschaftlicher Schönheit, besonders
im Frühjahr, wenn die Azaleen, Rhododendren und Glycinen blühen;
im Herbst und Winter Jagdausflüge auf Fasanen, Enten, Gänse,
Hasen, Ziegen, Füchse und Panther.—Weiter flußaufwärts zeigt
die mit Mauern umgebene Stadt Tungliu am r. Ufer zwei siebenstöckige
Pagoden, davon eine auf einem Hügel.—Die malerischste
Stelle des untern Yangtse ist bei *Siaukuschan (»kleiner Waisenknabe«),
einer 90 m hohen Granitinsel mit großen Tempelanlagen,
Laubwald und einer Pagode auf dem Gipfel; gegenüber, am r. Ufer,
liegt der 200 m hohe Kingtseschan (»Spiegelberg«), von dem ein 30 m
hoher Granitfels in das Strombett vorspringt. Etwa 3 km oberhalb
Siaukuschan am r. Ufer auf schroffem Felshang die befestigte Stadt
Pengtse, der Stammort der Familie Lihungtschangs.—An der Mündung
des Poyangsees, dessen Zuflüsse in die reiche Provinz Kiangsi
führen, liegt die befestigte Stadt (714 km) Hukau mit 10000 Einw.;
sw. von ihr sieht man 1400 m hohe Berge. Reis, Weizen, Seide,
Baumwolle, Indigo, Tee und Zucker werden in Menge mit Dschunken
aus dem Poyangsee zum Yangtse, meist nach Kiukiang, verschifft.
—24 km oberhalb Hukau am r. Yangtseufer liegt
(738 km) Kiukiang, Stadt mit 36000 Einw., Vertragshafen seit
1862, vor dem Taipingaufstand sehr reich. Die Fremdenniederlassung
mit etwa 100 Europäern (britisches Konsulat, Missionen) liegt oberhalb
der Chinesenstadt, deren Mauer am Yangtseufer 0,5 km lang
ist. Russische Ziegelteefabrik. In der Chinesenstadt gute Silberschmiede,
die hübsche Sachen in chinesischem und europäischem
Geschmack anfertigen (Adresse auf dem Flußdampfer zu erfahren).
Hauptausfuhr: Porzellan der kaiserlichen Manufaktur in Tschingtetschen,
Kiungtschau-Teesorten. In der Nähe liegt Kuling, eine
von Missionaren gegründete europäische Sommerfrische (über 900 m
hoch) mit etwa 130 Häusern und Telegraph, mit Sänften zu erreichen.
Regelmäßige Verbindung mit Dampfbarkassen durch den
Poyangsee und den Kankiang nach Nantschang (P und T, Missionen),
der Hauptstadt der Provinz Kiangsi. Eisenbahn Kiukiang-Nantschang
im Bau. Von hier wichtige Straße des Eingebornenhandels
auf dem für Boote schiffbaren Kankiang aufwärts bis fast zur Quelle,
über einen niedrigen Paß (Meiling; 300 m) herüber zu einem schiffbaren
Nebenfluß des Peikiang und diesen abwärts nach Kanton
(S. 225).—Oberhalb Kiukiang liegt am l. Ufer die Stadt (779 km)
Wusüeh, Dampferstat.; etwa 13 km weiter erreicht man das Eiserne
Tor des Yangtse, Pwanpienschan, wo bewaldete Berge das Strombett
einengen; die Enge ist beiderseits stark befestigt.—Sehr schön ist
auch die Strecke zwischen den Städten Kitschou und Schiwuiyao
[S. 259]
(Ausfuhrhafen der Eisenerze der von Deutschen angelegten Staatsbergwerke
von Tiehschanpu und der Kohlengruben in Huangsanschi).
—Bei der Stadt Wutschang am r. Ufer liegen die Sischanhügel,
während gegenüber bis zu der mit Mauern umgebenen, an Hügeln
gelegenen Stadt Huangtschoufu, Dampferstat., das Ufer flach ist. Die
letzte Strecke bietet nichts Besonderes, bis viele Schornsteine und
Masten die Annäherung an die drei großen Städte Hankau, Hanyang
und Wutschang an der Mündung des Hanflusses in den Yangtse
ankünden.—(960 km) Hankau.
Hankau.
Ankunft auf dem Yangtse. Man sieht
zuerst am l. Ufer den Flußbahnhof,
dann die Fremdenniederlassungen.
Die Flußdampfer legen an Landungsbrücken
an dem breiten, mit Bäumen
bepflanzten Bund (Kai) an.
Ankunft mit der Bahn von Peking
auf dem Bahnhof in der französischen
Niederlassung.
Gasthöfe: Boemers Hotel (deutscher
Wirt), neu, am Bund, 22 Z., Pens. $
6-8, gute Verpflegung.—Terminus-Hotel,
am Bahnhof, teuer.
Post: Deutsches Postamt, mit Telephonnetz;
Telegraph.—Rikschas, Wagen,
Ponys und Sänften sind zu haben.
Eisenbahn: Hankau-Peking ist im
Betrieb (s. S. 280); die Bahnfahrt Hankau-Berlin
über Peking dauert 15
Tage; die Linien Hankau-Kanton und
Hankau-Tschöngtu sind im Bau und
auf Teilstrecken schon im Betrieb.
Dampfer: Tägl. nach Schanghai, vgl.
S. 247; etwa 3mal wöchentlich nach
Itschang (S. 262) mit englischen, chinesischen
und japanischen Dampfern;
durch den Tungtingsee nach Tschangte,
Tschangscha und Hsiangtan mehrmals
wöchentlich japanische und chinesische
Dampfer.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank
(Korresp. der Allgemeinen Deutschen
Creditanstalt in Leipzig und der Deutschen
Bank; Hongkong-Shanghai-Bank;
Banque de l'Indochine; Chartered
Bank of India, Australia & China; alle
vier Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft;
Russisch-Chinesische Bank.
Konsulat: Deutsches Reich, Konsul
Müller, am Bund.—Deutscher Arzt:
Dr. Röse.—Apotheke: Watson.—
Geschäftsadressen: Deutsche Großkaufleute
am Orte: Arnhold, Karberg
& Co., Melchers & Co., Siemssen & Co.,
Carlowitz & Co., Schlichting, Schwarz
Goumer & Co., Bornemann & Co.,
Schwartzkopff & Co., Adolf Krämer,
Max Mittag, Siemens-Schuckert-Werke.
Deutsche Handwerker.—
Deutsche, englische, russische, französische
und japanische Niederlassungen.
Hankau (engl. Hankow, chines. Hàn-Kŏū;, d. h. Mündung des
Han), Vertragshafen seit 1861, bildet zusammen mit Hanyang und
Wutschang einen der wichtigsten Wohnplätze der Erde, dessen Gesamteinwohnerzahl
auf etwa 1,5 Mill. geschätzt wird; davon entfallen
auf Hankau 820000, auf Wutschang 400000, auf Hanyang 200000. Die
drei Orte gruppieren sich derart um die Mündung des Hankiang in
den Yangtsekiang, daß Hanyang im spitzen Winkel oberhalb der Einflußstelle,
Hankau im stumpfen Winkel unterhalb der Einmündung,
Wutschang aber gegenüber auf dem r. Yangtseufer liegt; Hanyang
und Wutschang liegen etwas erhöht auf hügeligem Gelände, Hankau
tief und flach. Nur Hanyang und Wutschang sind mauerumgürtete
Städte; Hankau hat trotz seiner großen Volkszahl und Handelsbedeutung
nur den Rang eines offenen Marktfleckens. Jeder der
drei Orte hat seine besondere Bedeutung: Hankau ist in erster
Linie Großhandelsplatz, Wutschang Lokalhandelsplatz, Hanyang
als Hauptstadt der Provinz Hupe Verwaltungsplatz. Die Entwickelung
[S. 260]
einer Millionenansiedelung an dieser Stelle war dadurch bedingt,
daß die Mündung des Han in den Yangtse den räumlichen
Mittelpunkt und das natürliche Verkehrszentrum Mittelchinas bildet,
das bisher der Knotenpunkt der großen Handelsstraßen war und
künftig der großen Eisenbahnlinien sein wird; außerdem ist es der
küstenfernste Punkt Chinas, der von größern Seeschiffen erreicht
werden kann und daher in direktem Verkehr mit den Überseeländern
steht, die mit China Handel treiben; liegen doch alljährlich
während der Teeernte im Mai Dutzende großer Seedampfer
und bis zu 3000 Dschunken vor Hankau. Durch den obern Yangtsekiang,
der noch 800 km aufwärts für Flußdampfer, 2000 km für
Boote fahrbar ist, und durch den Hankiang zieht es die Produkte von
Szetschuan und Hupe, durch den Yüenkiang und Hsiangkiang die
von Kweitschou und Hunan an sich und wird für die Reichtümer
dieser Provinzen zum natürlichen Stapelplatz und Umschlagsort.
Die Ausfuhr umfaßt Tee, Seide, Eisenschienen, Bohnen und
Bohnenkuchen, Erze, Sesamsaat, Häute, Tabak, Holzöl, Baumwolle,
Talg, Wachs, Gallnüsse u. a. Die Einfuhr: Opium, Baumwoll-und
Wollwaren, Kohlen, Seife, Glas, Eisenwaren, Lampen,
Petroleum, Kriegsmunition u. a. Der Teehandel ist hauptsächlich
in russischen Händen; im Gesamthandel Hankaus ist der deutsche
Anteil bedeutender als der englische (244 Deutsche leben in Hankau).
Auch als Industriestadt entwickelt sich Hankau, es besitzt Baumwollspinnereien,
ein sehr leistungsfähiges modernes Eisen-und Stahlwerk,
das etwa 20000 Arbeiter beschäftigt, Gewehr-, Geschütz-und Patronenfabrik
in Hanyang, Streichholzfabrik, fünf russische Ziegelteefabriken,
sechs Albuminfabriken (vier deutsche), zwei Münzen in Wutschang,
Nagel-und Nadelfabrik, Papierfabriken, Lederfabrik, Grasleinenfabrik,
Seidenweberei, Elektrizitätswerk, Getreidemühlen, Tuchfabrik,
Zementfabrik, Exportschlachterei, Bauwerft für Flußdampfer
(Yangtse Engeneering Work) etc. Die deutsche Niederlassung hat
vorzügliche Kaianlagen.—In der Chinesenstadt ist sehenswert das
Klubhaus der Schansi-Gilde, der die reichen aus der Provinz Schansi
stammenden Bankiers angehören, mit dem Tempel des Kriegsgottes
Kuan Ti (als »Kuan Yü« berühmter Feldherr des 2. Jahrh. v. Chr.,
im 12. Jahrh. selig gesprochen und 1594 vom Kaiser Wan Li als
»Kuan Ti« unter die Götter versetzt; er ist Schutzpatron der Schansi-Leute),
fünf großen Theaterbühnen und stattlichen Klubräumen.
(Erlaubnis zur Besichtigung leicht, event. durch das Konsulat zu
erhalten.) Man vermeide es, bei Umzügen und Volksfesten in
die engen Straßen der Chinesenstadt zu gehen!
Ausflüge (auf je 1/2 Tag): 1) Zu Boot
nach dem sogen. Joss House Hill bei
Hanyang mit Tempeln des Flußgottes
und des sagenhaften Kaisers Yü (s.
S. 261).—2) Zu Boot nach dem Shêchan
(spr. schōĕ-chan), »Schlangenberg«
in Wutschang, weithin kenntlich
an dem seinerzeit vom Gouverneur
Tuan-fang zum Empfang fremder Gäste
in europäischem Stil aufgeführten (aber
nie benutzten) Backsteingebäude mit
Turm, das wie eine Kirche aussieht.
Dahinter eine am Berg ansteigende
Tempelanlage mit Kultusstätten verschiedener
Gottheiten. Hindurchgehen!
Oben ein Teehaus mit Terrasse und
herrlicher *Aussicht über die Dreistadt
Wutschang-Hanyang-Hankau.
Kleine Trinkgelder öffnen alle Türen.
Die obere Anlage heißt Huàng-has-lŏū,
d. h. »Turm des gelben Kranichs«.
[S. 261]
Hinter dem Empfangsgebäude eine 1868
vom Generalgouverneur Kuan Wên
errichtete Kopie (das Original ist bei
Hèng choufou in Hunan) der berühmten
Inschrifttafel des großen Yü (2207
bis 2197 v. Chr.) mit der sogen. Kaulquappenschrift,
das sagenumwobene
älteste Denkmal der chinesischen Literatur.
Von Hankau nach Itschang hat man mehrmals wöchentlich Fahrgelegenheit
mit englischen, japanischen und chinesischen Dampfern
(vgl. S. 259). Oberhalb Hankau fließt der Yangtse mit zahlreichen
großen Windungen (zu deren Abschneidung ein Kanal von Hankau
nach Schasi [Piënhokanal] besteht) teils inmitten einer großen
Ebene, teils an deren Rand; auf der linken Seite ist er daher meist
von einem Deich begleitet.
Die Schiffe laufen zunächst die große Handelsstadt (150 km)
Hsingti an, dann (250 km) Yotschau, Stadt mit 20000 Einw., Vertragshafen
seit 1898, am Einfluß des großen Tungtingsees in den
Yangtse. Die Stadt ist auf Anhöhen erbaut und mit Mauern umgeben,
zum Westtor führt eine Steintreppe vom Ufer. In der Hafenvorstadt
südl. von Yotschau eine schlanke Pagode. Die Fremdenniederlassung,
mit Seezollamt, P u. T, liegt malerisch auf einer roten
Sandsteinanhöhe nördl. vom Dorfe Tschenglin (Chengling Settlement),
etwa 7 km unterhalb Yotschau. Der Ort ist sehr schön, gesund
und der kühlste am mittlern Yangtse. Alle Dampfer zwischen
Hankau und Itschang laufen Tschenglin an, ebenso die Dampfer,
die im Sommer nach Tschangscha laufen. Die Eisenbahn (im Bau)
Hankau-Kanton wird Yotschau berühren.
Der Tungtingsee ist etwa 110 km
lang und 55 km breit; er nimmt die
großen r. Nebenflüsse Hsiang und Yüen
auf, die im Sommer für kleine Dampfer
schiffbar sind. Der See ist das
obere Staubecken des Yangtse, bei
den Sommerüberschwemmungen stehen
viele Ortschaften unter Wasser,
im Winter verliert er völlig das Aussehen
eines Sees und wird zu einer
welligen Schlickebene, die von einem
Netz schmaler Wasserläufe durchsetzt
ist. Nur der Hsiang hat ein tiefes
Flußbett durch den See gegraben. Der
Hsiangkiang mündet in der Südostecke
des Tungtingsees; an ihm liegt etwa
210 km oberhalb Tschenglin die wichtige
Handelsstadt
Tschangscha, Hauptstadt der Provinz
Hunan mit etwa 300000 Einw.;
ihre Mauern haben 9 km Umfang und
sieben Tore, die mit Ausnahme des
Westtors bei Dunkelwerden geschlossen
werden. Die Straßen sind breit
und zeigen schöne Geschäfte, viele
Tempel und Gildehallen. Vor der
Ostmauer steht eine große Militärschule.
Tschangscha ist seit 1904 Vertragshafen,
Fremdenviertel soll außerhalb
der Nordmauer angelegt werden.
Britisches Konsulat; chinesische Gasthöfe;
Missionen; gute Polizei; P u. T.
Industrie: Streichholzfabriken, Bambus-,
Lack-und Neusilberwaren; zwei
Antimonraffinerien, Kupfer-und Silbermünze.
Ausfuhr: Tee, Reis, Bauholz,
Kohlen, Baumwolle. Dampfer:
englische, chinesische und japanische
regelmäßig nach Hankau und Hsiangtan.
Die im Bau begriffene Bahnlinie
Kanton-Hankau berührt Tschangscha;
die erste Teilstrecke Tsaoschan-Tschütschou
(Chuchow) ist seit Ende 1910
im Betrieb, die Strecke Tschangscha-Tschütschou
(70 km) sollte 1911 fertig
werden.
Oberhalb Yotschau (s. oben) laufen die Yangtsedampfer den Vertragshafen
(450 km) Schasi, mit 96000 Einw., P u. T, Mittelpunkt
der Webebezirke, am l. Ufer an; er ist Hafenplatz für die 10 km nw.
gelegene große Stadt Kintschau, mit über 100000 Einw. Etwa 6 km
oberhalb Schasi mündet, von S. kommend, der Taipingkanal in
[S. 262]
den Yangtse. Weiter oberhalb passiert man die große Stadt (525 km)
Tschikiang mit rotem Sandsteinufer in gebirgiger Gegend; 17 km
oberhalb liegt ebenfalls am r. Ufer die Stadt Ituhien an der Mündung
des Tsinkiang in den Yangtse. Nun zeigen die Yangtseufer
schroffe Sandsteinhänge. Ein Kloster auf 376 m hohem Berg am
l. Ufer und eine siebenstöckige Pagode künden die Annäherung an
(575 km) Itschang, Stadt mit 70000 Einw. (80 Europäer), Vertragshafen
seit 1876, am l. Ufer, mit Mauern eingefaßt. Viele europäische
Firmen haben hier chinesische Agenten. Deutsches Konsulat,
deutsches Postamt wird von Hankau verwaltet. Bahn von Itschang
nach Wanhsien im Bau, soll bis Tschungking geführt werden.—
Man besteige den Itschang gegenüberliegenden Berg, von den Fremden
»die Pyramide« genannt; schöne Aussicht über die Umgebung.—
Tagesausflng (event. im Tragstuhl) nach dem (3 St.) Höhlentempel
Lungwang-tung (»Grotte des Drachenkönigs«) mit unterirdischem See.
Von Itschang nach Tschungking
(740 km) bietet die Fahrt auf dem
Yangtse (Eisenbahn, s. oben) wegen
gefährlicher Stromschnellen oft große
Schwierigkeiten. Nachdem frühere
Versuche, eine Dampferverbindung
herzustellen, fehlgeschlagen waren, hat
von März bis Dezember 1910 der Flußlotse,
der englische Kapitän Plant, mit dem
chinesischen Dampfer Shutung (mit
Prahm im Schlepp) einen etwa 14tägigen
Verkehr aufrechterhalten (Fahrpreise
für Bergfahrt, 6-9 Tage, I. Kl.
$ 50, Talfahrt [2-4 Tage] I. Kl. $ 25).
Vorausbestellung der Fahrkarten in
Itschang ist zu empfehlen. Sehr lebhaft
ist dagegen, weil der Yangtse die
einzige Verkehrsader zwischen den
östlichen Provinzen und der reichen
Provinz Szetschuan (50 Mill. Einw.)
bildet, der Dschunkenverkehr, der die
gesamte Güterbeförderung und den
größten Teil der Personenbeförderung
zwischen Itschang und Tschungking
besorgt; letztere erfolgt auf »Passagierbooten«,
die die Strecke in der
günstigsten Reisezeit (von Oktober bis
Mai bei niedrigem Wasser) in 25-32
Tagen zurücklegen; Boote mittlerer
Größe enthalten 3 Zimmer, Küche und
Gepäckraum; der Fahrpreis beträgt
150-200 Taël. Konserven und Getränke
sind aus Hankau mitzubringen,
Fleisch und Gemüse ist unterwegs erhältlich.
In Itschang empfiehlt sich
die Mitnahme eines Rotbootes, d. h.
Rettungsbootes (durch Vermittelung
des Konsulats von der Ortsbehörde zu
erlangen). Die Fahrt durch das tiefeingeschnittene
Erosionstal ist landschaftlich
äußerst lohnend; eine der
von NO. nach SW. streichenden Bergketten
nach der andern wird durchbrochen,
ihre hohen Steilabstürze
wechseln mit den flachen Einmündungen,
der dazwischen liegenden Täler,
Talengen mit Talweiten. Friedr.
Hirth (seinerzeit Seezolldirektor in
Tschungking) berichtet von seiner
Reise wie folgt: »Die Reise ist im
ganzen kaum gefährlicher als eine
Seereise, trotz der reißenden Stromschnellen,
deren man täglich mehreren
begegnet. Die Landschaft ist während
eines großen Teils der Reise großartig
und stets interessant. Man denke sich
die Sächsische Schweiz mehrfach übereinander
getürmt und die Elbe um das
Drei-bis Vierfache verbreitert, um sich
ein Bild von den berühmten 'Gorges'
von Itschang zu machen, so heißen
bei den Engländern jene Engpässe,
durch die sich der große Strom bis zu
einigen Tagereisen oberhalb Itschang
hindurchzwängt. Zwischen Itschang
und Kweitschoufu überschreitet man
die Grenze von Szetschuan. Die Mitte
der Reise bildet die Stadt Wanhsien,
ein wichtiger Knotenpunkt für den
Handel in Ost-Szetschuan«, mit schönen
Straßen, Läden, Tempeln und
Pagoden, auf einem Hügel; Bahn nach
Itschang im Bau, nach Tschungking
und weiter nach Tschöngtu geplant;
etwa 1000 Handwebstühle sind in der
Stadt in Betrieb; in den nahen Bergen
Kohlengruben. Ein Telegraph führt
von Itschang über Wanhsien nach
Tschungking und Tschöngtu und von
dort über Ja-tschou nach Tachienlu
(tibetanisches Grenzgebiet); von
Tschungking nach Suifu.
[S. 263]
(740 km) Tschungking (Unterkunft
nur in chinesischen Gasthäusern), Stadt
mit 610000 Einw., seit 1890 Vertragshafen,
die Handelsmetropole der Provinz
Szetschuan, liegt am l. Yangtseufer
(über 2500 km oberhalb Schanghai)
an der Einmündung des Kialingkiang
halbinselförmig auf einer 30 m hohen
Felsplatte. Die Umgebung ist sehr
malerisch, im S. am r. Ufer liegt der
heilige Berg Tuschan, wo der mythische
Kaiser Yü seine Gattin heiratete.
—Konsulate: Deutsches Reich,
Konsul Weiß; ferner Großbritannien,
Frankreich, Japan und Amerika.—
Post: Kaiserl. Chinesische Post und
ein Französisches Postamt.—Krankenhäuser:
Deutsche Poliklinik (unter
Leitung eines Stabsarztes); englisches,
französisches und amerikanisches
Missionshospital (letzteres mit
Frauenabteilung).—Fremde Firmen:
Arnhold, Karberg & Co. und
Carlowitz & Co., beide deutsch; englische:
Mackenzie & Co. und British-American
Tobacco Co.—Ladengeschäfte:
ein französisches, das Konserven
und Spirituosen vertreibt, ein
amerikanisches, Apotheke und Gebrauchsgegenstände.
—Klub: Seezoll-Klub
mit Billardzimmer. P u. T.—
Tschungking ist der Hauptflußhafen
und-handelsplatz für das »Rote Becken«
von Szetschuan, ein von schiffbaren
Flüssen durchzogenes, dicht besiedeltes
(40 Mill. Einw., 250 auf 1 qkm)
Hügelland von 800-1000 m Durchschnittshöhe,
das sehr fruchtbar ist
und günstiges Klima hat. Seine Hauptprodukte,
die von Tschungking zur
Ausfuhr kommen, sind: Seide, Häute,
Moschus, Rhabarber, Opium, Wolle,
Borsten, Gallnüsse, Ziegenfelle; Einfuhr:
Baumwollengarn, Wollenstoffe.
Etwa 1600 Dschunken verkehren jährlich
in Tschungking.
Der Yangtse wird oberhalb Tschungking
bis Pingshanhien (westl. von Suifu)
befahren; er ist noch weiter schiffbar,
aber unsicher wegen der Überfälle
durch unabhängige Lolostämme. (Vgl.
H. Hackmann, An den Grenzen von
China und Tibet; Halle a. S. 1904.)—
Lohnend ist ein Ausflug von Tschungking
nach der Provinzhauptstadt
Tschöngtu, die auf einer der besterhaltenen
Straßen Chinas in 10-12
Tagen zu erreichen ist, am besten im
Tragstuhl (Tragkulis erhalten für die
ganze Reise 4000 Käsch oder etwa $ 4).
Die Gasthöfe sind verhältnismäßig sauber
und billig, Kosten des Nachtlagers
300-1000 Käsch; Moskitonetz und
Insektenpulver sind unentbehrlich.
Tschöngtu, Sitz des Generalgouverneurs
und der obersten Provinzialbehörden,
mit etwa 600000 Einw., liegt
nicht weit vom Fuße des das Rote
Becken im N. begrenzenden Hochgebirges
in einer sehr fruchtbaren Ebene,
die etwa halb so groß ist wie die
Oberrheinische Tiefebene. Es ist das
»Paris Chinas« und gilt als die gebildetste,
reinlichste und schönste
Stadt des ganzen Reiches. Die Stadt
zerfällt in die chinesische, die Tataren-und
die (ehemalige) Kaiserstadt. In
letzterer sind die Räume des Arbeitsamtes
(einer Art Industrieschule). In
der Tatarenstadt mandschurische Bevölkerung
mit kleiner Mandschurengarnison.
Die Zahl der Ausländer ist
gering, da Tschöngtu nicht Vertragshafen.
Außer drei Konsuln (deutschem,
englischem und französischem) und
einigen Ausländern (meist Japanern)
in chinesischen Diensten wohnen dort
nur Missionare. Mit den Missionen
sind Hospitäler verbunden. (Vgl. A.
Genschow, Unter Chinesen und Tibetanern,
Rostock 1905.)
Etwa 60 km nw. von Tschöngtu,
am Rande der Ebene, wo der Min aus
dem Gebirge tritt, liegt Kuanhsien,
berühmt durch das mehr als 2000 Jahre
alte Bewässerungssystem, dem die
Tschöngtuebene ihre Fruchtbarkeit
verdankt. Von dort aus werden die
unzähligen künstlichen Kanäle, die die
ganze Ebene durchziehen, mit Wasser
versorgt. Die Öffnung der Dämme bei
Kuanhsien erfolgt im Frühjahr unter
großem Zeremoniell. Dem Begründer
dieser Bewässerungsanlage ist dort
einer der prächtigsten Tempel Chinas
errichtet worden.
Ausflug (etwa 5 Tage) nach dem heiligen
Berge Omi (3380 m), einem der
interessantesten und schönsten Punkte
Westchinas.
[S. 264]
Nordchina.
Nordchina unterscheidet sich in
seinem ganzen Landschaftscharakter
von Südchina sehr stark. Schon die
Oberflächengestaltung ist ganz anders;
denn während Südchina größtenteils
aus Gebirgsland besteht, bildet den
wichtigsten Teil Nord Chinas ein Flachland:
die 300000 qkm einnehmende
(Preußen 350000 qkm) Große Ebene,
die das weit ins Nordchinesische Meer
vorspringende, Bayern an Größe gleichende
Gebirgsland von Schantung umschließt.
Erst westl. der Großen Ebene
beginnt zusammenhängendes Gebirgsland.
Mehr noch unterscheidet sich
aber der Norden des »Reiches der
Mitte« vom Süden durch seine Kahlheit.
Außer Nutzbäumen (Obst-und
Maulbeerpflanzungen) und Gräberhainen
gibt es keine holzigen Gewächse
mehr, alles ist ausgerodet. Nackt
steigen die Granitberge von Schantung
empor, waldlos das Gebirge im
N. von Peking; kahl, einförmig, im
Winter geradezu trostlos ist auch die
Große Ebene. Sogar die Graswurzeln
rauft der Chinese mit eigens dazu
hergestellten Gerätschaften aus, denn
die Bevölkerung ist dicht, der Winter
kalt, die Kohle teuer und das Brennmaterial
rar. Eine dritte Haupteigenschaft
Nordchinas, sein Reichtum an
Löß, jener lehmartigen, aber ungeschichteten
und kalkreichen, äußerst
fruchtbaren Bodenart, die in trockenem
Klima durch Verwitterung entsteht
und vom Wind fortgetragen und
in Tälern und an Berghängen abgelagert
wird, tritt dem Weltreisenden
nur in der gelben Farbe des Gelben
Meeres, des Hoangho, d. h. des Gelben
Flusses, und des Peiho, entgegen. Der
Hoangho durchfließt vor seinem Eintritt
in die Große Ebene diejenigen
Gebirgsländer, die hauptsächlich von
einer dicken Lößdecke verhüllt sind;
er bringt daher so viel gelösten Löß
in die Ebene mit hinaus, daß er nicht
nur gelb aussieht und auch das Meer,
in das er mündet, weithin gelb färbt,
sondern daß er sein Bett immer wieder
über seine Umgebung erhöht und,
trotzdem er von den Chinesen in
Dämme eingeschlossen wird, ständig
die Neigung hat, seitwärts auszubrechen.
Diese Neigung wird noch erhöht
durch die starke Anschwellung,
der er, wie der Yangtsekiang, allsommerlich
unterliegt. So kann es nicht
wundernehmen, daß der Hoangho in
den letzten 21/2 Jahrtausenden neunmal
seinen Unterlauf gewechselt hat;
sein jetziges Bett, das am Gebirgslande
von Schantung nördl. vorbeiführt,
hat er erst seit 1852 inne; von
1280-1852 floß er südostwärts und
mündete halbwegs zwischen Schanghai
und Kiautschou. Solche Laufwechsel
des Stromes und auch schon
Dammbrüche bilden für die dicht
bevölkerte Ebene natürlich immer
furchtbare Ereignisse; bei dem letzten
Ausbruch im Jahre 1887 wurden 22000
qkm (etwa = Westfalen oder Schlesien)
überschwemmt, und 1,5 Mill.
Menschen kamen ums Leben. So wertvoll
also der Yangtse für China ist,
so unnütz, ja verderblich ist ihm der
Hoangho, um so mehr, als er wegen
zu großen Gefälles auch im Unterlauf
kaum schiffbar ist.
Das Klima Nordchinas ist wie das
des übrigen Ostasien ein reines Monsunklima;
im Sommer herrscht feuchtwarmer
Seewind, im Winter kalter
und trockner Landwind. Die Regenzeit
fällt daher in den Sommer; der
Winter ist, je weiter nach Norden,
um so trockner. Die Temperatur
bleibt im Sommer durch ganz Nordchina
trotz seiner Erstreckung durch
neun Breitengrade gleich hoch, nur
an den Küsten wird sie durch die
Seenähe etwas gemildert (Julitemperatur
in Schanghai 26,9°, in Peking
26,6°, in Tsingtau aber nur 23,4°). Dagegen
nimmt sie im Winter nordwärts
stark ab (Januartemperatur in Schanghai
3,1°, in Peking-4,7°, in Tsingtau
aber nur-0,4°, wieder wegen der
Seenähe). Man sieht schon aus diesen
wenigen Zahlen, daß das Klima
nordwärts immer extremer, der Unterschied
zwischen Sommer und Winter
immer schroffer wird; unsre Kolonie
Kiautschou ist klimatisch noch recht
begünstigt.
[S. 265]
Bodenwirtschaft. Die Große Ebene
sowohl wie das gebirgige Schantung
sind dicht besiedelt, denn die Ebene
ist, von einigen sandigen Strichen abgesehen,
fruchtbar, und die feuchtheißen
Sommer gestatten meist noch
den Anbau empfindlicher Pflanzen,
wie des Reises und der Baumwolle;
außerdem werden eine Menge andrer
Nahrungspflanzen (namentlich auch
Bohnen), Ölpflanzen (Erdnuß) und
Obstarten gezogen; der Teestrauch
kommt nur im SW. der Großen Ebene
noch fort, die Seidenraupenzucht ist
weit verbreitet, doch wird der gewöhnliche,
auf dem Maulbeerbaum lebende
Seidenspinner im Gebirgslande Schantungs
durch zwei andre Arten vertreten,
deren Raupen auf Eichen leben und
die sogen. Schantungseide liefern. Die
Berghänge Schantungs werden, soweit
sie nicht nackter Felsboden sind, mit
Terrassenkultur bewirtschaftet. Die
einzelnen Familien besitzen, wie in
Südchina, meist nur sehr kleine Grundstücke,
die entsprechend intensiv ausgenutzt
werden.
An guten Häfen sind auch die
Küsten Nordchinas, die teils sandig
und flach, teils felsig und steil sind,
nicht reich, und von diesen ist wieder
die Mehrzahl während einiger Wintermonate
durch Eis gesperrt; »eisfrei« sind nur unsre Kiautschoubucht und
das erst neuerdings benutzte Tschinwangtao
am Nordostzipfel des Gelben
Meeres, dem Golfe von Liautung. Der
Hauptweg für den Warenverkehr
zwischen Süd-und Nordchina war in
frühern Zeiten der Kaiserkanal, der
vom Kaiser Kublai Chan (1280-95),
dem Gründer Pekings, angelegt wurde,
von Hangtschou südwestl. von Schanghai
bis Tientsin reicht, aber im Winter
gleichfalls großenteils zufriert und
stark verfallen ist. Der Landverkehr
erfolgt auf schlechten Straßen mit
Lasttieren (Kamelen, Maultieren, Ponys),
auf zweiräderigen, ungefederten,
stark gebauten Karren, und für Waren
auch auf Schubkarren, die zum
Teil mit Segeln versehen sind. Der
Weltreisende wird von diesen unbequemen
Transportmitteln aber kaum
Gebrauch machen müssen, da das
Eisenbahnnetz Nordchinas die wichtigsten
Städte bereits sämtlich miteinander
verbindet. Folgende Hauptlinien
bestehen: von der Küste des
Gelben Meeres (Tongku, nahe der
Peihomündung) über Tientsin nach
Peking; von Tongku nordostwärts über
Schanhaikwan nach Mukden und den
Häfen der Halbinsel Liautung; von
Peking über das Nankaugebirge und
Kalgan nach Suijuenwan in der Mongolei;
von Peking entlang dem Westrande
der Großen Ebene und zuletzt
über das Waigebirge nach Hankau
am Yangtse (S. 259); von Tientsin
durch den Ostteil der Großen Ebene
und den Westteil des Gebirgslandes
von Schantung nach Pukou gegenüber
Nanking (diese Strecke ist erst
teilweise dem Verkehr übergeben, soll
aber im Herbst 1912 fertig sein); endlich
von Tsingtau nach Tsinanfu, der
Hauptstadt Schantungs, die an der
vorgenannten Strecke liegt.
13. Von Schanghai nach Tsingtau, Tientsin und Peking.
Vgl. die Karten S. 215 und 275.
Reichspostdampfer der Hamburg-Amerika
Linie »Admiral v. Tirpitz« und »Staatssekretär Kraetke« jeden
So. ab Schanghai über (390 Seem.)
Tsingtau und (550 Seem.) Dairen nach
(690 Seem.) Tientsin, Fahrzeit 4 Tage;
Rückfahrt von Tientsin jeden Sa. oder
So.—Ferner Dampfer »Gouverneur
Jaeschke« und »Sikiang« jeden Mi.
von Schanghai über Tsingtau und
(500 Seem.) Tschifu nach Tientsin,
Fahrzeit 5 Tage; Rückfahrt von Tientsin
jeden Mi. oder Do. Im Winter
(Dezember-März) ist der Hafen von
Tientsin durch Eis geschlossen, dann
laufen die Dampfer nach Dairen oder
Tschinwangtao (von da mit Bahn nach
Tientsin). Fahrpreise: von Schanghai
nach Tsingtau I. Kl. $ 33, II. 20, hin
und zurück $ 50 und 30; nach Tschifu
I. 35, II. 20, hin und zurück 55 und
33; nach Dairen I. 45, II. 27,50, hin
und zurück 67,50 und 41,25; nach
Tientsin I. Kl. $ 60, II. 33, hin und
zurück $ 90 und 50. (Der Wert des
mexikanischen Dollars schwankt nach
dem Silberkurs, z. B. Anfang 1903 =
1,66 M., Anfang 1907 = 2,40 M., zurzeit
2,35 M.).
[S. 266]
Eisenbahn von Tsingtau nach Peking
s. S. 271; der Landweg ist besonders
im Winter zu empfehlen, wenn
die Schiffahrt nach Tientsin durch
Eis gesperrt ist.
Fahrt von Schanghai nach Wusung S. 246; die Yangtsemündung
wird durch das nördl. Fahrwasser verlassen, das nahe an der 60 m
hohen Insel Schaweischan (mit Leuchtturm) vorbeiführt. Die niedrige
Küste kommt bald aus Sicht, das Wasser bleibt aber gelb gefärbt,
solange der Kurs die seichten Bänke nördl. vom Yangtse kreuzt.
Nach etwa 30 St. taucht das Lauschangebirge (S. 270) auf, dessen
Ost-und Südseite fast unmittelbar aus dem Meere bis 700 m ansteigt;
die Hauptkette hat über 1000 m Höhe, der höchste Punkt,
der Lauting, 1130 m. Die Küste in der Umgebung der Kiautschoubucht
ist kahl, ebenso sehen die vorgelagerten Inseln Tschalientau
(Leuchtturm mit starkem Blitzfeuer) und Taikungtau aus. Später
erkennt man die Einfahrt in die Kiautschoubucht zwischen dem Kap
Jaeschke an der Südseite, hinter dem sich ein 166 m hoher Hügel
erhebt, und der niedrigen Halbinsel Yunuisan an der Nordseite
unmittelbar vor der felsigen Halbinsel, auf der die Stadt Tsingtau
(S. 267) liegt, deren stattliche europäische Häuser aus großer Entfernung
zu erkennen sind.
Kiautschou. Das am 14. November
1897 besetzte, der Verwaltung des
Reichsmarineamts (Gouverneur: Kapitän
z. S. Meyer-Waldeck) unterstellte
deutsche Schutzgebiet umfaßt die große
Kiautschoubucht bis zur Hochwassergrenze,
die darin liegenden Inseln
Yintau und Huangtau und die den
Eingang zur Bucht bildenden Halbinseln
sowie einige kleinere Inselchen;
das ganze landfeste Gebiet ist nur
etwa 550 qkm groß (Staat Hamburg
415 qkm). Eine 50 km breite »neutrale
Zone« umgibt es. Der wichtigste
Teil des Schutzgebietes ist die nördl.
Halbinsel, nahe deren Spitze die Stadt
Tsingtau angelegt worden ist. Die
Kiautschoubucht selbst ist zwar groß u.
vor Stürmen ziemlich geschützt, aber
kein guter Naturhafen, da sie großenteils
ganz flach ist; nur der Eingang
und die diesem naheliegenden Teile
sind tiefer, der Handelshafen ist auf
der Innenseite der Tsingtau-Halbinsel
durch Errichtung eines großen halbkreisförmigen
Steindammes und Molen
künstlich geschaffen. Tsingtau ist in
erster Linie der politische Stützpunkt
Deutschlands in Ostasien; doch hat
es auch alle Aussicht, ein wichtiger
Handelshafen zu werden, obgleich ihm
die Wasserwege nach dem Binnenlande,
die Hongkong bez. Kanton und
Schanghai groß gemacht haben, fehlen;
dieser Mangel wird aber zum Teil
durch die Schantungeisenbahn ersetzt,
die für den Zugang zum nördl. Teil
der Großen Ebene eine breite, hinter
der Kiautschoubucht sich öffnende
Senke im Gebirgslande von Schantung
benutzen konnte, und durch die Eisfreiheit
des Hafens ausgeglichen. Das
schon obenerwähnte, für nordchinesische
Verhältnisse angenehme Sommerklima
hat Tsingtau rasch zu einem
beliebten Seebad für die Europäer
ganz Chinas werden lassen.
In den wenigen Jahren, die seit
der deutschen Besitzergreifung verflossen
sind, ist unter den Gouverneuren
Rosendahl, Jaeschke und Truppel
an Stelle des armseligen, verseuchten
Fischerdörfchens Tsingtau eine
gesunde, mit allen modernen Einrichtungen
versehene Europäerstadt
mit zahlreichen öffentlichen Gebäuden
und neben ihr, in der Nähe des
Hafens, das Chinesenviertel Tapautau
emporgewachsen. Die kahlen Berghöhen
der Umgebung beginnen unter
der Pflege der deutschen Forstverwaltung
sich zu begrünen, und ein
reger »Bergverein« sorgt für die touristische
Erschließung des Lauschan
mit dem Mecklenburghaus (S. 270).—
Vgl. Gg. Wegener, Das Kiautschougebiet
(in Hans Meyer, Das Deutsche Kolonialreich,
Band II).
[S. 267]
Tsingtau.
Vgl. beifolgende Karte mit Plan.
Ankunft zur See. Der Dampfer steuert
durch die 3 km breite Einfahrt zwischen
Kap Jaeschke (l.) und Yunuisan-Leuchtturm
(r.) in die Kiautschoubucht
hinein, dann um die Tonne des Hufeisenriffs
(r.) herum durch die Baggerrinne
in den großen, neu angelegten
Handelshafen, an dessen Kai festgemacht
wird. Das Hafengebiet ist
Freihafen; Tsingtau selbst gehört seit
1906 zum chinesischen Zollgebiet, doch
ist Privatgepäck von Reisenden zollfrei.
Zollabfertigung durch das chinesische
Seezollamt an der Grenze des
Freihafengebiets (C 2).
Gasthöfe: Prinz Heinrich (Pl. B5),
Kaiser-Wilhelm-Ufer; 90 Z., F. $ 1,
Ged. 1,50, Pens. $ 5-10, monatl. von
$ 100 an.—Strandhôtel (D3), an der
Auguste-Viktoria-Bucht (Kurhaus, geöffnet
Mai-Oktober); 30 Z., F. $ 1, Ged.
1,50, Pens. $ 8-12, Monatspreise billiger.
—Central (Pl. B5), 30 Z., Pens.
$ 5-6.—Metropole, Friedrichstr. 260;
15 Z., Pens. $ 3-4.—Familienpension
Luther, Hohenloheweg, Pens. $ 6.
Küche gerühmt.—Pension Frau Mohrstedt;
Pension Frau Röper, beide billiger
und Irenestraße.
Restaurants: Hotel Kiautschou,
Ecke Friedrich-und Prinz-Heinrich-Straße.
—F. Vogt, Friedrichstr.—Zum
Pschorrbräu (Dachsel), echte Biere,
Küche gut, Tirpitzstr.—Haase, Friedrichstr.
—Zur Börse, Schantungstr.—
Lehmann, Schantungstr.—Bahnrestaurant,
Hohenzollernstr.—Café: Keining,
Friedrichstr., auch Konditorei.
Post, Tel. und Telephon (Pl. B5),
Albertstraße. Telegraphenkabel nach
Schanghai und Tschifu.
Wagen liefern J. Richardt und A.
W. Heinzel, Speditionsgeschäfte.—
Reitpferde (chines. Ponys) ebenda.—
Rikschas I. und II. Kl. sind reichlich
vorhanden. Automobile sind zu mieten.
Eisenbahn (Bahnhof A5) von Tsingtau
über Kiautschou und Weihsien in
111/2 St. nach (412 km) Tsinanfu (S. 272);
Zweigbahn nach Poschan. (Direktion
der Schantung-Eisenbahn in Berlin,
Behrenstr. 14.) Die Strecke Tsinanfu-Tientsin
(335 km) der Tientsin-Pukou-Eisenbahn
ist bis auf die Hoanghobrücke
fertig (vgl. S. 275 und Reichskursbuch
Nr. 706).
Dampfer (S. 265): jeden Di. u. Sa.
nach Schanghai, jeden Di. u. Fr. nach
Dairen und Tientsin. Einmal monatl.
direkter Reichspost-(Lloyd-)Dampfer
nach und von Deutschland. Außerdem
Fahrgelegenheiten mit englischen,
chinesischen und japanischen
Passagierdampfern (Fahrpläne in den
Tageszeitungen).—Hamburg-Amerika
Linie, Agentur Friedrichstr.—Norddeutscher
Lloyd, Agent Melchers & Co.,
Kaiserstraße (Tel.-Adr.: »Nordlloyd,
Tsingtau«).
Münzwesen und Geldverhältnisse
chinesisch, vgl. S. 219; deutsche Nickelmünzen
zu 5 u. 10 Cents; chinesische
5-, 10-u. 20-Centsstücke werden nur mit
10-20 Proz. Verlust genommen. Silbergeld:
Mexikanische Dollars; Banknoten
der Deutsch-Asiatischen Bank
zu $ 50, 20, 10, 5, 1.—Banken: Deutsch-Asiatische
Bank (Pl. B5), Kaiser-Wilhelm-Ufer
(Zentrale in Berlin,
Behrenstr. 14); Korr. der Berliner Disconto-Gesellschaft,
der Deutschen
Bank und der Allgemeinen Deutschen
Creditanstalt in Leipzig.—Hongkong
& Shanghai Banking Corporation,
Agentur: Arnhold, Karberg & Co.
Theater: ein chinesisches.
Klub: Tsingtau-Club (Einführung
durch Mitglied erforderlich), am Kaiser-Wilhelm-Ufer.
Fremdenführer: »Führer für Tsingtau
und Umgebung« von Dr. Fr. Behme
und Dr. M. Krieger (4. Aufl., Wolfenbüttel
1911); in den Buchhandlungen
in Tsingtau und auf den deutschen
Dampfern zu haben (auch eine englische
Ausgabe).
Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs
(Vorsitzender H. v. Kropff)
erteilt Auskünfte und gibt den Führer
des Verkehrsausschusses (Preis 30 Cents)
heraus.—Bäder: Seebad mit Strandhotel
(s. oben).—Ärzte: Mehrere Marineärzte;
Zivilarzt Dr. Wunsch, Prinz-Heinrich-Straße;
Zahnarzt Buchinger,
Friedrichstraße.—Rote Kreuz-Apotheke,
Prinz-Heinrich-Straße (Pl. B5).
—Krankenhäuser: Vorzügliches Marinelazarett
mit Frauenpavillon; Faber-Krankenhaus,
für Europäer (Pl. B4);
Faber-Hospital (C2), für Chinesen.
[S. 268]
Buchhandlungen: Paul Lindner;
—E. Rose, beide Friedrichstraße.—
Deutsch-chinesische Druckerei und
Verlagsanstalt Walther Schmidt, auch
Buchhandlung, Friedrichstr. 410, gibt
heraus die Tageszeitung: »Tsingtauer
Neueste Nachrichten« nebst Wochenausgabe
»Kiautschou-Post« (Redakteur
H. v. Kropff).—Photograph: F.
Takahashi, Friedrichstr.—Photographische
Gebrauchsgegenstände liefert die
Rote Kreuz-Apotheke, Prinz-Heinrich-Straße.
—Das Photographieren von
Festungswerken ist wie in Deutschland
verboten.
Geschäftsadressen. Optiker und
Uhrmacher: Fischer, Ecke Prinz-Heinrich-
und Albertstr.; Kleiderhändler:
Paul Heinrich, Friedrichstr.; Warenhäuser:
Sietas Plambeck & Co.; Schwartzkopf
& Co., Hohenzollernstr.; Baumann;
Grill, beide Friedrichstr.; Konserven
und Materialwaren: Boedicker
& Co.; O. Linke, Prinz-Heinrich-Straße;
China-und Japanwaren in Lack, Seide
und Porzellan: Singtai & Co., Friedrichstr.;
Cheap Jack & Söhne, chinesisches
Seidenhaus, Kiautschoustraße.
Konsulate: Vereinigte Staaten von
Amerika, Diederichsweg, Konsul Mac
Nelly; England, bei Firma Cornabé,
Eckford & Co., Ecke Schansi-und
Tsinanstr.; Rußland, Vizekonsul Kropatschek,
Bismarckstraße.
Tsingtau (»grüne Insel«), die Hauptstadt des deutschen Kiautschougebiets,
hat (1910) 38OOO Einw., darunter 1600 Europäer (ohne
2500 Mann Militär), im Landgebiet wohnen 127000 Chinesen; die Stadt
liegt auf 36° 4' nördl. Br. (wie Gibraltar) zwischen Hügeln auf der Halbinsel
an der Ostseite der Kiautschoubucht. Sämtliche Hafenanlagen,
städtischen Anlagen, Wege und Bahn sind deutsche Arbeit, mit deutschem
Gelde geschaffen. Der Handelshafen (BC1; Großer Hafen
genannt, im Gegensatz zum Kleinen Hafen [B2], der dem Dschunken und
Bootsverkehr dient) mit großem Schwimmdock nimmt Schiffe
jeder Größe auf, seine Kaianlagen sind mit Bahngleisen, Warenschuppen
und mit einer größern Reparaturwerft versehen. Die Stadt
ist weitläufig und gesund angelegt; an der Tsingtaubucht liegen das
deutsche Geschäftsviertel (BC2, 3) mit dem alten Yamen, Lazarett und
Kasernen (C3). Nördl. davon erstreckt sich bis zum Kleinen Hafen
das Chinesenviertel Tapautau (C2, 3) mit Markthalle und Missionsanstalten.
Zwischen Tapautau und dem Handelshafen sind die Lagerhäuser
und Bureaus der großen Exportfirmen. Östl. vom Yamen
liegt das Villenviertel an der Auguste-Viktoria-Bucht (D3). In der
Tsingtaubucht (BC3) sind mehrere Landungsbrücken für Boote.
Die Gesundheitsverhältnisse von Tsingtau sind dank der guten
hygienischen Einrichtungen die besten an der ganzen ostasiatischen
Küste geworden, daher und wegen des angenehmen Sommerklimas
wird die Stadt von europäischen Badegästen aus allen Häfen Ostasiens
als Seebad besucht. Die Gouvernementschule (C5) ist ein
Reformrealgymnasium (1910 mit 170 Schülern und 10 Lehrern) in
9 Klassen (Vorschule, Sexta bis Sekunda); Alumnat für Auswärtige
bei einem Oberlehrer sowie in einzelnen Familien. Die deutsche
Mädchenschule wird von Franziskanerinnen geleitet. Die Kiautschoubibliothek
umfaßt bereits etwa 30000 Bände, im Lesezimmer liegen
70 deutsche und englische Zeitungen und Zeitschriften aus. Die
meteorologische Station (Direktor Dr. Meyermann; ein großes Observatorium,
Geschenk des Flottenvereins, ist Anfang 1912 in Benutzung
genommen) auf dem Wasserberg (BC4) gibt tägliche Wetterkarten
heraus. Mehrere Krankenhäuser sind von den Missionen eingerichtet.
[S. 269]
Rundgang. Vom Kaiser-Wilhelm-Ufer führt in der Richtung
der Tsingtau-Landungsbrücke (C3), in deren Nähe das Haus des
Tsingtau-Clubs steht, die Friedrichstraße nach N.; an ihr liegt r. das
1902 eröffnete Seemannshaus (B4), zur Erholung für die Mannschaften
des Kreuzergeschwaders und der Garnison bestimmt. Westl. von der
Tsingtau-Landungsbrücke liegt die am 25. Okt. 1909 eröffnete *Deutsch-Chinesische
Hochschule (B3), die nach Anmeldung beim Leiter,
Prof. Keiper, dem frühern Dozenten an der Universität in Peking,
besichtigt werden kann. Die Hochschule bezweckt, jungen Chinesen
mit genügenden Vorkenntnissen ihrer Mutterschrift etc., was ein
chinesischer Studieninspektor beaufsichtigt, staatswissenschaftliche,
technische, medizinische oder land-und forstwissenschaftliche Ausbildung
nach deutscher Lehrmethode und in deutscher Sprache zu
geben. (Von 200 Angemeldeten bestanden 93 die Aufnahmeprüfung;
17 wurden dazu noch bedingt eingestellt, insgesamt 110; die Neubauten
der Hochschule rechnen auf 520 Zöglinge.) Am Nordende
der Friedrichstraße liegt r. die Markthalle (B4); hinter ihr beginnt
das Chinesenviertel Tapautau (B4), durch das die Schantungstraße
zum Kleinen Hafen (B2) führt, von dem man auf
der Rechternstraße längs des Strandes zum großen Handelshafen
(BC1) gelangt. Vom Bauhafen (C2) vor dem Handelshafen gelangt
man auf der Westpaßstraße vorbei am Faberhospital (C2) und
der evangelischen Missionsanstalt bis in die Nähe des Gouvernementslazaretts
(C2), doch benutze man den Fußweg, der vorher l. nördl.
von Villa Crusen auf den Diederichsberg (99 m) hinaufführt; oben
bei der Signalstation (C4) *Aussicht über Stadt und Hafen. (Die Station
zu betreten ist verboten!) Abstieg nach S. vorbei am Diederichsstein
(mit Felsinschrift zum Andenken an die Besitznahme durch den
Admiral v. Diederichs); in der Nähe das neue Gouverneurswohnhaus
(D5), 1906/07 erbaut. Der Fußweg mündet unterhalb des Lazaretts,
in der Nähe der neuen evangelischen Christuskirche (C5), in die
Bismarckstraße, von der r. am Hohenloheweg das stattliche Gouvernementsgebäude
(B5) liegt. Man folgt der Bismarckstraße, an der
l. die alte Gouvernementsschule und ehemalige Kapelle, die neue
Gouvernementsschule (s. oben) und unterhalb davon bei den »Fünfzehn
Eichen« ein der Meeresgöttin geweihter Tempel (C5) steht,
worin eine Figur dieser Göttin nebst andern Figuren und Malereien
sehenswert sind. Man biegt nun l. und folgt dem Kaiser-Wilhelm-Ufer
zum alten Yamen (C5), dem frühern Sitz des chinesischen,
dann provisorischer Amtssitz des deutschen Gouverneurs, mit bemerkenswerter
Fengschuimauer (zum Schutz gegen Wind-und
Wassergeister) vor dem Eingang; auf der Innenseite ein Bild des
Ungeheuers Tan. Von da fahre man mit Rikscha nach S. und längs
des Auguste-Viktoria-Ufers zum Badestrand (D3), wo im Sommer
wöchentl. zweimal Nachm. die Militärmusik spielt; dahinter breitet
sich das Villenviertel von Tsingtau aus. Vom Seebad führt die
Iltispaßstraße über den Exerzierplatz und l. vorbei am Europäerfriedhof
(mit Denkmal des Gouverneurs Jaeschke und des Missionars
und Sinologen E. Faber) am Fuße des Bismarckbergs (D2), dann r.
an den Iltiskasernen auf guten Wegen auf den Iltisberg (E2; 4 km von
[S. 270]
Tsingtau) mit sehenswertem *Forstgarten und mehreren Aussichtspunkten
sowie Granitfelsen (»Mausefalle« 2/3 km östl. von den Kasernen).
Beachtenswert ist die durch die deutsche Marineverwaltung
ausgeführte Aufforstung der früher kahlen Berge. Bückweg am
Bismarckberg entlang, über den Europäerfriedhof und an den (r.)
Bismarckkasernen (D2) vorbei durch die Ostlagerstraße zur Stadt
zurück. Tsingtau, ursprünglich nur als Flottenstützpunkt gedacht,
ist eine mustergültige Schöpfung der deutschen Marineverwaltung,
die von deutschen Weltreisenden als »Kleinod unseres Volksgeistes«
bezeichnet wird, das deutschen Baustil, deutsche Behaglichkeit,
Sauberkeit und Ordnungsliebe im fernen Osten rühmlichst zur Geltung
bringt. Kein Weltreisender sollte versäumen, diese zukunftsreiche
deutsche Siedelung zu besuchen!
Ein Ausflug in den Lauschan, zwei
Tage, zu Wagen (hin und zurück
$ 12) oder zu Pferde, auf guter Fahrstraße,
ist landschaftlich sehr lohnend
und gewährt gute Einblicke in den
Charakter des Berglandes von Schantung.
Der Hauptast des Lauschan (»beschwerliches
Gebirge«), der die höchsten
Gipfel (Lauting, 1130m = Brockenhöhe,
Steinerne Säge, Fünffingerspitze)
trägt, zieht nordsüdl. an der Ostgrenze
des Schutzgebietes entlang und fällt
ostwärts steil zur großen Lauschanbucht
ab. Westwärts sind ihm einige
Seitenäste mit tiefen Tälern dazwischen
vorgelagert. Trotz seiner geringen
Höhe macht das Gebirge einen sehr
unwirtlichen, beinahe alpinen Eindruck;
steil steigen die nackten felsigen
Hänge der Granitberge zu zackigen
Graten auf, ihre untern Teile sind von
mächtigen Trümmerhalden umhüllt.
Kahl und waldlos ist alles, fast jede
Vegetation ist den brennholzsuchenden
Chinesen zum Opfer gefallen, nur
ganz niedrige, struppige Kiefernholzschonungen
bestehen hier und da. Auch
in den Tälern findet man Grün nur
in der Nähe der Ortschaften und um
die Tempel und Klöster.
Nördl. über (4 km) Taitungtschen,
durch malerische Dörfer und über
Höhen nach (15 km) Litsun, großem
Marktflecken mit Bezirksamt am
gleichnamigen Fluß; von da östl. am
r. Flußufer entlang über Tschengtan
nach (21 km) Hsiaho, dann über den
Bergrücken östl. weiter nach (24 km)
Nanlungkou, von da östl. über (26 km)
Hanho ins Lauschantal nach (28 km)
Tschiuschui und dann flußaufwärts,
vorbei am Tempel (30 km) Tschiuschui-an
mit Bambushain bis zum
(33 km) Tempelpaß (447 m), wo in prächtiger
Gebirgsgegend das Deutsche Genesungsheim
(Mecklenburghaus, zugleich
Gasthof mit mäßigen Preisen)
für das Kiautschougebiet liegt; Aussicht
aufs Meer und ins Lauschantal.
Man übernachte im Genesungsheim
und gehe am nächsten Morgen 2 km
bergab ins Peischahotal nach (35 km)
Peitschiuschuimiau, Kloster mit schönen
Kiefern-und Bambuspflanzungen;
südl. vom Kloster liegen sechs Landhäuser
von Europäern. Man folgt nun
dem Peischahotal aufwärts bis (37 km)
Schuangschywu, dann steigt l. ein Fußweg
zum (39 km) Tempel Waldfrieden
(Gelegenheit zum Übernachten, der
Schlüssel zu den dem Bergverein Tsingtau
gehörigen Räumen im Genesungsheim);
von da auf bezeichnetem Fußweg
zum (43 km) Kuhpaß (961 m) am
deutschen Grenzstein Nr. 5, dann südl.
weiter zum (47 km) Lauting (1130 m),
dem höchsten Gipfel des Lauschan,
schon außerhalb des Schutzgebiets; von
da führt ein bezeichneter Fußweg zur
(51 km) Irenenbaude, dem steinernen
Haus des Bergvereins Tsingtau (bequeme
Unterkunft, im Sommer geöffnet,
sonst Schlüssel im Genesungsheim).
Von der Irenenbaude führt ein
bezeichneter Fußweg zum Genesungsheim
zurück; von andern Wegen führt
einer nach Schuangschywu, einer nach
Schatstykou südl. durch das Prinzental
und ein dritter nach Tschiu-schui über
den Mattenstock. Alle Wege im Lauschan
sind rot-weiß-rot und mit Nummer
bezeichnet.—Für Wanderungen
im Lauschan benutze man die Wegkarte
des»Bergvereins«; der Gebirgswart
des Vereins (zurzeit Obersekretär
Bergemann) erteilt gern Auskunft.
[S. 271]
A. Von Tsingtau über Land nach Peking.
Von Tsingtau bis (412 km) Tsinanfu
mit der Schantung-Eisenbahn in 111/2 St.
für I. Kl. $ 14, II. $ 7; keine Rückfahrkarten
(vgl. Reichskursbuch 706).
—Von Tsinanfu bis (335 km) Tientsin
mit der Tientsin-Pukou-Eisenbahn in
103/4 St., tägl. in jeder Richtung ein
Zug; bis Fertigstellung der Hoanghobrücke
bei Tsinanfu Überfahrt über
den Fluß auf Fähren (vgl. Reichskursbuch
706). Von Tientsin bis Peking
s. S. 277.
Die Schantung-Eisenbahn soll für
unsre Kolonie die fehlende Schiffahrtsstraße
ins Hinterland ersetzen,
den Ausfuhr-und Einfuhrhandel aus
der Provinz Schantung und dem nördl.
Teil der Großen Ebene nach Tsingtau
lenken und vor allem auch die Kohlenlager
von Fangtse und Poschan erschließen.
Die Schantung-Eisenbahngesellschaft,
die die Bahn erbaut hat
und seit 1. Juni 1904 betreibt, beutet
als »Schantung-Bergbaugesellschaft« auch
die Kohlenfelder aus. Das Gebirgsland
von Schantung öffnet sich
gerade im Hintergrunde der Kiautschoubucht
zu einer hügeligen Senke,
die einen bequemen Zugang nach
Tsinanfu, der Hauptstadt Schantungs,
gewährt.
Die Provinz Schantung, die man
durchfährt, ist, trotzdem sie großenteils
gebirgig ist, außerordentlich dicht
bevölkert (im Durchschnitt 258 Bewohner
auf 1 qkm, in Deutschland
nur 120); trotzdem sie als metallreich
gilt, beruht ihr Hauptreichtum doch
auf der Landwirtschaft, die außer Nahrungsmitteln
auch Baumwolle und
Opium hervorbringt, dem Obstbau und
der Seidenzucht. Die Bevölkerung ist
kräftig, intelligent und dem Fortschritt
zugeneigt. Die beiden großen chinesischen
Philosophen Kungfutsze und
Mengtse entstammen ihr. Zahlreiche,
von Karren und Schubkarren reich
belebte Straßen durchziehen das Land.
Die einzige Industrie ist die Strohflechterei,
die auch stark exportiert.
Vom Bahnhof in Tsingtau (S. 267) an der Prinz-Heinrich-Straße
(B3) fährt die Bahn um das Nordende der Stadt am Kleinen Hafen
und großen Handelshafen vorbei, dann längs der Küste der Kiautschoubucht
über den Haipofluß nach dem Dorf—(8 km) Syfang II; gute
Gartenschänke (Paradiesgarten, Molkerei [Kusserow]), Ausflugsort
der Tsingtauer; in der Nähe schöner Totenhain.—Weiter nach
(18 km) Tsangkou, Dorf mit Gartenlokal (Bang), bequemem Ausflugsort,
in dessen Nähe die große Seidenspinnerei der Deutsch-Chinesischen
Seidenindustriegesellschaft (Kolonialgesellschaft) liegt, die
jetzt außer Betrieb ist, doch neu verpachtet werden soll.—Die Bahn
wendet sich dann in großem Bogen, viele reiche Dörfer berührend,
westl. und erreicht nach 21/4 St.
(81 km) Kiautschou, unansehnliche Stadt mit etwa 84000 Einw.,
außerhalb des deutschen Schutzgebiets, aber in der neutralen Zone.
Vom Bahnhof führt ein Weg zum Nordtor; innerhalb dessen l. ein
Wohnhaus für die Bahnbeamten, gegenüber die evangelische Mission
(Missionar Töpper), r. ein kleiner Tempel; jenseit des Bahnhofs liegt
die ehemalige Kaserne der deutschen Besatzung. Vom Nordtor sw.
gelangt man in einen schönen Park (Lotos, Bambus etc.), dann zum
Tempel des Gottes der Reichtümer, von da zum Tempel der Himmelskönigin,
ferner zum Literaturtempel und dem verwahrlosten (meist
geschlossenen) Kungfutszetempel mit Drachen auf den Dachfirsten.
Das Yamen des Unterpräfekten liegt nahe dem Westtor, in seiner
Nähe die Prüfungshalle. Außerhalb des Osttores der Tempel des
Kriegsgottes. Im NW. der Stadt die katholische Mission.
Hinter Kiautschou durchläuft die Bahn fruchtbare Gegend mit
hübscher Landschaft.—(107 km) Kaumi, lebhafte Marktstadt, 20 Min.
[S. 272]
vom Bahnhof, mit hohen Mauern, sehenswerten Läden, Tempeln
und schönem *Mandarinengrab. 15 Min. vom Gasthof liegt auf einem
Hügel mit Park die Kaserne der ehemaligen deutschen Besatzung,
in der jetzt ein chinesischer Hauptmann sowie die deutsche evangelische
Mission (mit Schule und Krankenhaus) wohnen.—Bei
(183 km) Stat. Fangtse liegt 20 Min. südl. das große Kohlenbergwerk
nebst Wäscherei und eine Brikettfabrik der deutschen Schantung-Bergbaugesellschaft.
Die Kohle eignet sich leider nur zum
Hausbrand, nicht zum Verbrauch auf Schiffen.—Die Bahn führt
durch das Tal des Weiho, überschreitet diesen und seinen Nebenfluß
Yunho auf eisernen Brücken. Man sieht Obstpflanzungen, bewaldete
Hügel und einen schönen Zypressenhain bei Nanliu; die
Dörfer werden dichter, die Häuser sehen wohlhabender aus.—
(196 km) Weihsien, lebhafte Handelsstadt, von Mauern umgeben,
mit deutschem Postamt und amerikanischer Missionsstation (Lou
tao yüan); der Pailangho fließt mitten durch die Stadt. Die Gewerbe
sind straßenweise geordnet.—Dann führt die Bahn über (220 km)
Tschanglo nach (255 km) Tsingtschoufu, Stadt mit 35000 Einw.,
Stammsitz der Ming-Dynastie mit amerikanischer Mission. Vom Bahnhof
führt eine breite Straße in die Hauptstraße der Chinesenstadt,
in deren Nähe die Mandschustadt liegt. Im Kloster Tschinglungtse
(4 km) eine große *Tempelanlage.—Die Bahn führt nun über
(270 km) Tschotien nach (302 km) Tschangtien.
Zweigbahn von hier nach (43 km)
Poschan, nach v. Richthofen der industriellsten
Stadt in China in schöner
Landschaft. In Poschan sind alte
Kohlenbergwerke, ferner eine Glasfabrik
nach europäischem Muster (gläserne
Schnupftabakfläschchen von Poschan
sind berühmt); auch wird dort der
Schmelz für das Pekinger»Cloisonné«gewonnen. Die deutsche Schantung-Bergbaugesellschaft
besitzt in Hungschan
(7 km nw. von der Bahnstation
Tsetschuan, 32 km von Tschangtien)
einen Förderschacht für Fettkohle.
Die Hauptbahn läuft über (320 km) Tschoutsun, Haupthandelsplatz
für Schantungseide, Tussah genannt, nach (406 km) Tsinanfu-Ost,
dann um die Stadt herum nach (409 km) Tsinanfu-Nordwest
bis zum Endpunkt der Bahn, dem (412 km) Westbahnhof von
Tsinanfu (Hotel Trendel, am Westbahnhof, mäßig, Pens. $ 5;
Gasthaus des Schlächtermeisters Stein, nahe dem Bahnhof, bescheiden,
sauber, gelobt), Hauptstadt der chinesischen Provinz Schantung
und wichtige Handelsstadt der Kreuzungsstelle des Hoangho
mit dem Kaiserkanal, Sitz des Gouverneurs, mit etwa 360000 Einw.,
Hochschule, Rechtsakademie, Lehrerseminar, Gewerbeschule (mit
Ausstellung der in der Schule hergestellten Gegenstände), Polizeischule,
Kadettenschule und Arsenal; die Stadt hat elektr. Licht und
Telephon. Deutsches Konsulat, Konsul Dr. Betz.
Zeitteilung: Bei eintägigem Aufenthalt besichtige man die heißen Quellen,
den Lotosteich und mache einen etwa vierstündigen Ausflug zum
Tausend-Buddha-Berg.
Sehenswert sind der *Lotosteich (Ta ming hu) im N. der Stadt
mit Tempeln und Ahnenhallen am Rand und auf den Seeinseln und
hübschen Ausblicken (Bootsfahrt); die Provinzialbibliothek mit alten
Relief-und Inschriftensteinen am Seeufer; das Provinziallandtagsgebäude;
die *heißen Quellen (Pai tu tsuan), in denen das die
[S. 273]
Straßen durchfließende heiße Wasser entspringt, mit altem Quellentempel,
worin ständiger Markt abgehalten wird, in der südl. Vorstadt;
ganz im S. die weitläufige Anlage der Englischen Baptistenmission
mit Medizinschule und Museum; vor dem neuen Westtor
(Pu li men) der stattliche Neubau des Ober-und Landgerichts, dahinter
das Mustergefängnis, an der zur Handelsniederlassung am
Westbahnhof führenden Straße; in der Niederlassung liegen das
Deutsche Konsulat (Konsul Dr. Betz), das große Verwaltungsgebäude
der Tientsin-Pukou-Eisenbahn, das Sanatorium Dr. Kautzsch, Niederlassungsamt;
Deutsches Postamt im Westbahnhof. Bank: Deutsch-Asiatische
Bank (Korresp. der Deutschen Bank).
Kleinere Ausflüge in die Berge im
S. zum *Tschien fo schan (Tausend-Buddha-Berg),
buddhistischem Wallfahrtstempel
über der Stadt mit hübschem
Blick auf die Umgebung bis zum
Hoangho; in hochromantischer Talschlucht
im Gebirge; nur mit Führer
zu Fuß durch die Berge in 31/2 St. oder
zu Pferd auf Umweg um das Gebirge
herum in 21/2 St.
Ausflug zur Geburtsstadt und dem
Grabe des Kungfutsze. Von Tsinanfu
mit der Südlinie der Tientsin-Pukou-Bahn
in etwa 3 St. nach (etwa 70 km)
Taianfu (Bahnhofshotel) mit den
sehenswerten Tempeln der Pihiayüen
kün und des Taimiau. Von da Besteigung
des *Taischan (1550 m), des
schönsten Punktes von Schantung,
hochberühmter, alter heiliger Wallfahrtsberg,
Aufstieg 4 St., Abstieg
3 St.; mit Bergsänften für Tag und
Träger 1000 Käsch (etwa $ 0,40) und
Trinkgeld, vier Träger erforderlich.
Der Weg führt von Taianfu an der
Ostmauer des Taimiau entlang nach der
Stadtmauer, außerhalb nach W. durch
den großen Ehrenbogen Taitsungfang
(16. Jahrh.), der den Anfang des berühmten
Treppenwegs (etwa 6000 Stufen)
zum Gipfel bildet, dann zwischen
Zypressen, Tempeln, Toren, Gedenksteinen
und Raststellen bergauf; viele
Ausblicke in zerklüftete Gebirgslandschaft.
Der obere Teil der»Treppe zum
Himmel«schmiegt sich wie eine Riesenschlange
an die steile Felswand; oben
hinter dem ersten Tor hält Kuanti,
der Kriegsgott, die Wacht. Auf einem
Sattel zwischen zwei Kuppen sind
Unterkunftshütten: die Hochfläche ist
übersät mit Tempeln; der schönste
Tempelpalast mit hohen Toren, Trommel-
und Paukenturm, Höfen und Pavillons
ist der Himmelsmutter (Pihiayüen
kün) geweiht: auf schwerem
Sockelbau mit Freitreppe erhebt sich
ein Kungfutszetempel; alle Anlagen
überragt der Tempel des Edelsteinkaisers
(Yühuangti) auf dem höchsten
Gipfel am Nordrand des Berges. Herrlicher
Blick auf den Fluß Tawönho,
die Stadt Taianfu in der Ebene und das
Trümmerfeld ähnliche Gebirge nach
O., N. und W. vom »Lebensgipfel« aus. In der
Nähe berühmte Felseninschrift
aus der Zeit der Tang-Dynastie
(7. Jahrh.); man kann im Gebirge
in einem Kloster übernachten. Von
Taianfu gelangt man weiter mit der
Bahn nach (etwa 130 km) Yentschoufu,
von da zu Pferd oder zu Fuß nach (18
km) *Küfu am Fuß des großen Schantunger
Gebirgsdreiecks, wo Kungfutsze
(Confucius) 551 v. Chr. geboren wurde
und 478 starb; den größten Teil der
Stadt nimmt die großartige Anlage
des Kungfutszetempels ein. Durch fünf
Vorhöfe und hallenartige Tore, mit
Inschriften und Gedenksteinen geschmückt,
führt der breite Weg zum
Hauptheiligtum Tatschengtien (»Zur
großen Harmonie«) des Kungfutszetempels
mit gelb glasiertem, doppeltem
Dach, auf dessen First Fabeltiere die
bösen Geister fernhalten; die marmornen
Monolithsäulen des Tempels (16.
Jahrh.), auf denen Wasser, Berge und
Wolken mit den beiden nach dem
Edelstein greifenden Drachen in erhabener
Arbeit gemeißelt sind, stehen
auf 3 m hoher Plattform; die Tempelhalle
ruht auf roten Hartholzsäulen;
in der Halle stehen fünf geschnitzte
Schreine mit Opfertischen, im mittlern
erhebt sich die goldglänzende
Statue des Kungfutsze mit kaiserlichen
Insignien, am seltsamen Zeremonienhut
12 grün-und rotseidene Quasten
mit Perlen, zu den Füßen die Seelentafel
mit Inschrift:»Tschescheng siensche
Kungtse schen-wei«(d. h. des
allerheiligsten hehren Lehrers Kungtse
geistiger Thron).
[S. 274]
Im Schrein l. Jenfutse,
der Neffe, und Tsesetse, der
Enkel des Weisen, r. die andern Hauptschüler
Tsengtse und Mengtse (Mencius).
Um den Haupthof liegen mauerumzogene
Unterkunftshäuser für die
Kaiser und ihr Gefolge, in denen sie
sich fastend auf die Opfer vorbereiteten,
ferner kleine Tempel für die
Eltern und Vorfahren des Weisen, Hallen
für die geweihten Musikinstrumente,
Übungsräume für die Musikanten
etc.
Kleiner ist der Tempel des Jenfutse,
hinter dem in einem noch viel
kleinern Tempel der Frau des großen
Schülers geopfert wird. Nahebei eine
gute chinesische Herberge. In Küfu
residiert das gegenwärtige Haupt der
Familie, der »heilige Herzog«Kun (yen
scheng kung), der 74. direkte Nachkomme
des Kungfutsze. (Ausführliche
Schilderungen und Abbildungen der
Sehenswürdigkeiten auf dem Taischan
und in Küfu in:»Studien und Schilderungen
aus China«, Nr. I: Der Taischan;
Nr. II: Heiligtümer des Konfuzianismus;
Verlag der katholischen
Mission in Yentschoufu, zu haben in
den Buchhandlungen in Schanghai und
Tsingtau.) Der Weg von Küfu zum einfachen
und schlichten Grab des Weisen
führt durch den *Geisterweg, dessen
Allee aus der Zeit der Han-Dynastie
(206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) stammen
soll. Marmorbogen, mit Löwen geschmückt,
überspannen den Weg, an
dem Kioske mit Inschriften stehen.
Man gelangt in einen urwaldähnlichen
Totenhain; die spitzen Grabhügel der
Verwandten des Kungtse sind dicht
überwachsen. Durch einen alten Ehrenbogen
und über eine spitzbogige Brücke
erreicht man ein Torgebäude, hinter
dem der Ehrenweg beginnt, der an
den großen Steinfiguren der»hochehrwürdigen
Oheime«zu seiten einer
Rauchopferschale vorbei zum Grabhügel
des»Allerheiligsten«führt, der,
mit Gestrüpp bewachsen, einen großen,
nach S. gerichteten Grabstein voll altertümlicher
Schriftzeichen mit schwerem
Opfertisch zeigt—das *Grab
Kungfutszes, umgeben von den Gräbern
seiner nächsten Verwandten.
Sehr anstrengend, aber lohnend, ist
der Rückweg von Küfu in östl. Richtung
über das Gebirge nach Poschan
(S. 272) mit einräderigen Reisekarren
(wheelbarrows, in Pidgeon: bibalos),
von je zwei Kulis gezogen; drei Tagereisen
bis Poschan, auf schmalen Gebirgspfaden,
an Abgründen vorbei,
über den Poschanpaß (mit steinerner
Ehrenpforte), auf sehr schlechten, mit
Steingeröll übersäten Wegen. Unterwegs
viele schöne Ausblicke. In Poschan
sehenswerte Glasbläsereien und
Töpfereien. Rückfahrt von Poschan mit
der Schantung-Bahn nach Tsingtau.
Kungfutsze, der bedeutendste Staats-
und Sittenlehrer Chinas, griff, um der
Zerrissenheit Chinas in viele kleine
Einzelstaaten abzuhelfen, auf den altchinesischen
Ahnenkultus und die alten
Schriften der chinesischen Weisen zurück,
erklärte als vornehmste Pflicht
den unbedingten Gehorsam des Sohnes
gegen den Vater, des Untertanen
gegen den Kaiser als Statthalter Gottes;
außerdem lehrte er die Tugenden
Menschlichkeit, Rechtlichkeit, Schicklichkeit,
Weisheit und Treue. Die weitgehende
chinesische Elternverehrung
ist durch ihn noch gefördert worden.
In verschiedenen Büchern stellte er
die Aussprüche der Kaiser des Altertums
und ihrer Ratgeber zusammen.
Trotzdem er kein Religionsstifter war,
wurden nach seinem Tode ihm zahllose
Tempel geweiht und Gedenkopfer
dargebracht. Einer der schönsten
Tempel Chinas ist in Küfuhsien
ihm zu Ehren errichtet und mit Inschriften,
Vasen und Schnitzereien
aller Zeiten geschmückt. In der Stadt
führen etwa vier Fünftel der Einwohner
seinen Namen, darunter der Herzog
von Kung, der sein direkter Nachkomme
ist.—Mengtse (Mencius), der
berühmteste aus der Schule des Kungfutsze
hervorgegangene Philosoph,
geb. 372 v. Chr., gest. 289, hat seine
Lehren in frischer, lebendiger Form in
sieben Büchern zusammengefaßt, die
zu den klassischen Schriften Chinas
rechnen (auch ins Englische und Französische
übersetzt). Seine Nachkommen
werden seit zwei Jahrtausenden
in dem Nachbarorte Tschouhsien, der
Heimat des Mengtse, in einem heiligen
Wald von Eichen und Zypressen
begraben.
[S. 275]
Von Tsinanfu nach Tientsin weiter mit der Tientsin-Pukou-Bahn
(S. 271), einer wichtigen Bahnlinie, die künftig Schanghai über
Nanking (Überfahrt über den Yangtse mit Fährdampfer nach Pukou
S. 256), Tsinanfu und Tientsin mit Peking verbindet, die Bahn ist
auf der nördlichen, mit deutschem Geld und von deutschen Firmen
gebauten Hauptstrecke (Tsinanfu-Tientsin) bereits im Betrieb, trotzdem
die Hoangho-Brücke, deren Fundamentierung ungeheure
Schwierigkeiten machte, voraussichtlich erst Ende 1912 betriebsfertig
wird (Fährdampfer über den Hoangho vgl. S. 271). Die Nordstrecke
zwischen Tsinanfu und Tientsin berührt keine großen Städte
und führt durch den Nordteil der Großen Ebene über 30 meist
kleine Stationen; etwa 120 km nördl. von Tsinanfu trifft die Bahn
bei Tötschou den Kaiserkanal (Nan yün ho) und hält sich dann
bis Tientsin nahe östl. von ihm.
Tientsin.
Vgl. den Plan auf beifolgender Karte.
Der Bahnhof liegt am l. Peihoufer
nahe der eisernen Brücke, die in die
Fremdenniederlassungen führt. Man
beachte, daß man in Stat. Tientsin
Settlement aussteigt; der zweite, nördliche
Bahnhof Tientsin City liegt am
Nordende der Chinesenstadt.
Gasthöfe: Astor House (Pl. 1; deutsche
Leitung), Victoria Road, im Englischen
Viertel, gegenüber dem Victoriagarten,
gelobt, Pens. $ 5-10, für ein
Ehepaar $ 12.—Imperial Hotel Ltd.,
Rue de France, 50 Z., Pens. $7.—Hôtel
de la Paix (Pl. 2), Rue du Consulat,
40 Z., Pens. $ 5-8.—Queen's Hotel,
Victoria Road, 20 Z., Pens. $ 4-7.
Post: Deutsches Postamt (Pl. 7).—
Telegraph.—Wagen, Rikschas und
Reitpferde sind zu haben.—Eisenbahnen:
Nordchinesische Bahn nach
Peking, Tongku, Mukden und Yingkou
(S. 328); Tientsin-Pukou-Bahn im Betrieb
bis Tsinanfu (S. 272) mit Anschluß
nach Tsingtau (S. 267) und bis Taianfu
(S. 273).—Dampfer vgl. unter
Tongku, S. 279. Dampfer-Agenturen:
Norddeutscher Lloyd, Melchers & Co.
(Telegr.-Adresse: Nordlloyd-Tientsin);
Hamburg-Amerika Linie, Carlowitz
& Co.
Elektr. Straßenbahn durch die Chinesenstadt,
die österreichische, italienische,
russische, französische und
japanische bis zur englischen Niederlassung.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank
(Pl. 3), Korresp. der Allg. Deutschen
Credit-Anstalt in Leipzig; Hongkong
& Shanghai Banking Corporation (Pl. 5),
beide Korresp. der Deutschen Bank;
Chartered Bank of India (Pl. 4), alle drei
Korr. der Berliner Disconto-Gesellsch.
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
Legationsrat Knipping; Vizekonsul
Freih. v. Grote.—Österreich-Ungarn,
Konsul M. Kobr und Dr. F. Stumvoll.
—Deutscher Klub: Concordia, in der
deutschen Konzession; Tientsin Club,
Victoria Road.
Deutscher Arzt und drei Krankenhäuser
für Europäer sowie ein Lazarett
des Deutschen Ostasiatischen Detachements
mit Tollwut-Impfstation.—
Deutsche Apotheke: S. J. Betines & Co.
—Deutsche Buchhandlung: Aug. Michels;
Zeitungen:»Tageblatt für Nordchina«;
»Peking and Tientsin Times«;
»Courrier de Tientsin«.—Photograph:
F. Scholz.—Photographische Gegenstände:
in der Deutschen Apotheke.
—Geschäftsadressen: E. Lee; Wolff
& Kierulff (beide deutsch); Hall & Holtz
(englisch); A. H. Jaques (engl.), alle
drei Victoria Road, für allgemeine
Ausrüstung.
Geschichtliches. Tientsin ist die
Hauptstadt des Vizekönigs der Provinz
Tschili; hier wurden 1858 und
1860 die ersten Handelsverträge mit
europäischen Mächten abgeschlossen.
Infolge chinesischen Vertragsbruchs
wurde 26. Aug. 1860 die Stadt von den
Engländern und Franzosen genommen.
1870 Niedermetzelung der Europäer.
[S. 276]
Im Boxeraufstand wurden die europäischen
Niederlassungen vom 17. Juni bis
13. Juli 1900 von chinesischen Truppen
belagert; an den heftigen Kämpfen
nahmen die Marinemannschaften der
Seymour-Expedition teil, die am 10.
Juni zum Entsatz der belagerten Gesandtschaften
in Peking ausgezogen
war, aber durch chinesische Truppen
zum Rückzug nach Tientsin gezwungen
wurde, wo sie am 26. Juni nach schweren
Verlusten wieder eintraf. Die
deutschen Streitkräfte zählten 21 Offiziere,
4 Ärzte, 757 Mann (Schiffsbesatzungsteile
und 3. Seebataillon); außerdem
kämpften in Tientsin 3500 Russen,
1800 Engländer, 500 Amerikaner, 300
Franzosen, 150 Japaner, 100 Italiener,
75 Österreicher. Am 11. Juli standen
12650 Mann europäische und japanische
Truppen in der Stadt, denen es
bald gelang, die chinesischen Belagerungstruppen
zu vertreiben. Seitdem
war Tientsin Hauptstützpunkt für die
Unternehmungen gegen Peking und
wurde erst 1902 den Chinesen zurückgegeben.
Tientsin, wichtigste Handelsstadt Nordchinas, seit 1860 dem
Fremdhandel geöffnet, liegt auf 39° 10' nördl. Br. (etwa wie Lissabon)
am Zusammenfluß des Peiho mit dem Hunho (Hsiho); von O.
mündet der Lutaikanal, von W. der Kaiserkanal bei der Chinesenstadt
in den Peiho, so daß Tientsin der wichtigste Stapelplatz für
den Durchgangshandel aus den Provinzen Tschili, Schensi, Schansi,
Kansu, Turkistan, Mongolei und einen Teil der Mandschurei ist.
Das Hinterland hat die Größe Europas mit etwa 100 Mill. Einw.
Tientsin hat etwa 800000 Einw. 1909 liefen 952 Schiffe mit 1159000
Reg.-Ton. den Hafen von Tientsin an. Der untere Peiho ist nur für
kleine Dampfer und Dschunken befahrbar. Die Chinesenstadt (Altstadt)
ist ein Rechteck, früher rings von Zinnenmauern umschlossen,
die von der provisorischen Regierung (1900-02) zum Teil niedergelegt
wurden, um breiten Straßen Platz zu machen. In den großen Vorstädten
auf beiden Flußufern und an den Kanälen ist der Sitz des
lebhaftesten Handelsverkehrs. Alle chinesischen Stadtteile sind
schmutzig und ungesund, doch haben sich die hygienischen Verhältnisse
seit der europäischen Verwaltung durch Anlage eines Wasserwerks
etc. verbessert. Die deutschen Reichspostdampfer der Hamburg-Amerika
Linie gelangen bei günstigem Wasserstand bis zu
den Fremdenniederlassungen der Stadt; der Peiho, dessen Mündung
bei Tongku (S. 279), der Hafenstadt von Tientsin, etwa 75 km osö.
liegt, friert zwischen Ende November und Mitte März zu, als Hafen
für Tientsin und Peking dient in dieser Zeit Tschinwangtau (S. 329).
Der Kaiserkanal ist nur für Fahrzeuge mit 1 m Tiefgang schiffbar.—
Die Fremdenniederlassungen (Tientsin Settlement) der Deutschen,
Engländer, Franzosen und Japaner liegen am r. Peihoufer, gegenüber
und südl. vom Bahnhof, zu dem über den Fluß eine eiserne Brücke
führt. Die Russen, Italiener, Österreicher und Belgier haben ihre
Konzessionen am l. Ufer. Die 1896 begründete deutsche Niederlassung
(mit Kriegerdenkmal für die im Jahre 1900 Gefallenen)
ist die südlichste und hübscheste der ganzen Villenstadt, von der
das englische Viertel mit Rathaus und kleinem Museum im Anglo-Chinese
College hauptsächlich Geschäftsviertel ist. Die französische
Niederlassung wurde während des Boxerkriegs fast ganz zerstört;
in ihr liegt ein Krankenhaus und das chinesische Zollamt. Die japanische
Niederlassung liegt in der südlichsten Vorstadt der chinesischen
[S. 277]
Stadt.—Rundfahrt durch die Chinesenstadt mit Rikscha,
Wagen oder Straßenbahn; die Werkstätten der Handwerker, meist
straßenweise dieselben Gewerke, sind vielfach sehenswert. Gelegenheit
zu Einkäufen von Fellen, besonders von Tigern und Leoparden.
Es ist nicht ratsam, nach Sonnenuntergang sich in der Chinesenstadt
und ihren Vorstädten aufzuhalten. Sehenswert sind außer
dem Yamen des Vizekönigs etwa noch der dem Gedächtnis Lihungtschangs
gewidmete Tempel sowie verschiedene Theater und Versammlungshallen
der großen Gilden. Vom Turm des Astor House
Hotel überblickt man Stadt und Umgegend.
Von Tientsin nach Peking (140 km) mit der Nordchinesischen
Eisenbahn, tägl. 3 Züge in 3 St. (Reichskursbuch Nr. 706). Der
Bahnhof Tientsin Settlement liegt neben der russischen Niederlassung;
jenseits liegt ein großes Gräberfeld, um das die Bahn im
Bogen über die Brücke des Lutaikanals und durch den Außenwall
nach Stat. Tientsin City führt. Man sieht l. das Arsenal von Hsiku
(Schauplatz der Kämpfe des Seymourschen Korps am 22. Juni 1900),
erreicht (11 km) Peitsang (Kämpfe am 21. Juni und 5. Aug. 1900)
in öder, melancholischer Landschaft. Dicht vor (26 km) Yangtsun
überschreitet die Bahn den Peiho; man sieht Dörfer, Getreide-(meist
Mais-)Felder, dazwischen zahllose Erdhügel, die Gräber sind,
auch strichweise Grün und gelangt über (41 km) Lofa nach (60 km)
Langfang, dem äußersten Punkt, den Seymour erreichte; heftige,
zwar siegreiche, aber erschöpfende Kämpfe am 14. und 18. Juni
1900, unter Beteiligung deutscher Marinetruppen (»the Germans
to the front«).—Bei (95 km) Huangtsun beginnt das mit Mauern
eingehegte Gebiet des kaiserlichen Wildparks Nun-yüan (»Südgarten«),
volkstümlich Haitze, der reich an Hirschen und Damwild
war und fast bis Peking reicht; dient als Truppenübungsplatz.—
Bei (112 km) Fêngtai zweigt nach SW. die Bahnlinie Paotingfu-Hankau
ab (S. 299). Bald erblickt man l. Berge und dann l. die Mauern
der Chinesenstadt, deren alter Bahnhof Machiapu vor dem Südtore
nicht mehr benutzt wird, die Bahn durchbricht die Südmauer der
Chinesenstadt, geht durch deren schwach bebauten östl. Teil, biegt
in der NO.-Ecke der Chinesenstadt nach l. und läuft westl. außerhalb
der Mauer der Mandschustadt zum Endbahnhof am Wassertor (140
km) Peking-Tschiën-mönn (S. 280) dicht beim Gesandtschaftsviertel.
B. Von Tsingtau über See nach Peking.
Der Dampfer (vgl. S. 265), von Tsingtau (S. 267) mit nö. Kurs
abfahrend, umsteuert das niedrige SO.-Vorgebirge von Schantung,
auf dem ein Leuchtturm vor den Riffen warnt; in der Nähe liegt der
Iltisfriedhof, wo die Besatzung des in nächster Nähe im schweren
Taifun 23. Juli 1896 gestrandeten deutschen Kanonenboots »Iltis« ihre Ruhestätte
hat; der Friedhof hat schmiedeeisernes Gitter mit
Kaiseradler, in der Mitte eine Porphyrsäule. Dann erblickt man
die scharfen, zerklüfteten, bis 277 m hohen felsigen Hügel des
Schantungvorgebirges (Tatschingschan) und steuert mit WNW.-Kurs
in das Gelbe Meer zwischen Nordchina und Korea. Westl. vom
Schantungvorgebirge liegt im Schutze einer Insel der Hafen von
[S. 278]
Weihaiwei (King's Hotel, 60 Z., Pens. $ 6; Clark's Hotel), englischer
Freihafen ohne Handelsbedeutung. Ursprünglich chinesischer
Kriegshafen, wurde Weihaiwei im Februar 1895 vom Marschall
Oyama von der Landseite erobert und blieb bis 1898 als Faustpfand
in japanischem Besitz; 1898 wurde es von der chinesischen
Regierung an England verpachtet, das aber seit dem Bündnis mit
Japan und der Vertreibung Rußlands aus der gegenüberliegenden
Halbinsel Liautung (Hafen Port Arthur) nur wenig Wert mehr auf
diese Besitzung legt, um so mehr, als der Hafen selbst schlecht und
die Verbindung mit dem innern China sehr mangelhaft ist. Der
Ort ist aber gesund und hat angenehmes Sommerklima, er dient
daher ähnlich wie Tsingtau als Erholungsort und Seebad. Die Stadt
liegt auf einem Bergabhang an der Westseite der Bucht. In der Umgebung
sind heiße Schwefelquellen.
Von Weihaiwei steuert man auf die Kungkungtauinseln zu, die
der Reede von Tschifu vorgelagert sind; auf der größten Insel steht
ein Leuchtturm. Die Schiffe ankern auf der Reede innerhalb der
Inseln so nahe den Landungsbrücken, als ihr Tiefgang es gestattet;
der Hafen ist durch keine Mole geschützt und das Landen bei Nordwind
schwierig und oft unmöglich (der Bau eines Wellenbrechers
ist begonnen).
Tschifu (Chefoo), chinesischer Vertragshafen in der Provinz
Schantung, seit 1862 dem Fremdhandel geöffnet.
Gasthöfe: Astor House Hotel (österreichischer
Direktor, französischer
Koch), mit Terrasse am Strande, neu,
empfehlenswert, Z. von $ 3,50 an.—
Beach Hotel, mit Terrasse am Strande,
Pens. $ 4-8.—Deutsches Postamt mit
Telegraph und Kabel nach Tsingtau,
Tientsin, Schanghai etc. Telephon unter
chinesischer Verwaltung.—Sampan
(Boote) 10-25 c. von der Reede an Land.
Die Gasthöfe schicken ihre Boote zu
den Postdampfern.—Eisenbahn über
Töngtschoufu an der Miautau-Straße
nach Weihsien (S. 272) mit Anschluß
an die Schantungbahn ist geplant.—
Dampfer nach Tsingtau, Tientsin (tägl.),
Schanghai (tägl.), Korea (Tschimulpo,
Fusan), Dairen, Japan und Wladiwostok.
Agentur des Norddeutschen
Lloyd: Anz & Co. (Tel.-Adr.: Nordlloyd-Chefoo).
—Hamburg-Amerika Linie
(Tel.-Adr.: Halinie-Chefoo), Agentur:
H. Diederichsen & Co.; Postdampfer
Schanghai-Tsingtau-Tschifu-Tientsin
wöchentl.—Banken: Deutsch-Asiatische
Bank, Agentur: Anz & Co.; Russisch-Asiatische
Bank, Korr. der Deutschen
Bank.—Deutscher Konsul Dr.
Lenz, 10 Min. von den Landungsbrücken
auf dem Jentaihügel, nahe
der Signalstelle (Sturm-und Schiffsmeldesignale).
Österreichischer Vizekonsul
Baron v. Babo.—Französisches
Hospital.—Internationaler Chefoo-Club.
Custom-Club.
Das Klima von Tschifu ist an sich
gesund, aber Fieber und Dysenterie
kommen auch unter den Europäern
vor; Cholera und Pocken sind in der
Chinesenstadt stets zu finden. Man
meide das Brunnenwasser und das
rohe Obst. Im Mai herrschen heiße
Südwinde (bis 40° Wärme), Juli bis
August heiße Regenzeit, im Winter
häufig heftige Schneestürme, im Februar
bis 10° Kälte.
Die Stadt Tschifu, sehr schön von Bergen umgeben, hat 75000
Einw., darunter 300 Europäer; das Europäerviertel liegt am Strand
an und auf dem Signalhügel. Als Tschifu im Jahre 1862 dem Fremdhandel
geöffnet wurde, hatte es wegen einer durch den Hoangho
verursachten Überschwemmung, einer Störung im Betrieb des Kaiserkanals
und des Taipingaufstandes Aussichten auf eine gute Entwickelung.
Diese Hoffnungen haben sich wegen der mangelhaften
[S. 279]
Verbindungen mit dem Innern Chinas nicht erfüllt, und in neuester
Zeit ist Tschifu vom günstiger gelegenen Tsingtau rasch überflügelt
worden. Der Handel mit Rohseide, Seidenstoffen (Pongées), Spitzen
(in Seide und Baumwolle) belief sich 1909 auf etwa 200 Mill. M.
38 Seidenspinnereien. Schule der China-Inland-Mission mit 300
Schülern. Mehrere Missionsanstalten. Berühmte Obstkulturen,
Weinbau (The Chang yu Pioneer Wine Co., Leiter ein Österreicher,
Baron v. Babo). Die zum Teil ummauerte Chinesenstadt ist schmutzig
und wenig sehenswert. Spaziergang auf die höchste Hügelkuppe
(405 m) mit kleiner Pagode bei Tschifu bietet *Aussicht über das
Meer und das gebirgige Hinterland. Im Sommer wird Tschifu von
europäischen Badegästen und amerikanischen, französischen und
chinesischen Kriegsschiffen besucht. Tschifu ist Durchgangshafen
für die nach N. fahrenden Dampfer.
Dampferfahrt. Aus dem Gelben Meere dampft man von
Tschifu durch die mit Inseln reich besetzte Straße von Petschili in
den Golf von Petschili (Tschili), dessen nördlichster Teil Liautunggolf
heißt. Im Winter kann die Fahrt sehr kalt und stürmisch sein;
meist benutzen die Dampfer die Tschangschan-Durchfahrt, wobei die
Große Bambusinsel (Tatschuschan) etwa 4 Seem. und die Kleine
Bambusinsel (Siautschuschan) r. und die Insel Tschangschan l. bleiben
und dann das Blinkfeuer der Insel Hauki nahe passiert wird. Das
Land an der Peihomündung ist so flach und niedrig, daß man nur
die Schiffe auf der Reede, das Feuerschiff und r. den Leuchtturm
auf der Insel Schaluitien sieht. Kleine Dampfer werden vom Lotsen
über die Takubarre gebracht, während große auf der Reede, 8 Seem.
seewärts von Taku, ankern; die Reisenden werden mit Dampfbarkassen
in 1 St. an Land gesetzt. Bei der Einsteuerung in den Fluß sieht
man die am 17. Juli 1900 während der Wirren eingenommenen Takuforts,
bei deren Beschießung sich das deutsche Kanonenboot »Iltis« unter
Korvettenkapitän Lans hervorragend auszeichnete; die durch
Kapitän z. S. Pohl eroberten Forts sind jetzt gänzlich zerstört und
dürfen nicht wiedererbaut werden; hinter dem alten Südfort am
r. Ufer liegen die Lotsenhäuser der europäischen Takulotsen. Nach
zwei scharfen Biegungen in der flachen Flußniederung des Peiho
(vgl. beifolgende Karte), wo viele wagerecht drehende Windmühlen
(Salzmühlen) die seichten Salzbecken mit Seewasser zur Salzgewinnung
speisen, nahebei hohe Salzlager, vorbei am großen Fischerdorf
Taku, erreicht man
Tongku (Station Hotel; Hôtel du Louvre, französische Küche,
12 Z., Pens. $ 6; Bahnwirtschaft), Hafenstadt für Tientsin und Peking,
zugleich Ausgangspunkt der Bahnlinien nach Peking und Yingkou
(Inkau), ein schmutziges Nest, in dem vorläufig noch deutsche, englische,
japanische und französische Truppenposten stehen. Passagierdampfer
landen an den Anlegebrücken nahe dem Bahnhof. Agentur
des Norddeutschen Lloyd in Tongku (Taku): Melchers & Co. Außer
den S. 278 angeführten deutschen Dampfern nach Tschifu, Tsingtau
und Schanghai laufen japanische, englische und chinesische ebendahin
und nach Nagasaki, Kobe, Dairen, Antung (am Yalu), Tschimulpo
und Hongkong. Man beachte, daß die nach Japan verkehrenden
[S. 280]
Dampfer meist klein, daher bei schlechtem Wetter recht
unbequem sind; Weltreisende sollten möglichst die Vorschläge S. 249
beachten, also von Berlin mit der Bahn über Peking-Hankau nach
Schanghai reisen und von da mit großem Postdampfer nach Japan.
Da außerdem für die Fahrt Tientsin-Japan meist wenig Kabinen
I. Klasse verfügbar sind, muß man frühzeitig vorausbestellen.
Von Tongku nach Peking mit der Nordchinesischen Bahn
in 11/2 St. für I. $ 1,6o, II. $ 1. (Die meisten Bahnbeamten sind
Chinesen.) Haltestellen sind Hsinho und Künliangtschöng; nach
schneller Fahrt durch die im Winter eintönige, im Sommer meist mit
Kauliang, einer bis 3 m hohen Hirseart, bestandenen Ebene der
Peihoniederung am l. Ufer des Flusses erreicht die Bahn (43 km)
Stat. Tientsin Settlement.—Weiter nach Peking vgl. S. 277.
14. Peking und Umgebung.
Vgl. beiliegenden Plan.
Ankunft. Die beiden Kopfstationen
der Nordchinesischen Bahn und der
Peking-Hankau-Bahn liegen östl. und
westl. vom Haupttor Tchiën-mönn.
Vom Mukdenbahnhof erreicht man das
Hôtel des Wagons-Lits zu Fuß in
3 Min. durch das»Water Gate«. Vom
Hankaubahnhof fährt man in Rikscha
10 Min. zum Hotel durch das Tchiën-mönn.
Hausdiener der Gasthöfe sind
am Bahnhof.
Gasthöfe: Grand Hôtel des Wagons-Lits
(deutsche Leitung), I. Haus, mit
allem Komfort, 100 Z., Pens. $ 8-12,
oft überfüllt, daher telegraphische Vorausbestellung
(»Wagonlits-Peking«)
dringend anzuraten.—Hôtel du Nord
(deutscher Inhaber O. Ludwig), beim
Tore Hatamönn, billiger, aber (sehr
primitiv) in alten Chinesenhäusern.—
Hôtel de Pékin (italienische Leitung),
am Nordglacis.—Chinesische Gasthöfe
sind für europäische Reisende unbewohnbar.
Chinesische Speisehäuser
(stets ungemütlich und schmutzig) zeigt
der Führer. Vorher zu Hause essen!
Telegraph in der Telegraph Lane
(vgl. Plan).
Postanstalten, deutsche, französische,
japanische, russische, im Gesandtschaftsviertel.
Wagen besorgen die Gasthöfe,
ebenso Rikschas.
Automobile zu Fahrten zum Sommerpalast
(1 St.), Zoologischen Garten
(1/2 St.).
Führer (Erklärungen mit Vorsicht
aufzunehmen) besorgen die Gasthöfe,
desgleichen Reittiere und Tragstühle
zu Ausflügen.
Eisenbahnen: Nordchinesische Bahn
(Imperial Railways of North China)
nach Tientsin (S. 277) und nach Mukden
(S. 324) mit Anschluß an die Südmandschurische
Bahn (Reichskursbuch
706) über Charbin-Irkutsk-Moskau
nach Berlin (S. 301); die Mongolische
Bahn (Imperial Peking-Kalgan Railway)
nach Suiyüan (S. 295) und die
Peking-Hankau-Bahn oder Peihan-Bahn
(Reichskursbuch 706; Imperial
Ching-Han Railway) nach Hankau
(S. 259 u. 299).
Geld s. S. 219. Viel falsches Silber-und
Kupfergeld ist im Umlauf.—Banken:
Deutsch-Asiatische Bank; Hongkong
& Shanghai Banking Corporation;
beide Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft,
erstere auch der Deutschen
Bank in Berlin und der Allgem.
Deutschen Creditanstalt in Leipzig.
Ferner (seit 1910) Russisch-Asiatische
Bank; Yokohama Specie Bank; Banque
de l'Indo Chine, sämtlich in der Gesandtschaftsstraße.
Theater: In der Chinesenstadt, die
besten in dem 1900 niedergebrannten
Stadtteil sw. vom sogen. Kaisertor in
der Straße Dà-schi-laol und ihren
Parallelstraßen. Theater alten Stils am
Fleischmarkt Jóū-schi, sö. vom Kaisertor.
Beste Plätze auf der Galerie;
Mitnahme eines Führers ratsam.
[S. 281]
Reisebureau der Schlafwagengesellschaft
im Hôtel des Wagons-Lits.—
Führer: Boy-Ed, Peking und Umgebung,
$ 2,20, und andre Führer in
englischer Sprache im Hotel des Wagons-Lits
käuflich.
Gesandtschaften (meist an der Gesandtschaftsstraße):
Deutsches Reich,
Gesandter Se. Exzellenz Wirkl. Geh.
Rat Graf v. Rex (Sommersitz in Peitaiho).
—Österreich-Ungarn, Ritter
v. Kuczynski.
Deutscher Arzt: Stabsarzt Dr. Gelinsky,
deutscher Gesandtschaftsarzt.—
Deutsches Krankenhaus und Militärlazarett
nördl. der deutschen Offiziershäuser.
—Deutsche Apotheke: J. Betines
& Co. im amerikanischen Hospital
an der Hatamönnstraße, gegenüber
Hôtel du Nord. Französisches Krankenhaus
St.-Michel in der Gesandtschaftsstraße.
Geschäftsadressen. Deutscher Photograph:
M. Hartung, gegenüber deutschem
Offizierskasino; japanischer
(gut) Yamamoto, neben Direktion der
Peking-Hankau-Bahn;—Reiseausrüstung
etc.: Kierulff & Co. (deutscher
Inhaber Krüger), Gesandtschaftsstraße;
H. Bahlke (deutsch), Hatamönnstraße,
neben Hôtel du Nord; L.
Wanniek (Österreicher), ebenda;—
chinesische Geschäfte in der Hatamönnstraße
und in der Chinesenstadt.
Zeiteinteilung für 10 Tage. 1. Tag:
Gesandtschaftsviertel und Abendspaziergang
auf der Mauer.—2. Tag:
östliche Mandschustadt bis zum Gelben
Tempel.—3. Tag: westliche
Mandschu-und Kaiserstadt.—4. Tag:
Chinesenstadt.—5. und 6. Tag: Ausflug
zum kaiserlichen Sommerpalast
(geöffnet jeden 5., 15., 25. chinesischen
Datums, 3 Tage vorher bei Gesandtschaft
einschreiben) und in die Westberge.
—7.-10. Tag: Ausflug nach
der Großen Mauer und den Minggräbern.
—Ganz flüchtige Reisende
brauchen 2 Tage für Peking, 1 Tag
Sommerpalast und 3 Tage für den Ausflug
zur Großen Mauer und den Minggräbern.
Vgl. auch Zeiteinteilung auf
S. 294.—Zu genaueren Studium der
Stadt nehme man mindestens 4 Wochen
Aufenthalt.
Für Umschreibung der
chinesischen Laute mit lateinischen
Buchstaben befolgt jeder Schriftsteller
über chinesische Dinge sein
eignes System. Im folgenden sind die
chinesischen Worte in der praktischen
Umschreibung nach dem System Sir
Thomas Wade's wiedergegeben, dessen
Hauptregel ist: die Vokale wie im
Deutschen, die Konsonanten wie im
Englischen zu sprechen. Da viele Abweichungen
vorkommen, ist die Aussprachebezeichnung
in eckigen Klammern
[] beigefügt; man merke: alle
Laute wie im Hochdeutschen mit folgenden
Besonderheiten: y = j in Jahr,
jung; j = französisch j in Journal,
Jongleur; h = ch in Bach, Loch; ch =
ch in China, Chemie; ie stets getrennt
sprechen i-ĕ (nicht wie langes i),
ebenso ou, das entweder ŏ-ū oder ō-ū
lautet; w wie englisch w (nicht wie
deutsches w).
Geschichtliches. Die ältesten Nachrichten
sind vom Jahr 1121 v. Chr.,
als ein Nachkomme des berühmten
Kaisers Huang Ti mit der Stadt Chi
[Dyi] belehnt wurde. Vom 8.-3. Jahrh.
v. Chr. ist Chi die Hauptstadt des
Königreiches Yên [Yĕn]. Unter der
Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.) heißt
die Stadt Yu-chou [Yó-djŏu]. 936 wurde
sie von den aus Liaotung hereinbrechenden
Kitan-Tataren erobert,
die als Liao-Dynastie über Nordchina
herrschten und die Stadt im Gegensatz
zu ihrer nördlichen Hauptstadt
Liaoyung Nanking = »Südliche Hauptstadt« nannten. Seit jener Zeit ist
Peking mit kurzen Unterbrechungen
die Residenz geblieben. Als 1125 die
Chin-[Dyin]-Tataren die Liao vertrieben
hatten, wurde Peking unter
dem Namen Chung-tu [Djúng-du] ihre
Hauptstadt. 1215 vertrieb der mongolische
Eroberer Djingis Khan die
Chin und machte Peking zur Hauptstadt
einer Provinz seines Reiches.
Sein Enkel Kublai Khan verlegte 1264
die Residenz der mongolischen Kaiser
von Karakorum nach Peking und erweiterte
1267 die alte Stadt, die er
Ta-tu [Dá-du, »Große Hauptstadt«],
mongolisch Khanbaligh, »Stadt des
Khan«, nannte. Zugleich errichtete
er ein System von Peking ausgehender,
fester Straßen.
[S. 282]
Der Grund, einen so exzentrisch gelegenen Platz zur
Hauptstadt des gewaltigen Reichs zu
machen, mag in der sichern Lage der
Örtlichkeit beruht haben. Vom Meere
her drohten in frühern Zeiten keine
Gefahren, und nach N. und W. genoß
Peking schon durch die schwere Überschreitbarkeit
des in diesen Richtungen
liegenden Gebirgslandes einen guten
natürlichen Schutz, der durch das großartige
Befestigungssystem der»Großen
Mauer«noch erhöht wurde. 1368 vertrieb
Hung Wu, der erste Kaiser der
einheimischen Ming-Dynastie, die
Mongolen aus China und änderte den
Namen des eroberten Peking in Pei-p'ing-fu
[Bè-ping-fú]], residierte aber
selbst in Nanking. 1409 verlegte der
dritte Mingkaiser Yung Lo die Residenz
von dort nach Pei-p'ing-fu, das
nun zum erstenmal den Namen Peking
(chines. Pei-ching [Bé-dying]) erhielt.
Dieser Name ist in Europa allgemein
bekannt geworden durch die zu jener
Zeit zum erstenmal eintreffenden
Jesuitenmissionare, die den Namen
Peking ihren Karten einverleibten. Die
Chinesen selbst nennen Peking einfach
Ching [Dying] =»Hauptstadt«; amtlich
heißt es Shun-tien-fu, und in der
gelehrten Schriftsprache hat es seinen
alten Namen Yên behalten. 1644 wurde
die Stadt von den Mandschu beim
Sturze der Ming-Dynastie geplündert,
1662 und 1730 von Erdbeben heimgesucht.
1728 gründeten hier die Russen
eine Kolonie Peking; englische
Gesandte residierten hier zeitweise
seit dem Opiumkrieg (S. 216), französische,
italienische, deutsche folgten
1861. Am 12. Okt. 1860 wurde
die Stadt nach leichten Gefechten und
einem Bombardement der Nordmauer
vom Gelben Tempel aus den englisch-französischen
Truppen für einen Tag
geöffnet. Man begnügte sich mit einem
kurzen Demonstrationsmarsch durch
die An-ding-mönn-Straße, zerstörte
aber den Sommerpalast, um die Ermordung
der englischen Parlamentäre
zu rächen. Anfang Juni 1900 erreichte
die Boxerbewegung Peking. Vom
12. Juni bis 14. Aug. war die Stadt
von allem Verkehr mit der Kulturwelt
abgeschnitten (vgl. S. 276). Nach
der Einnahme blieb Peking über 1/2
Jahr von den verbündeten Truppen
besetzt. Neuerdings soll der Sitz der
republikanischen Regierung nach Nanking
verlegt werden.
Peking (»nördliche Hauptstadt«), Hauptstadt des chinesischen
Reiches mit 1017209 Einw., Residenz des Kaisers, unter 39° 45'
nördl. Br. (etwa wie Madrid), 37 m ü. M., in der nördl. Ausbuchtung
der Großen Ebene, 150 km vom Meer, nahe dem mauerartigen
Abfall des Nankougebirges, zwischen den Flüssen Hunho und Peiho
und von drei Bächen durchflossen, die, zum Kanal vereinigt, bei
Tungtschou in den Peiho münden. Das Klima ist ziemlich stark
kontinental (vgl. S. 264), der Winter so kalt wie in Ostpreußen, der
Sommer so heiß wie in Konstantinopel; die Regen (633 mm im Durchschnitt)
drängen sich auf die Sommermonate (namentlich Juli und
August) zusammen, den größten Teil des Jahres über herrscht arger
Staub, die Luft ist fast stets dunstig. Hunho und Peiho sind von
Dezember bis Februar gewöhnlich zugefroren. Die Stadt, deren
Mauer eine Fläche von 63,5 qkm umschließt, war nur noch ein
Schatten früherer Pracht, ist aber jetzt in neuem Aufblühen begriffen,
hat neben alten schlechten auch viele neue gute Straßen,
dabei viele Ruinen einst bedeutender Bauwerke (meist 1900 zerstört),
elende Häuser; große Flächen sind verödet oder nicht bebaut. Peking
besteht aus zwei durch eine 9 m hohe und sehr breite Mauer getrennten
Teilen: der von den Fremden so genannten Tataren-oder
Mandschustadt und der Chinesenstadt. Als 1644 die Mandschu Peking
erobert hatten, verteilten sie das Gebiet der Nordstadt unter sich
und zwangen die Chinesen zur Auswanderung nach der Südstadt;
heute wohnen aber viele Chinesen in der Tatarenstadt. Die Chinesen
[S. 283]
selbst nennen die erstere Nei-ch'êng [Nétschong], »Innere Stadt«, und
die letztere Wai-ch'êng [Waí-tschong], »Äußere Stadt«. Die nördlichere
Tataren-oder Mandschustadt bildet ein nahezu regelmäßiges
Rechteck mit einer 23,6 km langen Mauer von 13 m Höhe und oben
11 m Breite, die von 9 Toren durchbrochen wird, von denen drei
zur Chinesenstadt führen und über denen, wie über den vier Ecken,
30 m hohe Pavillons aufsteigen. Doch sind die meisten verfallen,
ebenso wie die Wälle und der 18 m breite Graben. Die Tatarenstadt
besteht aus drei Teilen: den innersten Kern bildet die Rote Verbotene
Stadt (Tzĕ-chin-ch'êng [Dsè-dyin-tschong), so genannt nach der sie
umschließenden roten Mauer; es ist die Residenz des Hofes, umgeben
mit breitem Wassergraben. Um die Verbotene Stadt zieht sich die
gleichfalls durch eine Mauer abgeschlossene Kaiserstadt (Huang-ch'êng
[Huáng-tschong]), in der sich meist Behörden und Beamtenwohnungen
befinden; sie ist dem freien Verkehr eröffnet mit Ausnahme
der Westseite, wo Militärposten den Eingang zu den Kaiserlichen
Westgärten absperren. Im W. der Kaiserstadt liegt die neue
Reichsuniversität, die aber in etwa 2 Jahren auf ein umfangreiches
Gelände vor der Nordmauer der Tatarenstadt übersiedeln soll. Um
die Kaiserstadt lagert sich dann als dritter Gürtel die eigentliche
Innere Stadt. Hier liegen im SO., nahe der Mauer, die 1900 zum
Teil zerstörten Gesandtschaftsgebäude Deutschlands, Österreich-Ungarns,
Rußlands, der Vereinigten Staaten, Englands, Spaniens,
Japans, Frankreichs, Italiens, der Niederlande und Belgiens; der
Ketteler-Gedenkbogen (S. 284); die Sternwarte, das Waiwupu (Ministerium
des Auswärtigen), das neue Parlament (an Stelle der alten
Prüfungshallen; S. 289), die ungeheuern Vorratskammern für den
Reis der Bannerleute, der große Lamatempel, der Tempel des Confucius,
die Halle der Klassiker, der Paukenturm und Glockenturm,
im W. der Tempel der Kaiser, der Tempel der weißen Pagode. Ferner
der Neubau des Palais des Prinzregenten. Eine 1901 neuaufgebaute
Südkathedrale Nan-tang liegt am Schun-dschĭ-mönn, eine Ostkathedrale
Dung-tang nördl. vom Gesandtschaftsviertel. Die englischen und
amerikanischen protestantischen Missionen haben mehrere Krankenhäuser.
Nahe dem Waiwupu errichtete die chinesische Regierung
1883 die Schule der westlichen Wissenschaften (Tungwênkuan) mit
europäischen Dozenten, Bibliothek und Druckerei, auch Peking-Universität
genannt, die aber 1900 mit allen Bücherschätzen abbrannte.
—Die Kaiserstadt umschließt mit 4-6 m hohen, oben 16 m
dicken und 7 km langen Mauern mit vier Toren zwei künstliche Seen,
aus deren Ausschachtungen zwei Hügel, darunter der 66 m hohe,
aussichtsreiche Kohlenhügel (S. 287) gebildet sind. Hier die neue
katholische Kathedrale St. Sauveur (seit 1883), der Peitang (Bétang =
Nordkathedrale), Sitz des apostolischen Vikars von Peking und Nordtschili,
ein Seminar, Schule, Buchdruckerei und ein Hospital der
Schwestern de la Charité. Die ältern chinesischen Bauten, zum
Teil 1900 zerstört, haben meist modernen Bauten, wie den Kasernen
der Gardetruppen, Schulen und Regierungsgebäuden, Platz machen
müssen. Die Dächer des Palastes sind gelb (die Farbe des kaiserlichen
Hauses).—Die innerhalb der Kaiserstadt gelegene Rote Verbotene
[S. 284]
Stadt, benannt nach der sie umgebenden roten Ziegelmauer, hat
vier reichgeschmückte Tore, vier große Repräsentationshallen für
verschiedene Staatsaktionen, Privatgemächer, Paläste der Frauen
und Prinzen, Wohnungen der zahlreichen Dienerschaft (ca. 3000),
Kasernen der Leibgarden, Gärten, Ställe, die Bureaus des Staatsrats
und des Großsekretariats etc., eine kaiserliche Bibliothek (1900 verbrannt).
—An die Tatarenstadt schließt sich südl. die Chinesenstadt
mit einer aus Chinesen und Mandschus gemischten Bevölkerung, wo
alle Warenhäuser und Verkaufsbuden, die große Buchhändlerstraße
und auch die Tempel des Himmels und des Ackerbaues liegen; der
erstere gilt für den schönsten Tempel Chinas.—Die Straßen sind
rechtwinklig angelegt; die schönste, jetzt modern makadamisiert,
führt vom Südtor der Chinesenstadt bis zu dem der Verbotenen
Stadt. Peking beginnt jetzt eine Selbstverwaltung und hat schon ein
städtisches Wasserwerk; die Ordnung wird durch ein starkes Polizeikorps
aufrechterhalten. Die Garnison besteht aus einem Teil der
Gardedivision, deren Rest bei den Sommerpalästen liegt. Zwei Divisionen
moderner Truppen stehen im Jagdpark südl. Peking und im
Nordpark bei Tching-ho an der Kalganbahn. Die europäischen Gesandtschaften
haben seit den Wirren 1900/01 Wachen eigner Truppen,
die während der Revolution 1911/12 verstärkt wurden.—Die Industrie
beschränkt sich auf Porzellan, Cloisonnée (die beste Werkstätte
von Yang-Tien-Li ist in einer Nebenstraße nördl. vom Kettelerdenkmal),
Edelsteinschleiferei, seit 1906 auch ein Elektrizitätswerk.
Nicht unbedeutend ist der Buchhandel.
Rundgang. Wegen der großen Entfernungen muß man auch
in der Stadt Wagen oder Rikschas benutzen. Beim Besuch der Sehenswürdigkeiten
hat man mit der orientalischen Aufdringlichkeit der
Chinesen gegen Fremde zu rechnen, daher tut man gut, sich eines
vom Gasthof empfohlenen Führers zu bedienen; kleine Trinkgelder
(10 c.) öffnen alle Türen; ob eine Sehenswürdigkeit zugänglich ist
oder nicht, erfährt man im Hotel.—Vom Bahnhof gelangt man
durch das Wassertor in das Gesandtschaftsviertel; geradeaus führt
die Kanalstraße r. am Deutschen Postamt vorbei und r. in die Gesandtschaftsstraße
(an der Ecke das Grand Hôtel des Wagons-Lits),
wo man r. bald die Deutsche Gesandtschaft erreicht, in deren Garten
ein Kreuz zum Andenken an den am 20. Juni 1900 ermordeten Freiherrn
v. Ketteler steht. Gegenüber liegen die Japanische und Französische
Gesandtschaft, beide mit Postämtern; weiter östl. an der Gesandtschaftsstraße
die deutschen Offizierswohnhäuser; r. die deutsche
Walderseekaserne. In der Schwarzhoffstraße (l.) das deutsche Militärlazarett.
Am Ostende der Gesandtschaftsstraße liegt in der Hatamönnstraße
das Hôtel du Nord und in dessen Nähe die amerikanische
Mission nebst Krankenhaus. Nun biege man l. in die Hatamönnstraße
ein, die in gerader Linie nach N. durch die ganze Mandschustadt
führt; an ihr liegt r., an der Nordostecke des Gesandtschaftsviertels,
der Östliche Triumphbogen (»der östliche einfache Bogen«,
[Dung-dan paí-lŏ), dann folgt 0,5 km nördl. der Ketteler-Ehrenbogen,
1903 vom chinesischen Reich zur Sühne erbaut an der Stelle,
wo der deutsche Gesandte ermordet wurde; l. der Palast des Prinzen
[S. 285]
Yü, r. in einer Querstraße das Waiwupu (Auswärtiges Amt). In
der Hatamönnstraße, 1,5 km nördl. weiter, liegen die vier Triumphbogen
(»die vier östlichen Bogen« [Dung-ssĕ paí-lŏū]), in deren
Nähe l. der 1902 abgebrannte Lamatempel Lung-fu-ssĕ (»Tempel
des unendlichen Glücks«, 1451 erbaut); hier Wochenmärkte am 9.,
10., 19., 20., 29. und 30. Tage jedes chines. Monats. Am Nordende der
Hatamönnstraße liegt etwas westl. der Kungfutszetempel (Confucius,
chines. Kuo-tzĕ-chien [Guò-dsĕ-dyién],»Akademie des Landesphilosophen«),
einfach und vornehm gehalten, mit zahlreichen Votivtafeln.
Die alten Zypressen in den Höfen
stammen noch aus den Zeiten der
Yüan-und der Ming-Dynastie (1206-
1368, 1368-1644). Im Frühjahr und
im Herbst wurden in der Haupthalle
den Manen des alten Weisen und seiner
Schüler von den höchsten Beamten
Opfer dargebracht, und jeder Kaiser
opfert einmal nach seinem Regierungsantritt
persönlich und stiftet darauf
eine aus vier goldenen Zeichen auf
blauem Grunde bestehende Votivtafel.
Seitdem Kungfutsze 1906 von der Kaiserinregentin
Tzĕ-hsi Himmel und
Erde gleichgestellt wurde, muß der
Kaiser oder sein Vertreter jährlich
einmal opfern. Die Votivtafeln der
neun Herrscher der gegenwärtigen Dynastie
hängen in der Haupthalle, in
deren Mitte vor einem Opfertische die
Seelentafel des Kungfutsze (chinesisch
K'ung Tzĕ [Kúng Dsĕ], d. h. der Meister
K'ung) steht, mit der mandschurischen
und chinesischen Inschrift:
»Seelentafel des allerheiligsten Vorfahren
und Lehrers Kungfutsze«. Die
Seelentafeln seiner vier Hauptschüler
stehen paarweise davor. Tsêng tzĕ
[Dsóng-dsĕ] schrieb die»Große Lehre«,
das erste der vier kanonischen Bücher;
Mencius (Mêng-tze [Móng-dsĕ]) das
nach ihm benannte vierte dieser Bücher;
Tzĕ ssĕ [Dsĕ-ssĕ] verfaßte die
»Lehre von der Goldenen Mitte«und
Yĕn Hui (Yen-húi) die»Gespräche des
Kungfutsze«. Die Seelentafeln sechs
weniger berühmter Philosophen stehen
auf jeder Seite, darunter die des Chu
Hsi (Dju-chi), des bekannten Denkers
der Sung-Dynastie im 12. Jahrh.—
Auf jeder Seite des Vorhofes liegt eine
Halle mit den Seelentafeln berühmter
Philosophen der Schule des Kungfutsze.
Auf der Oststeite die Tafeln von 78
tugendhaften, auf der Westseite die
von 54 gelehrten Männern; 86 davon
waren Schüler des Meisters.
Im Hofe sechs viereckige rote
Pavillons mit Dächern von Ziegeln im
kaiserlichen Gelb und Steininschriften
im Innern. Darauf berichten die großen
Mandschukaiser K'ang Hsi, Yung
Chêng und Ch'ien Lung ihre Eroberungen
im 18. Jahrh.: 1704 K'ang Hsi:
Eroberung der westlichen Mongolei;
1726: Yung Chêng: Eroberung von
Kukunor; 1750 Ch'ien Lung: Eroberung
des Landes der Miao in Hunan u. Kweitschou;
1760 Ch'ien Lung: Eroberung
der Dsungarei; 1760 Ch'ien Lung: Eroberung
von Turkestan; 1777 Ch'ien
Lung: Unterwerfung der eingebornen
Stämme in Szetschuan.—Im Torwege
zu diesem Hofe liegen die berühmten
Steintrommeln (die schwarz und unscheinbar
aussehenden Originale hinter
einem rot angestrichenen Holzgitter
auf der Nordseite des Tores); sie
werden zuerst im 7. Jahrh. erwähnt,
sollen 2500 Jahre alt sein und das
älteste erhaltene chinesische Schriftdenkmal
darstellen. Sie enthalten in
altertümlicher Schrift eine poetische
Darstellung der Jagdzüge des Königs
Hsüan Wang. Kaiser Ch'ien Lung hat
aus weißem Marmor Nachbildungen
der alten Trommeln anfertigen und
südl. vom Tor aufstellen lassen.
Im Vorhofe wurden ehemals die
alle drei Jahre wiederkehrenden höchsten
literarischen Examen in Mattenzelten
abgehalten. Zur Erinnerung an
jedes Examen wurde eine Steintafel mit
dem Namen der jeweilig Graduierten
errichtet, die hier den Titel eines
»chin-shih«(dyín-schĭ) erwarben. Die
ältesten drei Tafeln stammen noch
aus der Zeit der Yüan-Dynastie (1206-
1368). Es ist jedenfalls das älteste
Doktorenalbum der Welt.
Westl. anschließend an den Kungfutszetempel liegt die von den
Fremden so genannte Klassikerhalle, chines. Pi-yung-kung [Bi-yung-gúng],
[S. 286]
etwa»Palast der vollendeten Harmonie«, erbaut vom
Kaiser Ch'ien Lung (1736-96). Am Eingang zum innern Hof ein
schöner Torbogen mit farbigen glasierten Ziegeln und Kacheln. In
den offenen Hallen, die den Hof umziehen, ist der authentische
Text der neun Klassiker auf weißen Marmortafeln eingegraben. In
dem Pavillon inmitten des Hofes pflegte der Kaiser seine eignen
Gedichte und Aufsätze den höchsten Gelehrten des Landes jährlich
einmal vorzulesen. Unter seinen Nachfolgern ist das Gebäude nie
mehr benutzt worden. (Trinkgeld in jeder dieser Anlagen 10 c. die
Person; unverschämte Mehrforderungen sind gelassen zu ignorieren).
—3 Min. östl. liegt der von den Fremden so genannte Lamatempel,
chines. Yung-ho-kung [Yùng-hōŏ-gúng], »Palast des harmonischen
Friedens«, eine weitläufige, prächtige Anlage, ursprünglich
das Kronprinzenpalais des spätern Kaisers Yung Chêng (1723-1736),
bewohnt von etwa 400 Lamas der tibetischen Gelben Kirche,
sämtlich mongolischer Abkunft (keine Chinesen!), unter der Leitung
tibetischer Oberpriester. Haupt des Klosters ist ein sogen. »Lebender
Buddha« (Hūo-fōŏ), d. h. die jeweilige Reinkarnation eines tibetischen
Heiligen; doch residiert dieser seit Jahrzehnten in Dolonnor (acht
Tagereisen von Peking) in der Mongolei und besucht nur gelegentlich
im Winter die Hauptstadt. Der wirkliche Leiter des Klosters
ist ein tibetischer Abt. Die Anlage enthält schöne Hallen, Pavillons
mit kaiserlichen Inschriften, tibetische Gebetsmühlen, sehr schöne
Altarschnitzereien und in der letzten Haupthalle ein angeblich aus
einem einzigen Stück Sandelholz gefertigtes, 14 m hohes Monumentalbild
des aufrechtstehenden »Bodhisattva Maitrêya«, des buddhistischen
Messias, der als fünfter und vollendeter Buddha unsrer Kalpa,
des gegenwärtigen Weltzeitalters, erscheinen wird, um unsre Welt
zu erlösen. Da die Größe der menschlichen Natur mit wachsender
Sittenreinheit zunimmt, wird der Bodhisattva erst zum Buddha werden,
wenn unsre Nachkommen so groß sind wie sein Bild! Sehenswert
sind die dreimal täglich stattfindenden Gebetsübungen der
Mönche (Messelesen in tibetischer Sprache. Wunderbare tiefe Stimmen,
tiefes d!). Nicht hineingehen und nicht stören! Bei jeder Halle
die Person höchstens 10 c. Trinkgeld, Mehrforderungen ignoriert
man; den Bettlern im Vorhofe nichts geben!—Nun wende man sich
westl. durch eine der Querstraßen zum *Paukenturm (Ku-lou [Gú-lŏū]),
von Kublai Khan erbaut, dann abgebrannt und in vergrößertem
Maßstabe von Yung Lo aus Ziegelsteinen neu errichtet (früher nur
Holzbau). Die großen Pauken wurden früher als Alarmsignale geschlagen;
eine bronzene Wasseruhr ist seit 1900 verschwunden.
Schöne *Aussicht über ganz Peking, doch des schlechten Abstiegs
wegen nur schwindelfreien Personen zu empfehlen.—Gleich nördl.
davon der Glockenturm (Chung-lou [Djúng-lŏū]), vom Kaiser Ch'ien
Lung 1740 erbaut, um eine der berühmten fünf Riesenglocken des
Ming-Kaisers Yung Lo darin aufzuhängen; die Glocke wird nicht
mehr geschlagen. Von der obern Terrasse gleichfalls schöne Aussicht,
doch unbequemer Aufstieg.—Nun folge man der breiten
Straße, die südl. zum Tor des irdischen Friedens (Ti-an-mén [Di-an-mönn])
oder Hintertor (Hou mên [Hŏū-mönn]) der Kaiserstadt führt;
[S. 287]
wenn man am Ende der Straße den Ahnentempel (Pl. 1) erreicht,
biege man l., vorbei an den Leichenhallen der kaiserlichen Familie
(r.; Pl. 12) und der kaiserlichen Nebenfrauen (l.; Pl. 13), zur Reichsuniversität
(chines. Ta-hsüeh-t'ang [Dà chüĕ-táng]), ein Alumnat
für 500 Studenten, geleitet von einem Rektor und 7 Prorektoren für
7 Fakultäten, einige deutsche, englische, amerikanische und französische
Dozenten neben vielen eingebornen Professoren, die größtenteils
im Auslande studiert haben; Bibliothek, Sammlungen und
Druckerei. Zur Universität gehört das Dolmetscherseminar nahe
dem»Östlichen Friedenstor«(1910 eröffnet für 300 Studenten).—
Westl. von der Universität erhebt sich der Ching-shan (Dying-schan),
»Aussichtsberg«, von den Fremden nach einer alten chinesischen
Sage Kohlenhügel genannt, weil er angeblich aus Kohlen
besteht, die für den Fall einer Belagerung Pekings dort aufgestapelt
liegen sollen; in Wahrheit besteht er aus den Erdmassen, die bei
Anlage der künstlichen Teiche in den Kaiserl. Westgärten ausgehoben
worden sind. An einem inzwischen abgestorbenen Baum am Ostabhange
des Hügels erhängte sich 1644 der letzte Mingkaiser Ch'ung
Chêng (Tschúng-djong), als der Rebellenführer Li Tzĕ-ch'êng [Li
Dsĕ-tschóng] die Westmauer der Tatarenstadt erstürmt hatte. Das
Gebiet des Chingshan gehört zur Verbotenen Stadt und ist für Besucher
unzugänglich.—Sw. liegen die gleichfalls unzugänglichen
Kaiserlichen Westgärten (Hsi yüan [Chi-yüen]) mit den Ssan-hai,
oder»Drei Meeren«, d. h. drei Lotosteichen. Am Nordteich der berühmte
Lamatempel (Pl. 23) mit Kolossalfigur eines tausendarmigen
Bodhisattva Avalokitêsvara und eine Halbinsel mit weithin sichtbarer
weißer Pagode, in deren Nähe ein Altar der Schutzgottheit des
Seidenbaues errichtet ist, an dem die Kaiserin nach altem Herkommen
mit den Damen des Hofstaates alljährlich einmal opfert.—An
der Südwestecke des Mittelteiches lag der seinerzeit vom Feldmarschall
Grafen von Waldersee bewohnte Palast der Kaiserinregentin,
der am 18. April 1901 einer Feuersbrunst zum Opfer fiel. An seiner
Stelle stehen jetzt geschmacklose Gebäude, in denen die verstorbene
Kaiserinregentin Tzĕ-hsi das diplomatische Korps in Audienz empfing.
Inmitten des Südteiches liegt der von den Fremden so genannte
Inselpalast, (Pl. 8), in dem der Kaiser Kuang Hsü 1898-1900
von der Kaiserinregentin gefangen gehalten wurde; er diente später
gelegentlich zu Audienzzwecken. Die Westgärten gehören zur Verbotenen
Stadt und sind nicht zugänglich.—Zwischen Nord-und
Mittelteich führt die Marmorbrücke (Pl. 9) zu einer breiten Allee, die
durch das »Westliche Friedenstor« aus der Kaiserstadt in die Mandschustadt
führt; an der breiten Allee, von den Franzosen 1901 angelegt
und Avenue Voyron genannt, liegt r. (nördl.) *Peitang [Bétang],
der Sitz des französischen Erzbischofs und der Lazaristenmission
mit der Kathedrale St.-Sauveur und mehreren Klöstern und
Schulen, die während der Belagerungszeit 1900 von einer Handvoll
französischer und italienischer Matrosen tapfer gegen den chinesischen
Pöbel verteidigt wurden.
Die Rote Verbotene Stadt (unzugänglich) ist mit einer 3584 m
langen rotbraunen Mauer umgeben (s. oben) und durch einen 30 m
[S. 288]
breiten Wassergraben von der Kaiserstadt getrennt; nur vier Brücken,
je eine von jeder Seite, führen über den Graben. Die europäischen
Truppen haben 1900 arg in der Roten Stadt gehaust und viele kostbare
Kunstwerke zerstört. Gebäude, Tempel und Gärten stammen
meist aus der Zeit der großen Mandschukaiser (1662-1796), doch
reicht die ursprüngliche Anlage bis auf Kublai Khan (1260-95) zurück;
sie haben geschweifte, reichverzierte Dächer mit gelben Ziegeln,
deren Giebel mit goldenen Drachen gekrönt sind.—Am Westende
der Gesandtschaftsstraße gelangt man südl. zum Chêng-yang-men
[Djòng-yang-mönn], dem »Tor der senkrecht gegenstehenden
Sonne«, d. h. Südtor, von den Fremden Kaisertor, volkstümlich
Tchiën-mönn, »Vorderes Tor«, genannt; die im Juni 1900 abgebrannten
Turmaufbauten sind 1905/07 wiederhergestellt. Diesem mittlern
Südtor der Mandschustadt liegt im N. das Haupteingangstor des
Kaiserpalastes Da-Tching-mönn, d. h. »Tor der Großen Mandschu-Dynastie«,
unmittelbar gegenüber. Weiter nach N. zu folgt dahinter
ein langer Vorhof bis zum Südtor der Kaiserstadt,»Tor des himmlischen
Friedens«genannt; von da führt noch ein weiterer Vorhof
zwischen Anlagen und durch das»Tor der Erhabenheit«, neben dem
l. der»Altar der Götter des Landes und der Feldfrüchte«(Pl. 3), r.
der Ahnentempel des Kaisers (Pl. 2) steht, über eine reichgeschmückte
Brücke und durch das Mittagstor (Wumönn) in die Rote Verbotene
Stadt. Die großen Mittelplätze sind durch Tore und Hallen abgeteilt.
Man gelangt durch das»Tor der Eintracht«(Taihomönn) in die»Halle
der höchsten Eintracht«(T'ai-ho-tien [Taì-hōŏ-dién]), dann in die
»Halle der mittlern Eintracht«(Chung-ho-tien [Djung-hōŏ-dién]) und
schließlich in die»Halle der beschützten Eintracht«(Pao-ho-tien
[Bào-hōŏ-dién]); diese Hallen dienen lediglich als Repräsentationsräume
bei bestimmten Staatsaktionen, so der T'ai-ho-tien zur Neujahrs-
und Geburtstagsgratulation vor dem Kaiser, der Chung-ho-tien
zur Aufbewahrung der Staatssiegel und der Bao-ho-tien als
Prüfungshalle beim Palastexamen. Vom nördl. Vorhof der letzten
Halle führt das »Tor der himmlischen Reinheit« (Pl. 3) in den Palast
der himmlischen Reinheit (Ch'ien-ch'ing-kung [Tchiĕn-tching-gúng]),
worin in der Morgenfrühe die fünf Mitglieder des Staatsrats dem Kaiser
oder dem Regenten Vortrag halten. In dieser Halle finden auch
seit 1901 die großen Audienzen statt, die fürstlichen Gästen oder
dem diplomatischen Korps erteilt werden. Bestimmte Wohnungen
des Kaisers etc. gibt es nicht. Die ewige Attentatfurcht bewirkt,
daß schon seit alten Zeiten die Mitglieder der kaiserl. Familie in
den weiten Palastgründen tageweise von Haus zu Haus ziehen. Die
verstorbenen Majestäten wohnten in einem der Pavillons der Westgärten
oder des Sommerpalastes; östl. von den Wohnungen der
Nebenfrauen des Kaisers, getrennt durch das »Tor des Kriegsgottes«
(Pl. 4), liegen die Wohnungen und Paläste der kaiserlichen Frauen
und südl. davon die Wohnungen der kaiserlichen Kinder. Außerdem
liegen im nördl. Teile der Verbotenen Stadt die Wohnungen
der Dienerinnen, Eunuchen, die Seidenlager, Pelzlager, Theatersäle,
Pagoden und verschiedene andre Paläste.
*Spaziergänge auf der Südmauer der Mandschustadt sind sehr
[S. 289]
zu empfehlen; 1910 ist vom diplomatischen Korps ein Promenadenweg
mit Ruhebänken zwischen Tchiën-mönn und Hada-mönn angelegt.
Ein Aufgang zur Mauer liegt am Südende der Sodenstraße,
die gegenüber der St.-Michelkathedrale von der Gesandtschaftsstraße
südl. führt, ein zweiter westl. vom Wassertor hinter der Russisch-Asiatischen
Bank. Man geht westl. auf der Mauer bis zum Wassertor
und Tchiën-mönn; östl. gelangt man über das Hadamönntor auf
der Mauer am deutschen Friedhof vorbei bis zum SO.-Eckturm,
dann noch 3/4 km nördl. bis zur Kaiserlichen Sternwarte (Kuanhsiang
t'ai [G'wàn-chiang-taí]), erbaut 1279 unter Kublai, geleitet im 14.-17.
Jahrh. von arabischen Astronomenfamilien, dann von den Jesuiten,
deren berühmter Astronom P. Verbiest (gest. 1688 in Peking)
die alten mongolisch-arabischen Instrumente durch kunstvolle, zeitgemäßere
Armillarsphären, Azimutalkreise, Sextanten und einen
Himmelsglobus ersetzte. Einige dieser Instrumente wurden 1901
nach Potsdam gebracht; der Himmelsglobus ist 1905 durch eine
(allerdings nur 1/3 so große) Nachbildung ersetzt worden. Die Franzosen
haben die von ihnen seinerzeit fortgenommenen Instrumente
1905 zurückgegeben. (Von der frühern Existenz der in Deutschland
befindlichen zeugen nur die leeren Steinsockel.)—Dicht nördl.
von der Sternwarte lagen die Großen Prüfungshallen (Kung-yüan
[Ging-yüan]) mit mehreren tausend Zellen, wo alle drei Jahre aus
dem ganzen Reiche die bereits doppelt geprüften Anwärter ihr
Staatsexamen und »den Doktor machten«, d. h. den Titel »Chü-jên«
[Dyü-jön] erwarben, der Anrecht auf die Beamtenlaufbahn gab (die
alten Examina sind 1905 abgeschafft worden). Das Gebäude wurde
1900 von den fremden Truppen zerstört und wird gegenwärtig zum
Bauplatz für das 1912 zu eröffnende Parlament hergerichtet. Ein
deutscher Architekt baut hier das Oberhaus (Schang-i-yüan) und
das Unterhaus (Chia-i-yüan) des modernen China.
Zum Besuch der Chinesenstadt fährt man mit Rikscha durch
das Tchiën-mönn südl. in die breite, gepflasterte Tchiën-mönn-Straße,
an der 2,5 km vom Tor r. der von den Fremden so genannte Ackerbautempel,
chines. Hsien-nung-t'an [Chièn-nung-tán], »Altar des
ersten Ackerbauers«, d. h. des sagenhaften Kaisers Shên-nung [Schönnung]
(2838-2698 v. Chr.) liegt, eine große, mit prächtigem Park
und einer 3450 m langen Mauer umgebene Anlage, die vom Kaiser
Chia Ch'ing [Dyiá-tching] der Ming-Dynastie (1522-67) erbaut und
unter Kaiser Ch'ien Lung [Tchien-lúng] (1736-96) der regierenden
Mandschudynastie erneuert wurde.
Es bestehen vier Kultusstätten: der
eigentliche Altar des Shên-nung, eine
Tempelhalle des Jahresgottes (Tai-sui-tien
[Tai-ssōē-dién]), eine ebensolche
des Planeten Jupiter (Mu-hsing-tien
[Mù-ching-dién]) und die Halle
Pei-tien [Bé-tièn], wo der Kaiser in
jedem Frühjahr seine Kultushandlungen
beginnt. Vor einer Terrasse das
Feld, das der Kaiser an einem bestimmten
Tag im Frühjahr mit den
Prinzen des kaiserlichen Hauses, den
höchsten Beamten der Stadtverwaltung
und einer Anzahl der ältesten
Greise Pekings eigenhändig bestellt;
der Kaiser zieht mit dem Pfluge drei,
die übrigen Teilnehmer an der feierlichen
Handlung je eine Furche und
streuen symbolisch Reis-, Weizen-und
Hirsekörner darüber. Der früher benutzte
kunstvolle Bronzepflug ist 1900
verschwunden und jetzt durch einen
plumpen, gelb angestrichenen Holzpflug
ersetzt worden.
[S. 290]
Während der
Okkupation von 1900/01 diente die
Tempelanlage den amerikanischen
Truppen unter General Chaffee als
Quartier.—Priester gibt es hier, wie
in allen kaiserlichen Tempeln, nicht,
da der Kaiser in diesen der einzige
Priester ist. (Trinkgeld an die führenden
Aufseher 10-20 c.)
Gegenüber liegt der schönste und großartigste Tempel Pekings,
der von den Fremden sogen. *Himmelstempel, chines. T'ien-t'an
[T'ien-tán], »Altar des Himmels«, eine gewaltige Anlage von einer
5750 m langen Mauer umgeben, unter der Regierung des Mingkaisers
Yung Lo (1403-25) erbaut; sie diente dem Kult des Himmels und
der Erde, bis Kaiser Ch'ien Lung im 18. Jahr seiner Herrschaft
(1754) einen besondern »Altar der Erde« (Ti-t'an [Di-tán]) im Norden
Pekings vor dem Tore An-ting-mên [An-ding-mönn] erbaute.
Durch das nördl. Tor der äußern
Westmauer gelangt man durch eine
Allee schöner alter Zypressen zum
Tore der innern Mauer. Hinter diesem
erblickt man zunächst r. ein von
einem Graben umzogenes Gebäude,
die Halle der Enthaltsamkeit (Chai-kung
[Djaí-gung]), woselbst der Kaiser
die Nacht vor dem Opfer fastet;
sehenswerter Thronsessel im Hauptraume.
—Dann sö. zum großen Hauptaltar,
chines. Yüan-ch'iu [Yüĕn-tchió],
»Runder Hügel« oder Nán-t'an, Südaltar
genannt, ganz aus weißem Marmor
erbaut und von Marmorbogen
umgeben. Hier opfert der Kaiser als
»Sohn des Himmels«alljährlich zur
Zeit der Wintersonnenwende als Hoherpriester
seines Volkes und erfleht
den Segen des Himmels für das kommende
Jahr. Auf der obersten Plattform
werden zur Zeit des Opfers eine
Anzahl Zelte aus dunkelblauem Tuch
errichtet, in die auf vergoldeten hölzernen
Thronsesseln die Seelentafeln
des »Allerhöchsten Himmlischen Herrschers«,
des Jahres, der Gestirne, der
Sonne, des Mondes und der 8 kaiserlichen
Ahnen des regierenden Hauses
stehen. Vor allen Tafeln stehen Opfertische
mit den verschiedensten Sorten
von Fleisch, Wildbret, Fischen, Sämereien,
Früchten und Backwerk. Während
der Kultushandlung, die die
kaiserliche Kapelle auf eigenartigen,
kunstvoll gearbeiteten Instrumenten
mit einer uralten Sakralmusik begleitet,
kniet der Kaiser allein auf der
obersten Plattform, während die übrigen
Terrassen und der Hof mit den
Prinzen und den höchsten Würdenträgern
besetzt sind. Insgesamt nehmen
an dem 3/4 St. vor Sonnenaufgang
beginnenden Opfer mehrere hundert
Personen teil, die sich schon am vorhergehenden
Tag aus der Stadt dorthin
begeben und teils in den ausgedehnten
Wohnhausanlagen, teils in
Zelten übernachtet haben. Dieser Südaltar
ist der eigentliche »Altar des
Himmels« und der Hauptpunkt der
ganzen Anlage. Die oft gehörte Behauptung,
die Chinesen hielten ihn
für den Mittelpunkt der Erde, gehört
ins Gebiet der vielen Fabeln, die sich
während der Okkupationszeit von
1900/01 gebildet haben.—Am Fuße
des Altars stehen neun große eiserne
Becken, je eins beim ersten Opfer
eines jeden Kaisers der regierenden
Dynastie gestiftet, in denen grobe
weiße Seidenstoffrollen verbrannt werden.
—Nahe sö. vom Altar ein aus
grünglasierten Ziegeln erbauter Brandopferofen
(liáo-lu), in dem jedesmal
ein schwarzer Stier verbrannt wird.
Die zur Tempelwirtschaft gehörende
Herde schwarzer Stiere kann man oft
auf den weiten Grasflächen weiden
sehen.—Wenig nördl. vom Südaltar
ein Pavillon, in dem die Kultusgeräte
aufbewahrt werden. (Kein Zutritt!)
Man wende sich nun nördl. Auf
einer mit mächtigen Steinquadern belegten
breiten Terrasse gelangt man
zum *Nordaltar, chines. Ch'i-ku-t'an
[Tchi-gu-tán], »Getreideopfer-Altar«,
genannt; auf ihm erhebt sich ein stattliches
rundes Gebäude, einer der schönsten
Bauten Pekings, Ch'i-nien-tien
[Tchi-niĕn-dién],»Jahresopfer-Halle«,
genannt. Hier pflegte der Kaiser ehemals
alljährlich im Frühjahr um eine
glückliche Ernte zu beten. Seitdem
das Gebäude aber 1852 infolge eines
Blitzschlags abbrannte, ist das Ernteopfer
stets gleichfalls auf dem Südaltar
abgehalten und die an Stelle der
alten neuerbaute Halle nie benutzt
worden.
[S. 291]
Der Pavillon nördl. davon
enthält die Kultusgeräte.—Bei der
Besetzung im Jahre 1900 lag die britisch-indische
Kavallerie des Generals
Gaselee im Himmelstempel.—
(Trinkgeld an den führenden Aufseher
je 10-20 c.)
Außerdem sind in der Chinesenstadt sehenswert die Hauptgeschäftsstraße
Dà-schĭ-lărl, die Buchhändlerstraße Liu-li-ch'ang [Lèo-lit-tscháng]
mit Kuriositätenläden und sw. davon der Buddhatempel
Fà-yüan-ssé, der älteste Tempel Pekings, 645 erbaut.—Nahe der
Buchhändlerstraße ist eine sehenswerte Cloisonnéfabrik (S. 284).
Ausflug zu den kaiserlichen Sommerpalästen und in die Westberge.
Etwa 2-3 Tage, mit Nachtlager in
den Klöstern am»Tempel der blaugrünen
Wolke«und am Miaofengschan.
Der alte Sommerpalast allein ist eine
kleine Tagestour. Alle größern Ausflüge
suche man in Gesellschaft zu machen,
Herren zu Pferde (tägl. $ 2), Damen
in Maultiersänfte (tägl. $ 4); oder in
Tragstühlen, die der Gasthof besorgt;
dazu nehme man Reitknechte nach
Bedarf, einen Führer (tägl. $ 2), einen
Koch (tägl. $ 0,75) sowie eine Pekingkarre
(tägl. $ 2) mit Mundvorrat und
Getränk sowie Matratzen und Decken
mit. Die Gasthöfe besorgen die Ausrüstung.
Unterwegs regelt der Führer
alle Ausgaben. Chinesische Herbergen
trifft man unterwegs.
Man verläßt die Mandschustadt durch das nordöstliche Tor, Andingmönn,
und gelangt, den Tempel der Erde (Di-tan) r. lassend, zum
*Gelben Tempel (Huang-ssĕ), etwa 25 Min. nördl. von der Stadtmauer,
einer großen Tempelanlage mit prachtvollen Marmorbauten
inmitten alter Parkanlagen, von Kaiser Ch'ien Lung zu Ehren des
ihn zu seinem 70. Geburtstage 1780 besuchenden Tashi Lama erbaut;
er besteht aus drei Teilen; das mittlere, arg zerfallene Gebäude
in halb tibetischem Stil diente dem heiligen Mann aus Tibet,
der im Rang nur dem Dalai Lama nachsteht, zur Wohnung, die östl.
Tempelanlage Tung-huang-ssĕ [Dùng-huang-ssĕ] als Privatkapelle.
Als der Heilige 1781 an den Blattern
starb, ließ der Kaiser seine Kleider
westl. des Wohnpalastes beisetzen
und darüber aus weißem Marmor eine
schöne Pagode errichten, während der
Leichnam in einem vergoldeten Sarge
nach Tibet geschickt wurde. Pagoden
sind buddhistische Grabdenkmäler,
die in ihren fünf Hauptabschnitten die
fünf Elemente darstellen und die Auflösung
des Körpers in die fünf Elemente
versinnbildlichen sollen. An der
Pagode schöne Reliefs, die wunderbare
Geburt des Heiligen, seine Lehrtätigkeit,
Tod und Wiedergeburt als
Buddha darstellend, 1900 leider von
japanischen Soldaten arg verstümmelt.
—Der Gelbe Tempel war 1861 das
Hauptquartier Lord Elgins, als die
Engländer und Franzosen das Tor An-ding-mèn
bombardierten, durch das
sie später einzogen.—Dicht östl. vom
Gelben Tempel das von der chinesischen
Regierung für den Dalai Lama
gebaute Absteigequartier (Dalai-lama
chĭng-yung), wo der tibetische Heilige
im Jahre 1908 wohnte. Zu sehen: seine
Reisewagen, sein Altar, von ihm gesegnete
Gegenstände. Eintritt gegen
Trinkgeld erlangbar.
10 Min. nördl. davon der kleine,
unscheinbare Tempel Tsan-tan-ssĕ mit
den Leichen der im Yung-ho-yung
verstorbenen Mönche, die hier in viereckigen,
ca. 1 qm großen Holzkisten
in einer der Stellung des Embryo im
Mutterleibe entsprechenden Körperhaltung
(buddhistische Lehre der ewigen
Wiedergeburt!) aufgestapelt und
gelegentlich im Vorhofe verbrannt werden.
Die Aschensäcke hängen an den
Wänden der Haupthalle in groben
gelben Beuteln; sie werden gelegentlich
nach dem Wallfahrtsort Wu-tai-schan
in der Provinz Schansi geschickt
und dort beigesetzt. Nur für starke
Nerven, namentlich bei warmer Witterung!
[S. 292]
Vom Oktober bis Februar pflegen
die nach Peking aus der Mongolei kommenden
Tributgesandtschaften in den
großen Karawansereien beim Gelben
Tempel abzusteigen. Daher heißt diese
ganze Gegend der Mongolenmarkt.
Zwischen dem Gelben Tempel und
der Stadt Peking liegt der alte Exerzierplatz
der mandschurischen Bannertruppen,
wo die kriegerischen großen
Kaiser K'ang Hsi, Yung Chêng und
Ch'ien Lung von einem noch zu erkennenden
Sandhügel in der Mitte
Heerschau hielten. Zurzeit wird hier
der Bau der neuen Reichsuniversität
vorbereitet (Alumnat mit Colleges nach
amerikanischem Vorbild).
Zu Pferde etwa 20 Min. wnw. weiter
erreicht man den Tempel der
Großen Glocke (Ta-chung-ssĕ [Dá-djung-ssĕ])
mit einer der 5 Riesenglocken,
die der Ming-Kaiser Yung
Lo (1403-25) gießen ließ, 1578 erbaut.
Sie ist innen und außen mit
dem Text einer Hymne auf Amitabha
Buddha in chinesischen und Sanskritschriftzeichen
bedeckt. Den besten
Eindruck von der gewaltigen Größe
der Glocke erhält man, wenn man
sich unter sie stellt.
Wer den Umweg von 2-3 St. über den Gelben Tempel und den
Tempel der Großen Glocke scheut, gelangt am besten zu den Sommerpalästen,
wenn er Peking durch das Nordtor der Westmauer,
das Hsi-dschi-mönn [Chí-dji-mönn] verläßt. [Wer Eile hat und sich mit
derselben Straße zum Hin-und Rückweg begnügt, fährt im Automobil
oder Wagen die neue große Chaussee über Hai-dien.]—10 Min.
westl. von Hsi-dschi-mönn der 1907 eröffnete Botanische und Zoologische
Garten mit europäischem Restaurant, Teehaus und einem
Absteigequartier der verstorbenen Kaiserin-Regentin. (Eintritt in die
botanische und zoologische Abteilung pro Person je 8 Kupfercents,
Besichtigung des kaiserlichen Hauses pro Person 20 c.; auf guter
Straße in Wagen, Auto oder Rikscha bequem zu erreichen.) Vor
dem Tor überschreitet man die Mongolische Bahn (S. 280). L.
von einer über einen Kanal führenden Steinbrücke liegen die Bootshäuser
für die kaiserlichen Dschunken, in denen sich die Majestäten
auf dem Kanal von einem kleinen Raddampfer zum Sommerpalast
schleppen ließen. Am vielfach gewundenen Kanal entlang schöner
Weg bis zu dem von einem indischen Buddhistenmissionar in hindustanischem
Stil erbauten Tempel Wù-t'a-ssĕ (»Fünf-Pagoden-Tempel«),
jetzt verfallen und verlassen. Nach etwa 1/2 St. neben einer Schleuse
der nach 1900 wieder schön hergerichtete Tempel Wan-shou-ssĕ
[Wăn-shŏ[-i]-ssĕ] mit sehenswerten Höfen und Hallen.—Unmittelbar
westl. daneben das Absteigequartier der Majestäten Hsing-kung
[chíng-gung], die hier auf der Fahrt nach dem Sommerpalast rasteten
und der Schleuse wegen die Boote wechselten; sehenswert, da alle
Wohnräume vollständig eingerichtet und die Höfe gegen Trinkgeld
zugänglich sind.—Da der weitere Weg am Kanal entlang bald durch
Militärposten versperrt wird, verlasse man den Kanalweg und biege
durch den westl. vom kaiserlichen Absteigequartier gelegenen Torbogen
nach N. ab. Bei dem Marktflecken Hai-tien [Hai-diĕn] erreicht
man die von Peking zum Sommerpalast führende Straße und gelangt
auf ihr, an den neuen Kasernen der Gardedivision und den Sommersitzen
der Prinzen und hohen Würdenträger vorbei, zum (15 km)
sogen. *Alten Kaiser-Sommerpalast, Yüàn-ming-yüán (»Park des
Vollendeten Glanzes«), einst die Sommerresidenz des großen Ch'ien
Lung (1736-96), der hier 1793 die erste englische Gesandtschaft
unter Lord Macartney empfing. Der Palast wurde 1861 zur Strafe
[S. 293]
für die Gefangennahme und Ermordung der englischen Parlamentäre
von den verbündeten Engländern und Franzosen gänzlich ausgeplündert
(ganze Schiffsladungen von Kunstwerken gingen nach Europa)
und in barbarischer Weise zerstört; die Ruinen geben nur ein
schwaches Bild der vergangenen Pracht. Für den Europäer interessant
sind die Überreste der von den französischen Jesuitenmissionaren
nach Vorbildern von Trianon und Versailles erbauten Rokokobauten,
Labyrinthe u. dergl. Der schöne Park ist »heimlich« gegen Trinkgeld
von einer Seitentür an der Westmauer wieder zugänglich.—
An verschiedenen prinzlichen Sommersitzen vorbei führt die große
Steinstraße weiter zum sogen. Neuen Sommerpalast, I-ho-yüan
[I-hōă-yüán, »Park des Alterfriedens«], von den Fremden nach dem
in ihm liegenden Hügel Wan-shou-shan [Wàn-schŏū-schăn, »Kaisersgeburtstagsberg«]
genannt (Wan-shou heißt eigentlich»10000 [mal]
hohes Alter«), weil der Begründer dieses Sommersitzes, Kaiser K'ang
Hsi (1662-73), zum Andenken an den 60. Geburtstag seiner Mutter
auf der Spitze des Hügels einen Tempel erbauen ließ. Auch diese
Sommerresidenz wurde 1861 von den Engländern und 1900 von den
verbündeten Truppen zerstört und ausgeplündert; sie ist neuerdings
zum Teil aufgebaut und dient dem Hofe während der wärmern
Monate zum Aufenthalt. (Besichtigung am 5., 15. und 25. jedes
chinesischen Monats gestattet, man melde sich spätestens drei Tage
vorher bei der Gesandtschaft an, der Eintritt nur gegen auf Namen
des Inhabers lautende Karte gestattet; Trinkgeld pro Person $ 1,
Kahnführer extra.)—Etwas westl. liegt der ebenfalls von Kaiser K'ang
Hsi angelegte älteste der kaiserlichen Sommergärten Ching-ming-yüan
[Dyìng-ming-yüăn, »Park des ungetrübten Glanzes«], gleichfalls 1861
und 1900 zerstört, mit dem Hügel Yü-ch'üan-shan [Ü-tchüen-schăn,
»Berg der Nephritquelle«]. Auf der Spitze des Hügels die weithin
sichtbare Pagode Yü-fîng-t'a [Ü-fong-tá], von wo man eine herrliche
*Aussicht über die kaiserlichen Sommergärten, die Pekinger Ebene
und in die nahen Westberge hat. Der Eintritt ist gegen Trinkgeld
50 c. (für 1-2 Pers.) unschwer zu erlangen und solchen zu empfehlen,
denen Besuch des Sommerpalastes wegen Zeitmangel unmöglich.
Am Fuße des Hügels entspringt
unterhalb eines Tempelchens die Nephritquelle,
die die künstlichen
Teiche der kaiserlichen Gärten, den
nach Peking führenden Kanal und
die Stadtgräben und Teiche der Hauptstadt
bewässert, deren weiterer Abfluß
dann der in den Peiho [Bai-hōŏ,
»Weißer Fluß«] mündende T'ung-chou-[Túng-djŏū-]
Kanal ist. Über der
Quelle die von Kaiser K'ang Hsi verfaßte
Inschrift»Erste Quelle der
Welt«und ein Lobgedicht des Herrschers
über die Köstlichkeit des Quellwassers.
—Südl. vom Quellteiche die
noch erkennbaren Grundmauern des
Sommerpalastes der Kaiser der Chin
[Dyin-] Dynastie (1115-1234).
Westl. vom Yü-ch'üan-shan-Hügel
erblickt man in den Schluchten der
Westberge (Hsi-shan [Chi-schan])
zahlreiche malerisch gelegene Klöster
und die bis zu den Berggipfeln laufenden
Mauern des kaiserlichen Jagdparkes
Ch'ing-i-yüan [Tching-yi-yüan,
»Park des lautern Behagens«],
gleichfalls 1861 und 1900 arg mitgenommen,
aber mit seinen Ruinen
und Gartenanlagen immer noch sehr
sehenswert. Der anschließende Berg
heißt Hsiang-shan [Chiáng-schan,
»Duftberg«]; die Sage berichtet, daß
auf diesem Berge Shun, der letzte
Sproß der Liao-Dynastie, die 1125
von den Chin vernichtet wurde, begraben
ist.
[S. 294]
—Unweit nördl. liegt das
Kloster *Pi-yün-ssĕ [Bi-yün-ssĕ,
»Kloster der nephritgrünen Wolken«],
reich an herrlichen Marmorbauten;
es wurde zur Zeit der mongolischen
Yüan-Dynastie (1280-1364) gegründet,
doch stammen die schönen Bauten
meist aus dem 18. Jahrh., wo das
Kloster ein Lieblingsaufenthalt der
großen Mandschukaiser war. Einen
sonderbaren Eindruck macht die Halle
der 500 Lo-han [Lōŏ-han], das sind
buddhistische Heilige; 500 überlebensgroße,
aus Lehm geformte und vergoldete
Figuren sitzen an den Wänden
und in der Mitte einer ausgedehnten
Halle. In einer Seitenhalle sind
Hölle und Paradies in Tonfiguren dargestellt,
die 18 Martern und 9 Belohnungen
im Jenseits. Am Fuß der Berge
von Pi-yün-ssĕ und Hsiang-shan ein
Besichtigungsplatz der alten Mandschutruppen
mit Pavillon des Kaisers, Beobachtungsterrasse
der Kommandanten
am Ende der Bogenschießbahn
und einer Stadtmauersilhouette für
Eskaladierübungen.—NW. von Pi-yün-ssĕ,
von Bäumen halb verdeckt,
liegt das schöne Kloster Yü-hüang-t'ing.
Weiter nö. liegt in einem Seitental
das Kloster Wo-fo-ssĕ [Wōŏ-fōŏ-ssĕ],
das »Kloster des liegenden Buddha« mit der Kolossalfigur des Buddha
moribundus, die den geschichtlichen
Gautama Buddha Sakhyamûni in dem
Augenblick seines Eingehens in das
Nirwana darstellt.—Nö. das Kloster
Yi-kuan-ssĕ [Yi-gūăn-ssĕ], in dessen
Nähe das Grab des nicht anerkannten
Ming-Kaisers Ching Ti [Dyíng-di], der
sich 1450-57 der Herrschaft bemächtigt
hatte, nachdem sein Bruder, der
Kaiser T'ien Shun [Tiĕn-schún] in der
Schlacht bei T'u-mu-pu als Gefangener
in die Hände der Mongolen gefallen
war.—Nw. von Yi-kuan-ssĕ in
einer Schlucht das sehenswerte Kloster
Pao-tsang-ssĕ [Bào-dsang-ssĕ], 1439
von einem Lama aus Tibet gegründet,
Sommerquartier der Eunuchen des Palastes.
—Auf den anliegenden Bergabhängen
fallen einige sonderbare Bauwerke
in tibetischem Stil auf; sie sind
von Kaiser Ch'ün Lung errichtet, bevor
er die Eroberung Tibets begann,
damit sich seine Gardetruppen im
Erstürmen hochgelegener tibetischer
Häuser üben sollen. Die Chinesen
nennen diese Bauten Hsi-tsang-tien
[Chi-dsung-diĕn, »Tibetische Hallen«].
Südl. von allen bisher genannten
Klöstern liegt am Abhange der Westberge
die Klosteranlage Pa-ta-ch'u
[Bà-da-tschú] mit den Sommerquartieren
der englischen Gesandtschaft.
Hat man mehrere Tage zur Verfügung,
so empfiehlt sich auch folgende
Tour:
1. Tag: Von Peking an den kaiserlichen
Sommergärten vorbei über
Wang-êrh-shan [Wàng-örl-schan]
(schwieriger Paß! sonst Umweg um
den Berg herum) nach Hei-lung-t'an
[Hè-lung-t'án,»Teich des Schwarzen
Drachen«] mit Tempel und hübschem
Quellteich. Hier Frühstück. Dann
weiter über das Kloster Wên-ch'üan-ssĕ
[Wȫön-tchüĕn-ssĕ, »Tempel der warmen
Quellen«] mit heißen Schwefelquellen
und primitiven Badeeinrichtungen,
nach dem schönen Kloster
Ta-chüeh-ssĕ [Dá-dyüĕ-ssĕ, »Tempel
der großen Erleuchtung«], früher Sommerquartier
der deutschen Gesandtschaft.
2. Tag: Zu Fuß mit Führer auf
ziemlich beschwerlichem Bergpfad
(zweimaliger Auf-und Abstieg) in
etwa 4-6 St. nach dem berühmten
Wallfahrtsort Miao-fêng-shan [Miāŏ-fong-schăn],
wo man am besten übernachtet;
rüstige Fußgänger können
auch nach Ta-chüeh-ssĕ zurückkehren.
3. oder 4. Tag: Zurück nach Peking.
Empfehlenswert ist auch die folgende
oft erprobte Tour:
1. Tag: Entweder zu Pferde von
Peking über T'áng-shan (Besichtigung
der Quellen, des kaiserlichen Gartens
und Frühstück) nach Ch'an-p'ing-chou
[Tschàng-ping-djŏū], wo leidliches
chinesisches Gasthaus, oder mit der
Mongolischen Bahn nach Nankou und
von dort zu Fuß oder mit Esel nach
Ch'ang-p'ing-chou.—2. Tag: Besichtigung
der Ming-Gräber (S. 296). Frühstück
am besten mitnehmen und Picknick
bei den Gräbern. Dann am
Fuße der Berge entlang nach Nankou
(S. 295).—3. Tag: Durch den
sogen. Nankou-Paß bis zur Großen
Mauer (S. 296). Aufstieg auf der l.
Seite, da r. die Mauer teilweise zerstört
ist. Frühstück in einem der
Türme, dann zurück nach (ca. 20 km)
Nankou.
[S. 295]
—4. Tag: Mit der Bahn zurück
nach Peking oder zu Pferde am
Fuße der Westberge entlang nach dem
Kloster Ta-chüeh-ssĕ (s. oben).—
5. Tag: An den kaiserlichen Sommergärten
vorbei zurück nach Peking
(vgl. oben).
Ausflug nach der Großen Chinesischen Mauer und den Minggräbern.
Vgl. den Karton auf Karte S. 275.
Man rechne 2-3 Tage. 1. Tag:
Eisenbahn (Mongolische Bahn, 1909 bis
Kaigan, 1911 bis Suiyüen, 510 km von
Peking, eröffnet. In Kalgan Railway
Hotel wie in Nankou; Fahrzeit 11 St.,
Fahrpreise Peking-Kalgan: I. Klasse
$ 8,10, II. Kl. $ 5,40; Bahnhof vor
dem NW.-Tor Hsi-dschi-mönn, wohin
mit Auto, Wagen oder Rikscha) tägl.
früh etwa 8,40 Uhr (Fahrplan ändert
oft!) in 3 St. bis Ching-lung-chiao
(Tching-lung-tchiāo) am Fuße der Großen
Mauer (der Aussicht wegen stelle
man sich auf die vordere Plattform,
die Lokomotive schiebt, mehrere Tunnels).
Von hier geht man etwa 1/2 St.
bis zum Tor der Mauer. Rückfahrt
mit der Bahn 6,43 Uhr Nm. ab Ching-lung-chiao
(oder auf von Nankou aus
vorausgeschickton Eseln) nach (44 km
von Peking) Nankou, wo man im Railway
Hotel (gelobt, Pens. $ 6) übernachtet.
—2. Tag: Früh 1/2-5 Uhr auf Eseln
zu den Minggräbern, zum Tiffin ins
Hotel zurück und 12,30 Uhr Mitt. Eisenbahn
zurück nach Peking.—Ausrüstung
wie S. 295 beschrieben.
Der Ausflug führt in das nordwestl.
von Peking sich hinziehende Gebirge,
den Nankouschan, das infolge der rostförmigen,
durch Bruchbildung entstandenen
Anordnung seiner Höhen
dem Verkehr und im besondern der
großen Karawanenstraße, die von Peking
über Kalgan durch die Gobi nach
Urga, der Hauptstadt der Mongolei,
und weiter über Kjachta nach Sibirien
(und Europa) führt, große Schwierigkeiten
bereitet. Auch der Bau der Bahn
von Peking über den Nankoupaß nach
Kalgan hat technisch große Schwierigkeiten
verursacht. Anderseits besitzt
Peking im Nankouschan eine starke
natürliche, durch die Große Mauer
noch künstlich verstärkte Sicherung.
Der Warenaustausch zwischen China
und der Mongolei, der früher ausschließlich
und auch heute noch größtenteils
durch Kamelkarawanen, erfolgt,
ist sehr bedeutend; die Mongolei
liefert an China vor allem die Produkte
ihrer Viehzucht, China der Mongolei
in erster Linie Tee.—Bis Nankou
ist die Gegend eine einförmige Ebene,
dann beginnt ein landschaftlich schönes
Tal. Die Berge sind baumlos.
Man verläßt die Mandschustadt durch das NW.-Tor Têschêng-mên
[Dōĕ-schong-mönn,»Tor der siegreichen Tugend«], am Gelben Tempel
(S. 291) und weiter nördl. am alten Mongolenwall T'u-ch'êng [Tú-tschong]
des Khan Balik vorbei durch sandige Gegend über (10 km)
Ching-ho [Tsching-hōŏ], nw. nach (23 km) Sha-hô [Schá-hōŏ, »Sandfluß«],
mit chinesischer Herberge; vorher über eine schöne Marmorbrücke
und hinter dem Ort eine siebenbogige Brücke. Die Straße,
auf der man malerische mongolische Kamelkarawanen sieht, führt
nnö. weiter, vorbei an (36 km) Ch'ang-p'ing-chou [Tschăng-ping-djŏū]
(gute chinesische Gasthäuser), einer großen, alten, mit hohen
Mauern umgebenen Kreishauptstadt.—Von hier aus kann man
auf bequemem Weg (7 km nördl.) die Minggräber (S. 296) erreichen,
doch empfiehlt es sich, zunächst über (44 km) Stat. Nan-kou [Nán-kŏū]
(210 m; Quartier im neuen Railway Hotel, am Bahnhof, gelobt,
Pens. $ 6) zu fahren. Die Bahn fährt weiter; nach dem ersten
Drittel des Passes vorbei an der Talsperre Chü-yung-Kuan [Dyü-yung-gwan]
(200 m); dort ein Torturm (1258 erbaut), auf dem Hindureliefs,
Buddhafiguren und siebenköpfige Schlangen und zwei Inschriften
von 1345 in sechs Schriften: Sanskrit, Tibetanisch, Mongolisch,
Uigurisch, Nuchên und Chinesisch.—Etwa 4 km aufwärts
[S. 296]
liegt die zweite Talsperre Shang-kuan [Scháng-kwan] (450 m). Etwas
weiter aufwärts tauchen die ersten Bruchstücke der Großen
Mauer auf. Vom Bahnhof Ching-lung-chiao (s. oben) erreicht man
zu Fuß in ca. 1/2 St. die Paßhöhe Pataling (Nankoupaß) [Bà-da-ling,
»die acht großen Berggipfel«], 633 m ü. M., wo die Große
Mauer den Paß kreuzt.
Die Große Chinesische Mauer
(Wanlitschangtschöng = Mauer von
10000 Li, d. h. chinesischen Meilen,
mongolisch Jagan Kerme = weiße
Wand), das mächtigste Bauwerk der
Erde, 2450 km lang, ist in drei Zeitabschnitten
erbaut, zuerst zur Zeit
der Punischen Kriege (von dieser
Mauer sind nur Reste übrig), dann
zur Zeit Karls des Großen als»äußere
Mauer«von Schanhaikuan (S. 329)
bis zum Hoangho, den sie auf nahezu
40° nördl. Br. an der Grenze der
Mongolei erreicht, von wo sie in sehr
unregelmäßiger Linie westl. läuft und
jenseit Kantschou auf etwa 39° nördl.
Br. und 100° östl. L. in der Provinz
Kansu endet. Diese Mauer ist nw. und
nördl. von Peking doppelt (die Mauer
bei Pataling ist im 15. Jahrh. von den
Ming gebaut), so daß man etwa 130 km
nw. von Pataling bei Kalgan nochmals
auf eine Mauer trifft, von der aber nur
noch Ruinen der Wachttürme erhalten
sind. Außerdem lief eine zur Zeit
Rudolfs von Habsburg von einem
Mingkaiser erbaute, jetzt gänzlich
verschwundene»innere Mauer«von
Schanhaikuan nö. durch die Mandschurei
als Palisadenwall. Die Mauer
ist überall etwa 16,5 m hoch, unten
8 m, oben 5 m und mehr breit, mit
guter Straße auf ihrer Plattform,
mannshoher Brüstung auf beiden Seiten
und regelmäßige Zinnen, Basteien
und etwa alle 100 m Wachttürme;
die Mauer windet sich malerisch über
Bergkämme (bis 1700 m ü. M.), durch
Täler und Abgründe. Jetzt stehen die
Tore der Mauern offen und unbewacht;
stellenweise liegen alte Geschützrohre
in den Wachttürmen. Zweck der
Mauer war der Schutz gegen Einfälle
der Hunnen und Mongolen.
Man besteige die Mauer westl. (l.) vom Tor, Aufstieg bei der
eingestürzten Stelle, gehe dann etwa 1/2 St. bis zum höchsten Wachtturm,
von dem man prächtige *Aussicht über die Mauer, den Engpaß
und die Gebirge hat. Etwa 4 km nö. unterhalb der Mauer
liegt die ummauerte Stadt Ch'a-tao [Tschá-dao] (491 m; Herberge),
wo man zur Not übernachten kann.
Von da führen die Eisenbahn und eine Karawanenstraße nach
Kalgan (Tschangkiakou; 200 km von Peking), 825 m ü. M., etwa
70OOO Einw.; Kalgan ist wichtiger Handelsplatz an der äußern Doppelmauer,
an der Handelsstraße nach Kjachta, dem alten Überlandweg von
Europa nach Peking. Die Mongolische Bahn, die durch die Mongolei
hindurch an das sibirische Eisenbahnnetz angeschlossen werden soll,
war Mitte 1911 bis Suiyüen, 290 km über Kalgan hinaus, betriebsfertig.
Nach Besichtigung der Mauer kehre man nach Nankou zurück
(20 km von Pataling), wie oben angegeben, übernachte hier und
reite am nächsten Morgen am Fuß der Berge östl. 8 km zu den
*Minggräbern (Mingling). Sie liegen, je etwa 1 km voneinander
entfernt, in einem halbkreisförmigen Tal am Fuße der dieses einschließenden
Berge. Die Straße dorthin ist prachtvoll geschmückt
durch Marmortore und überlebensgroße Marmorstatuen.
Der erste *Torbogen (1541 erbaut)
gilt als einer der schönsten Chinas
und ist mit sehr feinen Marmorskulpturen
geschmückt. Jenseits einer halbverfallenen
Brücke erreicht man einen
großen roten Torbogen, Ta-hung-mên
[Dà-hung-mȫnn, »Großes Rotes Tor«].
Von hier führt ein mit Steinfliesen belegter
Weg (1537 angelegt) zum dritten
Torbogen, der von 4 Drachensäulen
getragen wird (1426 erbaut);
[S. 297]
hinter
ihm beginnt eine seltsame, mit Steinbildern
besetzte Straße, zwischen jedem
Paare sind etwa 50 Schritt Zwischenraum;
den Anfang machen 4
Löwen, 4 Einhörner, 4 Kamele, 4 Kilin
(Fabeltiere) und 4 Pferde, dann folgen
12 Menschenfiguren, und zwar 4 Militärmandarine,
4 Zivilmandarine und 4
Priester. Wieder schließen sich Torbogen
an; dahinter liegt mitten zwischen
hohen Bäumen der große Grabtempel
*Ch'ang-ling [Tscháng-ling]
des Kaisers Yung Lo [Yung Lōŏ], 1403
bis 1425, von hoher Mauer umgeben
(Einlaß $ 1 dem Wächter). Zwölf andre,
kleinere Kaisergräber und viele Gräber
kaiserlicher Frauen, Nebenfrauen,
Prinzen u. Prinzessinnen (zus. über 30)
liegen, ebenfalls mit Grün geschmückt,
in der Umgebung des großen Grabtempels.
Der Eingang zum Tscháng-ling,
ein dreifaches Tor, führt in einen
Vorhof, von dem Marmortreppen durch
Torbogen in eine riesige Tempelhalle
mit 40 rotlackierten, 10 m hohen
und 1,3 m dicken Holzsäulen führen,
in deren Mitte eine Ahnentafel steht.
Dahinter liegt noch ein Hof mit Torbogen
und Altar sowie mehreren Blumenvasen
und Marmorkandelabern,
an dessen Hinterwand ein viereckiger
Turm vor einem runden Grabhügel
steht. Das Grab liegt vermauert in
einem kleinen hohen Tempel mit geschweiftem
Dach; von beiden Seiten
führen ansteigende Marmorgalerien
empor zum ersten Stock des Tempels,
der über dem Grab ein Gemach
mit Riesengedächtnissäule trägt.
Rückweg nach Nankou (Rückfahrt nach Peking oder Weiterfahrt
nach Chinglungchiao oder Kalgan mit Bahn) oder, falls Reittier oder
Sänfte zur Verfügung, bis zum ersten Torbogen, dann südl. etwa
7 km auf bequemem Weg nach Ch'ang-ping-chou (S. 295), wo man
übernachten kann, falls man nicht Zeit hat, noch bis Schaho (Bahnstation
20 km südl. von den Minggräbern) zu reiten.—Lohnend ist auch
am vierten Tage der Weg von Ch'ang-ping-chou sw. nach (etwa
15 km) T'ang-shan (»Berg der warmen Quelle«), Dorf am Fuß des
gleichnamigen Berges, Quartier im Dorftempel. Dabei liegen die
Gärten und Ruinen eines Palastes des Kaisers King Hsi, in denen
eine heiße Schwefelquelle von mehr als 50° C entspringt; die Quelle
ergießt sich in zwei mit Marmorbalustraden umgebene Becken, in
denen man baden kann. In der Nähe sehenswerte Reste des Palastes.
—Rückweg über Schaho (von da mit Bahn) oder direkt nach (etwa
45 km) Peking, Andingmönn (S. 291).
Ausflug nach Jehol (Tschöngtöfu).
Vgl. die Karte bei S. 271.
Man rechne etwa 10 Tage, sorge
in Peking für gute Reittiere und kräftige
Zugtiere für die Gepäckkarren,
nehme Feldbetten, reichlich Konserven
und Getränke mit; als Geld Peking-Dollars
und Kleingeld.—Die
Unwegsamkeit des Gebirgslandes im
N. und W. von Peking tritt auf diesem
Ausfluge noch weit stärker in Erscheinung
als auf dem Wege nach
dem Nankoupaß.
1. Tag: früh 6 Uhr Aufbruch, durch
das Nordosttor der Tatarenstadt Peking,
Tungtschimönn, auf staubiger,
schlechter Kunststraße in nnö. Richtung
durch eintönige Gegend in 4 St.
nach (14 km) Sunho (Frühstücksrast);
2 km hinter Sunho über den Fluß
Wenyüho, dann r. an der ummauerten
Kreisstadt (30 km) Schunyi vorbei zur
Kleinstadt (37 km) Niulanschan, wo
die Berge, die die Pekinger Ebene
nach N. abschließen, näher an die
Straße herantreten; Nachtquartier im
chinesischen Gasthaus des Dorfes (48
km) Taloschan (Da-lo-schan).
2. Tag: 7 Uhr Aufbruch, auf
schlechtem Weg, der sich den östl.
Bergen nähert, zur Kreisstadt (60 km)
Miyün, durch deren Osttor man weiter
nach (72 km) Mengtschiaying (Mudsia-yü)
gelangt (Mittagsrast bis 2 Uhr);
Nm. erreicht man die Berge und passiert
den ersten Rücken.
[S. 298]
Der Weg bleibt nahe westl. vom Fluß Tscháuho.
Nachtquartier im chinesischen Gasthaus
der ummauerten Kleinstadt (93
km) Schihsiatschĕng (158 m ü. M.).
3. Tag: 6 Uhr Aufbruch, durch das
Nordtor auf steinigem Weg; viel Geröll
und sehr steile Hohlwege, so daß
die Karren mit Mühe hinaufkommen;
nach 3 St. Eintritt in das Gebirge Heischan,
auf dessen Kamm man die
Türme der Großen Chinesischen
Mauer (S. 296) erkennt. Der Weg
führt bergan durch großartige Landschaft
über einen Paß (232 m), dann
bergab zum Tal des Flusses Tscháuho:
15 km von Schihsiatschĕng tritt der
Weg an das r. Ufer, man setzt mit
Fähre über den hier 3/4 km breiten
Tscháuho und erreicht nach weitern
2 km die malerisch am steilen l. Ufer
gelegene ummauerte Kleinstadt (111
km) *Kupeikou (Gubei-kóu); hier
Frühstücksrast. Unmittelbar hinter
der nördl. Vorstadt von Kupeikou tritt
die Große Mauer im Engpaß dicht an
beide Flußufer heran; man kann ihre
großartigen Windungen über den Gebirgskamm
weithin überschauen, trotzdem
sie teilweise stark zerfallen ist.
Durch die Mauer dicht am l. Flußufer
führt die Straße in die Mongolei,
deren Südostzipfel staatlich zur chinesischen
Provinz Tschili rechnet.
Durch ein steiniges, kahles Tal, von
mächtigen Bergen eingeschlossen, belebt
von Kamelkarawanen, Reihern
und Raubvögeln, gelangt man vorbei
am zerfallenen chinesischen Schloß
Lienhsienfeng nach (143 km) Schanschykoa;
hier Nachtquartier in einfacher
Herberge.
4. Tag: 6 Uhr Aufbruch, auf felsiger
Straße steil (bis 30 und 35° Steigung)
bergan in engem Tal; neben
der Straße führt der Telegraph nach
Jehol. Bei einem schwierigen Paß
in der wilden Landschaft muß die
Karre abgeladen, das Gepäck getragen
werden; dann wird ein freundlicheres
Tal durchquert und wieder ein steiler
Paß in felsiger Landschaft (898 m hoch)
überschritten. Weiter bergab und
bergauf, an tief eingeschnittenem Flußbett
entlang und durch großartige
Schluchten nach der Kreisstadt (178
km) Lwanping; hier Nachtquartier
im chinesischen Gasthaus. Vor der
Stadt ein europäisches Steindenkmal
für Missionare (1900 ermordet). Nachts
hört man die Glocken durchziehender
Karawanen.
5. Tag: 61/2 Uhr Aufbruch durch
das Osttor; gleich hinter der Stadt
überschreitet man den Fluß Lwanho
auf 80 m langer, primitiver Brücke.
Dann führt die in den Felsen eingeschnittene
Straße in großartiger
Berglandschaft sehr steil bergauf über
einen Paß und ebenso steil bergab
(Karrenräder feststellen!) durch Wald
in ein gut bebautes Tal. Gegen 10 Uhr
sichtet man den kaiserlichen Park,
der Jehol krönt, nach 1 St. erreicht
man (206 km) Jehol (Dschehol, chin.
Tschöngtöfu), sehr alte Präfekturstadt
mit angeblich 250000 Einw., Sitz eines
Tatarengenerals und eines Futai (beiden
schicke man Visitenkarte); die
frühere Sommerresidenz der Mandschukaiser,
ein prächtiger Palast in
großem Park mit herrlichen Bäumen
auf einer Anhöhe über der Stadt, ist
nicht zugänglich. Sehr sehenswert ist
der gut erhaltene großartige Lamatempel,
vom Kaiser K'ang Hsi (1662-1722)
im Stil des Palasttempels von
Potala in Lhassa (Tibet), der Residenz
des Dalai Lama, erbaut; die Dächer
der Tempelanlage sind teils vergoldet,
teils mit kaiserlichen gelben Ziegeln
gedeckt; die gut erhaltenen Wände
sind mattrot. (Der Besuch dieses Tempels
entschädigt reichlich für die Mühen
der Reise; vgl. O. Franke, Beschreibung
des Jehol-Gebiets [Leipzig
1902].)
Rückreise: Reittiere und Karren
schickt man am besten nach Peking
zurück, um selbst in offenem Boot
(tägl. $ 5) mit Platz für ein Feldbett,
3 Ruderknechte und einen Diener
(Boy) zurückzureisen. Das Boot mietet
man in Jehol (oder 10 km sö. am
Fluß Lwanho beim Ort Wang-ba-gr,
an begangener Karawanenstraße). Die
Bootsfahrt talwärts des Lwanho ist
sehr interessant, führt anfangs durch
enge Felsschluchten (ähnlich dem
Yangtse oberhalb Itschang, vgl. S. 262),
passiert die Große Mauer beim Dorf
Pantsiakou mit starken Windungen,
gelangt dann in ein breiteres Tal, vorbei
an der ummauerten Stadt Tsienan;
unterhalb der großen Stadt Yungpingfu
treten die Berge wieder dicht an
den Fluß, der bei Lwantschou die
Küstenebene erreicht.
[S. 299]
Je nach Wasserstand
und Stromgeschwindigkeit gelangt
man in 3-6 Tagen zur Bahnstation
Lwantschou (S. 329) der Nordchinesischen
Bahn, von wo man in etwa
4 St. nach Tientsin (S. 275) fährt.
Von Peking nach Hankau.
(Vgl. die Karten bei S. 271 u. 215.)
Die Peihan-Eisenbahn (Imperial
Peking Hankow Railway, auch Ching-Han
Railway genannt), 1209 km, tägl.
Frühzug (gegen 7 Uhr) in 121/4 St. bis
Tschangtöfu (von da Frühzug in 103/4 St.
bis Tschoumatien, von da wieder Frühzug
in 10 St. bis Hankau, also 3 Reisetage).
Jeden Di. Expreßzug mit Schlafwagen
in 30 St., ab Peking früh 9,20,
an Hankau Mi. 3 Uhr Nm.; Fahrpreis
für den Expreßzug Peking-Hankau
I. Kl. $ 65,40, II. 43,60; für gewöhnliche
Züge I. Kl. $ 43,50, II. 29. Abfahrt
vom Bahnhof der Ching-Han
[Dying-Han], d. h. Peking-Hankau-Bahn,
westl. vom Kaisertor.
Die Bahnlinie führt am Westrande
der Großen Ebene entlang, nahe dem
mauergleichen Randabfalle des westl.
Gebirgslandes, der bis zum Hoanghodurchbruch
südwärts als Taihangschan
bezeichnet wird; er ist dadurch entstanden,
daß der östl. Teil des einst
weiter ausgedehnten Gebirgslandes in
die Tiefe sank; die Große Ebene befindet
sich jetzt an seiner Stelle. Der Gebirgsrand
wird von den Flüssen in engen
Schluchten durchbrochen und bereitet
dem Verkehr zwischen dem Westen
und dem Osten (auch dem Bau der
Bahn nach Tayüenfu) große Schwierigkeiten;
als Verkehrsweg sehr wichtig
ist infolgedessen der Hoanghodurchbruch,
der zwar der Schiffahrt wenig
Nutzen, aber Raum für eine große
Verkehrsstraße bietet und jetzt auch
schon von einer Bahnlinie benutzt
wird. Die Große Ebene greift hier in
einem spitzen Winkel ins Gebirgsland
ein. Wie die Berge waldlos und kahl,
so ist auch die Ebene in ihrem nördl.
Teil steppenhaft und außerhalb der
zahlreichen Dörfer fast baumlos. Je
weiter man aber nach S. kommt, um
so freundlicher wird die Landschaft;
schon in der Gegend des Austritts des
Hoangho aus dem Gebirge, einer der
fruchtbarsten und dichtest besiedelten
in ganz China, wechseln die Felder der
Chinesen vielfach mit Baumgruppen,
Obstpflanzungen, Gräberhainen u. dgl.,
dann werden am südl. Honan die subtropischen
Hartlaubpflanzen immer
häufiger, Teestrauch und Bambus erscheinen,
und das Landschaftsbild
nähert sich dem Südchinas immer
mehr. Die Bahn führt hier an den östl.
Ausläufern des Tsinlingschan (S. 300)
entlang und übersteigt schließlich das
Hwaigebirge (Hwaijangschan), das, wie
S. 215 angegeben, als Fortsetzung des
Tsinlingschan das östl. Nord-und Südchina
scheidet, und erreicht bald darauf
Hankau.
Die Bahn tritt aus der Chinesenstadt beim Tore Hsipienmön (Chí-biĕn-mȫnn)
zwischen dem Tempel des himmlischen Friedens, T'iĕn-ning-ssĕ,
(l.) mit zwölfstöckiger Pagode, der ältesten in Peking, in
schönem Park, und dem taoistischen Kloster der Weißen Wolken,
To-yün-kuan, (r.), fährt bei (7 km) Wanghailóŭ am Rennplatze (l.)
vorbei und überschreitet auf 450 m langer, 15bogiger Brücke den
Hunho; l. sieht man in 5 km Abstand die sogen. *Marco Polo-Brücke,
von dem berühmten venezianischen Reisenden Marco Polo zuerst beschrieben
(chines. Lu-kou-ch'iao [Lú-gōŭ-tschiáo, »Schiffgrabenbrücke«]),
1189-94 aus Marmor erbaut; sie hat 11 Bogen und trägt
auf dem Steingeländer je 140 Säulchen mit Löwenfiguren auf jeder
Seite; die Brückenköpfe bilden zwei Pavillons mit gelben Ziegeldächern,
unter denen kaiserliche Inschriften auf Tafeln stehen.—
Bei (21 km) Ch'ang-hsin-tien (Tschàng-chin-diĕn) sind die Eisenbahnwerkstätten.
—Von hier Ausflug auf Eseln in 3 St. zum Kloster
Chich-tai-sze [Dyīĕ-tai-ssĕ], aus der Zeit der Tang-Dynastie (8. oder
9. Jahrh.), mit breiten Terrassen, alten Bäumen und interessanten
[S. 300]
Tempeln am Gebirgshang; es ist jetzt Sommerquartier der deutschen
Gesandtschaftswache. (Von hier 2 St. zu Esel zum Kloster Tan-chê-sze
[Tàn-djōĕ-ssĕ].) Eisenbahn weiter über (31 km) Lianghsiang-hsien
[Liang-chiang-chiĕn], Kreishauptstadt, und über (64 km) Cho-chou
[Djōŏ-djŏū], eine sehr alte, um 200 v. Chr. gegründete Stadt
mit großen Mauern, nach (84 km) Kao-pei-tien [Gàŏ-bê-diĕn].
Zweigbahn von hier nach (35 km)
Liang-yu-chuang ([Liàng-yō-djwáng];
bei diesem Tempel steht der Sarg des
1908 verstorbenen Kaisers Kuang Hsü
bis zur endgültigen Beisetzung vorläufig
aufgebahrt. Das ca. 6 km davon
gelegene Mausoleum [sehr interessante
Bauart!] soll in etwa 4 Jahren fertig
sein); dann zu Esel etwa 1 St. nach
*Hsiling [Chi-ling], den »Westgräbern«
der herrschenden Dynastie
(Besichtigung gestattet), wo man beim
Kommandanten Meh-dajen gegen Gastgeschenk
(Wein, Kaffee, Sekt, Zigaretten)
gute, saubere Unterkunft im
Fremdenzimmer findet; zum eignen
Gebrauch Feldbett und in der heißen
Zeit Moskitonetz mitnehmen. Wer
Zeit hat, sollte im Frühling oder Herbst
mehrere Tage auf den sehr lohnenden
Ausflug verwenden. Dann mit Pony
durch schöne Landschaft bergan zum
Tze-ching-kuan [Dsĕ-dying-gwă mit
Gasthaus und Tempel; von der Mauer
des Passes (501 m) *Aussicht auf die
Große Mauer (S. 296). Hier fanden am
28. und 29. Okt. 1900 Gefechte deutscher
Truppen unter Major v. Förster
statt. (Von Hsi-ling bis Tze-ching-kuan
und zurück sind 40 km, also eine anstrengende
Tagestour; nur mit Pony,
den man aus Peking mitbringen muß.)
Die Hauptlinie läuft von Kaopeitien über (92 km) Tinghsinghsien
und (122 km) An-su-hsien nach (146 km) Paotingfu [Báu-ding-fu],
Hauptstadt der Provinz Tschili, mit 80000 Einw.; die Stadt ist seit
1402 mit Mauern umgeben und hat seit 1901 eine Universität.—
Eisenbahn weiter über (178 km) Wangtuhsien nach (262 km) Tschöngtingfu
[Dschĕng-ding-fu], einer großen, mit Mauern umgebenen
Kreisstadt, Sitz eines Bischofs der katholischen Lazaristenmission und
des sehenswerten Klosters Tafouo, erbaut 586, mit großem bronzenen
Buddhastandbild, einer großen Gebetmühle, sehr alten Wandgemälden
und einem Standbilde der Göttin der Fruchtbarkeit.
Zweigbahn. Von Schikiatschwang
bei Tschöngtingfu führt eine schmalspurige
Gebirgsbahn (Cheng-Tai Railway)
durch den Südzweig der Großen
Mauer in etwa 1000 m Paßhöhe und
durch die malerischen Landschaften
des unwegsamen Taihangschan über
Pingtingtschou (950 m) und Schouyang
(1480 m) nach (243 km) Taiyüenfu
(930 m), mit etwa 250000 Einw., am
Fönnho, einem Nebenfluß des Hoangho,
am Nordrand eines fruchtbaren,
lößerfüllten Talbeckens, Hauptstadt
der Provinz Schansi, mit berühmten
Unterrichtsanstalten, Kunststickereien,
Weinbau und Waffenfabriken.
Die Provinz Schansi enthält gewaltige
Eisen-und Kohlenlager, die
aber aus Mangel an Verkehrsmitteln
noch fast nicht ausgebeutet werden
können; auch der Ackerbau steht
wegen der hohen Meereslage nicht
sehr in Blüte. Trotzdem wohnen in
Schansi die reichsten Leute Chinas, da
seine Bewohner den Warenaustausch
zwischen Südchina und der Mongolei
vermitteln (eine wichtige Handelsstraße,
auf der unaufhörlich Kamel-und
Maultierkarawanen mit Salz, Tabak,
Mehl etc. verkehren, durchzieht
die Provinz von N. nach S.) und dadurch
einen sehr regen Handelsgeist
erworben haben; sie leben daher in
ganz China als Bankiers (Angehörige
der»Schansigilde«) und kehren später
als reiche Leute zurück. Landschaftlich
ist die Gegend von Taiyüenfu
schon richtiges, gelbes Lößland.
Die Hauptlinie fährt von Tschöngtingfu über Schuntöfu, eine
alte, mit Mauern umgebene Stadt, dann über (507 km) Tschangtöfu
und Weihweifu, kreuzt bei (614 km) Hsinhsiang die Bahnlinie von
[S. 301]
Taokou nach Tsinghua, den Kohlengruben der Provinz Schansi,
und erreicht nahe vor (694 km) Tschöngtschou (Chengchow) den
Hoangho, der auf einer 2700 m langen Brücke überschritten wird.
In Tschöngtschou kreuzt die Hauptbahn die Bahnlinie von Kaiföngfu
nach Honanfu (Pienlo Railway genannt, der Anfang der großen
chinesischen Mittellandbahn [Central Trunkline], die ostwärts nach
Tschinkiang [S. 255], westwärts über Tschöngtu [S. 263] und Suifu
[S. 263] bis Yünnan geführt werden soll).
Tschöngtschou liegt an der Stelle,
wo der Hoangho, der oberhalb zwischen
hohen senkrechten Lößwänden
fließt, von diesen verlassen wird, wo
also die untere, durch die häufigen
Laufverlegungen berüchtigte Strecke
des Stromes beginnt. Hier war es denn
auch, wo am 28. Sept. 1887 der angeschwollene
Hoangho den rechtsseitigen
Deich ganz unvermutet durchbrach
und sich durch die Talebene des
Schaho dem Hwaiho zuwälzte, halb Honan
u. Ngauhwei unter Wasser setzend.
Abstecher nach Honan und Kaiföng.
Von Tschöngtschou auf der Piënlo-Eisenbahn
westwärts am Nordrande
des bis 2665 m hohen Gebirges Sungschan
entlang über (20 km) Yungtsō
und (60 km) Kunghsien nach (120 km)
Honanfu (165 m), am Loho, dem r.
Nebenfluß des Hoangho, als alte Kaiserresidenz
früher Loyang genannt; in
ihrer Umgebung viele prächtige Gartenanlagen
und Grabmäler alter chinesischer
Kaiser.—Von Tschöngtschou
ostwärts führt die Piënlo-Linie über
(30 km) Tschungmou nach (60 km)
Kaiföng (Piëntschöng), Hauptstadt der
reichen, fruchtbaren Provinz Honan
mit 160000 Einw., 15 km südl. vom
Hoangho in gut bewässerter Ebene
gelegen, mit Mauern von 14 km Umfang.
Der 40 km lange Außendeich,
der die Stadt umgibt, obgleich auch
die Hoangho-Ufer eingedeicht sind,
bezeugt eindringlich die stete große
Gefahr, in der diese fruchtbare Gegend
beständig schwebt. Im nördl. Teil der
Stadt liegt ein ummauertes Mandschuviertel.
Kaiföng hat zahlreiche Pagoden,
sechs Moscheen und Reste einer
einst blühenden (chinesisch-)jüdischen
Gemeinde. Der Gouverneur von Honan
und viele Provinzialbehörden residieren
in Kaiföng; wichtig ist der
Handel mit Getreide und Salz.
Über (901 km) Tschumatien und Hsinyangtschou (von hier Verbindungsbahn
über Föngyang nach der Tientsin-Pukou-Bahn [S. 275]
im Bau) tritt die Bahn in das Gebirge Hwaiyangschan, in dessen
Granit sie auf 50 km Länge eingeschnitten ist; in 200 m Meereshöhe
durchbricht ein 350 m langer Tunnel das Gebirge und erreicht dann
bald (1209 km) Hankau (vgl. S. 259).
15. Von Berlin nach Moskau und auf der Sibirischen Bahn
über Charbin nach Wladiwostok, Dairen und Peking.
Vgl. die Karten bei S. 301, 215 und 271.
Reiseweg von Berlin über Thorn,
Alexandrowo, Warschau, Moskau
(oder über Wirballen, St. Petersburg,
Jekaterinburg), Tscheljabinsk, Irkutsk,
Mandschuria nach Charbin; von hier
östl. weiter nach Wladiwostok (Dampfer
nach Japan) und südl. über Mukden
nach Dairen (S. 323; Dampfer nach
Tsingtau und Schanghai) oder Peking
(S. 328) oder Söul (S. 331).
Fahrzeiten: Berlin-Moskau (1949
km) 37 oder 40 St.; Moskau-Mandschuria
(6532 w) 8 Tage; Mandschuria-Wladiwostok
(1605 w) 11/2 Tag,
insgesamt (401 km und 8137 w) mit
Aufenthalt rund 11 Tage. Expreßzüge
bis Peking in 12 Tagen von Berlin;
bei günstigem Dampferanschluß in
Dairen kann man die Reise Berlin-Tsingtau
in etwa 13 Tagen, nach
Schanghai in 14 Tagen machen.
[S. 302]
Fahrkarten: Von Berlin nach Moskau
Nordexpreß nur I. 130,50 M., Berlin-St.
Petersburg I. 115,05 M.; von
Moskau nach Irkutsk I. Kl.-Fahrkarte
mit allen Gebühren 167,70 Rubel, II. Kl.
110,50 Rubel. Von Moskau bis Charbin
I. 279,25, II. 182,39 Rubel; bis Wladiwostok
I. 328,50, II. 213,82 Rubel. Beim
Lösen der Fahrkarte ist anzugeben,
ob man »Raucher«, »Nichtraucher«,
»Damenabteil« und »untern Schlafplatz« oder »obern« haben will.
Die Schlafwagengesellschaft gibt
folgende direkte Fahrkarten aus: Berlin-Charbin
(über Moskau I. 581,20,
II. 367,40 M.), Berlin-Wladiwostok
(über Moskau I. 673, II. 424,75 M.),
Berlin-Nagasaki (über Moskau und
Wladiwostok I. 785,35, II. 537,05 M.),
Berlin-Schanghai (über Moskau und
Dairen I. 847,95, II. 599,75 M.). Die
direkten Fahrkarten über St. Petersburg
kosten I. ca. 35, II. ca. 22 M.
mehr. Direkte Fahrkarten Berlin-Peking
und Berlin-Tsingtau werden
demnächst eingeführt.
Nordexpreß und Schlafwagen. Di.
geht ein Nordexpreß von Berlin, Bahnhof
Friedrichstr., frühmorgens nach
Warschau in 10 St., bis Moskau in
37 St. Speisewagen und Schlafwagen
laufen zwischen Berlin und Alexandrowo
sowie Alexandrowo-Warschau
und Warschau-Moskau, ferner Moskau-Irkutsk.
Do. u So. je ein Nordexpreß
von Berlin über Königsberg,
Wirballen nach (1641 km) St. Petersburg
mit Speise-und Schlafwagen in
30 St. Näheres, auch wegen Vorausbestellung
der Schlafplätze und Fahrkarten,
bei den Agenturen der Internationalen
Schlafwagengesellschaft in
Berlin (Unter den Linden 57/58), Warschau
(Wolowa-Straße 42), St. Petersburg
(Newsky-Prospekt 22), Moskau
(Semlianoj Val, Jakovlevsky, Periulok,
Haus Roop log 4), Irkutsk (Ecke
Troitzkoje-Straße und Spasso Luterianskoe),
Charbin, Wladiwostok,
Mukden, Peking (Grand Hôtel des
Wagons-Lits), Dairen, Tschimulpo und
Söul: Rondon & Co.
Die Sibirischen Luxuszüge (Transsibérien-Expreß)
gehen Mi. und Mo.
abds. ab Moskau, und zwar Mi. mit
Luxuswagen der Schlafwagengesellschaft,
Mo. mit guten Salonwagen der
russischen Staatsbahn (Kronswagen genannt).
Ankunft der Züge in Irkutsk
Di. und Fr. Ein Kronszug geht Sa.
Vm. ab St. Petersburg über Tscheljabinsk,
an in Irkutsk Fr.
Von Irkutsk
laufen wöchentl. drei Luxuszüge nach
Charbin und Wladiwostok; ab Irkutsk
Fr. So. Di.; in Charbin Mo. Mi. Fr.;
in Dairen Di. Do. Sa.; in Peking
Mi. Fr. Sa.; in Wladiwostok Mo. Mi.
Fr. Ausführliche Angaben und den
neuesten Fahrplan dieser Luxuszüge
enthält der »Guide français et russe
du Transsibérien-Express«, zu haben
bei den Agenturen der Internationalen
Schlafwagengesellschaft, bei denen
man auch Plätze vorausbestellt. Im
Frühling und Sommer sind die Züge so
besetzt, daß man gut tut, einige Wochen
vorher Plätze bei der Internationalen
Schlafwagengesellschaft vorauszubestellen!
Das Deutsche Reichskursbuch
(Nr. 608) enthält den Fahrplan
für diese Züge bis Wladiwostok, Dairen
und Peking. Abfahrten von Berlin
Di. früh mit Nordexpreß, Fr. abds.
mit Schnellzug über Moskau, Do. abds.
mit Nordexpreß über St. Petersburg.
Wer gemächlicher, interessanter
und billiger (von Berlin bis Wladiwostok
für ca. 200 M.) reisen und unterwegs
das russisch-sibirische Volksleben
kennen lernen will, benutze auf
der Sibirischen Bahn den dem Lokalverkehr
dienenden, aber von Tscheljabinsk
bis Irkutsk durchfahrenden Postzug
(je 1 Zug tägl.). Er bietet gleichfalls
Schlafgelegenheit, und durch Verständigung
mit dem Schaffner kann
man es ganz bequem haben. Auf allen
größern Stationen werden gute Eßwaren
feilgehalten. Die Benutzung
dieses Postzugs ist jedoch nur Russisch
Sprechenden zu empfehlen.
Wagenwechsel in Alexandrowo,
Warschau (Nordexpreß nicht, Bahnhofwechsel
vgl. S. 304), Moskau (Bahnhofwechsel
vgl. S. 305), Irkutsk; für
Dairen noch in Changchun (S. 324),
für Peking noch in Mukden.
Einrichtungen der Wagen. I. Kl. ist
blau, II. gelb, III. grün. Die russischen
Schlafwagen sind besser als die
deutschen. Waschraum ist überall vorhanden,
aber oft mangelhaft; im Speisewagen
des Sibirischen Luxuszuges befindet
sich auch eine Badekammer.
Gummiwaschbecken, Wasserkanne,
Handtuch und Seife, Wäsche, Kopfkissen,
wollene Decke, zuverlässige
Handlaterne halte man selbst bereit.
[S. 303]
Man tut gut, sich durch Zahlung von
1/2 Fahrkarte, 1/2 Schnellzugzuschlag
und einem vollen Schlafwagenzuschuß
ein kleines Abteil (nur in I. Kl.) für
sich zu nehmen, was viele Vorteile hat,
auch am besten gegen Diebstahl etc.
sichert, da man das Abteil verschließen
kann. Auf der Sibirischen Bahn wird
sehr viel gestohlen; insbesondere
achte man auf Brieftaschen und Pässe.
Während der Mahlzeiten im Speisewagen
lasse man vom Schaffner sein
Abteil verschließen. Alleinreisende
Damen müssen in jeder Hinsicht, auch
gegen fremde Mitreisende, sehr vorsichtig
sein! In der Mandschurei entferne
man sich nicht zu weit vom Bahnhofe.
Geld nehme man wenig mit,
sondern Kreditbriefe an deutsche Firmen
oder Banken, z. B. Deutsch-Asiatische
Bank in Schanghai. Kunst &
Albers in Wladiwostok etc. Vorausbestellung
der Plätze ist anzuraten (s.
oben). Die Lüftung der Wagen läßt
oft viel zu wünschen übrig.
Eisenbahnzeit ist für die russischen
Fahrpläne bis nach Wladiwostok Petersburger
Zeit, d. h. 1 St. 1 Min. vor
gegen M. E. Z., ebenso auf den Bahnhöfen
bis Mandschuria, von da ab
Charbiner Zeit, d. h. 7 St. 25 Min. vor
gegen M. E. Z.
Bahnpersonal ist sehr höflich und
auch meist zuverlässig; die Schaffner
verstehen zuweilen etwas Deutsch,
ebenso die Kellner des Speisewagens.
Unter den mitreisenden Russen werden
stets einige Deutsch verstehen und
liebenswürdig Hilfe leisten bei Verständigungsversuchen.
Fahrtunterbrechungen
muß man sofort dem Stationsvorstand
melden, außerdem vor Fortsetzung
der Reise die Fahrkarte am
Schalter abstempeln lassen.
Verpflegung soll im Speisewagen des
Luxuszugs gut sein, in den Kronszügen
besser (gut bürgerlich und preiswürdig),
aber da die Bedienung knapp,
muß man frühzeitig bestellen und doch
oft länger als 1 St. warten. Wenn der
Zug stark besetzt ist, wird Frühstück
und Mittag in zwei Folgen gereicht;
bei der Folge, mit der man anfängt,
bleibt man für die ganze Reise. Auf
Stationen mit größerm Aufenthalt (nur
wenige) kann man in russischen Delikatessen:
Kohlsuppe, Kaviar, Stör,
Lachs, Sardellen etc., schwelgen. Empfehlenswert
ist gelegentlich ein echter
Wodka (Regierungsschnaps); unabgekochtes
Wasser meide man wie Gift.
Für die Fahrt durch die Mandschurei
und China halte man Vorrat an Konserven,
Kakes, Schokolade, Rotwein, Zitronen
oder Fruchtsaft; dazu Geschirr.
Reiseapotheke ist im Speisewagen;
ein Schlafwagenführer jedes Zugs ist
als Krankenwärter ausgebildet. Ärztliche
Hilfe telegraphisch auf großen
Stationen bestellen.
Gepäck nehme man so wenig wie
möglich mit, da die Gepäckfracht sehr
teuer ist, man auch sehr viel Scherereien
beim Zoll und beim Umsteigen
hat; man schicke großes Gepäck 4-6
Wochen früher mit Frachtdampfer (der
Hamburg-Amerika Linie oder des
Norddeutschen Lloyd) voraus nach
dem zweckmäßigsten ostasiatischen
Hafenplatz. Gepäck aus Deutschland
nach Moskau vorausschicken, ist sehr
unzweckmäßig, teuer, macht auch
große Zollschererei. Freigepäck 50 kg
auf Fahrkarten, die außerhalb Rußlands
gelöst sind, in Rußland nur 241/2
kg. Zuschlag für je 4 kg von Moskau
nach Wladiwostok 2,69 Rubel, bis
Schanghai 2,89 Rubel. Handgepäck
wird viel in die russischen Schlafwagen
mitgenommen.
Zolldurchsicht ist meist sehr streng,
erfolgt auf Hinfahrt in Alexandrowo
(russisch) und Mandschuria (chines.),
auf Rückfahrt in Mandschuria (russisch)
und Alexandrowo (deutsch).
Gepäckträger besorgt das aufgegebene
Gepäck an die Zollschranke, wenn
man ihm den Gepäckschein gibt. Um
Schwierigkeiten zu vermeiden, nehme
man nur bereits getragene Kleider,
Wäsche, Stiefel, Handschuhe etc. mit;
man meide das Mitnehmen von Zeitschriften
und Zeitungen, da diese zur
Zensur zurückbehalten werden; sogar
zum Einwickeln benutze man kein
Zeitungspapier. Zigarren (bis 100 Stück)
und Tabak sind nur in angebrochener
Kiste zollfrei, ebenso Mundvorrat an
Wein etc. Waffenerlaubnis ist durch
die Kaiserliche Botschaft in St. Petersburg
mindestens einen Monat vorher
einzuholen; für Fahrrad oder Automobil
ist der Zoll an der Grenze zu
hinterlegen, er wird bei späterm Nachweis
der Wiederausfuhr zurückerstattet.
Spielkarten, Schießpulver u. a.
werden mit Beschlag belegt.
[S. 304]
Paß muß in Deutschland vom
russischen Konsul visiert sein und
gilt sechs Monate. Die Paßvorschriften
in Rußland sind sehr streng: an der
Grenzstation Alexandrowo wird der
Paß von einem Gendarmen abgenommen,
nach der Zollbesichtigung des
Gepäcks fordert man sich den Paß
zurück. Wer keinen vorschriftsmäßigen
Paß hat, muß sofort nach Deutschland
zurück. Für Israeliten gelten
besondere Vorschriften. In jeder Stadt,
wo man sich aufhält, muß der Paß
zur Polizei geschickt werden zur Anmeldung.
Man trage ihn stets bei
sich und fordere sofort den Beistand
des deutschen Konsuls, wenn man
Schwierigkeiten mit russischen Behörden
hat. Für längern Aufenthalt
als sechs Monate in russischem Gebiet
gelten besondere Vorschriften;
man reicht den Paß der Gouvernementskanzlei
ein, erhält dafür einen
russischen Aufenthaltsschein für ein
Jahr. Auch muß der Paß durch die
Polizeibehörde vor der Abreise aus
russischem Gebiet mit Erlaubnisvermerk
versehen sein, daß man abreisen
darf; wer einen russischen Aufenthaltsschein
hat, muß vor der Abreise
einen Reisepaß lösen. Wer aus Deutschland
nach Ostasien oder umgekehrt
nur durch Rußland hindurchfährt, bedarf
außer dem Eintrittsviso des russischen
Konsuls (in Deutschland oder
Ostasien) keiner Erlaubnis zum Verlassen
Rußlands; der Vorweis einer
durchgehenden Fahrkarte Berlin-Peking
etc. genügt.
Geld. Man rechnet in ganz Rußland
nach Rubel zu 100 Kopeken. 100
Rubel Papier kosten 215-216 M. Geprägte
Münzen laufen um: in Gold
15, 10, 71/2, 5 Rubel (15 und 71/2 sind
selten); in Silber l Rubel und 50, 25,
20, 15, 10, 5 Kopeken; in Kupfer 5,
3, 2, 1 Kopeken. Papiergeld: 500,
100, 50, 25, 5, 3 und 1 Rubel. Die
Moskauer Banken zahlen auf Schecks
nur nach Eingang des Avis; außerdem
sind sie So. und noch in der
Woche an sehr vielen russischen Feiertagen
geschlossen. Wer nicht längern
Aufenthalt in Moskau nimmt, lasse
sich also kein Geld dahin zur Auszahlung
überweisen.
Entfernungsangaben in Rußland
nach Werst (abgekürzt»w«) = 1,067 km.
Russische Sprache. Die Mitnahme
von Meyers Russischem Sprachführer
(3 M.) ist dringend anzuraten. Da die
Sprache sehr schwierig ist, tut man
gut, außerdem vorher in Deutschland
einige Stunden Unterricht in Lesen
und Aussprache zu nehmen.
Von Berlin nach Moskau.
Eisenbahn von Berlin über Thorn, Alexandrowo und (627 km) Warschau
nach Moskau 1949 km in 37 (Nordexpreß, s. S. 302) und 40 St.
Von Berlin nach (401 km) Alexandrowo (Bahnwirtschaft, gut),
russischem Grenzplatz; Paß-und Zolldurchsicht, etwa 11/4 St. Aufenthalt.
Nun Fahrt durch die öde Weichselebene Polens über (34 w
von Alexandrowo) Wloclawek (Bahnwirtschaft), alte Stadt mit 30000
Einw., und (86 w) Kutno(Bahnwirtschaft) nach (148 w) Skierniewice,
Ort der Dreikaiserzusammenkunft im Jahre 1884 im Schloß
südl. der Bahn; dann
(211 w) Warschau, Hauptstadt Polens mit 764054 Einw.; Ankunft
auf dem Wiener Bahnhof am r. Weichselufer. Nur der Nordexpreß
(S. 302) wird auf Verbindungsbahn nach dem Brester (Moskauer)
Bahnhof überführt; zu den Schnellzügen muß man mit Droschke
(ca. 1/2 St. Fahrt) zum andern Bahnhof fahren. Das nach Moskau
oder weiterhin aufgegebene Gepäck geht stets bis Moskau durch,
ebenso umgekehrt.
Gasthöfe: Hôtel Bristol;—Hôtel
de l'Europe, 235 Z. 1,50-15 R.;—Hôtel
Brühl, Kotzebuestr. 12; 65 Z. 1,50-4,50,
F. 0,40, Dej. 1, T.d'h. 1,25 R., und
viele andre.—Cafés: Nitsche im Hôtel
Bristol; Lourse im Hôtel de l'Europe;
Jackowski im Sächsischen Garten u. a.
—Post: Wareckiplatz; Tel.: Kotzebuestraße
3.—Droschken nach Tarif.—
Generalkonsulate: Deutsches Reich,
Aleja Jerozolimskaja 45, Freiherr von
Brück; Österreich-Ungarn, Aleja Jerozolimskaja
23, Konsul Maurig v. Sarnfeld.
[S. 305]
—Agentur der Schlafwagengesellschaft
im Hotel Bristol.—Sehenswert:
Königl. Schloß; Krakauer Vorstadt
mit Kirche der heil. Anna, Denkmal
Adam Mickiewiez'; Sächsischer Platz
mit Alexander-Newskij-Kathedrale,
Sächsischem Schloß, Brühlschem Palais
und *Sächsischem Garten (mit
Sommertheater). Das Lustschloß *Lazienki
mit schönem Park und allenfalls
noch das Lustschloß Belvedere.
Abfahrt von Warschau vom Brester Bahnhof durch waldige Gegend
über (246 w) Nowo-Minsk, (295 w) Siedlec (Bahnwirtschaft),
(321 w) Lukow (Bahnwirtschaft), nach (410 w) Brest-Litowsk (Bahnwirtschaft),
Stadt mit 53300 Einw. (zur Hälfte Israeliten); wichtiger
Bahnknotenpunkt und Festung. Nun durch die Wälder »Weißrußlands«
über (502 w) Beresa (Bahnwirtschaft) und (599 w) Baranowitschi
nach (731 w) Minsk (Bahnwirtschaft), Hauptstadt des Gouvernements
Minsk, mit 107600 Einw. (zur Hälfte Israeliten); wichtige
Handelsstadt mit Messe im März.—(807 w) Borissow (Bahnwirtschaft),
längs der Rückzugstraße des französischen Heeres und jenseit
der Station auf langer Brücke über die Beresina, nahe der
Stelle, wo Napoleon I. auf dem Rückzug am 25.-29. Nov. 1812
mit schweren Verlusten sein Heer bei Studjenka über den Fluß
setzte.—(931 w) Orscha (Bahnwirtschaft).—(1043 w) Smolensk
(Bahnwirtschaft), Hauptstadt des Gouvernements Smolensk, mit
57100 Einw., in malerischer Lage am Dnjepr, die Bahnhöfe am r.
Ufer; die sehr alte Stadt war Schauplatz vieler Kämpfe und zeigt
noch alte Mauern.—(1101 w) Jarzewo (Bahnwirtschaft).—(1207 w)
Wjasma (Bahnwirtschaft mit berühmtem Honigkuchen), Stadt mit
20000 Einw.—(1266 w) Gshatsk (Bahnwirtschaft).—(1322 w) Borodino
(Bahnhofsmuseum), am Schlachtfelde vom 7. Sept. 1812, der
»Schlacht an der Moskwa«.—(1332 w) Moshaisk (Bahnwirtschaft),
an der Moskwa, vorbei am Ssawin-Storoschewskij-Kloster am hohen
Moskwa-Ufer, dann bei Kunzewo über diesen Fluß. Nun erscheinen
die Kuppeln der »heiligen Stadt«, man erreicht (1435 w) Moskau.
Moskau.
Vgl. beifolgenden Plan.
Ankunft: Brester Bahnhof im NW.
der Stadt; Omnibus der Gasthöfe zur
Stelle. Nur der Nordexpreß (S. 302)
wird Mi. abds. auf Verbindungsbahn
zum Kursker Bahnhof überführt, wo
der sibirische Zug bereitsteht, ebenso
umgekehrt. Bei Ankunft mit Schnellzug
muß man vom Brester nach dem
Kursker Bahnhof fahren. Der sibirische
Zug fährt vom Kursk-Nishnij-Nowgoroder
Bahnhof ab, etwa 5 km
östl. vom Brester Bahnhof.
Gasthöfe: Hôtel Métropole (Pl. a),
Theaterplatz.—Hôtel National (Pl. b),
Ecke Twerskaja u. Mochowaja (nahe
dem Kreml, für Damen am geeignetsten);
170 B. von 3 (mit Bad 6) R. an, F.
0,75, Gab.-F. 1,50, Mitt. 2,25, Omn. 1 R.:
ZH.—Hôtel Berlin (Schweizer Wirt),
Roschdestwenka, deutsches Familienhaus;
150 Z. 2-4,50, F. 0,60, Gab.-F.
0,75, Mitt. 1,75, Omn. 0,75 R.; ZH.—
Hôt. Billo (Pl. c), Bolschaja Lubjanka 9;
II. Ranges, aber gut, deutsche Bedienung,
Faßbier, deutscher Verkehr u. a.
—Restaurants: Eremitage, Trubnajaplatz.
Ferner im Hôtel Billo, Hotel
Berlin, Hôtel National und Praga (Arbol).
—Café: Filippow, Ecke Twerskaja
und Glinitschtschewskij Per.
[S. 306]
Hauptpost: Mjaßnitzkaja; Telegraph
daneben.—Wagen: Droschken.
(Iswoschtschik), zweisitzig, vom Bahnhof
zur Stadt 60-80 Kop.; außerdem Lichatschi,
Kaleschen, Troiken und Landauer.
—Straßenbahnen nach allen
Richtungen, jede Teilstrecke 5 Kop.
Banken:J. W. Junker & Co., Kusnezkij
Most, für Reisende besonders
empfohlen.—Nordische Bank, Iljieka,
Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft.
—St. Petersburger Internationale
Handelsbank, Korresp. der Allgemeinen
Deutschen Creditanstalt in Leipzig.
Theater: Die kaiserlichen Theater;
das Große, Kleine und Neue, alle drei
am Theaterplatz; Theater Korsch; verschiedene
Varietétheater. Zirkus Salamonski,
Zwetnoi-Boulevard.
Konsulat: Deutsches Reich, Konsul
Dr. Kohlhaas, Archangelski Pereulok,
Haus Konstantinow; 11-3 Uhr: Vizekonsul
Dr. Hauschild.—Österreich-Ungarn,
Generalkonsul Ritter v. Puscariu,
Moltschowska, Serebranny Perenlok.
—Schweiz, Konsul Luchsinger,
Stary Gostinny Dwor.—Polizei:
Twerskoi-Boulevard.—Ärzte: DDr.
Rein; Taube; Goldendach; Chirurg:
Dr. v. Schiemann; Augenarzt: Dr. Engelmann;
Zahnarzt: Adelheim.—Apotheke:
Ferrein, Nikolskaja.—Krankenhaus:
Evangel. Hospital (deutsch).
Buchhandlung: Lang, Kusnezkij
Most.—Photographien: Avanzo; Daziaro,
beide Kusnezkij Most.—Pelzhändler:
Ssorokoumowskij & Söhne,
Iljinka; Bjelkin, Kusnezkij Most (wer
im Winter durch Sibirien reist, muß
mit Pelzen versehen sein!).—Russische
Holzarbeiten: Sojus, Neglinnaja,
Ecke Kusnezkij Most, Deutsch
gesprochen.
Zeiteinteilung. 1. u. 2. Tag: Kreml,
Jungfernkloster, Sperlingsberge, Neßkutschnypark;
3. Tag: Besuch der
Stadt, Rumjanzewmuseum, Erlöserkirche
und Tretjakowgalerie.
Geschichtliches. Moskau wird schon
1147 erwähnt; 1328 wurde es Hauptstadt
des Großfürsten Iwan Danilowitsch
Kalita, der die Stadt befestigte.
1382 verbrannte der Tatarenchan Tochtamysch
die Stadt, die erst unter
Iwan III. (1462-1503) zur aufblühenden
Hauptstadt des Moskowiterreichs
wurde, aber unter Iwan IV., dem
Schrecklichen (1533-84), viel durch
Feuer und tatarische Überfälle (letzter
1591) zu leiden hatte. Moskau blieb
Hauptstadt auch unter den Romanows,
bis Peter I., der Große, 1703 St. Petersburg
gründete und sein Hoflager 1711
dahin verlegte. Am 14. und 15. Sept.
1812 besetzte Napoleon I. Moskau;
schon am 14. steckten die Russen die
Stadt in Brand, die bis zum 21. zu
drei Viertel niederbrannte; am 19. Okt.
mußte Napoleon aus Mangel an Lebensmitteln
den Rückzug antreten.
Moskau (142 m), alte russische Hauptstadt und zweite kaiserliche
Residenz, die bedeutendste Handelsstadt Rußlands und Hauptsitz
der russischen Industrie, mit 1459800 Einw. (darunter über
15000 Deutsche), liegt an der Moskwa und ist Sitz eines Generalgouverneurs,
zweier Korpskommandos, einer Universität und vieler
andrer hoher Schulen etc. Die Mitte der Stadt bildet der Kreml
(S. 307); von ihm laufen strahlenförmig die meist krummen Straßen
(mit meist nur zweistöckigen Häusern) aus, die durch drei Ringstraßen
verbunden werden. Nö. vom Kreml liegt das Stadtviertel
Kitajgorod (d. h. Chinesenstadt), Sitz des Großhandels; Kreml und
Kitajgorod bilden die innere Stadt (»Gorod« = Stadt) und sind noch
mit der 1534 erbauten weißen Mauer umgeben, nach der der neue,
die innere Stadt umschließende Stadtteil Bjelojgorod (d. h. Weiße
Stadt) benannt ist, der vornehmste Stadtteil mit vielen öffentlichen
Gebäuden und Palästen. Um die »Weiße Stadt« schließt sich der
Stadtteil Semljanojgorod (d. h. Erdstadt), nach dem alten Erdwall
benannt, auf dem jetzt die Sadowaja (d. h. Gartenstraße) angelegt
ist, die diesen Stadtteil nach außen begrenzt. Außerhalb davon
liegen die Vorstädte, in denen Fabriken, Kasernen, Bahnhöfe und
die Wohnungen der ärmern Bevölkerung liegen. Moskau hat 434
[S. 307]
Kirchen, 82 Kapellen, 14 Mönchs-, 7 Nonnenklöster und 23 Friedhöfe.
Das russische Volksleben ist in Moskau viel ursprünglicher
und»russischer«als in St. Petersburg, das Straßenleben ist lebhaft,
der Besuch der Märkte sehr zu empfehlen.
Rundfahrt. Hauptziel ist der *Kreml. Man fahre vom Theaterplatz
(wo das Hôtel Métropole liegt) durch die Iberische Pforte, zwei
spitztürmige Torwege, zwischen denen die sehr heilige Kapelle der
Iberischen Mutter Gottes mit berühmtem wundertätigen Heiligenbild
steht (Vorsicht vor Taschendieben!). Innerhalb der Pforte liegt r.
das Historische Museum (11-3 Uhr, außer Sa. und an Festtagen).
Sö. der Kraßnaja- oder Rote Platz mit dem Denkmal Minins und
Knjas Poscharskijs und der Schädelstätte (Lobnoje Mjesto), Hinrichtungs-
und Empfangsplatz etc.; sö. die Basiliuskathedrale (1679
vollendet); an der Ostseite des Platzes die Handelsreihen mit etwa
1000 Geschäftsräumen. (In der Seitenstraße l., Warwarka, liegt das
Haus des Bojaren Romanow, worin der erste Romanow, Zar Michail,
geboren wurde.)—Von der Basiliuskathedrale südl. über den Waßiljewskajaplatz
längs der Kremlmauer zur Moskwaretzkijbrücke und über
diese r. auf den Sophienkai (Ssofijskaja Nabereshnaja), von beiden
bester *Überblick über den Kreml. Weiter über die große Kamennijbrücke,
dann r. durch den schönen Alexandergarten längs der Westseite
des Kreml, an dem die riesige Stadtmanege liegt, die als Exerzierhaus,
Ausstellungs-und Festraum dient; dahinter die Kaiserliche
Universität (1755 begründet), mit gegen 10000 Studenten, Sternwarte,
Bibliothek, Botanischem Garten und Zoologischem Museum.
Dann r. um die Nordspitze des Kreml herum, am Historischen Museum
vorbei, nochmals über den Roten Platz zum Haupteingang des
*Kreml, die Stadtburg und ältester Teil von Moskau, 43 m über
dem l. Steilufer der Moskwa, umgeben von einer 1487 erbauten, 2 km
langen, 20 m hohen Zinnenmauer mit 5 Toren und 18 Türmen. Es ist
ein besonderer Stadtteil, »das Nationalheiligtum der Russen, dessen
Gesamteindruck an Originalität die kühnsten Erwartungen übertrifft;
Kirchen, Paläste und Klöster reihen sich in bunten Farben aneinander,
keine Kuppel gleicht der andern; von seltener Pracht, einem
kolossalen Gold-und Bilderreichtum ist das Innere der Kirchen«.
(Elisabeth v. Öttingen.)
Man betritt den Kreml durch die
»heilige Pforte« (Sspáßkija Woróta),
auch Erlösertor genannt, über dessen
Eingang als Heiligtum des Kremls ein
Erlöserbild angebracht ist ( beim
Durchschreiten des Tores nehme man
den Hut ab!), und das auf den Zarenplatz,
den Hauptplatz des Kremls,
führt; hier r. die Michaelskirche, mit
Relief des heil. Georg mit dem Drachen
(Schutzpatron [und Wappen] von
Moskau); dahinter das Wosneßenskij-Nonnenkloster
(Himmelfahrtskloster),
1389 von der Großfürstin Eudoxia begründet;
dann die blau gestrichene
Katharinenkirche und im Klosterhof
die Wosneßenskij-Kathedrale mit fünf
goldenen Kuppeln (1519 erbaut), mit
zahlreichen Grabmälern von Zarinnen
und Großfürstinnen. Dann folgt r. das
Kleine Palais, erbaut von Katharina II.
L. gegenüber das große Denkmal
Alexanders II. (1898), dahinter die Konstantinkirche.
Westl. ans Kleine Palais
schließt sich die Alexiuskirche, darin
in silbernem Sarkophag die wundertätigen
Gebeine des heil. Alexei; anstoßend
das Tschudowkloster (Kloster
der Wunder), 1358 vom Metropolitan
Alexei gegründet, mit roten Mauern;
und im Klosterhof die Kirche des Erzengels
Michael von 1503.
[S. 308]
Am Westende des
Zarenplatzes der fünfstöckige, 97 m
hohe Glockenturm *Iwan Welikij mit
vergoldeter Kuppel, im Erdgeschoß
zwei Kirchen; Besteigung des Turms
bei klarem Wetter sehr zu empfehlen
(doch nicht, wenn an Feiertagen die 33
Glocken des Turms geläutet werden!);
man spende 20 Kop. in die Sammelbüchse;
die *Aussicht über ganz
Moskau ist märchenhaft fremdartig.
Vor dem Turm steht die Riesenglocke
Zar-Kolokol, 400 Zentner schwer, 8 m
hoch, mit 20 m Umfang, am Unterrand
56 cm dick (größte Glocke der Erde:
vgl. S. 153); daneben das 1737 beim
Absturz der Glocke herausgesprungene
Stück (über 2 m hoch).
Hinter eisernem Gitter der Kathedralenplatz,
dessen Hauptkirche die
*Uspenskij-(Mariä Himmelfahrts-)Kathedrale,
1475-79 vom Bologneser
Fioraventi erbaut, mit großer Mittelkuppel
und vier kleinen Kuppeln; in
ihr werden die Zaren gekrönt und die
Metropoliten geweiht. Das Innere bunt
und prächtig, aber geschmacklos. Südl.
die Archangelskij-Kathedrale (des Erzengels
Michael), mit den Grüften aller
Großfürsten u. Zaren bis vor Peter d. Gr.
Westl. auf der Höhe des Kremls die
Blagowjeschtschenskij-(Mariä Verkündigungs-)Kathedrale,
1397 erbaut, die
Tauf-und Trauungskirche der Zaren,
mit dem *Großen Palast (Besichtigungserlaubnis
erteilt der Polizeimeister,
man nehme den Paß mit, im Notfall
genügt Visitenkarte) verbunden,
der, 1838-49 erbaut, drei große Paradesäle
und 700 Zimmer enthält. Zum
Großen Palast gehören: der Terem-(Belvedere-)Palast,
1636 erbaut; die
Granowitaja Palata (Facettenpalast),
1491 erbaut, jetzt Bankettsaal bei der
Kaiserkrönung; die *Schatzkammer
(Oruscheinaja Palata, d. h. Rüstkammer;
Mo. Mi. Fr. 10-1 Uhr) mit den
Kronjuwelen, Rüstungen, Waffen etc.;
im Hof die Spaßnaboru- (Erlösers am
Walde-)Kirche, älteste Kirche des
Kremls (13. Jahrh.). Südl. von der
Schatzkammer das Borowizkija-Tor,
durch das Napoleon I. 1812 einzog.
Nördl. der Marstall und der grün gestrichene
Potjeschnij Dworez (Vergnügungspalast),
jetzt Kommandantur;
gegenüber im Kavalierhaus die Kanzlei
des Polizeimeisters. Dann folgt r.,
gegenüber dem Troizkija-Tor, die
große Kremlkaserne, vor der 20 alte Kanonen
stehen, darunter r. das»Einhorn«,
1670 gegossen, etwa 240 Zentner
schwer, und l. die riesige »Zar-Puschka«,
1586 gegossen, 780 Zentner
schwer, Kaliber ca. 1 m.
Zwischen der Kaserne und dem großen
Palast liegen die Häuser der Hofgrenadiere,
die Hofküche, das Offizierhaus
und östl. davon das große Synodalgebäude,
1450 als Patriarchenpalast
gebaut, darin (2. Stock) die Zwölf-Apostelkirche,
die Apostel-Philippskirche
(darin ein Stück vom Kreuz
und Rock Christi) und die Bibliothek.
Nördl. das Arsenal, vor dem 875 eroberte
Kanonen lagern (darunter 123
preußische und 366 französische); gegenüber
das Gerichtsgebäude, 1771 von
Katharina II. erbaut. Davor in der
Mitte des Platzes ein Denkmal für den
hier 1905 ermordeten Großfürsten Sergius
Alexandrowitsch. Nördl. das Nikolskija-Tor,
durch das man den Kreml
verläßt und wieder auf den Roten
Platz gelangt.
Andre Sehenswürdigkeiten sind das *Rumjanzewmuseum (Di. bis
Sa. 11-3 Uhr; 20 Kop.), sw. vom Alexandergarten, ein stattlicher
Säulenbau mit der Inschrift:»Dem Wohle der Aufklärung«; enthält
Bibliothek (700000 Bände), Gemäldegalerie, Münzsammlung,
*Nationaltrachten, Altertümer.—Sw. die *Erlöserkirche, 1839 bis
1883 von Thon erbaut, die schönste Kirche der Stadt, mit fünf
vergoldeten Kuppeln, die Hauptkuppel 102 m hoch; ein Prachtbau
mit reichem und schönem Schmuck.—Von da sw. durch die
Pretschistenka und die Bolschaja Zarizynskaja, in der r. das
Jungfernfeld (wo angeblich dem Tatarenchan die als Tribut zu
liefernden Jungfrauen vorgeführt wurden), jetzt Volksfestplatz, auf
dem die großen Universitätskliniken stehen.—Am Ende der Straße
das *Nowo Djewitschij-(Jungfern-)Kloster, umgeben von hoher Mauer
mit Schießscharten, Zinnen und Türmen, 1524 erbaut. Peter d. Gr.
[S. 309]
sperrte hier seine herrschsüchtige Schwester Sophie ein und ließ vor
ihrem Fenster 300 Strelitzen aufhängen; Napoleon I. besuchte das
Kloster 1812 und wollte die Kirche sprengen lassen, in der die
Grabmäler von Eudoxia, der ersten Frau Peters d. Gr., und die
seiner Schwestern Sophie und Katharina sind.—Dann fahre man
südl. zur Fähre an der Moskwa, setze nach dem rechten Ufer über
und steige in 20 Min. auf die *Sperlingsberge (Worobjewy Gory);
oben bei dem guten Gasthaus Krynkin die schönste *Aussicht über
die Stadt Moskau; Napoleon I. betrachtete von hier 14. Sept. 1812
zuerst die Stadt.—Von hier (event. mit der Straßenbahn) durch
die Kaluschskaja zum *Neßkutschnypark, dem schönsten Park Moskaus,
in dem das kaiserliche Alexandraschloß liegt.—Weiter nö.
durch die Kaluschskaja über den Kaluschskajaplatz und durch die
Bolschaja Jakimanka zur Kleinen Kamennybrücke, von der r., in
die Wodootwodnaja einbiegend, in der fünften Quergasse r. die berühmte
*Tretjakowgalerie (10-3 Uhr, außer Mo. und an hohen Feiertagen)
in der Lawruschinskijgasse liegt; sie enthält viele Bilder russischer
Maler, so von W. Wereschtschagin, Schischkin, Aiwasowskij,
Ssurikow (franz. Katalog 40 Kop.). Weiter östl. über die Tschugunnybrücke
und Moskworezkijbrücke, dann r. durch die Moskworezkaja
zum Kaiserlichen Findelhaus (Do. u. So. 1-4 Uhr), 1764 von Katharina II.
erbaut, erzieht auf Dörfern etwa 30000 Kinder und nimmt
selbst etwa 2500 auf.—Nun nördl. über den Warwarskaja und
Iljinskajaplatz, vorbei an der Plewnakapelle und dem Polytechnischen
Museum, dann über den Lubjanskajaplatz zurück zum Theaterplatz.
Umgebung: Zum *Petrowskijpark
(5-6 km nw. vom Theaterplatz) entweder
mit Straßenbahn oder zu Wagen
von der Iberischen Pforte nw.
durch die 3 Werst lange Twerskaja, eine
Hauptgeschäftsstraße Moskaus mit
schönen Läden, vorbei am Palast des
Generalgouverneurs (l.); beim Twerskija-Tor
l. das Puschkindenkmal und
r. gegenüber das Sstrastnoi-Nonnenkloster
(1654 erbaut). Weiter durch
die eintorige Triumphpforte zu Ehren
Alexanders I. auf der St. Peterburgskoje
Chaussee, vorbei am Rennplatz
(l.) und dem großen Chodynskojefeld
(wo beim Volksfest der Krönung Nikolaus'
II. 1400 Menschen ums Leben
kamen) zum *Petrowskijpark; Endpunkt
der Straßenbahn vor dem Petrowskijschloß,
umgeben von hoher
Mauer mit Schießscharten und Türmen.
Der Park hat sehr besuchte
Restaurants (Mauretania, gut, aber
teuer, ebenso Yard, Strelna), Sommertheater,
Badehäuser und Landhäuser.
Von Moskau nach Charbin.
Die Sibirische Bahn. Von den großen
Verkehrswegen, die Europa mit
Ostasien verbinden, ist der Landweg
ostwärts durch den asiatischen Kontinent
hindurch der bei weitem kürzeste,
aber trotzdem der jüngste. Seine
späte Anlage ist nicht verwunderlich,
wenn man bedenkt, als was für ein
unwirtliches, wenig versprechendes
Land Sibirien früher galt, und wie
große Kosten der Bau einer so langen
Bahnlinie, die größtenteils durch
wenig kultiviertes Gebiet führte, erfordern
mußte. Als sich die russische
Regierung zu dem gewaltigen Werk
entschloß, hatte sie zwar, außer strategischen
Zwecken, die Belebung des
direkten Warenverkehrs zwischen Rußland
und dem »fernen Osten« viel
mehr im Auge als die wirtschaftliche
Hebung Sibiriens und die Schaffung
einer neuen Personenverkehrslinie;
aber infolge der Verschiebung der
politischen Verhältnisse durch den
russisch-japanischen Krieg hat die
Bahn für den Warenverkehr heute
nur geringe Bedeutung, um so größern
Wert dagegen für die wirtschaftliche
Erschließung und Besiedelung der
durchfahrenen Länderstrecken und für
den Personen-und Postverkehr nach
China und Japan erlangt.
[S. 310]
Landschaftlich bietet die Sibirische
Bahn nicht allzuviel; große
Strecken müssen sogar als sehr einförmig
bezeichnet werden, vor allem
führt fast der ganze Westteil der Bahnstrecke
bis ostwärts zum Ob, abgesehen
von der Durchquerung des Uralgebirges,
durch einförmiges Flachland,
das nur durch die von den Flüssen
geschaffenen breiten Täler ein wenig
gegliedert wird. Das r. Steilufer der
Wolga, dem man von Sysran bis Samara
nahebleibt, bildet mit seinem
etwa 300 m hohen Abfall die größte
Unregelmäßigkeit im Relief dieser
ganzen Strecke. Die Flußsysteme
konnten in diesen großen Flachländern
eine ungewöhnlich mächtige Ausbildung
erfahren, und so bilden die
großen Ströme, die man in Rußland
wie in Westsibirien mehrfach zu überschreiten
hat, die wichtigste Abwechselung
in dem Einerlei der Landschaft.
Die Überbrückung dieser breiten
Ströme wurde durch den im Frühjahr
einsetzenden Eisgang, der oft ein großartiges,
wildes Schauspiel bietet, ganz
besonders erschwert. Der Ostteil der
Sibirischen Bahn führt großenteils
durch Gebirgsland, das meist Mittelgebirgscharakter
hat; nur die Gebirgsumrandung
des Baikalsees ist ziemlich
wild.
Im größten Teil ihres Verlaufs,
von Moskau bis Tschita, schwankt die
Breitenlage der Bahn nur innerhalb
enger Grenzen, die von denen
Norddeutschlands kaum abweichen:
der nördlichste Punkt, Atschinsk in
Mittelsibirien, liegt etwas nördl. vom
56.°, der südlichste, im Chiloktal in
Transbaikalien, etwas nördl. vom 51.°
Erst von Tschita an wendet sich die
Bahn südostwärts und erreicht schließlich
südeuropäische Breite.
Trotz dieser gleichmäßigen Breitenlage
ändert sich das Klima längs
der Bahn sehr stark, was sich am
besten an den Mitteltemperaturen des
wärmsten und des kältesten Monats
erkennen läßt. Diese betragen: in
Berlin 18,1° und-0,4°, in Warschau
18,8° und-3,4°, in Moskau 18,9° und
-11,0°, in Tomsk in Westsibirien
(etwas nördl. von der Bahnlinie) 18,7°
und-19,6°, in Irkutsk 18,4° und
-20,8°, in Nertschinskij Sawod (im
transbaikalischen Bergland, 660 m
ü. M.) 18,5° und-29,7°. Die Sommerwärme
nimmt also ostwärts eher noch
zu, während die Winterkälte viel
strenger wird; das Klima wird also
ostwärts immer extremer, immer kontinentaler.
Das sibirische Klima ist
übrigens bei weitem nicht so schlimm
als sein Ruf, denn die Winterkälte
ist leicht zu ertragen infolge der Windstille
und Trockenheit der Luft bei
meist klarem, heiterm Himmel und
kräftigem Sonnenschein.
Auch das Pflanzenkleid Sibiriens
verrät wenig von den strengen
Wintern, abgesehen von dem Fehlen
der meisten Laubbäume. Je länger
der Frost die Vegetation zur Ruhe
verurteilt, um so kräftiger laufen die
Lebensvorgänge im kurzen Sommer
ab. Schon im Ural sind viele unsrer
Wiesenpflanzen viel üppiger als bei
uns entwickelt, und die Gegend von
Irkutsk wie auch Transbaikalien sind
berühmt wegen ihres fast die ganze
warme Jahreszeit über andauernden
Blütenflors. Das von der Bahn durchfahrene
Gebiet eignet sich, soweit die
Bodenbeschaffenheit es zuläßt, überall
zum Getreidebau.
Wie schon oben erwähnt wurde,
hat die Sibirische Bahn einen ungeahnten
Aufschwung in der Besiedelung
Südsibiriens hervorgerufen,
das sich bei weitem wertvoller und
kulturfähiger erwiesen hat, als man
noch vor kurzem geglaubt hatte. Die
russischen Bauern strömen, seitdem
sie nicht mehr mühselig auf dem
»Großen sibirischen Trakt«, der alten
Straße nach Sibirien, ostwärts wandern
müssen, scharenweise in Russisch-Asien
ein, zurzeit vor allem in
dem äußerst fruchtbaren westsibirischen
Schwarzerdebezirk und in Transbaikalien;
aber auch in die Küstenprovinz
am Stillen Ozean sucht die
Regierung recht viele Einwanderer zu
ziehen. Die wirtschaftliche Entwickelung
Westsibiriens hat daher jetzt
einen geradezu stürmischen Charakter,
was sich am besten in dem raschen
Anwachsen von Orten wie Omsk und
Nowo Nikolajewsk erkennen läßt.
[S. 311]
Eine starke Verschleuderung natürlicher
Schätze Sibiriens und der östlichen
Länder, vor allem des Waldreichtums,
geht mit der raschen Besiedelung
leider Hand in Hand. Auch
die ursprüngliche, meist nomadische
Bevölkerung Sibiriens wird immer
weiter zurückgedrängt, zum Teil auch
vom Russentum aufgesogen, und der
eilige Reisende wird von ihr wenig
mehr zu sehen bekommen als die
Burjäten des Baikalgebiets, die sich
am besten der neuen Kultur anpassen.
Ebenso ist Sibirien lange nicht mehr
in dem Maße wie früher Sträflingsland.
Nicht nur treten die Deportierten
an Zahl gegenüber den freien
Ansiedlern immer mehr zurück, sie
werden jetzt auch nach entferntern
Gegenden, besonders Sachalin, verschickt.
Trotzdem bilden die Gefängnisse
noch heute wichtige Gebäude
in den meist dorfähnlich gebauten
sibirischen Städten.
Baugeschichte. Die Sibirische
Bahn, mit 8137 Werst (8682 km) die
längste, etwa ein Drittel des Erdumfangs
messende Bahnlinie der Welt
(die Union Pacific 5357 km), wurde
von der russischen Regierung 1891
begonnen; 1892 war die Strecke Ufa-Slatoust
fertiggestellt; 1894 folgte die
Überführung der Bahn über den Ural
bis nach Tscheljabinsk, 1897 die Fortsetzung
bis Tomsk, 1899 bis Irkutsk;
1897 wurde auch die Ussuribahn zwischen
Chabarowsk und Wladiwostok
fertig. In der Gebirgsgegend des Baikalsees
entstanden große Schwierigkeiten;
man führte die Bahn zunächst
von Irkutsk zum Baikalsee, baute
gleichzeitig vom gegenüberliegenden
Ufer bei Myssowaja die Bahn weiter
bis nach Strjetensk. Nun war die erste
Verbindung bis Wladiwostok fertig, die
zwar überall durch russisches Gebiet
führte, aber noch mehrere Dampferstrecken
einschloß: der Baikalsee
wurde auf Dampfern gekreuzt, von
Strjetensk führten flache Flußdampfer
die Schilka abwärts in den Amur und
von da bis Chabarowsk, dann fuhr man
mit der Ussuribahn nach Wladiwostok.
Aber die Unregelmäßigkeiten im Flußwasserstand
machten diese Reise sehr
langwierig. Ein 1896 mit China geschlossener
Vertrag ermöglichte es den
Russen, die Amurfahrt auszuschalten
und die Mandschurische Bahn quer
durch die Mandschurei über Charbin
nach Wladiwostok zu bauen, mit der
Abzweigung von Charbin über Mukden
und Yinkou nach Dairen; letztere
Strecke wurde am 1. August 1903 eröffnet.
Die 3109 Werst (3317 km) lange
Strecke von Sysran bis Kraßnojarsk ist
in 11 Jahren, die 4016 Werst (4284 km)
lange Strecke Kraßnojarsk-Dairen
in 4 Jahren erbaut worden. Die Baukosten
sollen durchschnittlich 100000
Rub. für 1 Werst, in Summa über 800
Mill. Rub. betragen. Spurweite ist
die russische Normalspur von 1,524 m,
die Strecke ist eingleisig, mit Steigungen
bis 1:17. Während des russisch-japanischen
Krieges wurde die
Bahn um das Südende des Baikalsees
(Baikalgürtelbahn, 244 Werst) herumgeführt,
um das lästige Überführen
der Reisenden und der Fracht über
den mehrere Monate fest gefrornen
See zu vermeiden. Seit 1906 ist die
Strecke wesentlich verbessert; viele
Ausweichestellen sind geschaffen, ein
zweites Gleis ist zwischen Ufa-Slatoust
und Omsk-Irkutsk im Bau. Ferner
ist im Bau die Linie Tjumen-Omsk,
wodurch direkte Verbindung nach St.
Petersburg geschaffen wird. Nach dem
Krieg ist die Strecke Changchun-Dairen
als Südmandschurische Bahn (S.
323) unabhängig von Rußland geworden
und steht unter japanischer Leitung.
Der sibirische Luxuszug (S. 302) verläßt Moskau auf dem Kursk-Nishnij-Nowgoroder
Bahnhof (nahe dem Ostende der Ssadowaja);
wegen Vorausbestellung des Platzes vgl. S. 302. Der Zug besteht
nur aus einem Wagen I., zwei Wagen II. Kl. und einem Speisewagen
und ist im Frühling und Herbst meist stark besetzt.—Nach der Abfahrt
sieht man r. das malerische Andronow-Mönchskloster auf dem
Steilufer der Jausa, 1366 vom Metropoliten Alexei begründet, mit
fünf Kirchen. Der Zug fährt durch fruchtbares Land über (93 w)
Sserpuchow (Bahnwirtschaft) nach (182 w) Tula (Bahnwirtschaft),
[S. 312]
Hauptstadt des Gouvernements Tula, mit 132000 Einw., Silberindustrie
(Tulasilber ist kaukasisch und hier weniger als in Moskau
zu haben) und Fabriken für Samowars und Zuckerbrot; Gewehrfabrik;
Kreml aus dem 16. Jahrh.—Weiter (240 w) Uslowaja (Bahnwirtschaft).
Die Bahn tritt in das Gebiet der südrussischen fruchtbaren
»Schwarzerde«, der Wald tritt zurück.—(380 w) Rjashsk
(Bahnwirtschaft), Kreisstadt mit 5000 Einw., an der Chupta.—An
reichen Dörfern (mit berühmten Gestüten) vorüber.—(502 w) Morschansk
(Bahnwirtschaft), Kreisstadt mit 26000 Einw., an der Zna.—
Durch fruchtbares Land nach (753 w) Pensa (Bahnwirtschaft), Hauptstadt
des Gouvernements Pensa, mit 67900 Einw., an der Mündung
der Pensa in die Ssura schön gelegen; berühmt wegen der schönen
Tücher aus Ziegenwolle; deutsch-luther. Kirche.—Hinter (989 km)
Sysran (Bahnwirtschaft) nähert sich die Bahn der Wolga, tritt bei
(1003 w) Batraki dicht an deren r. Ufer, das sogen. Bergufer, und
kreuzt 8 w weiter die Wolga auf der mächtigen, 1435 m langen
Alexanderbrücke (1876-80 erbaut). Der breite Strom ist stets von
Dampfern, Kähnen und großen Holzflößen belebt, die bis zum Kaspischen
Meere fahren. Am Ufer sind Behälter für Petroleum und
Naphtha, die Heizstoff für Dampfer und Lokomotiven abgeben.—
Auf dem flachen l., sogen. Wiesenufer weiterfahrend, erreicht man
nach einigen Stunden (1120 w) Samara (Bahnwirtsch.; Gasthof:
Bolschaja Zentrálnaja in der Dworjanskaja 125; deutscher Vizekonsul
W. Koenitzer), Hauptstadt des Gouvernements Samara mit
96400 Einw., am l. Wolga-und r. Samaraufer, mit deutsch-luther.
Kirche, lebhaftem Getreidehandel und berühmten Kumys-Kuranstalten
auf den Hügeln in der Umgegend.—Die Bahn führt nun
durch das Tal der Samara, das r. Berge zeigt, nach (1158 w) Kinel
(Bahnwirtschaft); hier Abzweigung der Bahn über Orenburg, Taschkent,
Samarkand und Merw nach Kuschk an der afghanischen
Grenze.—Dann an mehreren unbedeutenden Stationen vorbei durch
zum Teil sandiges Steppenland, außer von Russen auch von Baschkiren,
Tataren, Kalmücken und Kirgisen bewohnt, und auf 640 m langer
Brücke über die Bjelaja nach (1609 w) Ufa (Bahnwirtschaft: Verkauf
uralischer Halbedelsteine; Vorsicht vor Gesindel in der Umgegend
des Bahnhofs!), Hauptstadt des Gouvernements Ufa mit 58800 Einw.,
im 16. Jahrh. zum Schutz gegen die Baschkiren gegründet, am
r. Steilufer der Bjelaja gelegen (schöner Landschaftsblick von der
steilen Höhe über dem Birkenwäldchen beim Bahnhof); dicht beim
Bahnhof viele Naphthabehälter, in der Nähe Herden der Baschkirennomaden.
Die hölzernen Häuser der Stadt sind wie Schwalbennester
an steile Hügel gesetzt, Treppen führen von Haus zu Haus. Ufa
hat 27 Kirchen, 38 Schulen, 6 Banken, 3 Zeitungen und 1 Theater.
—Hinter Ufa tauchen im O. die Vorberge des Ural auf, bedeckt
von Tannenwäldern mit eingesprengten Birkenhainen; je mehr
man sich dem Gebirge nähert, um so wilder wird die Gegend.—
(1707 w) Ascha-Balaschewskaja (Bahnwirtschaft).—Vorbei an vielen
Eisenhütten in malerischer Gegend durch das Tal des Sanjabachs,
an dem sich im Halbkreis das große Dorf Menjardi hinzieht. Wilder
Hochwald mit Anemonen, Dotterblumen, Himmelsschlüsseln von in
[S. 313]
Mitteleuropa unbekannter Üppigkeit begleitet die Bahn bergaufwärts;
zwischen hohen Felseinschnitten gelangt man über (1793 w)
Wjasowaja (323 m; Bahnwirtschaft) auf die Höhen des Uralgebirges
nach—(1909 w) Slatoust (392 m; Bahnwirtschaft; mäßige Unterkunft
bei Lusgin oder Frau Semjonowa, Z. 1 Rub., vorausbestellen!),
hübscher Bergstadt (etwa 2 w vom Bahnhof) an dem Flüßchen Aï,
das hier die Hauptkette des südl. Ural, den Taganai, durchbricht;
21000 Einw. Kaiserliche Eisen-, Gußstahl-und Waffenfabriken,
von deutschen Schmiedemeistern eingerichtet. Arsenal (wochentags
9-3 Uhr Besichtigung gestattet). Deutsch-luth. Kirche.—Von Slatoust
steigt die Bahn an Bergseen und schön mit Tannen bewaldeten
Abhängen vorbei nach (1927 w) Urshum (564 m); etwa 1/4 w weiter
steht r. der Grenzobelisk mit der Inschrift»Europa-Asia«(hier jedoch
nur geographische, keine Verwaltungsgrenze!) auf dem höchsten
Punkte der Bahn. Nun eilt der Zug in die westsibirische Ebene
hinab, vorbei an (1970 w) Miaß am Ilmenskijsee, mit Goldgruben in
der Nähe, und erreicht den eigentlichen Anfangspunkt der Sibiririschen
Bahn
(2060 w) Tscheljabinsk (232 m; Bahnwirtschaft; Hôtel Eremitage),
wo von l. die direkte Bahn von St. Petersburg (vgl. S. 301) über
Perm und Jekaterinburg einmündet. Die Stadt, mit 39400 Einw.,
4 w vom Bahnhof; am Bahnhof Auswandererbaracken für russische
Bauern, die nach Sibirien übersiedeln. Viele Tataren, Sarten und
Baschkiren betteln am Bahnhof. Lebhafter internationaler Verkehr;
auf dem Markt (wohin man mit zweisitzigen kleinen Wagen,
Tarantás, fährt) hat man Gelegenheit zum Einkaufen von Edelsteinen
aus dem Ural (jedoch Vorsicht! vieles ist gefälscht); Volkstheater.
Von Tscheljabinsk fährt man zuerst durch die unwirtliche»Gorkaja«,
unkultiviertes Steppenland mit Mooren und Salzseen; nach
einiger Zeit beginnt aber fruchtbares, großenteils schon mit russischen
Bauern besiedeltes Schwarzerdeland. Über (2177 w) Schumicha
(Bahnwirtschaft) und Syrjanka, wo die Verwaltungsgrenze zwischen
dem europäischen und dem asiatischen Rußland überschritten wird,
nach (2301 w) Kurgan (Bahnwirtschaft), rasch aufblühender Stadt
am l. Ufer des Tobol, 11/2 w vom Bahnhof; Kotzebues Verbannungsort
1800; lebhafter Butterhandel, von Dänen ins Leben gerufen.—
Etwa 6 w weiter auf 470 m langer Brücke über den Tobol, dann
durch Sumpfgegend nach (2550 w) Petropawlowsk (138 m; Bahnwirtschaft),
3 w vom Bahnhof die Kreisstadt Petropawlowsk mit
37900 Einw. (viele Mohammedaner), am r. Ufer des Ischim, 1752
begründet zum Schutz gegen die Kirgiskosaken. In der Stadt ein
Tauschhof mit zahlreichen kleinen Läden; lebhafter Vieh-und
Fellhandel, Schlächtereien, Gerbereien, Wollwäschereien; hübscher
Stadtgarten; deutscher Apotheker. Viele kirgisische Nomadenkarawanen
kommen aus der Steppe nach Petropawlowsk.—Nun
folgt einförmige Steppe; (2677 w) Isil-Kul (Bahnwirtschaft).—Weiterhin
über den Irtysch (Nebenfluß des Ob) auf 685 m langer Brücke.
(2806 w) Omsk (87 m; Bahnwirtschaft; Zweigbahn stündl. nach
[S. 314]
der 3 w südl. gelegenen Stadt; Tarantás dahin 50 Kop., Gasthöfe:
Hotel Rossija, Saizew, Dworzowaja; Schtschepanowskij, Nikolskajaplatz),
aufblühende Stadt mit 84400 Einw., Sitz der Verwaltung des
Generalgouvernements der Steppe, mit starker Garnison, hat ein
ethnographisches Museum auf dem Basarplatz; deutsch-luther.
Kirche; deutscher Vizekonsul Oskar Nolte, Moskauer Reihe.—
Handel mit Butter, Konserven aus Flußfischen, Getreide und Mehl.
In Omsk verbüßte der Dichter Dostojewski 1849-53 seine Haft.
In der Umgegend viele Kosakendörfer.
Dampfer von Omsk auf dem Irtysch
abwärts in 4-5 Tagen nach Tobolsk
(Gasthof Kommertscheskaja), Hauptstadt
des Gouvernements Tobolsk mit
22000 Einw. und ethnographischem
Museum im Jermakgarten.—Von
Omsk den Irtysch aufwärts in 4-5 Tagen
nach Semipalatinsk, Hauptstadt
der gleichnamigen Steppenprovinz mit
31800 Einw. (die Hälfte Mohammedaner)
und geographischem Museum;
von hier Poststraße nach Taschkent.
Die Bahn führt von Omsk durch Malariagegend (gegen Mücken
und Moskitos Schutzfenster schließen, Moskitonetz beim Schlafen
benutzen!).—(2964 w) Tatarskaja (Bahnwirtschaft).—(3109 w)
Kainsk (Bahnwirtschaft), Kreisstadt mit 6000 Einw., meist verbannten
Israeliten, 12 w nördl. vom Bahnhof; Ackerbau, Viehzucht, Branntweinbrennerei
und Gerberei.—Hinter (3384 w) Kriwoschtschekowo
auf 792 m langer Brücke über den Ob nach (3392 w) Nowo-Nikolajewsk
(Bahnwirtschaft) am r. Obufer, mit angeblich über 60000
Einw., mit amerikanischer Schnelligkeit wachsender Umschlagsplatz
zwischen dem Verkehr auf der Sibirischen Eisenbahn und dem
Dampferverkehr auf dem Ob. Dampfer laufen von hier nach Tomsk,
Barnaul (Hauptort des altaischen Minenbezirks mit 30000 Einw.,
zahlreichen Hüttenwerken, Oberbergamt und Bergbauschule) und
Biisk. Der Ob bildet ungefähr die Ostgrenze des Steppenlandes.
Die Bahn führt, zum Teil durch dichten Urwald, nach (3606 w) Tajga
(257 m; Bahnwirtschaft).
Zweigbahn in 31/2 St. nach (74 w)
Mescheninowka, wo man aussteigt, weil
der Stadt Tomsk näher als der Bahnhof
(82 w) von Tomsk.
Tomsk (148 m; Hôtel Rossija, empfohlen;
Hôtel de l'Europe; Iswoschtschik
bis 75 Kop.; Post und Tel.;
Potschtamskaja; Russisch-Asiat. Bank),
Hauptstadt des Deutschland an Größe
gleichkommenden Gouvernements
Tomsk mit ca. 100000 Einw., am r. Steilufer
des Tom, die einzige Universitätsstadt
Sibiriens (etwa 600 Studenten),
mit tüchtigen, vielfach in Deutschland
ausgebildeten Lehrkräften, verschiedenen
Museen, technologischem Institut
und andern modernen Fachschulen;
Bischofssitz mit 20 russ. Kirchen. Die
Stadt ist mit amerikanischer Regelmäßigkeit
gebaut, hat einige große
Geschäftshäuser (darunter mehrere
deutsche), jedoch großenteils dorfartiges
Aussehen. Lebhafter Flußverkehr.
Im nahen Kolywanschen Erzgebirge am
Ob, 368 m ü. M., ein Steinschleifwerk
für Porphyr, Jaspis, Marmor.
Von Tajga (s. oben) weiter durch mit Urwald (russisch»Tajgá«)
bedecktes kohlenreiches (aber noch nicht ausgebeutetes) Hügelland
über (3745 w) Mariinsk (Bahnwirtschaft) nach (3933 w) Atschinsk
(Bahnwirtschaft), Stadt mit 7000 Einw., die nördlichste von der
Sibirischen Eisenbahn erreichte Stelle (in der Breitenlage des mittlern
Jütlands), am Tschulym und an der Poststraße, die südl. nach
(330 w) Minussinsk (Gasthof; Mittelpunkt des Getreidegebiets und
Minenbezirks des südl. Gouvernements Jenisseisk) führt.
Das Hügelland geht in Gebirgsland, die Ausläufer des Sajanischen
[S. 315]
Gebirges, über, die Fahrt wird malerischer. Die niedrige (ca. 315 m
hohe) Wasserscheide zwischen Ob und Jenissei überschreitet man
erst ganz kurz vor letzterm Fluß bei der Station Katscha und erreicht
bald darauf
(4100 w) Kraßnojarsk (d. h.»Rote Klippe«; 160 m; Bahnwirtschaft;
Hôtel Rossija; Métropole, Familienhotel, Deutsch gesprochen;
Iswoschtschik zur Stadt 40 Kop.; Internationales Telegraphenamt für
Telegramme in europäischer (nicht russischer) Sprache; Russisch-Asiatische
Bank), Hauptstadt des Gouvernements Jenisseisk am
l., rotgefärbten Steilufer des Jenissei mit 30500 Einw., technische
Eisenbahnschule, Stadtpark mit Wirtschaft, Museum; lutherische
Kirche. Wichtiger Flußhafen für die Dampferfahrt auf dem Jenissei.
Die Stadt (halbwegs zwischen Moskau und Wladiwostok) war früher
großenteils mit Verbrechern besiedelt. In der Datsche Tarakanowka
hat der Besitzer Judin eine Bibliothek von 100000 Bänden, insbesondere
Literatur über Sibirien.
Der Jenissei, mit 4750 km Länge
der größte Strom Sibiriens, entsteht
in der nordwestlichen Mongolei und
fließt als Ulukhem nw. zur russischen
Grenze, wo er, das Sajanische Gebirge
in Katarakten und Stromschnellen
durchbrechend, sich nordwärts zum
Eismeer wendet. Bei Kraßnojarsk ist
der Jenissei durchschnittlich vom Mai
bis Mitte November eisfrei. Schiffbar
ist der fischreiche Strom, und mit Barken,
Segelschiffen und Dampfern bis
zur Mündung befahren, von Minussinsk
an auf 2966 km. Die bedeutendsten
Städte am Jenissei sind: Minussinsk,
Kraßnojarsk, Turuchansk u. Dudinsk;
der nördlichste dauernd bewohnte Ort
ist Krestowsk, r. an der Mündung.
Von Kraßnojarsk führt eine prächtige, 925 m lange Brücke mit
sechs Bogen über den Jenissei und dann durch moskitoreiche Gegend
über (4327 w) Kansk (Bahnwirtschaft), Kreisstadt mit 8000 Einw.
und Goldwäschereien, am Kan, und über diesen Fluß auf 255 m
langer Brücke nach (4353 w) Ilanskaja (Bahnwirtschaft) und (4434 w)
Kljutschinskaja (388 m), dann über die goldführende Birjussa nach
(4633 w) Nishne-Udinsk (413 m; Bahnwirtschaft), Kreisstadt mit 6000
Einw., mitten in den Ausläufern des Sajanischen Gebirges, an der
Uda.—Nun steigt die Bahn durch fruchtbares Land, von fleißigen
buddhistischen Burjäten bevölkert, nach (4743 w) Tulun (498 m;
Bahnwirtschaft), dem höchsten Punkte der Strecke Tscheljabinsk-Irkutsk.
—Hinter (4873 w) Sima auf 468 m langer Brücke über die
Oka und dann durch schwarzgrünen Tannenwald mit *Ausblick r.
nach S. auf die schneebedeckten Berge des Sajanischen Gebirges
(Grenzgebirge zwischen Sibirien und der Mongolei), über (5012 w)
Polowina (538 m; Bahnwirtschaft; Kohlengebiet) ins Tal der Angara,
des Ausflusses des Baikalsees, und talauf, vorbei am (r.) Wosneßenskij-Mönchskloster
(1672 gegründet), nach
(5108 w) Irkutsk (445 m; Bahnwirtschaft; Grand Hôtel [Agentur
der Internationalen Schlafwagengesellschaft]; Métropole; Iswoschtschik
zur Stadt 75 Kop.; Internationales Telegraphenamt für Telegramme
in europäischer [nicht russischer] Sprache; Russisch-Asiatische
Bank), Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements, unter
52° 17' nördl. Br. (etwas südlicher als Berlin), am l. Ufer der Angara,
in die hier der Irkut mündet, mit 84000 Einw. Irkutsk hat sehr rauhes
Klima (bei einem Sommer wie Paris steigt die Winterkälte nicht
[S. 316]
selten bis-37°, das Jahresmittel beträgt nur-0,4°), breite Straßen,
23 griechisch-katholische (darunter schöne Kathedrale der Mutter
Gottes von Kasan), eine römisch-katholische und eine deutsch-lutherische
Kirche, Gymnasium, 3 höhere Mädchenschulen, 2 Technische
Schulen, 1 Seminar, 2 Militärschulen, Theater, 5 Zeitungen,
Arbeits-und Findelhaus, Stadtkrankenhaus (mit deutschem Leiter,
Dr. v. Bergmann) und bedeutenden Handel zwischen Ostasien und
Rußland. Im Dezember Messe. Irkutsk, das eine Sektion der Russischen
Geographischen Gesellschaft mit vielen Sammlungen besitzt,
gilt als geistiger Mittelpunkt Sibiriens.—Der Ort wurde 1652 als
Handelsposten durch Kosaken begründet, wuchs schnell, hat aber,
seit die Verschiffungen von chinesischem Tee nach baltischen Häfen
zunahmen, an Bedeutung verloren. Durch eine Feuersbrunst wurde
Irkutsk 1879 fast zerstört, ist aber schöner wieder aufgebaut.—Die
Stadt gilt als sehr unsicher. Vom Bahnhof hat man den besten Überblick
über die Stadt, zu der eine große Schwimmbrücke führt.
In Irkutsk beginnt die Transbaikalbahn, daher Wagenwechsel
(die Strecke Irkutsk-Mandschuria ist von der Russisch-chinesischen
Bahngesellschaft an die Schlafwagengesellschaft für die Expreßzüge
verpachtet; auf dieser Strecke sollen häufig alte schmutzige Wagen
laufen, auch Verspätungen um mehr als 6 St. bis Wladiwostok nicht
selten sein.) Die Bahn bleibt jenseit Irkutsk am r. Ufer der aus
dem Baikalsee kommenden Angara und erreicht bei (5170 w) Baikal
den Baikalsee.
Der Baikalsee (russ. Swjátoje More,
mongol. Dalai Nor, »heiliges Meer«),
der drittgrößte Binnen-und größte
Gebirgssee Asiens, 476 m ü. M., 623 km
lang, 15-82 km breit, hat 34180 (Sachsen
u. Württemberg zusammen 34507)
qkm Fläche. Der langgestreckte,
durchschnittlich 250 m tiefe See besteht
aus zwei Becken, deren südlichstes
bis 1430 m tief ist, so daß der
Grund des Sees bis gegen 1000 m unter
den Meeresspiegel hinabreicht. Der
Baikalsee ist durch Einbruch entstanden;
er wird von schroffen, 1400 m
hohen Felswänden umrahmt, im W.
vom Baikalgebirge, im O. vom 1800 m
hohen Bauntigebirge, die in vielen
Vorgebirgen in den See vorspringen.
Von den in den See mündenden
Flüssen verläßt die schiffbare untere
Angara den See am SW.-Ufer wieder.
Das Wasser des Sees hat im Juli in
4 m Tiefe eine Temperatur von 5°.
An Fischen ist der See sehr reich,
namentlich an Herbstlachsen (Salmo
omul), die durch Jenissei und Angara
aus dem Eismeer heraufkommen, und
von denen jährlich etwa 500000 Stück
gefangen werden (daher der tatarische
Name Baikul, d. h. Reicher See). Von
größern Wassertieren findet man eine
Seehundsart (Callocephalus), deren
Auftreten, 1000 km von der nächsten
Meeresküste entfernt, sehr merkwürdig,
aber auch heute noch nicht endgültig
geklärt ist. Man neigt zu der
Annahme, daß der See, der auch
sonst eine sehr eigenartige Fauna beherbergt,
mit dem heutigen Eismeer
nicht in früherer Verbindung gestanden
hat, sondern daß die Seehunde den
Lachsen bis hier herauf nachgegangen
sind. Der tektonische Ursprung des
Sees bekundet sich durch häufige Erdbeben,
so 1861 u. 1862. Die Schiffahrt
wird durch heftige Winde gefährdet,
doch verkehren Dampfer während der
achtmonatigen eisfreien Zeit; der lebhafteste
Verkehr findet aber im Winter
auf der 1-1,5 m starken Eisdecke statt.
Während früher die Reisenden mit Fährdampfern (im Winter mit
Schlitten) nach Myssowaja am Südufer des Sees übergesetzt wurden,
führt seit 1906 die Baikalgürtelbahn um das felsige Südufer des Sees;
sie ist mit großen Schwierigkeiten und sehr hohen Kosten hergestellt;
[S. 317]
allein auf der 85 km langen Strecke vom Bahnhof Baikal bis nach
Kultuk sind 32 Tunnel von zusammen 6 km Länge und 210 Kunstbauten
(Brücken, Durchlässe, Überführungen) errichtet. Man fährt
von Baikal über (5359 w) Tanchoi (auf allen Bahnhöfen besonders
dieser Strecke hüte man sich vor Diebstählen!) nach (5413 w) Myssowaja
(477 m), auch Myssowsk genannt; die Bahn bleibt noch bis
(5458 w) Possolskaja in der Nähe des Baikalsees und steigt dann im
Tale der Selenga nach (5567 w) Werchne-Udinsk (544 m; Bahnwirtschaft;
Gasthof), Kreisstadt mit 8000 Einw., mit großer Garnison
und wichtiger Teemesse.
Von hier führt die alte Poststraße
(nebst Telegraph) im Selengatal
weiter aufwärts nach Troizkossawsk
und (185 w) Kjachta (732 m), russische
Grenzstadt und von 1689-1860 einziger
russischer Grenzhandelsplatz, über den
der Karawanentee aus der nur 200 m
südlicheren chinesischen Grenzstadt
Maimatschin geführt wurde. Die Poststraße,
jetzt wenig benutzt, führt weiter
über Urga (1290 m) durch die
Wüste Gobi und über Kalgan (S. 296)
nach Peking. Eine Bahn längs der
Poststraße nach Kalgan ist geplant.
In romantischer Landschaft steigt die Bahn nun im Tale der Uda,
dann südöstl. abbiegend weiter bis (5701 w) Petrowski sawod (803 m;
Bahnwirtschaft), vorbei an Mongolen-und Burjätendörfern, dann
im malerischen Tale des Chilok zu den sanftsteigenden Höhen des
Jablonoi oder Apfelgebirges über (5840 w) Chilok (805 m; Bahnwirtschaft)
und durchläuft hinter (5993 w) Sochondo (944 m) einen Tunnel,
der am Westende die Inschrift: »Zum Atlantischen Ozean«, am Ostende:
»Zum Großen Ozean« trägt, da der Bergkamm die Wasserscheide
bildet zwischen dem Nördlichen Eismeer und dem Stillen
Ozean (Jenissei und Amur). Nun senkt sich die Bahn über (6016 w)
Jablonowaja (846 m; Bahnwirtschaft) durch das enge Ingodatal nach
(6086 w) Tschita (656 m; Bahnwirtschaft; Hôtel Métropole;
Iswoschtschik zur Stadt 50 Kop.; Russisch-Asiatische Bank), 1851
gegründete Hauptstadt Transbaikaliens mit 55500 Einw., Maschinenwerkstätten
und *Museum; die hübsche Umgebung erinnert an Heidelberg.
—Dann fährt man über den Fluß Tschita auf 160 m langer
Brücke und im Ingodatal abwärts über (6142 w) Makkawejewo (Bahnwirtschaft)
nach (6180 w) Karimskaja (605m; Bahnwirtschaft), Bahnknotenpunkt.
Amurfahrt Strjetensk-Chabarowsk
(2116 w). Von Karimskaja führt eine
ältere Bahnlinie im Ingoda-und Schilkatal
abwärts über (183 w) Nertschinsk
(Bahnwirtschaft), das jetzt bedeutungslose,
früher aber durch seine
Blei-und Silberbergwerke berühmte,
als Sträflingsort berüchtigte Städtchen,
nach (266 w) Strjetensk (Bahnwirtschaft;
Gasthof Dalnij Wostok; Mikulitsch,
beide nahe der Dampferlandestelle;
Iswoschtschik 1 Rub.; Banken:
Sibirische Bank; Russisch-Asiatische
Bank), Stadt mit 10000 Einw., am l.
Ufer der Schilka. Von Strjetensk
laufen Postdampfer auf der untern
Schilka und dem Amur von Mai bis
September alle 5 Tage in 6 Tagen bis
Blagowjeschtschensk (Grand Hôtel;
Banken: Kunst & Albers; Sibirische
Bank; Russisch-Asiatische Bank),
Hauptstadt der Provinz Amur mit
57500 Einw., am l. Ufer des Amur an
der Sejamündung; von dort mit größern,
bequemen Dampfern in 5 Tagen
bis Chabarowsk (S. 333). Die Fahrt
stromauf von Chabarowsk bis Strjetensk
dauert etwa 12-13 Tage und
ist nicht zu empfehlen. Der Amur
entsteht aus dem Zusammenfluß der
Schilka mit dem Argun beim Fort Ustj
Strjelka; er bildet streckenweise die
Grenze gegen China und mündet nach
4480 km langem Lauf unterhalb Nikolajewsk,
gegenüber dem Nordende der
Insel Sachalin. Geplant ist der Bau
einer Amurbahn von Strjetensk nach
Chabarowsk.
[S. 318]
Die Transbaikalbahn führt von Karimskaja über einen 885 m
hohen Bergrücken nach (6229 w) Burjatskaja (Bahnwirtschaft), dann
durch gewelltes, ödes Steppenland, den Nordzipfel der Mongolei, von
Kosaken und Burjäten bewohnt, über (6274 w) Aga (Bahnwirtschaft)
und an einem buddhistischen Burjätenkloster vorbei über (6319 w)
Olowjannaja (Bahnwirtschaft) und (6412 w) Borsa und über die
russisch-chinesische Grenze nach
(6532 w) Mandschuria (Mandschuli; 650 m; Bahnwirtschaft;
Gasthof Zentralnaja, nahe dem Bahnhof), chinesischer Grenzstadt
mit 12000 Einw. (in der Mehrzahl Russen); hier bei der Hinfahrt
chinesische, bei der Rückfahrt russische Zolldurchsicht.—Mandschuria
ist der Anfang der in russischen Händen befindlichen Ostchinesischen
Bahn (Chinese Eastern Railway), deren Gebiet die Mandschurei
bis zur russischen Grenzstation Pogranitschnaja (S. 320),
ferner die südliche Linie von Charbin bis Changchun (S. 324) mit
Zweigbahn nach Kirin umfaßt und deren Bahnhöfe gegen die häufigen
Angriffe der Chunchusen-(chinesischen Räuber-) Banden von russischen
Soldaten bewacht werden und zum Teil befestigt sind. Von
hier an wird nach Charbiner Zeit gerechnet, die 6 St. 24 Min. vor
gegen Petersburger und 7 St. 25 Min. vor gegen M.E.Z. ist. Die
Bahn führt durch gleichmäßiges Steppenland (man sieht Pferdeherden,
Kamelkarawanen) über (6708 w) Chailar (Hailar; Bahnwirtschaft)
und (6785 w) Jakschi, Wachtposten, allmählich das Chingangebirge,
den Grenzwall zwischen der Mongolei und der Mandschurei,
hinan; bei (6872 w) Irekte (875 m) wird noch eine Lokomotive vorgespannt
wegen der nun starken Steigung, durch enge Täler nach
(6881 w) Chingan; 4 w weiter führt ein 3 km langer Tunnel, 961 m ü. M.,
durch den höchsten Gebirgskamm unter dem 1060 m hohen Dschedynpaß;
dann geht es steil abwärts nach (6904 w) Buchedu (Pu-ha-to;
673 m; Bahnwirtschaft), im Tale des Jali. Bevor man die
Steppe wieder erreicht, noch malerische Ausblicke auf die Berge bei
Barim. Dann durch größere Dörfer bei Tschalantun über (7049 w)
Nin-zy-schan (264 m) und über den Nonni nach (7155 w) Stat. Zizikar
(Tsitsihar oder Buchoi; Bahnwirtschaft; Gasthof) selbst, die
Hauptstadt der chinesischen Außenprovinz Holungkiang, mit 80000
Einw., liegt 25 w nördl. am Nonni und ist durch Kleinbahn mit der
Station verbunden. [Hier soll das chinesisch-amerikanische Bahnprojekt
von Aigun (vom r. Amurufer nahe Blagowjeschtschensk in
der Mandschurei) nach Kintschou (S. 318, an der Bahnlinie Mukden-Tientsin)
von N. nach S. die Mandschurei durchschneiden.]—Dann
durch wildreiche, fast unbewohnte Steppe mit unbedeutenden Haltestellen,
aber vor Charbin durch gut bebautes Land und schließlich
auf 948 m langer Brücke mit 8 Bogen über den mächtigen, von
zahlreichen Dampfern belebten (auf 1180 km Länge schiffbaren) Súngari
nach
(7408 w) Charbin (Harbin; 152 m; gute Bahnwirtschaft; Grand
Hôtel; Métropol Hôtel; Orient Hôtel, sämtlich in der Neustadt, die
beiden ersten nahe dem Bahnhof; Hôtel Sibir; Hôtel de Commerce,
[S. 319]
in der Geschäftsstadt, Verpflegung überall gut, Unterkunft mäßig;
Bankgeschäft von Kunst & Albers; Russisch-Asiatische Bank [Korrespondent
der Deutschen Bank]; Agentur der Internationalen Schlafwagengesellschaft:
im Grand Hôtel; Direktion der [russischen] Ostchinesischen
Bahn [Präsident General Horváth], Zweigbureau der
Südmandschurischen Bahn; chinesischer Zollkommissar [Watson];
deutscher Konsul: L. Heintze; Handelshäuser: Kunst & Albers;
Tschurin & Co.; Samsonowitsch & Agéjeff; Kommissionsgeschäft:
Comptoir belge d'importation et d'éxportation; Spediteur A. G. Roubinraut),
internationale Handelsstadt in der chinesischen Mandschurei,
am r. Ufer des Sungari, 1896 gegründet als Eisenbahnknotenpunkt,
früher ein Dorf, jetzt eine Stadt von über 50000 Einw. (buntgemischte
Bevölkerung, in der die Russen und Chinesen überwiegen). Die
Stadtverwaltung liegt in den Händen der Ostchinesischen Bahn. Die
vollkommen russischen Charakter tragende Stadt zerfällt in drei
Teile: die Altstadt, sö. vom Bahnhof, die erste Niederlassung aus
Lehmhäusern für den Bahnbau, wozu einige Handelshäuser und eine
kleine Kirche kamen. Die moderne Neustadt (Nowoje Charbina),
westl. vom Bahnhof, auf einer vor dem Fluß geschützten Hochfläche,
noch in der Entwickelung; für die Eisenbahnverwaltung, P u. T,
Hospitäler, Beamtenwohnungen, Gasthöfe etc. bestimmt. Die Straßen
und die sanitären Verhältnisse sind noch sehr schlecht. In der
Hafenstadt (Pristan) hinter der Eisenbahnbrücke am Fluß sind Fabriken
und Werkstätten für die Eisenbahn, kaufmännische Niederlassungen,
der Sitz der Polizei etc.; hier herrscht das meiste Leben.
Östl. vom Pristan liegt das durch den Pestausbruch 1910 berüchtigte
Chinesenviertel Fudsjadjan (Fudatien). Haupthandel und Ausfuhr
in Ölbohnen. Im russisch-japanischen Krieg war Charbin Hauptstützpunkt
der russischen Armee.—Dampfer verkehren auf dem
Sungari von Charbin talwärts bis Chabarowsk (S. 323) und bergwärts
bis Kirin (S. 324).
Von Charbin nach Wladiwostok.
Vgl. die Karte bei S. 301.
Der sibirische Luxuszug (S. 302) führt vom Hauptbahnhof (smaragdgrün
in einer Art von Sezessionsstil) in Charbin-Neustadt östl. über
(9 w) Hst. Alt-Charbin durch weite Strecken gut (vor allem mit Rüben)
bebauten Ackerlandes über (58 w) Aschichö, mit Zuckerfabrik, dann
an einem Marmorbruch vorbei, durch Sumpfstellen mit mannshohem
Wollgras und durch von Fasanen bevölkerte Gehölze nach (153 w)
Imjampo, beliebtem Sommeraufenthalt mit Datschen (Landhäusern),
guter Brauerei und Jagdgelegenheit auf Hochwild, weiter über den
Gebirgszug Tschangkwanhai nach (255 w) Chandaochezy (Bahnwirtschaft),
Ort mit 10000 Einw.; dann auf 300 m langer Brücke über
den Mutankiang (nicht weit südl. die chinesische Handelsstadt Ninguta
mit etwa 20000 Einw.; T) und nun ansteigend in schroffen
Tälern des in der Nähe der Bahn schon großenteils entwaldeten ostmandschurischen
Mittelgebirges durch drei Tunnel bis 640 m ü. M.,
dann wieder hinab nach (402 w) Mulin (Bahnwirtschaft). Die Landschaft
[S. 320]
wird immer schöner, bis man, die Mandschurei verlassend, den
russischen Grenzort (512 w) Pogranitschnaja (460 m; Bahnwirtschaft;
russische Zollbesichtigung), Endpunkt der Ostchinesischen und Anfang
der Ussuribahn, erreicht; letztere führt durch sechs Tunnel abwärts
über die Grenzfestung (538 w) Grodekowo in grüner Ebene nach
(628 w) Ketrizewo (Bahnwirtschaft), Knotenpunkt, wo l. die Bahn
nach Chabarowsk abzweigt; in 2 w Abstand sieht man die Kuppeln
der Kathedrale von Nikolsk-Ussuriisk (Gasthof Koslow; Russisch-Asiatische,
Sibirische Handelsbank; Warenhaus von Kunst & Albers),
Kreisstadt mit 23000 Einw. und stärkster Garnison des Amurgebiets,
in sehr fruchtbarer Gegend, mit guter Jagd auf Wildschweine, Maralhirsche
etc. Dann steigt die Bahn im Felsental des Suifun in dichtbewaldete
Höhenzüge; an einer scharfen Biegung erster *Blick auf
die Amurbucht; l. hinter Nadeschdinskaja liegen Kohlenbergwerke;
dann führt die Bahn am Strande der Amurbucht entlang,
l. an den Datschen (Landhäusern) der reichen Wladiwostoker vorbei
und durch die Chinesenstadt zu dem ganz nahe dem Hafenkai gelegenen
Hauptbahnhof von
(730 w) Wladiwostok (Bahnwirtschaft), am Japanischen Meer.
Der Bahnhof trägt die Aufschrift: »Von St. Petersburg bis Wladiwostok
9876 Werst« (Entfernung von Moskau 8137 w).
Ankunft zur See. Die Postdampfer
steuern die Insel Askold mit rotem
Leuchtturm an, laufen dann auf den
weißen Leuchtturm der Insel Skrypleff
zu und steuern durch den Östlichen Bosporus
zwischen Kasakewitsch (Russeninsel)
und dem Murawiew-Vorgebirge
hindurch, biegen dann r. in eine der
Kieler Förde sehr ähnliche, durch
viele Küstenbefestigungen geschützte
Bucht, in deren innerstem, nach O. gekrümmtem
Teil, dem Goldenen Horn,
der gegen Wind und Seegang geschützte
Hafen von Wladiwostok liegt.
An seiner Westseite ist nahe am Bahnhof
ein Kai mit Liegeplätzen für etwa
acht Dampfer. Die Postdampfer der
Freiwilligen Flotte haben eignen Kai.
Dampfer, die keinen Platz am Kai
bekommen, ankern nahe vor der Stadt,
Ausschiffung der Reisenden erfolgt
dann mit Booten an bequemen Landungsbrücken.
Gasthöfe: Hotel d'Allemagne (Deutsches
Hotel), Mitte der Stadt, Ecke
der Kitaiskaja-und Pekinskaja-Straße,
modern eingerichtet, Pens. 8-9 Rubel,
gelobt.—Grand Hôtel, am Bahnhof.—
Goldenes Horn, Aleutskaja 45.—Zentralnaja,
Swetlanskaja.—Restaurants:
Deutsches Restaurant Müller, Swetlanskaja,
gelobt.—Unterberger; Goldenes
Horn; Swetlanka, sämtlich Swetlanskaja.
—Cafés: Kokin.—Jegorow,
Swetlanskaja.
Post u. Tel. an der Swetlanskaja.
Telegraphenkabel nach Nagasaki.—
Wagen: Iswoschtschik vom Bahnhof
zur Stadt 25 Kop. (Gepäck 20 Kop.),
einzelne Fahrt 25 Kop., in die Vorstadt
50 Kop.; stündl. 80 Kop. Nachts
doppelte Taxe.—Eisenbahn über
Charbin nach Europa (S. 309): Expreßzüge:
Mi. ab Wladiwostok der Transsibirien-Expreß
in 91/2 Tagen bis Moskau,
mit Anschluß an den Nordexpreß
(S. 302) Moskau-Berlin (Fahrzeit 37 St.);
außerdem So. ab Wladiwostok ein Zug
bis Irkutsk (Wagenwechsel) mit Anschluß
nach Moskau und ein Zug Fr.
ab Wladiwostok wie vorher, doch mit
Anschluß nach St. Petersburg; sämtlich
Züge der Internationalen Schlafwagengesellschaft;
nach Chabarowsk,
S. 323; nach Dairen, S. 323; nach Peking,
S. 328.—Dampfer: Hamburg-Amerika
Linie über Hongkong monatlich
(Agentur: Kunst & Albers);—
Nippon Yusen Kaisha nach Nagasaki,
Korea, Port Arthur und Schanghai
wöchentlich;—Russische Freiwillige
Flotte Do. und Sa. in 2 Tagen nach
Tsuruga (Japan);—Sa. über Nagasaki
(2 Tage) nach Schanghai in 4 Tagen;—
Osaka Shosen Kaisha Di. in 2 Tagen
nach Tsuruga (Reichskursbuch 705).
[S. 321]
Plan von Wladiwostok.
[S. 322]
Banken: Kunst & Albers, Swetlanskaja,
Korresp. der Deutschen Bank.—
Russisch-Asiatische Bank, Aleutskaja,
Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft,
der Deutschen Bank und der
Allgemeinen Deutschen Creditanstalt
in Leipzig.—Theater: 3 russische und
3 chinesische; Singspielhalle im »Goldenen
Horn« u. a.—Agent der Internationalen
Schlafwagengesellschaft:
Marcerou & Schreter, Swetlanskaja 60.
—Konsulate: Deutsches Reich, Swetlanskaja,
Konsul Dr. Stobbe.—Deutscher
Gesangverein (es leben viele
Deutsche in angesehenen Stellungen
in Wladiwostok).—Polizeiamt: Pekinskaja.
—Zollamt: Swetlanskaja.—
Städtisches Krankenhaus.—Warenhaus
großen Stils von Kunst & Albers,
liefert jegliche Reiseausrüstung u. a.
Wladiwostok (»Beherrscherin des Ostens«, früher Port May) wurde
1860 gegründet, war 1868-1901 Freihafen und hat 90162 Einw.
(davon über ein Drittel Chinesen, Japaner und Koreaner). Die Stadt
liegt auf 43° 7' nördl. Br. (etwas südlicher als Florenz) auf der Halbinsel
zwischen der Ussuribucht und der Amurbucht in malerischer
Landschaft, deren natürliche Bergumwallung sehr stark befestigt ist
(1500 Geschütze, die auf 80 km verteilt sind), da die Stadt der einzige
gute Seehafen und Flottenstützpunkt Rußlands in Ostasien ist, denn
überall weiter nördl. bis zur entlegenen Amurmündung ist die Küste
durch das mauerähnliche Sichotaalingebirge vom Binnenlande völlig
abgeschlossen und fast hafenlos. Nur hier am Südende der russischen
Küstenprovinz ist der Küstengebirgsbogen unterbrochen und öffnet
sich das Land mit einer buchtenreichen Küste (Riasküste) frei zum
Meer. Leider ist der Hafen von Wladiwostok 4 Monate durch Eis
gesperrt; als Kriegs-und Handelshafen ist er gut ausgerüstet. Längs
der Nordküste des Goldenen Horns zieht sich die Hauptstraße Swetlanskaja;
die Häuser sind meist aus Stein, nur zum Teil noch aus
Holz gebaut. Die Neubauten zeigen modernern Renaissancestil, z. B.
das Admiralitätsgebäude, der Palast des Gouverneurs, das Geschäftshaus
von Kunst & Albers und das reichhaltige Museum (Di. Fr.
So. 10-4 Uhr geöffnet). An der Südseite der Swetlanskaja liegt in
hübschem Garten das Haus des Chefs der Marinestation, weiter östl.
der Marineklub, mit Bootslandungsbrücken am Hafen. In der Hauptstraße
die Uspenskij-Kathedrale. Das Institut für Ostasiatische
Sprachen liegt an der Puschkinskaja; ebenda die deutsch-lutherische
Kirche. Bei den Landungsbrücken am Hafen steht das Denkmal
des Admirals Newelskoi, der die Amurmündung am 13. Aug. 1850
auf eigne Faust besetzte, mit der Inschrift: »Wo die russische Flagge
weht, da soll sie nie wieder sinken« (Ausspruch des Zaren Nikolaus I.).
Gegenüber dem Warenhaus der in ganz Ostasien bekannten deutschen
Firma Kunst & Albers an der Swetlanskaja liegt ein schönes Wohnhaus
für den Leiter des Geschäfts, mit großem Speisezimmer für die
Angestellten des Geschäfts, mit Billards etc. In der Marinevorstadt
das Marinehospital, daneben die großen Trockendocks und Werftanlagen
der Marine.—Die Gewerbtätigkeit beschränkt sich auf Holzschneidemühlen,
Ziegeleien, Maschinenwerkstätten, Brauereien. Der
deutsche Einfuhrhandel ist sehr beträchtlich, es verkehren mehr
deutsche als englische Schiffe im Hafen; ausgeführt werden Felle,
Sauerkraut, Seekohl, Bauholz, Salzfische, Lebertran.—Das Goldene
Horn ist etwa von Mitte Dezember bis Mitte April zugefroren, doch
halten Eisbrecher eine Fahrrinne frei; aber außerhalb des Hafens behindern
[S. 323]
dann oft große Treibeismassen die Schiffahrt. Die Witterung
entspricht etwa der von St. Petersburg, trotzdem Wladiwostok auf
etwa derselben geographischen Breite wie Florenz liegt; Luftwärme im
Januar-15° C, im Jahresmittel 4,3° C; im Sommer kommen etwa
+30° C, im Winter etwa-30° C vor.—Rundgang. Man fahre
durch die Swetlanskaja und besteige dann die steile Anhöhe oberhalb
des Observatoriums, von wo prächtiger *Fernblick über das Goldene
Horn, Stadt und Hafen; man sieht bis zur Insel Askold, die im SO.
auftaucht. Dann besuche man den Wochenmarkt an der Amurbucht,
am Westende der Swetlanskaja, und mache mit kleinem Hafendampfer
eine Hafenrundfahrt (zweimal tägl., Fahrzeit etwa 21/2 St.), die bis
zur Insel Kasakewitsch führt; auch lohnt eine Fahrt mit Dampfer
oder Segelboot bei gutem Wetter nach der Insel Askold, wo die sibirischen
Maralhirsche gehegt und gefüttert werden und Goldbergwerke
im Betrieb sind.—Die Umgegend bietet Gelegenheit zu
Fahrten in die landschaftlich sehr schönen Berge und Wälder; vor
der Stadt ist eine gemütliche deutsche Brauerei.
Von Wladiwostok nach Chabarowsk
führt die Ussuribahn in etwa 16 St.
über (102 w) Ketrizewo (S. 320), von
da nö. im Tale des Suifun, dann durch
Steppenland und auf 255 m langer
Brücke über den Ussuri nach (340 w)
Murawjew-Amurskij (Bahnwirtschaft).
Hinter der 255 m langen Imanbrücke
bei (387 w) Iman (Bahnwirtschaft) tritt
die Bahn in schöner Hügellandschaft
dicht an die Grenze der Mandschurei
und läuft im Tale des Ussuri r. über
(498 w) Bikin (Bahnwirtschaft) durch
Wald und über viele Brücken nach
(716 w) Chabarowsk (96 m; Bahnwirtschaft;
Gasthöfe: Deutsches Hotel
und Restaurant von Peter Moller, empfohlen;
Hotel Chabarowsk; Rossija;
Iswoschtschik zur Stadt 60 Kop.; Banken:
Kunst & Albers; Russisch-Asiatische
Bank), Hauptstadt der Seeprovinz
des russischen Amurgebiets,
mit 25000 Einw. (1/4 Chinesen), am r.
Steilufer des Amur, noch 800 km oberhalb
seiner Mündung, zum Teil auf Felsterrassen
erbaut. Nahe dem Palais des
Generalgouverneurs liegt das *Museum
der Russischen Geographischen Gesellschaft
(Do. So. 12-4 Uhr); nahebei
im Stadtgarten das Standbild des Grafen
Murawjew-Amurskij. Die Stadt hat
Kadettenschule, Eisenbahnschule und
treibt wichtigen Pelzhandel (besonders
Zobelfelle). Warenhaus: Kunst & Albers.
Postdampfer von Chabarowsk Mitte
Mai bis Anfang Oktober (andre Dampfer
unregelmäßig): a) in 4 Tagen auf
dem Amur abwärts nach (940 w) Nikolajewsk
(Gasthof; Warenhaus: Kunst &
Albers), Seehafenstadt mit 8000 Einw.,
nahe der Mündung des Amur in den
Amurgolf; b) auf dem Amur aufwärts
über Blagowjeschtschensk nach Strjetensk,
vgl. S. 317.
Von Charbin nach Dairen.
Vgl. die Karten bei S. 215 u. S. 271.
Von Charbin zweigt eine Linie der Ostchinesischen Bahn nach S. ab (von
den Russen bis Port Arthur, S. 327, gebaut, jetzt nur bis Changchun noch
russisch; die Südstrecke ist im Frieden von Portsmouth 1905 an Japan abgetreten
und bildet jetzt das Hauptstück der Südmandschurischen Bahn. Von
den sibirischen Expreßzügen (S. 316) wird ein Wagen in Charbin abgezweigt
und läuft durch bis Changchun; Durchreisende können in diesem Wagen in
Charbin übernachten. Fahrzeit Charbin-Changchun 9 St., Changchun-Mukden
61/2 St., Mukden-Dairen 8 St. Über diese Strecke geht zurzeit der Hauptpersonenverkehr
zwischen Europa und China (besonders nach Peking,
Hankau, Schanghai, Tsingtau etc.), aber auch ein großer Teil des Verkehrs
nach Japan (besonders nach Nagasaki). Über direkte Fahrkarten vgl. S. 302.
[S. 324]
Vom Charbin-Hauptbahnhof (S. 318) führt die Bahn durch fruchtbares
Land mit Weizen-, Kartoffel-, Raps-und Maisfeldern; zahlreiche
Wachttürme schützen die Bahnstrecke; bei (115 w) Dalatschao
führt eine 735 m lange Brücke über den Sungari.—(152 w) Jaomönn
(Bahnwirtschaft). Nahe hinter der russischen Grenzstation Kwangtschöngtse
mit russischer Garnison erreicht man (222 w) Changchun
(Tschangtschun; Yamato Hotel, komfortabel, Pens. 9-12 Yen, gegenüber
Bahnhof, mit Büfett;—Yokohama Specie Bank;—Russisch-Asiatische
Bank), Knotenpunkt der Ostchinesischen, Südmandschurischen
und Kirin-Changchun-Bahn. Von Charbin kommend hier
umsteigen in den bereitstehenden Expreßzug der Südmandschurischen
Bahn (I. Kl. vorzügliche Pullman-Wagen, II. Kl. entspricht
der III. Kl. in europäischen Zügen). Zeitwechsel, südmandschurische
Zeit ist 23 Min. später als Charbinzeit (S. 318). Die alte Stadt mit
130000 Einw., 6 w südl. vom Bahnhof, mit lebhaftem Vieh-und
Bohnenhandel. Changchun hat chinesische Garnison; die neue, von
den Japanern am Bahnhof angelegte Stadt in europäischem Stil entwickelt
sich schnell und hat japanische Garnison. [Zweigbahn östl. nach
(120 w) Kirin, wichtigster Handelsstadt der Mandschurei für Holz,
Bohnen, Tabak, mit 100000 Einw., von Mauern umgeben, am Sungari.]
Hinter Changchun treten l. die Vorberge der Ostmandschurischen
Gebirge an die Bahn; bei (39 M = Miles von Changchun) Gungchuling
steigt die Bahn bis 209 m ü. M., senkt sich aber wieder bei (145 M)
Tiahling, Handelsstadt mit 50000 Einw., am Liauho, und erreicht
(189 M) Mukden (chines. Fengtien), alte Hauptstadt des frühern
mandschurischen Reiches (mit etwa 175000 Einw.) und daher Stammsitz
der bisher in China herrschenden Mandschudynastie, deren
erste Kaiser hier noch zeitweise residierten.
Gasthöfe: Astor House Hotel, in
der innern Stadt, deutsche Leitung,
10 Z., recht gelobt, gute Küche, Pens.
$ 8.—Yamato Hotel, japanische Leitung,
im japanischen Stationsgebäude,
Pens. 9-12 Yen.
Wagen: Droschken, Rikschas, chinesische
Karren.—Pferdebahn bis
zur innern Mauer.
Eisenbahnen: Südmandschurische
Bahn (japanisch) nach Changchun (und
mit der Ostchinesischen Bahn weiter
nach Charbin), nach Dairen und nach
Antung (von wo weiter nach Söul,
Fusan); Nordchinesische Bahn (chinesisch)
nach Tientsin und Peking. Japanischer
wie chinesischer Bahnhof liegen
5 km westl. von der Stadt entfernt.
Bank: Yokohama Specie Bank (Korrespondent
der Deutschen Bank) in
der innern Stadt.
Deutsches Konsulat, Konsul Dr.
Heintges, Dolmetscher Dr. Siebert.
Mukden ist Sitz des Generalgouverneurs (Vizekönigsj der Mandschurei,
der zugleich Gouverneur der Provinz Fengtien ist, und
eines Bannergeneralleutnants. Starke Garnison moderner Truppen.
Rings um Mukden fanden Ende Februar und Anfang März 1905 die
blutigen Kämpfe statt, in denen die Russen durch die Japaner zum
Rückzuge nach dem Norden gezwungen wurden. Die äußere Stadt
ist von einem 18 km langen Lehmwall, die innere von einer starken
Mauer, mit je 8 Toren, umgeben. In der Nähe des japanischen
Bahnhofs eine der vier Eckpagoden der Stadt von indischem Charakter,
—Die größte Sehenswürdigkeit ist der *Kaiserpalast; er
liegt in der innern Stadt, in der Nähe des Astor House Hotels.
[S. 325]
Der letzte Kaiser, der ihn zeitweilig noch bewohnt hat, war Chienlung
(1736-96). Der Palast ist in den Jahren 1907-09 wieder vollständig
neu aufgebaut worden. Im Thronsaal steht noch der alte,
in Holz geschnitzte Thron. In einem besondern Gebäude wird die
Chronik des kaiserlichen Hauses aufbewahrt, die aber unzugänglich
ist; gezeigt werden einzelne Stücke aus dem kaiserlichen Schatz:
Gewänder, Helme, Waffen des Kaisers Chienlung, Stickereien, Gemälde,
Porzellane, Nephritsachen u. a., ferner in einer besondern
Abteilung eine große Menge Porzellan des kaiserlichen Haushalts.
Einlaßpässe sind durch die Konsulate zu besorgen. Östlich schließt
sich an den Palast ein Pavillon, in dem die Kaiser Audienz erteilten,
mit den zugehörigen Gebäuden an.
Ausflüge: Nach dem nördlichen
Kaisergrab Peiling, etwa 6 km
nördl. der Stadt, mit Droschke oder
Rikscha, Einlaßpässe durch die Konsulate.
Das Grab liegt in einem Walde,
der hinter der Anlage schöne Nadelholz-
und Eichenbestände hat. Durch
die ziemlich verfallene äußere Tierallee
zu dem meist verschlossenen
Südtor, das mit seinen lebhaften Farben
in der grünen Umgebung sehr
malerisch wirkt. Man fährt nach l.
um die Umfassungsmauer herum zum
Westeingang, durch den man den
von Strandkiefern gebildeten düstern
*Grabhain betritt, in die innere, mit
Platten belegte Tierallee, die an dem
Südtor (s. oben) beginnt und von steinernen
Säulen und Tierfiguren, Himmelshunden,
Pferden, Kamelen und
Elefanten, eingefaßt wird. Den Abschluß
der Allee bildet ein Gebäude
mit schöner Kassettendecke, das eine
riesige, aus einem Kalkmarmorblock
gehauene Schildkröte enthält, die auf
ihrem Rücken einen zweiten Monolithen
trägt,in den die Lebensgeschichte
des hier ruhenden Kaisers Taitsung
(gest. 1643), des Vaters des ersten chinesischen
Kaisers aus der Mandschudynastie,
in Mandschurisch, Mongolisch
und Chinesisch eingehauen ist.
—Durch ein von einem turmartigen
Aufbau gekröntes Tor in den innern
Hof, der von einer hohen, breiten
Steinmauer mit Ecktürmen umgeben
ist. Die Dächer sämtlicher Gebäude
sind aus den gelben Ziegeln kaiserlicher
Bauten hergestellt. R. und l.
auf dem innern Hof einige Gebäude
für Mitglieder des kaiserlichen Hauses.
In der Mitte auf erhöhter Terrasse,
zu der eine Drachentreppe führt, die
Ahnenhalle mit den Tafeln Taitsungs
und seiner Familie.
Dahinter vor dem Eingang zum
eigentlichen Grabe steht die sogen.
Geistermauer mit aus Stein gefertigtem
Opfergeräten; dann durch einen Gang
durch die Mauer des innern Hofes zu
dem vermauerten Eingang des Grabhügels.
Man steigt nun auf die Mauer
und gelangt zu einer Halle mit kassettierter
Decke, die einen Stein mit
dem Namen Taitsungs in den oben
erwähnten drei Sprachen enthält.—
Nach N. hat man den mit einem Rundgang
versehenen Grabhügel vor sich;
er ist von einem verkrüppelten Baum
gekrönt, der eine alte Familienlegende
des kaiserlichen Hauses versinnbildlicht;
im Hintergrund eine künstliche,
mit Bäumen bepflanzte Erdhügelkette,
die den Einfluß der bösen Geister des
Nordens abhalten soll.—Auf der
Mauer geht man dann zum Eingang
des innern Hofes zurück.
Das Ostgrab Tungling in der Nähe
des Dorfes Tungling ist von Mukden
etwa 18 km entfernt und nur sehr
beschwerlich zu Pferde oder mit chinesischer
Karre zu erreichen. Die
Anlage ist ähnlich wie die des »Peiling«,
nur wirkt die ganze Umgebung
malerischer durch die Lage auf natürlichen
Hügeln und durch die Nähe des
Hunho (Fluß). Begraben ist dort der
Vater Taitsungs, Tientsung (gest. 1636).
Die Südmandschurische Bahn führt dicht hinter Mukden auf 736 m
langer Brücke über den Hunho, Nebenfluß des Liauho nach (199 M)
Suchiatun [von hier Zweigbahn über Chienchinchai nach (34 M)
Fushun am Hunho, wo die großen Kohlengruben der Südmandschurischen
[S. 326]
Bahn mit modernen Einrichtungen bis zu 5000 t täglich
Kohlen fördern; 1/4 St. vom Bahnhof, jenseit des Hunho, liegt die alte
Stadt Fushun]. Weiterhin über den Shaho, an dessen l. Ufer (205 M
von Changchun) Shaho, kleine, aus dem japanisch-russischen Krieg
bekannte Stadt. [Von hier Ausflug zu Fuß ostwärts 3 St. am Shaho
entlang zum Besuch der Schlachtfelder vorbei am Nowgorod-und
Putilow-Hügel bis an den Fuß des Taschan (Turm-oder Pagodenberg
genannt), dort fahre man von Station der Kleinbahn Mukden-Antung
nach Mukden zurück.] Die Bahn führt weiter über (216 M)
Yentai, dessen Kohlengruben, 10 km vom Ort, von der Bahngesellschaft
ausgebeutet werden, nach (230 M) Liaoyang (Bahnwirtschaft),
ältester Stadt der Mandschurei mit 55000 Einw. und schönem *Lama-Turm,
erbaut im 3. Jahrh. n. Chr.; 1372 wurde die Stadt mit Mauern
umgeben; berühmte Branntweinbrennerei (Samschu); Hauptquartier
der japanischen Bahntruppen. In der Schlacht bei Liaoyang, 30. Aug.
bis 4. Sept. 1905, führte Kuropatkin seinen berühmten Rückzug aus.—
Weiter über Haicheng nach (256 M) Tangkangtzu (Stadt mit heißen
Quellen; Gold Spring Hotel).
Ausflug (sehr lohnend) von Tangkangtzu
etwa 16 km östl. von der Bahn
zum Kloster *Chienshan (Tschienschan)
mit etwa 60 sehr alten buddhistischen
Tempeln auf felsigen Hügeln
in sehr malerischer Landschaft;
besonders sehenswert ist die Tempelanlage
der Drachenquelle (Lungtschuankuan)
und der Tempel der
Mildtätigkeit (Wuliangkuan), beide
mitten in Waldeseinsamkeit. Schon
der Kaiser Taisung (627-649) der
Tang-Dynastie soll die Naturschönheit
des Tschienschan bewundert haben.
Weiter nach (288 M) Tashihchiao (Daschitschau; Bahnwirtschaft).
Hier Zweigbahn r. nach (131/2 M) Yingkou (S. 328), nur bis ans l.
Ufer des Liao, dort übersetzen (bei Eisgang im Winter zuweilen unmöglich)
zum Anschluß an die Nordchinesische Bahn.
Die Bahn führt über (306 M) Kaiping (Kaitschou), Stadt mit wichtigem
Handel in Puppen der wilden Seidenraupe und Seide, tritt nahe
an die Küste des Liaotunggolfs und läuft am Westabhang der Gebirge
der Liaotunghalbinsel entlang über (326 M) Hsiungyuehcheng
(ganz guter japanischer Gasthof; heiße Quellen im Flußbett des
Hsiungyueh), weiter, die Halbinsel schräg durchquerend, über (359 M)
Teliszu (Niederlage des Generals Stackelberg 15. Juni 1904 gegen General
Oku) und (371 M) Wafangtien (Bahnwirtschaft), zur unbedeutenden
Hafenbucht (388 M) Pulantien (früher Port Adams) am Liaotunggolf,
Grenzort des japanischen Südwestzipfels der Liaotunghalbinsel.
—(414 M) Chinchou (Kintschou) an der gleichnamigen Bucht
am Liaotunggolf, wo 26. Mai 1904 die erste Schlacht stattfand, die
Port Arthur vom russischen Heer abschnitt, und weiter über den
Isthmus, der zur Kwangtunghalbinsel führt, an der Bucht von Talienwan
über (429 m) Choushuitzu, Zweigbahn nach Port Arthur
(S. 327), nach
(436 M) Dairen (früher Dalny), wichtigem japanischen Handelshafen
auf 38° 56' nördl. Br. (wie Kalabrien), an der großen Bucht
Talienwan (Dairenwan) der Koreabai, mit etwa 60000 Einw. (die
Hälfte Chinesen). Der Platz ist wichtig als Endpunkt der Südmandschurischen
Bahn und für den Postdampferverkehr nach China
und Japan im unmittelbaren Anschluß an die Expreßzüge der Sibirischen
Bahn. Vgl. beifolgenden Plan.
[S. 327]
Gasthöfe: Yamato Hotel der Südmandschurischen
Bahn, komfortabel,
sehr gelobt, Pens. 9-12 Yen; Rioto-Hotel;
Iwaki-Hotel u. a.—Post u. Telegraph.
—Wagen: Droschken, Hotelwagen,
Rikschas.
Straßenbahnen (elektr.) durchziehen
die ganze Stadt.
Eisenbahnen: Südmandschurische
Bahn (S. 324) nach Mukden und Port
Arthur.
Dampfer der Südmandschurischen
Bahn (South Manchurian Railway Co. in
Dairen: Tel.-Adr.: »Mantetsu-Dairen«),
Anschluß an jeden Expreßzug von
Moskau nach Schanghai; Osaka Shosen
Kaisha und Nippon Yusen Kaisha, Anschluß
nach Korea, Nordchina und
Japan mehrmals wöchentlich; Reichspostdampfer
der Hamburg-Amerika
Linie nach Tsingtau, Schanghai und
Tientsin (S. 265).
Geld wie in Japan s. S. 342.—Bank:
Zentrale der Yokohama Specie Bank für
die Mandschurei.
Deutsches Konsulat geplant.
Klubs: Internationaler Dairen Club;
Dairen Golfing Association; Seemannsheim.
Ärzte, tüchtige, Deutsch sprechende
japanische Ärzte im modern eingerichteten
Central Railway Hospital.
Dairen, von den Russen nach großartigem Plan unter Aufwendung
großer Geldmittel, aber erst in den Grundzügen angelegt, ist zwar
in den letzten Jahren unter japanischer Verwaltung als Hauptausfuhrhafen
für die Südmandschurei stark aufgeblüht, doch macht
auch heute noch ein großer Teil des Stadtgebiets mit den breiten,
nur mit vereinzelten Häusern besetzten Straßen einen recht öden
Eindruck. Nur die vom Hauptplatz ausstrahlenden zehn modernen
Straßen sind voll bebaut und belebt. Hauptsächlich werden Kohlen
und Bohnen ausgeführt. Schon 1909 führte Dairen etwa die Hälfte
der mandschurischen Bohnenernte (geschätzt auf 1 Million Tonnen)
aus; die Bohnen und Bohnenkuchen gehen nach Japan, Amerika
und England in solchen Mengen, daß der Weltschiffahrtsmarkt der
Trampdampfer bereits stark durch die Bohnenausfuhr beeinflußt
wird. In Dairen sind die Generaldirektion und Werkstätten der
Südmandschurischen Bahn. Die Stadt hat elektrische und Gasbeleuchtung
sowie gute Straßen. Der Hafen ist mit Trockendock
und modernen Kaianlagen ausgestattet, aber den Nordwinden ausgesetzt
und noch nicht genügend ausgebaggert. Zementfabrik und
große Bohnenmühlen nahe Choushuitzu, auch andre Fabriken.
Mehrere ausländische Firmen, auch einige deutsche, sind in Dairen
ansässig. Das Klima ist gesund, im Juli bis 33°, im Januar bis-17°.
Außerhalb der eigentlichen Stadt liegen das Chinesenviertel und
zwei Vergnügungsplätze für japanischen Geschmack: Fushimipark
und Yoshiwara. Die Umgegend von Dairen bietet Seebäder am
Gelben Meer im Sommerbadeort Star Beach (Strandhotel der Südmandschurischen
Bahn, billig, gelobt), mit Sommerhäusern. Etwa
5 km sö. von Dairen liegt die Sommerfrische Laohutan (Roko-tan),
etwa 8 km sw. Kokusekisho (Blackstone Rock), am Fuß des Berges
Dairen Fuji, an sehr schönem Strand mit phantastischen Felsformen;
gute Fahrwege führen zu diesen Plätzen.
Von Dairen nach Port Arthur führt
die Bahn üher (7 M) Choushuitzu u. (15
M) Hsiachiahotzu (Kakakashi) mit sehr
schönem Badestrand am Tschiligolf.
(39 M) Port Arthur
(japanisch
Ryōjunkō; Gasthöfe: Yamato Hotel der
Südmandschurischen Bahn in der Neustadt,
komfortabel, gelobt, Pens. 9-12 Yen;
[S. 328]
Astor House; Asahi Hotel; Seirinkan.
—Yokohama Specie Bank; Droschken,
Hotelwagen, Rikschas zu haben;
japanische Dampfer nach Tschifu),
starkbefestigter Kriegshafen (Photographieren
und Zeichnen in der Nähe
von Befestigungen ist streng verboten!)
auf der Kwangtunghalbinsel, mit nur
noch etwa 15000 Einw., davon 10000
Chinesen, aber fast keine Europäer,
vom chinesischen Vizekönig Lihungtschang
um 1880 angelegt, vom japanischen
Heer unter Oyama am 24. Nov.
1894 erstürmt, dann 1895 an China
zurückgegeben, 1898 von Rußland »gepachtet«
und durch neue, fast sturmfreie
Forts stark befestigt, im russisch-japanischen
Krieg von den Japanern
unter General Nogi seit 6. Juni 1904
belagert und nach schweren verlustreichen
Kämpfen am 2. Jan. 1905 zur
Übergabe gezwungen (General v. Stössel
war der Führer, General Kondratenko
[gefallen 1. Dez. 1904] die Seele
der Verteidigung), wobei 546 Geschütze
u. 20 Kriegsschiffe (darunter 4 Schlachtschiffe)
erbeutet wurden. Jetzt ist die
Stadt Sitz des japanischen Generalgouvernements
und aller Militär-und
Marinebehörden für das Kwangtunggebiet.
Port Arthur liegt in einer tiefen
Einbuchtung des Gelben Meeres mit
nur 300 m breiter Einfahrt, auf 38° 48'
nördl. Br. (etwa wie Lissabon). Der
4 qkm große, innere, das ganze Jahr
eisfreie Hafen ist von Bergen umgeben,
die nach der Seeseite starke Befestigungen
tragen; er ist jetzt zum Teil als
Handelshafen für Ausfuhr der Fushunkohlen
(S. 325) freigegeben. Die Neustadt
mit dem europäischen Stadtteil
und Regierungsgebäuden liegt westl.
vom Bahnhof (der dicht am Hafen liegt),
ist aber jetzt fast völlig verödet, der
Handel hat fast aufgehört; die Altstadt,
zumeist Chinesenstadt, liegt östl.
davon. In den Läden der Altstadt
Kriegserinnerungen zu haben. Die Umgebung,
insbesondere die Küsten, sind
reich an schönen Landschaftsbildern.
Die im Krieg von den Japanern erstürmten
Befestigungen, besonders das
Nordfort des Tungchikuanshan (Osthahnenkamm
und der 203 m-Hügel
sind sehr sehenswert. Nahe der Stadt
ein japanisches Kriegsmuseum mit vielen
Modellen und Erinnerungen; westl.
davon das japanische Kriegerdenkmal,
als Leuchtturm gebaut u. mit Tempel,
und weiter nw. jenseit der Bahn
das russische Denkmal (englischer
Führer mit Karte: Descriptive and historical
sketch of Port Arthur im Gasthof
zu haben). Die teilweise nicht
wieder aufgebaute Hauptlinie der Befestigungen
wird, von Militärs aller
Länder viel besucht. Nur die Seefront
darf nicht besichtigt werden.
Von Charbin nach Peking.
Vgl. die Karten bei S. 215 und S. 271.
Ostchinesische Bahn von Charbin nach Changchun und von hier Südmandschurische
Bahn nach Mukden, vgl. S. 324. Von Mukden nach (524 M)
Peking zweigt die Nordchinesische Eisenbahn (Imperial Railways of North
China) westwärts ab; Schnellzüge ab südmandschurischer Bahnhof in Mukden
im Anschluß an die Expreßzüge von Charbin (S. 323), Fahrzeit Mukden-Peking
23 St., Fahrpreise I. $ 31,70, II. 19,85, Zuschlag für Luxusexpreß $ 7 bzw. 5.
—Über direkte Fahrkarten Berlin-Peking (rund 11090 km) vgl. S. 302.
Bahnfahrt von Charbin nach Mukden vgl. S. 324. Von Mukden
fährt die Nordchinesische Bahn in westl. Richtung durch die steppenartige
Liaoebene, die nicht besonders fruchtbar, aber wichtig durch
ihre riesigen Schweineherden ist, die bis Peking exportiert werden,
und überschreitet den Liaoho. Dann südwestl. weiter in der Liaohoebene
nach Koupangtze.
Zweigbahn südl. nach Yingkou,
Inkau, Niutschwang (Hotel Manchuria
House; 30 Z., Pens. $ 8), dem wichtigsten
Handelsplatz der südl. Mandschurei,
auf 40° 44' nördl. Br., etwa
26 km oberhalb der Mündung des Liaoflusses
in den Golf von Liaotung in
der mandschurischen Provinz Schöngking;
Yingkou hat etwa 52000 Einw.
und ist seit 1858 dem Fremdhandel
geöffnet, aber nur für kleinere Seeschiffe
erreichbar.
[S. 329]
Landungsbrücken
für Seeschiffe bei der europäischen
Niederlassung am l. Ufer. Der Bahnhof
der chinesischen Nordbahn liegt
am r. Ufer, der Bahnhof der südmandschurischen
Bahn (die 30 km östl.
bei Tashihchiao in die Hauptlinie Charbin-Mukden-Port Arthur
[S. 326]
mündet) am l. Ufer. Russisch-Asiatische
Bank; Yokohama Specie Bank (Korrespondent
der Berliner Disconto-Gesellschaft),
beide Korrespondenten der
Deutschen Bank.—Deutsches Konsulat
(Vizekonsul J. Jaspersen).—
Dampfer der Nippon Yusen Kaisha
nach Taku, Tschifu, Tschimulpo, Nagasaki,
Moji etc.; China Merchants-Dampfer
nach Taku, Tschifu und
Schanghai wöchentlich Agenten des
Norddeutschen Lloyd: Bandinel & Co.
—Der Liaofluß ist für Flußfahrzeuge
bis nach Mukden schiffbar. An ihm
liegt 48 km stromaufwärts die alte
Chinesenstadt Niutschwang (Ying-tse-kou),
mit bedeutendem Handel.
Die Hauptbahn läuft von Koupangtze südwestl. weiter über
Kintschou (Chinchowfu, vgl. S. 318) und Ningjuen durch die schmale,
zwischen der Nordwestseite des Golfs von Liaotung und dem Gebirge
sich entlangziehende hügelige Küstenebene (Liaohsi), die als einzige
bequeme Verbindung zwischen der Mandschurei und der Großen Ebene
eine wichtige Rolle in der Geschichte Chinas gespielt hat (vgl. unten).
(261 M) Schanhaikuan (Railway Hotel), nahe am Meer, stark
befestigte, 1368 erbaute chinesische Grenzstadt; hier beginnt die große
Chinesische Mauer (S. 296) und steigt in malerischen Zickzacklinien,
mit Wachttürmen besetzt, auf die Kämme der Hügelketten im
Hinterlande; Höhe der Mauer etwa 10 m, Breite oben 8 m und mehr.
Die ebenfalls ummauerte Stadt liegt westl., also innerhalb der Großen
Mauer. Einen bessern Schutz bieten jetzt fünf moderne Forts. Der
Bahnhof liegt vor dem Südtore der Stadt und etwa 4 km vom Meer.
Mehrfach sind Völkerstämme, aus
Norden und Nordosten stammend, in
der Liaoebene zeitweise seßhaft geworden,
dort erstarkt und später durch
Liaohsi nach China vorgedrungen.
So eroberte um 900 n. Chr. der Stamm
der Kitan, tungusischer Herkunft,
Nordchina und begründete dort die
von 905-1125 regierende Liaodynastie,
der bis 1234 die stammverwandte Kin-Dynastie
folgte. Die später in China
zur Herrschaft gelangten Mongolenkaiser
suchten daher die schmalste
Stelle von Lioahsi durch eine das Ostende
der Großen Mauer bildende Befestigungsanlage,
das »Große Tor« (Schanhaikuan) gegen weitere Einfälle
vom Liaotale her zu schützen. Trotzdem
wurde Liaohsi noch einmal die
Einfallspforte für fremde Eroberer,
nämlich für den jetzt noch in China
herrschenden tungusischen Stamm der
Mandschu, die 1584 ins Liaotal kamen,
1616 Mukden und 1644 an Stelle von
Mukden Peking zu ihrer Hauptstadt
machen konnten.
Bei (281 M) Stat. Tangho liegt Tshinwangtau (Resthouse Hotel,
bequem, 9 Z., Pens. $ 5), seit 1898 dem Fremdhandel geöffneter
kleiner Hafen mit guter Landungsbrücke, 5000 Einw.; im Winter
(November bis März), wenn die Takubarre gefroren ist, landen hier
die für Tientsin bestimmten Postdampfer.—Die Bahn entfernt sich
nunmehr von der Küste und geht über Peitaiho (Seebad) und Tschangli
nach Lwantschou (Lanchow), alter Hauptstadt der Han-Dynastie,
am r. Ufer des Lwanho, an dem etwa 160 km flußauf Jehol (S. 298)
liegt. [Etwa 17 km nördl. von Lwantschou liegt die alte große
Stadt Yungpingfu.]—Dann folgt Kaiping und (355 M) Tangschan,
Stadt mit 40000 Einw. und wichtigen Kohlenbergwerken der chinesischen
Regierung. Nun weiter über Lutai und Peitang nach (394 M)
Tongku. Weiterfahrt nach Peking S. 280 und 277.
[S. 330]
16. Korea.
Vgl. die Karten bei S. 271 und 337.
Die Halbinsel Korea, im NW.
durch das wegen seiner rostförmigen
Gliederung schwer überschreitbare Gebirgsland
von Liaotung und den Yalufluß,
im NO. durch die bis 2450 m hohe
Schranke des Tschangpaischan wirksam
vom asiatischen Festland abgeschlossen,
war seit alter Zeit ein
Zankapfel zwischen China und Japan
und zuletzt Rußland gewesen, hat sich
aber meist selbständig erhalten, bis
es 1910 japanische Kolonie geworden
ist. Die ganze Ostseite der Halbinsel
fällt steil, felsig und fast buchtenlos
ins Japanische Meer ab, die Süd-und
Westseite sind niedriger, offen, stark
gegliedert und inselreich, aber schwer
zugänglich, da alle die Felseninselchen
und Buchtenränder in einen dicken
Schlammantel gehüllt sind. Die Halbinsel
hat drei verkehrsreiche Hafenplätze,
Tschimulpo im W., Fusan im
S., Gensan im O. Das Innere ist meist
mit Hügel-und Gebirgsland erfüllt;
von der Ostküste aus erhebt sich steil
ein Gebirgszug, der nicht über 1500 m
hoch ist und nach S. niedriger wird,
aber wegen hoher (900-1000 m) Pässe
auf große Strecken schwer überschreitbar
ist. Nach W. fällt er in einem buckligen,
einförmigem Berg-und Hügelland
langsam ab. Größere Flüsse
konnten sich auf der Halbinsel nicht
entwickeln, und die auf der Westseite
vorhandenen kommen als Wasserstraßen
höchstens so weit in Betracht,
als die hohen Gezeitenwellen des Gelben
Meeres in ihnen aufwärtsdringen.
Dazu ist ihre Wasserführung sehr
schwankend, und die nördlichen frieren
im Winter zu. Dies gilt auch für den
Yalu, den 800 km langen Grenzfluß
gegen NW., der sich an seiner Mündung
auf 4 km verbreitert, aber nur auf
60 km schiffbar (auf eine viel größere
Strecke allerdings flößbar) ist.
Korea liegt in der Breite Unteritaliens
und Algeriens, aber der Winter
ist in Mittelkorea keineswegs so mild
wie in Algier oder Malta, sondern so
rauh wie in Königsberg. Freilich ist
er in der Mandschurei und im Liaotale
noch viel strenger, die Winterkälte
nimmt südwärts rasch ab (Januartemperatur
in Charbin-18,7°, in Mukden
-13,6°, in Tschimulpo-2,6° [Königsberg
i. Pr.-2,9°], in Fusan 4,2°;
dagegen in Malta und Algier 11,9°).
Nordkorea ist den ganzen Winter über
in Schnee gehüllt, im S. fällt Schnee
nur auf den Bergen. Die Sommer sind
in ganz Korea, Nordchina und der
Mandschurei ungefähr gleich heiß, mit
einer Mitteltemperatur des Juli oder
August von etwa 24-25°, und zugleich
die Zeit der Hauptniederschläge, die
von Juli bis September fallen.
Das Pflanzenkleid der Halbinsel
wechselt vom S. zum N. stark
wegen der Verschiedenheit in der
Strenge der Winter. Im Südteile erscheinen
schon immergrüne Pflanzen,
wie Kamelien und Bambus. Das Waldkleid
der Berge ist aber schon sehr
stark gelichtet, und im trocknen Winter
sieht daher ganz Süd-und Mittelkorea
steppenartig kahl aus, während
der warmfeuchte Sommer eine üppige
Vegetation hervorbringt. Wald-und
wildreich sind noch die Gebirge des
Nordteils der Halbinsel und besonders
des Nordostens; sie tragen unten Laub-,
oben Nadelwälder.
Die Bevölkerung ist, entsprechend
der zentralen Lage der Halbinsel
zwischen der Mandschurei, China
und Japan, eine mongolische Mischrasse
von sehr alter, aber stark herabgekommener
Kultur. Das einst hochstehende
Kunstgewerbe (Porzellan und
Metall) ist ganz verschwunden. Die
Kleidung der untern Stände ist weiß,
die der Vornehmen farbig; die Frauen
leben streng abgeschlossen. Die obern
und untern Stände unterscheiden sich
sehr scharf durch Typus, Kleidung
und Kasten. Die Vornehmen haben
schöne, feine Gesichtszüge und für
Mongolen stattliche Körpergröße und
tragen bunte Gewänder; die Gesichtszüge
des niedern Volkes, das helle
Kleider tragen muß, sind viel gröber,
im N. tungusenähnlich mit flacher Nase
und vorstehenden Backenknochen.
Die Koreaner haben eine eigne
mehrsilbige Sprache mit chinesischen
Lehnwörtern, aber Buchstabenschrift
(vgl. Imbault-Huart: »Manuel
de la langue coréenne parlée«; Paris
1889).
[S. 331]
Die Sittenlehre des Kungfutsze
ist weit verbreitet, doch auch der Buddhismus
hat noch Bedeutung. Viele
Mönchs-und Nonnenklöster findet man
in den Gebirgen. Das Unterrichtswesen
gleicht dem japanischen; die
Kunst des Lesens und Schreibens ist
allgemein verbreitet.
Die Grundlage der koreanischen
Volkswirtschaft bildet der Ackerbau,
weniger die Viehzucht, sowie an
der Küste der Fischfang. Da der
Ackerbau ganz im Gegensatz zum
chinesischen in sehr primitiver Weise
betrieben wird, so ist die Volkszahl
nicht groß; sie beträgt jetzt auf 218650
qkm 93/4 Mill. Menschen (davon 126168
Japaner, 12332 Chinesen, 464 Amerikaner,
153 Engländer, 87 Franzosen,
33 Deutsche, 40 andre Europäer). Angebaut
werden vor allem Reis, Hülsenfrüchte
und Getreide sowie im N. die
vor allem in China als Allheilmittel sehr
geschätzte Ginsengwurzel. Der Teestrauch
wird nicht kultiviert, da die
Koreaner, im Gegensatz zu den Chinesen
und Japanern, keine Teetrinker
sind; dagegen wird die Seidenraupe
gezogen, und von Nutzpflanzen sind
die Baumwolle und der Tabak im S.
verbreitet.
Geschichte. Die Legende vom
Ursprung des Königreichs Korea greift
bis 2333 v. Chr. zurück; später bestanden
verschiedene, sich befehdende
Königreiche, bis Korea von 109 v. Chr.
bis 314 n. Chr. zum erstenmal unter
chinesische Gewalt fiel. Seit 37 v. Chr.
bis 668 n. Chr. kämpften drei Königreiche
um ihre Unabhängigkeit gegen
China und Japan, später mit Japan
gegen China. Von 668-935 blühte
das Land geeinigt auf; von 918-1392
wurde es von der eingebornen Wang-Dynastie
beherrscht, wobei die buddhistischen
Priester und der Adel zu
großem Einfluß gelangten, was viele
Aufstände erzeugte; gleichzeitig wurden
die Herrscher durch Heiraten von
Mongolenprinzessinnen allmählich zu
Mandschus. Kriegsschauplatz fremder
Mächte war Korea zuerst 1268-1280,
als Kublai Chan gegen Japan kämpfte.
Seit 1392 gelangte infolge eines Palastaufstandes
eine ältere Dynastie zur
Herrschaft, die das Land Tschausian
nannte; 1394 wurde Söul Hauptstadt.
1592-98 blutiger Krieg mit den gelandeten
Japanern; 1627 und 1637
überfielen die Mandschu das Land und
brachten es in Abhängigkeit zur Tsing-Dynastie.
Trotzdem verstand Korea
sich nach außen abzuschließen. Erst
1876 wurden für Japan einige Häfen
geöffnet, 1884 auch für europäische
Staaten. 1894 wurde das Land japanischer
Kriegsschauplatz gegen China
(wobei 1895 die Mutter des Kaisers von
Korea von Japanern ermordet wurde),
1904 gegen Rußland. Seit 1910 ist
Korea japanische Kolonie unter dem
Namen Chosen (spr. tschosön, d. h.
Land der Morgenröte). Der Generalgouverneur
residiert in Söul. Die
führende Aristokratie wurde dem japanischen
Adel angegliedert, der Kaiser
von Korea nach Japan ins Exil
geführt. Der Besitz Koreas war für
Japan eine Lebensfrage; es braucht
das wenig bevölkerte Land als Siedelungskolonie.
Von Mukden nach Söul.
NB. Bester Weg für Japanreisende, welche die Seefahrt scheuen, vgl. S. 334.
Mit der Südmandschurischen Bahn
(S. 324) von Mukden nach Antung,
186 M, Fahrzeit 7 St., von da mit
der Koreanischen Bahn (Korean Railway)
über die seit 1912 betriebsfertige
Eisenbahndrehbrücke über den Yalu
nach Söul, 312 M von Antung, Fahrzeit
12 St.
Die Strecke Mukden-Antung, während
des russisch-japanischen Kriegs
als Kleinbahn schnell gebaut, ist inzwischen
auf normale Spurweite ausgebaut;
durchgehende Züge von Mukden
(wie für die Strecke nach Dairen,
vgl. S. 324) sollen seit 1912 im Betrieb
sein. Es wird empfohlen, sich für die
Bahnfahrt mit Lebensmitteln für drei
Tage und reichlich mit warmen Decken
zu versehen. Sie führt durch das Gebirgsland
des nördl. Liaotung, das, aus
den verschiedensten Gesteinen aufgebaut,
eine entsprechende Mannigfaltigkeit
der Oberflächenformen zeigt
und, um als landschaftlich schön bezeichnet
werden zu können, nur des
Waldmantels großenteils entbehrt.
[S. 332]
Die Bahn führt von Mukden südostwärts, schneidet die Kohlenbahn
nach Fushun (S. 325), dann über (47 M) Penchihu, eine ruhige
Kleinstadt mit Kohlenfeldern in der Nähe, tritt ins Gebirge Föngschuiling
mit sehr malerischer Landschaft zwischen (58 M) Chiaotou
und (84 M) Lienshankuan; 16 km westl. davon der im Kriege hart
umstrittene Paß Motienling.—In (98 M) Tsaohokou (Gasthöfe:
Nisshin, japanisch, teuer; außerdem ein chinesischer, beide mäßig)
bleibt der Zug liegen bis zum nächsten Morgen, dann über (120 M)
Chiumuchuang und (136 M) Chikuanshan in steilem Gelände nach
(150 M) Fenghuangcheng, Stadt mit 8500 Einw., in deren Landschaft
man den vielgipfeligen Phönixberg (Fenghuang = Phönix)
erblickt.—Bei (172 M) Wulungpei werden heiße Quellen passiert,
dann erreicht man (186 M) Shahochen, chinesische Stadt mit 21490
Einw., und daneben, nur durch einen Graben von der alten Stadt
getrennt, (189 M) Antung (Anju, Ngantung), die neue japanische
Hafenstadt mit 5264 Einw., am r. Ufer, 8 km oberhalb der Yalu-Mündung;
der Hafen wird von Dschunken und kleinen Küstendampfern
viel besucht. Gasthöfe: Kikuya Hotel; Gempokan;
Yokohama Specie Bank. Konsulate: Amerika, England und
Japan sind vertreten. Chinesische Zollstation. Aus dem waldigen
Hinterland werden auf dem Yalu große Mengen Holz herabgeflößt;
Antung ist der Sitz der Yalu Timber Co. (japanisch-chinesischer
Betrieb).—Das Flußgebiet des Yalu (Japan. Amunyoku Kan) ist
mit Urwald bestanden und 90 km aufwärts von Antung bis Chanson
(Changseng) für Küstendampfer, 370 km aufwärts bis Maserhshan
trotz Stromschnellen für kleine Dschunken schiffbar.
Von Antung nach Söul. Die Koreanische Staatsbahn (Expreßzug
nur an bestimmten Tagen, mit Speisewagen, Fahrpreis Antung-Söul
etwa 20 Yen; koreanische Bahnzeit ist 30 Min. später als südmandschurische,
vgl. S. 324), die dem japanischen Generalgouverneur
in Söul unterstellt ist, führt von Antung (s. oben) über die neue
Yalu-Brücke nach Shin-Gishu (New Wiju) am l. Yalu-Ufer, Stadt mit
etwa 15000 Einw., davon 1/3 Japaner; Handel mit Goldsand, Fellen
und Ginseng (Kraftwurzel); Hafen für Küstenfahrzeuge; in der Nähe
Goldwäschereien. Bei Pingyang (Phyöngyang), Provinzialhauptstadt
mit 43000 Einw., am r. Ufer des hier nur für kleine Fahrzeuge
schiffbaren Taitongkang; von hier Zweigbahn nach dem Seehafen
Chinampo an der wattenreichen Mündung des Taitongkang mit
etwa 1000 Einw., dem Fremdhandel seit 1897 geöffnet, aber von
geringer Handelsbedeutung; japanische Dampferlinien nach koreanischen,
japanischen und nordchinesischen Häfen.—Die Hauptlinie
führt über Kaiseng und Lungshan nach (312 M von Antung) Söul
(S. 333).— Anschlußstrecke Söul-Fusan nebst Dampferanschluß
nach Shimonoseki s. S. 337.
Tschimulpo.
Ankunft zur See. Von Tschifu (S.
278) kommend, fährt man an Weihaiwai
(S. 278) vorbei und dann auf
die bis 125 m hohen Inseln zu, die
der koreanischen Küste auf etwa 371/2°
nördl. Br. vorgelagert sind; man steuert
dann durch schwieriges, klippenreiches
Fahrwasser zwischen vielen Inseln
hindurch auf die Reede, wo die
großen Dampfer etwa 4 km sw. vom
Hafen ankern, während kleine im
innern Hafen nicht weit von der Landungsbrücke
für die Boote ankern.
[S. 333]
Man benutzt Sampan oder Dampfboot
zum Landen, Preis etwa 1 Yen. Zollamt
an der Landungsbrücke.
Gasthöfe: Yinsen Club Hotel.—Steward
Hotel.—Post u. Tel.—Rikschas,
Tragstühle, Reitpferde sind zu haben.
—Eisenbahn nach Söul, 7 Züge tägl.
in 11/2 St.; Bahnhof im europäischen
Stadtteil am Hafen. Agent der Internationalen
Schlafwagengesellschaft
für die Sibirische Bahn: L. Rondon
& Co.
Dampfer: Hamburg-Amerika Linie
nur gelegentlich.—Nippon Yusen
Kaisha 14tägig über Fusan, Nagasaki
nach Kobe und nach Tschifu.—Andre
japanische Dampferlinien nach Japan,
Tschifu, Dairen, Port Arthur.—Agentur
des Norddeutschen Lloyd und der
Hamburg-Amerika Linie im Hause
Karl Wolter & Co.
Geld wie in Japan, vgl. S. 342.
Banken: Karl Wolter & Co., Korresp.
der Deutschen Bank, der Berliner
Disconto-Gesellschaft und der
Chartered Bank of India, Austr. &
China.—Hongkong & Shanghai Banking
Co.—Sprache: s. S. 330.
Englisches Missionshospital und
japanische Krankenhäuser.—Größtes
Handelshaus ist die deutsche Firma
Karl Wolter & Co.—Tschimulpo Club.
Tschimulpo (Japan. Chemurupo], als Seehafen für die Hauptstadt
Söul die wichtigste Hafenstadt Koreas, ist seit dem russ.-japanischen
Kriege bedeutend gewachsen und hat jetzt etwa 30500 Einw. (15000
Koreaner, 13100 Japaner, 2000 Chinesen, 50 Europäer), ist seit 1883
dem Fremdhandel geöffnet und war vorher ein armseliges Fischerdorf.
Jetzt sind hier eine japanische, eine chinesische sowie eine
internationale Niederlassung im Aufblühen. Letztere ist die größte,
sie nimmt einen Teil der Wasserseite, wo der Bau eines mit Schleuse
geschlossenen Hafenbeckens geplant ist, sowie das ganze Hinterland
ein; hier liegt auf einem Hügel mitten in schönen Gartenanlagen
das schloßartige Haus des Hrn. Wolter, Chefs des Handelshauses
Karl Wolter & Co., sowie das neue stattliche Haus eines Engländers.
Von der Höhe *Aussicht auf Stadt und Hafen. Die Umgebung ist
gebirgig, doch gut bebaut. Die Flußfahrt nach Söul ist langwierig,
doch stellenweise sehr malerisch. Etwa 10 km sö. von Tschimulpo
liegt die alte Stadt Intschön, deren Mauern aus der Zeit vor Christi
Geburt stammen.
Eisenbahn Tschimulpo-Söul (11/2 St. für I. 1,41, II. 0,94 Yen; Gepäck
15 sen für 20 Pfund, dann 5 sen für je 20 Pfund mehr). Abfahrt
vom Hafenbahnhof in Tschimulpo; Hst. Saalij am SO.-Ende der
Stadt, hinter der französischen Kirche, für das koreanische Viertel.
Dann Fahrt durch die Ebene über Pup-hyöng nach (30 km) Eitoho,
wo r. die Südkoreanische Bahn (S. 336) nach Fusan abzweigt. Hinter
(34 km) Nodol auf einer Brücke mit 10 Bogen über den Hangangfluß.
—(37 km) Yungsan, wichtiger Flußhafen, mit katholischer Kirche;
dann mehren sich die Dörfer, die Bahn läuft in die Hauptstat. Nandaimun
am Südtor und weiter zur (42 km) Endstat. Saidaimun am
Westtor, dicht an der Stadtmauer von
Söul (sprich schaul, ssaul oder siul), d. h. Hauptstadt, japanisch
Keijo, chinesisch Wangking.
Gasthöfe: Sontag Hotel, in der Legation
Street, nahe den Konsulaten
und gegenüber dem Club; 25 Z., französische
Küche, Pens. 7-8 Yen.—Astor
House Hotel (früher Station Hotel),
am Bahnhof; 20 Z., Pens. 61/2-8 Yen.
[S. 334]
Post u. Tel. japanisch.—Rikschas
(50 sen stündl.), Sänften, Reitpferde
sind zu haben.—Straßenbahnen:
1. Von der Westvorstadt durch die
Hauptstraße und das Osttor zum Grabe
der Kaiserin; 2. Von Tjongno nach
Ryong-san.—Eisenbahnen: nach
Tschimulpo (s. oben); Südbahn nach
Fusan 750 km; Nordbahn über Pingyang
nach Antung (S. 332) mit Anschluß
an die Mukden-Antung-Linie
der Südmandschurischen Bahn (S. 324)
und damit an die Sibirische Bahn (S.
316). Bester Reiseweg für Japanreisende,
die das Seefahren nicht vertragen
und auf diesem Wege, indem
sie von Söul mit Bahn weiter bis
Fusan (S. 336) fahren, nur die kurze
Überfahrt von Fusan nach Shimonoseki,
etwa 7 St. Seefahrt, durchzumachen
brauchen. Im Bau Zweigbahnen nach
Kunsanpo und Mokpo in Südwestkorea
sowie die strategische Linie Söul-Gensan
(Wönsan). Geplant ist eine
Querbahn von Pingyang nach Gensan.
—Geld wie Japan (S. 342).—Banken:
Bank von Korea, mehrere japanische.
—Sprache: S. 330.—Konsulate:
Deutsches Reich, Generalkonsul
Dr. Krüger.—Internationaler Club.—
Japanisches Krankenhaus.—Zeitung:
»Seoul Preß« (Regierungsorgan).
—Europäische Geschäfte und Agenturen.
Söul ist seit 1394 Hauptstadt und geistiger Mittelpunkt Koreas;
es liegt auf etwa 37,5° nördl. Br. (wie Sevilla), etwa 4 km nördl.
vom rechten Ufer des Hangang in einer kesselförmigen Mulde
und ist von Bergen bis zu 800 m Höhe eingeschlossen, auf deren
Abhängen sich die mächtigen steinernen Stadtmauern von mehr als
20 km Länge hinziehen. Innerhalb der Stadtmauern erhebt sich
der steile, 400 m hohe Nordberg (Puksan) und der 260 m hohe, dichtbewaldete
Südberg (Namsan), an dessen Fuß das japanische Stadtviertel
liegt. Außerhalb der 8 Tore von Söul liegen noch große
Vororte. Die Stadt ist sehr weitläufig gebaut, zwei Hauptstraßen
führen von N. nach S. und von O. nach W. hindurch. Die Stadt
hat 230939 Einw. (davon 35000 Japaner, 2000 Chinesen und 100
Europäer). Das Klima ist kontinental, bis 36° C im Sommer,
-15° C im Winter; beste Jahreszeit zum Besuch sind Frühjahr
und Herbst, da dann auch die Landschaft besonders schön und
regenfrei ist.—Rundfahrt. Man besichtigt zunächst bei der Einfahrt
vom Bahnhof die mächtige Stadtmauer nebst Torpagode des
Südwesttors mit tiefer Torwölbung. Von dem Platz, auf dem der
Himmelsaltar (Wenku) steht, gelangt man zum Neuen Kaiserpalast,
mit Seitenflügeln, zwischen denen die Anfahrtstraße zum Haupteingang
liegt; die Stirnwand hat 3 Torbogen, vor denen 2 riesige,
bizarre Steinlöwen stehen; das geschwungene Dach hat dunkelgrüne
Ziegel; im innern Hof l. ein Gartenpalast, r. Beamtenwohnungen
(Adelsgenossenschaft).—Man fahre dann an den Häusern der fremden
Gesandtschaften vorbei zum Westtor, bei dem nördl. der Maulbeerpalast
(Kjenghökung) steht, 1616 erbaut, jetzt eine ausgebrannte
Ruine.—Von da durch die östl. Hauptstraße zum Glockenpavillon
Tjongno, dessen Glocke 1396 gegossen wurde und seitdem abends
und morgens das Schließen und Öffnen der Stadttore ankündete;
die Glocke hat etwa 3 m Durchmesser und 31/2 m Höhe. Der Glockenpavillon
liegt in der Mitte der Stadt im koreanischen Geschäftsviertel;
dort sind große Basare und die besten Kramläden. In
der Nähe die alte weiße Marmorpagode mit 13 Stockwerken
(14. Jahrh.) und im Hofe eines Hauses ein alter Grabstein auf dem
Rücken einer Schildkröte.—Dann folgt man der östlichen Hauptstraße
[S. 335]
bis zum Ahnentempel Htaimyo, biegt dann l. und gelangt
zum *Alten Kaiserpalast (Tschyangkekkung), dessen riesige Anlage
sich bis zu den Hügeln beim Nordtor ausdehnt und viele prächtige
Granitbauten in einem schönen Park enthält (zum Besuch vorher
Erlaubnis durch den deutschen Konsul auswirken); der Palast ist
der glänzendste Bau rein koreanischen Stils und enthält eine prachtvolle
Audienzhalle, einen schönen Thronsaal und geschmackvolle
Pavillons an den Lotosteichen des Parks. In dem Kiefernpark
wurde auf einer Stelle, die einem Musikpavillon ähnelt, die Leiche
der von den Japanern ermordeten Kaiserinmutter 1895 verbrannt.—
Nö. vom Alten Palast liegt der 1764 erbaute Tempel Kyengmokung
und nördl. von diesem der aus dem 14. Jahrh. stammende Kungfutszetempel
(Munmyo Munsyeng Wangmyo), mit uralten Bäumen im
Hofe.—In wenigen Minuten gelangt man nun zum prächtigen
Nordosttore der Stadt, vor dem in dem Bonzenheim Höngtyen in
einem Nebensaale sehenswerte Gemälde der buddhistischen Hölle
(myeng pu tyen) sind.—Nur wenig weiter liegt das Grabmal einer
Königin, Tjöngröng, die 1396 starb und 1409 dort beerdigt wurde,
ein merkwürdiger Bau in schöner Lage.—Außerhalb der Stadtmauern
liegen viele Königsgräber in entzückender Landschaft. Sehr
lohnend ist ein Ausflug (3 St.) auf der westwärts laufenden Südmauer
der Stadt bis an ihren höchsten Punkt; dort *Aussicht über Stadt,
Gebirge und bis Tschimulpo.
Ausflüge in die landschaftlich reizvolle
Umgebung zu Pferde, besonders
nach den fünf Präfekturfestungen, werden
sehr empfohlen. Nach Pukhan
etwa 12 km nördl. vom Westtor; nach
Kwangdschu (Zitadelle von Namhan)
etwa 25 km sö. vom Südosttor von
Söul auf einem Berge, 1626 erbaut,
mit neun Klöstern kriegerischer Bonzen,
einem Königspalast, verschiedenen
Yamen und Tempeln. Man braucht
2 Tage, übernachte (gegen Geldgeschenk)
in einem der gastfreien Klöster.
Der Ausflug in die *Diamantberge
erfordert etwa 8-14 Tage Zeit, Ausrüstung
mit Reitpferd und etwa 2 Packpferden
nebst Führer und Mundvorrat,
Bettzeug etc. (Nach Fertigstellung
der südl. Bahnstrecke der Linie Söul-Gensan
benutze man diese bis Kimsöng.)
Man reitet auf der großen Landstraße,
die von Söul nordostwärts nach
Gensan führt (Bahn im Bau), am 1.
Tage 50 km bis Yongpöng, am 2. Tage
etwa 60 km bis Kimsöng (d. h. Goldstadt),
ein verfallener Ort. [Von hier
30 km wnw. lag das Goldbergwerk
Tangkukae eines deutschen Syndikats
in waldigen, wasserreichen Bergen,
seit 1906 wieder aufgelassen.]—Von
Kimsöng wende man sich zu Fuß östl.
in die Berge über mehrere steile Pässe
zum reißenden Fluß Thaetsingang,
dann im Tale von dessen Nebenfluß
nach NO.; bald führt ein schmaler
Felspfad über eine Bergkette und wieder
hinab in ein enges Tal, bis man
auf dessen Paß die gewaltige Bergmasse
der Diamantberge von Korea,
mit dem höchsten Gipfel Kimkangsan
(1830 m), erblickt, zu denen man auf
ausgetretenen, aber doch oft schwierigen,
von vielen Pilgern besuchten
Felspfaden gelangt. Mehr als 100 buddhistische
Tempel und Pagoden sind
auf den Hängen und in den Tälern der
Diamantberge, meist in sehr malerischer
Lage. Die koreanischen Mönche,
die dort teils als Einsiedler, meist aber
in großen Klöstern hausen (sie griffen
1592 zu den Waffen und halfen die
Japaner aus dem Lande schlagen),
sind sehr gastfrei (aber arm und anspruchslos)
und dienen gern als Führer.
—Von Kimsöng bis zum Kloster
Tschanganso (Tempel des ewigen
Friedens) kann man Packpferde mitführen.
Dort übernachte man und
klettere am nächsten Morgen (in starken
koreanischen Leinenstrümpfen
mit zähen Bastschuhen und festem
Bergstock) mit Führern am Bergstrom
bergauf, zum Teil an fast senkrechten
Felswänden empor und am Kloster
Piohunsa (Tempel der Erklärung der
Gebote) vorbei.
[S. 336]
An der Felswand
hoch über dem Weg haust in einem
Tempelchen eine alte Nonne. Nach
3 St. Steigen gelangt man zu einem
Kloster im Urwald. Bei einer Lichtung
sieht man eine Buddhafigur an hoher
Felswand, aus dem Felsen herausgehauen.
Bald erreicht man den 1340 m
hohen Kamm der Kette, der 790 m
über dem Kloster Tschanganso liegt;
einige felsige Kuppen in der Nähe
sind noch höher. Wunderbare *Aussicht
bis zum Japanischen Meer und
über die Gebirgsketten. Anstrengender
Abstieg durch prächtige Eichen-und
Buchenwälder, vorbei an einem
buddhistischen Friedhof in einer runden
Lichtung, in dessen Nähe das
größte und älteste Kloster *Yüchömsa
(Tempel der Ulmenberge) liegt, wo
man übernachtet.—Am 5. Tage auf
bequemem Wege zurück nach Tschanganso,
am 6. nach Kimsöng, am 8.
oder 9. nach Söul.—Auf Gasthofsverpflegung
muß man in dieser wilden
Natur verzichten. (Nach Dr.
O. Franke.)
Von Söul nach Fusan und Shimonoseki.
Mit der Südkoreanischen Bahn (Fusanbahn)
nach Fusan, 445 km, Fahrzeit
etwa 10 St., Fahrpreis I. 14,70,
II. 10,29 Yen, gute Expreßzüge mit
Speisewagen.—Von Fusan mit Dampfer
der japanischen Staatsbahnen nach
Shimonoseki, täglich früh und abends,
122 Seem., Überfahrtszeit 7-10 St.;
große, bequeme Schiffe, direkter Anschluß.
—Söul-Shimonoseki, Fahrzeit
22 St.; Fahrpreis I. 26,70, II. 17,29 Yen;
Söul-Kobe, Fahrzeit 37 St. für I. 32,70,
II. 21,79 Yen; Söul-Tōkyō, Fahrzeit
53 St., für I. 41,98, II. 26,46 Yen. Rückfahrkarten
für diese Strecken 20 %
weniger als das Doppelte.
Von Söul (Saidaimun, s. S. 333) führt die Bahn über (12 km)
Eitoho (Abzweigung der Linie nach Tschimulpo, s. S. 333), (50 km)
Suigen, ummauerte Stadt am Fuße bewaldeter Hügel, (93 km) Seikwan,
mit Schlachtfeld aus dem japanisch-chinesischen Krieg von
1894; hinter der Stadt setzt die Bahn auf 116 m langer eiserner
Brücke über den Anjogawa, weiter über (211 km) Shinsen, Sommerfrische
mit 72 m hohem, schmalem Wasserfall, erreicht in (243 km)
Shufurei den höchsten Punkt im Gebirge, dann (323 km) Taiku,
große ummauerte Stadt mit etwa 46000 Einw. (davon 1000 Japaner).—
Weiterhin folgt (428 km) Sanroshin.
Zweigbahn über den breiten Fluß Rakutōko nach (24 km) Masanpho (japanischer
Gasthof), wichtigem, im Ausbau begriffenen japanischen Kriegshafen
mit Marinewerft, Trockendocks, mit etwa 40000 Einw., in einer malerischen
Förde, von Bergen umschlossen, mit vorzüglicher Reede.
Die Hauptlinie erreicht (445 km) Fusan (Pusan), den zweitwichtigsten
Seehafen Koreas mit 46000 Einw. (die Hälfte Japaner);
Hotel Oike, Hotel Fusan, in beiden Pens. etwa 6 Yen; zwei japanische
Banken. Japanische Dampferlinien nach Shimonoseki, Nagasaki,
Wladiwostok, koreanischen und nordchinesischen Häfen. Das deutsche
Handelshaus Karl Wolter & Co. ist in Fusan vertreten; außerdem
viele japanische, chinesische und einzelne europäische Firmen.
In der japanischen Stadt Militärhospital, PT. Fusan ist mit saubern
Straßen gut angelegt, mit Wasserleitung, elektrischer Beleuchtung,
schönen Läden, großen Reisspeichern versehen und besitzt ein
sehenswertes *Handelsmuseum. Ein Telegraphenkabel führt nach der
japanischen Insel Kyūshū. Der Hafen ist durch Inseln geschützt, im
Binnenhafen sind Anlegebrücken für die Postdampfer. Ausfuhr umfaßt
[S. 337]
hauptsächlich Reis und Bohnen. Das Klima ist sehr gesund,
die Temperatur schwankt zwischen 35° und-5° C; Taifune sind
selten. Fusan ist beliebt als Seebad. Die bergige Umgegend ist sehr
malerisch; 2 km nördl. von der Stadt liegt nahe der Bahn bei Fusan-Chin
ein ummauertes koreanisches Schloß aus dem 17. Jahrh.
Von Fusan nach Shimonoseki (Dampferverbindung vgl. S. 336) läuft
der Dampfer mit osö. Kurs quer durch die 120 Seem. breite Koreastraße,
die Verbindungsstraße zwischen Japanischem und Ostchinesischem
Meer, passiert r. Maru saki, das Nordende der bis 666 m
hohen Inselgruppe Tsushima, in deren Nähe 27. und 28. Mai 1905
die russische Flotte vom japanischen Admiral Togo fast völlig vernichtet
wurde, und erreicht nach 7-10stündiger Fahrt (122 Seem.)
Shimonoseki (S. 355).
Japan.
Das Kaiserreich Japan im äußersten
Osten Asiens, das Nippon oder Nihon
der Japaner, bei Marco Polo Zipangu
genannt, chines. Dschipönnkwo, das
»Land der aufgehenden Sonne«, erstreckt
sich in einer langen, aus drei
großen Bogen mit 3850 großen und kleinen
Inseln und Klippen bestehenden
Reihe zwischen den verhältnismäßig
flachen ostasiatischen Randmeeren
und dem rasch zu außerordentlich
großen Tiefen (bis 8500 m) absinkenden
Stillen Ozean über 30 Breitengrade,
von Formosa bis Schumschir,
der nördlichsten der Kurilen. Die
Inselreihe gliedert sich in sechs Gruppen:
1) Alt-Japan zwischen Colnett-und
Tsugarustraße, in ältester Zeit Ō-yashima
(»die großen acht Inseln«) genannt,
die Inseln Hondo (Honshū),
Kyūshū, Shikoku, Awaji, Sado, Okishima,
Iki und Tsushima umfassend.
2) Die Insel Yezo (Yeso), seit der Restauration
Hokkaidō genannt, nördl.
von Hondo zwischen der Tsugaru-und
der Lapérousestraße. 3) Die Kurilen
(Japan. Chishima, »Tausendinseln«),
36 größere Inseln zwischen Yezo und
Kap Lopatka. 4) Die Ryū-kyū-Inseln
(Luchu, Liukiu), amtlich Okinawa, zwischen
der Colnettstraße und der Insel
Formosa. 5) Die Insel Taiwan oder
Formosa (S. 245) und die Pescadores
(S. 245). 6) Die Bonininseln, jetzt Ogasa-wara-shima
genannt, im Stillen Ozean.
Hierzu kommen seit 1905 die Halbinsel
Kwangtung mit Dairen (Dalny)
und Port Arthur, die südliche Hälfte
von Sachalin, sowie neuerdings Korea.
—Die Gesamtfläche des Landes beträgt
454868 qkm (Deutsches Reich
540742 qkm).—Für den Besuch seitens
der Weltreisenden kommt im allgemeinen
nur der Süden und die Mitte
von Alt-Japan, bis nordwärts zur Mitte
von Hondo, in Betracht. Auf diese
allein bezieht sich daher die nachfolgende
kurze Schilderung der Landesnatur.
—Alt-Japan ist ganz vorwiegend
ein Gebirgsland von sehr mannigfaltiger
Gesteinszusammensetzung u. sehr
verwickeltem Bau, der schon in der
unregelmäßigen und zerrissenen Gestalt
der Inseln zum Ausdruck kommt.
An dem Aufbau des Landes haben außer
Massen-und Schichtgesteinen aller Altersstufen
auch jungvulkanische Ablagerungen
einen bedeutenden Anteil,
Vulkankegel beherrschen im mittlern
Hondo die Landschaft. In dem vulkanischen
Gürtel, der den Stillen Ozean
umgibt, bildet Japan ein wichtiges
Glied mit etwa 20 ab und zu noch tätigen
und Hunderten von erloschenen
Vulkanen. Von erstern liegen Asotake
und Kirishima (Ausbruch 1896) auf
Kyūshū, Asamayama, Shirane-san und
Bandaisan im mittlern Hondo, Komagatake
auf Yezo. Zu den erloschenen
oder ruhenden gehören viele Gipfel
auf Hondo, wie der berühmte Fuji-no-yama,
dessen beschneiter Gipfel in die
Lüfte ragt (S. 384). Erdbeben sind sehr
häufig und ein Zeichen dafür, daß die
Verschiebungen in der Erdrinde, denen
auch die Vulkane ihr Dasein verdanken,
hier am Außenrande des asiatischen
Festlandsockels noch fortdauern.
[S. 338]
In Hondo erreicht das Land in
einigen vulkanischen Gipfeln (Fuji-san
oder Fuji-no-yama 3778, Ontake 3185 m)
seine höchste Erhebung und in der Meridiankette
zwischen den Provinzen
Shinano und Hida, den »japanischen
Alpen«, den großartigsten Gebirgscharakter;
mauerartig ansteigender
Granit und zerklüftete Porphyrmassen
erheben sich hier im Yatsugatake, bis
2932 m, während die Paßübergänge
(1800-1900 m) fast nie ganz schneefrei
werden. Gipfel von 2200 m Höhe und
mehr sind im mittlern Hondo zahlreich;
dagegen bleiben alle Berge der
Hauptinsel westl. des Biwasees und
der Bucht von Owari unter 2000 m.
Das Klima ist gesund. Es steht,
wie in ganz Ostasien, unter der Herrschaft
der Monsunwinde, also warmer,
feuchter Südwinde im Sommer, kalter
und lebhafter NW.-Winde im Winter.
Von dem Klima des benachbarten Festlands
unterscheidet es sich aber vorteilhaft
durch wärmere Winter, die in
erster Linie dem mildernden Einfluß
der Meeresumgebung verdankt werden.
Die Niederschläge sind nicht
in dem Maße wie in Nordchina auf
wenige Sommermonate zusammengedrängt,
sondern mehr über das ganze
Jahr verteilt und anderthalb bis dreimal
so reichlich wie in Deutschland.
Hauptregenzeiten sind Mitte Juni bis
Mitte Juli sowie September und Oktober.
Die dazwischen liegenden anderthalb
Monate sind trockner und
heiß (Mitteltemperatur des August im
Süden und in der Mitte von Alt-Japan
25,5-27°, die Maxima erreichen etwa
37°). Die tiefsten im Winter vorkommenden
Kältegrade sind durchaus
mäßig (in Nagasaki-5°, in Kyoto
-12°), aber für die Japaner in ihren
unheizbaren Holzhäuschen immerhin
empfindlich. Januar und Februar sind
in Hondo etwa so warm, wie in Süddeutschland
der März, in Kyūshū
noch wärmer. Der Winter ist also bedeutend
kühler als in den in gleicher
Breite liegenden Mittelmeergebieten
und bringt dem südl. Kyūshū (auf gleicher
Breite mit dem Nildelta) gelegentlich
noch Frostnächte und Schnee,
den Gebirgen überall und im N. auch
dem Flachlande große Schneemassen,
doch keine hohen Kältegrade. Die
Temperaturverhältnisse der Hauptbesuchsmonate
April und Mai entsprechen
etwa denen des Mai und Juni
in Mittel-u. Süddeutschland. Der September
ist erheblich wärmer, der Oktober
nur wenig kühler als unser Juli.
Das Pflanzenkleid Japans ist infolge
der milden Winter und feuchtheißen
Sommer üppiger als sonst irgendwo
unter gleicher Breite. Die Vegetation
der niedrigeren Teile von Kyūshū,
Shikoku und der Südhälfte Hondos
trägt subtropischen Charakter, gegen
die Südspitze hin mit Anklängen an die
Tropen. Immergrüne Sträucher (Kamelien,
Teestrauch, Rhododendren,
Buchsbaum etc.) und Bäume walten
hier vor, daneben spielen Nadelbäume
—Kiefern und die schönen Kryptomerien
sowie der merkwürdige Gingkobaum
—eine wichtige Rolle, außerdem
der Lackbaum und im Süden der Bambus.
Zwergpalmen kommen auf der
Westküste von Hondo nordwärts bis
Tōkyō fort,
eigentliche Palmen nur
im Süden am Kyūshū. Das Waldkleid
ist zwar in der untern, subtropischen
Zone bis auf schöne Tempelwälder
großenteils beseitigt, aber in den Gebirgen
noch überall erhalten.
Die Bevölkerung betrug im eigentlichen
Japan, ausschl. Formosa 1910:
50751919 Ew. Die Japaner sind, wenn
man von den Ainu, den Ureinwohnern
der Insel Yezo (vgl. S. 343), absieht,
heute ein einheitliches Volk nach
Sprache, Sitte und Lebensweise, ursprünglich
aber wohl ein Mischvolk,
da sich außer der mongolischen Grundmasse
auch mancherlei malaiische
Einflüsse nachweisen lassen. Sie sind
von kleinem, kräftigem Wuchs. Wie
in Korea kann man einen feinern, vornehmen
und einen gröbern, gewöhnlichen
Typus deutlich unterscheiden.
In der Entwickelung des Volkes spielte
die Trennung nach Ständen eine
wichtige Rolle. Diesen Ständen nach
gab es 1903: 5055 Kwazoku (Edle),
2167389 Shizoku (alte Kriegerkaste,
Samurai) und 44560397 Heimin (spr.
hēmin, gewöhnliches Volk). Die Kwazoku
(»Blume der Familien«) sind entstanden
aus der Vereinigung des
frühern Hofadels (Kuge) mit dem
Feudaladel (Daimyō).
[S. 339]
Nach der Beseitigung
des Feudalwesens wurden
1884 fünf Adelsrangstufen geschaffen;
danach gab es im Jahre 1908: 15 Kō
oder Fürsten, 36 Kō oder Marquis,
100 Haku oder Grafen, 374 Shi oder
Vicomtes und 379 Dan oder Barone, im
ganzen 904 (man sagt Kōshaku, Hakushaku
etc.) Adelsfamilien. Die Shizoku
(moderner Name für Samurai) waren
bis zum Anfang der Meijizeit die Beamten
und erblichen Krieger der Feudalherren,
zu deren Vorrechten das
Schwertertragen und das Bauchaufschlitzen
(Harakiri oder Seppuku) als
freiwilliger Selbstmord nach Ehrverletzung
und als reinigende Selbstbestrafung
nach verübtem Verbrechen
gehörten; heute stellen sie zum Teil
die Offiziere und höhern Staatsbeamten.
Das gewöhnliche Volk, für das
erst seit 1868 der Name Heimin im Gegensatz
zu den Shizoku üblich ist, war
in der Tokugawaperiode (1600-1868)
in drei Klassen geteilt, dem Range
nach von oben nach unten: Hyakushō
(Bauern), Shokunin (Handwerker) und
Akindo (Kaufleute). Unter dem Volk
stand noch eine verachtete Pariaklasse,
die Eta (Abdecker, Gerber, Lederarbeiter,
Totengräber).—Die Japaner
besitzen hervorragende geistige Eigenschaften.
Zu rühmen sind der Reinlichkeitssinn
(Waschen und heißes Baden
ist sehr beliebt) und natürliche Anstand,
das im allgemeinen höfliche Benehmen,
das heitere Familienleben, die
Ehrerbietung der Kinder gegen Eltern,
die Freude an den Schönheiten der
Natur, das hohe Bildungsstreben und
die bewunderungswürdige Vaterlandsliebe.
—Das japanische Haus macht
mit seiner leichten, luftigen Bauart,
den Eindruck, als ob es einem wärmeren
Klima entstamme, denn es hat nur
dünne Holzwände, keine richtige Heizung
(nur Kohlenbecken) und anstatt
fester Zimmerwände verschiebbare
Mattenwände. Der Hausbau ist somit
besser an die häufigen Erdbeben als
an die klimatischen Bedingungen angepaßt.
Der Hausrat beschränkt sich
auf Schränke und wenige Gebrauchs-und
Schmuckgegenstände (Matten; Vasen,
Hängebilder). Große Brände sind
in den Städten häufig.—Der Japaner
lebt mäßig. Nahrungsmittel sind
vornehmlich in Wasser gekochter Reis,
Hirse (im Gebirge), Hülsenfrüchte,
Knollengewächse und Pilze, ferner
Fische, Krusten-und Weichtiere;
Brot, Milch, Butter und Käse waren
unbekannt, Fleischspeisen wenig in
Gebrauch. Zur Würze dienen Sojabohnen
und Curry, gesalzene Rettiche
(Daikon), Früchte der Eierpflanze
(Nazu), Gurken u. a., als Genußmittel
grüner Tee ohne Zutat, Reisschnaps
(Sake) und Tabak, den beide Geschlechter
gern rauchen.—Die Kleidung
der Landbevölkerung, aus
Baumwollenstoff und mit Indigo gefärbt,
besteht oft nur aus einem Kittel
und engen Hosen; bei Regenwetter
trägt der Bauer einen eigentümlich
aussehenden Mantel aus Stroh. Bei
den Wohlhabenden spielen hellfarbige,
schön gemusterte Baumwollen-und
Seidenstoffe die Hauptrolle. Ein schlafrockähnliches
Oberkleid, der Kimono,
wird von Männern und Frauen getragen,
er ist das eigentliche Nationalgewand
und nur im Schnitt der Ärmel
und im Gürtel bei beiden Geschlechtern
verschieden. Zur bessern Kleidung
gehört eine weite Hose (Hakama)
und ein halblanger paletotartiger Überwurf
(haori); Schüler und Schülerinnen
tragen gleichfalls Hakama. Die Füße
sind entweder nackt, oder bei besserer
Bekleidung in ganz kurze, nur bis zu
den Knöcheln reichende weiße oder
dunkelviolette Strümpfe (Tabi) gehüllt;
als Schuhwerk dienen Holzschuhe
(Geta) und Strohsandalen (zōri
und waraji), deren Riemen vorn zwischen
der großen und der zweiten
Zehe festgehalten werden, weshalb bei
den Tabi auch die große von den übrigen
Zehen getrennt ist. Die vornehmere
männliche Bevölkerung, besonders
die Beamten, tragen mehr und
mehr europäische Tracht. Ein unentbehrlicher
Gebrauchsgegenstand der
Frauen ist der Fächer.
Religion. Die Japaner haben sich
schon früh vom Natur-zum Ahnenkult
erhoben, der in der göttlichen
Verehrung der Kami oder Geister berühmter
Fürsten, Helden, Gelehrter
neben zahlreichen untergeordneten
Göttern besteht. Im Gegensatz zu dem
vom Ausland eingeführten Buddhismus
(Butsu-dō) hat man der ursprünglichen
Nationalreligion den Namen
Shintō (»Weg der Götter«, shin = kami)
gegeben.
[S. 340]
Eine bestimmte Glaubens-und
Sittenlehre fehlt dem Shintō ursprünglich;
seine Sittenlehre ist vermischt
mit der Moralphilosophie des
Kungfutsze und andrer chinesischer
Weisen. Die Shintōtempel oder
»Schreine« (Miya, Yashiro, Jinja) reinen
Stils, einfach und schmucklos, aus
naturfarbenem oder rotgestrichenem
Holz erbaut, bestehen aus zwei Teilen,
dem Honden (Shinden) oder Sanktuarium
mit dem Sinnbild der Gottheit,
und dem Haiden (»Gebetshalle«). Auf
dem Altartisch und anderswo stehen
Gohei, Stöckchen mit zickzackförmigen
weißen Papierstreifen, eigentlich symbolischer
Ersatz für Opfergaben; vor
den Schreinen galgenförmige Portale,
Torii. Der in vielen Miya sichtbare Metallspiegel
ist dem Buddhismus (Shingonsekte)
entlehnt. Den Göttern werden
Speise-und Trankopfer dargebracht;
die Tempelfeste (Matsuri) sind
vielfach große Volksfeste. Wer sich
durch Tapferkeit, Gelehrsamkeit oder
Wohltätigkeit auszeichnet, kann nach
seinem Tod unter die Götter versetzt
werden. Die Shintōpriester haben nur
im Amt besondere Tracht, es gibt für
sie kein Zölibat und keine Klöster;
ihre Würde ist erblich. 1903 zählte
man 196400 Shintōtempel und etwa
100000 Shintōpriester bei zwölf verschiedenen
Sekten. Mächtigen Einfluß
auf den Kamidienst hat der Buddhismus
ausgeübt, der in der Mitte des
6. Jahrh. n. Chr. nach Japan gelangte,
sich schnell verbreitete u. im 13. Jahrh.
zur höchsten Macht entfaltete. 1903
gab es in Japan zwölf buddhistische
Sekten mit 72000 Tempeln und gegen
200000 Bonzen. Hauptsitz der buddhistischen
Hierarchie ist Kyōto (S. 369).
Zwischen Shintōismus und Buddhismus
bestand früher keine scharfe
Scheidung, da der Shintō, wenige Kultstätten
wie Yamada in Ise und Kizuki
in Izumo ausgenommen, sich mit dem
Buddhismus amalgamiert hatte (Ryōbu-Shintō).
Erst seit der Meijizeit (S. 344)
ist wieder eine reinliche Trennung vorgenommen
und der Shintō zur Staatsreligion
erklärt worden. Doch herrscht
trotzdem kein Gewissenszwang. Der
Kaiser ist als theoretischer Nachkomme
der höchsten Shintōgottheit,
der Sonnengöttin Ama-terasu, der
shintōistische Oberpriester des Landes
und fungiert als solcher bei gewissen
Staatsfesten, die in der Heiligen Halle
(Kashiko-dokoro) des Palastes stattfinden.
—Eine prägnante Darstellung
des Wesens des Shintō von Florenz
und des japanischen Buddhismus von
Haas in »Kultur der Gegenwart«, Abteilung
Orientalische Religionen (Leipzig,
Teubner, 1906).—Das Christentum
wurde bereits 1549 durch den Jesuiten
Franz Xavier nach Japan gebracht
und verbreitete sich schnell, wurde
aber, nachdem auch hier wie in China
die Dominikaner und Franziskaner
Unfrieden gestiftet hatten, bis 1638
wieder ausgerottet und bei Todesstrafe
verboten. Jetzt werden der
christlichen Mission keine Hindernisse
bereitet, aber die Bekehrten gehören
meist dem niedern Volk an, und man
darf sagen, daß dem Christentum in
Japan kaum eine Zukunft blüht.
Japanische Kunst. Am wenigsten
entwickelt ist die Architektur. Die
buddhistischen Tempel gehen auf chinesische
Vorbilder zurück; die Shintō-Schreine
reinen Stils, wie die von Ise,
Kizuki etc. lehnen sieh dagegen an
die Struktur des primitiven japanischen
Hauses an. Die Wohnhäuser sind
meist aus Holz, Geflechten aus Bambusrohr
und Fachwerk, mit Papierfenstern
und Schiebetüren, bisweilen
auf gemauertem Unterbau. Auch die
Plastik hat sich, abgesehen von den
Bildern buddhistischer Gottheiten, auf
die Kleinkunst in Bronze, Ton, Elfenbein,
Holz etc. beschränkt.—Ihre
höchste Blüte hat die japanische Kunst
in der Malerei erreicht, sowohl selbständig
als für dekorative Zwecke (Porzellan,
Fayence, Lackarbeiten), deren
Anfänge vor mehr als 1000 Jahren aus
China hierher gelangt sind. Die Raum-und
Luftperspektive sind dem japanischen
Maler fast unbekannt. Ferner
fehlt das Verständnis für das Helldunkel.
Das natürliche Spiel der Lichter
und Schatten gibt der Japaner nicht
wieder, er kennt keine Glanzlichter
und Reflexe, sondern sucht durch konventionelle
Schatten und Hilfsmittel
den Gegenständen die Wirkung des
Plastischen zu geben. Da er in einem
schwarzen Gegenstand, einem Gewand,
einem Vogel, nicht durch Abtönung
des Schattens und Lichtes zu modellieren
weiß, wird den Faltenlinien ein
weißer Grund gegeben, oder es werden
die Innern Umrisse weiß ausgespart.
[S. 341]
Der japanische Maler malt nur auf
Seide und Papier, und zwar mit Tusche
oder Wasserfarben, die mit Leim versetzt
sind. Nach der Form teilt man die
Bilder in Kakemono (hängende Dinge),
in Makimono (gerollte Dinge) und in
Oribon (Klappbücher). Auch die faltbaren
Wandschirme (Byōbu) haben in
der Malerei eine Rolle gespielt. Das
Kakemono ist ein schmaler und hoher
Papier-oder Seidenstreifen, der auf
zähes Papier geklebt und oft mit farbigen
Brokatstoffen umrahmt ist. Die
Makimono sind niedrige Streifen von
beliebiger Länge, die aufgerollt bewahrt
werden.—Die Malerei steht
im innigsten Zusammenhange mit dem
Kunstgewerbe, das von ihr befruchtet
wird und ebenfalls aus China gekommen,
aber durch die höhere Intelligenz
des japanischen Volkes künstlerisch
verfeinert worden ist. Vornehmlich
werden die Lackmalerei, die in Japan
ihre überhaupt höchste Ausbildung
erfahren hat, die Keramik, das Email,
die Bronzeindustrie, die Waffenschmiedekunst,
die Schnitzerei in Holz, Elfenbein,
Knochen und Stein, die Weberei
und Färberei gepflegt. Von den Porzellanen
sind die aus der Provinz
Kaga, aus der Provinz Hizen, nach
dem Ausfuhrhafen »Imari-Ware« genannt,
das Seladonporzellan aus
Sanda und die Setoware, von den
Fayencen das durch seine durchsichtige
Glasur ausgezeichnete Steingut
aus Satsuma beliebt. Ihren reich entwickelten
Farbensinn haben die Japaner
in der Dekoration von Gefäßen
etc. aus Porzellan, Steingut und Kupfer
mit Schmelzfarben (Zellenschmelz,
Email cloisonné), in der Färbung von
Kupferlegierungen durch Beizen und
im Tauschieren von Bronzen und Eisenarbeiten
mit Silber, Gold und farbigen
Legierungen bewährt. Eine Spezialität
der Metallindustrie sind die oft reich
geschmückten Schwertzieraten (Tsuba
= Stichblätter etc.), die eifrig gesammelt
werden. (Vgl. Brinckmann,
Kunst und Handwerk in Japan, Berlin
1889; Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte,
3 Bände, 1907; Cohn, Stilanalysen,
1908; Seidlitz, Geschichte
des japanischen Farbenholzschnitts,
1897; Kurth, Utamaro, 1907, Harunobu
1910, Sharaku 1910; Brockhaus, Netsuke,
1910.) Einkäufe japanischer
Kunsterzeugnisse führt man am
besten in Kyōto und Tōkyō aus.
Sprache. Die japanische Schrift-und
Umgangssprache ist aus einem
heimischen Idiom, der Yamato-Kotoba,
durch Beimischung vieler chinesischer
Lehnwörter (in verdorbener Aussprache)
hervorgegangen, ähnlich wie
das moderne Englisch aus dem Angelsächsischen
unter Beimischung normannisch-französischer
Bestandteile
entstanden ist. Die Japaner bedienen
sich zum Schreiben der chinesischen
Wortzeichen (ji, kanji), haben
diese aber durch eine eigene Silbenschrift
(Kana, zwei Systeme, aus
chinesischen Zeichen abgeleitet) ergänzt.
Die in den letzten Jahrzehnten
wiederholt aufgetretenen Bestrebungen
zugunsten der Einführung der europäischen
(lateinischen) Schrift haben
bislang wenig Erfolg aufzuweisen.—
Auch wer nur wenige Wochen in Japan
zubringt, sollte sich die Mühe
geben, einige Redensarten zu lernen,
um außerhalb der großen Städte sich
verständlich zu machen. Für längern
Aufenthalt sind einige, übrigens leicht
zu erwerbende Sprachkenntnisse unbedingt
nötig. Zu empfehlen hierfür
sind Plauts Japanische Konversations-Grammatik
(Heidelberg 1904), Der
kleine Toussaint-Langenscheidt, Japanisch
(Berlin 1910) sowie die englischen
Kelly und Walsh's Handbooks im
Taschenformat. Grammatiken gibt es
von J. Hoffmann (1877, veraltet); B. H.
Chamberlain, A Handbook of Colloquial
Japanese, 1908; Lange (2. Aufl.,
Berl. 1906); Wörterbücher von Hepburn
(1886), Brinckley (1896), Jukichi Inouye
(1909) und viele andre kleine, auch
japanisch-deutsche Wörterbücher,
meist wenig befriedigend.
Wirtschaftsleben. Die Grundlage
der japanischen Volkswirtschaft bildet
der Ackerbau, und zwar im Klein-und
Zwergbetrieb. 41 Proz. der Bodenfläche
dienen ihm. Hauptfrucht ist
der Reis, dessen Kultur durch die
reichlichen Frühsommerregen und die
darauffolgende Hitze sehr begünstigt
wird. Außerdem baut man Getreide
und Bohnen, Obst und Südfrüchte,
allerlei Industriepflanzen (Baumwolle,
Papiermaulbeerbaum, Indigo etc.).
[S. 342]
Wichtig ist die Kultur des Teestrauches
und des Maulbeerbaumes zur
Zucht der Seidenraupe.—Die Viehzucht
nimmt zwar neuerdings rasch
zu, ist aber noch gering, und man bekommt
nur wenig frische Milch und
Fleisch zu kaufen.—Die Waldbestände
Japans sind noch sehr groß
und reich an Steineichen, Tschujabäumen,
Kampferbäumen und Kryptomerien.
Ein neues Forstgesetz steuert
dem frühern Raubbau.—Der Bergbau
fördert vor allem Kupfer, außerdem
Gold, Silber, Eisen, Schwefel,
Steinkohlen u. a. Auch Petroleum
wird gewonnen.—Die Fischerei,
besonders die Seefischerei, ist wichtig
für die Volksernährung.—Die Jagd
spielt keine Rolle.—Die Industrie
blühte, solange Japan nach außen abgeschlossen
war, hauptsächlich als
Kunsthandwerk. Massenproduktion
und Großindustrie haben sich aber
seit der Öffnung des Landes dank der
Gelehrigkeit der Japaner und dem
unüberlegten Entgegenkommen der
Weißen rasch entwickelt, und Japan
strebt in vielen Industeriezweigen jetzt
schon nach Selbständigkeit. Die Herstellung
von Seiden-und Baumwollenstoffen,
Porzellan, Lackwaren,
Stahl-und Kupferarbeiten steht in
hoher Blüte. Die Hauptfabrikstädte
sind Tōkyō, Kyōto, Hyōgo, Nagasaki,
Kanazawa, Nagoya und Ōsaka.—
Handel. Dem fremden Verkehr geöffnete
Vertragshäfen sind Yokohama,
Nagasaki, Hakodate, Niigata, Hyōgo
(Kobe) und Osaka, wo fremde Konsulate
bestehen. Haupteinfuhrartikel:
Baumwolle, Ölkuchen, Reis, Zucker,
Petroleum, Wollengewebe, Eisenwaren,
Maschinen etc., in Summa 1909:
394,2 Mill. Yen; Hauptausfuhrartikel:
Rohseide und Seidenwaren, Baumwollengarn,
Baumwollwaren, Kohlen,
Kupfer, Tee etc., in Summa 1909: 413,1
Mill. Yen. Der Haupthandelsverkehr
geht nach Großbritannien, Britisch-Indien,
den Vereinigten Staaten, China,
Deutschland etc.
Münzwesen. In Japan besteht seit
1897 Goldwährung, doch bekommt
man Goldmünzen selten zu sehen;
1 Yen (Gold) hat 100 sen; 1 sen hat
10 rin. 1 Yen nach Berliner Kurswert
ungefähr 2,09 M. Im Verkehr sind an
Goldmünzen: 20, 10 u. 5 Yen; Silbermünzen:
50, 20, 10 sen; Nickelmünzen:
5 sen; Kupfermünzen: 2, 1, 1/2 sen.
Papiergeld (viel im Umlauf) 1, 5, 10,
100 Yen und größere Scheine.
Falsches Geld ist selten. Bei Reisen über Land
fern von großen Städten nehme man
hauptsächlich Papiergeld mit, aber
nicht größere Scheine als 10 Yen, weil
das Wechseln in kleinern Städten oft
sehr schwierig ist. Fremde Banknoten
kann man nur bei Bankgeschäften und
Geldwechslern in Nagasaki, Kōbe und
Yokohama wechseln.
Staatsverfassung. Japan ist seit 11.
Febr. 1889 eine konstitutionelle erbliche
Monarchie, deren Haupt »Tennō« (veralteter
Name Mikado) in Tōkyō
residiert. Der Kaiser hat die Entscheidung
über Organisation des Heeres,
der Flotte und der Zivilverwaltung und
übt mit den zehn Ministern und einem
Geheimen Rat (Sūmitsu-in) die vollstreckende
Gewalt aus. Der Landtag
(Kokkai) besteht aus einem Herrenhaus
(Kizoku-in) und einem Abgeordnetenhaus
(Shūgi-in). Das Herrenhaus
(364 Mitglieder) bestand im Dezember
1910 aus 200 Mitgliedern des Adels
(von ihren Standesgenossen gewählt),
nämlich 14 Prinzen von Geblüt, 13 Fürsten,
30 Marquis, 17 Grafen, 70 Vicomtes,
56 Baronen, ferner 121 vom Kaiser
Ernannten und 43 Vertretern der höchsten
Steuerzahler. Das Abgeordnetenhaus
zählt 379 Mitglieder, die bezirksweise
von allen männlichen Untertanen,
die wenigstens 10 Yen Steuern
zahlen, öffentlich zu wählen sind.
Nicht wählbar sind Offiziere, Priester
und die meisten Beamten. Die Landtagsmitglieder
erhalten Diäten (2000
Yen pro Jahr).—In der Verwaltung
bestehen Tōkyō, Osaka und Kyōto als
Großstadtbezirke (Fu), außerdem 43
Landbezirke (Ken) unter Gouverneuren
(Hokkaidō und Ōkinawa nicht eingeschlossen);
diese Bezirke zerfielen
Ende 1908 in 538 Gun oder Kōri (Kreise)
mit 61 Städten, 1140 Landstädtchen
(Flecken) und 10751 Dörfern. Die
Namen der frühern Provinzen sind
jedoch noch vielfach in Gebrauch.—
Die Rechtspflege (früher willkürlich
und grausam) ist jetzt nach europäischen
Rechtsgrundsätzen umgestaltet.
Die Richter werden vom Kaiser
oder vom Justizminister ernannt und
sind unabsetzbar.
[S. 343]
Heer und Flotte. Der Kriegsdienst
war früher ein Vorrecht der
Samurai, seit 1889 besteht allgemeine
Wehrpflicht nach deutschem Muster;
das Oberkommando führt der Kaiser,
Bewaffnung nach europäischem Muster.
Stärke der japanischen Armee
1911: 9820 Offiziere im Frieden, wozu
im Krieg 12200 Reserve-und Landwehroffiziere
treten; 255000 Mannschaften
im Frieden, 740000 im Krieg
außer Reserveformationen; 24000
Pferde (Kriegsstärke nicht bekannt);
990 Feldgeschütze im Frieden, Kriegsstärke
etwa 1400.—Die vorzügliche
Flotte verfügte 1911 über 13 Linienschiffe,
13 Panzerkreuzer, 2 Küstenpanzerschiffe,
12 geschützte Kreuzer,
4 Avisos, 58 Torpedobootszerstörer,
69 Torpedoboote, 12 Unterseeboote;
im Bau waren noch 3 Linienschiffe,
4 Panzerkreuzer, 3 geschützte Kreuzer.
Personal der Flotte 48000 Mann. Heer
und Flotte haben ihre offensive Kraft
im Kriege gegen Rußland bewährt.
Geschichte. Von den ältesten Bewohnern
Japans haben sich nur geringe
Spuren in Form von Wohngruben
erhalten. Jünger sind schon die Ainu,
Verwandte der weißen Rasse, die mindestens
ganz Hokkaido bewohnten,
bis sie durch Einwanderer mongolischer
Rasse, die von Korea herüberkamen,
zurückgedrängt wurden. Die
politische Einigung erfolgte im 7. Jahrh.
v. Chr. durch Jimmu Tennō, den
Stammvater des heute noch regierenden
Herrscherhauses. Der Tennō
wurde unumschränkter Herrscher, die
Provinzen wurden von Statthaltern
verwaltet; Hauptstadt war 719-784
Nara, 794-1868 Kyōto. Der Mikado,
mit dem chinesischen Titel »Tenshi«
(Himmelssohn) und »Tennō« (himmlischer
Herrscher), überließ aber allmählich
die Regierungsgeschäfte ganz
seinen Beamten und zog sich von der
Öffentlichkeit zurück, so daß die Macht
der Statthalter wuchs, die vielfach
untereinander kämpften; seit dem 12.
Jahrh. verwüsteten Bürgerkriege fünf
Jahrhunderte das Land, der Kaiser
wurde Spielball der Parteien. Gegen
Ende des 12. Jahrh. vereinigte Yoritomo
aus der Minamotofamilie die gesamte
Zivil-und Militärgewalt in seiner Hand
(Sitz in Kamakura), ließ sich vom
machtlosen Mikado 1186 zum Polizeiminister,
1192 zum Sei-i-tai Shōgun
(der die Barbaren besiegende große
Feldherr) machen; diese Würde des
Shōgunats blieb erblich. Aber nach
Yoritomos Tod wiederholte sich am
Hofe des Shōguns wie vorher am
Hofe des Mikado die Erscheinung
des Hausmeiertums, die Shikken (die
ersten Beamten der Shōgune) rissen
die Macht an sich. Erst im 14. Jahrh.
gelang es Ashikaga Takauji, das mächtige
Shōgunat der Ashikaga zu begründen,
das von 1335-1573 dauerte;
der Mikado war nur Schattenkaiser.
Gegen Ende des 15. Jahrh. bildete sich
unter den Territorialfürsten, den Daimyō,
ein starker Kriegsadel (Buke), der
die Ursache vieler Bürgerkriege wurde.
In der 2. Hälfte des 16. Jahrh. gelang
es Ōta Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi,
die Ruhe im Lande herzustellen,
die Macht des letzten Ashikaga-Shōgun
und den Übermut der buddhistischen
Bonzen zu brechen. Spätere
Fehden zwischen den Daimyō endeten
mit der Schlacht bei Sekigahara 1600;
der Sieger, Tokugawa Ieyasu, begründete
das Shōgunat der Tokugawa,
das bis 1868 bestand. Fortan lag der
Schwerpunkt der japanischen Politik
in Yedo (jetzt Tōkyō), wo die Tokugawa-Shōgune
regierten. Unter der
Herrschaft der Tokugawa entwickelte
sich die japanische Kultur in langem
Frieden zu hoher Blüte, die Stände
nahmen die S. 339 gegebenen Formen
an. Aber das Drängen der fremden
Mächte auf Öffnung des Handels mit
dem bisher gänzlich abgeschlossenen
Japan wurde für die Shōgune verhängnisvoll;
nach Abschluß der Handelsverträge
mit den Vereinigten Staaten
und den europäischen Mächten
(1854-61) verlangten die Gegner des unfähigen
Shōguns Iesada die Vertreibung
der fremden Barbaren und versicherten
sich dabei der Zustimmung
des Mikado. Gewaltakte der Daimyō
von Satsuma und von Chōshū wurden
1864 durch die Beschießung von Kagoshima
durch eine englische Flotte und
von Shimonoseki durch eine englisch-französisch-holländisch-amerikanische
Flotte gerächt, wobei die Daimyō
ihre Machtlosigkeit gegen die fremden
Barbaren erkannten, aber nun erst
recht alle Mittel anwandten, um die
alte Mikadoherrschaft wiederherzustellen.
[S. 344]
Am 9. Nov. 1867 gab der letzte
Shōgun freiwillig seine Gewalt dem
damals kaum 15jährigen Mikado Mutsuhito
zurück. Nun richtete der Mikado
am 6. Nov. 1868 eine moderne Regierung,
die Periode der Erleuchteten
Regierung (Meiji) ein, nach der seitdem
die Jahre amtlich gezählt werden,
also 1912 = 45. Jahr Meiji; am 26.
Nov. 1868 verlegte der Mikado seine
Residenz von Kyōto nach Yedo, das
seitdem Tōkyō (Hauptstadt des Ostens)
heißt. Aus dem bisherigen mittelalterlichen
Feudalstaat ging ein neuzeitlicher
Beamtenstaat mit monarchischer
Spitze hervor. Die alte Ständeordnung
wurde aufgehoben, der Adel
reformiert, Eisenbahnen, Telegraphen,
Dampferlinien wurden begründet,
Heer und Flotte europäisch bewaffnet
und geschult, Schulzwang eingeführt,
Universität und wissenschaftliche Institute
wurden begründet. Unzufrieden
waren nur die 400000 Samuraifamilien,
die die Aufhebung ihrer
Privilegien, besonders des Schwertertragens,
als persönliche Schmach
empfanden, und die, ebenso wie die
großen Daimyō, mit 10 Proz. ihrer
frühern Einkünfte abgefunden wurden.
So entstanden mehrere Aufstände,
deren gefährlichster, der Satsuma-Aufstand
1877, unter dem tapfern
Saigō Takamori, erst nach 8 Monaten
unterdrückt werden konnte und die
Staatsfinanzen gänzlich erschöpfte. Um
den Samurai Mitwirkung bei der Regierung
zu gewähren, wurde 1889 das
japanische Parlament eingerichtet und
1890 zuerst eröffnet. Noch bessere
Gelegenheit, die Unzufriedenheit der
patriotischen Samurai zu beheben,
boten die siegreichen Kriege gegen
China 1894 und 1900 sowie besonders
gegen Rußland 1904, die für Japan
großen Gebietszuwachs (Formosa, Korea,
Sachalin, Kwangtunghalbinsel mit
Port Arthur und Dalni) brachten. Seit
dem Abschluß des Bündnisses mit
England (am 30. Jan. 1902) rechnet
Japan zu den Großmächten; durch den
Sieg über Rußland ist Japans politische
Bedeutung als ostasiatische
Vormacht zur vollsten Geltung gelangt.
Die Literatur enthält Arbeiten über
Reichsgeschichte, große Enzyklopädien,
Länderbeschreibungen etc. und
erzeugt geschichtliche, moralische,
geographische Werke, Gedichte, Romane
und Novellen, Schauspiele etc.
in Menge, zum Teil illustriert. Vgl.
K. Florenz, Geschichte der japanischen
Literatur (Leipzig, 2 Bände, 2. Aufl.
1910); Aston, Japanese Literature, London
1899; B. H. Chamberlain, Japanese
Poetry, London 1910; K. Florenz,
Dichtergrüße aus dem Osten; Weißaster,
ein Epos; Japanische Dramen
(sämtlich Leipzig, Amelangs Verlag,
illustriert und in Japan hergestellt).—
Zeitungen: Die erste Tageszeitung
erschien 1872; 1900 betrug die Zahl
der Zeitungen und Zeitschriften 944.
Es besteht nominell Preßfreiheit, doch
sind die Gesetze sehr streng und gestatten
leicht die Unterdrückung einer
Zeitschrift.
Reisepläne für Japan. Auf 14 Tage.
1. Tag: Kōbe; 2. Tag: Nara; 3. u. 4.
Tag: Kyōto; 5. Tag: Bahnfahrt über
Nágoya nach Miyanóshita; 6. Tag:
Miyanóshita und Hakonesee; 7. Tag:
Bahnfahrt über Enóshima und Kamákura
nach Yokohama; 8. Tag: Bahnfahrt
über Tōkyō nach Nikkō; 9. Tag:
Nikkō; 10. Tag: Bahnfahrt nach Tōkyō;
11. u. 12. Tag: Tōkyō; 13. u. 14.
Tag: Yokohama. Bei sehr knapper
Zeit mag man auf Osaka und Kōbe
verzichten und für Yokohama nur
1 Tag ansetzen. Einkäufe japanischer
Kunsterzeugnisse besorge man in
Kyōto und Tōkyō.
Auf 3 Wochen. 1. Tag: Nagasaki;
2. Tag: Bahnfahrt u. Fähre nach
Shimonoseki; 3. Tag: Bahnfahrt nach
Kōbe mit Unterbrechung in Miyajima
(oder 2. u. 3. Tag Dampferfahrt
durch die Binnenlandsee nach Kōbe);
4. Tag: Hyōgo u. Kōbe; 5. Tag: Ōsaka;
6. Tag: Nara; 7. u. 8. Tag: Kyōto;
9. Tag: Biwasee und Stromschnellen;
10. Tag: Bahnfahrt nach Nagoya; 11.
u. 12. Tag: Miyanóshita und Hakonesee;
13. Tag: Bahnfahrt über Enóshima
u. Kamákura nach Yokohama;
14. Tag: Bahnfahrt nach Nikkō; 15.
u. 16. Tag: Nikkō; 17. Tag: Bahnfahrt
nach Tōkyō; 18. u. 19. Tag: Tōkyō;
20. u. 21. Tag: Yokohama.
[S. 345]
Auf 4 Wochen: 1. u. 2. Tag:
Nagasaki; 3. u. 4. Tag: Fahrt nach
Kōbe (s. vorher), 1/2 Tag in Miyajima;
5. u. 6. Tag: Hyōgo und Kōbe;
7. Tag: Ōsaka; 8. Tag: Nara; 9. u.
10. Tag: Kyōto; 11. Tag: Biwasee u.
Stromschnellen; 12. Tag: Bahnfahrt
nach Nagoya; 13. u. 14. Tag: Miyanóshita
u. Hakonesee; 15. Tag: Bahnfahrt
über Enóshima und Kamákura
nach Yokohama; 16. Tag: Bahnfahrt
nach Nikkō; 17. u. 18. Tag: Nikkō;
19. Tag: Chuzenjisee; 20. Tag: Bahnfahrt
nach Maebashi und Pferdebahn
nach Ikao; 21. Tag: Ikao; 22. Tag:
zu Fuß nach Harunasee und Haruna;
23. Tag: zu Fuß nach Myōgi und Bahnfahrt
nach Tōkyō; 24., 25. u. 26. Tag:
Tōkyō; 27. u. 28. Tag: Yokohama.
Auf 5 Wochen: wie vorher, nach
dem 14. Tage schalte man eine Besteigung
des Fuji mit Fußwanderungen
in dessen Umgebung ein, wozu 7 Tage
bequem ausreichen.
Reisezeit. Um Japan mit Ruhe
kennen zu lernen, empfiehlt sich ein
Aufenthalt von mehreren Monaten.
Beste Reisezeit für Japan ist der
Frühling, die Zeit der Kirschblüte,
oder der Spätherbst von Mitte Oktober
bis Mitte Dezember, die Zeit der Chrysanthemumblüte.
Sommer und Spätsommer
sind regnerisch, ersterer auch
heiß. Des Seeklimas wegen muß man
auch im Spätfrühling zwischen wunderbar
schönen Tagen noch mit stürmischem
und regnerischem Wetter
rechnen. Ins Hochgebirge gehe man
nicht vor Mai. Februar und März sind
am wenigsten zu empfehlen.
Führer. Wer nur wenige Wochen
für Japan Zeit hat, sollte sich, um
möglichst viel zu sehen, für die ganze
Zeit einen Führer nehmen; Vermittelung
von Führern (auch Deutsch
sprechenden) durch die Hotels oder
die Welcome Society of Japan (s. unten).
Man bestellt den Führer an den ersten
Ort, an dem man Japan betritt.—
Führer tägl. etwa 4 Yen (außer der
Fahrt). Gasthofspreise 8-10 Yen tägl.;
Vorausbestellung von Zimmern in der
Reisezeit ratsam.
Welcome Society of Japan (Kihin
kai), eine vornehme Gesellschaft zur
Unterstützung des Fremdenverkehrs,
begründet 1893, mit der Präsidialstelle
in Tōkyō (Adresse Tōkyō-Handelskammer,
Nr. 1, Itchome, Yuraka-cho,
Kojimachi-ku) und Zweigstellen in
Yokohama und Kōbe (Präsident Marquis
Hachisuka, Vizepräsident Baron
E. Shibusawa) nimmt fremde Reisende
gegen 3 Yen Gebühr als Mitglieder
auf und gibt mit der Mitgliedskarte
eine Karte, das vorzügliche Reisebuch
»Guidebook of Japan« (5. Aufl. 1910)
und andre Veröffentlichungen in englischer
Sprache aus. Die Mitgliedschaft
erwirkt Zutritt zu manchen
Sehenswürdigkeiten, Behörden und
Unterrichtsanstalten in Tōkyō, Kyōto
etc., die Nichtmitgliedern unzugänglich
sind. Für längern Aufenthalt empfiehlt
es sich sehr, der Gesellschaft beizutreten.
Die Gesellschaft verschafft
auch zuverlässige Führer, Dolmetscher
und gut erzogene japanische Gesellschafterinnen
für reisende Damen.
Gasthöfe. In allen größern Städten
gibt es europäisch eingerichtete Hotels
(Pensionspreis tägl. 4-10 Yen und
mehr). In kleinern Landstädten findet
man halb europäische oder sehr gute
japanische Gasthöfe, meist sehr sauber,
oft mit etwas europäischer Kost. Im
japanischen Gasthof zahlt man 1-3
Yen für Abendbrot, Schlafraum und
Frühstück; es ist üblich, kurz nach
Ankunft im japanischen Gasthof 1-2
Yen Trinkgeld (chadai = Teegeld) zu
geben, wonach der Gast eingeschätzt
wird. Auch in Rasthäusern, einfachen
Häuschen oder Hütten an schönen
Landschaftspunkten, zahlt man etwas
chadai, z. B. für eine Schale Tee 10-20
sen.
Verkehrsmittel. Die japanischen
Eisenbahnen sind ordentlich; das
Bahnnetz besteht zwar aus Schmalspurbahnen,
ist aber weitverzweigt
(8000 km Länge, fast alles Staatsbahnen),
so daß man alle sehenswerten
Orte mit der Bahn oder im Anschluß
an die Bahn mit Dampfern erreichen
kann. Man kaufe stets den monatl.
erscheinenden Tedzuka's Railway and
Steamship Guide (30 sen); in den großen
Städten geben die Touristenagenturen
oder Gasthöfe europäisch gedruckte
(aber häufig falsche) Fahrpläne
heraus.—Eisenbahnzeit ist die
Zeit des 135.° östl. L., mithin 8 St. vor
gegen Mitteleuropäische Zeit; sie gilt
für ganz Japan.—Fahrkarten der
Tōkaidōbahn, der Sanyō- und der
Kwansei-Eisenbahn gelten für 50-100
Miles 2 Tage, darüber für je 100 Miles
einen Tag länger; Fahrpreis I. Kl.
etwa 4 sen für 1 Mile.
[S. 346]
Verkehrssteuerzuschlag
(Tsūkō-zei) zu den Fahrpreisen
I. (II.) Kl. bis 50 Miles 5 (3), bis 100
Miles 20 (10), bis 200 Miles 40 (20),
über 200 Miles 50 (25) sen; Schnellzugzuschlag
bei den Hauptschnellzügen
I. Kl. bis 50 Miles 1 Yen, über 150
Miles 1,50 Yen; II. Kl. 60 sen und 1 Yen.
Europäer fahren meist I. Kl.; in II. Kl.
hat man oft Gelegenheit, japanische
Sitten genauer kennen zu lernen, was
aber, wenn die Hitze groß und Kinder
im Abteil, nicht immer nach jedermanns
Geschmack ist. Abteile für
Nichtraucher sind selten vorhanden.—
Schlafwagen (mäßig) findet man
nur in den Schnellzügen der Sanyōeisenbahn,
der Tōkaidōbahn und der
Nihonbahn (Tōkyō nach Aomori). Auf
der Sanyō-und Tōkaidōbahn kostet
im gewöhnlichen Schlafwagen ein Bett
für die Nacht 4 Yen außer der I. Klasse-Fahrkarte,
im kombinierten I. Klasse-
und Schlafwagen auf der Sanyō-, Tōkaidō-
und Nihonbahn 3 Yen; auf der
Sanyōbahn im kombinierten II.Klasse-
und Schlafwagen wird für ein Unterbett
20 sen, für ein Oberbett 40 sen als
Zuschlag zur Fahrkarte II. Kl. erhoben.
Schlafwagenbillette möglichst 2-3 St.
vor Abfahrt bestellen!—Speisewagen
führen die Schnellzüge der
Sanyō-, Tōkaidō-und Nihonbahn, Speisen
à la carte oder Table d'hôte sowie
Getränke. Auf der Kwanseibahn sind
zwischen Osaka und Nagoya Verkäufer
europäischer Gerichte und Getränke
im Zuge. Wenn kein Speisewagen
im Zuge ist (man erkundige
sich), geben die Gasthöfe gute Proviantschachteln
mit.—Bahnwirtschaften
europäischer Art nur in Kameyama;
aber fast auf jedem Bahnhof
sind Verkäufer von Lebensmitteln in
saubern kleinen Holzschachteln (10 sen
und mehr; »bentō« genannt) mit Papierserviette,
Eßstäbchen und Holzlöffel;
man erhält eingemachte Früchte,
gesalzene Fische, Wurzelgemüse, Reis.
Flaschenbier (teuer), Tee und Limonade
(man hüte sich vor Eiswasser!)
sind überall zu haben.—Gepäck
bis 100 Pfund in I., 60 in II. ist frei,
Überfracht nach Taxe; man achte darauf,
daß das Gepäck mit dem richtigen
Zettel versehen und der Zettel
gut festklebt! Auch auf dem Ankunftsbahnhof
kümmere man sich um
sein Gepäck! Gepäckträger haben rote
Mützen (daher akabōshi genannt).
Neben den Eisenbahnen ist die sehr
gut ausgebildete Küstenschiffahrt
das Hauptverkehrsmittel. Auf
den Landstraßen kommt man mit
Hilfe der von Kulis gezogenen Rikschas
auf ebenem Gelände überraschend
schnell vorwärts.
Feiertage für alle Ämter, Banken,
Schulen etc. sind: 1., 3., 5. Jan.: Neujahrsfest
(Shiunen Shuku-jitsu); 30.
Jan.: Todestag des verstorbenen Kaisers
(Kōmei Tennō-sai); 11. Febr.:
Thronbesteigung des ersten Kaisers
Jimmu Tennō (Kigen-sétsu); 21. März:
Frühlingsgleiche (Shunki Kōrei-sai);
3. April: Todestag von Jimmu Tennō
(Jimmu Tennō-sai); 23. Sept.: Herbstgleiche
(Shūki Kōrei-sai); 17. Okt.:
Herbstdankesfest (Kanname-matsuri);
3. Nov.: Kaisers Geburtstag (Tenchō*setsu);
23. Nov.: Herbstfest (Niiname-matsuri).
Ortsfeiertage sind später
erwähnt.
Reisen in Japan. Reisezeit s. S. 345.
Für den Sommer braucht man leichte
Kleidung, für den Winter warme wie
in Deutschland; Tropenhelm, Sonnenschirm
und Moskitoschleier sind im
Sommer zu gebrauchen. Die Gasthäuser
im Innern Japans haben selten
Heizung. Leichtes Schuhzeug in den
Ortschaften, und nur solches, das man
schnell und bequem aus-und anziehen
kann (also nicht zum Schnüren), weil
man bei jedem Besuch eines Hauses
oder Tempels die Schuhe ausziehen
muß, um die japanischen Sitzmatten
nicht schmutzig zu machen. Man
würde einen groben Verstoß begehen
und sich Unannehmlichkeiten aussetzen,
wenn man diese Sitte nicht beachtet.
Die japanischen Strohsandalen
sind empfehlenswert auf glattem Gestein;
doch muß man die dazu passenden
Socken tragen und den Strang mit
Baumwolle bewickeln, der zwischen
die große und zweite Zehe geklemmt
wird. Wer von Reis, Eiern und Fisch
allein nicht leben kann, muß sich ins
Innere Lebensmittel mitnehmen; auch
Wein ist nicht zu bekommen, doch
mäßiges Bier in den meisten Städten.
Currypulver und Soya macht die Reisgerichte
schmackhafter. Wasser sollte
man stets nur abgekocht trinken, besser
aber nur Tee.—In der Ebene
benutze man Rikschas (jap. Jinrikĭsha
oder Kuruma), die Wege sind gut.
[S. 347]
Mit Reit-und Packpferden hat man viel
Schwierigkeiten. Im Gebirge gehe
man zu Fuß und nehme Träger für
das Gepäck. Radfahren ist nur auf
einzelnen Landstraßen zu empfehlen;
für Automobile sind nur wenige Landstraßen
mäßig geeignet. Man sorge
für wenig Gepäck in kleinen Stücken,
mit Ölpapier gegen Regen geschützt
für Bergbesteigungen. Man nehme
einen zuverlässigen, empfohlenen Führer
(s. oben) oder Diener an. Bei
Reisen ins Innere nehme man Insektenpulver,
Kampfer, Seife, reichlich
Lichte und Laterne, Handtücher,
Decken, ein Kopfkissen mit. Man
beachte, daß warme Bäder den Europäern
in Japan besser bekommen als
kalte. Heiße Bäder werden viel und
fast überall genommen. Man sei auch
unterwegs stets mit Visitenkarten versehen;
selbst in kleinen Landstädtchen
wird man gelegentlich Deutsch sprechende
Ärzte, Apotheker und Techniker
finden. Man sei stets höflich
und zuvorkommend und nie ungeduldig;
Heftigkeit macht keinen
Eindruck auf die Japaner. Man verschaffe
sich Empfehlungen an Behörden
und versäume nie, Besuche auch
bei Japanern im Gesellschaftsanzug
zu machen. Frackanzug ist unentbehrlich.
In den japanischen
Häfen und Befestigungen sowie 12 km
im Umkreis außerhalb davon ist das
Photographieren streng verboten; dazu
gehören Nagasaki, Moji, Shimonoseki,
Miyajima, Amanohashidate, Kamakura
und Hakodate etc. (Die Karte der
Welcome Society, Preis 50 sen, gibt
genaue Auskunft.)
Reiseliteratur für Japan: Joseph
Lauterer, Japan, das Land der aufgehenden
Sonne (Leipzig 1907); Franz
Doflein, Ostasienfahrt (Leipzig und
Berlin 1906); Basil Hall Chamberlain,
Things Japanese (London 1898); Murray,
Handbook for Travellers in Japan
(London 1907); A Guide-book for
Tourists in Japan, herausgegeben von
der Welcome Society of Japan (5. Aufl.,
Tōkyō 1910).
17. Von Schanghai nach Nagasaki, durch die Binnenlandsee
nach Kōbe, über Ōsaka, Kyōto nach Yokohama, Tōkyō
und Nikkō.
Vgl. die Karte bei S. 337.
Reichspostdampfer des Nordd. Lloyd
(S. 247) von Schanghai alle 14 Tage
in 1 Tag nach (412 Seem.) Nagasaki
für I. Kl. 77, II. Kl. 48,40, III. Kl.
22 M.; weiter nach (389 Seem.) Kōbe
und (719 Seem.) Yokohama. Außerdem
ein Zweigdampfer der Austral-Japan-Linie
des Nordd. Lloyd monatl.
einmal von Hongkong in 6 Tagen nach
(1600 Seem.) Yokohama, von da nach
1 Tag Aufenthalt in 11/2 Tag nach (346
Seem.) Kōbe, oder umgekehrte Folge.
—Österreich. Lloyd von Schanghai
monatl. einmal in 5-6 Tagen direkt
nach (1031 Seem.) Yokohama, von da
in 11/2 Tag nach (346 Seem.) Kōbe.—
Messageries Maritimes von Schanghai
alle 14 Tage in 3-4 Tagen nach (755
Seem.) Kōbe, von da in 11/2 Tag nach
(346 Seem.) Yokohama.—Peninsular
and Oriental Steam Navig. Co. (Zwischendampfer)
unregelmäßig etwa alle
14 Tage bis 4 Wochen von Hongkong
über Schanghai nach Yokohama.—
Canadian Pacific Railway and Steamship
Line alle 14 Tage von Hongkong über
Schanghai, Nagasaki und Kōbe nach
Yokohama.—Pacific Mail S. S. Co.
und Tōyō Kisen Kaisha gemeinschaftlich
abwechselnd alle 7-10 Tage von
Hongkong über Schanghai, Nagasaki
und Kōbe nach (2002 Seem.) Yokohama.
(Für die Fahrpreise beachte S. 411 u.
423.)—Japanische Dampfer. Nippon
Yūsen Kaisha: monatl. von Hongkong
über Schanghai, Moji, Kōbe nach (1101
Seem.) Yokohama; Ōsaka Shōsen Kaisha
monatlich von Schanghai nach Japan.
Von Schanghai (Ausfahrt S. 266) führt der kürzeste Seeweg mit
ONO.-Kurs quer durch das Ostchinesische Meer (s. unten und S. 246)
zwischen den Inseln l. Torishima und r. Meshima (shima = Insel)
[S. 348]
hindurch nach Nagasaki (S. 349); oder mit östlichem Kurs durch
die Van Diemenstraße zwischen den Inseln Kyūshū und Tanegashima
hindurch, dann nö. bis vor den Kiikanal (Linschotenstraße) und durch
diese nördl. in die Ōsakabucht nach Kōbe (S. 361); oder schließlich
nö. bis zur nördlichsten der Sieben Inseln (Shichi-tō), die Ōshima
oder Miharayama heißt, und dann nördl. durch den Uragakanal
in die Tōkyōbucht nach Yokohama (S. 388).
Das Ostchinesische Meer (Tunghai) erstreckt sich von der Formosastraße
bis zur Koreastraße; seine Nordgrenze gegen das Gelbe
Meer (Hwanghai) liegt zwischen der nördlichen Yangtsemündung
und der Insel Quelpart, seine Ostgrenze nach dem Stillen Ozean hin
(von dem es ein Randmeer ist) bilden die Ryū-kyū-Inseln. Es ist
überall tief und frei von besondern Gefahren für die Schiffahrt, abgesehen
von den Taifunen (S. 220 u. 246). Das Gebiet, in dem diese
entstehen, liegt zwischen den Marshallinseln und den Philippinen
sowie auch zwischen den Bonininseln und den Ryū-kyū-Inseln.
Ziemlich selten beginnen sie aber auch nahe westl. von den Philippinen.
Gegen Anfang und Ende des Jahres halten sie sich mehr im
südl. Gebiet, in der Haupttaifunzeit mehr im mittlern und nördl. Gebiet.
Nördl. von der Linie zwischen der Yangtseinündung, der Van
Diemenstraße und den Bonininseln sind die Bahnrichtungen der Taifune
in der Hauptzeit nördl. bis nö. Regeln zum Erkennen der Bahnrichtung
eines Taifuns sowie zum Manövrieren, um der sehr gefährlichen
Sturmmitte zu entgehen, sind in den deutschen Seehandbüchern
des Reichsmarineamts und der deutschen Seewarte enthalten
(diese Bücher sind an Bord aller deutschen Dampfer). Über Sturmwarnungsdienst
in Ostasien vgl. S. 252 unter Zikawei. In allen
japanischen Häfen besteht ein sehr gut geregelter Wetterbeobachtungs-
und Sturmwarnungsdienst; vorzügliche tägliche Wetterkarten
für die ostasiatischen Gewässer werden vom Meteorologischen Institut
in Tōkyō herausgegeben, auf denen Wetterdepeschen von der
chinesischen Küste, von Formosa und den Philippinen mit verwertet
werden. Das internationale Zusammenwirken zum Schutze der Seefahrenden
ist in Ostasien wesentlich weiter entwickelt als in Europa,
dank der Tätigkeit der Jesuitenväter in Zikawei und Manila sowie
der japanischen, englischen (Hongkong) und der deutschen (Tsingtau)
Regierung.—Die Linie Yangtsemündung-Van Diemenstraße
bezeichnet ungefähr die Nordgrenze des Monsungebiets; man trifft
daher bei der Reise von Schanghai nach japanischen Häfen veränderliche
Winde, und zwar im Winter vorwiegend mäßige bis
frische NW.-Winde, die viel Kälte aus dem Innern Asiens bringen,
im Sommer vorwiegend schwache Südwinde. Die Meeresströmung
ist auf der westl. Hälfte des Weges schwach und veränderlich, auf
der östl. nordöstlich unter dem Einfluß des Kuro-shiwo (Schwarzstrom),
eines warmen Stroms, der am stärksten längs der Süd-und
Ostküste der japanischen Inseln, aber auch vor Nagasaki und im
südl. Teil der Koreastraße fühlbar ist und sich durch blaues Wasser
auszeichnet, während die aus dem Golf von Petschili von November
bis April ausströmende kalte, südl. gerichtete chinesische Küstenströmung
trübes, gelbliches Wasser führt.
[S. 349]
Auf der Dampferfahrt sieht man bei der Annäherung an die japanische
Küste zuerst l. die bergigen Gotoinseln, deren größte und südwestlichste,
Fukae, etwa 460 m hoch ist und an ihrer SW.-Spitze
den Leuchtturm von Ose Saki trägt; nach etwa 3 St. Fahrt kommen
die Berge der Hauptinsel Kyūshū in Sicht, man steuert auf den
Leuchtturm von Iwo Shima zu, der auf einem kahlen Gipfel steht;
die Insel bleibt r., sie zeigt bis 107 m hohe Hügel. Nun führt östl.
Kurs auf die äußere Einfahrt der Förde von Nagasaki zu, zwischen
den Inseln Kamino Shima und Papenberg (Takaboko), beide l., und
Kagenoo, r. hindurch. Auf Naginata Saki, der Nordspitze von
Kagenoo, steht wieder ein Leuchtturm. Etwa 2 km nö. liegt die
eigentliche, nur 550 m breite Einfahrt in die nach NO. etwa 3,5 km
tief einschneidende Hafenbucht von Nagasaki. Das Landschaftsbild
zeigt eine neue Welt: reich gegliederte Küste mit Felsen und
Bergen, deren Abhänge Nadelwälder bedecken; dazwischen verstreut
liegen am Strande Fischerdörfer, einzelne Hütten, auf den Höhen
Tempel und zierliche Landhäuser. Man glaubt auf einem Gebirgssee
zu fahren. Überraschend wirkt bei Sonnenschein die Buntheit
der japanischen Ansiedelungen zwischen dem grünen Gehölz.
Im Hintergrund r. liegt die Stadt in einem Seitentale, zieht sich
aber auch an den Anhöhen hinauf; gegenüber, l., liegen Schiffswerften
und große Trockendocks (Mitsubishi Dock Yards).
Nagasaki.
Vgl. beifolgenden Plan.
Ankunft. Die Dampfer ankern sw.
von der frühern Insel Deshima, etwa
5-10 Min. Bootsfahrt nach der Landungsbrücke
beim Zollamt; Ausschiffung
geschieht meist stündlich auf kleinen
Dampfbooten gratis, sonst jederzeit
mit Sampan (Ruderbooten): 1 Pers.
ohne Gepäck 20 sen, je ein Gepäckstück
5 sen; man landet beim Zollamt.
Die Zolldurchsicht ist streng, man
hüte sich, etwas zu verheimlichen; getragene
Kleider etc sowie gebrauchte
Sportsachen, Fahrräder, Kameras zum
eignen Gebrauch sind zollfrei, auch
wird üblich je eine Kiste Zigarren und
Zigaretten zollfrei durchgelassen, aber
sonst darf Tabak, weil Staatsmonopol,
nicht eingeführt werden; alle Handelssachen
müssen verzollt werden. An
japanischen Festtagen (S. 346) ist das
Zollamt geschlossen.
Gasthöfe: Cliff House, Pens. tägl.
4-6 Yen.—Bellevue, 3-5 Yen.—De
France, 2,50-4 Yen.—Du Japon,
3,50-5 Yen.
Restaurants. Europäisches Essen:
in obigen Gasthöfen.—Japanisches
Essen: Fukiro in Suwa Matsunomori;
—Koyote in Kami Chikugo
Machi;—Fujite in Ima Machi. Als
Getränk zu empfehlen: Sake (Reiswein),
warm; sonst Bier.
Post und Telegraph am Bund (Hafenstraße).
Das japanische Postwesen
ist nach europäischem Muster eingerichtet.
—Telephon 5 sen für 5 Min.
innerhalb der Stadt.
Rikschas (Kuruma): 1 St. mit 1 Kuli
25 sen, jede St. mehr 71/2 sen; 1 Tag
1 Yen; für 2. Kuli doppelter Preis; auf
schlechten Wegen 10 sen mehr stündl.
—Sänften (Kago), unbequem, doch für
Damen bei Bergbesteigungen brauchbar;
Tragstühle (Chairs) etwas bequemer.
—Reitpferde.
Eisenbahn nach (262 km) Moji, an
der Shimonosekistraße, in 7-10 St.,
I. 5,30 Yen, II. 3,18 Yen; hat durch
Fährdampfer nach Shimonoseki Anschluß
an das Bahnnetz von Nippon,
also nach Miyajima, Kōbe, Ōsaka,
Yokohama etc.; nach Kagoshima und
Oita auf Kyūshū.
[S. 350]
Plan von Nagasaki
[S. 351]
Dampfer (vgl. S. 347) nach Schanghai
wöchentl. einigemal;—Ōsaka Shōsen
Kaisha und Nippon Yūsen Kaisha nach
Moji, Kōbe und Yokohama wöchentl.
einigemal; nach Formosa (Kilung)
14tägig; nach Korea (Fusan, Tschimulpo,
Gensan), Dairen (Dalny), Port
Arthur (Ryōjunkō) monatl. 4mal; nach
Tschifu, Taku etwa 14tägig; nach
Niutschwang 2mal wöchentlich; nach
Wladiwostok wöchentlich. Außerdem
kleine Dampfer mit wechselndem
Fahrplan nach den Nachbarhäfen und
Inseln, z. B. nach den Gotōinseln
wöchentl., nach Sasebo tägl.; nach
Kagoshima 2mal wöchentlich etc.—
Dampferagenturen: Norddeutscher
Lloyd: H. Ahrens & Co. Nachf. (Tel.-Adr.:
»Nordlloyd«);—Hamburg-Amerika
Linie: C. E. Boeddinghaus (Tel.-
Adr.: »Paketline«); außerdem mehrere
englische, amerikanische, russische
und japanische Linien.—Abfahrt und
Ankunft aller Dampfer werden in der
»Nagasaki Press« tägl. angezeigt.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank,
—Hongkong-Shanghai-Bank; beide
Korresp. der Berliner Disconto-Gesellschaft
und der Allg. Deutschen Creditanstalt
in Leipzig.—Yokohama Specie
Bank (Shōkin-Ginkō), Korresp. der
Deutschen Bank.
Theater: Maizuru-za, Shin-Daikumachi.
Fremdenführer durch Vermittelung
der Gasthöfe; sie erhalten etwa 21/2
Yen tägl. für 1-2 Pers., 1/2 Yen für
jede Person mehr, dazu Verpflegung
und freie Fahrt. Wer etwas Japanisch
versteht, tut besser, einen Diener (Boy),
der kochen kann, auf Reisen ins Innere
mitzunehmen.
Konsulate: Deutsches Reich, Amt
am Bund, Konsul Dr. Ohrt; ferner
britisches, amerikanisches und russisches
Konsulat.
Vereine: Nagasaki Club, am Bund;
International Club in Deshima.
Ärzte: Ein amerikanischer Arzt.
Von den japanischen haben einige in
Deutschland studiert.—Katholisches
Krankenhaus St. Bernard.
Zeitung: »Nagasaki Press«, täglich.
Photographen: Tamemasa, Moto
Kago-machi; Ueno in Deshima; Tenyōkwan
in Shikkui Machi.
Geschäftsadressen: Hauptgeschäftsstraßen
sind die Moto Kago-machi und
deren Verlängerung bis zur Moto Shikkui
Machi sowie deren Querstraßen
Hamano Machi, wo alle Spezialitäten
Nagasakis käuflich sind: Schildpattwaren
bei Yesaki in Imauwono Machi
und Sakata in Moto Kago-machi u. a.
(man hüte sich vor Nachahmungen aus
Kuhhorn!); Lackrahmen bei Yamamoto
in Moto Kago-machi; Porzellan
bei Koransha in Deshima; japanische
Curios (Raritäten) bei Sato in Moto
Kago-machi und Ikeshima in Togiya
Machi. Es empfiehlt sich aber, mit
Einkäufen bis Kōbe, Kyōto, Yokohama
und Tōkyō zu warten, wo Auswahl
reicher und Preise häufig billiger.
Photographieren ist in Nagasaki
streng verboten! Vgl. S. 347.
Nagasaki (Nangasaki), Hauptstadt der Provinz Hizen und des
Regierungsbezirks (ken) Nagasaki, dem Fremdenverkehr geöffneter
Hafen an der Westküste der Insel Kyūshū, unter 32° 43' nördl. Br.
(etwa wie Jerusalem), am Ende einer langen, schmalen Bucht prächtig
gelegen, einer der tiefsten und sichersten Häfen von Japan, auf
drei Seiten von 300-400 m hohen Hügeln, auf der vierten, westlichen,
durch die Insel Takaboko geschützt, von deren steiler Höhe nach
einer Legende einst viele hundert Christen hinabgestürzt worden
sein sollen, von den Holländern deshalb Papenberg (»Pfaffenberg«)
genannt. Die Stadt hat (1909) 177000 Einw., darunter 300 Europäer
und Amerikaner und 700 Chinesen; die Straßen sind eng, auch im
Chinesenviertel, doch ist das Fremdenviertel an der Küste und auf
den Hügelabhängen geräumig und sauber. Öffentliche Anstalten:
Hospital, medizinische Schule, zwei Handelsschulen, Taubstummen-und
Blindenanstalt, Schiffswerft (drei große Trockendocks der Mitsubishi-Gesellschaft),
Gefängnis, Land-und Oberlandesgericht, mehrere
Missionsgesellschaften. Der Handel tritt jetzt gegen den von Yokohama,
Moji und Kōbe weit zurück. Die Einfuhr besteht hauptsächlich
aus Ölkuchen und Knochen (als Dungmittel), Rohbaumwolle,
[S. 352]
Reis, Maschinen, Schiffbaumaterial und Petroleum (über 8 Mill.
Yen). Die Ausfuhr umfaßt Meereserzeugnisse (ohne Fische) und Pilze
nach China, Kohle und Holzkohle, Kartoffeln und Gemüse sowie
Papier. Der Hafen war zuerst den Portugiesen, seit 1639, und bis
1859 nur den Holländern und Chinesen geöffnet. Die erstern hatten
auf der künstlichen, jetzt infolge Aufschüttungen im Innern der
Stadt liegenden ehemaligen Insel Deshima ihre Warenlager nebst Gefängnis,
während die chinesische Faktorei, von einer Mauer umschlossen,
im Innern der Stadt lag.—Rundfahrt. Von der Landestelle oder
vom Gasthof fahre man mit Rikscha am Bund (Hafenstraße) entlang,
wo europäische Häuser (Konsulate, Geschäftshäuser etc.) stehen, nach
Deshima oder durch die Hauptgeschäftsstraße Moto Kago-machi, entweder
gleich zum Ō-Suwa-Tempel oder, wenn hinreichend Zeit, zunächst
nach der nahen Tera Machi (Tempelstraße), an der eine Reihe
buddhistischer Tempel liegen, dahinter am Hang des Kasagashirabergs
malerische alte Friedhöfe. Der Aufstieg durch die Grabanlagen
bis zum Berggipfel (schönster *Ausblick in Nähe der Stadt) ist außerordentlich
lohnend; er liegt auf dem Weg zum berühmtem, viel
besuchten *Ō-Suwa-Tempel und Park. Dieser Shintōtempel, der
gegenüber Kasagashira über den Terrassenstraßen der Stadt am
Hange des Kompiraberges im Hintergrund des Hafens liegt, wird auf
mächtiger Freitreppe unter prächtigen Torii (Tempeltoren) aus Stein
und Bronze erreicht; man steigt hinauf zum Tempelgarten, der wie
der untere Tempelhain durch sehr alte Kampferbäume und Kiefern
beschattet ist.—Von der ersten Terrasse gelangt man r. zum Matsunomoritempel
(mit berühmten Holzschnitzereien).—Bei weiterm
Aufstieg über die Freitreppe sieht man auf dem Tempelhof vor dem
Ō-Suwa-Tempel ein großes bronzenes Pferd, Weihgeschenk eines
Daimyō, dabei allerhand Kriegstrophäen; die Tempelanlage zeigt
verschiedene Hallen und Nebengebäude, Priesterwohnungen, Opferplätze
etc. Das letzte Tor führt zu einem einfachen Hauptgebäude
nach Art eines Shintötempels; dahinter und l. liegt der Ō-Suwa-Park
mit guter *Aussicht über den Hafen. Unterhalb des Parks
liegt das sehenswerte Handelsmuseum. Tempelfeste, die in Nagasaki
durch feierliche Umzüge besonders prunkvoll begangen werden, sind:
das Suwa no Matsuri oder Kunichi, am 7., 8. und 9. Okt., mit Tänzen
von Kindern und Geishas; das Bon Matsuri, ein Totenfest (Allerseelen)
auf den Kirchhöfen an den Berghängen im August mit charakteristischen
Laternenprozessionen; das Gion Matsuri im Juli. Interessant
ist auch das nicht religiöse Drachenfest im April auf dem
Gipfel des Kompira-yama, zu dem man vom Ō-Suwa-Tempel in
3/4 St. hinaufsteigt; *Rundblick oben noch schöner und umfassender.
Ausflüge: 1) Mit Rikscha (2 Kulis,
2 Yen) in etwa 11/2 St. nach (8 km sö.)
*Mogi (Gasthof Katsutaro, F. 1, Lunch
u. Dinn. je 1,50, Z. 3,50 Yen, und Nagasaki-Hotel),
einem malerischen Fischerdorf
am Golf von Obama. Der Weg
führt über einen Bergsattel (oben Teehaus)
mit schöner Aussicht auf den
Hafen, dann bergab durch ein schönes
Tal. Von Mogi fährt ein kleiner Dampfer
tägl. in 3 St. nach Obama (Hotel
Ikkaku-rō, Pens. 3 Yen; Obama Hotel),
einem hübscheu Fischerort an der Ostküste
des Obamagolfs. Von Obama Besteigung
des Unzen-dake (oder Onsenga-take,
1483 m); zuerst 11/2 St. steil
bergan zu einem Teehaus, dann in
11/2 St. auf ebenerm Wege nach Shinyu-Unzen
(Yumei-u. Shinyu-Hotel, Pens.
3 Yen), einem kleinen Badeort mit
heißen Schwefelquellen, umgeben von
Wald.
[S. 353]
Von da in etwa 4 St. beschwerlicher
Aufstieg auf meist schlechtem
Wege auf einen der drei Gipfel des
Unzen-dake, mit Vorliebe auf den
Fugen-dake. Die Besteigung fordert
2 Tage Zeit: 1. Tag bis Shinyu-Unzen,
2. Tag Aufstieg und zurück nach
Obama.—2) Fahrt nach (9 km) Aba
über den Bergpaß des *Himitoge, etwa
5 km östl. von Nagasaki, mit schöner
Aussicht über den Golf von Obama
(11/2 St. Spaziergang dorthin schon
lohnend). Vom Fischerdorf Aba gelangt
man in 1 St. über Yagami zum
Kwannontempel, mit einem durch seine
Azaleenblüte berühmten Park und
Wasserfall. Ein schöner, aber beschwerlicher
Weg führt in 3 St. nach
Mogi.
————
Eisenbahn Nagasaki-Moji (und
Kagoshima) 262 km in 7 St.—Der
Bahnhof in Nagasaki liegt am innersten
Ende des Hafens. Man fährt
über (5 km) Michinoo (in der Nähe
das Solbad Urakami no Onsen in hübscher
Gegend, wo in Narutaki der
Japanforscher v. Siebold lebte) nach
(29 km) Isahaya am SO.-Zipfel der
Ōmurabucht, dann an deren Ostküste
entlang über (42 km) Ōmura, das früher
Sitz eines Daimyō war und noch
dessen Schloß zeigt, ferner über (77
km) Haiki (von hier Zweigbahn nach
[9 km] Sasebo, wichtigem Kriegshafen
mit Marinewerft), dann (96 km) Arita
(alte Porzellanindustrie mit Verkaufsläden,
deren Erzeugnisse, Arita-yaki,
vom 13 km entfernten Hafen Imari ausgeführt
werden, daher Imari-Porzellan
genannt) nach (104 km) Takeo (Gasthöfe:
Tōkyō-ya; Tōyōkwan; Hill-side Hotel),
Stadt mit heißen Quellen und öffentlichen
Bädern, von schönen Bergen
umgeben. Dann über (123 km) Ushizu
(Zweigbahn zum Kohlenausfuhrhafen
Karatsu [Gasthof Hakataya; tägl.
Dampfer nach Fusan, Korea] mit heißen
Seebädern) nach (132 km) Saga
(Gasthof Matsukawaya), alte Stadt
mit Ahnenschloß des Nabeshimageschlechts
und dem schönen Shimbabapark
mit Mausoleen und Lotosteichen.
—(156 km) Tosu.
Zweigbahn (Kyūshū-Südbahn)
von Tosu über Kumamoto (Gasthof
Togiya; 60000 Einw., Hauptstadt einer
Präfektur; östl. der 1500 m hohe Vulkan
Aso-take mit 20 km langem
Ringwall nach (200 km) Kagoshima
(Gasthöfe: Okabe; Ikebata; europ.
Speisehaus Kakumeikwan), Hauptstadt
eines Ken und der japan. Provinz
Satsuma, an der SW.-Küste der schönen
Bai von Kagoshima gelegen, Sitz
eines Gerichtshofs; Fabriken für weltberühmte
Fayence und Waffen, Baumwollspinnerei
und 63700 Einw. Früher
Residenz des mächtigen Daimyō von
Satsuma, Shimazu, wurde es 1864
durch eine englische Flotte beschossen
und fast ganz zerstört. Die Umgebung
der Stadt bietet schöne Spaziergänge.
Die Umgebung des Kagoshimagolfs
ist ein ganz vulkanisches Gebiet und
als das Nordende des vulkanischen
»Kurilenbogens« zu betrachten. Nö.
des Golfs, von der Bahn durchschnitten,
erhebt sich das Vulkangebirge des
Kirishima-yama (1688 m) mit Kratern,
Solfataren usw.; im Golfe selbst, der
Stadt gegenüber, liegt die aus einem
Vulkan bestehende Insel Sakura (900
m), und am Westausgange des Golfs
der Vulkan Kaimon (920 m). Südl.
der Bucht das sogen. Satsumameer, in
dem eine Anzahl z. T. erst zwischen
1780 und 1800 entstandener Vulkaninseln
liegt. Heiße Quellen nahebei.
Hauptbahn. Von Tosu nordwärts
durch Hügelland nach (171 km)
Futsukaichi, Station für die historisch
berühmte Pilgerstadt *Dazaifu, 2 km
nördl. vom Bahnhof, mit alten Shintō-Tempelanlagen,
Temmangū (sehenswerte
Bronzefiguren), früher Hauptstadt
der Generalstatthalter der Insel
Kyūshū, deren berühmtester, Sugawara-no-Michizane,
hier 903 als exilierter
Kanzler gestorben, noch jetzt
als Gott der Kalligraphie unter dem
Namen Tenjin verehrt wird. (Sein
Bild auf den Zehn-Yen-Scheinen.) Die
Bahn erreicht dann wieder die Küste
bei—(186 km) Hakata (Gasthof Matsushimaya,
mit europ. Essen), Hafenstadt
der alten Stadt Fukuoka mit schönem
alten Schloß und Stadtpark sowie berühmten
Seidenwebereien (für Hakata-ori
und E-ori-komi, Bild-Einweberei),
Takatoriporzellan, Tonfiguren Hakata
ningyō; Medizinschule.
[S. 354]
Im Stadtpark
ein Denkmal zum Andenken an den
6. Shikken von Kamakura, Hōjo Tokimune,
unter dessen Regentschaft 1274
und 1281 die Angriffe des mongolischen
Eroberers Kublai-Chan (japan.
Koppitsu-retsu) abgeschlagen wurden.
Etwa 2 km vom Park liegt der prächtige
Shintōtempel Hakozaki Hachiman-gū;
etwa 5 km weiter ein sehr
alter Tempel, der Göttin Benzaiten geweiht,
an prächtigem Aussichtsplatz;
am Strand unterhalb des Tempels
liegen Bruchstücke einer versteinerten
Kiefer, der Sage nach die Masten
der Dschunke der Kaiserin Jingō, die
hier bei der Rückkehr aus dem siegreichen
Feldzug gegen Korea um 200
n. Chr. Schiffbruch erlitten haben soll.
Auf dem Rückwege besuche man den
buddhistischen Tempel Sōfukuji.—
Nach dem Besuch des Hakozaki Hachimantempels
mit großem steinernen
Torii und schönem Nadelwald kann
man zur Weiterfahrt die Bahnstation
(190 km) Hakozaki benutzen; die Bahn
bietet sehr schöne Blicke aufs Meer
(Genkai Nada) zwischen der Insel
Ikishima und der Shimonosekistraße
und steigt zwischen (218 km) Akama
und (230 km) Ongagawa bis 90 m ü. M.
über einen Bergkamm mit schönen
Aussichten r. und gelangt dann über
(250 km) Kokura, eine lebhafte Geschäftsstadt,
früher Daimyōsitz (Abzweigung
der Kyūshūbahn, fertig bis
Usa, im Bau bis Oita [Gasthof Yaoya],
einem beträchtlichen Handelsplatz und
Seehafen, in dessen Nähe in schöner
Landschaft die heilkräftigen heißen
Bäder von Beppu [Gasthof Hinako]
liegen), nach (262 km) Moji (S. 355).
Von Nagasaki durch die Binnenlandsee nach Kōbe.
Die *Fahrt durch die Binnenlandsee
ist ein Glanzpunkt der Reise
in Japan.—Dampfer, vgl. S. 349.
Fahrzeit der großen Dampfer 28-32
St.; lohnender, aber zeitraubender (bis
zu 6 Tagen) ist die Fahrt mit japanischen
Küstendampfern, die viele Häfen
der Binnenlandsee anlaufen. Fahrpläne
geben die japanischen Zeitungen
in Nagasaki und Kōbe sowie die Agenturen
der Nippon Yūsen Kaisha und
Ōsaka Shōsen Kaisha.
Aus dem Hafen von Nagasaki (S. 349) dampft man zunächst mit
nw. Kurs längs der Küste von Kyūshū an mehreren hohen Klippen
und den Inseln Ikeshima und Hikishima, beide l., vorbei bis zu
der mit Kiefern bestandenen und gut bebauten Insel Matsushima,
die r. bleibt. Nun führt NW.-Kurs zwischen den Inseln Sakitoshima
r. und Ōdateshima l. und nahe r. am Leuchtturm auf der
gefährlichen Klippe Fukuse vorbei auf die Südspitze der großen Insel
Hiradoshima zu, die von den Dampfern meist r. gelassen wird,
trotzdem an ihrer Westküste oft heftiger Seegang steht. Aber die
zwar gut geschützte Hirado- oder Spexstraße zwischen der Ostküste
der Insel Hirado und der Westküste von Kyūshū hat eine sehr enge,
vieler Klippen wegen gefährliche Stelle an ihrem Nordende, die nur
bei hellem Tage und mit sehr erfahrenen Lotsen benutzt werden
kann; die meisten Dampfer ziehen den kleinen Umweg westl. um
Hiradoshima vor. Die Insel Hirado ist wegen ihres blauweißen Porzellans
berühmt und war im 16. u. 17. Jahrh. der Sitz holländischer
und englischer Handelsfaktoreien. Die Stadt Hirado, am Nordende
der Spexstraße, zeigt noch die malerischen Ruinen eines Daimyoschlosses.
An der Westküste der Insel Hirado durchläuft man die
kaum 400 m breite Obreestraße (Ikutsuki no Seto), die die Südspitze
der Insel Ikutsuki vom Kap Tobusaki der Insel Hirado trennt; diese
nur sehr kurze Enge liegt 53 Seem. von Nagasaki. Mit NO.-Kurs
wird das Nordende von Hirado umsteuert, wobei die Inseln Dōshima
und Atsushi no Ōshima l. bleiben. Man gelangt nun in den mit
vielen Inseln besetzten östl. Teil der Koreastraße, den Schauplatz
[S. 355]
der Seeschlacht bei Tsushima am 27. und 28. Mai 1905, in der die
russische Flotte unter Admiral Roshestwenski vom japanischen
Admiral Tōgō nahezu vernichtet wurde; dann dampft das Schiff
durch die Ikistraße zwischen Ikishima l. und Madarashima und
andern Inseln r. längs der NW.-Küste von Kyūshū, allmählich östl.
Kurs aufnehmend; viele Fischerfahrzeuge beleben die See. Im NO.
erhebt sich eine dunkle Bergkette, man sieht weiße Leuchttürme auf
den Inseln Rokuren, Takenoko und Manaita Iwa, das Fahrwasser
zwischen den Inseln wird enger, große Leuchttonnen bezeichnen die
Fahrrinne zwischen Sandbänken; man nähert sich der Meerenge von
Shimonoseki, die zwischen den Inseln Kyūshū und dem Westende
von Nippon oder Hondo die stark befestigte Westeinfahrt zur Binnenlandsee
bildet. Über die entzückende Landschaft dieser Straße
schreibt Hans Meyer: »Allmählich löste sich die scheinbare Landmauer
in einen Haufen von Inseln auf, die sich wie Kulissen hintereinanderschoben
und durch die Aufeinanderfolge von bunten, niedlichen
See-und Küstenbildern, von kleinen lachenden Buchten,
netten Dörfchen und Wäldchen ganz den Eindruck gelungener Theaterdekorationen
machten; eine Miniaturlandschaft, wie sie naiver und
freundlicher nur vorgestellt werden konnte, wenn man sommerliche
Farben aufgetragen dachte. Nach einer weitern halben Stunde erreichten
wir die Einfahrt zur Inlandsee, einen Meereskanal, der völlig
einer bewaldeten Bergpartie der Mosel oder des Neckars gleicht. Und
von nun ab folgte eine Menge unbeschreiblich schöner Landschaftsbilder
so schnell, daß man nur immer zu schauen und wieder zu
schauen hatte und doch nicht müde wurde, denn alles ist wie aus
Einem Guß, nichts ist unverständlich, nichts düster.«—Bald öffnet sich
die Enge zu einer breitern Bucht, der Dampfer ankert mitten zwischen
den Hafenstädten Moji und Shimonoseki, 150 Seem. von Nagasaki.
Moji (Gasthof Ishidaya; man suche lieber das Sanyō-Hotel in
Shimonoseki zu erreichen), rasch aufblühende Hafenstadt am Nordende
der Kyūshū-Eisenbahnen (Nagasaki-Moji, s. S. 353), in der Nähe
große Kohlenlager; Ausfuhr von Kohlen. Die Umgegend ist stark befestigt,
um die Binnenlandsee zu sperren. Von der Reede von Moji
aus beschoß 1864 die Flotte der verbündeten Engländer, Nordamerikaner,
Franzosen und Niederländer das Dorf Dan-no-ura und Fort
Maeda (jetzt englisches Konsulat auf einem Berg) an der Binnenlandsee
bei Shimonoseki als Strafe für die Zerstörung eines amerikanischen
Handelsschiffs und zur Erzwingung von Handelsverträgen.
Shimonoseki (Photographieren verboten!), auch Bakan genannt
(Gasthöfe: Sanyō Railway Hotel, europ., gelobt; Daikichi, Shumpanrō),
am Nordufer der Meerenge, mit starken Küstenbefestigungen.
Deutsches Konsulat, Konsul Dr. W. Müller. Eisenbahnfährdampfer
in 15 Min. nach Moji. Die Umgegend bietet hübsche Waldspaziergänge.
Hier wurde 17. April 1895 der Friede zwischen Japan und
China geschlossen.—Shimonoseki ist westl. Endpunkt der Sanyōeisenbahn,
die auf der Hauptinsel Hondo meist längs der Nordküste
der Binnenlandsee bis Kōbe läuft; Bahnfahrt Shimonoseki-Kōbe
vgl. S. 358.
[S. 356]
Die *Japanische Binnenlandsee (Seto no uchi [d. h. »Zwischen
den Meerengen«] oder Naikai) wird von den Inseln Hondo (Nippon),
Kyūshū und Shikoku umschlossen, steht einerseits durch die Shimonoseki-
(oder Van der Kapellen-) Straße mit der Koreastraße,
anderseits durch die Bungostraße und den Kiikanal (Linschotenstraße)
mit dem Stillen Ozean in Verbindung, ist sehr seicht und
mit vielen, meist vulkanischen Inseln besät. Sie ist wahrscheinlich
durch Einbruch während der Tertiärzeit entstanden. Die Japaner
teilen die Binnensee in fünf offene, durch Inselketten oder Meerengen
voneinander geschiedene Seeflächen, die von W. an heißen: Suwō
Nada, von der Shimonosekistraße östl. bis zur Insel Iwaishima; Iyo
Nada, nö. bis Nakashima; Mishima Nada, nö. bis Oshima; Bingo
Nada, nö. bis Shözushima; Harima Nada, östl. bis Awajishima; östl.
davon liegt als sechste Teilsee der Golf von Osaka, auch Izumi Nada
genannt. Die Inseln der Binnenlandsee sind meist gebirgig und
reich bewaldet, ebene Stellen sind mit Städten, Dörfern, Gehöften,
Tempeln, Daimyōburgen und Reisfeldern besetzt; viele Berghänge
sind urbar gemacht und terrassenförmig bebaut. Unzählige Fischerboote
beleben das Inselmeer, oft zu ganzen Flottillen vereint, die
den Dampfern die Durchfahrt erschweren; Dschunken treiben lebhafte
Küstenfahrt.—Der Dampfer steuert aus der Shimonosekistraße
mit SO.-Kurs in die Suwō Nada, wobei man r. die bis 1600 m
hohen Gebirge der NO.-Küste von Kyūshū erblickt. Etwa 13 Seem.
von Shimonoseki, d. h. etwa nach 1 St., wird der Kurs osö., man
läßt Himeshima r. und hält auf Yashima zu. Von der Südspitze
dieser Insel (63 Seem. von Shimonoseki) wird der Kurs onö., man gelangt
in die Īyo Nada, hat l. viele malerische Inseln in nächster Nähe
und erreicht bald (92 Seem. von Shimonoseki) den Ankerplatz von
Mitsugahama, auch Mitsu genannt (Gasthof Kubota, Pens. 5 Yen;
Eisenbahn stündl. nach Matsuyama in 1/2 St., Dampfer nach Beppu
[S. 354], Oita, Hiroshima [S. 359], Ōsaka etc.), auf der Insel Shikoku,
Hafenplatz für die Antimonausfuhr aus dem nahen Bergwerk von
Ichi-no-kawa, während die Kupferausfuhr aus dem alten Bergwerk
von Besshi, das jährlich etwa 5000 Tonnen liefert, meist über den
kleinen Hafen Niihama geht, der etwa 28 Seem. östl. von Mitsugahama
liegt. Nahe östl. von Mitsu liegt der geschütztere Hafen Takahama
(Gasthof Yūshinsha), Endpunkt der Iyobahn. Man fahre
mit der kleinen Bahn nach
(5 km) Matsuyama (Gasthöfe: Kidoya, 30 Z. 1, F. 0,50, Lunch 1,
Din. 1,50 Yen; Shioya), stille, alte Hauptstadt der Provinz Īyo der
Insel Shikoku, sehr sauber, 37842 Einw. Mitten in der Stadt erhebt
sich eine alte *Daimyōburg, 1603 von dem Geschlecht der Hisamatsu
erbaut und vorzüglich erhalten; Erlaubnis zum Besuch vorher bei
der Präfektur (Kenchō) einholen! Der nur zum Reiten oder Sänfteträgen
bestimmte Weg führt steil auf den mit prächtigen Kiefern bewachsenen
Burgberg; auf halber Höhe liegt ein schöner Tempel, von
dessen Haupteingang eine Prachttreppe zur Stadt hinabführt. Auf
dem Berggipfel steht man plötzlich vor einer etwa 15 m hohen schrägen
Zyklopenmauer, um die man herumgeht, um den Eingang, etwa
fünf im Zickzack hintereinander gelegene Tore, zu finden; hinter
[S. 357]
jedem Tor ein Vorhof, umschlossen von hohen Mauern. Dann erst
gelangt man in den Hofraum der Burg, der in der Höhe der Krone
der Umfassungsmauern liegt; im Hofe liegen die Wohngebäude der
Samurai, der Vasallen des Daimyō, inmitten von Obstpflanzungen,
Gärten und Feldern. An der Südecke erhebt sich auf einer zweiten,
gleichhohen Zyklopenmauer der Prachtbau des Daimyōschlosses in
mehreren Stockwerken, mit turmartigen Ecken verziert. Prachtvolle
*Aussicht vom Schloß auf die Binnenlandsee und die Gebirge
von Shikoku.
2 km östl. von Matsuyama liegt das älteste japanische Mineralbad
Dōgo (gute Gasthöfe: Funaya; Chakin) mit hübschem Park und
öffentlichen Bädern; man benutze nur das schwächste Mineralbad
Ichi-no-yu für Gesunde (die andern sind für Hautkranke). In Dōgo
kauft man das hübsche weiße Fayence Tobeyaki.
Von Mitsugahama durch die Meerenge östl. von der Insel Gogo
Shima, während der Hauptdampferweg zwischen Shimonoseki und
Kōbe durch die Tsuru Shima Seto, eine Enge zwischen Gogo Shima
r. und den Insebi Naka, Musuki und Nokotsuna (l.) hindurch in
die Mishima Nada führt. Mit nö. Kurs an der Nordwestküste von
Shikoku entlang bis Mitarai, einem engen, landschaftlich schönen
Schutzhafen zwischen den Inseln Ōsakishima oder Mitarai und Okamura.
Von hier mit SO.-Kurs bis zum Kap Ōsumi Bana; dann gelangt
man mit sö. und südl. Kurs durch die mit vielen Inseln besetzte
Enge Kurushima no Seto in die Bingo Nada, an deren Westende
auf Shikoku die Hafenstadt Imabaru oder Imabari (Gasthof
Asahiya) mit altem Schloß (1602 vom Daimyō Tōdō Takatora erbaut)
sehr malerisch liegt. Nun führt onö. Kurs zwischen den Inseln Takaikami
(l.) und Oki Shima (r.) hindurch und in das dichte Inselgewirr
hinein, das am Ostende der Bingo Nada die Fahrt landschaftlich reizvoll,
aber nautisch schwierig macht; man fährt dabei dicht unter
der Südküste der Insel Hiro Shima (nicht zu verwechseln mit der
Stadt Hiroshima, S. 359) entlang. Hier liegt an der Nordküste von
Shikoku r. vom Dampferkurs
Tadotsu (Gasthof Hanabishi; Dampfer tägl. in 21/2 St. zur Bahnstation
Onomichi, S. 360), lebhafte Hafenstadt; in einigen Stunden
erreicht man von hier mit Rikscha Byōbu-ga-Ura, den vermutlichen
Geburtsort des berühmten Buddhapriesters Kōbō Daishi (*Aussicht).
—Die Eisenbahn führt von Tadotsu nach (13 km) Kotohira
oder Kompira (gute Gasthöfe: Toraya; Bizenya Hotel, 12 Z., Pens.
3 Yen), Pilgerstadt mit dem berühmtesten Heiligenschrein von Shikoku
und der Goldenen Halle (Kondō), von Kōbō Daishi im 9. Jahrh.
gegründet, jetzt aber zum Shintōtempel mit dem Namen Asahi no
Yashiro (»Schrein der aufgehenden Sonne«) umgetauft, eine großartige
Tempelanlage mit vielerlei Sehenswürdigkeiten, das Ziel vieler
Wallfahrten. Tempelfeste sind am 8.-10. Sept. (Shiogawa Matsuri)
und am 10. und 11. Okt. (Hauptfest, sehr sehenswert), außerdem
kleinere am 10. jeden Monats.—Eine zweite Bahnlinie führt von
Tadotsu über (5 km) Marugame (Gasthof Tamagawa-rō), Stadt mit
Daimyōburgruine nahe dem Bahnhof und kleinem Seehafen, nach
[S. 358]
(32 km) Takamatsu (Takamatsu Hotel; Dampfer nach vielen
Plätzen der Binnenlandsee), Hafenstadt und Hauptstadt der Provinz
Sanuki, mit 37430 Einw., Daimyōburgruine am Strand; in der
südl. Vorstadt der schöne Landschaftsgarten *Kuri-bayashi Kōen mit
phantastischen Kiefern. Lohnender Ausflug auf den *Yashimayama
(etwa 4 km) an der Ostseite des Hafens, ein Vorgebirge, wo im 12.
Jahrh. eine große Seeschlacht zwischen den Anhängern der Minamoto
und Taira geschlagen wurde; eine Dampferfahrt in 1 St. nach
der idyllischen Bucht Uchi no Umi auf der Insel Shōzu-(Shōdo-)Shima
ist sehr empfehlenswert.
Der Hauptdampferweg führt um die Südküste der Insel Shōzu-Shima
herum in die Harima Nada und durch diese mit nö. Kurs durch
die Meerenge Akashi no Seto am Nordende der Insel Awaji Shima in
den schönen Golf von Ōsaka (Idzumi Nada) und dort längs der Küste
von Hondo zur Reede von Kōbe (S. 361), 234 Seem. von Shimonoseki.
Eisenbahn von Shimonoseki nach Kōbe.
Eisenbahn. Die Sanyōbahn läßt von
Shimonoseki nach Kōbe tägl. einen
Schnellzug laufen; er legt die Strecke
von 350 km in 141/2 St. zurück; die
Durchgangswagen haben elektrisches
Licht und Dampfheizung; Speisewagen
in den Schnellzügen, Schlafwagen in
den Nachtzügen. In jedem Wagen ist
ein »Boy« zur Bedienung der Reisenden.
—Die Reisenden I. und II. Kl.
der Dampfer der Nippon Yūsen Kaisha
können diese Bahn ohne Mehrkosten
benutzen, wenn sie vorher eine
Austauschfahrkarte (interchangeable
ticket) lösen. Dasselbe Vorrecht genießen
die Reisenden der Great Northern
S. S. Co. und Tōyō Kisen Kaisha
zwischen Kōbe u. Nagasaki. Man
gebe das Gepäck auf für die Sannomiyastation
in Kōbe und beachte, ob
man richtig verstanden ist!
Die Bahn folgt dem altberühmten
Tokkaido, der »alten Heerstraße«, durch
das Hügelland des südl. Küstengebiets
von Chiogoku, wie die westl. Halbinsel
von Hondo heißt. In Chiogoku, das
Mittelgebirgscharakter hat, fehlen
jungvulkanische Gesteine fast ganz.
Der Schnellzug (r. sitzen!) verläßt Shimonoseki (S. 355) in nö.
Richtung, gegenüber Dan-no-ura, dem Orte der größten Seeschlacht
in den japanischen Geschlechterkämpfen 1185, wo Yoshitsune die
bisher allmächtigen Taira besiegte. Dann folgt (14 km) Chōfu oder
Toyoura (Gasthof Shin-ichi), Grabstätte des Mikado Chū-ai Tennō,
gest. 201, dessen Frau Jingō Kōgō, die japanische Semiramis, nach
seinem Tode Korea erobert haben soll.—(69 km) Ogōri; von hier
erreicht man mit elektr. Bahn in 11/2 St. (11 km) Yamaguchi (Gasthof
Fujimara) mit Daimyō Mōri-Schloß und den heißen Quellen von
Yuda, Mittelpunkt des japanischen Christentums gegen Ende des
16. Jahrh. Auf dem Hügel Kameyama ein Park mit Reiterstatuen
der Familie Mōri.—Dann (87 km) Mitajiri (guter Gasthof Kashiwagi
am Bahnhof), ein hübscher Hafenort, in dessen Nähe, in
Miyaichi (Gasthof Fujimura, mit Rikscha zu erreichen), der Matsu-zaki-jinja,
ein berühmter Schrein des Gottes Tenjin auf malerischem
Hügel mit *Aussicht, liegt.—Die Bahn folgt nun der Küste, führt
über (114 km) Tokuyama (Gasthof Matsumasa) mit Brikettfabrik für
die japanische Marine, zu dem malerischen Hafen (150 km) Yanaitsu,
dann immer dicht am Strande, zum Teil auf einem Damm und
über den Nishikigawa nach (183 km) Iwakuni (Gasthof Komehei),
[S. 359]
lebhafter Gewerbestadt mit schönem Park und Tempel, berühmt
wegen der 230 m langen und 24 m hohen seltsamen Bogenbrücke
Kintaikyō, zuerst 1673 vom Daimyō Kikkawa Motonobu erbaut und
stets in alter Form erneuert.
(203 km) *Miyajima (Mikado Hotel, europäisch, Pens. etwa 8 Yen;
Momiji Hotel; Gasthof Iwaso; auf der Insel, mit Sampan in 20 Min.,
mit Dampfboot in 10 Min. zu erreichen), eine heilige Insel dicht
am Strand, auch Itsukushima (d. h. heilige Insel) genannt, gehört
zu den Sankei (den drei Hauptsehenswürdigkeiten Japans). Von
Kōbe kann man auch mit Dampfer der Osaka-Shimonoseki-Linie
der Osaka Shōsen Kaisha in etwa 22 St. für I. Kl. 5,30, II. 3,15 Yen
(jede europäische Mahlzeit 1 Yen extra) die Fahrt hierher machen,
die infolge Anlaufens von elf kleinen Zwischenplätzen (darunter
Takamatsu, Onomichi und Kure) sehr lohnend ist.
Miyajima ist etwa 550 m hoch,
felsig und dicht bewaldet, mit prächtigen
Aussichtspunkten und malerischen
Tälern; viel zahme Hirsche;
Teehäuser und Fischerdörfer; früher
durfte niemand auf der Insel geboren
werden oder sterben. Jetzt beliebte
Sommerfrische mit Seebad und Wallfahrtsplatz.
Die *Tempel der Insel
sind meist den drei Töchtern des
(schintoistischen) Meergottes Susanoo
geweiht, weshalb die Torii (Tempeltore)
und auch die Tempelanlagen
vielfach im Meere stehen. Der erste
Tempel wurde im 6. Jahrh. erbaut.
Die Tempel sind sehr sehenswert,
enthalten groteske Schnitzereien und
alte Bilder. Interessant ist das Anzünden
aller Opferlaternen gegen
Abend (man bestelle es bei einem
Bonzen für etwa 2-4 Yen). Die große
Tempelhalle Senjōjiki auf einer Anhöhe
l.vom Haupttempel soll Hideyoshi
aus einem einzigen Kampferbaum erbaut
haben; sie diente seinem Kriegsrat
vor dem großen Seezug gegen
Korea am Ende des 16. Jahrh. In
einem Tempel auf einem Berggipfel
wird das von Kōbō Daishi (S. 357) angezündete
heilige Feuer gehütet.
Die Bahn fährt von Miyajima weiter längs der Küste;
(225 km) Hiroshima (Gasthöfe: Kikkawa; Mizoguchi, in beiden
europäisches Essen), Hauptstadt der Provinz Hiroshima, mit 121196
Einw., eine sehr lebhafte Gewerbestadt (für Lack, Bronze und andres
Kunsthandwerk) an der Mündung des Ōtagawa sehr malerisch gelegen;
Eisenbahn nach dem (5 km) Hafenort Ujina (Gasthof Naganuma;
Dampfer 3mal tägl. nach Takahama, S. 356). Rundfahrt
durch die Stadt mit Rikscha zunächst zum Landschaftspark *Sentei
des Asanogeschlechts, in dessen Nähe ein fünfstöckiger Wartturm
(tenshu) fast der einzige Rest des alten Daimyōschlosses ist (Zutritt
verboten); neben dem alten Schloß liegt der Stadtpark Kōen mit
der Tempelanlage Nigi-tsu-Jinja. Überall sieht man das Wappen
der Asano, zwei gekreuzte Falkenfedern, nach dem auch der Hügel
Futabayama (oben schöne *Aussicht und kleine Teehäuser) hinter
dem Tempel benannt ist.—Ausflug mit Dampfer nach Kure (Gasthof
Miyoshi), etwa 8 Seem. ssö. von Ujina, einer wichtigen Marinestation
und Kriegswerft (Erlaubnis zur Besichtigung nur durch den
Marineminister zu erwirken); auf der kleinen Insel Etajima die
kaiserliche Marineschule.
Hinter Hiroshima verläßt die Bahn die Küste und läuft durch
gebirgiges Land über (250 km) Hachi-kon-matsu und (274 km) Kōchi,
erreicht dann die Küste wieder bei (296 km) Mihara (Gasthof Go-un-rō),
[S. 360]
Stadt mit Daimyōburgruine, und läuft längs der Meerenge,
die die vorgelagerte Insel Mukōjima bildet, nach—(307 km) Onomichi
(Gasthof Hamakichi; Dampfer nach Tadotsu tägl. in 3 St.),
lebhaftem Hafenplatz mit schönen alten Tempeln, deren schönste
Senkōji und *Saikokuji (auf dem Gipfel eines steilen Hügels, auf den
eine schier endlose Treppe führt; oben *Aussicht).—Dann verläßt
die Bahn kurze Zeit die Küste und erreicht—(328 km) Fukuyama
(Gasthöfe: Kurisada; Yoshino-Kadan, am Bahnhof, 7 Z., Pens.
3 Yen), Hauptstadt der Provinz Bingo mit *Daimyōburg (Besichtigung
erlaubt); etwa 10 km südl. liegt der malerische Hafen Tomo (Gasthof
Marutsune), geeignet zu Bootsausflügen nach Abuto (Tempel der
Kwannon) und nach den Inseln Benten-jima und Sensuitō (Seebad),
gegenüber vom Kwannon-Tempel, 4,5 km westl. von Tomo.—
Weiterhin berührt die Bahn die Küste nur bei (343 km) Kasaoka
und erreicht dann—(386 km) Okayama (Gasthöfe: Miyoshi-Kadan,
nahe beim Bahnhof; Jiyūsha; Zweigbahn nach Tsuyama), Hauptstadt
der Provinz Bizen, mit 81025 Einw.; neben dem alten, jetzt
als Schule benutzten Daimyōschloß (die »Rabenburg«) der weitberühmte
Garten *Kōraku-en, eine echt altjapanische Anlage mit
Hügeln, Seen, zahmen Kranichen, Brücken und Pavillons; Gymnasium
(Kōtōgakkō), Medizinschule und das größte Waisenhaus Japans.
Ausflug von Samban, dem Hafenort
für Okayama (3 km südl.), mit Dampfer
in 11/2 St., dazu 1/2 St. Bootsfahrt
nach der großen Insel Shōdoshima,
wo man einen Tag zubringt, um mit
Rikscha und zu Fuß einige der 88
heiligen Plätze der Insel, z. B. die
Felsen von Kankake, den Wasserfall
Nishi no taki, die Höhle der Göttin
Beuten in Gōtō, zu besuchen. Auskunft
und Führer besorgt die Agentur
der Dampfer (funa-donya) an der Landungsbrücke.
Gelegenheit zum Übernachten
in den Hauptorten Tonoshō
und Fuchizaki.—Über Uchi no Umi
vgl. S. 358.
Hinter Okayama bleibt die Bahn der Küste fern und führt über
unbedeutende Plätze durch bergige Landschaft nach—(475 km)
Himeji (Gasthof Akamatsu; europ. Speisehaus: Daishika; Toyo,
Bierhalle; Zweigbahn nach Ikuno, mit Silberminen, und nach den
heißen Quellen von Kinosaki, auch Yushima genannt [Gasthof
Ōmeikan], schöne Sommerfrische), Hauptstadt der Provinz Harima
mit 36509 Einw. und lebhaftem Handel; sehenswerte *Daimyōburg
Rojō, vorzüglich erhalten, fünfstöckig, oben *Aussicht (Erlaubnis
zum Besuch beim Kenchō, Präfektur, in Himeji oder Kōbe vorher
einholen), gegründet 1339 von Akamatsu Sadanori, geschichtlich berühmt,
jetzt Kaserne einer Division.—Hinter Himeji ist bei (483 km)
Sone (Amida) Gelegenheit zu Ausflügen mit Rikscha nach den
Stranddörfern Sone und Takasago (Gasthof Shikataya); in der Nähe
die sehr alten, heiligen Kiefern Ai-oi no Matsu (die »zusammenwachsenden
Kiefern«, als Symbole der Langlebigkeit und der ehelichen
Treue in der japanischen Poesie oft genannt) und andre in
Literatur oder Geschichte berühmte Örtlichkeiten (z. B. das Tal
Ichi-no-tani, wo 1184 große Schlacht zwischen den Minamoto und
Taira) sowie ein Tenjintempel; man erreicht nach kurzer Rundfahrt
die Bahn wieder bei (491 km) Kakogawa. Nun nähert sich die Bahn
der Küste und erreicht sie bei (511 km) Akashi (Gasthof Yebisuya;
europ. Speisehaus: Jiyūtei-Restaurant), mit hübschem Shintōtempel
[S. 361]
zu Ehren des alten Dichters Hitomaro und großer Daimyōburgruine,
auch Nullmeridian für die japanische Zeit.—Dann folgen
die hübschen Seebäder (515 km) Maiko (Gasthof Manki-rō); (520 km)
Shioya (Oriental's Seaside Villa) und (523 km) Suma (Gasthof Hoyōin),
wo viele Europäer aus Kōbe Sommerwohnung haben.—Nun folgen
die Vorstadt (525 km) Takatori, dann (528 km) Hyōgo und Kōbe-Hauptbahnhof
und schließlich (530 km) Bahnhof Sannomiya von Kōbe.
Kōbe-Hyōgo.
Vgl. beifolgenden Plan.
Ankunft zur See. Von Shimonoseki
durch die Binnenlandsee kommend,
vgl. S. 356; von Schanghai außen herum
vgl. S. 347. In die Linschotenstraße
steuert man mit südlichem Kurs hinein,
wobei das hohe Kap Murotosaki
und die bergige Landspitze Hi no Misaki
(mit Leuchtturm) die besten Landmarken
sind. Weiter innen erkennt
man bald die scharfen Gipfel von
Numashima, Tomagashima und die
Kuppe des Takayama, des höchsten
Berges im südlichen Teile der Insel
Awaji. Durch die mit zwei Inseln
besetzte Izumistraße (Tomagashima
suido) steuert man dann in die Izumi
Nada (den Golf von Ōsaka) ein und
ankert nach kaum 2 St. auf der schönen
malerischen Reede von Kōbe, hinter
deren flachen Küste sich die bis 914 m
hohen Berge erheben. Ausschiffung
mit Dampfbooten der Schiffsagenturen
oder Hotels 1-2stündl. frei oder mit
Sampan, etwa 20-50 sen für eine Person
je nach Entfernung (Tarif auf Tafel
der Landungsbrücke). Zolldurchsicht
(S. 349) für Schiffsreisende, die aus
dem Auslande kommen, im Zollamt
der East Hatoba (östl. Bootshafen)
beim Fremdenviertel.
Gasthöfe: Tor Hotel (deutscher Leiter),
Prachtbau I. Ranges, auf dem
Hügel schön gelegen, Garten, Pens.
von 8 Yen an; sehr zu empfehlen,
Auto zur Stadt frei. — Oriental, Kyō-Machi
80 (Neubau am Bund), Pens.
von 8 Yen an. — Mikado, in der Nähe
des Kōbe-Bahnhofs, 15 Min. Rikschafahrt
von der Fremdenniederlassung,
II. Ranges; ebenso Pleasanton, California
u. a. — Restaurants: Grill Room
im Oriental Hotel sowie bei Sannomiya
und Kōbe-Station; japanisch:
Nishimura, Gotō. — Tokiwa-Kadan,
beim Kōbe-Bahnhof, oder Nishi-Tokiwa,
beim Suwayama, Teehäuser
für japanische Gastmahlzeit mit Tanz
(vorauszubestellen, teuer).
Post (Sannomiya Postoffice) in der
Fremdenniederlassung Nr. 33. — Telegraph
neben der Sannomiya-Bahnstation
(s. oben). — Rikschas 1 St. 25 sen
mit 1 Kuli, 50 sen mit 2 Kulis; jede
Stunde mehr 20 sen, für 2 Kulis doppelt;
1/2 Tag 1 Yen, 1 Tag 1,50 Yen;
bei Dunkelheit 20 Proz., bei Regenwetter
30 Proz. mehr; innerhalb der
Stadt kleinere Taxe, für die man
an den Bahnhofsausgängen Tickets
lösen kann.
Wagen (Mikado Hotel): Einspänner
1/2 Tag 3 Yen, 1 Tag 5 Yen; Zweispänner
(3-4 Pers.) 1/2 Tag 5 Yen, 1 Tag 9 Yen.
Elektrische Stadtbahn vom Bahnhof
Hyōgo nach Kōbe am Settlement
vorbei; vom Hyōgo-Bahnhof nach
Suma, alle 5-10 Min.
Eisenbahnen: Hauptbahnhof am
Südende der Stadt, nahe bei Hyōgo;
für die Fremdenniederlassung ist der
Bahnhof Sannomiya am nächsten, weshalb
man Fahrkarte stets nach dieser
Station lösen soll. Von Kōbe fährt
die Sanyōbahn nach Shimonoseki (S.
355), die Tōkaidōstaatsbahn nach
Tōkyō (S. 393).
Dampfer: Reichspostdampfer des
Norddeutschen Lloyd (Agentur H.
Ahrens & Co. Nachf., Bund Nr. 10,
Tel.-Adresse »Nordlloyd«), 14tägig mit
Dampfer der Europa-Linie über Nagasaki
oder Tsingtau nach Europa sowie
nach Yokohama; mit Dampfer der
Austral-Japan-Linie jede 4. Woche
nach Australien über Hongkong, Manila
und Neuguinea, oder nach Yokohama.
— Hamburg-Amerika Linie
(Agentur C. Illies & Co.). — Österreichischer
Lloyd (Agentur Samuel, Samuel
& Co.), monatl. nach Schanghai. — Messageries
Maritimes (Agentur G. Abily,
Mayemachi Nr. 8), 14tägig nach Yokohama
und Europa über Schanghai.
[S. 362]
—Peninsular & Oriental Co. (Itomachi
Nr. 109).—Nippon Yūsen Kaisha
(Agentur gegenüber American Hatoba),
14tägig nach Hongkong, zweimal wöchentlich
nach Schanghai und Yokohama.
—Canadian Pacific R. & O. St. S.
(Agentur Mayemachi Nr. 14), 1-2mal
monatl. nach Vancouver bzw. nach
Schanghai und Hongkong über Nagasaki.
—Pacific Mail und Tōyō Kisen
Kaisha (Agentur Kyōmachi Nr. 83 u.
81), abwechselnd etwa 3mal monatl.
nach Yokohama, Honolulu, San Francisco,
Nagasaki, Schanghai, Hongkong
und Manila.—Nippon Yūsen Kaisha
fährt an der Küste; auch nach Europa,
Australien und Seattle (Vereinigte
Staaten).—Ōsaka Shōsen Kaisha im
japanischen Binnenmeer und nach
Formosa und Dalny (Port Arthur).—
Agentur der Russischen Freiwilligen
Flotte: Samuel, Samuel & Co.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank,
Kyōmachi 25.—Yokohama Specie
Bank, Sakaye Machi 8.—Chartered
Bank of India, Australia & China, alle
drei Korr. der Deutschen Bank.—
Hongkong & Shanghai Bank, Bund 2,
Korr. der Allgem. Deutschen Creditanstalt
in Leipzig. Alle vier Korr. der
Berliner Disconto-Gesellschaft.
Theater: Daikokuza.—Bentenza
in Hyōgo auf dem Minatogawa; ebenda
Kinematographen und Vergnügungsplätze.
Fremdenführer: Oriental Guides
Society, 163 Kitanagasa Nichōme.
(Führer tägl. 4 Yen für 1-3 Pers.,
1 Yen für jede Person mehr); Kōbe
Kaiyūsha, 4 Sannomiya-chō, Nichōme,
Preis ebenso.
Deutsches Konsulat: Higashi Machi
Nr. 115; Konsul Thiel.—Deutscher
Klub Concordia (gutes Lesezimmer),
am Ostende der Fremdenniederlassung
(Settlement);—Kōbe Club (international),
ebenso. Tennis, Cricket, Rowing
und Athletic Club. Cricket-u. Tennisplatz.
—Deutscher Arzt: Dr. Quosig,
Ahashi Machi Nr. 39 in Kōbe; internationales
Krankenhaus.—Deutsche
Apotheke, Harimamachi Nr. 7 im Kōbe
Building.
Polizei am Nordende der Fremdenniederlassung;
Hafenpolizei an der
American Hatoba.
Buchhandlungen: Thompson & Co.,
Division Street 3 (für Kelly & Walsh,
Schanghai): für deutsche Bücher: Kawase,
Motomachi.—Zeitungen (in englischer
Sprache): Japan Chronicle;
Kōbe Herald.—Photographen: Ichida
(für Porträte), Motomachi, 2 chōme.—
Tamamura (für Landschaften, Volksszenen),
Uramachi, Nordende der
Fremdenniederlassung.
Geschäftsadressen. Japan. Kunstsachen:
Harishin;—Hamada, beide
Motomachi, 2 chōme.—Silbersachen:
Nambu und Chodaisha, Motomachi,
2 chōme.—Porzellan: Shintō Kaisha,
Motomachi, 2 chōme; Taniguchi u. a.,
ebendaselbst.—Bambusarbeiten: Iwamoto,
nahe beim Nankotempel.—Seide:
Matsumoto, Motomachi, 3 chōme.—
Lackwaren: Nakamura (roter Loochoo-Lack), Motomachi.
Spediteur: J. A. Christensen & Co.,
Nakamachi 38, gegenüber der Post.
Kōbe, erster Einfuhrhafen Japans und Hauptstadt des Hyōgo-Ken
(Präfektur) in der Provinz Settsu, an der Südküste der Hauptinsel
(Hondo), 36 km westl. von Ōsaka, mit dem es durch Eisenbahn
sowie durch elektrische Bahn verbunden ist, bildet mit dem
westlicher gelegenen Hyōgo eine Doppelstadt von 387915 Einw.
Kōbe ist eine neue Stadt mit tiefem, in großartigem Ausbau begriffenem
Hafen, an dem entlang das Fremdenviertel (Settlement) mit seinen
Geschäftshäusern und Villen und 3328 (davon etwa 250 Deutsche
und 2000 Asiaten) eingewanderten Fremden sich ausbreitet, die nahen
Hügellehnen hinansteigend. Hyōgo, die ältere Stadt, mit rein japanischem
Charakter, ist ein sehr alter Seehafen, der schon im 12. Jahrh.
blühte. 1868 dem Fremdenhandel eröffnet, hat es seitdem großen Aufschwung
genommen, ist Sitz vieler Handelsgesellschaften (122 europäische
und amerikanische Firmen, 4 europäische Banken), hat viele
Reisschälmühlen, eine große Baumwollspinnerei, viele Zündhölzerfabriken
und andre Fabriken.
[S. 363]
Plan von Kōbe-Hyōgo.
[S. 364]
Die Mitsu Bishi Co. besitzt zwei große
Docks in Wada bei Hyōgo, die Kawasaki Co. Docks und Schiffsbauanstalt
in Kōbe. Die Einfuhr umfaßt Rohbaumwolle, Musselin,
Eisenwaren, Maschinen, Petroleum, Zucker, die Ausfuhr Reis, Tee,
Baumwollengarn, Seide, Fische, Kampfer, Zündhölzer, Porzellanwaren,
Schirme. Die Stadt ist sehr gesund für Europäer, die Umgebung
sehr reizvoll. Die deutsche Einfuhr betrug 1910 rund 50 Mill.
Mk.—Rundfahrt. Von Kōbe zunächst durch das Fremdenviertel
und über den Bund zum *Ikutatempel, oberhalb des Bahnhofs
Sannomiya zwischen Kampferbäumen und Kryptomerien versteckt,
erbaut im 3. Jahrh. von der Kaiserin Jingō Kōgō nach ihrem Sieg
über Korea; von da nach den Wasserfällen Nunobiki (s. unten) und
zurück zum Fremdenviertel, dann nach W. durch die Hauptgeschäftsstraße
Motomachi nach dem Hauptbahnhof Kōbe zu. Wenig sehenswert
ist der Nanko-(Minatogawa-) Tempel nördl. vom Hauptbahnhof,
in dessen Nähe ein Aquarium und ein Basar liegen.—Dann
fahre man über eine der Brücken nach Hyōgō zum *Nōfukujitempel,
berühmt durch den großen Bronzebuddha, japan. Daibutsu, eine riesige
Bronzefigur von 16 m Höhe und 26 m Leibumfang (1891 vom Papierfabrikanten
Nanjo Shōbei gestiftet); im Innern des 2,5 m langen
Gesichts, durch Treppen zugänglich, ein Altar für den Lichtgott
Amida; wie im großen Tempel, hängen auch im Innern des Daibutsu
viele Metallspiegel, Weihgeschenke frommer Stifter.—In der Nähe
der Shinkōjitempel mit künstlerischer Bronzefigur des Amida vor
einem Lotosteich. Gegenüber ein Denkmal des Kiyomori aus dem
Tairageschlecht, des einst allmächtigen Premierministers (gest. 1181).
—In der Nähe liegt der Seifukujitempel, und 10 Min. südl. die
Landzunge Wada no Misaki, mit schönem Blick aufs Meer.—Auf
der Rückfahrt besichtige man den Shintōtempel Wada no Myōjin.—
Auch ein Handelsmuseum (Shōhin Chinretsujo) ist in Kōbe neben
dem Sannomiyatempel.
Ausflüge: Vom Fremdenviertel
nördl. auf der breiten Takemichistraße
in 20 Min. zu den beiden hübschen
Wasserfällen von Nunobiki, der untere
Men-daki (weiblicher Wasserfall), der
obere On-daki (männlicher Wasserfall)
genannt, beide mit Teehäusern; weiter
durch ein Tor in 10 Min. zu einem schönen
Stausee. Auch auf dem Hügel
Suwayama, 8 Min. westl. vom Tor Hotel,
liegt ein Teehaus mit *Aussicht.—
300 m östl. vom obern Fall auf schmalem
Bergpfad (schwer zu finden!) oder
20 Min. weiter östl. hinter dem Friedhof
Kasugano auf breitem Weg weitergehend,
gelangt man in etwa 2 St. zum
höchsten Gipfel bei Kōbe, den *Mayasan
(750 m), auf dem ein Tempel der
Maya (Buddhas Mutter), irrtümlich
Mondtempel genannt, steht; prächtige
*Fernsicht über den Golf von Ōsaka;
Teehäuser beim Tempel. Abstieg in
11/2 St. bis Kōbe.—Bequemer ist der
Aufstieg auf den Bergkamm hinter
dem Suwayama (etwa 1/2 St.), auch auf
Bergpfaden hinter dem Tor Hotel zu
erreichen; *Aussicht.—Im Tale westl.
vom Suwayama steigt man in etwa
1 St. zum *Futatabi-san (500 m), mit
schöner Tempelanlage auf dem Gipfel
und vorzüglicher *Aussicht.—Ausflüge
nach Akashi (S. 360), Maiko (S.
361), Shioya (S. 361).
Mit Rikscha (2 Mann) in 40 Min.
nach Gomotera, dann zu Fuß oder mit
Tragstuhl (3 Mann zu je 60 sen) auf
den Kamm des Rokkosan (850 m),
8 km lang (Bergrücken westl. hinter
Kōbe, oben 60 Sommerhäuser der
Fremden, Golfklub und schlechte Teehäuser.
Im Sommer auch zu Pferd
(1,30 Yen) oder zu Fuß von Oishi
(elektr. Bahnstation) über Gomo nach
Rokkosan.
[S. 365]
Elektr. Eisenbahn über Nishinomiya
und dann mit Rikscha; oder
Eisenbahn über (26 km) Kanzaki
(s. unten), dann Zweigbahn in 3/4 St.
nach Takarazuka (Takarazuka Hotel,
Tansan Hotel), Sommerfrische mit vorzüglichen
heißen Bädern und dem berühmten
Tansanmineralwasser. Von
der nächsten Bahnstation Namaze (hübscher,
aber beschwerlicher) oder auch
von Sanda mit Rikscha in 11/4 St. nach
Arima (Arima Hotel; einf. Gasthöfe:
Sugimoto; Masuda), Sommerfrische der
Fremden von Kōbe, etwa 430 m ü. M.,
in hübscher Landschaft gelegen; heiße
Bäder; Ausflüge zum Takotori mit
schöner Aussicht über das japanische
Binnenmeer; ferner elektrische Bahn
über Nishimomiya zum Kabutoyama
(Bismarckhügel genannt wegen vier
einsamer auf seinem runden Gipfel aufragender
Bäume) und lohnender Fußweg
von Oishi (Station der elektr. Bahn)
über Gomo nach Rokkosan (s. oben).
Von Kōbe über Ōsaka und Nara nach Kyōto.
Die Tōkaidō-Staatsbahn führt vom Bahnhof Sannomiya in
Kōbe über (26 km) Kanzaki durch Flußniederung nach
(33 km) Ōsaka (früher Naniwa), zweite Stadt des Reiches und
mit Tōkyō und Kyōto eine der drei Fu oder großen Hauptstädte, an
der Mündung des Yodogawa in die Idzumi Nada (Golf von Ōsaka).
Gasthöfe: Ōsakahotel, 12 Z., aber
mäßig, Pens. etwa 7 Yen, im Nakanoshimapark,
10 Min. vom Tōkaidōstaatsbahnhof.
—Nippon-Hotel.—Restaurants:
europäische: Shinkaite, Naniwa,
empfohlen; japanische: Hanaya u. a.
—Stadtbahn umgibt die Stadt, mit
vielen Stationen, darunter Umeda (nahe
dem Osakahotel), der Hauptbahnhof
für Kōbe, Shimonoseki, Kyōto, Nagoya
und Yokohama; Minatomachi-Bahnhof
für Nara, Nagoya; Namba-Bahnhof
für Sakai, Hamadera, Wakayama
und der Hafenbahnhof Ajikawaguchi.
—Eisenbahnen nach Kōbe, Kyōto,
Wakayama, Maizuru und Nara.—
Elektr. Bahnen 50 km Stadtbahnnetz;
Fernbahn nach Kyōto (Keihandensha)
und nach Takarazuka mit Zweiglinie
nach dem Ahorndorf Mino.—
Dampfer der Nippon Yūsen Kaisha
und der Ōsaka Shōsen Kaisha nach
allen japanischen, koreanischen und
chinesischen Häfen.—Banken: nur
japanische.—Theater (gut): Fünf große
im Dōtombori-Stadtviertel; Geishavorstellungen.
—Photographische Apparate:
Kuwada, Shinsaibashi.—Geschäftsadressen.
Satsumaporzellan:
Yabu Meizan, 197 Naka Nichome,
Dōjima;—Seidenstoffe: Takashimaya,
Shinsai-bashi-suji;—Kunstsachen:
Yamanaka, Kōraibashi und Naniwabashi-dōri.
—Gute Geschäfte aller
Art in Shinsai-bashi-suji; auch die
Basare (Kwankoba), besonders Furitsu
Hakubutsu-jō nahe Umedabahnhof,
sind gut.
Ōsaka liegt in der Deltaebene des Jodogawa und wird von vielen
Kanälen durchschnitten (»japanisches Venedig«), hat berühmte
Tempel, ein schön gebautes, aber unbedeutendes Fremdenviertel in
Kawaguchi, die Ruine eines alten Schlosses und (1910) 1226590 Einw.
Für den Binnenverkehr ist Ōsaka die erste Handelsstadt des Reiches,
namentlich für Reis, Baumwolle und Seidenwaren. Neuerdings
verliert Ōsaka seinen spezifisch japanischen Charakter aber sehr
rasch, obgleich wenig Europäer hier wohnen, und entwickelt sich
immer mehr zu einer von hastigem Leben erfüllten rauchigen Industriestadt;
große Textilindustrie (Baumwollspinnereien, Teppichwebereien)
und Zündholzfabriken.
[S. 366]
Plan von Osaka.
[S. 367]
Im J. 1909 zerstörte ein Brand
mehrere Stadtviertel zwischen Nakanoshima und Umeda-Bahnhof.
Ein großer Hafen ist fertig, muß aber wegen Versandung jährlich
gebaggert werden und wird vorläufig meist nur von kleinen Dampfern
angelaufen. Die Stadt ist wegen ihres Sumpfgrundes nicht
gesund, Epidemien sind nicht selten.—Rundfahrt. Vom Gasthof
fahre man mit Rikscha über die große Naniwa-bashi Brücke (r.
schwimmende Teehäuser im Fluß) zum *Temmangū (Tempel des
Gottes Tenjin), im 10. Jahrh. erbaut, dessen kleiner Heiligentempel
Taishi schöne Bronzen und Schnitzereien enthält, auch eine fünfstöckige
Pagode und ein Tempel der Kwannon (Göttin der Gnade),
ein Teich mit Schildkröten und Störchen. Tempelfeste am 25. Juli
und 25. Okt.—Eine andre große Tempelanlage, Sakura-no-miya,
ist gegenüber der großen Kaiserlichen Münze (Zōheikyoku; Besuch
interessant).—Sö. davon liegt die Hauptsehenswürdigkeit, die große
Daimyōburg *O-shiro (Erlaubnis zum Besuch erteilt das Ōsaka Fu,
Stadtamt, 1/4 St. vom Gasthof; So. geschlossen, Sa. nur bis mittags),
ein mächtiges, finsteres, fünfstöckiges Schloß (tenshu) mit gewaltigen
Granitmauern, jetzt Riesenkaserne, früher Shōgunsitz, 1538 von
Hideyoshi erbaut, zugänglich durch ein einziges Bronzetor; von der
obersten Plattform schöne *Aussicht über Stadt und Umgebung.—
Von der Burg fährt man mit 2 Kulis durch Tee-und Maulbeerpflanzungen
zur Tempelanlage von *Tennōji, im SO. der Stadt, um
600 begründet; durch das Südtor eintretend, liegt r. der Taishi-dō
(Schrein des Gründers, des Kronprinzen Shōtoku-taishi, der sich in
der Regierungsära der Kaiserin Suiko um Einführung des Buddhismus
und der chinesischen Kultur hochverdient machte), gegenüber
l. der Schrein mit der Seelengeleitglocke (Indō no kane), weiterhin
eine Halle mit Steinbecken, in das aus steinerner Schildkröte
Wasser fließt; dahinter ein Teich mit Schildkröten, daneben eine
Tanzbühne, die zum Rokuji-dō-Tempel führt. In der Nähe eine
fünfstöckige Pagode mit sehr urwüchsigen Holzschnitzereien, ebensolche
im Bethaus daneben.—Rückfahrt durch das Vergnügungsviertel
Dōtombori, das nachts besonders belebt ist; Schaustellungen
aller Art, Seiltänzer, Schießbuden, Zuckerbäckerbuden, Affenbuden,
eine Straße voller Theater etc. (das St. Pauli von Ōsaka!).—Nicht
weit davon liegen in Shinsai-bashi-suji zwei Tempel der buddhistischen
Hongwanji-Sekte: Higashi Hongwanji, 1615 erbaut, und Nishi
Hongwanji, mit schönem Torweg (Chrysanthemumarabesken!) und
Amida-Altar. Unterwegs besichtige man eine Werkstätte der Satsuma-Porzellanmaler
und besteige den siebenstöckigen Turm Ryō-un
Kaku. Sehenswert sind auch die Shintōtempel Kōzu-no-miya und
Ikudama Jinja sowie der Blumengarten von Kichisuke, besonders
im November zur Chrysanthemumausstellung (Kwangiku-en, Chrysanthemumschaugarten).
Ausflüge mit der Nankaibahn vom
Bahnhof Namba nach (5 km) Sumiyoshi
mit berühmtem, den drei Meergöttern
geweihtem und besonders von
Seeleuten und Fischern aufgesuchtem
Tempel; ferner nach (10 km) Sakai
mit schönem Seestrand (Teehäuser)
und (63 km, 21/2 St. Fahrt von Ōsaka)
Wakayama (Gasthof Fujigen; europ.
Speisehaus Shugatei) mit schöner *Daimyōburg
(Eintrittsgeld), dem Tempel
von *Kimii-dera, 770 erbaut, mit prächtiger
Aussicht auf den Strand von
*Waka-no-ura, ein nach japanischem
Geschmack, der sich mehr für das Sanftliebliche
als für das Wildromantische
u. Gewaltige entscheidet, idealschönes
Landschaftsbild; man fährt mit Rikscha
dahin zunächst nach Ashibe-no-ura
(Gasthof); andre Lieblingspunkte von
Waka-no-ura sind: Imose-yama, Shio-gama,
Tamatsu-shima, Tengu-yama
(*Aussicht), der Hügel von Dejima und
Gongen-yama (*Aussicht).
[S. 368]
Vom Bahnhof Minatomachi in Ōsaka fährt man durch liebliche
Landschaft (an Thüringen erinnernd) über (11 km) Yao (mit berühmtem
Tempel auf dem Hügel Shigi-sen) nach (24 km) Ōji (Zweigbahn
nach Takada und Sakurai); dann folgt
(41 km) Nara (Nara Hôtel, 75 Z., prächtig gelegen, im Winter
geschlossen; halbeurop. Gasthof: Kikusui-rō, am Park, recht gelobt;
Teehaus Musashino, mit europ. Küche), jetzt eine stille Stadt, altertümlich
und idyllisch, mit 34000 Einw., die rote Lacksachen, Tusche
und Waffen anfertigen; früher, von 709-784 Hauptstadt Japans,
während der Glanzzeit des japanischen Buddhismus, daher die prächtigen,
gut erhaltenen Tempel.—Zahllose Läden mit Reiseandenken,
da Nara von Japanern sehr viel besucht wird.—Rundfahrt vom
Gasthof in den riesigen Naturpark, in dem die Hügel Mikasa und
Wakakusa liegen und vorzügliche Wege von Tempel zu Tempel
führen. An der Südseite des Mikasayama führt ein Weg in urwaldähnlichen
Forst. Tausendjährige Baumriesen säumen die Wege ein
und beschatten die Tempelanlagen; Kryptomerien, andre Kiefern,
Kampferbäume, Steineichen, Glyzinien in prächtigen Formen; Rudel
von kleinen Hirschen folgen der Rikscha und lassen sich mit flachen
Kuchen, die Verkäufer feilbieten, füttern. Zahlreiche Bronze-und
Steinlaternen bezeichnen die Tempelanlagen, deren Bauten alle rot
lackiert sind. Zuerst besucht man den 767 erbauten Tempel *Kasuga-jinja,
am obern Ende einer romantischen Schlucht (Tempelfest am
17. Dez.); r. vom Haupttempel, am Ende einer langen Laternenallee,
steht der *Wakamiyatempel, wo stets junge Mädchen bereit sind,
unter Aufsicht und Musikbegleitung alter Priester (für 1,50 Yen
»Opfergeld«) den uralten *Tempeltanz »Kagura« in seltsamer Tracht
zu tanzen. Auf dem Hofe des Haupttempels verschiedene Heiligtümer,
darunter ein Wunderbaum, der an einem Stamme sieben
Pflanzen, Kamelien, Kirschen, eine Wistaria u. a., dicht verwachsen
miteinander, trägt. (Wer Zeit hat, steige [180 m Steigung] auf den
Gipfel des Mikasa-yama hinter dem Kasugatempel, oben bei einem
Stein schöne *Aussicht.) Vom Kasugatempel gelangt man zu dem
halbverfallenen Tempel Tamuke-yama no Hachiman und zu dem
schönen Tempel Ni-gwatsu-dō, schon 752 erbaut und der Göttin
Kwannon geweiht, 1898 erneuert; in der Nähe im Tempelhof Tōdaiji
die 732 gegossene *Riesenglocke von 37 Tonnen Gewicht (das Anschlagen
kostet 5 sen). Hügelabwärts gelangt man dann zu einer
Tempelanlage, in deren Haupthalle große Buddhafigur aus Bronze,
Daibutsu, von über 16 m Höhe, 749 erbaut (der älteste in Japan),
der Kopf im 16. Jahrh. erneuert, die Göttin Roshana (Skr. Vairochana)
darstellend; im Vorhof schöne Bronzelaterne. Hinter dem Daibutsu
im Gehölz das frühere kaiserliche Vorratshaus *Shōsō-in, jetzt durch
sein Alter zum Archäologischen Museum geworden (Besichtigung nur
ausnahmsweise gestattet). Man gelangt vom Daibutsu durch die
Tore Nitenmon und Niō-mon (mit Riesenfiguren der Ni-ō, der beiden
Tempelwachtgötter Indra und Brahma, gegen 1095 vom Künstler
Kwaikei geschnitzt) zum *Museum (Hakubutsu-kwan) mit vielen
wertvollen Altertümern. Dahinter liegt am Wege l. der Tempel
*Kōfukuji, 710 begründet, doch 1717 zum Teil verbrannt.
Plan von Kyōto.
[S. 369]
Ausflüge von Nara. Nach dem berühmten
romantischen Waldkloster
*Kōya-san: 3 St. Bahnfahrt bis Kōya-guchi
an der Linie nach Wakayama,
dann Rikscha über den Fluß zum Fuß
des Bergs und 4 St. Aufstieg; oben
Übernachten als Klostergast (gegen
4-6 Yen Gastgeschenk!). Die Sehenswürdigkeiten
des Klosters Kongō-buji
(816 gegründet von Kōbō Daishi) beanspruchen
1/2 Tag Zeit (sehr lohnend).
Wer Zeit hat und gut zu Fuß ist, wandere
zurück durch prächtige wilde
Wälder über Dorogawa (58 km) und
Yoshino (Gasthof Kadoya), berühmt zur
Kirschblüte, die man von Hitome Senbon
(d. h. 1000 Bäume mit einem Blick) genießt;
nahebei der Bergtempel Zōōdō.
Ausflug in 1/2 Tag nach Hōryūji
(Station der Bahn nach Ōsaka), dem
ältesten Buddhatempel in Japan, 607
von Shōtōku-taishi erbaut; wertvolle
Tempelschätze; Ausflug von Hōryūji
in 3/4 St. Rikschafahrt nach dem Tempel
Yakushi-ji, wo einige prachtvolle
alte Bronzen koreanischer Arbeit.
Von Nara läuft die Kyōto-Nara-Bahn in 2 St. durch sehr gut
angebaute hügelige Landschaft mit Teepflanzungen (die in der
wärmern Jahreszeit zum Schutz gegen den Sonnenbrand mit Bastmatten
überdeckt werden; der beste Tee Japans wird hier gewonnen),
Bambus-und Maulbeerwäldchen und vielen hübschen Dörfern zum
(42 km) Bahnhof Shichijo (gute Bahnwirtschaft) von Kyōto.
Kyōto.
Vgl. beifolgenden Plan.
Gasthöfe: Miyako Hôtel (E3), Awata-guchi,
mit herrlicher Aussicht über
nördl. Stadt und Gebirge, europäisch,
mehr für den Sommer, gut geführt;
Informationsbureau und Handbuch für
Reisende im Hotel; Deutsch gesprochen;
100 Z. von 2 Yen an, F. 1,
Lunch 1,50, Dinn. u. Sup. je 2, Pens.
von 6 Yen an.—Kyōto Hôtel (C3),
gegenüber dem Rathaus, in Kawara
Machi, mehr für den Winter, hat Zimmer
mit Bad; Pens. von 6 Yen an,
F. 1, Lunch u. Din. 1,50 Yen. Beide
schicken Vertreter zum Bahnhof.—
Japanische Gasthöfe: Nakamura-rō,
Gion.—Tawaraya; Hiiragiya und
Sawabun, sämtlich in Fuyachō (C3, 4).
Restaurants, europäische, zahlreich;
japanische: Tawaraya; Hachi-shin;
Hirano-ya u. a.
Post, Tel., Fernspr. (BC3, 4), Sanjō-dōri
Higashi-no-Tōin.—Rikschas
haben Polizeitaxe, die auf jedem Zahlzettel
(Ticket) steht; diese Zettel erhält
man nur am Bahnhof.
Wagen (Landauer und Victoria) im
Kyōto-und Miyako-Hotel.
Straßenbahnen durch die Stadt und
nach Fushimi, vgl. den Plan. Fahrpreis
für jede Teilstrecke von etwa 0,8 km
ist 2 sen.—Eisenbahnen, vier Staatsbahnlinien:
Nach Maipuru, Ōsaka, Nara
und Tōkyō (S. 393). Neue Bahn über
Ayabe nach Maipuru (für Ama-no-Hashidate).
—Elektrische Bahnen nach
Ōsaka und nach Arashiyama fertig,
nach Ōtsu und dem Biwasee im Bau.
Banken: Kyōto Shōko Ginkō, Kyōto
Ginkō, Dai-ichi Ginkō, Nippon Ginkō
und andre.
Theater: Mehrere gute in Shin-Kyōgoku
u. eins in Shijō Hashizume.
Fremdenführer: Durch die Gasthöfe
erhält man Führer der Oriental Guides
Society (Tūyū tsūben kyūkwai) zu 4 Yen
tägl. für 1-2 Pers., 50 sen für jede
Pers. mehr; dazu die Reisekosten. Ausführliche
Beschreibung von Kyōto und
Umgegend enthält das Buch: Kyōto,
Japan, zusammengestellt vom Stadtrat
von Kyōto, und die guten Handbücher
(englisch) des Kyōto-und
Miyako-Hotels. Vgl. S. 345.
Reisebureau in Furumonzen, Telegrammadresse
»Advisory«. Vgl. S. 345.
Polizei im Präfekturgebäude (B2),
Shimodachiuri, westl. vom Kaiserpark.
Buchhandlung: Daikokuya, gegenüber
dem Kyōto-Hotel; Nankōdō, in
Sanjōdōri, westl. der Brücke; Maruzen,
östl. vom Postamt, in Sanjōdōri.—
Zeitungen: Fünf japanische.
Photographen: Nakai, beim Giontempel.
—Hori Marumi, Tera Machi.—
Photographische Apparate: Asanuma
& Co., Minami Bukkoji Machi.
[S. 370]
Geschäftsadressen. Porzellan: Kinkōzan
Sōbei, Sanjō, östl. von Shirakawabashi;
Yasuda, am Shirakawa.
—Stickereien: Nishimura Sozaemon,
Sanjō, Karasu-maru; Iida Shinshichi,
Karasumaru, Takatsuji.—Cloisonné-Sachen:
Namikawa Yasuyuki, Sanjō,
Kita-ura, Shirakawa-bashi; Kin-un-ken,
Sanjō-dōri, Shirakawa-bashi.—Bronzen
und Stahl: Kuroda, Tera Machi
Shijō sagaru; Jōmi Eisuke, Tera Machi,
Shijō; Nogawa Nōboru, Shijō, östl. von
Tera Machi; Komai Otojiro, Furumonzen,
Yamato-ōji; Inouye, neben Kinkōzan.
—Lackwaren: Nishimura Hikobei,
Tera Machi Ayanokōji.—Fächer: Hirano
Kyūgoro, Tominokōji, Gojō;
Nishida, Higashi-no-Tōin, Shichijō—
Puppen: Shimizu Katsuzō, Tominokōji,
Shijō.—Farbenholzschnitte: Matzuki,
Shimmonzen.—Alte Kunstsachen:
Ikeda Seisuke, Shimmonzen 114; *Benten
Co., Shimmonzen; Hayashi Shinsuke,
Furumonzen 39; Yamanaka,
Sanjō Goten mae. Viele andre in der
Straße Manjūji-dōri.—Man besuche
in Kyōto die Hauptwerkstätten der
größern Geschäfte!
Zeiteinteilung: 1. Tag: Kaiserpalast,
Nijōburg und Katsura-rikyū-Sommerpalast.
—2. Tag: Tempel Higashi-Hongwanji,
Nishi-Hongwanji, Sanjūsangendō,
Hōkōji, Yasakapagode, Giontempel.
—3. Tag: Hōzugawa-Stromschnellen,
Arashiyama, Kinkakuji,
Kitano Tenjin.—4. Tag: Shugakuin-Sommerpalast,
Hiyeisan, Chūdōkloster,
Sannōtempel, Sakamoto-Karasaki-Ōtsu.
—5. Tag: Museum, Gewerbeausstellung,
Sporthalle, Kaufläden
in der Stadt.—6. Tag: Tempel:
Inari, Kiyomizudera, Chion-in, Awatapalast,
Maruyamapark.—7. Tag:
Keage, Nanzenji, Eikwandō, Ginkakuji;
Shinnyodō, Yoshidayama, Kurodani;
abds. Shijōbrücke und Kyōgoku.—
Bei nur kurzem Aufenthalt nehme
man einen Führer, gebe ihm aber genau
an, was man sehen will, damit
man durch allzuviele Tempelbesichtigungen
nicht ermüdet wird; die
im Text mit * bezeichneten Tempelanlagen
genügen, um ein Bild des japanischen
Rom zu geben.
Festlichkeiten und Sehenswürdigkeiten
nach der Jahreszeit. Beste Besuchszeit
für Kyōto ist Anfang März
bis Ende Mai sowie von Mitte September
bis Mitte November; Pflaumenblüten
sieht man Anfang März in Momoyama,
in Fushimi, im Kaiserpark;
dann folgt bis Mitte April die Pfirsichblüte
im Maruyamapark, in Momoyama;
in der *Kirschblütenzeit im
April besuche man den Kaiserpark,
den Maruyamapark, Arashiyama, den
Hiranotempelgarten und andre Plätze
sowie das Theater, um den »Kirschblütentanz«
zu sehen. Im Mai Päonien- und
Azaleenblüte, im Herbst Chrysanthemumblüte.
—Gewerbe-und Kunstausstellung
in Okazakichō ist 2 Monate
im Frühjahr geöffnet.—*Miyako-odori
(Residenztanz) findet in der Sing-und
Tanzschule Kaburenjō in Hanami-kōji,
Gion Machi vom 1. April an 4 Wochen
lang tägl. von 5 Uhr Nm. bis 10 Uhr
abds. statt; 36 Geisha tanzen in seltsamen
Kostümen, andre Mädchen spielen dazu
»shamizen« und »tsuzuki«.—
Kamogawa-odori, ein ähnlicher Tanz
im Teehausviertel zwischen Shijō und
Sanjō, beginnt 1. Mai und dauert 16
Tage.—*Aoifest der Kamotempel am
15. Mai ist die größte Shintōfeierlichkeit
(besteht seit dem 6. Jahrh.); 8 Uhr
morgens Prozession in alten Kostümen
vom Haupttor des Kaiserpalastes; bei
Ankunft des Festzugs in Shimo-gamo
religiöses Konzert mit Tempeltanz, später
ebenso in Kami-gamo.—Andre
Tempelfeste am 15. März (Gedächtnistag
Buddhas), 8. April (Geburtstag
Buddhas), Anfang Mai zweitägiges
Inarifest, am 3. März das Puppenfest
(Hina-matsuri) für Mädchen, am 5. Mai
das Knabenfest (Tango-sekku).—Im
Juli und August Lotosblüte im Kaiserpark,
Ogurasee, Tōji.—Im Sommer
die beliebte Volksunterhaltung Shijō-Suzumi,
am Westufer des Kamogawa
auf hölzernen Plattformen im Flusse
gesellige Zusammenkünfte mit Geishatänzen.
—In Arashiyama Bauerntänze
14.-16. Aug.—Am 17. und 24. Juli
*Gionfest (seit 870 jährlich) im Tempelbezirk
der innern Stadt.—Am Abend
des 16. Aug. Illumination (Daimonji)
der Berghöhe Nioi-ga-dake östl. von
Kyōto.—Auch der Herbst ist sehr
schön in Kyōto. Vollmondfest im September
oder Oktober, in Momoyama,
Arashiyama oder Uji. 15. Sept. Hachimanfest,
Otokoyama; 1.-4. Okt. Zuikifest
im Kitanotempel; 12. Okt. Ochsenfest
in Uzumasa; 20. Okt. Ebisufest
in Kenninji Machi.—Heianjingūfest
mit historischem Festzug am 22. Okt.—
[S. 371]
*Chrysanthemumblüte im Oktober und
November.—Neujahrsfest dauert
sieben Tage, manche Tempelfeste währen
sogar zehn Tage.—Sportklub (E3),
Nm. belebt; Bogenschießen; Schwerterfechten
und Jūjitsu.
Kyōto, Hauptstadt der Provinz Yamashiro, mit (1908) 408410 Einw.,
Hauptsehenswürdigkeit Japans, liegt in einer fruchtbaren Ebene,
durchflossen vom Kamogawa, über den mehrere schöne Brücken
führen. Die Stadt ist sehr regelmäßig gebaut, hat gerade, reinliche
Straßen, innerhalb des Weichbildes 82 Shintō-Schreine und 878
vielfach verfallene Buddhatempel (Kyōto wird das »Rom Japans« genannt),
zwei große hölzerne Paläste des Mikado und der Shōgune
und bedeutende Industrie in Seidengeweben, Silber-, Bronze-und
Emailwaren, Porzellan und Steingut, die den ersten Rang in
Japan behauptet. Kyōto ist die geeignetste Stadt zum Studium
japanischer Kunst und Kultur sowie der feinsten Erzeugnisse des
Kunsthandwerks, daher auch am geeignetsten zum Einkauf guter
(meist freilich kostbarer) Japansachen.—Kyōto gilt als eine der gesündesten
Städte Ostasiens, mit mildem Klima. Das Straßenleben
ist noch altjapanisch, ebenso das Sommerleben an und auf dem
Flusse Kamogawa. Die Umgebung der Stadt ist reich an schönen
Landschaftsbildern, die Bevölkerung im allgemeinen fremdenfreundlicher
als z. B. in Tōkyō und Ōsaka.
Geschichtliches. Kyōto war von
794 n. Chr. bis 1868 Residenz des
Mikado von Japan, ehe dieser nach
Tōkyō übersiedelte, von 1336-1572
auch Residenz der Shōgune aus dem
Hause Ashikaga, denen es die Blüte
seiner Metall-, Papier-und Lackindustrien
verdankte. Bei den Portugiesen
und Holländern hieß Kyōto im 16. und
17. Jahrh. Meaco (Japan. Miyako =
Hauptstadt). Nach der Verlegung der
Residenz des Mikado nach Yedo, das
deshalb den Namen Tōkyō (»Ostresidenz«)
erhielt, kam für Kyōto die Bezeichnung
Saikyō (»Westresidenz«) in
Anwendung. 1895 fand in Kyōto eine
Landesausstellung statt. 1899 wurde
dort eine Universität gegründet.
Rundfahrt. Wer den Erlaubnisschein hat, ausgestellt vom
kaiserl. Hausministerium in Tōkyō, für Deutsche auf Empfehlung
ihrer Botschaft in Tōkyō oder von Konsulaten in Japan (Antrag
mit Angabe der Namen der Schlösser, deren Besichtigung erbeten
wird, schriftlich frühzeitig stellen!), besucht zunächst den *Kaiserpalast
(Gosho; BC2) im nördl. Teil Kyōtos, eine große Anlage hölzerner,
einstöckiger Bauten, umgeben von Gärten und Plätzen mit
Bäumen. Die Palastanlage ist mit einer hohen Mauer mit Ziegeldach
umgeben, die ringsum das Abzeichen der kaiserlichen Parkmauern,
fünf weiße Linien, trägt; die Mauern umschließen ein 250 m breites
und 450 m langes Viereck mit sechs Toren. Durch den Erlaubnisschein
erhält man bei der Schloßverwaltung einen Führer, der zu einem
der kleinen Westtore führt (Mi Daidokoro Gomon), wo man im alten
Wartezimmer der Daimyō sich im Palastfremdenbuch einschreibt
und die Führung durch die Paläste, Hallen und Pavillons beginnt.
Dem Südtor (Kenreimon) zunächst
liegt der große Thronsaal Shishinden,
wo 1868 der jetzige Kaiser gekrönt
wurde: in der Mitte der Thron mit
Silberdraperien, an der Hinterwand
die Bilder von 32 chinesischen Gelehrten.
Dr. G. Wegener empfiehlt,
alle Bilder im Palast nach japanischer
Art auf den Matten sitzend zu beschauen,
weil sie für niedrigen Augenpunkt
bestimmt sind.—Dann zur Festhalle
Seiryō-den; im Mittelraum Hirugoza
ein Thron mit Seidenvorhängen,
in den Nebenräumen des Kaisers
Schlafkammer, Eßzimmer, Baderaum
etc. nach alten Vorbildern eingerichtet
mit seidenen Paneelen und schönen
Malereien.
[S. 372]
—Nun folgt Tsune-goten,
»gewöhnliche Residenz« (die in der
Regel nicht gezeigt wird), der Wohnpalast
vieler Generationen von Mikados
seit dem 13. Jahrh. (der Neubau
von 1854 entspricht genau der
alten Bauweise), dessen Mittelraum
drei übereinander liegende Zimmer
hat, das oberste für den Mikado, die
untern für die Leibdienerinnen, an
die sich jeder erst wenden mußte, um
den Herrscher zu sprechen. Alle diese
und die Nebenräume sind reich an
stilvollen Wandschirmgemälden. Das
Schlafzimmer des Mikados zeigt Bambus-Tigerdekoration.
—Ein langer
Gang führt nun zum Ko-Gosho, dem
»kleinern Palast« für Empfänge von
Fürsten und intime poetische Festlichkeiten;
darin sind drei sehr geschmackvoll
geschmückte Räume, mit Aussicht
auf einen Landschaftsgarten.—
Nun folgt das O Gakumon-jo, des Mikados
Arbeitszimmer, mit reichen
Malereien; dann Goryōden, eine Speisehalle,
und On Mima, »erlauchte drei
Zimmer«, die Halle für den Hofstaat,
mit Gemälden im Tosastil; schöner
Blick auf den Garten mit Lotosteich,
reichgeschmückten Pavillons und Felsenhügel.
—Am nördlichsten liegt der
Palast der Kaiserin, am Tor Sakuheimon;
auch in dessen vornehm-einfachen
Räumen bilden die Wandschirmgemälde
den Hauptschmuck.—
Im östlichen Teil des Parks liegt der
Palast Sentō-Gosho (C 2), seit 1629,
zuerst vom Mikado Go-Mi-no-o benutzt,
für abgedankte Herrscher bestimmt;
der *Park zeigt hier mächtige
Baumriesen, einen See mit Inseln und
Brücken und Felsen mit Wasserfällen,
eine wildromantische Anlage.—In
der Nähe liegt der Palast Ōmiya-Gosho.
—Andre Bauten in der Umgebung
des Kaiserpalastes sind die Paläste des
Prinzen Kuni no miya im W., des
Prinzen Katsura no miya im N.; die
Verwaltung der kaiserlichen Schlösser
im SW. und im S. das meteorologische
Observatorium (C 2, 3).
Sw. vom Kaiserpalast liegt das berühmte Shōgunschloß *Nijō
no Shiro (Nijō-jō; AB 3), 1603 von Tokugawa Ieyasu erbaut, in
dem die Beherrscher des Mikados hausten. In den ersten Jahren
nach der Restauration wurde es zu Verwaltungszwecken benutzt
und die künstlerische Ausschmückung vielfach rücksichtslos beschädigt;
1883 aber wurde es unter dem Namen Nijō no Rikyū
(Nijō-Sonderpalast) in die Zahl der kaiserlichen Schlösser aufgenommen
und seitdem sorgfältig erhalten. Eine hohe steinerne Zyklopenmauer
nebst 10 m breitem Graben umgibt die Nijōburg. Das Haupttor
an der Ostseite (Higashi Otemon) ist von dunkeln Pinien beschattet
und mit reichvergoldeter Schnitzerei geziert (Kraniche,
Schmetterlinge, Drachen, Phönixe und Päonien-Ornamentik). Innen
ist noch eine zweite Mauer, Ninomarū mit Bauten, deren Haupttor
Karamon aus der Palastruine auf dem Momoyama (S. 379) stammt
und nach S. liegt; seine reichen Schnitzereien und Metallzierate
sind vom Künstler Hidari Jingorō. Der zweite innere Eingang,
Okuruma-yose, ist grotesk gemalt.
Cäcilie von Rodt schreibt über
den Stil dieser prächtigen Burg:
»In dem Palast sind es die Ramma,
eine Art Fries, die Seitenwände und
Decke verbindet, die meine volle Bewunderung
erregten. Aufs reichste
und durchsichtigste geschnitzt, zeigen
sie auf der einen Seite eine Pfauengruppe,
auf der andern einen Päonienzweig,
und das, ohne die eine oder
andre Zeichnung im mindesten zu beeinträchtigen
oder zu verwirren. Die
Wände leuchten in Goldgrund. Tiger
stürzen aus hohen Bambusbüschen
hervor, lebensgroße Adler thronen
auf weitästigen Matsu, Palmen scheinen
ihre Federkronen leise zu neigen,
Reiher gravitätisch einherzuwandeln.
Alles ist in kühnen, großen Zügen
entworfen, ganz verschieden von der
gewohnten japanischen Miniaturmalerei.
[S. 373]
Saal reiht sich an Saal, Zimmer
an Zimmer, überall Goldmalerei, überall
vergoldete Beschläge, denen meistens
noch die drei Asarumblätter,
das Wappen der Tokugawa-Shōgune,
eingraviert sind. Die Decken sind alle
kassettiert und aus dem dunkeln schönen
Holze der Kryptomerien gefügt.«
Die Gemälde stammen meist von
Kanō Tan-yū und seinen Schülern.
Der 1. Palast ist der größte, neben
dem obern Saal ist ein Jungpinienzimmer
und ein Lotoszimmer.—Im
2. Palast bilden große Pinien und
wilde Tiere den Schmuck.—Im 3.
Palast ist die Empfangshalle Ohiroma,
wo auf dem toko (erhöhtem Fußboden)
der Shōgun die Daimyō empfing.
Die Ramma der Halle ist hervorragend.
Daneben liegt das Sagopalmenzimmer.
—Der 4. Palast ist der
prächtigste; in der erhöhten »Schwarzen
Halle«, Kuroshoin, fanden große
Empfänge statt.—Der 5. Palast am
Nordende war die Wohnung des
Shōguns. Hauptraum ist die »Weiße
Halle«, Shiroshoin, mit Landschaften
von Kanō Sadanobu; daneben liegen
vier ähnliche Zimmer, in deren einem
das berühmte Bild »die schlafenden
Finken« ist.—Der prächtige Garten
hat schöne Kaskaden.—Der Hauptwachtturm
Hommaru liegt westl. von
der Mauer Ninomaru: in seiner Nähe
ist der Palast der Prinzessin Katsura-no-miya.
Vgl. die Angaben über
Japanische Kunst, S. 340.
Man fahre nun südl. zur Anlage des Tempels Honkokuji (AB 5),
der als Hauptsitz der Hokke-oder Nichirensekte im 14. Jahrh. von
Kamakura hierher verlegt wurde; in der Haupthalle ein Schrein mit
dem heiligen Kanon der Sekte, von ihrem Gründer Nichiren geschrieben,
auf dem Altar Buddha und andre Götter; im Tempelpark
der Schrein des tapfern Kriegshelden Katō Kiyomasa, daneben die
Gräber seiner Frau und seiner Tochter. Im Kloster am Nordende
die uralte Bibliothek Kyōzō mit sämtlichen heiligen Schriften des
Buddhismus (Issaikyō). Hauptschatz des Tempels ist ein mythologisches
Bild, Mandara, mit Mandarinenten (oshidori), dessen
Brokatfassung von einem Kleid der berühmten chinesischen Favoritin
Yōki Hi stammen soll.—Südl. gegenüber liegt der prachtvolle
Doppeltempel *Nishi-Hongwanji (d. h. Westlicher H.) (AB 5), der,
1272 von der Tochter des Stifters Shinran-Shōnin der Shin-oder
Montosekte erbaut, einen Stadtteil mit schönen Anlagen für sich
bildet; die Haupthalle Hondō enthält im Hauptschrein ein Bild des
Buddha Amida, daneben Inschriften mit den Namen des Kaisers
und seines kaiserlichen Vaters. In der Tempelhalle Daishidō, 1645
erbaut, ist ein Bild des Kenshin-Daishi (diesen Titel erhielt Shinran-Shōnin
nach seinem Tode), daneben hängen die Bilder aller Erbäbte
des Tempels. In der großen Halle (mit 300 Matten) Ohiroma
hält der Abt (jetzt Graf Otani) Empfänge. Die einflußreiche Shinsekte
strebt vor allem den Zusammenschluß aller Buddhisten in China,
der Mongolei und Tibet, Hinterindien etc. unter japanischer Führung
an und entfaltet zu diesem Zweck eine umfangreiche Missionstätigkeit.
Sehenswert ist der Naturpark Tekisui-en in der SO.-Ecke der
Tempelanlage; über ihrem Teich erhebt sich der dreistöckige »Pavillon
der treibenden Wolken«Hiunkaku mit schönem Bild des Berges
Fuji im Oberstock.—Östl. liegt die Tempelanlage *Higashi-Hong-wanji
(B 5), deren Riesenbauten mit geschweiften Doppeldächern
schon bei der Ankunft am Bahnhof auffallen; die Haupthalle ist der
größte Tempel Japans, 64 m lang, 58 m breit und 38 m hoch und
ruht auf 96 mächtigen Holzsäulen von 0,5 m Durchmesser. Die innere
Halle, Sakunai (d. h. »innerhalb der Absteckung«), ist nur für die
[S. 374]
Priester und Betende hohen Ranges, das Volk muß außerhalb des Geländers,
im Gwaijin, bleiben. Im innersten Allerheiligsten, Naijin,
ist eine kleine geschnitzte Figur des Kenshin-Daishi in einem goldenen
Schrein; der Altar zeigt Bilder der Erbäbte. Hondō, die
kleinere Tempelhalle, hat eine geschnitzte Amidafigur auf dem Mittelaltar.
Der Tempel ist seit dem ersten Bau von 1602 viermal vom
Feuer zerstört, aber stets schöner aufgebaut worden; zum letzten Bau
wurde von frommen Frauen Haar zu mehreren Tauen gestiftet, mit
denen die mächtigen Balken hochgezogen wurden; eins dieser Taue
aus Frauenhaaren, das im Tempel gezeigt wird, ist 110 m lang und
hat 40 cm Umfang! Östl. vom Haupteingang zur Tempelanlage liegt
der hübsche Park Shōsei-en, meist Kikokutei (C 5) genannt, umgeben
von einer Kikokuhecke.—Nun fahre man über die südlichste Kamogawabrücke
zum Kwannontempel *Sanjūsangendō (CD 6), »Halle
der 33 Ken oder Zwischenräume«(zwischen den Pfeilern der langgestreckten
Halle, Länge 121 m, Breite 17,5 m), erbaut 1132 vom
abgedankten Mikado Goshirakawa in seinem Palastviertel mit 1001
Statuen der 1000äugigen und 1000händigen Kwannon. Der erste
Tempel verbrannte 1248 und wurde 1266 vom Mikado Kameyama
wieder erbaut und 1662 vom Shōgun Ietsuna erneuert. In Reih' und
Glied (elf Reihen hintereinander) stehen jetzt gut ausgerichtet auf
schräg ansteigendem Podium in der düstern Halle tausend 5 Fuß
hohe vergoldete Statuen der sogen. elfgesichtigen 1000händigen
Kwannon; zählt man die kleinen Götzen in den Heiligenschreinen,
auf Stirn und Händen der großen mit, so soll man auf 33333 Bilder
kommen. Die 5 m hohe sitzende Mittelfigur stellt ebenfalls die
1000händige Kwannon dar; um sie herum steht ihr Gefolge von
28 Untergöttern (Bushū). Früher trieben die Samurai Bogenschießsport
in der langen Halle; ihre Treffertafeln hängen noch im Tempeleingang.
—Neben diesem seltsamen Tempel liegt das *Kaiserliche
Museum (Teikoku Kyōto Hakubutsukwan; CD 5), ein moderner Bau
von 1895, mit sehr alten historischen Kunstschätzen, tägl. geöffnet von
8-4 Uhr im Winter, 71/2-51/2 im Sommer, außer am 10., 20. und Letzten
jeden Monats und 20. Dez. bis 1. Jan.; im Vorraum alte buddhistische
Figuren und Masken, im nächsten Raum hölzerne und bronzene
Statuen; l. vom Eingang Stickereien und Verschiedenes; r. vom
Eingang alte Lacksachen, Porzellan; in den andern Räumen: kaiserliche
Gewänder, Sänften, der Mikadothron Michōdai, Musikinstrumente,
Münzen, Priester-und Schauspielerroben, Teezeremoniegerätschaften,
Rüstungen und Waffen, besonders Schwerter; alte
Handschriften, Kakemonos und Wandschirme.—Westl. vor dem
Museum liegt der runde, mit Steinmonument gekrönte Mimizuka,
»Ohrenhügel«, wo Tausende von Koreanern abgeschnittene Ohren
aus dem Feldzug von Hideyoshi (1592 u. ff.) ruhen. Östl. hinter dem
Museum liegt der Shintōtempel Toyokuni-jinja (D 5), in dem der
Geist des berühmten Taikō Toyotomi Hideyoshi verehrt wird (geb.
1535, unterwarf die rebellischen Provinzen, wurde Regent, eroberte
Korea und starb 1598).—Nahebei liegt die Tempelanlage *Hōkōji
(CD 5), 1586 von Hideyoshi gegründet, mit riesiger *Buddhabüste
aus Holz, 13 m hoch, die Nase 2 m lang, eine geschmacklose, unvollendete
[S. 375]
Schnitzarbeit. Im Vorhof hängt eine *Riesenglocke; das
Läuten mit Schwingklotz kostet 2 sen für jede Person.—Nördl.
liegt die *Yasakapagode (D 5), fünfstöckig, 50 m hoch auf einer Anhöhe
in schöner Landschaft am Ostende der Stadt (Aufstieg unbequem,
oben *Aussicht auf die Stadt), 1618 erbaut mit sehr originellem
Dach; sie diente früher als Wachtturm und enthält ein sehr
altes Bild Shakas.—Etwas nördl. liegt der berühmte *Giontempel
(D 4; richtiger Yasakajinja genannt), 869 gegründet, in dem Susano-o
no Mikoto, der unbändige Bruder der Sonnengöttin Ama-terasu, verehrt
wird. Dieser buddhistisch beeinflußte Shintōtempel ist der besuchteste
von Kyōto, daher von vielen Verkaufsbuden umgeben;
Tempelfeste am 1. und 15. jedes Monats, das große Gionfest am 17.
und 24. Juli. Der Haupttempel, 1654 erbaut, hat in der SO.-Ecke
eine Kagura-dō (Halle für die an Götterfesten aufgeführten Pantominen,
den Tanz Kagura). Im Anbau am Westende, Ema-dō, hängen
Weihbilder für die Götter. Im Tempelpark steht zwischen alten
Bäumen ein großer heiliger Kirschbaum.—Das Stadtviertel in der
Umgebung des Tempels, Gion Machi, ist voller Vergnügungshäuser,
Teehäuser etc.—Nahe nö. vom Giontempel liegt der *Chion-in-Tempel
(DE 4), eine der größten Tempelanlagen der Gegend, nördl.
vom Maruyamapark, errichtet von der Jōdosekte, begründet 1211
von Enkō Daishi, und von Tokugawa Ieyasu und Iemitsu zur
jetzigen Anlage ausgebaut. Die Haupthalle Hondō enthält im Mittelschrein
ein geschnitztes Buddhabild; hinter ihr die Versammlungshalle
Senjōjiki (»Halle der 1000 Matten«); östl. davon das Kloster
Hōjō, durch einen prächtigen Garten in zwei Teile geteilt; seine
Zimmer sind nach den sie schmückenden Meisterbildern der Kanōschule
(Storch, Kranich, Pflaume, Chrysanthemum etc.) benannt.
Die Gänge, uguisu-bari (Nachtigallfluren), geben beim Gehen melodische
Geräusche. Seishidō ist der ursprüngliche Chion-in-Tempel,
Soshi-byō das Grab des Gründers; im Kwachōbunko sind die Tempelschätze
aufbewahrt. Im Gongendō sind Bilder von Shōgunen. Der
Glockenturm enthält die 1633 gegossene größte *Glocke Japans, 5,5 m
hoch, 3 m Durchmesser, 30 cm dick und 7400 kg schwer. Das Haupttor
Sammon des Tempels ist reich geschmückt; von seiner Galerie
*Aussicht auf Stadt und Umgegend. Der Tempelgarten ist voller
Kirschbäume.—Nördl. vom Chion-in-Tempel liegt der kleine Shōren-in-Tempel
(D 4), dessen Leiter früher stets ein Prinz als Haupt der
Tendaisekte war; viele alte Schriftstücke von Mikados sind im Schatze
des Tempels.—Nahebei liegt der Awatapalast (E 4), erbaut 879 und
bis 1868 von einem kaiserlichen Prinzen als Abt bewohnt.—Nahe
nördl. unterhalb des Miyakohotels liegt der Zoologische Garten (E 3),
ferner ein stets geöffnetes Gewerbemuseum, Shōhin-shinretsujō (E 3;
Malereien, Stickereien, Porzellan-, Bronze-und andre meist neue
Kunstsachen mit Angabe des Preises und Verkäufers), die neue
städtische Bibliothek und das Gebäude der jährlich im April und
Mai geöffneten *Gewerbeausstellung (E 3). Zwischen beiden die Sporthalle
des Sportklubs Bushū-Kwai (Präsident ein kaiserl. Prinz), wo
Bogenschießen, Schwerterfechten, Jūjitsu geübt wird; Nachm. sehr
belebt, Eintritt erlaubt; vom 4.-7. Mai dort große Wettkämpfe. Nahebei
[S. 376]
die große Anlage des Daikyoku-den oder Heian-jingū, eine getreue
Nachbildung des Tempels im ersten Kaiserpalast zu Kyōto vor
1100 Jahren.—Weiter nördl. die Gebäude der Kaiserlichen Universität
(D 2; mit vier Fakultäten: Medizin, Literatur, Rechts-und Ingenieurwesen)
und andrer Schulen im alten Samuraiviertel Yoshida,
dabei der niedrige Yoshidayama mit Shintōtempeln und prächtigem
Rundblick.—Östl. davon liegt am Fuße des Daimonjiyama der Ginkaku-ji
(E 1) am NO.-Ende der Stadt, 1479 als Landsitz vom abgedankten
Shōgun Ashikaga Yoshimasa erbaut (dort entwickelte er
das heute noch übliche Teezeremoniell, Cha-no-yu, zur höchsten Vollendung),
nach seinem Tode 1490 in einen buddhistischen Tempel
umgewandelt. Im alten Gebäude Tōkyū-dō ist der berühmteste Teezeremoniellraum
Japans (nach dem Kanon 41/2 Matten groß); Wände
und Schieber tragen berühmte Gemälde von Kanō Motonobu, Ōkyo,
Sōami und Kanō Einō. Im Mittelraum Bilder der Kwannon und des
Yoshimasa in Priestergewändern. Paneele von Buson und Taigadō
in andern Räumen; prächtige Kakemonos, Kuriositäten und Zeremoniellteegerät
in einem Pavillon. Daneben eine Buddhahalle.—
Im südlichen Garten steht der feine Silberpavillon Ginkaku, eine
Nachbildung des von Yoshimitsu (Großvater Yoshimasas) erbauten
Kinkaku, in einem der schönsten Landschaftsgärten Japans mit
Teich, Insel, Brücken, ausgewählten Pflanzen und Felsen.
Zwischen Ginkaku-ji und dem Miyakohotel liegen am östl. Bergrand
die sehenswerten Tempelanlagen von Shishigatani, Eikwandō
und Nanzenji; bei letzterm Keage, die schiefe Ebene zwischen dem
obern und untern Kanal, wo Boote auf Schienen hinaufgezogen
werden. Zwischen dem östl. Bergrand und dem Yoshidayama die
schönen Anlagen der Tempel Kurodani (»dunkles Tal«, ein Kloster,
im 12. Jahrh. von Hōnen Shōnin gegründet, mit der historischen Fichte
Yoroikake no Matsu) und Shinnyodō (mit wertvollen Gemälden).
Um den Yoshidayama viele Grabhügel früherer Kaiser (Misasagi).
Am Abhange des Higashi-yama (E 4, 5) liegt nahe südl. vom Awatapalast
der reizende Maruyamapark (D 4) mit vielen Teehäusern
und mehreren Tempeln.—Südl. liegt in malerischer Landschaft auf
Pfahlunterbau am Berghang der größte Kwannontempel *Kiyomizudera
(DE 5), 780 vom Priester Enchin gegründet; durch das rote
Haupttor Niō-mon steigt man auf Treppen hinauf, beim obern Tor
*Aussicht auf die Stadt. Zwei dreistöckige Pagoden und eine grüne
große Glocke stehen neben dem Tor. Die Haupthalle, Hondō, steht
auf hohem Holzpfeilergerüst; in ihrem Schrein ist das Bild der elfgesichtigen,
1000händigen und 1000äugigen Kwannon; eine breite
Veranda, Butai, schwebt über dem Abhang. Östl. vom Haupttempel
der schöne Park Nan-en oder Shin Takao mit Wasserfall zum Baden
der Wallfahrer, an der Nordseite der Garten Hoku-en, beide mit
vielen schönen Plätzen; die Straße zum Tempel enthält lauter Porzellanläden.
—Etwa 3 km südl. liegt der Inaritempel (kaiserlicher
Shintōtempel 2. Grades), mit der elektr. Straßenbahn bequem zu
erreichen; um die ganze Anlage zu sehen, ist über 1 St. Weg durch
Torii zu machen, doch kann man abkürzen. Der Tempel ist der
Reisgottheit Inari geweiht, 711 gegründet und das Urbild aller andern
[S. 377]
Inaritempel des Landes, die, wie er, sämtlich rot gestrichen sind.
Sein Park erstreckt sich über einen Hügel mit zahllosen Heiligtümern
und einigen Fuchsbauten. Am innern Eingang zwei große
steinerne Füchse (Diener und Boten Inaris). Vom Gipfel *Aussicht
auf Stadt und Umgegend. Die Tempelfeste im Februar und April
sind sehr sehenswert.—Der Tōji-in oder Osttempel mit Pagode
rührt noch aus der Zeit der Stadtgründung her.
Vor dem Nordende der Stadt liegt
nicht weit vom Kaiserpark der alte
Shintōtempel Shimogamo (Unterer
Kamo, eigentlich Kamo-Mi-oya-jinja,
»Schrein der Kamo-Ahnen«, CD 1), vom
kaiserl. Haushalt unterhalten, eine vornehme
Anlage, gegründet 677, mit
prächtigem uralten Park, worin zwei
heilige, durch einen Ast miteinander
verwachsene Sakakibäume von Frauen
viel besucht werden, um Ehefrieden
zu erflehen.—Eine schöne Kiefernallee
führt zu dem 3 km nördlichern
Tempel Kamigamo (Oberer Kamo),
der in der Kirschblüte viel besucht
wird. Das große Aoifest wird am 15.
Mai in Shimogamo und Kamigamo
glänzend gefeiert.
Vor dem NW.-Ende der Stadt liegt
dicht am Hanazonobahnhof der große
Tempel Myōshinji (1 der Umgebungskarte)
der Zensekte, früher Altenteil
des Mikado Hanazono im 14. Jahrh.
Die Tempelhallen enthalten wertvolle
Wandschirme, Kakemonos, Lackbüchsen
etc.; im Park stehen prächtige
alte Kiefern, eine vom Jahre 1462.—
In der Nähe der Kitano Temmangū
(Tenjin), kaiserlicher Tempel (2 der
Umgebungskarte), 947 gegründet, 1605
neugebaut, architektonisch schön mit
heiligem Garten.—Gegenüber der
sehr alte Shintōtempel Hirano-jinja
(3 der Umgebungskarte), fünf Göttern
geweiht, mit zur Kirschblütenzeit
vielbesuchtem Park.—Nahe nördl.
liegt in waldgrüner Umgebung der
Goldene Pavillon, *Kinkakuji (eigentlich
Rokuon-ji), 1397 vom abgedankten
Shōgun Ashikaga Yoshimitsu erbaut
als Buen retiro, dann buddhistischer
Tempel der Zensekte, steht zum Teil
im Wasser eines Sees in schönem
Garten und hat eine dreistöckige Pagode
mit vergoldeten Statuen von
Amida, Kwannon und Seishi, von
Unkei geschnitzt, in der Mitte des
Unterstocks. Mönchsstatuen des Musōkokushi
und Yoshimitsu auf den Seitenaltären.
Im Mittelstock eine Kwannonfigur
und vier Dämonenkönige.
Der Oberstock war innen ganz vergoldet,
wovon nur noch Spuren sichtbar.
Reizender Blick vom Pavillon
auf den Garten; der »Spiegelsee« (Kyōko) ist mit dichtem Gehölz umgeben.
Man beachte die von den
größten Meistern gemalten Schiebetüren,
Faltschirme und Kakemono.
Auf dem Hügel im nördlichen Garten
steht ein Teezeremonienhäuschen vorbildlichen
Stils, das Sekka-tei.
Ausflüge von Kyōto.
Vgl. Karte auf dem Plan von Kyōto.
1) Über den Hiyei-zan zum Biwasee,
lohnende Tagestour, etwas Mundvorrat
mitnehmen. Vom Kyōtohotel
(C 3) fährt man mit Rikscha über die
*Sanjōbrücke (CD 3/4; hölzern mit
Steinpfeilern in rein japanischem Stil),
vorbei an der Universität und durch
das Dorf Shirakawa (E 1/2) auf gutem
Weg, etwa 6 km zum kaiserlichen
Sommerschloß Shūgakuin-rikyū (nur
mit Erlaubnisschein, wie Kaiserpalast,
S. 371, zu besichtigen, der Schein gilt
nur für die Schlösser, die auf ihm verzeichnet
sind!), 1629 dem abgedankten
Mikado Gomizunoo vom Tokugawa-Shōgunat
angewiesen. In dem
prächtigen Park liegen drei feine
kleine Paläste, Ochaya (»erlauchte Teehäuser«,
wegen ihres Baustils) genannt,
jedes mit Garten für sich. Das mittlere
ist am reichsten mit Kunstschätzen
ausgestattet. Das oberste liegt nahe
dem Drachenteich, Yokuryōchi, umgeben
von einem Labyrinth von Inseln,
Halbinseln, Klippen, Brücken,
Gehölzen. In den reizenden Anlagen
mit Treppen und Pavillons am Berghang
sieht man den größern »männlichen«
und den »weiblichen« Wasserfall,
Odaki und Medaki. Eine Hofdame
leitete die Anlage des Parks.—Nö. von
den Sommerpalästen steigt man steil
zu Fuß oder mit Tragstuhl mit zwei
Kulis, etwa 4 km auf den Gipfel des
*Hiyei-zan (580 m), wo prachtvolle
*Aussicht auf den Biwasee und das
Tal von Kyōto (oben sollte man frühstücken!).
[S. 378]
Die Steinfigur auf dem
Berggipfel stellt den ersten buddhistischen
Abt von Hiyei-zan, Dengyo
Daishi, dar (lebte um 800), der nach
dem Kaiserpalast in Kyōto hinstarrt.
Bei ungünstigem Wetter Unterkunft in
einer Teehütte auf dem Abstieg nach
Sakamoto; östl. vom Gipfel liegen
die alten buddhistischen Klöster Kompon-chūdō
und Kōdō, deren Mönche
in den Bürgerkriegen des Mittelalters
so mächtig waren, daß der Mikado
Shirakawa den Ausspruch tat: »Nur
dreierlei in meinem Reich kann ich
nicht meistern: die Gewässer des
Kamogawa, Glücksspiele und die Bergmönche!«
In Kyōto zwangen die bewaffneten
Mönche den Hofstaat, ihre
Forderungen anzunehmen. Die alten
Bergtempel sind nur noch zum Teil
erhalten.—Auf dem Abstieg nach
Sakamoto (5 km vom Hiyei-zan) trifft
man auf die große Shintōtempelanlage
Sannō (Hiyoshi), in stiller, romantischer
Lage. Einige Minuten
weiter erreicht man das Dorf Kami
Sakamoto (Speisehaus Fuyō-en) und
südl. davon am Biwasee das Dorf
Shimo Sakamoto. Von da südl. weiter
längs des Westufers des *Biwasees
(Biwa-ko), von der Größe des Genfer
Sees, etwa 100 m ü. M., ein Einbruchsbecken
füllend, berühmt durch landschaftliche
Schönheit. [Die japanische
Poesie spricht von den acht Schönheiten
von Ōmi (Ōmi Hak-kei) des Landes,
worin der Biwasee liegt: Herbstmond
vom Ishiyama gesehen; Abendschnee
auf dem Hirayama; Abendrot
zu Seta; Abendglocke von Miidera;
von Yabase zurücksegelnde Boote;
heller Himmel mit Brise in Awazu;
Nachtregen in Karasaki; Wildgänseflug
in Katata.] Kleine Dampfer verkehren
auf dem Biwasee zwischen
den Ortschaften.
Etwa 2 km südl. vom Dorf Shimo
Sakamoto steht beim Dorfe Karasaki
eine tausendjährige heilige Riesenkiefer
von 11 m Umfang und 88 m
Ausdehnung der Zweige, doch nur
27 m Höhe. Hütte (Genji-no-ma) der
Dichterin Murasaki Shikibu (lebte um
das Jahr 1000) und Teehaus nahebei.
Weiter längs des Seeufers 4 km nach
Ōtsu (Gasthof: Hakkeikan, halbeurop.),
größte Stadt am Biwasee, mit 39595
Einw., an der Tōkaidōstaatsbahn (1/2 St.
Fahrt bis Kyōto), Bahnhof Baba am
Ostende der Stadt. Auf einem Hügel
westl. der Stadt steht der buddhistische
Tempel *Miidera, 675 begründet
und der Kwannon geweiht. Oberhalb
davon ein Kriegerdenkmal (Obelisk)
aus dem Satsuma-Aufstand 1877; dort
*Aussicht über den See. Die Glocke
im Tempelpark soll einst ein Riese
auf den Hiyei-zan getragen haben.—
Von Ōtsu führt der 1885-94 vom
Baron Kitagaki erbaute, 11 km lange
Biwaseekanal nach Kyōto durch einen
2436 m langen und zwei kürzere Tunnel.
Die etwa 11/4stündige Bootsfahrt
auf dem Kanal von Ōtsu nach Kyōto
ist zu empfehlen; oder man fahre mit
Rikscha (10 km) auf der alten Heerstraße
Tōkaidō in 2 St., vorbei am
Grabhügel des Kaisers Tenji, bewachsen
mit Kiefern, mitten in Reisfeldern,
dann südl. am Kanal entlang nach
Kyōto zurück. Statt der Bergtour
über den Hiyei-zan kann man auch
mit Rikscha (2 Mann) nach (15 km)
Miidera fahren, von da zur (4 km)
Karasaki-Kiefer (s. oben), auf dem See
mit Dampfer nach Ishiyamadera, mit
schöner *Aussicht vom Tempelplatz
auf hohem Felsabhang; dann mit
Rikscha oder zu Fuß zum (5 km) Bahnhof
Ishiyamadera und zurück mit Bahn.
2) Zu den Stromschnellen des
Hōzugawa (früher meist Katsuragawa
genannt). Man fahre mit Rikscha zum
Bahnhof Nijō(A 3, 4) am Westende der
Stadt, von da mit Eisenbahn durch
sehr malerisches Gelände in etwa 3/4 St.
nach Kameoka, dann in 10 Min. mit
Rikscha zum Dorfe Hōzu, wo man ein
Boot besonderer Bauart mit 4-5 Ruderern
für 6,50 Yen (für 6 Pers.) mietet
(Nm. für jeden Mann 50 sen mehr!).
Über die Fahrt schreibt Julius Meurer:
»Die Fahrt selbst ist hochinteressant,
aber nicht ganz harmlos, denn der
Wildbach ist reißend und sein Bett
voller Felsblöcke und Steine, zwischen
denen hindurchzusteuern nur der Kraft
und Geschicklichkeit der japanischen
Bootsführer, dieser gebornen Schiffer,
möglich ist. Es soll bei diesen tollen
Fahrten fast nie ein Unglück vorkommen.
Landschaftlich ist die Fahrt entzückend,
wir glaubten uns in unsre
Alpen versetzt.«
[S. 379]
Man fährt etwa 11/2 St. bis zu dem
dreistöckigen Teehause Sangenya-Arashiyama
(gute Küche). Von hier Rückfahrt
mit Rikscha (zwei Kulis) in 1 St.
nach Kyōto oder in 1/4 St. zum Bahnhof
Saga, von da mit Bahn nach Nijōbahnhof
oder mit der Elektrischen
zum Westende der Stadt. Wenn Zeit,
lasse man sich mit dem Boot zur Bergseite
hinübersetzen, wo hübsche Teehäuser
liegen.
3) Zum kaiserlichen Sommerpalast
*Katsura no Rikyū, nahe dem untern
Hōzugawa, fährt man in etwa 1 St.
von Kyōto auf der Straße westl. vom
Nishi Hongwanjitempel (S. 373; Erlaubnis
wie für den Kaiserpalast erforderlich!),
mit prachtvollem Landschaftspark,
umgeben von uralten Bäumen
und Bambuswald. Die Sommerhäuser
im Park sind im vornehmsten
Cha-no-yu-Stil (Teezeremoniell) ausgeführt.
Durch drei Tore gelangt man
in die Empfangshalle Okuruma-yose,
dann zur alten Halle Kosho-in, dann
zur Mittelhalle Chūsho-in, mit feinstem
Bilderschmuck in drei Räumen. Unter
den Pavillons sind der des »glitzernden
Mondes« (Geppa-rō), der der
»Blumenbewunderung« (Shōkwa-tei), der der
»Harfe in der Kiefer« (Shōkin-tei),
dann die Wartehalle Machiai und der
Inselpavillon Enrin-dō sowie die Villa
Shōiken zu bewundern. Der Park
gilt als schönste Zieranlage Japans,
er enthält 7 Pavillons, 16 Brücken,
25 Steinlaternen.
4) Zum Momoyama fährt man von
Kyōto, Shichijōbahnhof (B 6), in 1/2 St.
nach Fushimi, der Flußhafenvorstadt
von Kyōto, oder besser bis zum Bahnhof
Momoyama; noch besser benutzt
man die Elektrische, die von der Gojobrücke
nach Ōsaka fährt. Man besteigt
den kleinen Hügel, auf dem
früher ein großes Kaiserschloß lag;
Kinjō-Kaku (Pavillon des Goldenen
Schlosses) auf dem Gipfel des Momoyama
ist noch teilweise erhalten, von
hier *Aussicht. In der Nähe nw. der
Grabhügel des Kaisers Kwammu,
Gründers von Kyōto.
5) Vom Bahnhof Nijō (A 3) in 3 St.
nach Maizuru (Photographieren verboten!),
Marinestation am Japanischen
Meer, von da mit Dampfer in 1 St.
(Fahrpreis 50 sen), oder mit Rikscha
in 21/2 St. auf schönen (der Riviera
ähnlich) Wegen nach Miyazu (Hotel
Araki), gutem Seehafen, in dessen
Nähe (2 km) eins der drei berühmtesten
Landschaftsbilder Japans liegt,
die *Ama no Hashidate, »Himmelsbrücke«,
eine schmale, mit Bäumen
bewachsene felsige Riffbrücke; man
fahre mit Boot (60 sen) von Miyazu
nach Ichinomiya und steige 10 Min.
nach Ipponmatsu hinauf, dort beste
*Aussicht.
Eisenbahn von Kyōto nach Yokohama.
Die Bahn Kyōto-Nagoya kreuzt das Becken des Biwasees, übersteigt
sodann den Bergzug, der die nur 90 km breite Einschnürung
Hondos zwischen der Wakasa-und der Owaribai nordsüdl. durchzieht
und erreicht die Deltaebene des Kisogawa, in der Nagoya liegt.
—Mit der Tōkaidōstaatsbahn fährt man (l. sitzen!) vom Kyōtohauptbahnhof
Shichijō (Bahnwirtschaft) über (3 km) Inari (S. 376),
(8 km) Yamashina nach (16 km) Baba, Bahnhof für Ōtsu (S. 378),
dann über das Südende des Biwasees, wobei man r. die alte berühmte
lange Brücke (Seta no Nagahashi) bei Seta sieht, dann nordöstl.
nahe dem Seeufer über (26 km) Kusatsu und (66 km) Hikone
(Gasthof Rakuraku-tei, mit europäischem Essen) mit Daimyōburg l.
auf bewaldetem Hügel, weiter durch schöne Berglandschaft mit
vielen Ausblicken auf den Biwasee nach (72 km) Maibara, wo die
Bahn den See verläßt, sich östl. ins Gebirge wendend.
Zweigbahn: Von Maibara nördl. in
2 St. nach (67 km) Tsuruga (Tsuruga
Hôtel), einem sehr lebhaften, wichtigen
Seehandelshafen, von wo dreimal wöchentlich
Dampfer der Ōsaka Shōsen
Kaisha und der Russischen Freiwilligen
Flotte (Agentur N. Federoff, Tel.-Adr.
»Flot«) nach Wladiwostok laufen, mit
Anschluß an die Sibirischen Luxuszüge
(S. 301); Fahrkarten für alle europäischen
Hauptstädte sind in der Agentur
Tsuruga zu bekommen.
[S. 380]
(Fahrzeit
bis Wladiwostok zwei Nächte und
einen Tag.) Sehenswert ist in Tsuruga
der große Shintōtempel Kebi-jinja mit
schönem Torii; Ausflüge zum Kanagasaki-jinja
und zur Insel Bentenjima
(4 km).
Von Maibara weiterfahrend, sieht man l. öfter den Gipfel des
Ibuki-yama (etwa 1300 m), eines der »Sieben hohen Berge« Mitteljapans.
Starke Steigung bis (83 km) Nagaoka, dann bergab bis (94 km)
Seki-ga-hara (altes Schlachtfeld und Sperrfeste der Heerstraße) und
weiter in ebenem, gut bebautem Lande über (108 km) Ogaki, mit
Daimyōburg r. und Blick auf den fernen Hakusan (2680 m) l., nach
(122 km) Gifu (Gasthöfe: Tamaiya; Tsu-no-kuni-ya, beide 20 Min.
vom Bahnbof), Hauptstadt der Provinz Gifu mit 40168 Einw.,
berühmt durch seine Fabrikation von Papierlaternen und Papier
(Minogami); vom Hügel nö. der Stadt *Aussicht; in der Umgegend
viel Seidenraupenzucht. In der Nähe, auf dem Nagarafluß, *Fischfang
mit Kormoranen.—Hinter Gifu kreuzt die Bahn den Kisogawa und
läuft durch fruchtbare Reisfelder nach
(153 km) Nagoya (Nagoya Hôtel, 30 Z., Pens. 6-10 Yen tägl.,
europ., gut; jap. Gasthof Shinachū; schöne Teehäuser: Tōyō-kwan;
Shin Kimpa; Theater: Misono-za, Suehiro-za; Porzellan: Tashiroya,
Suzuki, Katō; Cloisonnéarbeiten: Hayashi, Kumeno, Andō, Kawaguchi;
Curios: Nakarin, Asahina), Hauptort des Aichi Ken und
der Provinz Owari, an der seichten Bucht von Owari, Bahnknotenpunkt,
in der Tokugawazeit Sitz der Daimyō von Owari. Die
Stadt hat ein großes Schloß des frühern Daimyō (jetzt Kaserne),
Präfektur, Hospital, Postamt in europäischem Baustil, großen Tempel
und nahezu 400000 Einw., die Rohseide, schöne Stickereien,
Emaillierung von Kupfer und Porzellan anfertigen, auch das Porzellan
von Seto vertreiben.
Rundfahrt. Mit Rikscha zur großartigen *Daimyōburg Rikyū
(O Shiro), umgeben von Zyklopenmauern mit seltsam bedachtem,
fünfstöckigem Hauptbau, 1610 erbaut, eine der Hauptsehenswürdigkeiten
Japans. Die geschweiften Dächer sind gekupfert, der Bau
ist aus Holz. Oben *Aussicht auf Stadt und Meer. Wer mit Erlaubnisschein
(S. 371) versehen, kann die kaiserlichen Gemächer besichtigen,
mit kostbaren Goldlackschiebewänden, Alkoven (Tokonoma),
Wandschirmen, Kakemono erster Künstler, mit geschnitzten
Kasten etc. aus Kampfer-und Kamelienholz, und schönsten Bronzekunstwerken
(Malerei meist Kanōschule). Den von Tan-yū mit chinesischen
Szenerien dekorierten prächtigsten Raum benutzte der Shōgun,
wenn er den Daimyō des Owarigeschlechts besuchte. Die Anlage der
Burg erkennt man vom Oberstock; im Schloßgraben wird zahmes
Wild gehegt. (Trinkgeld wird vom Schloßwart meist nicht angenommen.)—
Sehenswert ist auch der vornehm-stolze buddhistische Tempel
*Higashi Hongwanji, abgeschlossen von hohen Mauern, mit uralten
Kiefern im Tempelhof. Das doppeldachige Torhaus hat drei reichgeschmückte
Portale, die Haupthalle ist ein Meisterwerk modernen
Tempelbaues mit vielen Kunstschätzen im Innern.—An der NO.-
Grenze der Stadt liegt der Tempel der Go-hyaku Rakan, beachtenswert
[S. 381]
wegen einer ergötzlichen Sammlung von 500 etwa 60 cm hohen
Holzfiguren, Jünger Buddhas (Rakan) darstellend, auf einer Hintergalerie
aufgestellt, alle in Ausdruck, Haltung und Attributen voneinander
verschieden.
Plan von Nagoya.
Ausflug nach Yamada (Ise) nach S.,
entlang der Westseite der großen
Owaribucht. Mit der Kwansaibahn
60 km bis Kameyama (Wirtschaft Arakiya
am Bahnhof, mit europ. Essen);
dann umsteigen in die Sangubahn nach
(117 km) Yamada (Gonikaihotel,
ganz gut; Yamadahôtel, beide 10 Min.
vom Bahnhof, europäisch, Pens. 4-5
Yen; Japan. Gasthof Aburaya; Museum,
Besuch empfohlen; schöne Teehäuser,
dort graziöse und religiöse
Tänze »Ise Ondo« 3,50 Yen, »Shō Kagura« 5 Yen, »Dai Kagura« 10 Yen,
»Dai-dai Kagura« 20 Yen; in den
Straßen wird »O Sugi O Tama« für
5 sen getanzt), stark besuchter Wallfahrtsort
mit 29000 Einw., den am 17.
Febr., 14. Mai, 17. Juni, 14. und 17.
Okt., 23. Nov., 17. Dez. Tausende
von Pilgern besuchen. Reinigungsfest
(Ō-barai) am Letzten jeden Monats.
[S. 382]
Man nehme Rikscha für den ganzen
Tag (etwa 1,70 Yen), fahre vom Gasthof
zum *Gekū (»äußerer Schrein«),
einer großen shintōistischen Tempelanlage
in schönem Park, der Erd-und
Nahrungsgöttin Ukemochi-no-Kaini geweiht,
mit vielen Heiligtümern; die
Hallen zeigen noch die älteste und
einfachste japanische Tempelbauart,
unbeeinflußt vom chinesischen Stil.
(
Man hüte sich, den weißen Vorhang
an dem strohgedeckten Tor,
gegenüber dem Eingangstor, zu berühren,
durch den Vorhang dürfen
nur Mitglieder der Kaiserfamilie gehen;
der japanische Minister Freiherr Mori
hob den Vorhang 1888 mit seinem
Stock und wurde deshalb in Tōkyō
kurz darauf von dem strengen Shintōisten
Nishino Buntarō ermordet; das
Grab des sofort erschlagenen Mörders
aber ist eine Pilgerstätte ihm Gleichgesinnter
geworden.) Die ganze Tempelanlage
wird alle 20 Jahre abgebrochen
und nebenan auf freiem Platz
wieder aufgebaut (letzter Neubau und
Einweihung [Sengū] im Oktober 1909).
Die eigentliche Tempelanlage liegt hinter
der Halle für die Kaguratänze.
Die Pilger, die täglich Lebensmittel
als Opfer bringen, erhalten Amulette,
—Vom Tempel fährt man weiter
auf bequemem Weg etwa 8 km nach
*Futami-ga-ura (Gasthöfe: Taiyōkan,
Futami Hotel, 50 Z. mit Seebad), Dorf
in malerischster Lage an der Owaribucht;
hier sieht man die Klippen
Me-oto-ishi (Mann und Frau Fels), verbunden
durch ein Strohseil, das die
eheliche Vereinigung symbolisiert, aber
auch Seuchen fernhalten soll.—Nach
erfrischendem Seebad 8 km weiter auf
schönem, hügeligem Weg nach Toba
(Gasthöfe: Ōsaka-ya, 20 Z., einfach;
Kinbokan), stillem Hafenstädtchen, von
wo man den nicht hohen *Hiyori-yama
besteigt, dessen Aussicht über das
Meer, den Fuji-no-yama, Hakusan und
viele andre Berge berühmt ist.—
Gegenüber von Toba, auf der Insel
Tōshi-jima, wie auch an andern Orten
derselben Inselprovinz, sind die Weiber
als Taucherinnen tätig, um Quallen
und Seegras zu fischen.—Gute Fußgänger
sollten auf dem Rückweg den
*Asama-yama (400 m) besteigen; auf
dem Gipfel, beim Teehaus Tōfuya,
wundervolle Aussicht auf Meer und
die Berge Mitteljapans. Man steige
bis zum Oku-no-in des heiligen Berges,
der Aussieht wegen, dann sehr schöner
Abstieg, wieder am Teehaus vorbei,
in der Richtung auf das Dorf Uji zu
und zum *Naigūtempel, dem heiligsten
Tempel Japans, der Sonnengöttin
Amaterasu geweiht, mitten in einem
*Hain alter Kryptomerien u. Kampferbäume
am Isuzuflüßchen. Eine große,
in Weihaiwei erbeutete Kanone liegt
dort als Weihgeschenk für die Göttin.
Die Tempelanlage ist ähnlich dem
Gekūtempel, aber größer; sie wurde
1909 umgebaut.
Ausflug in die Japanischen Alpen.
Die sogen. Japanischen Alpen (der
Ausdruck ist insofern recht unglücklich,
als das Gebirge weder im Aufbau
noch nach den äußern Formen
mit unsern europäischen Alpen Ähnlichkeit
hat) sind für den Geologen
und Geographen besonders interessant,
weil sie in dem Teile Hondos
liegen, wo die »sinische« und die
»sachalinische« Streichrichtung in der
Gebirgsauffaltung einander begegnen.
Die ältern Gesteine von Nordhondo
sind von Kräften zusammengepreßt
und aufgefaltet, die von W. und O.
her wirkten, so daß nordsüdlich verlaufende
Gebirgszüge entstanden; in
Westhondo wirkten die gebirgsbildenden
Kräfte in andrer Richtung, so daß
hier von WNW. nach OSO. (wie in Südchina,
daher sinische Streichrichtung)
gerichtete Bergzüge entstanden. Sehr
verwickelt ist die Gestaltung des Gebirgsbaues
natürlich in Mittelhondo,
zwischen Nagoya und Tōkyō, um so
mehr, als in diesem Gebiet auch eine
sehr starke vulkanische Tätigkeit einsetzte.
Von den unten genannten
Hauptgipfeln der Japanischen Alpen
sind der Ontake und der Norikura
aus jungvulkanischem Gestein (Trachyt)
aufgebaut, der Yarigatake im
Hidagebirge aus Granit. Auch pflanzengeographisch
ist das hohe Gebirgsland
im N. von Nagoya sehr interessant.
Die höchsten Gipfel und selbst
die hohen Pässe werden selten ganz
frei von Schnee, doch gibt es keine
Gletscher.
Man fährt mit der neuen Nakasendōbahn
nordostwärts durch hügeliges
Gelände über eine niedrige Wasserscheide
ins Tal des Kisogawa und
in diesem aufwärts über Nakatsu-gawa
und Oukushima, dann über
einen Paß ins Tal des Saikawa nach
Shiojiri (Gasthof Kawakami), dort
schließt die Kōbulinie an, die über
Kōfu (Präfekturstadt mit 44188 Einw.)
laufend in Tōkyō, Bahnhof Iidamachi,
endet.
[S. 383]
Gute Unterkunft in Fukushima
(Gasthöfe: Tawaraya und Tsudaya);
von hier schöner Weg (9 km) nach Agematsu
(Gasthof Hakuchi) in sehr schöner
Berglandschaft; von hier oder von
Fukushima über Ōtaki Ersteigung des
*Ontake (3185 m), des zweithöchsten
Gipfels Japans; Entfernung von Fukushima
bis zur Unterkunftshütte nahe
beim Gipfel etwa 37 km, bei Frühaufbruch
in einem Tag zu machen.
Im Juli bis September (beste Zeit zur
Besteigung) sind viele Hütten für Pilger
auf dem Bergweg, ähnlich wie auf
dem Fuji-no-yama (vgl. wegen Ausrüstung
etc. S. 384). Ein andrer schöner
Weg führt von Tsumagō bei Nakatsugawa
über Hirose und Ōdaira-tōge
über einen Gebirgszug nach Iida
(Gasthöfe: Shōgodō, Ryūshi-kwan),
eine blühende Landstadt; von da mit
Rikscha (10 km) nach Tokimata (Gasthof
Umenoya); dann mit Boot die *Tenryugawa-Stromschnellen
in großartiger
Landschaft in 10-20 St. etwa 150 km
stromab bis nahe zur Stat. Hamamatsu
(Gasthof Ōgomeya) der Tōkaidōbahn.
Besonders großartig, aber beschwerlich,
nur im Sommer und mit wenig Gepäck
ausführbar ist die Partie durch
das Herz der Japanischen Alpen:
1. Tag: Von Shimashima bei Matsumoto
(nördl. von Shiojiri im Saikawatal;
Gasthof Marumo, gelobt) über
Shirahone und den Abotōge (1840 m)
nach dem Badeort Hirayu, mit Besteigung
des Norikura (3075 m, sehr
lohnend); 2. Tag: Von Hirayu nach
Funatsu (Nakaya Hotel, Gasthof Ōya);
von hier Rikschaweg nach Toyama
(Toyama Hotel) an der Westküstenbahu;
3. Tag: Von Funatsu nach (28 km)
Gamada; 4. Tag: Von Gamada nach
Kamikoji (mit Besteigung des Yarigatake
und Hodakayama); 5. Tag: Von
Kamikoji über den Tokugotōge (2400
m) nach Shimashima zurück. Näheres
vgl. W. Weston, Mountaineering and
Exploring in the Japanese Alps 1891
till 1894, Preis 0,50 sen.
Von Nagoya führt die Bahn durch wildes Gebirge mit vielen
Tunneln, häufig Fernblicke auf den Fuji, nach (193 km) Okazaki,
Geburtsort des großen Shōguns Ieyasu; zwischen (225 km) Toyohashi
und (231 km) Futagawa steht ein Bronzebild der Kwannori l.
auf einer Felsenspitze. Bei (241 km) Maizaka erreicht die Bahn die
hier flache Küste, l. liegt eine große Lagune, im Hintergrund
Berge, r. sieht man die Brandung des Stillen Ozeans. Dann über
(261 km) Hamamatsu (gute Gasthöfe am Bahnhof) und (290 km)
Kakegawa nach
(354 km) Shizuoka (Daitōkwan Hotel, europ., gelobt, Pens. 7 Yen
tägl.; Kiyō-kwan), Hauptstadt der Provinz Suruga mit 48744 Einw.
und bedeutender Lackindustrie, Bambusflechtwerk und Teebau in der
Umgegend. Sehenswert sind die buddhistischen Tempel Rinzaiji,
Sengen (von dessen 105 Stufen hohem Oku-no-in *Aussicht) u. Hodai-in.
Ausflug mit Rikscha nach (12 km)
*Kunō-zan, einer sehr alten Tempelanlage
auf einem Hügel, nicht weit
vom Meere, zu der etwa 1000 steile
Stufen hinaufführen (bei heißem Wetter
trotz des Baumwuchses unbequem).
Man glaubt eine Bergfestung zu sehen;
Führer ist für den Zickzackweg nötig.
Oben großartige *Aussicht. Die erste
Tempelhalle ist der Stall des heiligen
(hölzernen) Pferdes, davor ein heiliger
Brunnen, weiter r. ein Trommelturm,
l. ehemaliger Standort einer von den
Shintōeiferern entfernten fünfstöckigen
Pagode; noch höher der Kaguratanzplatz
und die Schatzkammer mit kostbaren
Rüstungen und Priestergewändern,
dann die außen rote Haupthalle,
innen gold und schwarz, mit Bildern
der 36 Dichterheiligen (die Bonzen erwarten
Geldgeschenke).
[S. 384]
Auf der höchsten
Höhe der achteckige Grabstein
des Shōguns Ieyasu, der hier begraben
lag, ehe das Mausoleum zu Nikkō für
ihn errichtet wurde.—Abstieg zum
Dorf Nekoya (Gasthof Ishibashi), dann
mit Rikscha 11 km zum Bahnhof
Okitsu (Tōkai Hotel, halbeurop.).
Von Shizuoka mit der Bahn weiter über Okitsu (s. oben) längs
der Küste der schönen *Surugabucht über (364 km) Kambara, dann
durch Zuckerrohrfelder und bei (368 km) Iwabuchi über die Brücke
des Fuji-kawa (hier schönster *Anblick des Fuji) durch Marschland
längs des Strandes bis (393 km) Numazu (Seebad); dann biegt die
Bahn nördl. nach (402 km) Sano (1,6 km vom Bahnhof ein Gasthof
am schönen Wasserfall Sano-no-taki) und erreicht
(417 km) Gotemba (Gasthof Furokan, am Bahnhof Gotembakwan;
beide europ. Essen), alte Stadt in dem Plateau, das vom Fuji-no-yama
zum Hakonegebirge herüberführt, Station für die Besteigung
des Fuji (von Yokohama mit der Bahn in 3 St. zu erreichen).—
Der berühmte Vulkan *Fuji-no-yama (oder Fuji-san, kurz Fuji;
das von den Fremden allgemein gebrauchte Wort Fuji-yama ist unjapanisch!),
der höchste und heiligste Berg Japans, oft als Motiv
der japanischen Malerei (Hokusai) und Dekorationskunst verwendet,
erhebt sich als regelmäßige Pyramide mit abgestumpfter Spitze bis
3778 m. Die ebenmäßige Form des Berges wird nur durch einige
kleine parasitäre Krater und durch radiale Wasserrinnen etwas gegliedert.
In den Gipfel ist ein Krater von 500 m Durchmesser und
180 m Tiefe eingesenkt. Seit 1708 ruht der Vulkan, darf aber keineswegs
als ganz erloschen gelten. Der letzte Ausbruch von 1707/08
war sehr heftig und lieferte in der Hauptsache Asche, die namentlich
das ganze südwärts gelegene Gebiet bis 3 m hoch bedeckte. An
der Südostseite des Berges öffnete sich eine Spalte, der Lava entquoll;
sie bildete den parasitären Kegel Hōei-zan, an dem man beim
Aufstieg von Gotemba aus vorüberkommt. Die Kultur steigt in
Suruga auf der Südseite (viel Teebau) 600-700 m hoch; dann folgt
blumenreiches, baumloses Gebiet (Hara) bis 1500 m, Wald bis 2400 m,
dann die Krummholzregion bis 2600 m und schließlich die Region
der Hochgebirgsflora, die aus arktischen und alpinen Pflanzenarten
gemischt ist. Der Gipfel ist nur im Juli und August schneefrei und
wird dann jährlich von 16-20000 buddhistischen Pilgern erstiegen.
Der Berg und Umgebung sollen in einen Staatspark umgewandelt
werden. Der Fuji-no-yama ist der auffallendste Gipfel in einer
Reihe von Vulkanen und aus jungvulkanischem Material aufgebauten
Bergen, die sich, längs einer Gebirgsspalte emporgequollen, durch
Mittelhondo von SW. nach NO. hindurchzieht und südwestwärts
bis zu den Bonininseln und den Marianen zu verfolgen ist. In
nächster Nähe des Fuji-san gehören zu diesen vulkanischen Erhebungen
der Ashitakayama und das Hakonebergland, weiterhin
die Halbinsel Izu zwischen der Suruga-und der Odawarabucht und
die Shitshito (7 Inseln) südl. der letztern, von denen mehrere tätige
Vulkane sind.
Die Besteigung des Fuji von Gotemba
aus erfordert zwei Tage Zeit;
nur vom 15. Juli bis 10. Sept. sind die
Unterkunftshütten (Nachtlager 1 Yen)
geöffnet; beste Zeit 25. Juli bis 10. Aug.
Europäische Lebensmittel: Konserven,
Tee, Schokolade, Hartbrot und Wein
bringe man aus Kobe oder Yokohama
reichlich mit (weil man bei Nebel tagelangen
Aufenthalt haben kann); auch
warme Kleidung und Wolldecken
(letztere kann man auch in Gotemba
mieten, aber sie sind vielbenutzt!).
[S. 385]
Auf dem Gipfel friert es nachts im
heißesten Sommer! Führer (gōriki)
tägl. 11/2-3 Yen, Träger, Pferde mit
europ. Sattel erhält man in Gotemba
(von Gotemba ein Pferd bis Umagaeshi
1,50, bis Tarōbō 2,10, bis Nigōme 2,50
Yen). Wenn Zeit, braucht man nicht
in Gotemba zu übernachten, sondern
kann mit Straßenbahn noch 10 km weiter
nach Subashiri, am Osthang des
Fuji, fahren, von wo der Aufstieg etwas
bequemer sein soll. Sowohl von Gotemba
als von Subashiri breche man
sehr früh (gegen 2 Uhr) auf, um beim
Aufstieg den Sonnenaufgang zu genießen.
Von Gotemba reitet man bis
Tarōbō (1830 m) oder bis Nigōme (d. h.
»Zweite Station«); von Subashiri reitet
man bis zum Umagaeshi (d. h.
»Pferde zurücklassen«), läßt die Pferde
dort, die besonders nach dem anstrengenden
Abstieg auf dem Rückweg sehr
zustatten kommen. Am meisten benutzt
wird jetzt der Weg von Gotemba
über Nakabata und Tarōbō; er ist in
zehn Stationen geteilt, Tarōbō (16 km
von Gotemba) ist Nr. 1 in etwa 1830 m
ü. M. In Tarōbō rüste man sich mit
Bergstock (Fujistock), hohen Gamaschen,
Strohsandalen (unter die eignen
Bergschuhe gebunden!) und bei unsicherm
Wetter mit Strohregenmantel
(Bauerntracht) aus. Nun langsam stetiger
Aufstieg. Man beachte, daß die
besten Unterkunftshütten des Gotembaweges
auf Nr. 5, 6, 8 und
10 (Gipfelstation) sind (Übernachten
kostet 1-1,20 Yen). Station Nr. 3 liegt
2160 m ü. M., von da über Nr. 4
(2420 m) bis Nr. 5 (2640 m) führt der
Weg um den Hōei-zan-Gipfel; auf Nr. 5
halte man Mittagsrast. Nun beginnt
der mühsame und steile Aufstieg;
statt der bisher feinkörnigen Lava
steigt man über große lose Brocken;
bei Nr. 6 (2840 m) führt ein Seitenweg
auf den Hōei-zan (nicht verlaufen!).
Bei Hütte Nr. 8 (3230 m) stärke man
sich mit heißem Tee für den letzten,
anstrengendsten Aufstieg über lose
Asche und Lavablöcke; in den Spalten
findet man Schneereste, Schneefelder
fehlen. Auf Nr. 10 (3778 m), dem
Gipfel, sind drei bequeme steinerne
Hütten, wo man sich sofort Schlafplätze
sichere; sind alle besetzt, muß
man um den Gipfel herum nach der
Subashiri-Wegseite, etwa 1/2 km nördl.
gehen, um dort Schlafplätze zu suchen.
Wenn Zeit, steige man noch in den
Krater hinab, wo noch heißes Wasser
fließt und Dämpfe aufsteigen. Der
Abstieg in den Krater erfordert 1/2 St.,
der Aufstieg 3/4 St.; man nehme Führer
mit! Vor Sonnenuntergang ziehe man
warme Kleidung in der Hütte an und
beobachte dann von einer Kuppe den
Sonnenuntergang, ebenso den Sonnenaufgang
am nächsten Morgen. Bester
Aussichtspunkt (auch für den Sonnenaufgang)
ist der höchste Gipfel Kenga-mine;
die *Aussicht auf Hakonesee
(S. 386), Fujikawa, Surugabucht etc.
ist großartig.—Dann Abstieg (nicht
rutschen, wie die Japaner!) auf demselben
Wege in 5 St. über Tarōbō
(Pferde besteigen) nach Gotemba.—
Auf dem Subashiriweg sind die besten
Stationen Chujiki-ba, 1 km unterhalb
Nr. 1, ferner Nr. 2, 6 und der Gipfel.
Bei Nr. 9 ist der Heiligenschrein
Mukai-Sengen (»Willkommen heißende
Sengen [Göttin des Fuji-Berges]«).
Von Gotemba führt die Bahn im Bogen um das Hakonegebirge
durch wilde Gebirgslandschaft mit vielen Tunneln und Brücken
über (436 km) Yamakita (Gasthof Asahiya; 1/2 St. vom Bahnhof der
60 m hohe Wasserfall Hirayama-no-taki), dann bergab im Tal des
Sakawa-gawa nach
(452 km) Kōzu (Gasthof Kōzu-kwan), Ort am Strande der schönen
Odawarabucht (von Yokohama 11/2 St. Fahrzeit), r. die Halbinsel
Izu, im Meere die Vulkaninsel Ōshima und l. das Küsteninselchen
Enoshima (S. 392).—Man fährt von hier mit elektrischer Straßenbahn
in 1 St. auf der alten Heerstraße Tōkaidō vorbei an dem freundlich
am Seebadestrand gelegenen, aus einer ganzen Häusergruppe
bestehenden Gasthof Shōtō-en (jap. und europ.) und über die Brücke
des breiten Sakawa-gawa zur geschichtlich berühmten Seestadt
Odawara (Gasthof Koiseya), wo die Straßenbahn vor der Mauerruine
[S. 386]
der alten Burg hält. Im malerischen Burghain liegt ein 1900
erbautes Schloß des Kronprinzen (kein Zutritt). 10 Min. weiter im
Hayakawatal erreicht die Bahn Yumoto (Gasthof Fukuzumi, zum
Übernachten wähle man den Gasthof Suzuki, 45 Z., Pens. 3-5 Yen,
im benachbarten Dorfe Tōnosawa, 1/2 km talaufwärts, beide Orte
mit heißen Bädern). Nun mit Rikscha in 1 St. (mit zwei Kulis etwa
50 sen) oder zu Fuß, Gepäck tragen lassen, in anmutiger Berglandschaft,
zuletzt mit starker Steigung über Dōgashima (heiße Quellen
und Wasserfall) nach
Miyanoshita (420 m; Fujiya Hôtel, europ., gut, Pens. tägl. 7 Yen,
für 2 Pers. 11 Yen, heiße Bäder frei, sehr geeignet zum Erholungsaufenthalt;
Hôt. Naraya; Umeya Hotel, jap.; Photograph Shima, neben
Fujiya Hôtel), beliebter Sommerfrische für Europäer im Talkessel des
Hayakawa, in schöner Umgebung mit vielen Spazierwegen, reinster
Luft, schwach salzhaltigen heißen Quellen (für Rheumatiker).
Miyanoshita liegt mitten im Hakone-Gebirge,
das durch den Sattel
von Gotemba mit dem Fuji-no-yama
zusammenhängt. Wie unsre Karte
sehr schön zeigt, besteht es in der
Hauptsache aus einem großen Ringwall,
einer alten Vulkanruine, in dem
wieder ein kleineres Vulkangebirge aufsteigt,
ähnlich wie der heutige Vesuvgipfel
innerhalb der Somma. Der ringförmige
Graben zwischen beiden ist
im W. vom Hakonesee ausgefüllt. Nach
O. gegen Odewara hat der Ringwall
eine Öffnung, durch die die Straße
über Yumoto heraufführt.
Umgebung von Miyanoshita. Nach
Kiga (1/4 St. talauf) zum Goldfischteehaus,
oberhalb davon an steilem
Hang das Teehaus Miharashi, d. h.
»schöne Aussicht«; 1/4 St. weiter das
Dorf Miyagino an beiden Ufern des
Hayakawa; auf den *Sengenyama hinter
dem Fujiya Hôtel 1/4 St. bis zum Gipfel
(mit Teehaus u. *Aussicht); nach Kowaki-dani
(Mikawaya Hôtel, halbeurop.,
78 Z., Pens. von 5 Yen an, verhältnismäßig
gute Küche, Schwefel-u. Eisenbäder;
Kaikatei Hotel) 1/2 St.; nach
Gora (heiße Quellen).—Ausflüge (1/2
Tag}: Auf den Myōjōgatake (Mukōyama)
gegenüber Miyanoshita (anstrengend).
—Auf den *Kamiyama (1440 m), den
höchsten Gipfel des Hakone-Gebirges;
Aufstieg 21/2 St., zum Teil ohne
Weg (für Damen nicht geeignet); großartige
*Aussicht auf die Surugabucht,
die Sagamibucht und den Fuji.—
Auf den Otome-tōge (Jungfernpaß) zu
Pferd (1/2 Tag 2 Yen, 1 Tag 3 Yen), in
Sänfte (mit 4 Kulis hin und zurück
3,20 Yen) oder zu Fuß 12 km bergauf
über das Dorf Sengoku (von hier Aufstieg
in 1 St. zum Kintokisan mit schöner
Aussicht), wo der Aufstieg zum
Paß beginnt; oben Blick auf die Ebene
vor dem Fuji.
NB. Wer von Miyanoshita aus den
Fuji besteigen will, reitet über diesen
Paß nach Gotemba (S. 384).
Von Miyanoshita über den Hakonesee
nach Atami (Pferd 31/2 Yen, Kuliträger
je 1,50 Yen, Fußgänger nehmen
Strohsandalen unter die Stiefel), etwa
25 km, wofür 7 St. Zeit mit Ruhepausen
nötig. Der steile Bergpfad
führt an Kowaki-dani und am Bentenyama
(*Aussicht) vorbei nach (6 km)
Ashinoyu (874 m; Gasthöfe: Matsuzakaya,
europ. Betten und Essen;
Kinokuniya), besuchter Badeort mit
heißen Schwefelquellen (gegen Hautleiden
und Rheumatismus), öde Umgebung,
kühl und nebelreich im Sommer.
—Der Weg ist weiterhin eben,
l. drei Steindenkmäler für die beiden
Nationalhelden Gebrüder Soga und die
schöne Kurtisane Tora Gozen, und
nahebei r. halb vom Gebüsch verdeckt
ein Felsblock mit den Bildern der *Ni-jū-go
Bosatsu (25 buddhistische Heilige),
1293 in den Stein gehauen. Etwas
weiterhin liegt am Wege ein Felsen
mit dem Riesenrelief *Rokudō no Jizō
(Schutzheiliger der Reisenden etc.),
vor dem am 23. Aug. ein Fest gefeiert
wird.—Nun bergab zum
[S. 387]
*Hakonesee (Ashi no ko), ein 6 km
langer Bergsee am SW.-Abhang des
Kamiyama (s. oben); man erreicht zuerst
das kleine Dorf Moto-Hakone
(Gasthof Matsuzakaya auf einer Terrasse
am See, europ., empfohlen;
Pens. 4-5 Yen tägl., in dessen Nähe am
Tōkaidō Teehäuser und der japanische
Gasthof Tsujiya. Dann auf einer hügeligen
Halbinsel ein kaiserliches Sommerschloß
(Rikyū) in europ. Bauart
(kein Zutritt), mit bestem Blick über
den See zum Fuji. Die Kryptomerienallee
des Tōkaidō führt vom Schloß
zum Ort *Hakone-machi (725 m;
Hakone Hôtel, halb europ.), mit fleißigen
Holzschnitzkünstlern, in herrlicher
Lage am See, 11 km von Miyanoshita.
Man suche die See-Ecke, in
der sich der Fuji spiegelt (Hakone no
saka-Fuji) auf. Europäische Familien
nehmen Sommerwohnung im Ort, führen
Hausstand mit eigner Dienerschaft.
—Seitwärts vom Tōkaidō liegt 1/4 St.
von Hakone der stimmungsvolle Tempel
*Gongen, zu dem Stufen mit prächtiger
Kryptomerienallee hinanführen,
in uraltem Wald von Pinien, Eichen,
Föhren, Ahorn, Kastanien, mit Farren;
viele Torii und Steinlaternen. Unterhalb
des Tempels stand am Tōkaidō
bis 1871 das alte Straßensperrtor (Hakone
no seki), wo die nach Yedo (Tōkyō)
Reisenden (auch der erste europäische
Japanreisende Kaempfer 11.
März 1691) die Pässe vorzeigen mußten.
—Von Hakone kann man auf dem
alten Tōkaidō über das Dorf Hata
(Wirtschaft) zu Pferd oder in Sänfte
bequem in 4 St., zuletzt durch schöne
Landschaft zurück nach Yumoto (S. 386),
gelangen. Auf dem Hakonesee Bootsfahrten.
Nach der Mittagsrast in Hakone
südl. bergauf und bergab (Führer
unentbehrlich) zum *Jikkoku-tōge
(Zehnprovinzenpaß), 980 m, mit prächtiger
*Aussicht auf den Stillen Ozean
und zehn japanische Provinzen sowie
auf den Fuji. Die Paßhöhe liegt etwa
10 km von Hakone, etwas weiter unterhalb
ein Teehaus; dann folgt steiler
Abstieg etwa 4 km nach Atami (Atami
Hôtel, europ.; Fujiya und andre jap.),
besuchtem Badeort (Hauptzeit im Winter)
an der Meeresküste, mit heißen
Quellen und einem *Geiser (Oyu); er
sprudelt alle 4 St. mitten im Ort aus
der Erde hoch, ist aber gefaßt und hat
eine Inhalationshalle (Kyūkikwan) für
Kehlkopf-und Lungenleidende. Der
Geiser wurde schon 749 vom buddhistischen
Abt Mangwan besucht. Vor
Atami liegt die Insel Ōshima mit Vulkan.
—Von Atami am nächsten Tage
mit Kleinbahn (Keiben Tetsudō) in etwa
3 St. 28 km längs der Japanischen
Riviera an der gebirgigen Küste der
schönen Odawarabucht, vorbei an den
malerischen Fischerdörfern Izusan,
Yugawara (4 km landein heilkräftige
Thermen gleichen Namens), Yoshihama,
Fukuura, Manazuru (am gleichnamigen
Kap), Enoura, Nebukawa und
Komekami (sämtlich mit Teehäusem
zum Erfrischen) nach Odawara (S. 385):
von da in 1/2 St. mit elektr. Straßenbahn
nach Kōzu.
Von Kōzu (S. 385) führt die Tōkaidōstaatsbahn über (484 km)
Ōfuna (Zweigbahn nach Kamakura, S. 391) nach (502 km) Yokohama
(S. 388), wo Fernschnellzüge nicht am Hauptbahnhof, sondern auf
dem Vorortbahnhof Hiranuma, 3 km nördl. von der Stadt, halten.
Dampferfahrt Kōbe-Yokohama in etwa 28 St. Von Kōbe (S. 361)
mit SW.-Kurs durch die Idzumi Nada (S. 358) und die malerische
Yurastraße zwischen dem Ostkap von Awaji-shima und der kleinen
Insel Tomoga-shima hindurch, dann südl. bis Kap Hiino Misaki, von
da durch den Kiikanal sö. längs der Küste nach (100 Seem.) Kap
Shiwo Misaki mit Leuchtturm; nahebei die mit Fischerdörfern dicht
besetzte Insel Ōshima, Mittelpunkt des japanischen Walfischfanges,
von der ab durch den Stillen Ozean auf Kap Irosaki (Südspitze
der Halbinsel Izu an der Ostseite des Surugagolfs) mit ONO.-Kurs
gesteuert wird, bis der Leuchtturm der (174 Seem.) Felseninsel Mikomoto
umsteuert ist; diese Fahrt wird oft durch Seegang unbequem.
Nun läuft der Dampfer zwischen der Ostküste von Izu und der vulkanischen
Vriesinsel (Oshima) mit dem 760 m hohen, stets rauchenden
[S. 388]
Vulkan Mihara durch und mit nö. Kurs in den Uragakanal ein,
der in den Golf von Tōkyō führt; in ihm liegt der (348 Seem.)
Hafen von Yokohama.
Plan von Yokohama.
Yokohama.
Vgl. den beifolgenden Plan.
Ankunft zur See. Von Kannonsaki,
dem Kap am NW.-Ende des Uragakanals,
in dessen Nähe die Seestadt
Uraga (S. 392) liegt, steuert man am
Kriegshafen Yokosuka (S. 392) l. vorbei
mit nw. Kurs in den Hafen Yokohama,
wobei man öfter den Fuji (S. 384)
sieht. Der Dampfer läuft dann durch
die großartigen Molenbauten in den gut
geschützten Hafen. Die Postdampfer
des Nordd. Lloyd und der Canadian
Pacific legen an dem neuerbauten Kai
und neuen Zollschuppen (Zolldurchsicht;
vgl. S. 349) der Nippon Hatoba,
die der Messageries Maritimes an der
etwa 600 m langen Pier im südl. Teil
des Hafens an, was bequemes Ausschiffen
der Reisenden ermöglicht;
Aus-und Einbooten fällt weg. An der
Wurzel dieser Brücke liegt an der
English Hatoba (Bootshafen) das alte
Zollamt (hier Zolldurchsicht für an
der Pier anlegende Dampfer). Ausschiffung
mit Sampan von nicht am
Kai oder Pier anlegenden Dampfern
etwa 25 sen 1 Pers., mit Gepäck 50 sen.
Ankunft mit der Bahn, von Kōbe
kommend (S. 361), am Hauptbahnhof
der Tōkaidōbahn nahe der Nippon
Hatoba und der neuen Zollschuppen;
Fernschnellzüge halten nur auf dem
Vorortsbahnhof Hiranuma.
Gasthöfe: Oriental Palace Hôtel,
Bund 11 (Pl. a, E 3), gut eingerichtet,
gutes Essen; 80 Z. mit Bad, Ged. 1,
1,50 u. 2, Pens. von 7 Yen an; Dampfpinasse
zu jedem Dampfer, Wagen zu
haben.—Grand Hôtel (A.-G., amerikan.
Manager), Bund 18-20 (Pl. b, E 3),
Dampfpinasse zu jedem Dampfer,
Pens. 7-10 Yen.—Club Hôtel, Bund 5
(Pl. c, D 3), älter und weniger gut eingerichtet
(Neubau beabsichtigt), Pens.
5-10 Yen; Dampfpinasse zu jedem
Dampfer.—Royal, Mainstreet 87
(Pl.a, E 3); 50 Z., Pens. 4-5 Yen; Kegelbahn.
—De Paris, Mainstreet 80
(Pl. d, D 3), gute Küche, deutscher Verkehr.
—Wright's Hotel, Waverley
House Nr. 40 (Pl. f, D 3); 30 Z., Pens.
4,50-6 Yen; Dampfpinasse zu jedem
Dampfer.—The Pleasanton, Nr. 17
(Pl. g, E 3).—Windsor, Nr. 32.—Imperial
(A. Richter), Yama-shita-cho 133a
(Pl. h, D 3), 10 Z. zu 1, F. 0,80, Ged.
1,20, Pens. 4 Yen; bescheiden (Seeleute).
—Bluff Hôtel, Bluff 2 (Pl. i, E 5).
—Mankako, Sakai-chō 36, japan., billig.
Restaurants in den meisten Gasthöfen;
außerdem am Hauptbahnhof,
1 Treppe.—Japanisches Essen: Chitose,
in Sumiyoshi-chō, Roku-chōme und
Yaomasa, in Aioi-chō, San-chōme.—
Teehaus »Zu den 101 Stufen«, sehenswerte
Fremdenbücher; altberühmt.
Brauerei: Kirin, Bluff 123, die bedeutendste
Brauerei Japans, deutscher
Braumeister (E. Eichelberg).
Post, Telegr. und Fernspr.: Hauptamt
und Präfektur (Kencho) im Raum
zwischen dem Fremdenviertel und
der japanischen Stadt, nahe beim Zollamt.
—Kabel über Bonininseln nach
Guam (Marianen).
Rikschas nach fester Taxe, stündl.
30 sen mit 1, 60 sen mit 2 Kulis.—
Straßenbahnen mehrere Linien, eine
über Kanagawa bis Tōkyō, vgl. den
Plan.—Reitpferde zu haben.
Eisenbahnen. Die Tōkaidōstaatsbahn
führt nach Tōkyō und Kōbe mit
Zweiglinie nach Yokosuka und Anschlüssen
an das japanische Bahnnetz;
vgl. S. 345.
Dampfer: Reichspostdampfer des
Norddeutschen Lloyd alle 14 Tage Sa.
über Kōbe und Nagasaki oder Tsingtau
nach Schanghai und Europa; Agentur:
H. Ahrens & Co. Nachf., Waterstreet 29;
(Tel.-Adresse: Nordlloyd); Spediteure:
Helm Brothers, Bund 43, und Nickel &
Co., Nr. 40.—Hamburg-Amerika Linie
(Agentur: C. Illies & Co.), Tel.-Adr.:
»Paketline«.—Österreichischer Lloyd,
monatlich über Kōbe nach Europa;
Agenten Samuel Samuel & Co., Nr. 27.
—Messageries Maritimes, alle 14 Tage
über Kōbe nach Europa; Agent P. de
Champmorin, Bund 9.—Chargeurs
Réunis, etwa alle vier Wochen nach
San Francisco, Mexiko etc.; Agent Oppenheimer
Co., Yamashita-chō 167.—
Peninsular & Oriental Co., etwa alle
14 Tage bis 4 Wochen über Schanghai
nach Europa; Agent Abbot, Bund 15.
[S. 389]
—
Canadian Pacific Railway & Ocean
Steamship Service, je alle 14 Tage über
Kōbe, Nagasaki und Schanghai bis
Hongkong u. nach Vancouver; Agent
Payne, Bund 14.—Pacific Mail S. S. Co.,
u. Tōyō Kisen Kaisha, abwechselnd alle
7-10 Tage über Kōbe, Nagasaki und
Schanghai bis Hongkong und über Honolulu
nach San Francisco; Agent Howard,
Waterstreet 4 (wegen der Fahrpreise
beachte S. 347).—Nippon Yūsen
Kaisha (Billettagentur Bund 10), jeden
3. Tag nach Otaru, anlaufend alle Häfen
der japanischen Westküsten, und
nach Kōbe; alle 14 Tage nach Europa
über Schanghai, nach San Francisco u.
nach Australien; monatlich nach Bombay.
—Great Northern S. S. Co., über
Manila nach Hongkong u. nach Seattle;
Agentur Nippon Yūsen Kaisha, Bund
10.—Abfahrtszeiten aller Dampfer
enthalten die Tageszeitungen!
Gepäck kann gut und sicher gegen
geringe Abgabe in dem eisernen Schuppen
der Neuen Kaianlage (Nippon Hatoba)
gelagert werden; man wende
sich an die Landungsagenten des Norddeutschen
Lloyd.
Banken: Deutsch-Asiatische Bank,
Nr. 180.—Yokohama Specie B. Ltd.
(japan. Shōkin-Ginkō), Minami Nakadōri;
beide Korr. der Deutschen Bank.
—Hongkong & Shanghai Bank, Nr. 2.—
Chartered Bank of India, Australia &
China, Nr. 179. Alle vier Korr. der Berliner
Disconto-Gesellschaft.—Russo-Asiatic
Bank, Nr. 77, und viele andre.
Alle nur von 10-3 Uhr, Sa. nur 10-
12 geöffnet.
Theater: Minato-za, Sumiyoshi-chō.
—Hagoromo-za, Hagoromo-chō.—
Singspielhallen in Basha-michi-dōri
und Isezaki-chō.—Europäische Konzerte
und Theateraufführungen gelegentlich
im Gaiety Theatre, Bluff 257.
Polizei: Hauptamt im Kenchō.—
Fremdenführer der Oriental Guides
Society, Tōyō Tsūben Kyōkwai, Yamashita-chō
32, erhalten 2,50 Yen tägl.
für 2 Pers., 50 sen tägl. mehr für jede
weitere Pers., dazu freie Reise und
Verpflegung.—Kaiyūsha (Guides' Association),
Motomachi, Itchōme 76
(Telephon Nr. 829), 3 Yen tägl. für
1-2 Pers., 50 sen für jede Pers. mehr,
dazu Reise-und Verpflegungskosten.
Reisebureau: Thos. Cook & Son,
Water Street 32.—International Sleeping
Car Co., Bund 6.
Konsulate: Deutsches Reich, Bund
Nr. 17; Generalkonsul v. Syburg.—
Österreich-Ungarn, Konsul Koller.—
Deutscher Klub: Germania, Mainstreet
Nr. 235; Einführung durch ein
Mitglied; Lesezimmer, Kegelbahn,
Billards.—Yokohama United Club,
Bund 4b.—Freimaurerloge (Masonic
Temple), Mainstreet 78.
Ärzte: Dr. Reidhaar und Dr. Paravicini
(Office: Mainstreet 74).—Zahnarzt:
Dr. F. Wolf, Mainstreet 50 I,
9-5 Uhr.—Deutsche Apotheke (Normal
Dispensary Ltd.), Mainstreet 77, L.
Kiefer.—Bretts Pharmacy von Brett &
Co., Mainstreet 60.—North & Rae,
Mainstreet 79.
Buchhandlungen: Geiser u. Gilbert,
Mainstreet 77; deutsches Haus.—Kelly
& Walsh, Mainstreet 60.—Maruya,
Benten-dōri.—Zeitungen: Deutsche
Japanpost, Redaktion Yamashita-chō
60 (Mainstreet), wöchentlich, jede Nr.
40 sen.—Tagesblätter: Japan Daily
Advertiser (jetzt in Tōkyō herausgegeben),
Japan Gazette, Japan Herald,
Japan Mail, Japan Times (in
Tōkyō).—Wochenschriften: Box of
Curios.—Photographen: Tamamura,
Benten-dōri 2.—Kimbei, Honchō-dōri.
—Farsari, Waterstreet 32.
Geschäftsadressen (man kaufe in
Yokohama Seide, Altertümer, Elfenbein):
Europ. Reiseausrüstung: Lane,
Crawford & Co., Mainstreet 59.—
Mundvorräte für Reisen: Curnow, Mainstreet
82, Langfeldt Co., Mainstreet 71,
Lane Crawford.—Ausfuhr von Japan.
Pflanzen und Samen: L. Boehmer & Co.,
Bluff 28;—Nursery Company, Nakamura
Bluff.—Huthandlung: Omiya &
Co., Sakaichō 24, 25, 32.—Japanische
Kunstsachen (Curio Dealers): Arthur
& Bond, Waterstreet 38, Samurai Shōkwai,
Honchō Itchōme, und viele andre.
—Seide: Iida Takashimaya, Mainstreet
81;—Nozawaya, Benten-dōri;—
Yamamoto, Benten-dōri 1 und Honchō-dōri
17;—Shieno; Honchō-dōri 19;
Iwata, Honchō, und viele andre.—
Cloisonné-Sachen: Gotō, Uchida-machi.
—Musashiya, Honchō-dōri.—Bronze:
Katō, Benten-dōri, Hashimoto, Ōtamachi.
[S. 390]
—Porzellan: Tashiroya, Benten-dōri;
—Watano, Benten Bashi 8;—
Matsuishiya u, Echigoya, Honchō-dōri.
—Spielsachen: Nagai, Honchō-dōri.
—Bambussachen: Moriyasu, Benten-dōri;
—Tanabe, Motomachi.—Papierwaren:
Hasegawa, Hōrai-chō;—Ishii,
Ōtamachi.
Yokohama, bedeutendster Ausfuhrhafen Japans, liegt auf
35° 36' nördl. Br. (etwa wie Tanger), inmitten der wichtigsten Tee-
und Seidebezirke, an der SO.-Küste der Insel Hondo, am SW.-Ufer
der Yokohama-Bai, einem westlichen Einschnitt der Tōkyō-oder
Yedobai, 37 km von der Einfahrt in diese durch die Uragastraße und
ist durch Eisenbahn mit dem 22 km nnö. gelegenen Tōkyō verbunden.
Es hat eine gute Reede und ein großes Hafenbecken, das von
zwei Wellenbrechern mit durch zwei Leuchttürme gekennzeichneter
Einfahrt eingeschlossen ist und an dem ein 600 m langer Hafendamm
(Pier), große neue Kais mit geräumigen Lager-und Zollschuppen,
drei Trockendocks und ein Schwimmdock (Yokohama Dock Co.) etc.
angelegt sind. An den breiten Kai mit kleinern Wellenbrechern,
die die English Hatoba (»Hafen«) und French Hatoba, letztere nur für
kleine Fahrzeuge bestimmt, bilden, schließt sich die regelmäßig angelegte
Stadt, die in drei Teile geschieden ist. Im östlichen liegen
die großen europäischen Waren-und Bankhäuser, Gasthöfe und Klubhäuser,
im mittlern die Präfektur, das Stadthaus, Hauptpost-und
Telegraphenamt (besondere Gebäude für die Auslandpost), Zollhaus
etc. in großen Gebäuden; im westlichen die japanische Stadt
aus den üblichen Holzhäusern, dazwischen hier und da die mit dicken
Lehmwänden gepanzerten feuersichern Speicher (Dozō), worin bei
Feuersbrünsten alle wertvolle Habe untergebracht wird. Die Stadt,
bis 1855 ein kleines Fischerdorf, wurde damals infolge der mit dem
Ausland geschlossenen Verträge dem fremden Handel geöffnet und
entwickelte sich seitdem zur ersten Handelsstadt Japans mit (1911)
419630 Einw., darunter 9923 Fremde (6217 Chinesen, 1590 Engländer,
813 Amerikaner, 436 Deutsche, 258 Franzosen, 138 Portugiesen,
114 Schweizer). Es ist Sitz einer Handelskammer, eines
kaiserlichen Laboratoriums für Hygiene und hat mehrere Kirchen,
eine deutsche Schule und Kirche im »Deutschen Haus« (Bluff 25),
mehrere englische Schulen sowie das St. Joseph's College (von franz.
Patres geleitet); ferner mehrere japanische Krankenhäuser, das Yokohama
General Hospital für Europäer (Bluff 82) und je ein deutsches,
englisches und amerikanisches Marinelazarett.—Die Ausfuhr
umfaßt Seide und Seidenstoffe, Tee, Kupfer, Holzwaren, Porzellan,
Streichhölzer, Lackwaren; die Einfuhr Baumwollengarne, Woll-und
Baumwollenstoffe, Zucker, Petroleum, Alkohol, Indigo, Metallwaren.
Rundfahrt. Man fahre durch die Waterstreet und Mainstreet der
Fremdenniederlassung (Yamashita-chō), wo sich die besten Läden
zu Einkäufen, wie Seidenstoffe und Seidenstickereien, Lacksachen,
Bronzen, Cloisonné, Satsuma-und andres Porzellan, japanische
Altertümer und Kunstsachen, Elfenbeinschnitzereien etc., befinden.
Zu billigern Einkäufen hat man bessere Gelegenheit im japanischen
Stadtteil, Honchō-dōri und Benten-dōri. Am Bund, der Hafenstraße,
liegen das deutsche Konsulat, der United Club und die größten Hotels.
Nachmittags fahre man auf den Bluff (Yamate-chō), am Südende der
[S. 391]
Stadt, wo in hübschen Gärten die Villen der Europäer und Amerikaner
liegen; dort auch das deutsche Marinelazarett (Bluff 40). Am
Südende der Mainstreet gelangt man über die Brücke Moita Bashi
zur 101-Stufentreppe, die steil auf den Bluff führt, oben bei einem
altberühmten Teehaus schöne *Aussicht über Stadt und Hafen. Vom
Bluff schöne Spazierfahrten südl. über Kitagata zur Mississippibucht;
mehrere gute Teehäuser am Mandarin-Bluff; in Hommoku viele
Teehäuser und guter Badestrand, auch in Takigashira dicht am
Strande, in lebhaften Fischerdörfern; an der Mississippibucht schön
gelegen ein deutsches Gartenrestaurant (an Stelle des 1911 abgebrannten
Makado-Hotels, Besitzer C. Hahn). Weiterhin um den
Rennplatz herum (bei Negishi) ein schön bewaldeter Weg mit lieblichen
Landschaftsbildern; zurück über Nakamura oder Kuraki.
Seitentour: Yokohama-Kamakura-Enoshima-Kanazawa-Uraga.
Man rechne für Kamakura und Enoshima und zurück nach Yokohama
1 Tag, außerdem für Kanazawa 1 Tag, Uraga 1 Tag, Misaki 2 Tage.
Mit der Tōkaidōbahn vom Hauptbahnhof in Yokohama sö. über
(4 km) Hodogaya und (13 km) Totsuka nach (18 km) Ōfuna, wo man
meist in die Zweiglinie umsteigen muß, die in die Sagami-Halbinsel
nach Yokosuka führt; erste Station ist *Kamakura (Kaihin-in-Hôtel,
gelobt, großartiger Neubau, europ., in einem Piniengehölz in Yuigahama,
1/4 St. mit Rikscha oder Hoteldroschke, am schönen Strand
der Sagamibucht; Mitsuhashi, Japan. Gasthof, ebenfalls gut), alte
Hauptstadt Ostjapans im 12.-15. Jahrh., jetzt ein stilles Dorf und
beliebter Sommerausflug, berühmt durch den *Daibutsu, eine große
und schöne, sitzende Buddhafigur aus Bronze, 15 m hoch, 30 m Umfang,
Gesichtslänge 2,6 m, Nasenlänge 1,1 m; die Figur ist 1252 erbaut,
ihr Tempelumbau ist zweimal, 1369 und 1494, durch Erdbebenflutwellen
zerstört worden und seitdem nicht erneuert; im Innern
Altäre und eine Treppe bis zu halber Höhe der Statue (Trinkgeld
dem führenden Bonzen). Der Daibutsu steht in einem schönen
Tempelpark mit Bambus, Kiefern, Kirschbäumen u. dgl.; seitwärts
ein hübscher Lotosteich. Ein Seitenweg führt auf eine Anhöhe mit
schöner *Aussicht zum Kwannontempel (Hase no Kwannon), mit
braungoldiger Figur der Göttin in einer dunkeln Nische, die der
führende Bonze mit Kerzen beleuchtet; dicht beim Tempel ist der
steile Abhang Inamura-ga-saki. Der Hachimantempel (Tempel des
Kriegsgottes), 1073 von Minamoto Yoriyoshi in Yuigahama erbaut,
wurde 1193 von Yoritomo auf den Hügel Tsuru-ga-oka verlegt, wo
er jetzt steht. Vom Strand aus führt eine prächtige Kiefernallee und
breite Steintreppe mit drei Torii hinauf. In der Nahe ein 1000jähriger
Ichōbaum (Gingko biloba, eine Konifere, scheinbar Blätter
tragend) von fast 6 m Umfang, neben dem der Shōgun Sanetomo
1218 ermordet wurde. Hinter dem Hachimantempel eine reichhaltige
Waffensammlung.—Unter den vielen kleinern Tempeln im Gelände
von Kamakura ist der Ennōji erwähnenswert, mit berühmter Holzfigur
(Arai-no-Emma) des Höllenfürsten Emma-Ō, geschnitzt von
[S. 392]
Unkei; die Figur wird nur auf besonderes Verlangen vom Bonzen
(gegen Trinkgeld) gezeigt. Auch ein heiligen Tauben geweihter
Tempel, dessen Tauben so zahm sind wie auf dem Markusplatz in
Venedig, ist sehenswert.
Von Kamakura fährt man mit elektr. Straßenbahn etwa 6 km erst
durch eine malerische Schlucht, dann längs des Strandes der prächtigen
Sagamibucht durch die Dörfer Koshigoe und Katase zur heiligen
Insel *Enoshima (Gasthöfe: Iwamoto-in u. Ebisuya im Dorfe; Kinkirō
höher über dem Dorfe, besser), die bei Niedrigwasser durch eine
trockene Sandbank mit dem Lande verbunden ist; eine schmale,
hölzerne Brücke führt zur Insel. Auf ihr das malerische Fischerdorf
Enoshima (Seebad), wo Muscheln, Korallen und maritime Seltenheiten
feilgeboten werden; ferner ein Wäldchen, Tempelhaine und
Gärten. Die Insel ist der Glücksgöttin Benten geweiht (welche die
Insel von einem Drachen befreite, indem sie ihn heiratete!). In der
113 m langen und im Eingang 9 m hohen Höhle an der Seeseite (in
der der Bentendrache hauste) stehen Verkaufsbuden und kleine
Shintōschreine.—Den Rückweg von Enoshima kann man mit Rikscha
oder elektr. Bahn über das Seebad Kugenuma (Gasthof Kōshōkwan)
nach (4 km) Stat. Fujisawa und von da mit Bahn nach Yokohama
nehmen.
Von Yokohama kann man auch
mit Rikscha (2 Mann) auf 10 km ebenem
und dann 8 km hügeligem Weg über
den Ort Seki nach Kanazawa fahren;
hinter Seki, beim Orte Tanaka, führt
r. ein Seitenweg von 3 km auf den
Hügel Mine, oben prächtige *Aussicht;
dann führt der Weg von Tanaka durch
liebliche Landschaft (»Plains of Heaven«,
Himmelsebenen von den Fremden
genannt) zum Teehaus Nokendo, das
unter der »Pinsel-Wegwerfe-Kiefer« Fude-sute-matsu
steht (nach der japanischen
Legende vom Künstler, der
einst seinen Pinsel verzweifelt hier
fortwarf, weil er die allzu schöne
Landschaft nicht malen konnte). Bald
wird das Seebad Kanazawa (Gasthöfe:
Chiyo-moto; Azumaya) an der
kleinen Mutsurabucht erreicht, berühmt
durch das *Landschaftsbild
Hakkei vor dem Dorfe. In der Nähe, bei
Nojima, liegt ein besuchter Päoniengarten
(mit 300jährigen Pflanzen). Von
Kanazawa kann man mit Rikscha
längs der Küste der Tōkyōbucht
nach Yokohama zurückgelangen, etwa
30 km.
An der Ōfunazweigbahn (S. 391) ist die nächste Station hinter
Kamakura Zushi, der Bahnhof für das reizende Seebad Hayama
(Gasthöfe: Hirayama Hotel; Chōjaen), das 2,5 km sw. von Zushi
an der Sagamibucht liegt. Etwa 3 km sö. von Hayama liegt das
vorzügliche Seebad *Chōjasaki mit gutem Gasthof; in der Nähe ein
Winterschloß des Kronprinzen. Endstation der Ōfunazweigbahn ist
Yokosuka (Photographieren verboten! Gasthof: Mitomiya; europ.
Restaurant: Kaiyō-ken, nahe der Marinewerft), wichtige Marinestation
mit großer Werft und Stadt von 25000 Einw.; auf dem Hügel 1/2 St.
vom Bahnhof *Aussicht und Grab von Will. Adams, des ersten Engländers,
der von 1600 bis 1620 in Japan lebte. Von Yokosuka fährt
man mit Rikscha auf schönem Wege (halbwegs in Ōtsu eine Wirtschaft
an gutem Badestrand) 7 km bis Uraga (Gasth. Tokudaya in
Higashi-Uraga), Hafenstadt an beiden Seiten einer schönen, schmalen
Bucht, mit zwei großen Trockendocks und lebhaftem Schiffsverkehr;
Dampfergelegenheit nach Tōkyō täglich; Fahrzeit 4 St. Von Uraga
[S. 393]
Ausflug mit Rikscha 16 km nach Misaki (Gasth. Aoyagi) am Südende
der Sagamihalbinsel; etwa 3 km nördl. davon liegt das Maritimbiologische
Laboratorium (Misaki Rinkai Jikken-jō) der kaiserlichen
Universität von Tōkyō.—Von hier kann man längs der Küste der
Sagamibucht mit Rikscha 20 km nach Chōjasaki (s. oben) und dann
über Zushi nach Yokohama zurückgelangen.
Eisenbahn Yokohama-Tōkyō (29 km), die älteste Bahnstrecke
Japans, 1872 eröffnet, jetzt zur Tokaidōbahn gehörig; Fahrzeit 28-54
Min. Vom Hauptbahnhof über die Vorstadt (3 km) Kanagawa (das einst
an Stelle des jetzigen Yokohama dem Fremdhandel diente) Higashi-Kanagawa
(Zweigbahn nach Hachiōji), Tsurumi, Kawasaki, Kamata
(Irisgärten), Ōmori nach (24 km) Shinagawa (umsteigen, wer die Vorortbahn
oder die Nordbahnen von Tōkyō benutzen will). Die Fahrt
bietet l. schöne Ausblicke auf den Fuji (S. 384), auf Dörfer, Brücken,
Reisfelder und Kirschbaumpflanzungen (während der Blütezeit ein
liebliches Bild). Kurz vor Tōkyō r. Ausblick auf die Tōkyōbucht
und die Hafenbefestigungen (alte, von Niederländern gebaute Forts).
Dann durch Vorstädte mit vielen Fabrikschornsteinen und vorbei
am Shibapark und dem Sommerpalast Hama Rikyū zum Hauptbahnhof
(Shimbashi) von (29 km) Tōkyō.
Tōkyō.
Vgl. beifolgenden Plan.
Ankunft mit der Bahn, von Yokohama
kommend am Shimbashibahnhof,
von Nikkō kommend am Uenobahnhof,
7 km nördl. von ersterm;
über Stadtbahn s. unter Eisenbahnen.
Gasthöfe: Imperial, japanisch Teikoku
Hotel genannt (A.-G.; Pl. a),
unter japanischer Leitung, nahe dem
Kaiserpalast, dem Shibapark und den
Gesandtschaften in Uchiyamashitachō,
5 Min. mit Rikscha vom Shimbashibahnhof;
100 Z. 4-15, F. 1, Lunch
1,50, Dinn. 2, Pens. 7-20 Yen; vergrößerter
Neubau in der Nähe, für
250 Z., beabsichtigt.—Central (im
Fremdenviertel), Tsukiji 12 (europ.
Leitung); 25 Z., Pens. 5-8 Yen.—
Seiyōken, in Tsukiji, Uneme-chō 33 und
im Uenopark.—Atago (Tōkyō Hôtel)
auf dem Atago-Berge (berühmte Fernsicht),
sehr gut, Pens. 5 Yen.
Restaurants: Europäisches Essen:
Shimbashi-Bahnwirtschaft (eine Treppe
hoch im Bahnhof).—Yūraku-en, gegenüber
dem Bahnhof, von europäischen
Kaufleuten besucht, gutes Essen.—
Fūgetsu-dō, Minami Nabe-chō, bei der
Ginza-Straße.—Seiyōken, im Uenopark,
gut.—Kwagetsu Kwadan, am
Ende der Mukōjima-Allee.—Sanen-tei,
im Shibapark.—Fujimi-ken, auf dem
Kudanhügel (gegenüber Shōkonshapark),
mit Zweighaus nahe der britischen
Gesandtschaft.—Matsumoto-rō,
Hibiyapark.—Japanisches Essen:
Shin-Kira, Kobiki-chō, Nähe des Shimbashibahnhofs.
—Yaozen, in San-ya,
Asakusa.—Yaomatsu, in Mukōjima;
Hirasei, in Fukagawa.—Tokiwaya,
in Hamachō, Kyū Hana-Yashiki.
Post, Telegr. u. Fernspr.: Hauptamt
Yedo-bashi, Nebenämter in jedem
Stadtteil.
Wagen: Tōkyō Basha Kaisha, beim
Shimbashibahnhof; Toda, im Grundstück
des Imperial Hôtel; andre Gesellschaften
in Tsukiji und Kanda.
Preise: Victoria einspänn. 1/2 Tag 3,50,
1 Tag 6 Yen; zweispänn. 1/2 Tag 5, 1 Tag
7-8 Yen; Landau zweispänn. 1/2 Tag
5,50-6, 1 Tag 9-10 Yen.—Automobile:
Ōkura Motor Car Co., Tōkyō Motor
Car Co. (Yūraku-chō 1, chōme 3),
Yamaguchi, Tsukiji, sehr teuer, für
Fahrten innerhalb der Stadt wenig
empfehlenswert.—Rikschas werden
allgemein benutzt.
[S. 394]
Preise stündl. wenigstens
20 sen mit 1 Kuli, 40 sen mit
2 Kulis (vorher ausmachen); das Imperial
Hôtel hat bestimmten gedruckten
Tarif für Entfernungen. Zweckmäßig
ist es, am Shimbashibahnhof
eine Rikschafahrkarte mit Preisangabe
für die betreffende Strecke zu nehmen
und Kuli rufen zu lassen.—Straßenbahnen
in zahlreichen Linien fast nach
allen Punkten der Stadt (sehr zu empfehlen),
von Shimbashi ohne Umsteigen
nach Ueno, Asakusa, Shinagawa etc.;
Fahrpreis überallhin 5 sen (Fahrscheinhefte
mit Ermäßigung; man verlange
vom Schaffner Umsteigebillett, nori-kae-gippu,
wo erforderlich).
Eisenbahnen: Vom Shimbashibahnhof
die Tōkaidōbahn nach Yokohama
und Kyōto. Von der Gofuku-bashi-Station
im Zentrum der Stadt (unweit
Nippon Ginkō) die Ringbahn, die innerhalb
der Stadt als Hochbahn läuft,
nach der Karasumori-Station beim
Shimbashibahnhof, von da durch die
Vororte nach (26 km) Akabane an der
Nordbahn und von da nach dem Ueno-
Bahnhof.—Von der Yorozuyobashi-Station
(Kanda, bei Suda-chō) die Stadtbahn
nach Shinjiku (Anschluß an die
Ringbahn), von da nach Kōfu.—Vom
Ueno-Bahnhof die Nordbahn nach
Nikkō und (735 km) Aomori sowie nach
Mito (Ostküstenbahn) und Sendai.—
Vom Ryōgoku-Bahnhof eine Linie nach
Chiba, Ohara etc.; vom Asakusa-Bahnhof
über Kanegafuchi nach Ashikaga
und Isezaki (Tōbubahn).—Fahrpläne
in den Hotels.—The East Asiatic
Commercial Intelligence Institute of the
South Manchuria Railway Company, in
Tōkyō, Azabu-Mamiana Nr. 4, gibt
Auskunft über die unter japanischer
Verwaltung stehende Südmandschurische
Bahn, vgl. S. 324.
Dampfer (klein und unbequem) tägl.
nach Yokosuka, Uraga (S. 392) und
allen Plätzen im Golf von Tōkyō.
Banken: Yokohama Specie Bank
(Korresp. der Deutschen Bank, der
Berliner Disconto-Gesellschaft und der
Allg. Deutschen Creditanstalt in Leipzig);
Nippon Ginkō (»Bank von Japan«)
und viele andre.
Theater: Kabukiza (Pl. 22), Kobiki-chō.
—Meijiza, Hama-chō.—Hongō-za,
Haruki-chō.—Tōkyō-za, Misaki-chō.
—Shintomi-za, Shintomi-chō.—Ganz
in europäischem Stil das Yūraku-za
und das 1911 eröffnete moderne Theater
Teikokuza, in der Yūraku-chō (Zentrum
der Stadt, unweit Imperial Hôtel,
gegenüber der Rückseite des Kaiserpalastes.
Ringkampfspiele bei Ekō-in,
Honjō, je 10 Tage im Frühling und
Winter.—Teehäuser (mit Tanzaufführungen):
Kōyō-kwan (Red Maple
Club) im Shibapark, Einführung besorgt
der Gasthofsbesitzer.—Nakamura-rō,
in Ryōgoku.—(NB. Die
großen Theater mit berühmten Schauspielern
sind im Sommer geschlossen;
in jedem Theater spielen entweder nur
Männer oder [seltener] nur Frauen,
man frage vorher.)
Reisebureaus: T. Minami & Sons,
Tourist Agency, Rogetsu-chō 3, Shibaku
(Fernsprecher: Amt Shimbashi, Nr.
3370), besorgt Fahrkarten für alle
Dampferlinien und Bahnen; stellt
Reiseführer, besorgt Post, Telegramme,
Bankgeschäfte, Gepäck; hält Reisehandbücher
vorrätig, gibt »The Excursion
Journal« heraus (beachtenswert!).
—Welcome Society, Yūrakuchō
Itchōme 1 (in der Tōkyō-Handelskammer;
vgl. S. 345).— »Guide-Book
for Tourists of Japan« der Welcome
Society, 5. Aufl. 1910 (gut).—The
Musashino, Monatsschrift für Fremdenverkehr,
herausgegeben vom Imperial
Hôtel (ein Heft 10 sen).—Fremdenführer:
G. Iguchi, Meguro Shinfuji 1;
Liste andrer, auch Deutsch sprechender
Führer im Hotel; vgl. auch S. 345.
Gesandtschaften: Deutsches Reich
(Pl. 1), Botschafter Graf Rex.—Österreich-Ungarn
(Pl. 2): Botschafter Freih.
Call v. Rosenburg.—Schweiz: Gesandter
de Salis.
Polizei in jedem Stadtviertel.
Arzt: Dr. Teusler im St. Luke's Hospital.
—Die Professoren der medizinischen
Fakultät der kaiserl. Universität
sprechen sämtlich Deutsch
und sind fast alle in Deutschland ausgebildet;
darunter sind gute Spezialisten.
Buchhandlungen: Z. P. Maruya & Co.
Ltd. (Maruzen Kabushiki Kaisha), Nihombashi,
Tōri Sanchome.—Geiser u.
Gilbert, deutsch, Kanda-ku, Kaji-chō
23.—Kyōbunkwan (Methodist Publishing
House), Ginza Shichōme.—Nankōdō,
Hongō, deutsche Bücher.—Hasegawa,
Shitaya-ku, Kami-Nogishi 17
(jap. Kunstdrucksachen); für farbige
Holzschnitte: Kobayashi, Asakusa Komakata.
—Zeitungen: Japan Times
(tägl.; jap.); Japan Advertiser (amerik.-engl.);
vgl. auch Yokohama, S. 389.
[S. 395]
Klubhaus der deutschen Gesellschaft
für Natur-und Völkerkunde Ostasiens:
Kanda, Imagawa-kōji Itchōme 8, unterm
Kudanhügel. Daselbst sehr wertvolle
Bibliothek über Ostasiatica.
Deutsche Stube mit Bücherei und
Leseraum ist im Seminar für fremde
Sprachen eingerichtet.
Photographen: Oka, Kojimachi,
Dotei sambancho 8 (spricht Deutsch).
—Maruki, Azabu.—Okamoto, Ginza,
Sanchōme (nahe dem Shimbashibahnhof);
auch Kakemonoverkauf und
Dunkelkammer verfügbar.—Ogawa,
Kyōbashi Hiyoshi-chō 13.—Photographische
Artikel: Asanuma & Co.,
Honchō Nichōme.—Kimbei, Takekawa-chō,
Ginza.
Geschäftsadressen: Basare (Kwan-kōba)
mit festen Preisen an der Shimbashibrücke,
im Shibapark, im Uenopark
(Shōhin Chinretsu-jō) etc.—
Europäische Lebensmittel: Kameya,
Ginza Takekawa-chō.—Japanische
Kunstsachen (Curio dealer): Ikeda,
Owari-chō Nichōme 13; Jōkō, Kyōbashi
Yomi-chō; Kōko-Dō, Nakabashi Izumichō,
und viele andre in Naka-dōri
(parallel zur Hauptstraße zwischen
Kyōbashi und Nihombashi).—Elfenbeinschnitzereien:
Maruki, Sukiya-chō
Nihombashi 6; Toyama Shōten, Ginza,
Nichōme, Kyōbashiku; Kaneda, Naka-dōri.
—Cloisonné-Sachen: Ando, Motosukiya-chō
Ginza; Namikawa & Co.,
8 Shin-Yemoncho, Nihombashi; Ueda,
2 Saegi-chō, Kyōbashi.—Porzellan:
Mikawaya, Owari-chō, Itchōme; Kōno,
18 Shiba Tamachi, Shichōme (für Satsuma).
—Bronzewaren: Mikawaya, Sotokanda,
Hatago-chō Itchōme; Miyao,
1 Nihombashi, Hon-Shirokane-chō.—
Silberwaren: Miyamoto Shoko, Kyōbashi,
Yazaemon-chō 2.—Gemälde, Kakmonos,
Farbenholzschnitte etc.: Suwa,
Tatami-chō 2, nahe Kyōbashi; Shimbi
Shein, Shinsakawa-chō 13.—Lacksachen:
Kuhei Hayashi, Nihombashi,
Muromachi; Kuroeya, Tōri Itchōme.—
Bambusarbeiten: Fujimura, Kojimachi
Itchōme.—Seidenstoffe: Iida, Takashimaya,
1 Nishikonya-chō, Kyōbashiku;
Mitsukoshi, Nihombashi, Suruga-chō;
Shirokiya, an der Nihombashibrücke;
Mizushima, Honchō Itchōme;
Hattori, nahe Imperial Hôtel; Nishimura
u. a.—Alte Seidenstickereien:
Shimizu, 1 Inabachō, Higashi-Naka-dōri;
Iwamoto Denshichi, Naka-dōri;
Morita, Nihombashi Sanai-chō 8.—
Fächer: Haibara, 1 Nihombashi, Tōri
Itchōme.—Spielsachen: Jikkendana
(Ausstellung am 3. März, Mädchenfest,
und 5. Mai, Knabenfest).
Zeiteinteilung: 1. Tag: Shōkonshatempel,
Uenopark nebst Museum,
Asakusa-Kwannontempel.—2. Tag:
Shibapark, Red Maple Club und Gräber
der 47 Rōnin.—3. Tag: Geschäftsstraßen,
Atagoyama, Mukōjima und
Yoshiwara. (Das altberühmte ist aber
im Frühjahr 1911 durch Brand vollständig
vernichtet worden. Man richte
sich nach der Jahreszeit, wegen der
Blüten-und Tempelfeste.)
Festlichkeiten: Von den vielen
Tempel-und Volksfesten sind die
sehenswertesten: am 17. u. 18. jedes
Monats Kwannonfest im Asakusatempel;
9. April Feuergang (Hiwatari)
im Ontake-jinja, Imagawa-kōji, Kanda;
17. April: Tōshōgūfest im Shiba-und
Uenopark; 18. April: Sanja Matsurifest
in Asakusa; etwa 20. April: *Sakura-
(Kirschblüten-)Fest im Kaiserpark
(Einladungen bewirkt die Botschaft,
Anzug: Gehrock und Zylinder
oder Uniform, Damen elegante Promenadentoilette);
6.-8. Mai: Shōkonsha-Fest
mit Rennen und Ringkämpfen
etc. in Kudan; 3.-14. Juni: Tennō
Matsurifest in Shinagawa, Yotsuya,
Asakusa; Mitte Juli (oder Anfang
August): Kawa-birakifest, Eröffnung
des Sumida-gawa, in Ryōgoku; 9. u.
10. Juli: Shiman Rokusen Nichifest im
Asakusatempel; 15. Sept. Kanda Myōjin
in Kanda; 17. Sept.: Feuergang
(Hiwatari) im Ontaketempel; 11.-20.
Sept.: Shimmei Matsuri im Shibapark;
12. u. 13. Okt.: O Eshikifest in Ikegami
und Hori-no-uchi. Anfang November:
Chrysanthemumfest im Aoyamapalast
des Kronprinzen (nur auf Einladung);
3. Nov: Geburtstag des Kaisers, Parade
auf dem Rempeiba; 22.-28. Nov.:
O kō Mairi und im November Tori no
Machi beim Asakusatempel.—Messen
(ichi) am 17. und 18. Dez. im
Asakusatempelbezirk, am 22. und 23.
in Shiba; Näheres gibt die »Japan
Times« bekannt.
[S. 396]
Tōkyō (auch Tōkei, spr. tōkē, »Osthauptstadt«), Hauptstadt des
japanischen Reiches und Residenz des Kaisers, früher Yedo genannt,
am NW.-Ende der seichten Tōkyōbucht (Yedobucht; daher
Yokohama die Hafenstadt von Tōkyō trotz dessen Lage am Meer)
und am Südende der größten Ebene Hondos, an der Mündung des
Sumidagawa, über den fünf große Brücken (Azuma-, Umaya-, Ryō-goku-bashu,
Ōhashi, Eitai-bashi) führen, durchschnitten von Kanälen,
Ausgangspunkt von Bahnen nach sechs Richtungen. Die Stadt,
mit 2186079 Einw., wird von dem Sumidagawa in zwei Teile geschieden,
einen kleinern östlichen, der bis zum Nakagawa reicht,
und einen größern westlichen, den eine Mauer bis zum Fluß und zur
Tōkyōbucht umgibt, und der den Palast des Kaisers (S. 397) enthält.
Diesen Stadtteil umschließt ringsum die eigentliche Stadt, zum größten
Teil noch aus einstöckigen Holzhäusern bestehend, daher sehr ausgedehnt
und oft durch Feuersbrünste heimgesucht. Die Geschäftshäuser
in den Hauptstraßen bestehen daher gewöhnlich aus feuersichern
Lehm-oder Backsteinspeichern, und auch die vornehmern
Privatwohnungen sind meist mit solchen Dozō versehen (ähnlich im
ganzen Lande). Unter den seltenen großartigern Gebäuden japanischer
Bauart sind zu nennen einige prächtige buddhistische Tempel mit
kunstvoller, vergoldeter Holzschnitzerei, Klöster, Grabdenkmäler
der letzten Shōgune in Shiba und Ueno (S. 398). Im westl. Teil der
Stadt wohnen die Botschafter von Deutschland (Pl. 1), England (Pl. 3),
Rußland etc., und hier steht unweit Shimbashi der Palast Hamagoten,
der für fremde fürstliche Gäste des Kaisers bestimmt ist. Tōkyō
ist Sitz der Regierung, des höchsten Gerichtshofs, des kaiserlichen
Gardekorps und der ersten Division der Armee und der geistige
Mittelpunkt des Reiches. Außer einer kaiserlichen Universität (Teikoku
Daigaku, in Hongō gelegen) besitzt es mehrere stark besuchte
Privatuniversitäten, ein Realgymnasium (Erste Kōtō-Gakkō), eine
höhere Normalschule, Blinden-und Taubstummenanstalt, Handelsakademie,
Gewerbeschule, Ackerbau-und Forstschule, Musikschule,
zahlreiche Mittelschulen, Lehrerseminare etc., eine kaiserl. Akademie
der Wissenschaften mit 60 vom Kaiser ernannten Mitgliedern,
eine Kunstschule und ein Museum im Uenopark, eine öffentliche
Bibliothek von 300000 Bänden, eine zweite von 30000 Bänden in
europäischen Sprachen, Geographische Gesellschaft, 316 Zeitungen
und Zeitschriften, darunter die »Transactions of the Asiatic Society
of Japan«und die »Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für Natur-und
Völkerkunde Ostasiens«. Die sehr bedeutende Industrie erzeugt
namentlich Seiden-und Lackwaren, Fayence, Porzellan, Email; es
bestehen große Schiffswerften und Maschinenbauwerkstätten. Der
Handel mit dem Inland ist sehr bedeutend, während der mit dem
Ausland meist über Yokohama geht. Die Stadt ist seit 1869 dem
Fremdenverkehr geöffnet.—Yedo ist aus einem Fischerdorf entstanden,
bei dem 1456 Ōta Dōkwan ein großes Schloß baute; die
Stadt blühte erst auf, als der erste Tokugawa Shōgun Ieyasu 1603
seine Residenz hierher verlegte.
Rundfahrt. Vom Shimbashibahnhof, hinter dem nach der
Seeseite der kaiserliche Sonderpalast Hama-Rikyū liegt, wo gegen
[S. 397]
Ende April jedes Jahres das kaiserliche Kirschblüten-Gartenfest
abgehalten wird (Einladungen dazu, wie im November zum Chrysanthemumfest
im Akasaka-Palast, vermitteln die Botschafter bei
rechtzeitiger Meldung), fahre man mit Rikscha l. und nördl. in das
Stadtviertel, in dem die Ministerien (in nüchternem, europäischen
Stil erbaut) liegen; man fährt am Stadtgraben entlang bis zum Tōkyō-Klubhaus
(Pl. 5), gegenüber dem Imperial Hôtel. Nahe beim Hotel
der weite, erst in neuester Zeit angelegte Stadtpark Hibiya-Kōen mit
Restaurants Matsumoto-rō und Sankyōtei, sowie der Hibiya Daijingū,
eine Nachbildung des Großen Schreins von Ise. Auf einem
Hügel liegt r. der Palast des Marquis Nabeshima, des frühern Daimyō
von Hizen, lange Oberzeremonienmeister des kaiserlichen Hofes.
Gegenüber auf bewaldeter Anhöhe steht der Sannōtempel.—Neben
ihm beginnt das vornehmste Stadtviertel Nagata-chō, mit den Palästen
der Prinzen Kitashirakawa und Arisugawa, den Gebäuden des
Auswärtigen Amts, des Generalstabs (Pl. 6) und der fremden Gesandtschaften.
Innerhalb dieses sogen. Daimyōviertels (Daimyō Kōji)
liegt auf niedrigem Hügel, mit breitem Wassergraben und zyklopischen
Mauern umgeben, das O-Shiro oder Schloß mit dem Kaiserpalast,
das Schatzamt und andre Ministerien, Wohngebäude und
prachtvolle Gärten, wo einst die frühern Daimyōs mit Gefolge
residierten. Der Kaiserpalast (Zutritt nur bei Audienzen und Festlichkeiten
durch Vermittelung der Botschaft, sonst dem Publikum
unzugänglich), 1889 neu erbaut, hat viele Empfangsräume, meist
durch Kristallglasschiebetüren getrennt, mit Seidentapeten und
reichgemalten Holzdecken, viele Räume vornehm-einfach, andre,
z. B. die Banketthalle, reich vergoldet. Die Möbel stammen zum
Teil aus Deutschland. Der Park ist reich an Kirschbäumen.—
Auf dem Platze gegenüber der Schloßbrücke Nijūbashi steht das
1900 errichtete Bronzestandbild des kaisertreuen Feldherrn Kusunoki
Masashige (gest. 1336).—In der Nähe das 1910 errichtete Denkmal
des Marquis Itō (berühmter Staatsmann und 1906 bis zu seiner
Ermordung [1909] Generalgouverneur von Korea). In der Nähe
die sehenswerte Regierungsdruckerei Insatsu Kyoku (Pl. 12) und
mehrere Ministerien.—Nahe nördl. von der Nordbrücke, die zum
Kaiserpalast führt, liegt der *Shōkonshatempel (»Schrein zur Einladung
der abgeschiedenen Geister«, auch Yasu-kuni-jinja, »Schrein
des friedlichen Landes«, genannt) auf dem flachen Kudanhügel, ein 1869
erbauter Shintōtempel reinen Stils, in welchem die Manen der im
Restaurationsjahr 1868, in der Saga-Unruhe 1874 und in der Satsuma-Rebellion
1877 auf kaiserlicher Seite Gefallenen, sowie der
im chinesisch-japanischen (1894/95) und russisch-japanischen
(1904/05) Feldzuge gebliebenen Krieger von Staats wegen verehrt
werden; vor ihm ein riesiger bronzener Torii; hinter ihm ein schöner
Park. Gleich r. vom Tempel liegt das Waffenmuseum, *Yūshūkwan
(geöffnet von 8-4 Uhr im Sommer, 9-3 Uhr im Winter, Eintritt
3 sen), mit sehenswerter Sammlung altjapanischer Waffen,
besonders prächtiger Schwerter, Rüstungen, Schloßmodelle, und vielen
Beutestücken aus dem chinesischen und dem russischen Kriege.
Die den Rennplatz vor dem Tempel durchziehende Doppelreihe granitener
[S. 398]
Laternen wurde 1878 vom japanischen Adel gestiftet; hier
steht auch die Bronzestatue des Patrioten Ōmura, das erste in Japan
errichtete Denkmal (1892) dieser Art. Am Fuße des Hügels Kudanzaka
steht der Ontakeschrein (Pl. 11), in dem der Feuergang am
9. April und 17. Sept. ausgeführt wird.—Nun über den äußern
Graben zum Hōhei Kōshō (Arsenal, Gewehrfabrik) im Koishikawa-Distrikt.
Zutritt nur mit Erlaubnis der Militärbehörden. Zum Arsenal
gehört der schönste Landschaftsgarten Tōkyōs, der *Kōraku-en,
einst Besitztum des Fürsten von Mito, im 17. Jahrh. von einem
chinesischen Literaten, der beim Zusammenbruch der Ming-Dynastie
in Japan Zuflucht fand, angelegt.—Nicht weit davon die Jūjitsu-Schule
des Prof. Kanō; im N. des Distrikts der *Botanische Garten
(Shokubutsu-en) der kaiserl. Universität, ebenfalls ein alter
Daimyōpark mit schönen Landschaftsbildern (täglich bis 4 Uhr
geöffnet; Pflanzenverkauf).—Im äußersten NW. des Koishikawa-Distrikts
liegt der Buddhatempel Gokoku-ji mit Priesterseminar der
Shingon-Sekte; der Hauptschatz des Tempels, ein ungeheures Kakemono
von Kanō Yasunobu (Buddhas Eingang ins Nirvana), wird nur
im April gezeigt. Dahinter die neuen Begräbnisplätze der kaiserlichen
Familie (nicht zugänglich).—Östl. vom Botanischen Garten
im Hongōdistrikt die kaiserliche Universität (Teikoku Daigaku),
mit (Sept. 1909) 5699 Studenten, verteilt in sechs Fakultäten: Medizin,
Rechts-und Staatswissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Mathematik
und Naturwissenschaften, Philosophie, Geschichte, Literatur,
Agrikultur (letztere hat ihre weit ausgedehnten Grundstücke in der
Vorstadt Komaba). Vorlesungen in japanischer Sprache, die fremden
Professoren und Lektoren dozieren aber in deutscher (deutsche Literatur
und deutsches Recht), englischer und französischer Sprache;
ebenda die Universitätskliniken.—Nö. davon die Blumengärten
von Dango-zaka (große Chrysanthemenausstellung im November).
Darstellungen aus der japanischen Geschichte mit lebensgroßen
Puppen in Chrysanthemumkleidern).—Von der Universität fährt
man um den Lotosteich *Shinobazu no Ike herum zum südlichen
Haupteingang in den *Uenopark, beliebten Ausflugsort, besonders
während der Kirschblüte; vor dem Hügel führt r. eine Treppe
auf eine Anhöhe, von der schöne Aussicht nach dem Asakusatempel
hin und über die Stadt; l. ein kleiner buddhistischer
Kwannontempel.—Dann zurück zum Hauptweg, der durch die berühmte
*Kirschenallee führt; l. liegt der Lotosteich, auf dessen kleiner
Halbinsel ein Heiligenschrein der Göttin Benten.—Etwas weiterhin
das *Seiyōken-Hotel und Speisehaus mit schönem Blick über den Teich
und die Universitätsbauten. Dicht neben dem Speisehaus ist ein
Daibutsu, ein Bronzebuddha von 6,5 m Höhe aus dem Jahre 1660.—
Weiterhin l. ein Tor mit Kugelspuren aus der Schlacht im Uenopark
1868; dahinter eine große Steinlaterne (eine der drei größten Japans)
aus dem 17. Jahrh.—In der schönen Kryptomerienallee eine alte Pagode
und am Ende einer Reihe von Steinlaternen der den Manen des
Ieyasu geweihte Tōshōgū-Schrein. Das prachtvolle, geschnitzte und
vergoldete Tor davor ist 1890 restauriert worden; das gleiche soll
mit dem Tempel geschehen. Der Hauptweg führt zum *Ueno-Museum
[S. 399]
(Hakubutsukwan), geöffnet 8-5 Uhr im Sommer, 9-4 Uhr im Winter,
geschlossen 25. Dez. bis 4. Jan. und alle Montage; Eintritt 5 sen.
Im Eingang Riesentrommel, Palankine
etc.; r. naturhistorische Sammlung
(Tosahähne mit 4,4 m langen
Schwanzfedern!), darüber im 1. Stock
schöne Kakemono und Wandschirme.
—L. vom Eingang historische Sammlung:
1. Zimmer: alte Handschriften
und Drucke, Karten etc.; 2. Zimmer:
Tempelgebrauchssachen (goldene
tokko), auch sehr alte Handschriften
und alte christliche Erinnerungen;
3. Zimmer: (Endraum) prähistorische
Funde: Steinpfeilspitzen etc., Kupferglocken
und-spiegel, Rüstungen, alte
Topfwaren; im Nebenraum prähistorische
maga-tama und kuda-tama
(Schmucksachen).—Im Treppenhaus
alte kaiserl. Staatskarren für
Ochsengespann und Modell der Tenchi
Maru (Staatsbarke der Shōgune); im
Mittelraum alte kaiserliche Gewänder,
Thronhimmel; l. in Nebenräumen
Kunstsammlung: Kakemono, Makimono,
Fächer, Masken, Bilder und
Zeichnungen, Lack-, Bronze-und Porzellankunstsachen
(schöne Stücke!).—
Im Endraum Musikinstrumente, Zubehör
für das Teezeremoniell und
Spiele; dahinter Waffen, alte Büchsen,
Miniaturpagoden (Hachiman-tō) u. a.
Der einzeln stehende schöne Neubau,
l. vom Eingang, genannt Hyōkei-kwan,
ist eine Stiftung des Volkes für
den Kronprinzen zur Vermählung. Das
Untergeschoß enthält eine hochinteressante
Sammlung japanischer,
chinesischer und koreanischer Töpfereien,
das Obergeschoß häufig gewechselte
wertvolle Malereien, besonders
Kakemono und Faltschirme.
Vom Museum führt r. ein Weg zur Kunstschule (Bijutsu Gakkō),
Eintritt nur auf Empfehlung gestattet. In der Nähe die staatliche
Musikschule, die jährlich mehrmals größere europäische Konzerte
veranstaltet, und an der auch europäische (meist deutsche) Musiklehrer
wirken; eine Volksbibliothek und Lesehalle (Toshokwan) und
die Gelehrtenakademie Gakushi Kwai-in sowie ein kleiner Zoologischer
Garten (Dōbuts-en, Eintritt 4 sen).—Von der Lesehalle führt
r. eine Allee zu den Shōgungräbern (Go Reiya): Haupttor geschlossen,
l. führt eine Seitenpforte zum Priesterhaus, wo ein Priester gegen
Spende in die prächtigen Tempelgebäude hineinführt, die reich an
Malereien sind und hinter denen die Grabmäler von sechs Shōgunen
der Tokugawafamilie (des 4., 5., 8., 10., 11. und 13. Shōguns) liegen.—
Im Uenopark auch der Basar Shōhin Chinretsu-jō, mehrere Hallen
für moderne Kunstausstellungen sowie der buddhistische Tempel
Ryō Daishi (Jigen-dō).—Östl. vom Uenobahnhof liegt die große
Tempelanlage Higashi Hongwanji (volkstümlich Monzeki) der buddhistischen
Montosekte, 1657 erbaut, jetzt mit eisernem Netzwerk zum
Schutz gegen Feuerbrandstücke aus der Umgebung; der Haupttempel
ist innen und außen mit Schnitzereien reich geschmückt.—Etwas
nö. davon steht der große buddhistische Tempel Sensōji, meist
*Asakusa Kwannon genannt; die goldene Statuette der Gnadengöttin
Kwannon im Tempel wurde nach der Legende im 6. Jahrh. an der
Sumidagawamündung aufgefischt (die Statuette wird nie gezeigt, sie
soll nur 5 cm groß sein; eine größere neuere Nachbildung steht vor
dem Hauptaltar und wird am 23. Dez. gezeigt. Der Tempel ist sehr
volkstümlich, mehr »Wurstelprater« als Heiligtum, stets stark besucht:
vor dem Tempel Buden mit tauchenden Meerjungfern, Ziege
mit fünf Beinen, Akrobaten, Momentphotographen, dressierten Affen,
Zweikampfspielen, dann Verkaufsbuden mit Taubenfutter (die Tauben
sind zahm wie auf dem Markusplatz in Venedig), Quacksalbermedizinen,
[S. 400]
Zuckerzeug, Spielsachen, Eßwaren aller Art etc. (Vorzügliche
Gelegenheit, das Volksleben zu beobachten.) So. Nm. und
am 17. und 18. jedes Monats ist der Tempel am stärksten besucht.
Vor dem zweistöckigen Tempeltor sind Figuren der Tempelwächter
(Ni-ō) hinter Holzgittern; l. ist ein Fudōschrein, und davor ein
Jizōschrein mit Gebetsrad (goshō-guruma) ähnlich den tibetanischen,
doch im Gebrauch verschieden. Im Tempelhofe steht r. auf einer
Anhöhe die Asakusaglocke, deren Ton die Gottheit anruft. In der
Haupthalle des Tempels sind so viele Laternen, Fahnen, Götzenbilder,
chinesische Trommeln, daß man im Hintergrunde kaum die
Figur der Kwannon entdecken kann; der Zugang zu deren *Hochaltar
ist gegen Spende durch einen der Bonzen zu erreichen; auf
der Rückseite des Hochaltars (Ura Kwannon) sind schöne Wandgemälde
(selten!) auf Lackgrund. In der Ecke r. im Haupttempel ist
die berühmte sitzende Figur des Helfers und Heilers aller Kranken,
des Gottes Binzuru (als Verehrer des Weibes wird er meist außerhalb
des Allerheiligsten aufgestellt).
L. von den Tempelgebäuden steht auf dem öffentlichen Platze,
Asakusa Kōenchi, der zwölfstöckige, 67 m hohe Turm *Ryō-un-kaku
(Pl. D 2), im Volksmund Jū-ni-kai (zwölf Stock) genannt, 1890 erbaut,
von dem man großartige *Aussicht über die Stadt hat.—
Etwa 1/2 km nördl. liegt das weltbekannte *Yoshiwara mit ganzen
Straßen von zwei-und dreistöckigen »Mädchenhäusern«, nach der
Straße mit Gittern, hinter denen man die Huldinnen in den verschiedensten
altjapanischen Kostümen bewundern kann (auch für
Damen sehenswert!). In dem Stadtteil herrscht vorzügliche Ordnung
und Polizeiaufsicht. Yoshiwara, d. h. »Schilfgefilde«, ist der individuelle
Name nur dieses Freudenviertels (generelle Bezeichnung
yūkaku) in Tōkyō. Im Frühjahr 1911 ist das ganze Yoshiwara ein
Raub der Flammen geworden. Es ist zwar neu im Entstehen begriffen,
wird aber nie wieder die alte Pracht erreichen.—Am l. Ufer
des Sumidagawa, gegenüber von Asakusa Kwannon, läuft die berühmte
*Kirschbaumallee von Mukōjima etwa 2 km nordwärts; am
Anfang der Satake Yashikigarten, ein Muster japanischer Landschaftsgärtnerei,
ehemals einem Daimyō, jetzt der Dai Nihon-Bierbrauerei
gehörig, ferner der »Garten der 100 Blumen« (sehenswert).
Am Ende der Allee gutes europäisches Restaurant (Kwagetsu
Kwadan); am Ufer des Flusses hübsche Teehäuser; dort Volksfest
während der Kirschblüte.
Vom Shimbashi-Bahnhof führt eine lange, enge Straße, anfangs
Hikage-chō, dann Shimmei-mae genannt, mit vielen Läden, zum
Haupttor (Daimon) des **Shibaparks (Shiba Kōenchi), an dem r.
der Kwankōba, einer der besten Basare Tōkyōs (mit festen Preisen)
liegt. Der Park hat prächtige uralte Kryptomerien und ist mit Bronze-
und Steinlaternen geschmückt. Die sechs buddhistischen Shibatempel
rechnen zu den Hauptwerken der japanischen Kunst; sie enthalten
die Grabdenkmäler von sechs Shōgunen aus dem Tokugawageschlecht,
sind reich ausgestattet mit Schnitzereien, Seidenstickereien,
Stoffmalereien und Lackkunstsachen, besonders in Goldlack.
(Man widme den Vormittag eines schönen Tages der Besichtigung.)
[S. 401]
Die Todesjahre der hier begrabenen Shōgune sind 1632 (Shōgun
Hidetada), 1713 (Ienobu), 1716 (Ietsugu), 1761 (Ieshige), 1853 (Ieyoshi)
und 1866 (Iemochi).—Unmittelbar gegenüber vom Basar (Kwankōba)
liegt der Eingang zum Grabmal der Shōgune Ietsugu und Ieshige;
ein prächtiges Tor (Ni-ten Mon) führt in einen Hof mit von Daimyōs
gestifteten Steinlaternen, am ändern Ende ist das Tor der kaiserlichen
Tafel (Choku-gaku Mon), mit Goldinschrift; Drachen umringeln
das Tor, durch das man in den innern Tempelhof mit 212
Bronzelaternen gelangt, wo r. ein Glockenturm, l. eine Zisterne mit
heiligem Wasser liegt. Ein drittes Tor (O Kara Mon) mit Galerien
und einer Kolonnade schwarzer Pfeiler führt zum Tempeltor, das
prächtige Schnitzereien (den auf-und absteigenden Drachen, Nobori-ryū
und Kudari-ryū zeigt. Eintritt in die Tempelhalle (Schuhe ausziehen!)
gegen Spende von 20 sen an den Wächter. Jede Halle ist
dreiteilig: äußeres Oratorium (Haiden), Korridor (Ai-no-ma) und
Allerheiligstes (Honden); alles reich in Gold und Farben. Der Altar
besteht aus Goldlack und Bronze mit Figuren der Shōgune (die nie
gezeigt werden) und Götterfiguren (Kwannon, Benten, Shi-Tennō).
Überall als Ornament das Dreiblattwappen Kamo-aoi der Tokugawafamilie.
—Dann gelangt man durch einen schönen Hof mit Bronzelaternen
zu einer Steintreppe, die zu den pagodenähnlichen, einfachen
Grabmälern führt. Die Särge sollen 6 m unter den Denkmälern
liegen.—Man verläßt diesen Tempel durch das Tor Chokugaku
Mon, gelangt dann r. durch eine Reihe Steinlaternen wieder an
ein prächtig geschnitztes Tor, hinter dem ein ähnlicher Tempel mit
den Grabmälern der Shōgune Ienobu, Ieyoshi und Iemochi liegt (wer
Zeit hat, besichtige auch diese Anlage, da sie noch prächtigern
Kunstschmuck zeigt).—Eine kleine Seitentür r. führt von da in den
Hauptweg, in dem l. hinter dem alten großen Tore (Sammon) der
Zōjōjitempel liegt; eine steile Treppe führt in den Oberstock des
Tempels, worin Figuren von Shaka (= Buddha) mit Fugen und Monju
in Gold, zu den Seiten buntfarbige Figuren der 16 Heiligen (Rakan)
stehen. Die große Glocke r., Priesterwohnungen l. Die Haupthalle
(Hondō) des Tempels ist leider am 3. März 1910 infolge fahrlässiger
Brandstiftung darunter nächtigender Bettler ein Raub der Flammen
geworden.—Der kleine Tempel dahinter, Gokoku-den, enthält die
vom Shōgun Leyasu hochverehrte »Schwarze Statue« (Kuro-Honzon)
des Amida (Amitiābha) von Eshin, eingeschlossen in Goldschrein.—
Aus der Zōjōjianlage gelangt man durch eine Tür r. zum Totentempel
Ten-ei-in, mit prächtig vergoldetem Allerheiligsten, worin
die Schreine der Gemahlinnen und einer Genossin der Shōgune
stehen.—Von diesem Tempel gelangt man zum *Tempel des
Shōgun Hidetada, dessen Allerheiligstes mit feenhafter Pracht ausgeschmückt
ist, ebenso wie die von Goldlack strotzende achteckige
Halle *Hakkaku-dō, die das Grabmal Hidetadas enthält, in dessen
Schrein aber nur ein Bild des Shōgun und seine Totentafel, während
sein Leib unter dem Pflaster ruht.—Kehrt man nun zum Hauptweg
zurück, so gelangt man r. bald zu einem großen Tor, das zum
Tempel Ankoku-den führt, dessen Halle schöne Gemälde zeigt. Obwohl
der Bauart nach buddhistisch, wird der Tempel als Shintōschrein
[S. 402]
betrachtet, was durch die Gohei (Papierstreifen, shintōistisches
Emblem) gekennzeichnet wird. Am 17. jedes Monats wird hier
der Shōgun Ieyasu als Shintōgott Tōshōgū verehrt; dann wird sein
hölzernes Bildnis gezeigt.—Hinter dieser Tempelanlage erhebt sich
der kleine Hügel *Maruyama, von dem schöne *Aussicht über die
Tōkyōbucht.—Neben der geschlossenen Pagode am Abhang des
Hügels steht das Standbild des Kartographen Inō Chūkei; von da
geht man zum kleinen Tempel der Benten auf dem Inselchen des
Lotosteiches und weiterhin zum *Red Maple Club (Kōyō-kwan), ein
japanisches Teehaus und Restaurant, bekannt durch vorzügliches
japanisches Essen und schöne Tanzaufführungen (auf Bestellung
Kōyō-odori »Rotahorntanz«, 10-35 Yen). Auch der Shibapark ist
am schönsten während der Kirschblüte.—Nicht weit vom Maple
Club liegt der kleine Hügel *Atagoyama, zu dem eine steile »Männertreppe«
(Otoko-zaka) und eine bequeme »Frauentreppe« (Onna-zaka)
hinaufführen; oben steht das europäische Atago-Hotel (Tōkyō-Hotel)
und ein *Aussichtsturm, von dem man den Fuji, das Hakonegebirge
und die Tōkyōbucht überblickt.—In der Nähe liegt Ōkura's Kunstmuseum,
das bedeutendste Privatmuseum Japans (Erlaubnis zum
Eintritt erbitten).—Etwa 2 km südl. vom Red Maple Club, halbwegs
nach Shinagawa hin, liegen auf dem Friedhof des buddhistischen
Tempels Sengakuji die Gräber der 47 tapfern Rōnin (Shi-jū-sh'chi
Shi), Nationalhelden Japans, die in echter Vasallentreue den Tod
ihres Herrn rächten und dann das Todesurteil des Shōgun—Harakiri
(Bauchaufschlitzen)—vor dem Grabe ihres Herrn im Jahre 1701
an sich vollzogen. Alljährlich wandern noch heute Tausende zu den
Gräbern und ehren die Helden durch Verbrennen von Weihrauch
und Abgabe ihrer Visitenkarten. Innerhalb des Tempeltors werden
die Schwerter und Rüstungen der Rōnin gezeigt; die Gräber liegen
an der r. Seite eines kleinen viereckigen Hofs. Im westl. Teil der
Stadt liegt der ganz in europäischem Stil gebaute und ausgestattete
Akasakapalast, die Residenz des Kronprinzen. In dem sich daran
anschließenden herrlichen Landschaftsgarten wird im November, der
Zeit der Kikublüte und des roten Ahorns, das kaiserliche Chrysanthemum-Gartenfest
abgehalten. Daneben liegt der Aoyamapalast.
—Weiter hinaus gegen W. gelangt man zum großen Paradeplatz
(Aoyama Rempeijō) und den weitausgedehnten Aoyamafriedhöfen.
Man versäume nicht, durch die Hauptgeschäftsstraße Ginza zu
fahren, die etwas nördl. vom Shimbashi-Bahnhof bis zur Brücke
Kyōbashi führt, und durch ähnliche breite Straßen über die neugebaute
massive Nihombashi (r. davon die Yedobashi, woselbst
das Hauptpostamt) zur Suda-chō (wichtiger Kreuzungspunkt der
elektrischen Bahnen) und weiter bis zum Uenopark und Uenobahnhof
fortgesetzt wird; die Geschäftsstraße Naka-dōri mit vielen Altläden
läuft der Fortsetzung der Ginza parallel. In der Nähe das
Handelsmuseum des Handels-und Ackerbauministeriums (Kōbiki-chō;
geöffnet vom 8. Jan. bis 24. Dez., außer an Tagen nach nationalen
Festtagen, von 9-4 Uhr, 10. Juli bis 10. Sept. von 8-2 Uhr;
Eintritt frei). Morgens ist auch der Fischmarkt in Nihombashi (Pl. 9)
sehenswert; von da östl. gelangt man zur größten Brücke Tōkyōs,
[S. 403]
Ryōgokubashi, die über den Sumidagawa zum buddhistischen Tempel
Ekō-in führt; hier das Amphitheater Kokugi-kwan, wo im Januar
und Mai große Ringwettkämpfe stattfinden. Etwa 1,5 km nördl.
davon liegt der Shintōtempel Kameido (ein Temman-gū, d. h. Schrein
des vergöttlichten Sugawara-no-Michizane) mit sehr schönem Park,
besonders sehenswert Ende April, wenn die Glyzinien (Wistarias, japanisch
Fuji) blühen; im Teich werden Karpfen und Schildkröten gefüttert.
In der Nähe der Pflaumengarten von Kameido (Ume-yashiki),
Anfang März viel besucht. Nicht weit davon beginnt die Kirschenallee
von Mukōjima (S. 400).—Von der Azumabrücke stromaufwärts
erreicht man mit Rikscha in 40 Min. Horikiri, sehenswert zur Zeit
der Irisblüte.—Bei Ōji (zweite Station vom Uenobahnhof, 15 Min.
Fahrt) der Taki-no-gawa mit herrlichen roten Ahornbäumen (November).
—Im W. von Tōkyō: Ōkubo (30 Min. mit Bahn von Iidamachi-Station)
zur Zeit der Azaleenblüte; Koganei (11/2 St. von Iidamachi-Station),
herrliche Kirschblütenalleen, etwa eine Woche später
als Uenopark zu besuchen.—Im SW. Meguro (an der Ringbahn)
mit Fudōtempei, angenehm im Sommer.—Im S. Ōmori, zweite
Bahnstation von Shimbashi, 15 Min., mit bekanntem Pflaumengarten,
Hakkei-en, von wo schöne Aussicht über die Tōkyōbucht; von da
etwa 1,5 km nach Ikegami, einem der schönsten Punkte in der Umgebung
Tōkyōs. Im Kloster Hommon-ji daselbst starb 1282 der
buddhistische Heilige Nichiren; großes Volksfest zu Ehren des Heiligen
am 12. und 13. Okt. (Teehäuser Tamba-ya und Akebono-rō).—Wer
buddhistisches Leben näher kennen lernen will, mache einen Ausflug
nach Narita (etwa 21/2 St. mit der Sōbubahn vom Bahnhof
Ryōgoku-bashi) zum Fudōtempei Shinshōji (Gasthof Wakamatsu-ya).
Von Tōkyō nach Nikko.
Eisenbahn, Abfahrt mit der Nordbahn (Nippon Tetsudō) vom Uenobahnhof,
Fahrpreis I. 3,40 Yen, II. 2,04 Yen, Fahrzeit etwa 5 St. L.
sitzen!—Man fährt über (10 km) Akabane, hier Anschluß der Ringbahn
für Reisende, die, von Yokohama kommend, in Shinagawa in
die Ringbahn (Suburban Railway) umgestiegen sind. Die Bahn folgt
meist der alten Landstraße Ōshu Kaidō, deren alte Kiefern-und
Zedernalleen man vom Zuge aus sieht; l. der Fuji, r. der stets dampfende
Asama. Über (20 km) Urawa und (27 km) Ōmiya (Gasthof
Takashimaya Banshorō, Ōmyia machi), mit schönem Shintōtempel
Hikawa Jinja, gelangt man nach (54 km) Kurihashi, wo eine schöne
eiserne Brücke über den Tonegawa führt. Dann über (61 km) Koga,
einem alten Daimyōsitz, nach (77 km) Ōyama (Gasthof Izukura;
Zweigbahnen nach Maebashi, S. 408, und nach Mito); und über (92 km)
Ishibashi nach (106 km) Utsunomiya (Gasthof Shirokiya), alter Daimyōstadt
mit großem Shintōtempel Nikkō Daimyōjin. Hier umsteigen
(im Sommer auch ein durchgehender Zug) in die Zweigbahn
nach Nikkō, die über (112 km) Togami und (120 km) Kanuma,
dann mit Blick auf die Gebirge von Nikkō meist längs der alten
Kaiserstraße Reiheishi Kaidō über (129 km) Fubasami, bergauf über
(140 km) Imaichi nach (146 km) Hachiishi, dem Bahnhof von Nikkō
führt.
[S. 404]
Nikkō.
Vgl. den Plan S. 405.
Ankunft. Vom Bahnhof fährt man
mit Rikscha durch das lange Dorf
Hachiishi bergauf in etwa 20 Min.
durch herrliche Baumalleen und die
mit Läden dicht besetzte Dorfstraße,
dann über den rauschenden Bergstrom
Dayagawa, über den zwei Brücken
führen, von denen aber die rote Mihashibrücke
nur vom Kaiser benutzt
werden darf, 4 km bis zum Fuße des
Tempelbergs, wo das Nikkō Hotel liegt.
Gasthöfe: Kanaya Hotel, 15 Min.
vom Bahnhof, in prächtiger Lage, vortrefflich,
gute Küche; 80 Z., F. 1, Lunch
1,50, Dinn. 2, Supp. 1,25, Pens. von 6
Yen an; heiße und kalte Bäder, Telephon
Nr. 1.—Nikkō Hotel, 20 Min.
vom Bahnhof, am Fuß der Tempel in
schöner Lage, gelobt; 57 Z., Pens.
von 4,50 Yen an; Tel.-Adr.: »Arai
Nikkō«.—Japanische Gasthöfe: Konishiya;
Kamiyama.
Rikschas und für die Bergwege
Sänften (kago), Tragstühle (Chairs) und
Reitpferde nach fester Taxe zu haben.
—Führer in den Hotels zu haben,
tägl. 2 Yen, für Ausflüge 2,50 Yen; sie
besorgen die Einlaßkarten für die Tempel
(Eintritt 80 sen). Mitglieder des
Hokō-kwai (Nikkō Preservation Society,
5 Yen Jahresbeitrag) haben stets
freien Zutritt zu allen Tempeln. Die
Grabdenkmäler der Shōgune sind von
8-4 Uhr offen, man muß beim Betreten
der Hallen die Schuhe ausziehen.—
Tempelfeste am 17. April, 1. und 2. Juni
und 17. Sept.
Geschäftsadressen: Kunstsachen
(Spezialität: Aquarellmalereien, Tischdecken,
Landschaften etc.): Kobayashi
Sasaya, Kobayashi Shōichiro, bei der
roten Kaiserbrücke; Otake, Shōbikwan.
Viele Läden mit Photos, Holzschnitzereien,
Gemälden und Fellen.
Nikkō (610 m), Stadt mit 3500 Einw. in der Provinz Shimotsuke,
ist ein berühmter Wallfahrtsort mit herrlichen Tempeln in reizender,
vielbesuchter Umgebung am Abhänge des vulkanischen Gebirges
Nikkōzan (Berge des Sonnenglanzes) oder Nikkogebirges, am Fuße
des erloschenen Vulkans Nantaisan. Die Tempelstadt stammt aus
dem 8. Jahrh. und wurde vom 2. Shōgun der Tokugawafamilie zur
Grabstätte seines berühmten Vaters Ieyasu (gest. 1616) gewählt; 1651
wurde hier noch der 3. Shōgun, Iemitsu, begraben. Nikkō ist beliebter
Sommeraufenthalt und zeigt Anfang November prächtige
Laubfärbung der Ahornbäume. Ein japanisches Sprichwort sagt:
Brauche nicht das Wort großartig, bevor Du Nikkō gesehen! (»Nikkō
wo minai uchi wa, kekkō to iu na!«).
Rundgang. Man besucht zuerst den Palast (Hombō) des Abtes,
meist Mangwanji (auch Rinnōji) genannt; l. an der Allee der Westseite
dieser Anlage steht ein kleiner Palast Chōyōkwan, Sommeraufenthalt
der kaiserlichen Prinzessinnen Tsune-no-Miya und Kaneno-Miya.
In der Mangwanjianlage steht die »Halle der drei Buddhas« (Sambutsu-dō) mit großen vergoldeten Figuren des Lichtgottes
Amida in der Mitte, r. die 1000händige Kwannon und l. die pferdeköpfige
Kwannon. Dahinter im Landschaftsgarten die kupferne
Pfeilersäule *Sōrintō, 1643 gegen den Einfluß böser Geister errichtet.
Breite Stufen führen zu dem 1618 vom Daimyō von Chikuzen
gestifteten granitenen Torii und zum *Ieyasutempel, vor dem l.
eine 31 m hohe, fünfstöckige Pagode steht.
[S. 405]
Nikkō und Umgebung
Durch das Tor Ni-ō-mon
(die buddhistischen Ni-ō sind aber durch die shintōistischen Ama-inu
und Koma-inu ersetzt worden) gelangt man in den Tempelhof; oben
am Tore sieht man das Fabeltier Baku, das gegen böse Träume
schützt, und andre Tierschnitzereien: Löwen, Einhörner, Takujū
(sprachbegabte Fabeltiere, die nur in der Ära tugendhafter Fürsten
erscheinen sollen), Elefantenköpfe, Tapire, Tiger etc. Im Hof stehen
Vorratshäuser für Festgerät und Tempelschätze. L. vom Tor eine
große Kōyamakikonifere, die Ieyasu als kleine Topfpflanze gepflegt
und auch auf Reisen stets bei sich getragen haben soll. Daneben
der Stall für den heiligen Schimmel, dessen Tor die Affenschnitzerei
(Sambiki-saru) zeigt. Sehr schön ist das Weihwasserbecken (On Chōzuya)
aus einem Granitstück mit Drachendachschmuck. Dahinter
steht eine Archivhalle, Kyōzō (Warai-dō), mit buddhistischen Schriften
in prächtigen Rotlackbüchergestellen. Im Innern Engelsbilder.
Mitten im Hof ein bronzenes Torii mit dem Tokugawawappen in
Gold. Treppenstufen führen zum zweiten Hof, in dem zwei Steinlöwen,
ein Glockenturm und eine Glocke sowie Bronzelaternen aus
Korea, ein holländischer Kandelaber und ein Trommelturm stehen.
[S. 406]—
Am Ende l. steht der Yakushitempel, der innen sehr farbenprächtig
ist. Von hier führen Treppenstufen zu dem prächtigen Tore Yōmeimon,
von dem ein Pfeiler absichtlich, um den Neid der Götter zu
meiden, fehlerhaft geformt ist; er heißt Ma-yoke no Hashira (Böses
abhaltender Pfeiler). Verschiedene Säulenkapitelle und Architrave
zeigen Einhorn-und Drachenköpfe, das Balkongeländer zeigt spielende
Kinder (Karako-asobi). Durch dieses Tor gelangt man in den
Festhof, in dem l. die Halle zur Aufbewahrung der schweren Palankine,
worin die Geister von Ieyasu, Hideyoshi und Yoritomo bei Prozessionen
umhergetragen werden; daneben ist eine Reliquienausstellung;
r. hat man die Bühne für den heiligen Kaguratanz (vgl.
S. 368), der sehr sehenswert ist und gegen Geldopfer von der Priesterin
ausgeführt wird.
Einige Stufen führen durch das Chinesische Tor (Kara-mon) zum
Vortempel (Haiden; Schuhe ausziehen!) mit Shintōgerät, Gohei
und rundem Spiegel, und von da durch prächtige Korridore zum
Honden (Allerheiligsten), dessen Seitenkapellen aber geschlossen
sind. Zu *Ieyasus Grabmal gelangt man vom Kara-mon und an
der Kagura-dō (Tanzbühne) vorbei an ein Tor an der Ostseite mit der
berühmten Schnitzerei von Hidari Jingorō, »die schlafende Katze«
(Nemuri no Neko); dann führt eine lange Steintreppe von etwa 200
Stufen zu dem Hügelgrab. Das Grabmal ist sehr einfach, ein hellfarbiger
Bronzeguß, der einer kleinen Pagode ähnelt. Davor steht
ein niedriger Steintisch, worauf ein riesiger bronzener Storch steht,
der im Schnabel einen Messingleuchter trägt; daneben ein Rauchopferanzünder
und eine Vase aus Bronze, mit Lotosblüten und Blättern
geziert.—Nachdem man das Mausoleum des Ieyasu wieder verlassen
hat, wendet man sich r. und gelangt durch die Allee und
einen Torii zum Shintōtempel Futaara Jinja, begründet 782 und
dem Friedensgott Ōnamuji geweiht, in dessen Honden alte Schwerter,
Lacksachen, Magatama (S. 399), Kostüme etc. zu sehen sind. In einer
Ecke des Tempelhofs steht die Bronzelaterne Bakemono Tōrō, 1292
geschenkt, die nachts öfters Teufelsgestalt annahm, bis ein tapferer
Krieger ihr den noch sichtbaren Schwerthieb über den Deckel gab.—
Nach l. hinabsteigend, erreicht man zwei rotlackierte buddhistische
Tempel (Futatsu-dō), durch gedeckte Galerie verbunden, deren
größerer Amida geweiht ist. Innen viele buddhistische Bildnisse sowie
die Gebeine von Yoritomo (daher der Tempel auch Yoritomo-dō
heißt); ein zweites Grab von Yoritomo ist aber in Kamakura (S. 391).—
Durch die Galerie gelangt man in eine Allee, die zum Grabe des
Abtes Jigen Daishi (auch Tenkai Daisōjō genannt) führt, das indische
Stupaform hat und von lebensgroßen Steingötzen bewacht wird; l.
davon führt eine Treppe zu den einfachen Gräbern der 13 Prinzäbte
von Nikkō.—R. vor der großen Steintreppe liegt das Priesterhaus
Ryūkō-in, dessen erstes Tor, ein Ni-ō-mon (mit zwei Paaren Ni-ō, das
eine Paar aus dem obenerwähnten Ni-ō-mon des Ieyasu-Tempels
hierher versetzt) zum Grabmal des Iemitsu führt, vorbei an einem
granitenen Wasserbecken mit Drachendach, dann eine Steintreppe
hinauf zum Tore Niten-mon; drei Treppen höher liegt das Teufelstor
Yasha-mon, dahinter der Grabtempel, von dem r. eine Treppe
[S. 407]
auf den Grabhügel führt. Das Grabmal ist aus Bronze, ähnlich dem
des Ieyasu; die Bronzetore tragen Sanskritinschriften.
Die Umgebung von Nikkō ist reich an schönen Spazierwegen,
für die meist Führer nicht erforderlich sind.
Ausflüge: 1) Zum *Chūzenjisee,
der beliebteste Ausflug, im Mai und
Oktober besonders schön; zu Fuß
41/2-5 St. (zurück 21/2-3 St.), zu
Pferde (21/2 Yen) oder in Rikscha (3
Kulis 31/2 Yen), mit Sänfte (4 Kulis
4 Yen) in 31/2 St. Unterwegs mehrere
Teehäuser zum Rasten. Diesen Ausflug
(am 4. Okt. 1904) beschreibt Karl,
Prinz von Hohenzollern: »In der erquickenden
Morgenkühle schritten wir
rüstig einher auf gutem Sträßchen, l.
den schäumenden Dayagawa und bewaldete
Höhen, r. schroffere Hänge,
von bewaldeten Schluchten durchzogen.
Das Sträßchen führt 11/2 St.
in mäßiger Steigung aufwärts bis zum
ersten Teehaus (Misawa). Nun verengt
sich die Schlucht, und an Stelle
der grünen Hänge treten schroffe Abhänge
und Felswände, von denen
Wasserfälle ihre Sprühregen erfrischend
herabsenden. Die Steigung
wird größer, und bei einer Biegung
haben wir zum erstenmal den Blick
auf die kupferrot bis violett gefärbten
Flanken des 2483 m hohen Nantaizan.
Wir verlassen den über kleinere Felsabsätze
sich donnernd überstürzenden
Dayagawa und biegen in die trümmererfüllte
Schlucht des Hannyabaches
ein; eine starke und kurze Steigung,
und wir stehen senkrecht 60 m über
dem Hannya auf der Felsterrasse des
zweiten Teehauses (Naka no Chaya).
Worte können den herrlichen Blick,
der sich dem Auge bietet, schwer
schildern; er ist lieblich, ernst und
großartig zugleich. Nach N. blicken
wir in zwei Felsschluchten, deren Bäche
sich uns zu Füßen vereinigen. Die
eine zerreißt die Hänge des 1560 m
hohen, in scharfem Horn endenden
Tanzaiyama, der oben eine Rasenkappe
trägt; in dieser stürzt der Hannyabach
40 m über eine senkrechte
Wand, den Hannyadaki (Wasserfall)
bildend; 300 m l. davon, durch bewaldeten
Rücken getrennt, hat sich
der Hodobach eine noch großartigere
Schlucht in die Felsflanken des Nantaizan
gegraben, in der er vor seiner
Vereinigung mit dem Hannyabach den
wasserreichen, sehr hübschen Hododaki
bildet. Im W. rauschte mehr als
100 m unter uns der Dayagawa in
seiner Felsschlucht. Auf ordentlich
gehaltenen Wegen geht es mäßig steigend
durch schönen Wald, Tannen
und Bergahorn, aufwärts an den Ausläufern
des Nantaizan empor, bis wir
in 1 St. das dritte Teehaus erreichen.
Der Blick in die Dayagawaschlucht
ist großartig; fast 600 m unter uns
sieht man den Fluß wie eine milchige
Masse zwischen finstern Tannen und
Felswänden hindurchrasen, und der
Steilabsturz des Tanzaiyama scheint
ihm den weitern Weg versperren zu
wollen. Doch aufwärts! Nach 100 m
weitern Steigens befinden wir uns auf
einem Sattel, und dumpfes Donnern
schlägt an unser Ohr. In lichtem Walde
schreiten wir fast eben rüstig vorwärts
und biegen (l.) auf einen Fußpfad ab,
der sehr steil uns auf eine mit Geländer
versicherte Felskanzel führt.
Wir stehen vor einem herrlichen Schauspiel.
Vor uns stürzt in einem gewaltigen
Sprunge (80 m tief) der Dayagawa
als Ausfluß des Chūzenjisees in
einen Felskessel. Kegon-no-taki heißt
dieser herrliche Wasserfall. Noch
1/4 St. haben wir zu gehen, und wir
stehen am blauen Spiegel des Sees
von Chūzenji.«
Chūzenji (Lake Side Hotel, gute
europ. Küche, Mitt. 11/2 Yen, Pens. von
5 Yen an, Privattelephon zum Kanaya
Hotel in Nikkō; jap. Gasthof Komeya;
europ. Boote auf dem See tägl. 2 Yen,
1 St. 50 sen; jap. Boote stündl. 40 sen),
Ort am gleichnamigen See, 1316 m
ü. M., eingebettet zwischen Bergen von
1600-2483 m Höhe, beliebte Sommerfrische
für Europäer, im Juli und
August von etwa 10000 buddhistischen
Pilgern besucht, die den erloschenen
Vulkan Nantaizan (2483 m) besteigen.
Der Aufstieg führt durch das Tempeltor
am Ende des Dorfes (den Japanerinnen
ist der heilige Berg verboten!),
ist sehr steil und erfordert 3 St., oben
besonders bei Sonnenaufgang wundervolle
Aussicht. Man beginne mit
Laternen zu steigen und nehme Strohsandalen
unter die Stiefel! Bei klarem
Wetter kann man den Fuji sehen.
[S. 408]
Ausflug zum Yumotosee, von Chūzenji
mit Rikscha (2 Mann, 2 Yen)
in 2 St. oder zunächst in 1 St. im Boot
über den 6 km langen und 2,5 km
breiten malerischen Chūizenjisee nach
Shōbu-no-Hama, von da zu Fuß in
10 Min. zumn Drachenkopfwasserfall
(Ryūzu-ga-taki) und quer durch die
große Schlachtfeldheide (Senjō-ga-ara),
auf dem 1389 die Ashikaga-Shōgune
gegen die südliche Mikadodynastie
kämpften, eine von Wäldern
eingefaßte Einöde, in 11/2 St. vorbei am
»heißen«Wasserfall Yu-no-taki zum
schönen Yumotosee, an dessen Nordende
das Dorf Yumoto (1520 m; Namma
Hotel, europ., Pens. 3,50-5 Yen, und
andre japanische), mit zehn heißen
Schwefelquellen, alles öffentliche Bäder.
—Von Yumoto Aufstieg zum
(1889 noch tätigen) Vulkan Shiranesan
(2680 m), in 41/2 St. mit Führer,
sehr steil und beschwerlich; 1 voller
Tag erforderlich zur Besteigung, da
die Gipfelbesichtigung Zeit fordert;
Lebensmittel und Wasser mitnehmen!
—Von Yumoto kann man auch bequemer
als von Chūzenji in 41/2 St.
auf den Gipfel des Nantaizan (S. 407)
gelangen, doch nur mit Führer.
Der Rückweg von Chuzenji nach
Nikkō dauert kaum 21/2 St.
2) Zum Kirifuri-no-taki. Von der
roten Kaiserbrücke Mihashi steigt man
zunächst am r. Ufer des Dayagawa bis
zu dem Stromwirbel Gaimman-ga-fuchi,
wo an schroffer Felswand das Sanskritwort
Hâmmam steht; in der Nähe mehrere
luftige Teehäuser und 40 Amidafiguren
in einer Reihe; von da zurück
zur nächsten Brücke und durch den
zierlichen Landschaftsgarten Dainichi-dō
um den Fuß des Hügels Toyama
(Aufstieg in 3/4 St., oben prächtige
*Aussicht) herum in 11/4 St. zum fast
100 m hohen Staubnebelwasserfall
Kiri-furi-no-taki. Vom Teehaus auf
dem Hügel über dem Wasserfall schöner
Blick auf den Fall und von dem
Felsblock über dem Teehaus großartige
*Aussicht; ein rauher, steiler
Pfad führt zum Fuße des Wasserfalls.
3) Die Besteigung des Nyohō-zan
(2470 m) erfordert von Nikkō aus einen
vollen Tag, sehr früher Aufbruch nötig;
der bequemste Weg führt über den
Fujimi-tōge; man kann bis zu den
Torii am Berghang reiten (Träger für
Mundvorrat und Wasser etc. mitnehmen,
Strohsandalen, warme Decken).
Von Nikkō führt der Weg bis zum
ersten Hause r. unterhalb Urami und
ist dann auf 6 km Strecke sehr schlecht
(im Dunkeln nicht zu machen), dann
mehrere Kilometer durch Wald, der
2 km vom Fuße des Nyohō-zan zauberhaft
schön wird. Nach 3 St. erreicht
man die Torii, dann windet
sich der Pilgerpfad meist unter dem
Schatten schöner Bäume in 21/2 St.
zum Gipfel des Nyohō-zan, auf dem
ein Schrein des Gottes Onamuji steht.
Prächtige *Aussicht über das Gebirge.
Abstieg in 3 St.—Ein andrer Weg
führt von Nikkō über die»Sieben
Wasserfälle«(Nana-taki), er ist beschwerlicher,
aber noch schöner, erfordert
51/2 St. Zeit zum Aufstieg.
(Nur bis Nana-taki und zurück kann
der Weg in 5-6 St. gemacht werden.)
Zur Besteigung auf jedem der beiden
Wege ist ein zuverlässiger Führer erforderlich.
Von Nikkō nach Ashio, Ikao, Haruna, Myōgi und Karuizawa.
A. Entweder auf der Eisenbahn (in etwa 6 St.) von Nikkō über
Utsunomiya, nach (69 km) Oyama (S. 403), dort umsteigen in den
Zug der Ryōmōlinie nach (151 km) Maebashi (Gasthof Shiroiya;
europ. Speisehaus Akagi-tei), wichtige Handelsstadt für Rohseide
mit 34000 Einw., am l. Ufer des Tonegawa, alter Daimyōsitz.—
Von hier mit Rikscha in 15 Min. bis zum Endpunkt der Straßenbahn
(die auf Vorausbestellung bei der»Basha Tetsudō Kwaisha«auch Wagen am Bahnhof bereitstellt), dann mit dieser in etwa 11/2 St.
bis Shibukawa, von da in 2 St. mit Rikscha (2 Kulis) bergauf nach
Ikao (s. unten).
[S. 409]
B. Oder zu Fuß frühmorgens (mit Gepäckträger als Führer) von
Nikkō in 2 Tagen (67 km Fußmarsch) sw. längs des Abfalls des
Nikkōgebirges durch das Tal des Watarasegawa; am 1. Tag auf
schlechten Wegen über den (13 km) Hosootōge mit 1250 m Paßhöhe.
Beim Dorfe Miko-uchi folge man der l. abbiegenden Bergwerksbahn,
weil deren Weg meist besser sein soll; man erreicht gegen Mittag
(30 km) Ashio (700 m; Hotel Chōwakwan, 24 Z., Pens. 4-7 Yen,
europ. Küche), Ort mit berühmtem Kupferbergwerk, in einem tiefen
Tal. Die drei Bergwerke sind: Honzan, das größte, nördl. von
Ashio; Kotaki westl. und Tsudo dicht beim Gasthof. Der Betrieb
ist lebhaft und modern, in Privatbesitz (Furukawa & Co., Tōkyō)
und sehenswert. Man übernachte in Ashio nach Besichtigung des
nächsten Bergwerks.
Wenn man 1 Tag länger in Ashio
bleiben kann, besteige man den Kōshin-zan,
dessen Klippen etwa 10 km
nw. von Ashio, bei Bessho, 1370 m
ü. M., sehr sehenswert sind. Von
Mi-harashi schöner Blick in die Tiefe.
Die Klippen tragen Namen: Sanjū-sangen
sind der Kwannon geweihte
Abhänge; Kinoko-seki, die Pilzklippe;
Yagura-seki, die Mauertürme; (Urami-ga-taki,
ein Wasserfall); Goshiki
no seki, die Fünffarbenklippe etc. Auf
dem Gipfel Oku-no-in (1660 m) sind
3 Höhlen mit Heiligenschreinen. Abstieg
von da in 21/2St. Nur Schwindelfreie
können den anstrengenden Weg,
der oft an Abgründen vorbeiführt,
machen.
Von Ashio frühmorgens Wanderung durch das romantische Tal
des Watarase-gawa abwärts über (40 km) Sōri (Gasthof) nach (49 km)
Gōdo (Gasthof Tamaya, Mittagessen). Nm. weiter über (53 km)
Hanawa (Gasthof) nach (67 km) Ōmama (Hotel Hayashi-rō, am
Bahnhof; Toyoda-kwan, in der Stadt), einer langgestreckten Stadt am
Fuße des Akagisan.—Von hier mit Eisenbahn (25 km) in 3/4 St.
nach (92 km) Maebashi (S. 408); von da mit Rikscha, wie oben beschrieben,
nach.
Ikao (Ikao Hotel, europ.; Budayu; Ishizaka, europ. Küche, u. a.,
jap.; gutes Teehaus), kleiner Bergstadt am NO.-Abhang des Harunasan,
760-826 m ü. M. Die malerische Hauptstraße besteht aus Treppenstufen;
westl. hinter den Häusern liegt der steile Abhang Yusawa,
wo ein Gießbach schäumt. Ikao ist beliebte Sommerfrische, reich
an schönen Aussichten auf das Nikkōgebirge und das Tal des Tonegawa
und besitzt heiße, eisenhaltige Quellen von 45° C. Spaziergänge
in prächtiger Gegend nach Yumoto (1/4 St.); auf den Kompirasan
(1/4 St.); nach Mushi-yu (3/4 St.); über (1/4 St.) Nanae-no-taki
(siebenfacher Wasserfall) zum (1 St.) Benten-daki; nach Mizusawa
no Kwannon (3/4 St.).
Von Ikao steil bergauf 7 km zum *Harunasee (etwa 1000 m),
einem Kratersee zwischen Felswänden mit vorzüglichen Lachsen.
Am Südufer entlang (gutes Teehaus, wo man übernachten kann)
und l. 1/2 km hinauf gelangt man zum Tenjin-tōge, einer Paßhöhe
von etwa 1100 m mit schöner *Aussicht, wo ein kleines Teehaus
Haruna liegt. 4 km steil abwärts steht in prächtigem Wald in
freundlichem, idyllischem Tal der kleine *Tempel von Haruna
mit kunstvollen Holzschnitzereien.
Etwas unterhalb des Tempels ragt die merkwürdig geformte Klippe
Kurakake-iwa, auf; einige Minuten weiter liegt das Dörfchen, wo
[S. 410]
die Frauen und Kinder der Priester wohnen.—Nun bergab auf
schönem Wege über Sannokura nach (32 km von Ikao) Matsuida
(Bahnhof der Karuizawabahn); von da mit Rikscha etwa 4 km in
das kleine Dorf Myōgi (Gasthöfe: Hishiya, 25 Z., Pens. 1-3 Yen),
in prächtiger Felsengegend am Fuße steiler, bewaldeter Bergzacken;
über dem Dorfe nahe dem Gasthof eine alte malerische Tempelanlage
aus dem 10. Jahrh.; von der Haupthalle führt eine Steintreppe
zum Oku-no-in (Allerheiligsten). Von da steigt der Fels steil an.
Ikao-Haruna.
Tüchtige Felskletterer können mit
zuverlässigem Führer (aus Myōgi) und
Strohsandalen nebst Bergstock zu dem
an langer Stange befestigten Buchstaben
(chines. dai = groß), der wie
A aussieht, hinaufklettern, der auf dem
Bergzacken Haku-un-zan (Gipfel Myōgi
Jinja Chōjō genannt) aus Bambusstangen
aufgerichtet ist. Die Kletterei
ist gefährlich und ohne Anseilen nicht
anzuraten; man braucht gut 21/2 St.
bis zum Gipfel und muß lange Strecken
von Baum zu Baum hochklettern; zuletzt
ist ein enger Kamin zu überwinden.
Auf der Haku-un-zan-Spitze
prachtvolle *Aussicht über Berge und
Wälder des Myōgi-san bis nach Haruna.
Der Abstieg ist schwieriger als der
Aufstieg.—Weniger gefährlich ist der
Aufstieg zum Daikoku-san, 21/2 St. von
Myōgi (Führer nötig), und zum Kinkei-san,
ungefährlich, erst 1 St. eben nach
dem Dorfe Sugawara, dann 11/2 St.
steiler Aufstieg.
Rückweg von Myōgi nach Matsuida, von da mit der Bahn über
(6 km) Yokokawa nach (19 km) Karuizawa (Mikaza Hotel, Karuizawa
[S. 411]
Hotel, Mampei Hotel, Auston Hotel, sämtl. Pens. 3-9 Yen), Dorf
und beliebte Sommerfrische für Europäer aus Yokohama und Tōkyō
auf einer Hochebene 1150 m ü. M.; im Sommer Klubs, Konzerte,
Bälle. Von hier sehr lohnende, aber anstrengende Besteigung des
höchsten aktiven japanischen Vulkans, des *Asama-yama (Führer
erforderlich); man reitet in 21/2 St. (Pferd mit europ. Sattel 3 Yen)
zum Fuße (18 km); in Oiwake, etwa 10 km unter dem Krater, ist
im Sommer Unterkunftsstation im Betrieb; das Donnern des Lavastroms
wird als großartig geschildert. Zurück mit der Bahn über
(25 km) Takasaki (Gasthof am Bahnhof), eine blühende Gewerbestadt
am Karasugawa, alter Daimyōsitz, und (96 km) Ōmiya (S. 403) nach
(125 km) Tōkyō (S. 393) und von da zurück nach Yokohama (S. 388).
18. Von Yokohama über Honolulu nach San Francisco.
Dampfer der Pacific Mail Steamship
Co. in San Francisco und der Toyo
Kisen Kaisha in Yokohama, Generalagent
in Hamburg: Rud. Falck, Amerikahaus,
abwechselnd etwa alle 7-10
Tage von Yokohama in etwa 10 Tagen
nach (3400 Seem.) Honolulu und von da
nach 12-24 St. Aufenthalt in etwa
6 Tagen nach (2100 Seem.) San Francisco;
Gesamtweg 5500 Seem. Fahrpreis
von Yokohama (oder von Manila,
Hongkong, Schanghai, Nagasaki und
Kobe) nach London, Liverpool oder
Southampton I. Kl. £ 71,10; Rückfahrkarte
I. Kl. für 6 Monate £ 120, für
2 Jahre £ 125.
Die in Japan gemachten Einkäufe
schicke man direkt nach Europa,
da deren Einführung in Amerika hoher,
rigoroser Besteuerung unterliegt.
Der Stille Ozean (Pacific) hat seinen Namen 1521 von Ferd. Magalhães
erhalten, der ihn vom Feuerland bis zu den Philippinen in
etwa 100 Tagen durchquerte, ohne stürmisches Wetter zu erleben.
Schon 1513 hatte Bilbao ihn die Südsee genannt, ein Name, der
noch jetzt für den südlicheren inselreichen Teil des Ozeans bei den Seefahrern
allgemein üblich ist. Der Stille Ozean ist das größte Weltmeer;
er bedeckt fast ein Drittel der Erdoberfläche. Seine größte
bisher aufgefundene Tiefe von 9636 m liegt sw. der Marianen. Zwischen
Japan und dem gegenüberliegenden Teil Nordamerikas beträgt die
Meerestiefe im allgemeinen 5000-5500 m, bei der Annäherung an
Nordamerika sinkt sie etwas, östl. der japanischen Inseln erreicht sie
dagegen im »Kurilengraben« auf große Strecken mehr als 6000 m.
Unter den Winden, die über dem Stillen Ozean wehen, ist der
wichtigste der Nordostpassat, dessen Nordgrenze im Sommer etwa
unter 33°, im Winter unter 25° nördl. Breite liegt. Die Passatwinde
(engl. trade-winds; der Name Passat kommt vom span. passata = Überfahrt)
wehen in den Meeren zu beiden Seiten des Äquators gegen
die Zone der stärksten Erhitzung hin; dort steigt die erwärmte Luft
auf und von beiden Seiten wird beständig Luft zum Ersatz herangesaugt,
so daß zwei Zonen sehr gleichmäßig gegen den (thermischen)
Äquator wehenden Windes vorhanden sind. Die Passatluftströmung
wird aber durch die Erddrehung abgelenkt und tritt daher auf der
Nordhalbkugel nicht als reiner Nordwind, sondern als NO.-Wind
auf. Da die Zone der größten Erwärmung mit dem Sonnenstande
[S. 412]
wandert, so verschiebt sich auch die Zone des Passats vom Nordsommer
zum Nordwinter südwärts. Innerhalb der Passatzone weht
ein zuweilen recht kräftiger, aber stetiger Wind, der der Schiffahrt,
auch der Dampfschiffahrt, natürlich viel willkommener ist als die
unregelmäßigen Windverhältnisse der weiter nördlicher liegenden
Zone mit ihren wandernden Luftdruckwirbeln und den diese
begleitenden Stürmen. So ist es erklärlich, daß die direkte
Strecke von San Francisco nach Yokohama, die, 4530 Seem. lang,
im größten Kreise den Ozean überschreitet und ostwärts nur etwa
14 Tage, westwärts (wegen östl. Stromversetzung durch den Kuro
Siwo, s. unten) 17 Tage beanspruchen würde, von den Dampferlinien
gemieden wird; denn sie erreicht unter 170° westl. Länge eine höchste
Breite von 48° (nur 300 Seem. südl. der Alëuten) und führt durchweg
durch das meist windige, häufig stürmische Gebiet außerhalb
der Passatgrenze. Dagegen macht der Seeweg über Honolulu zwar
einen Umweg nach S. zu, erreicht aber im Sommer schon in etwa 145°
östl. L. die Zone des NO.-Passats und verbleibt in ihr bis etwa 130°
westl. L.; im Winter, in dem die Nordgrenze des Passats südlicher liegt,
hat man zwar auf dem ersten Drittel des Wegs von Yokohama nach
Honolulu mit stürmischen Westwinden zu rechnen, kommt aber
weiterhin meist durch ruhige und vor allem auch warme Gebiete, so
daß der Weg über Honolulu in jeder Jahreszeit empfehlenswert ist.
An Meeresströmungen trifft man östl. von Japan auf die
mächtige warme Strömung des Kuro Siwo, das pazifische Gegenstück
zum Golfstrom. Weiter östl. ist auf der südl. Route von Meeresströmungen
nicht viel zu bemerken, da man sich in dem neutralen
Gebiet zwischen dem westwärts gerichteten Nordäquatorialstrom und
der östl. Fortsetzung des Kuro Siwo bewegt.
Die Oberflächentemperatur des Meerwassers ist auf dem
größten Teile der Fahrt im Jahresmittel höher als 20° C, erst gegen
die kalifornische Küste hin nimmt sie rasch ab, da hier kaltes Auftriebwasser
aus der Meerestiefe zur Oberfläche empordringt. Die
Lufttemperatur ist auch im Winter nicht sehr rauh; in Hawaii erreicht
man ja noch einmal die Tropen.—Das durchfahrene Gebiet
ist reich an Walen und andern Seetieren, besonders Schweinsfischen
(Delphine, Tümmler), sowie an Albatrossen und Seeschwalben.
Von Yokohama (S. 388) steuert man aus der Tōkyōbucht, wie S. 388
beschrieben; vom Südkap Noshima saki, der Einfahrt in den Uragakanal,
dampft das Schiff mit etwa Süd-zu Ostkurs in den Stillen Ozean,
bis man die Datumgrenze, 180° L., in etwa 30° nördl. Br. schneidet.
Der 180. Längengrad (östl. u. westl.
von Greenwich, dem Nullmeridian für
die Seekarten) ist die Zeitrechnungsgrenze
der Erdbewohner. Wer der
Sonne entgegenfährt, also ostwärts
reist, hat wegen seiner Eigenbewegung
auf der Erdkugel in östl. Richtung
kürzere Tage und würde beim Schluß
der Reise einen Tag früher nach Europa
kommen, als dort der Kalender angibt,
weil er infolge seiner Erdumsegelung
eine Umdrehung der Erde um die Sonne,
also einen Tag mehr erlebte als die zu
Hause Gebliebenen; deshalb wird der
Tag, an dem man, ostwärts fahrend,
den 180. Längengrad überschreitet,
zweimal gerechnet, um die Übereinstimmung
mit der Kalenderrechnung
wiederherzustellen. Wer westwärts
reist, muß einen Tag ausfallen lassen,
wenn er den 180. Längengrad überschreitet,
um mit dem Kalender in
Übereinstimmung zu bleiben.
[S. 413]
Die Datumgrenze war bisher auf vielen Inseln
des Stillen Ozeans verschieden,
je nachdem die ersten Entdecker von
O. (Spanier) oder von W. (Portugiesen)
die Inseln erreicht hatten; so stimmte
z. B. das Datum auf den Philippinen
noch bis Ende 1844 mit dem Datum
Amerikas überein; Verkehrsrücksichten
führten dann zur Annahme des
ostasiatischen Datums (vgl. die Zeittafel,
S. 14).
Vom 180. Längengrad führt osö. Kurs gut nördlich an kleinen
Koralleninseln und Riffen entlang, deren westlichste, die Insel Kuré
oder Ocean Island, auf 28° 26' nördl. Br. und 178° 30' westl. L.
ein unbewohntes Korallenatoll von etwa 5 Seem. Durchmesser ist.
Etwa 50 Seem. östl. liegt das etwas größere Korallenatoll Midway
Island, bewohnt, mit Leuchtturm auf etwa 14 m hoher Düne, Telegraphenstation
und Landungsplatz des großen amerikanischen Kabels,
das von San Francisco über Honolulu, Midway Island und Guam
nach den Philippinen führt. Fast 80 Seem. östl. liegt das Atoll Hermes-Riff
(Pearl Reef) von etwa 15 Seem. Länge. 145 Seem. sö. davon liegt
die von großen Korallenriffen umgebene Lisiansky-Insel (unbewohnt)
und 120 Seem. östl. von dieser die bis 15 m hohe, 2 Seem. lange Laysaninsel
(bewohnt) mit kleinem Leuchtfeuer, das aber nur im Winter
brennt. Weiter nach OSO. liegen das Maroriff, die 50 m hohe Gardnerinsel,
dann eine 37 m hohe Inselklippe, die von großen, gefährlichen
Riffen umgeben ist und French Frigate Shoal genannt wird. Östl. davon
liegt auf 23° 36' nördl. Br. und 164° 40' westl. L. die bis 90 m hohe
Neckerinsel, eine vulkanische, etwa 1/2 Seem. lange und sehr schmale
Felseninsel mit meist steilen Küstenabhängen (unbewohnt). Der
Kurs des Dampfers führt zuweilen nicht weit nördl. von dieser Insel
vorbei und dann nahe südl. von der etwa 210 Seem. östlichern,
fast ebenso langen, aber 275 m hohen Insel Nihoa (oder Modu Manu,
auch Bird Island genannt) vorbei, deren Westgipfel, Millers Pik,
nach W. fast senkrecht 275 m steil ins Meer abfällt; auch die Nordseite
der Insel ist sehr steil, während man an der Südseite in der
Adamsbucht landen kann. Etwa 190 Seem. osö. von Nihoa erscheint
die westlichste Insel der Hawaii-Inseln, Niihau; zwischen dieser
und der Insel Kauai führt die Kumukahistraße an der Waimeabucht
(S. 420) vorbei, um die Südspitze von Oahu nach Honolulu (S. 416).
Die Hawaii- oder Sandwichinseln
liegen auf etwa zwei Drittel des Weges
zwischen Japan und den Vereinigten
Staaten, 2000 km von der nächsten
Inselgruppe und 4000 km vom nächsten
Festland entfernt, zwischen 18°
57'-22° 16' nördl. Br., also wenig südl.
vom Wendekreis, nahe der Nordgrenze
der Tropen, und 154° 49'-160° 33'
westl. L. Sie bestehen aus acht größern,
bewohnten Inseln: Niihau, Kauai,
Oahu, Molokai, Lanai, Maui, Kahulaui
(Kahoolawe) und Hawaii, und
einigen kleinern, unbewohnten Felseilanden,
und umfassen insgesamt
16702 qkm Landfläche (Baden 15068
qkm), die Hauptinsel Hawaii allein
zwei Drittel davon. Die Inseln sind
gebirgig und erheben sich auf Maui
bis 3058 m und auf Hawaii bis 4208 m
(Mauna Kea). Sie sind ein Werk vulkanischer
Kräfte und längs einer in
der Längsrichtung des Archipels verlaufenden
Spalte emporgequollen. Die
Gesteine sind fast durchaus jungvulkanisch,
nur an einzelnen Stellen tritt
Korallenkalkstein auf. Auch Korallenriffe
sind nicht stark ausgebildet,
am wenigsten an den Küsten der
Hauptinsel Hawaii, die überhaupt den
Eindruck macht, als sei sie die jüngste
Insel der Gruppe.
[S. 414]
Karte des Hawaii-Archipels.
[S. 415]
Trägt sie doch
auch die beiden einzigen heute noch
tätigen Vulkane der Gruppe, den
Mauna Loa (4168 m) und den Kilauea
(1231 m).—Mit Hawaii betritt der
Weltreisende noch einmal ein tropisches
Land. Das Klima ist mild und
angenehm; das ganze Jahr hindurch
weht der Nordostpassat (vgl. S. 411), der
im Winter durch südliche (»kranke«)
Winde geschwächt ist. Die Niederschlagsverhältnisse
wechseln auf den
Inseln sehr stark und oft auf ganz geringe
Entfernungen. Die dem Passat
zugewendeten Ostabhänge erhalten
sehr viel Regen, und zwar am meisten
im Winter. Dagegen sind die im Windschatten
liegenden Inselteile, also vor
allem die Süd-und Westseiten, im allgemeinen
trocken, ja zum Teil wüstenhaft.
So hat auch Honolulu selbst
wenig Regen und seine Umgebung ist
von Natur ziemlich kahl; dagegen wird
die hinter der Stadt aufsteigende Gebirgswand
durch den jeden Tag auftretenden
Seewind genügend befeuchtet.
Oberhalb einer von 600-1200 m
wechselnden Höhe bis höchstens 2400 m
aufwärts sind die Berge der hawaiischen
Inseln meist in Wolken (»Passatwolken«)
gehüllt, über diese Wolkenschicht
ragen die großen Vulkane Hawaiis
in die klare Luft hinaus. Soweit
die Inseln gut befeuchtet sind, tragen
sie ein üppiges Pflanzenkleid
von tropischem Charakter und großer
Eigenart; neun Zehntel aller vorkommenden
Pflanzenarten sind endemisch.
Auf die tropischen Niederungen, die
an der Küste Kokospalmen, Pandanus
etc. tragen, folgt von 300-2000 m
die Waldzone, die am schönsten in
ihrem mittlern Teil zwischen 700 und
1800 m ist, wo sie viele Baumfarne
enthält. Andre bekannte Bestandteile
des Waldes sind die Koa (Acacia Koa)
und der fast ausgerottete Sandelholzbaum
(Santalum album). Die im Regenschatten
liegenden Teile der Inseln tragen
eine sehr dürftige Vegetation, zum
Teil sind sie fast wüstenartig.—Auch
ein großer Teil der Tierwelt Hawaiis
ist endemisch; dazu kommen polynesische
und amerikanische Formen.
Unter den Vögeln sind der berühmte,
fast flügellose Moho ganz, der Mamo
fast ganz ausgerottet; beide lieferten
das Material zu den schönen gelben Federmänteln
der Eingebornenhäuptlinge.
Säugetiere waren auf den Inseln
mit Ausnahme einer Fledermaus
ursprünglich nicht vorhanden.—Die
Bevölkerung der Inselgruppe wurde
1910 auf 191900 geschätzt, darunter
1/5 Eingeborne, 1/20 Mischlinge, 3/20
Chinesen, 2/5 Japaner, 1/5 Weiße. Die
Chinesen und Japaner sind meist als
Arbeiter im Lande; die hohe Zahl der
Japaner bereitet der amerikanischen
Regierung große Sorgen. Wegen des
Überwiegens männlicher Chinesen und
Japaner sind 2/3 der Gesamtbevölkerung
männlichen, nur 1/3 weiblichen
Geschlechts. Die eingeborne Bevölkerung,
die 1779: 300000 Seelen gezählt
haben soll und sich 1823 noch
auf 142000 belief, nimmt schnell ab
(1900 nur noch 30000) und wird in absehbarer
Zeit wohl ganz ausgestorben
sein. Die Hawaiier, meist Kanaken genannt,
sind ein schönes polynesisches
Volk, von dem nicht sicher bekannt
ist, wann und von woher es nach dem
entlegenen Archipel gelangt ist. Es
hatte zurzeit der Ankunft der Weißen
eine achtungswerte Kultur erreicht,
verstand z. B. durch Anlage
von Kanälen das Wasser aus den Bergen
in die trocknen Ebenen zu leiten
und diese ertragfähig zu machen. Die
Kanaken bauen Taro, süße Kartoffeln,
Yams, Zuckerrohr, Bananen, Kürbisse,
früher auch den Papiermaulbeerbaum
zur Herstellung des Rindenstoffes
Tapa und die Kawapflanze (Piper methysticum)
zur Bereitung des bei allen
Polynesiern beliebten berauschenden
Getränks. Außerordentlich geschickt
sind sie als Schiffer und Fischer. Sie
waren ein kriegerisches Volk und
lieben heute noch Faust-und Ringkämpfe,
Wettläufe, das Brandungsschwimmen,
Musik, Gesang und Tanz.
Sonst aber ist von ihren alten Sitten
und Eigenarten nicht viel übrig; sie
tragen europäische Kleidung und sind
»zivilisiert«und»Christen«geworden.
Der Schulbesuch ist obligatorisch; es
bestanden 1908: 205 Schulen mit 694
Lehrern und 23445 Schülern. Man
zählte 1908 etwa 200 Kirchen; ein
anglikanischer und ein katholischer Bischof
residieren in Honolulu. Wichtigste
Erwerbszweige der auf
den Inseln ansässigen Weißen sind
Plantagenbau sowie Schaf-und Rindviehzucht.
Etwa der 20. Teil der Inseln
ist kulturfähig; der Lavaboden wird
durch Verwitterung sehr fruchtbar; die
fast ganz in deutschen Händen befindliche
Insel Kauai zeichnet sich besonders
aus.
[S. 416]
Gebaut wird namentlich
Zuckerrohr auf 51 Zuckerplantagen
mit 40500 Arbeitern; 1906 wurden
426000 Longtons Zucker ausgeführt.
Das Zuckerrohr wird 2-11 m hoch
und bis 8 cm dick. Da es auf der
SW.-Seite von Oahu (wo Honolulu
liegt) an Regen fehlt, so sind zahlreiche
große Pumpwerke angelegt; die deutsche
Firma Hackfeld treibt täglich
300000 hl Wasser 190 m hoch hinauf.
An zweiter Stelle steht der Reisbau,
von Chinesen, und der Kaffeebau, von
Japanern betrieben; ferner werden Bananen
und köstliche Ananas gezogen,
und aus der Sisalagave wird sogen.
Manilahanf hergestellt. Der Handel
richtet sich vorwiegend nach den Vereinigten
Staaten von Amerika. Die
Einfuhr besteht in Manufakten, Eßwaren,
Bauholz, Maschinen, Tabak,
Metallwaren, Spirituosen, Kali (aus
Staßfurt), Ammoniak u. a.; die Ausfuhr
in Zucker (1908 für 39,8 Mill. $), Kaffee,
Reis, Bananen, Ananas, Häuten, Fellen,
Wolle, Honig u. a. Fast der ganze Handel
geht über Honolulu. Eisenbahnen
bestehen auf Hawaii (ca. 150 km),
Maui (25 km), Oahu (175 km) und Kauai
(19 km), zusammen ca. 370 km, Telegraphen
und Telephon finden sich auf
den Hauptinseln, die jetzt auch durch
drahtlose Telegraphie untereinander
verbunden sind. Kabel nach den Vereinigten
Staaten und nach Manila.
Geschichte. Die Inselgruppe
wurde 1527 zuerst von strandenden
Spaniern, dann 1555 von Juan Gaetano
entdeckt; Cook suchte sie 1778 auf
und benannte sie nach seinem Gönner,
dem Grafen John Sandwich (Cook
wurde auf Hawaii 14. Febr. 1779 erschlagen).
Damals war die Gruppe
unter drei Staaten verteilt, die nach
langen Kriegen durch Kamehameha
von Hawaii, den»Napoleon der Südsee«,
1795 zu Einem Staat vereinigt
wurden. Kamehameha I., der Große
(1781-1819), hob den Handel, ordnete
die Verwaltung und bereitete die Einführung
der christlichen Lehre vor,
die unter seinem Sohn Kamehameha II.
(1819-24) erfolgte. Die ersten (protestantischen)
Missionare kamen 1820
von Amerika. Kamehameha III. (1824
bis 1854) gab dem Lande 1840 eine
Konstitution. Mit Kamehameha V.
starb 1872 der letzte männliche Nachkomme
des ersten Kamehameha; man
wählte zum Nachfolger Lunalilo, einen
Enkel Kamehamehas I., und nach dessen
Tod David Kalakaua (1874-91),
unter dem das Reich zwar Fortschritte
machte, sich aber auch große Schulden
aufbürdete. Als er kinderlos
starb, folgte ihm seine Schwester Liliuokalani.
Ihr Versuch, die Verfassung
abzuändern, hatte 1893 eine Revolution
zur Folge: 17. Jan. wurde Hawaii
zur Republik erklärt; doch bereits
1897 vollzog sich der von der amerikanischen
Partei auf Hawaii längst
erstrebte, von Japan vergeblich bekämpfte
Anschluß an die Union (Flaggenheißung
1898), und seit 14. Juni
1900 ist Hawaii ein Territorium der
Vereinigten Staaten, mit einer Volksvertretung,
die aus einem Senat von
15 Mitgliedern und einem Repräsentantenhaus
von 30 Mitgliedern besteht.
Der Gouverneur, sein Sekretär und
die Richter aller Gerichtshöfe werden
vom Präsidenten der Vereinigten
Staaten ernannt. Die Exkönigin erhielt
1903 von der Union eine Entschädigung
zugebilligt. Hauptstadt
und Regierungssitz sowie Haupthafen
ist Honolulu auf Oahu; der einige Kilometer
nw. davon gelegene Pearl Harbour
ist zu einem wichtigen Stützpunkte
für die Flotte der Vereinigten
Staaten ausgebaut (s. S. 420).
Honolulu.
Ankunft zur See. Von Yokohama
kommend, steuert man durch die Kaulaka-Straße
längs der Südküste der Insel
Kauai auf die Südküste der etwa
120 Seem. osö. gelegenen Insel Oahu zu;
von San Francisco kommend, steuert
man mit SW.-Kurs auf die SO.-Spitze
der Insel Oahu zu und durch die
Kaiwi-Straße an die Südseite der Insel.
In beiden Fällen erblickt man schon
von weitem den 1228 m hohen Gipfel
des Kaala an der Westküste der Insel
und erkennt beim Näherkommen das
schroffe Vorgebirge Diamond Head,
einen alten Vulkan (233 m) mit Leuchtturm
an der Südspitze der Insel, etwa
7 km sö. von Honolulu.
[S. 417]
Vor der Hafeneinfahrt
sieht man die schöne Gartenstadt
sich terrassenförmig am Berghang
erheben, r. liegt der Puowaina
oder Punch Bowl Hill, fast 150 m hoch,
ebenfalls ein alter Vulkan; hinter der
Stadt erheben sich die Gipfel Konahuanui
(946 m) und Lanihuli (846 m).
Die enge Einfahrt durch das Korallenriff
ist schwierig und sehr interessant;
die tiefe Rinne ist kaum 100 m breit,
so daß dicht r. und l. vom Schiff gewaltige
Brandung (auch bei gutem
Wetter) über das Riff rauscht und
schäumt. Fahrwassertonnen und Baken
bezeichnen die Ränder der Riffe.
Nach wenigen Minuten gelangt der
Dampfer in ruhiges Wasser und ankert
in dem vorzüglich geschützten Hafen
direkt an der Werft oder festen Landestelle.
Zollbehandlung wie in
amerikanischen Häfen (II. Teil, S. 1).
Mit Schiffsbooten oder Booten der Kanaken
werden die Reisenden nur bei
Quarantäne gelandet.
Gasthöfe: Pleasanton Hotel (Besitzerin
Witwe des deutschen Konsuls
H. A. Isenberg; Direktor E. G. Duisenberg),
Ecke Punahou Street und Wilder
Avenue, mit Logierhaus in herrlichem
Park, feines Haus, von Deutschen sehr
gelobt, Schwimmbad (Süßwasser),
deutsche Küche; Pens. von $3 an (für
Monat Ermäßigung).—Moana Hotel
(deutscher Direktor J. H. Hertsche), am
Strand von Waikiki (mit elektr. Straßenbahn
30 Min. Fahrt), Seebad in
großartiger Brandung, Seesteg und
schöne Terrassen; 150 Z., Pens. von
$5 an.—Alexander Young Hotel (dieselbe
Leitung wie Moana und Royal
Hawaiian), mitten in der Stadt, modern
und feuerfest, mit Dachgarten (Aussicht);
250 Z. von $2 an, keine Pension.
—Royal Hawaiian Hotel (Leitung wie
vorher), nahe dem vorigen, mit schönem
Garten; 125 Z. von $1,50 an, keine
Pension.—Einfacher: Seaside Hotel,
am Strand von Waikiki (elektr. Straßenbahn
in 30 Min.), Pens. von $2,50
an.—Boarding Houses sehr zahlreich:
Hau Tree, Waikiki, Pens. von $2,50,
Woche von $15 an.—Cassidy, Waikiki;
Cressaty's, ebenda; The Donna,
Beretania Street;—Vida Villa, Mrs.
Gray, Mrs. McDonald, sämtlich King
Street, ähnliche Preise. Möblierte
Zimmer: Woche $3-7, Monat 10-25;
Nachweis im Reisebureau (s. unten).—
Restaurants: Alexander Young Café
und Union Grill, King Street (nahe
Fort Street); Lunch 50 cts.
Post: Ecke Bethel Street und Merchant
Street; vgl. den Plan.—Telegraph:
Intern. Island Wireless Telegraph Co.,
Fort Str., zwischen Queen und Merchant
Str.—Commercial Pacific Cable
Co., im Alexander Young Building,
Bishop Str.—Telephon fast nach jedem
Privathaus.—Telegraphenkabel nach
San Francisco und über Midway Island
und Guam nach Manila, Japan,
Schanghai, Menado etc.
Wagen (Droschken) und Automobile
nach (hoher) Taxe.—Straßenbahn
(elektrisch, 5 cts.) führt mehrere Linien
durch die weitläufig gebaute Stadt
überallhin, zum Kapiolanipark und
nach Waikiki.—Reitpferde: $2,50 für
1/2 Tag.
Eisenbahn (Bahnhof am Nordende
der Stadt) längs der Südküste und
Westküste der Insel Oahu und um
deren Nordkap bis zur Laiebucht;
etwa 110 km; Zweigbahn von Pearl
Harbour nach Wahiawa in der Mitte
der Insel.
Dampfer: Pacific Mail Steamship
Co. und Toyo Kisen Kaisha alle 7-10
Tage nach Japan, China, Manila und
San Francisco.—Matson Navigation Co.
etwa 14tägig nach San Francisco.—
Oceanic S. S. Co. alle 20 Tage nach San
Francisco.—Canadian-Australian
Royal Mail S. S. Co. monatlich nach
Vancouver und über Suva (Fidschi-Inseln)
nach Australien.
Geld wie Nordamerika, vgl. II. Teil,
S. 2. Banken: Bishop & Co.; Yokohama
Specie Bank (beide Korr. der Disconto-Gesellschaft,
Berlin); Bank of Hawaii
u. a.—Deutsches Geschäftshaus:
H. Hackfeld & Co. u. a.
Reisebureau: The Hawaii Promotion
Committee (Sekretär Wood) gibt bereitwilligst
jede Auskunft über Ausflüge,
Dampferfahrpläne etc., auch in
deutscher Sprache.
Sprache: Englisch wird fast allgemein
verstanden.
Theater: vorhanden.—Konzerte
einer guten hawaiischen Kapelle unter
Leitung eines deutschen Kapellmeisters
tägl. außer Fr. im Stadtpark.
[S. 418]
[S. 419]
Konsulate: Deutsches Reich, Konsul
W. Pfotenhauer.—Österreich-Ungarn,
Konsul).—Vereine: Pacific Club;
Commercial Club; University Club.—
Polizei: Police Station schräg gegenüber
dem Postamt in Merchant Street.
Ärzte: Dr. G. F. Straub (Deutscher)
und 40-50 andrer Nationalität.—
Krankenhaus am Ostende der Stadt.
Zeitungen: Pacific Commercial;
Advertiser; Hawaiian Star; Evening
Bulletin; erscheinen täglich.
Zeitteilung: 7 Tage Honolulu.—
Ausflüge nach den Inseln Kauai
(Waimea) und Hawaii (Hilobucht, Kilauea)
sind abhängig vom Fahrplan
der sechs Dampfer der hawaiischen
Inter-Island Steam Navigation Co. und
erfordern etwa je 4-7 Tage.
Honolulu, Hauptstadt der Hawaii-Inseln, unter 21° 18' nördl. Br.
und 157° 50' westl. L., an der Südküste der Insel Oahu, deren vorgelagerte
Korallenriffe einen für die größten Schiffe brauchbaren
Hafen bilden, liegt sehr schön, von Laub-und Fruchtwäldern umrahmt
und von schön geformten Bergen überragt. Es ist Sitz der
Regierung, eines anglikanischen und eines katholischen Bischofs, hat
breite, mit Lava oder Korallenkalk belegte und mit Mangobäumen,
Akazien, Mimosen, Palmen eingefaßte Straßen, einen 1882 vollendeten
königlichen Palast, jetzt Regierungssitz (Kapitol), ein großes
Parlamentsgebäude, viele Schulen, Waisenhaus, amerikanisches Missionsseminar,
Wasserleitung, elektrische Straßenbeleuchtung, Feuerwehr,
7 Zeitungen und etwa 45000 Einw. (davon 10000 Weiße). Die
Industrie (Eisengießerei, Maschinenwerkstätten, Schiffbau) und der
sehr bedeutende Handel liegen in den Händen der Weißen. Honolulu
ist eine wunderbar schöne Gartenstadt, einer der schönsten
Punkte der Erde, und verdient unbedingt einen Besuch, wenn es
auch eigentliche Sehenswürdigkeiten wenig gibt. Es ist zu einem
Erholungsaufenthalt sehr geeignet und wegen seines milden, fast das
ganze Jahr gleichbleibenden Klimas (Mitteltemperatur des Januar
21,2°, des August 25,3°, höchste im Jahr durchschnittlich eintretende
Temperatur 30°, niedrigste 13° C; Niederschlagsmenge gering) ein besuchter
Luftkurort für Lungenkranke. Die Vegetation weist alle
Arten von Palmen auf, in langen Hecken blüht die»Königin der
Nacht«und im Wasser zahllose Lotosblumen. Charakteristisch für
Honolulu ist der Sonnenregen; bei schönstem Sonnenschein fällt
feiner Wasserstaub, der wie Millionen Perlen glänzt.—Rundfahrt.
Da Droschken teuer, benutze man die verschiedenen Linien der elektrischen
Straßenbahn, um die weitläufig gebaute Stadt, deren Straßen
meist reizende Gärten zeigen, kennen zu lernen. Vor dem alten
Königspalast (einem einfach-stattlichen Verandenbau) steht ein Denkmal
des Königs Kamehameha I., des Großen. Sehenswert ist das
Polynesische Museum (Bernice Pauahi Bishop Museum) mit ethnographischer
Sammlung, das ein vollständiges Bild der Kanakenkultur
gewährt. Von da fahre man zum Kapiolanipark am Meeresstrand,
in dessen Nähe das Strandhotel Moana liegt. Dann zu Fuß auf den
etwa 150 m hohen Punch Bowl Hill, einen alten Vulkan, der guten
Überblick über Stadt und Umgebung gewährt. Lohnende Ausflüge
zu Pferd auf den 600 m hohen Mount Tantalus (oben prachtvolle
*Aussicht) oder nach dem Vorort Kaimuki zwischen Bergen hinter
Diamond Head.
Vor dem Kapiolanipark am Strand von Waikiki (die elektrische
Bahn führt in 20 Min. [5 cts.] dahin) liegt das hochinteressante
[S. 420]
Aquarium, mit tropischer Meeresfauna.—Lohnend ist eine Rundfahrt
(Wagen oder Auto) um den Diamond Head (230 m), einen
alten Krater, auf dem der Leuchtturm und starke Befestigungswerke
zum Schutz der Hafeneinfahrt liegen.—Den Abend verbringe man
im Seebad von Waikiki (Moana Hotel).
Ausflüge: 1) Zur *Palischlucht mit
Auto, Wagen oder zu Pferd, erfordert
1/2 Tag; man fährt im Nuuanutal etwa
11 km bergauf; das Tal ist reich an
Farren und Bäumen (Bananen, Königspalmen);
oben prachtvolle *Aussicht.
Der Paß ist eine tiefe Felsschlucht,
die dadurch eine traurige Berühmtheit
erlangt hat, daß Kamehameha I.
bei den Kämpfen um die Aufrichtung
seiner Alleinherrschaft über die Inseln
das Heer der Oahuleute über den
Steilabsturz in den Tod jagte. Heute
führt eine gute Straße zwischen den
steilen, rötlichen, bis 900 m hohen
Felswänden durch. Die Zunahme der
Niederschlagshöhe vom Stadtgebiet
zum Paß beträgt auf 9 km Entfernung
nicht weniger als 2800 mm (von 850 mm
auf 3650 mm). Auf der Nordostseite steil
bergab zur Nordküste der Insel nach
dem kleinen Fischerdorf und Hafen
Kaneohe, 16 km von Honolulu, umgeben
von Zuckerrohrpflanzungen am
klippenreichen Strand.
2) Nach *Haleiwa mit der Oahu
Railway morgens gegen 9 Uhr oder
Nm. gegen 3 Uhr, Fahrzeit 21/2 St.
rings um die Süd-und Westküste der
Insel, stets dicht am Strand entlang,
vorbei an grünen Tälern (mit Reisfeldern,
Sisal-und Bananenpflanzungen)
nach (56 M) Haleiwa (Haleiwa Hotel),
reizend gelegenem feinen Strandhotel
mit Seebad, Pens. $ 3-4, wöchentl.
$ 21; für Ruhebedürftige zu längerm
Aufenthalt sehr empfohlen. Rückweg
mit Wagen (im Hotel zu haben)
in 11/2 St. durch die größten Ananaspflanzungen
der Erde im Mitteltal der
Insel nach (18 M) Wahiawa, dann mit
der Bahn in 1 St. nach Honolulu.
Sehr lohnend ist der Ausflug nach
Haleiwa mit Automobil, als Rundfahrt
um die Insel (1 Tag erforderlich;
1-4 Pers. $ 50, jede Person mehr
$ 5) auf guten Straßen, hin über die
Palischlucht (s. unter 1), Lunch im
Haleiwa Hotel, dann zurück über Wahiawa,
Besichtigung des im Ausbau
begriffenen, schon für große Kriegsschiffe
benutzbaren Kriegshafens Pearl
Harbour, wo große Trockendocks und
Marinewerften im Bau sind; er gilt
als Flottenstützpunkt gegen Japan.
3) Zur Insel Kauai fährt ein Dampfer
in 16 St. von Honolulu Di. Nm.
nach den Häfen Nawiliwili, Koloa,
Eleele, Makaweli und Waimea (Fahrpreis
$ 7); in letzterm landet man
mit Eingebornenboot auf dem Strande
(zuweilen nasse Fahrt). Dann Wagenfahrt
durch das malerische Waimeatal,
wo deutsche Zuckermühlen und
Zuckerrohrpflanzungen.—Kauai, die
nordwestlichste und älteste Insel der
Hawaiigruppe, 48 km lang, 42 km
breit, 1515 qkm groß, mit etwa 23000
Einw., darunter viele Deutsche, in
deren Händen viele Pflanzungen sind.
Kauai, das mit der von zahllosen Seevögeln
bevölkerten Nachbarinsel Nihoa
oder Niihau früher eine einzige Insel
gebildet zu haben scheint, besteht aus
Basalt, dessen Verwitterungsboden
sehr fruchtbar ist; neuere vulkanische
Erscheinungen fehlen. Die Insel hat
herrliche Waldungen, üppigen Pflanzenwuchs
(»Garteninsel«) und steigt
in den breiten, mit sumpfigen Waldungen
bedeckten Waialeale zu 2000 m
auf. Die teilweise mit Korallenriffen
besäumte Küste hat gute Häfen: im S.
Waimea (Bay View Hotel; sehenswert
Olokele Canyon, eine großartige Felsschlucht,
das»russische Fort«über dem
Hafen, der Manawaiopuna, ein Wasserfall
bei Hanapepe etc.; in Lihue [Hotel
Fairview] die Wailua-Fälle u. a.) und
Koloa, im N. die Hanaleibucht (in Hanalai:
Deverill's Hotel, Seebad, in sehr
schöner Landschaft; Ausflug nach Wainiha,
den Haena-Höhlen und nach
Hanakapiai). Gebaut werden Zuckerrohr,
Reis, Ananas, Bananen; auch
Viehzucht. Eine gute Fahrstraße führt
fast um die ganze, landschaftlich sehr
schöne Insel. Wo kein Gasthaus, findet
man meist gute Unterkunft bei den
sehr gastfreien Bewohnern.
[S. 421]
Seitentour: Honolulu-Hawaii.
Dampfer der»Inter Island Steam
Navigation Co.«(Queen Street, nahe
Fort Street) von Honolulu Di. Mitt.
in 22 St. nach Hilo, an Mi. Vorm.
10 Uhr; Lunch im Hotel; Besuch des
Wasserfalles.—Eisenbahn ab Hilo
21/4 Uhr Nm. nach Glenwood; von
Glenwood Omnibus ab 4 Uhr Nm.
zum Hotel Volkano House, Ankunft
7 Uhr abds.—- Zurück Fr. Vm. nach
Glenwood und Hilo; Dampfer nach
Honolulu an Sa. Vm.—Rundtour
$ 42, dafür I. Klasse Dampfer, Bahn,
Omnibus und 2 Nächte und 1 Tag im
Hotel Volcano House.
Hawaii, die größte und südöstlichste
der Hawaii-Inseln, ist 150 km
lang, 120 km breit, 10398 qkm groß
und hat 46843 Einw. Die NO.-Küste
ist zwar den herrschenden Winden
ausgesetzt, besitzt aber in der Hilobucht
die beste Reede der Insel. Die
Westküste hat leidlich gute Häfen bei
Kealakeakua (wo Cook am 14. Febr.
1779 erschlagen wurde, jetzt dort ein
Denkmal für ihn), Kailua und Kawaihae.
Das völlig vulkanische Inselland steigt
vom schmalen Küstensaum schnell zu
einer Lavahochebene an, aus der sich
fünf vulkanische Bergmassen erheben.
Zwei dieser Vulkane können als ganz
erloschen gelten: der 1678 m hohe
Kohala im N., von dem nur noch
Ruinen vorhanden sind, und die höchste
Erhebung der Insel, der 4200 m hohe
Mauna Kea. Der im W. liegende Hualalei
hat 1801 seinen letzten Ausbruch
gehabt. Noch heute sind in kurzen
Zwischenräumen tätig der 4168 m hohe
Mauna Loa und der Kilauea (1231 m),
beide im S. der Insel. Was diese Vulkane
von allen andern Vulkanen der
Erde unterscheidet, ist die Ruhe, mit
der ihre Eruptionen vor sich gehen
(Seltenheit von Erdbeben), und die
große Dünnflüssigkeit ihrer basaltischen
Lava sowie das fast völlige
Fehlen von Tuffen und Aschen. Die
Dünnflüssigkeit der Lava hat zur Folge,
daß die Vulkanberge Hawaiis nur flachschildförmig
sind im Gegensatz zu den
viel steileren Kegelbergen etwa des
Fuji-no-yama oder der Vulkane von
Java. Indem die Lava sich weit ausbreitete,
füllte sie die Zwischenräume
zwischen den einzelnen Vulkanen zum
Teil aus, so daß das Innere von Hawaii
ein einheitliches, etwa 1200 m hohes
Tafelland bildet, das nur gegen die
Küsten meist steil abfällt. Ebenso sitzt
der Kilauea der SW.-Seite des Mauna
Loa als schwache Erhebung auf, obgleich
seine Ausbrüche mit denen des
Loa gar nichts zu tun haben. Die Ausbruchstätigkeit
unterscheidet sich beim
Mauna Loa und beim Kilauea sehr
scharf dadurch, daß ersterer Lavaströme
aussendet, letzterer aber nicht.
Die Lavaströme des Loa, die an den
Seiten des Gipfels austreten, bewegen
sich infolge ihrer Dünnflüssigkeit sehr
rasch vorwärts, selbst auf ganz schwach
geneigter Unterlage, und erreichen bis
zu 45 km Länge. Ganz anders ist die
Tätigkeit des vielbesuchten Kilauea;
er zeichnet sich gerade dadurch aus,
daß die vulkanische Tätigkeit sich
auf den Raum des Kraters selbst beschränkt,
daß (mit geringen Ausnahmen)
auch in den Ausbruchsperioden
weder Lava nach außen abfließt, noch
Asche oder Bomben ausgeworfen werden,
so daß die Vorgänge im Krater
aus nächster Nähe gefahrlos beobachtet
werden können. In dem flachen Gipfel
des Kilauea ist ein großer steilwandiger
länglicher Krater eingesenkt, die Mündung
des in die Tiefe führenden, der
flüssigen Lava zum Aufsteigen dienenden
Schachtes. Nur selten, in Zeiten
starker Tätigkeit, ist ein größerer Teil
der Kraterinnenfläche von frisch aufgestiegener,
glutflüssiger Lava angefüllt
und bildet einen einzigen Glutsee.
Für gewöhnlich aber nimmt den
Kraterraum eine Erstarrungskruste aus
erkalteter Lava ein, die man gefahrlos
bis an den Rand der kesselförmigen
Vertiefungen (in der Gegenwart nur
der 80 m tiefe, 370 m lange und 305 m
breite Halemaumau, d. h. Haus des
Feuers) begehen kann, in denen die
flüssige Lava auf und ab wogt.
Vom niederschlagsreichen NO.-Abhang
der Insel ziehen viele Bäche, häufig
Wasserfälle bildend, zum Meer; dieser
Teil der Insel wie auch die Südküste
sind sehr fruchtbar (Kokospalmen,
Mangobäume, Bananen, Bambus); die
trockne Westküste sowie das mit Lava
bedeckte Innere sind unfruchtbar, zum
Teil wüstenhaft, doch findet man auch
dort viele verwilderte Schweine, Ziegen
und Rinder. Große Zucker-, Kaffee-
und Orangenpflanzungen bedecken die
Küstenlandschaften.
[S. 422]
Man fährt von Honolulu längs der Südküste der Inseln Molokai
(mit Niederlassung [in Kalaupapa, wo der Dampfer Post abgibt] für
Aussätzige, Leprakranke, unter denen ein französischer Priester in
freiwilliger Abgeschlossenheit für Lebenszeit wirkt), dann durch die
Auaustraße zwischen Molokai und dem Westende von Maui l. und
der Nordküste der Insel Lanai r., dann längs der SW.-Küste von
Maui und durch die Alakeikistraße zwischen Maui l. und der kleinen
Insel Kahoolawe r. nach Upolu Point, dem Nordkap der großen
Insel Hawaii, dann längs deren Nord-und NO.-Küste nach der
Hafenbucht von Hilo (Byronbai), 190 Seem. von Honolulu, die durch
vorgelagerte Riffe einigermaßen gegen Seegang geschützt ist.
Hilo (Hilo Hotel) ist der Hauptort der Insel Hawaii, mit etwa
4500 Einw. (meist Chinesen und Japaner). In der Umgebung Zuckerrohrbau.
Etwa 3 km westl. von Hilo ist der berühmte, 25 m hohe
Regenbogenwasserfall des Wailuku.
Ausflüge: Zum Kilauea (1231 m).
Man nehme wärmere Wollkleidung (da
morgens und abds. kühl), Regenmantel
und Schirm mit. Von Hilo (Lunch
im Hotel) mit Kleinbahn in 1 St. nördl.
über (20 km) Olaa, eine große Zuckerrohrpflanzung.
Vom Endpunkte der
Bahn, Glenwood, fährt man mit vierspännigem
Omnibus durch Baumfarnwälder
bergan, mit Ausblicken nach
dem 35 km östl. liegenden Vulkan
Mauna Loa zum Hotel Volcano House
(für längern Aufenthalt geeignet), wo
man übernachtet. Das Hotel liegt nahe
dem NO.-Ende des Kilaueakraters
(vgl. S. 421), dessen Rand hier nicht
mit einem einzigen Steilabsturz, sondern
treppenförmig absinkt, so daß
die Kraterinnenfläche bequem zu erreichen
ist. Von hier zu Fuß (Reitweg;
Pferd $ 2, für Damen ratsam) in 11/4
bis 11/2 St. nach dem Lavasee Halemaumau.
—1/2 St. östl. vom Volcano
House liegt der Einsturzkessel
Kilauea-iki, mit 230 m hohen, bereits
üppig bewachsenen Rändern.—
Das Hinabsteigen in den Kilaueakessel
ist ohne Führer nicht ratsam!
—Lohnend soll ein eintägiger Fußmarsch
oder Ritt rings um den Krater
sein. Ein Automobilweg (»Jack Atkinson
Road«, scherzhaft »Road to
Hell« = Höllenweg, genannt) führt vom
Volcano House Hotel um den Krater
herum bis zum Halemaumau. Dicht
beim Hotel liegen die sogen. Schwefelbänke
(Sulphur banks), wo aus roter
Erde flüssiger Schwefelstrom aufquillt
und sich an der Luft verdichtet; die
Kristalle funkeln seltsam im Sonnenschein.
Tagesausflug vom Volcano
House nach den Sechs Kratern (The
Twins, Zwillingskrater; Pun Huluhulu
mit prächtiger Aussicht auf Mauna Kea
und Mauna Loa; Two Orphans, zwei
kleine Krater im Wald; *Kamakaopuhi,
Aalauge, der interessanteste); Rückweg
durch schattigen Wald 12 km nach
Volcano House.
Die Besteigung des Mauna Kea
(4210 m) und des Mauna Loa (4170 m)
erfordert gründliche Vorbereitungen,
Anwerbung von Trägern etc., ist daher
kostspielig und zeitraubend.
Von Honolulu nach San Francisco.
Die etwa 6tägige Dampferfahrt von Honolulu nach San Francisco,
die meist von gutem Wetter begünstigt ist, führt um Diamond Head
(S. 420) herum längs der SW.-Küste der Insel Oahu durch die Kaiwi-Straße
zwischen Makapuu Point, dem Ostkap von Oahu, und Kalaau,
dem Westkap von Molokai hindurch und dann mit ungefähr onö.
Kurs durch den östl. Stillen Ozean auf die 48 km westl. von der
San Francisco-Bai gelegenen Farallones-Inseln (»Pfeilerfelsen«) zu,
drei granitische Felsen, 81 Hektar groß, Niststätte zahlloser Vögel,
[S. 423]
deren Eier für den Markt in San Francisco gesammelt werden. Vor
den Farallones sichtet man die hohen Berge der kalifornischen Küste
des amerikanischen Festlandes bei klarem Wetter schon aus 50 Seem.
Abstand vom Lande. An der Nordseite des Golfes ist die Reyes-Huk
ein auffälliges Hochland. Ferner erkennt man den 1330 m
hohen Helenaberg (30 Seem. landwärts) und den 1180 m hohen
Diabloberg (30 Seem. onö. vom Goldenen Tor); vgl. II. Teil, S. 25.
Von dem Tamalpais- oder Tafelberg (s. II. Teil, S. 33) erkennt man
drei Gipfel, wovon der westliche am höchsten, der mittlere am niedrigsten
und der östliche am schärfsten ist. Auch die kegelförmige Insel
Südost-Farallon, deren Gipfel (Sugarloaf = Zuckerhut) 100 m hoch
ist und einen 9 m hohen, kegelförmigen Leuchtturm trägt, ist leicht
zu erkennen; sie bleibt l., man läuft dann auf das Feuerschiff vor
der Barre von San Francisco zu, läßt es r. und steuert durch das
berühmte *Goldene Tor (Golden Gate, II. Teil, S. 25), eine Meerenge
(vgl. den Plan II. Teil, S. 26), in die herrliche *Bai von San Francisco
(II. Teil, S. 31); l. kahle Berge, r. Cliff House (II. Teil, S. 33)
hinter mächtigen Klippen, auf denen sich Seelöwen sonnen. Dann
dreht der Dampfer r. in den Hafen von San Francisco (II. Teil, S. 25).
Von Yokohama nach Vancouver laufen Schnelldampfer der Empressklasse
der Canadian Pacific Steamship Line (in Montreal; Agent: Karl Flügge,
Hamburg, Alsterdamm 8) im Sommer alle drei, im Winter alle vier
Wochen in 12 Tagen von Yokohama nach Vancouver (4300 Seem.), vgl.
Reichskursbuch Nr. 704, als schnellste Verbindung zwischen Ostasien und
Nordamerika und weiter über die Canadian Pacificbahn auch mit Europa.
Sofort nach Ankunft der»Empress«-Dampfer von Yokohama fährt der
»Overseas Limited«(ein Sonderzug der Canadian Pacific R. R.) mit den Passagieren
I. Kl. von Vancouver nach Quebec, im Sommer, oder nach St. John,
N. B., im Winter ab, zum Anschluß an die Atlantischen»Empress«-Dampfer,
auf denen man Liverpool nach 22 Tagen Fahrt von Yokohama ab erreicht.
(Ebenso in umgekehrter Richtung.) Fahrpreise I. Kl. von Yokohama (oder
Kobe, Nagasaki, Schanghai, Hongkong, Manila) und über Kanada nach
Liverpool (Southampton oder London) £ 71,10 (1480 M); Rückfahrkarte auf
6 Monate I. Kl. £ 120, auf 2 Jahre £ 125; II. Kl. (12 Monate gültig) über
Kanada £ 74, über New York £ 78. Eine Reise um die Welt: London,
Liverpool oder Southampton nach Quebec, Montreal, New York, Boston,
Halifax oder St. John, N. B.: von dort Canad. Pacific R. R. nach Vancouver,
Dampfer nach Yokohama, Schanghai oder Hongkong; dann mit Dampfer des
Norddeutschen Lioyd oder P & O Line über Colombo und Suezkanal zurück;
Preis der Rundreise, 2 Jahre gültig, £ 131,10 ohne, 137,10 mit Verpflegung
und Schlafplatz auf der Canadian Pacific R. R.
Von Yokohama nach Seattle, der kürzeste Dampferweg zwischen Japan
und Nordamerika, laufen Dampfer der Nippon Yusen Kaisha in Tōkyō 14tägig
(Fahrpreise von Yokohama über Kanada nach London I. Kl. £ 56, II. Kl. £ 39;
Agent: P. Günther, Hamburg, Mattentwiete 1) und der Great Northern
Steamship Co. in St. Paul (Minn.) monatlich (Fahrpreis von Yokohama oder Hongkong
etc. nach London I. Kl. £ 71,10; Rückfahrkarte für 6 Monate Landaufenthalt
£ 115,10, für 2 Jahre gültig £ 121; Agent wie vorher).—Die Schiffe
haben gleichen Kurs wie die nach Vancouver und laufen auch in die San Juan
de Fuca-Straße ein, l. die Insel Vancouver, r. der Mount Olympus (2480 m).
Dann geht das Schiff nach Vancouver (II. Teil, S. 188) nördl., das nach Seattle
(II. Teil, S. 146) durch den Pugetsund südl.; Fahrzeit etwa 15 Tage.—Außerdem
die Osaka Shosen Kaisha in Ōsaka, etwa monatlich nach Tacoma (II. Teil,
S. 147; Fahrzeit: Hongkong bis Takoma 32-38 Tage! Billige Linie).
[S. 424]
Register.
A.
Aba 353.
Abessinien 37.
Abu Ail, Durchfahrt 35.
— Road Station 66.
Abuto 360.
Acheen Head 155.
Acht Grad-Kanal 105.
Adamsbrücke 124. 106.
Adams Peak 121. 106.
Adamwahanbrücke 81.
Addis-Abeba 37.
— -Alam 37.
Adelé 37.
Aden 38. 105;
Golf 40.
Adoni 100.
Adriatisches Meer 22.
Adschmer, s. Ajmer.
Affenberg 159.
Aga 318.
Agra 83.
Agudo, Monte 234.
Ahmedabad 65.
Ai-oi no Matsu 360.
Ajer-Mantjoer Wasserfall 159.
Ajmer 67.
Akaba, Golf 30. 32.
Akabane 403.
Akama 354.
Akashi 360.
— no Seto 358.
Alakeikistraße 422.
Albay 235.
Alëuten 412.
Alexanderbrücke 312.
Alexandrowo 304.
Aligarh 83.
Ali Sabiet 37.
Allahabad 89.
Alongbucht 187.
Alt-Delhi 73.
Alu Vihara 119.
Alwar 70.
Amarapura 153. 154.
Ambabo 36.
Ambarawa 206.
Ambepussa 115.
Amber 69. 68.
Amida 360.
Aming-Kang 242.
Amoy 241.
Amritsar 76.
Amur und Amurfahrt 317. 323.
Amurbucht 320. 323.
Anambas-Inseln 214.
Anantpur 132.
Anei-Kloof 159.
Angara 315.
Angkor-Thom 185.
— -Wat 185.
Annam 185. 178.
Antung 332.
Anuradhapura 119.
Apo 235.
Arabisches Meer 40.
Arashiyama 379.
Arcot 132.
Argun 317.
Arima 360.
Arita 353.
Arkonam 100. 132.
Asamayama 411. 382.
Aschichö 319.
Aschrafi-Riffe 32.
Ashibe-no-ura 367.
Ashinoyu 386.
Ashio 409.
Askold 320. 323.
Asmara 35.
Asoka-Säule 89.
Assab 35.
Atami 387.
Äthiopien 37.
Atschinsk 314.
Attock 79.
Atushi no Ōshima 354.
Ava 153.
Avalanche Hill 130.
Avisawella 124.
Awaji Shima 358. 387.
Ayanur 132.
Ayuthia 177.
B.
Baba 379.
Bab el-Mandeb, Straße 30. 35. 36.
Badasam 143.
Badulla 123.
Bagan Serai 161.
Baguio 240.
Bahawalpur 81.
Baikalsee 316.
Balangoda 123.
Balapilli 100.
Balasore 133.
Balipitham 104.
Bambusinseln 279.
Bandara 64.
Bandarawela 123.
Bandar Baharu 164.
Bandoeng 203.
Bangalore 131.
Bangka 191.
Bangkok 171.
Bang Koläm 170.
Banker's Glen 244.
Bankipur 95.
Baramula 79.
Baranowitschi 305.
Baroda 65.
Barrackpur 139.
Basilan 253.
Bassein (Birma) 155.
— (Indien) 64.
Batam 189.
Batang-Harau 160.
Batavia (Java) 195.
Bataviabai 190.
Baticalia 124.
Batok 211.
[S. 425]
Batraki 312.
Battambang 185.
Batticaloa 124.
Batu 164.
Bawa Malang 41.
Belawan-Deli 158.
Beliaghatta Stat. 134.
Beliholoya 123.
Benares 90.
Benares-Calcutta 95.
Bengalen, Golf von 134. 143.
Benguet 240.
Benkoelen 160
Bentendaki 409.
Benten-jima 360.
Bentenyama 386.
Beppu 354.
Berber 33.
Berenice-Berge 32.
Beresa 305.
Beresina 305.
Berhampore 133.
Berlin-Moskau-Wladiwostok 301.
Besshi 356.
Bezwada Junction 132.
Bhadrak 133.
Bhamo 153.
Bharoch 65.
Bhayandar 64.
Bhubaneswar 133.
Bienhoa 182.
Bijapur 98.
Bikin 323.
Billiton 191.
Bingo Nada 356. 357.
Binh-dinh 186.
Binnenlandsee, Japanische 356. 354.
Bintang 189.
Birjussa 315.
Birma 143.
Bismarckberg 269.
Bitragunta 132.
Bitterseen 28.
Biwasee und Kanal 378.
Bjelaja 312.
Blagowjeschtschensk 317. 323.
Blakan Mati 168.
Blitong 190.
Bocca Tigris 225.
Bogoola 139.
Bohol 235.
Bolaram 99.
Bombay 53.
Bombay-Calcutta 63.
Bombay-Madras 96.
Bonhaminsel u. Straße 246.
Bonifacio und Straße 25.
Bonininseln 337.
Bore Ghat 97.
Borissow 305.
Boro-Boedoer 206.
Borodino 305.
Borsa 318.
Bowringpet Junction 132.
Brahmaputra 140.
Brest-Litewsk 305.
Brindaban 83.
Brindisi 23.
Brindisi-Bombay 23.
Brindisi-Colombo 105.
Broach 65.
Bromo 211.
Brüder, Die 34.
Buchedu 318.
Buchoi 318.
Buckingham Canal 104.
Buddh Gaya 95.
Buitenzorg 200.
Bukit Gantang 163.
Bulusan 235.
Burjatskaja 318.
Butulan 235.
Byobu-ga-Ura 357.
C.
(vgl. auch unter K).
Calcutta 134.
Calcutta-Darjeeling 139.
Calcutta-Rangoon 143.
Cambodja 179.
Cam-giang 188.
Camiguin 235.
Camp John Hay 240.
Camp One 240.
Cam-ranh 186.
Canloon 235.
Cantonment Station 74.
Capi di Faro (Peloro) 24.
Capri 24.
Cauvery 128. 131.
Cavite 240. 235.
Cawnpore 88.
Cebu 235.
Cécir de Mer 219.
Ceylon 106.
Chabarowsk 323. 317.
Chagoti 79.
Chailar 318.
Chakang 143.
Chandaochezy 319.
Chandernagore 96. 139.
Changchun 324.
Ch'ang-hsin-tien 299.
Changling 297.
Ch'ang-p'ing-chou 295. 297.
Charbin 318.
Charbin-Dairen 323.
Charbin-Peking 328.
Charbin-Wladiwostok 319.
Ch'a-tao 296.
Chemor 163.
Chiabhanjon 142.
Chiaotou 332.
Chidambaram 128.
Chienchinchai 325.
Chienshan 326.
Chilka-See 133.
Chilok 317.
Chimpiddi 121.
China Bakir 155.
Chinchou 326.
Chinesische Mauer, Große 296.
Chingan u. Gebirge 318.
Chinglepul 104.
Chingleput 128.
Chittagong 139.
Chochou 300.
Chofu 358.
Chojasaki 392.
Cholon 182.
Choushuitzu 326.
Churja-Murja-Inseln 41.
Chü-yung-kuan 295.
Chuzenji u. See 407. 408.
Cocanada 133.
Cochinchina 178.
Coimbatore 129.
Colaba Point 56.
Col de Nuages 186.
— du Harr 37.
Coleroon 128. 131.
Colombo 110.
Colombo-Kandy 115.
Colombo-Madras-Calcutta 125.
Colombo-Singapore 155.
Comorin, Kap 105.
Confucius, s. Kungfutsze.
Conjeeveram 104.
Coonor 129.
Corregidor 235.
Cotaboto 235.
Crag Hill 157.
Cua-cam 187.
Cua-Nam-trieu 187.
[S. 426]
Cuddalore 128.
Cuddapah 100.
Cuttack 133.
D.
Dacca 139.
Dädalus-Riff 34.
Dagupan 240.
Dahlak-Inseln 34.
Daibutsu 391.
Daikokusan 410.
Daimyo 343.
Dairen (Dalny) 326.
Dal, Dalgate 79.
Dalatschao 324.
Dalhousie 76.
Dalny, s. Dairen.
Daman, Daman Road 64.
Dambulla 119.
Damukdia Ghat 139.
Danera 76.
Da-no-ura 358.
Daouanlé 37.
Darjeeling 141.
Daulatabad 62.
Dazaifu 353.
Delhi 70.
Delhi-Simla 74.
Dentam 142.
Deshima 349. 352.
Dhubri Ghat 140.
Diamantberge 335.
Diamond Harbour 134.
— Head (Honolulu) 416.
— — (Calcutta) 134.
Dibrugarh 140.
Dickoya 121.
Dieng 206.
Dimbula 121.
Dindigul 127.
Dindings 155.
Diré Daua 37.
Djebel Atakah 32.
— Churruz 35.
— ed-Dêr 32.
— Katherina 32.
— Musa 32.
— Schamschan 30.
— Sugur 35.
— Tair 34. 35.
Djesiret es-Sawahib 36.
Djibouti 36.
Djobal-Straße 32.
Djokjakarta 205.
Djomblang 207.
Dogali 35.
Dogashima 386.
Dogo 357.
Domel 79.
Donabew 154.
Donkia Ri 142.
Donnaifluß 178. 183.
Doshima 354.
Do-Son 187.
Drachenfluß 241.
Dschaipur, s. Jaipur.
Dschehol, s. Jehol.
Dschidda 33.
Dulai 79.
Dum-Dum 139.
Dusun Tua 164.
Dutch Folly 228.
Dwars in den Weg 160.
E.
Eitoho 333.
Elba-Berge 34.
Elephanta 61. 56.
Elephant Pass 118.
El-Kantara 27.
El-Lid 35.
Ellora 61. 62.
Ellore 133.
Emmahaven 159.
Enggov 163.
Enoshima 392. 385.
Eritrea 34.
Erode Junction 128.
Eselsohren 219.
Etajima 359.
Etampitiya 123.
Etawah 88.
Everest, Mount 142.
F.
Faitsilong-Archipel 187.
Fangtse 272.
Farallones-Inseln 422.
Fasaneninsel 257.
Fatehpur-Sikri 86.
Fati, Insel 232.
Fenghuangcheng 332.
Fêngtai 277.
Fengtien 324.
Ferozabad 88.
Firozabad 73.
Foochow, s. Futschou.
Formosa, Insel 245. 337.
Formosastraße 245. 241.
Fort Canning 168.
— de Kock 159.
— Nossa Senhora da Guia 232.
— van der Capellen 159.
Fubasami 403.
Fuchizaki 360.
Fujikawa 384.
Fujimitoge 408.
Fuji-no-yama 337.
Fujisawa 392.
Fujiyama, s. Fuji-no-yama.
Fukae 349.
Fukiën-Straße 245.
Fukuoka 353.
Fukuse 354.
Fukushima 383.
Fukuyama 360.
Fünffingerspitze 270.
Fusan 336.
Fushimi 379.
Fushun 332.
Futabayama 359.
Futagawa 383.
Futami-ga-ura 382.
Futatabisan 364.
Futschou 243.
Futsukaichi 353.
G.
Gadaladenya 118.
Gadok 201.
Gairsoppa Fall 132.
Gampola 124.
Ganges 91.
Gangesdelta 134. 136.
Gap-Klippe 219.
Gardnerinsel 413.
Garhi 79.
Garoet 203.
Gasparstraße 191.
Gaya 95.
Gedeh, Vulkan 202.
Gegutempel 382.
Gelbes Meer 348. 277.
Geloenggoeng 204.
Gemas 166.
Gensan 335.
Genua 23.
Genua-Bombay 23.
Genua-Colombo 104.
Georgetown 156.
Gersoppa-Fälle 132.
Gharapuri 61.
Ghoom 141.
Ghorbandar 64.
Ghubbet Charab 36.
Gia-lam 188.
Gifu 380.
Gilimale 123.
Giri 211.
[S. 427]
Giridh 96.
Goalanda Ghat 139.
Gobi, Wüste 317.
Godaveryfluß 133.
Goenoeng-Goentoer 204.
Gogo Shima 357.
Gokteik Gorge 150. 153.
Goldenes Horn (Wladiwostok) 320. 322.
Goldinsel 255.
Golkonda 99.
Gomo 364.
Gondang-wetan 211.
Gooty 100.
Goregaon 64.
Gotemba 384.
Goto 360.
Gotoinseln 349.
Great Catwick 219.
Green Island 220.
Grodekowo 320.
Gshatsk 305.
Guardafui, Kap 105.
Gubei-kóu 298.
Gudur 132.
Gujranwala 78.
Gulbarga 98.
Gulmarg 79.
Gungchuling 324.
Gunong-Hijan 163.
— Rapat 163.
Guntakal 100.
Gute Hoffnung, Kap 241.
Gützlaffinsel 246.
Guzerat 65.
Gwalior 87.
H.
Habesch 37.
Hachi-hon-matsu 359.
Hachiishi 403.
Haidarabad, s. Hyderabad.
Haïduong 188.
Haiki 353.
Haikwan-Tael 219.
Haining 253.
Haiphong 187.
Haitanstraße u. Insel 243.
Hakata 353.
Hakgala 123.
Hakkei 392.
Hakone u. See 386.
Hakonegebirge 386.
Hakone-machi 387.
Hakozaki 354.
Hakusan 380.
Haku-un-zan 410.
Halcon 235.
Haldamulla 123.
Haleiwa 420.
Halemaumau 422.
Hamamatsu 383.
Hambantota 124.
Hanaleibucht 420.
Han-Fluß 241.
Hangangfluß 333.
Hangman Point 134.
Hangtschou 252.
Hangtschou-Bai 245.
Hangtschou-Bucht 245.
Hanho 270.
Hanisch-Inseln 35.
Hankau 259.
Hankau-Itschang-Tschungking 261-263.
Hanoi 188. 186.
Hanoi-Yünnanfu 189.
Hanwella 124.
Hanyang 259.
Happy Valley 224.
Haputale 123.
Harapa 81.
Harima Nada 356. 358.
Harrar 37.
Hata 387.
Hatti 79
Hatton 121.
Hauki-Insel 279.
Hawaii-Inseln 413.
Hayama 392.
Heischan 298.
Helenaberg 423.
Henaratgoda 115.
Henzada 154.
Heongschan 233.
Heramitipana 124.
Hermes-Riff 413.
Hieschan 246.
Hikishima 354.
Hikone 379.
Hilo u. Bucht 422.
Himeji 360.
Himeshima 356.
Himitoge 353.
Hino Misaki 361. 387.
Hirado u. Insel 354.
Hirayu 383.
Hiro Shima 357.
Hiroshima, Stadt 359.
Hiyei-zan 377.
Hiyori-yama 382.
Hodêda (Hodeida) 35.
Hodogaya 391.
Höhlentempel 62. 97.
Hokeon 190
Hokkaido 337.
Hōko-rettō 245.
Hoktschiu 243.
Holinkiang 190.
Honam 232.
Honanfu 301.
Hon-dau 187.
Hondo 337.
Hongay 187.
Hongham Bay 224.
Hongkiu 247. 250.
Hongkong 220. 219.
Hongkong-Kanton 224.
Hongkong-Macao 232.
Hongkong-Manila 234.
Hongkong-Schanghai 240.
Honolulu 410.
Honolulu-Hawaii 421.
Honolulu-San Francisco 422.
Hooghly 134. 137. 143.
— Junction Stat. 96.
Horawa potana 121.
Horton Plains 123.
Hosootoge 409.
Hotgi Junction Stat. 98.
Hozu Hozugawa 378.
Hsiachiahotzu 327.
Hsiaho 270.
Hsiho 276.
Hsiku 277.
Hsiling 300.
Hsingti 261.
Hsinho 280.
Hsinyantschou 301.
Hsipaw 151.
Huangpu 225.
— Fluß 246.
Huangschan 255.
Huangtschoufu 259.
Huangtsun 277.
Hué 185.
Hugli, s. Hooghly.
Hukau 258.
Hunho 276. 282. 325.
Huonggiang 186.
Huoschangkiao 258.
Hwaijangschan 301.
Hyderabad 98.
Hyderabad (Sindh) 81.
Hyōgo 361.
I.
Ibukiyama 380.
Ichi-no-kawa 356.
Ichi-no-tani 360.
[S. 428]
Igatpuri 62.
Ihelum 78.
Ikao 409.
Ikeshima 354. 355.
Ikutski 354.
Ilanskaja 315.
Ilmenskijsee 313.
Iltisberg 269.
Iltisfriedhof 277.
Imabari (Imabaru) 357.
Iman u. Brücke 323.
Inari 379.
Indien 42.
Indochina 178.
Ingodotal 317.
Inkau, s. Yingkou.
Ipoh 163.
Irawaddy 143. 154.
Irekte 318.
Irenenbaude 270.
Irkutsk 315.
Irosaki 387.
Irtysch 313.
Isahaya 353.
Ischim 313.
Ishibashi 403.
Isil-Kul 313.
Ismailia 28.
Itawah 88.
Itschang 262.
Itsukushima 359.
Ituhien 262.
Iwabuchi 384.
Iwakuni 358.
Iwo Shima 349.
Iyo Nada 356.
Izu 385.
Izumi Nada 356. 358.
Izumistraße 361.
J.
Jablonoigebirge 317.
Jablonowaja 317.
Jaeschke, Kap 266.
Jaffna 118. 124.
Jaipur (Dschaipur) 68.
Jai Sing's-Sternwarte 69.
Jakschi 318.
Jalarpat Junction 132.
Jali 318.
Jalpaiguri 140.
Jamrud, Fort 80.
Janbo el-Bahr 33.
Jaomönn 324.
Japan 387.
Japanische Binnenlandsee 356. 354.
— Riviera 387.
Jarzewo 305.
Ja-tschou 263.
Java 191.
Jehol 298.
Jemen 35.
Jenissei 315.
Jezo, Insel 337.
Jikkokutoge 387.
Jitschöng 256.
Jogeshwar 61. 64.
Jog-Fall 132.
Johor-Bahru 169.
Joss House Hill 260.
Jumna-Brücke 88.
Jungfu 244.
K.
Kabutoyama 365.
Kadugannawa 115.
Kaduwella 124.
Kageno 349.
Kagoshima 353.
Kahovlawe 422.
Kahulaui 413.
Kaiföng 301.
Kailua 421.
Kaimon 353.
Kainsk 314.
Kaiping 326.
Kaipong, Inseln 219.
Kaira 65.
Kaisergräber von Peiling 325.
Kaiserkanal 255. 276.
Kaitschou 326.
Kaiwistraße 416. 422.
Kajoe-Tanam 159.
Kakchioh 241.
Kakogawa 360.
Kalaau 422.
Kalawewa 119.
Kaigan 296. 317.
Kalimasfluß 210.
Kalithora 143.
Kalka 75.
Kalkutta, s. Calcutta.
Kalyan 61. 96.
Kamakura 391.
Kamaran, Hafen, Paß, Insel 35.
Kamata 393.
Kambara 384.
Kameyama 381.
Kamino Shima 349.
Kami Sakamoto 378.
Kamiyama 386.
Kampong Malacca 168.
— Saigon 168.
Kamunting 161.
Kan 315.
Kanagasaki-jinja 380.
Kanagawa 393.
Kanazawa 392.
Kanchanjanga 141.
Kandang-Badaq 202.
Kandy (Ceylon) 115.
Kandy-Anuradhapura 118.
Kandy-Nuwara-Eliya 121.
Kaneohe 420.
Kanhari 61. 64.
Kankesanturai 124. 118.
Kannonsaki 388.
Kanpur, s. Khanpur.
Kansk 315.
Kanton 225.
Kantonfluß 219. 225. 232.
Kanuma 403.
Kanzaki 365.
Kao-pei-tien 300.
Kap Bulus 161.
— Buru 161.
— Gute Hoffnung 241.
— Jaeschke 266.
— Laboha 169.
— Liant 169.
— Padaran 219.
— Saint Jacques 217.
— Varella 186.
Karachi 82.
Karasaki 378.
Karatsu 353.
Karbouwengat 139.
Karimskaja 317.
Karli, Karli Cave 97.
Karnatak 126.
Kartairi-Wasserfall 129.
Karuizawa 410.
Kasakewitsch 320. 323.
Kasaoka 360.
Kasara 62.
Käsch 219.
Kaschmir 79.
Kasi 90.
Katha 153.
Katpadi 132.
Katscha 315.
Katsuragawa 378.
Katsura-no Rikyu 379.
Katugastota 226.
Kauai 420. 413.
[S. 429]
Kaulun 222. 224.
Kaumi 271.
Kawa Kemodjang 204.
— Oepas 203.
— Ratoe 203.
Kawaihae 421.
Kawasaki 393.
Kealakeakua 421.
Kedoengdjatti 207.
Kedoetal 206.
Keijo 333.
Kekerawa 119.
Kelaniya 114.
Keneh 32.
Kescho 188.
Ketrizewo 320. 323.
Khaiber-Paß 80.
Khandala 97.
Khanpur 88.
Kharagpur 133.
Khasia-Gebirge 140.
Khôn 185.
Khurda Road 133.
Kialingkiang 263.
Kiangschanki 258.
Kiangyin 255.
Kiautschou 266.
Kiikanal 348.
Kilauea 422.
Kimkangsan 335.
Kimsöng 335. 336.
Kinel 312.
Kinghsien 257.
Kingtsechan 258.
Kinkeisan 410.
Kintaikyo 359.
Kintokisan 386.
Kintschau 261.
Kintschou, s. Chinchou.
Kirifuri-no-taki 408.
Kirigalpolla 106.
Kirin 324.
Kirinde 124.
Kisogawa 380.
Kistna 99.
Kityan 241.
Kiukiang 258.
Kiulungkiang 241.
Kjachta 317. 296.
Klang 164.
Kljutschinskaja 315.
Kōbe-Hyjōgo 361. 362.
Kōbe—Ōsaka—Nara—Kyōto 365.
Kōbe—Nagasaki 358-354.
Kōbe—Shimonoseki (Eisenbahn) 361-258.
Kōbe—Yokohama 387.
Kochi 359.
Kock, Fort de 159.
Koeripanfall 203.
Kofu 383.
Koga 403.
Kohala 79.
Kokura 354.
Kolywansches Erzgebirge 314.
Kompira 357.
Kompirasan 409.
Kompong Luong 184.
Konahuanui 417.
Koninginnen-Bai 159.
Korea 330.
Koreastraße 354.
Korfu 22.
Korsika 25.
Koshinsan 409.
Koslande 123.
Kossêr 32.
Kota-Gedang 159.
Kotohira 357.
Kowaki-dani 386.
Kowloon, s. Kaulun.
Koya-san 369.
Kōzu 385.
Krakatau 160.
Kraßnojarsk 315.
Kreta 22. 24.
Krian Road Station 161.
Krishna 99.
Kriwoschtschekowo 314.
Krungkao 177.
Kuala Kangsar 163.
— Kubu 164.
— Lipis 164.
— Lumpur 164.
— Pilah 165.
Kuangtetschou 257.
Küfu 273.
Kugenuma 392.
Kuhpaß 270.
Kulangsu 242.
Kuliang 244.
Kumamoto 353.
Kumbakonam 128.
Kumukahistraße 413.
Kundah 130.
Kunfuda 35.
Kungfutsze 273. 217.
Kungkungtau-Inseln 278.
Künliangtschöng 280.
Kunō-zan 383.
Kupeikou 298.
Kure 359.
Kuré 413.
Kurgan 313.
Kurihashi 403.
Kurilen 337.
Kurla 61.
Kuro-shiwo 348.
Kurseong 140.
Kurunegala 118.
Kurusbima no Seto 357.
Kusatsu 379.
Kuschan u. Gebirge 244.
Kutab Minar 74.
Kutno 304.
Kwala Belawan 158.
Kwangdschu 335.
Kwang Tschou 178.
Kwangtschöngtse 324.
Kwantung 337.
Kyōto 369.
Kyōto—Yokohama 379.
Kyūshū 348.
L.
Laboean—Deli 158.
Lac-dao 188.
Ladronen-Inseln 219.
Laguna de Bay 240.
Laguna encantada 240.
Lahore 76.
Lahore—Karachi 80.
Lakhnau 88.
La Monja 235.
Lamputan-Tempel 242.
Lanai 413. 422.
Landi Kotal 80.
Langfang 277.
Langschanhügel 255.
Lanihuli 417.
Lanka Telika 118.
Lantao, Insel 225. 232.
Laokay 190.
Laos-Staaten 178. 185.
Laotse 217.
Lashio 151.
Lashkar 87.
Lat-Säule 73.
Lauschangebirge 270. 266.
Lauting 270. 266.
Lavinia, Mount 114.
Laysan-Insel 413.
Leitschikloster 244.
Lembang 203.
Letpadan Junction 155.
Leyte 235.
Lianghsianghsien 300.
Liang-yu-chuang 300.
Liaoyang 326.
Liauho 324.
Liautunggolf 279.
[S. 430]
Lienshankuan 332.
Lihungtschang 258.
Lingga-Archipel 191.
Ling-gan-san 253.
Lingting-Insel 219.
Linguetta, Kap 22.
Lining 253.
Lin-ngan 190.
Linschotenstraße 345.
Liparische Inseln 25.
Lissa 22.
Litsun 270.
Liukiu 337.
Lofa 277.
Lohêja 35.
Lohogarh 97.
Lonauli 97.
Lopburi 176.
Los Baños 240.
Losing 243.
Lotosteich 272.
Lo-vek 184.
Luang-prabang 185.
Lucknow 88.
Lukow 305.
Lungtschuankwan 326.
Lungwang-tung 262.
Lutai 329.
Luzon, Insel 234.
Lwauping 298.
Lwantschou 329.
Lyemun-Paß 241.
M.
Macao 238.
Macclesfield Bank 219. 220.
Machiapu 277.
Madarashima 355.
Maddur 181.
Madhuban 96.
Madhupur 96.
Madioen 207.
Madras 100. 125.
Madras-Calcutta 132.
Madura 126.
— Insel 208.
Madurastraße 208.
Maebashi 408. 409.
Magdala 35.
Magelang 206.
Mahabaleshwar 97.
Mahabalipuram 104.
Mahamokam Tank 128.
Mahara 115.
Mahavili Ganga 106.
Mahim 62.
Maho 118.
Mahwan, Insel 225.
Maibara 379.
Maiko 361.
Maimatschin 317.
Maisur 137.
Maizaka 383.
Maizuru 379.
Makapuu Point 422.
Makkawejewo 317.
Makung 246.
Malabar Hill 56. 60. 41.
Malacca Town 165.
Malakka u. Straße 155.
Malang 211.
Malutun 235.
Malvalli 131.
Mamuna Pik 123.
Manaar, Insel 124,
Golf 125. 106.
Manaita Iwa 355.
Manazuru 387.
Mandalay 151.
Mandalay-Bhamo 153.
Mandapam 124.
Mandschurei 318. 329.
Mandschuria 318.
Manila 236.
Manindjan-See 159.
Maniyachi 126.
Manmad (Manmar) 62.
Manova 82.
Maos 204.
Marco Polo 61.
— — -Brücke 299.
Mariinsk 314.
Marikuppam 132.
Maroriff 413.
Marseille 24.
Marseille-Bombay 24.
Marseille-Colombo 105.
Martaban, Golf 143.
Marugame 357.
Marusaki 337.
Masanpho 336.
Masbate 235.
Maskeliya 121.
Massaua 34.
Matale 119.
Matang Fort 163.
Matara 125. 114.
Matheran 96.
Mathura 83.
Matipolliam 129.
Matsuida 410.
Matsushima 356.
Matsuyama 356.
Maubin 155.
Maui 413. 422.
Mauna Kea 422. 421.
— Loa 422. 421.
Mayasan 364.
Maymyo 153.
Mayon 235.
Mecklenburghaus 270.
Medan 158.
Medina 33.
Mehmadabad 65.
Mekka 34.
Mekong 178.
Mengtse 274. 217.
Menjardi 312.
Menzale-See 27.
Merapi (Java) 206.
— (Sumatra) 159.
Merbaboe 206.
Mescheni nowka 314.
Meshima 347.
Messina 24. 25.
Mettupalaium 128.
Miass 313.
Michinoo 353.
Midway Island 413.
Mihara 359. 387.
Miha-rashi 409.
Miharayama 348.
Mihashi 408.
Mihintale 121.
Mikomoto 387.
Miko uchi 409.
Millers Pik 413.
Minbu 154.
Mindanao 235.
Mindoro 235.
Mine 392.
Minfluß 243.
Minggrab (b. Nanking) 257.
Minggräber (Peking) 296.
Minhla 154.
Minicoi 105.
Minsk 305.
Minussinsk 314.
Mirsa Schêch Barud 32.
Misaki 393.
Mishima Nada 356.
Mitajiri 358.
Mitarai 357.
Mitsu 356.
Mitsugahama 356.
Miyagino 386.
Miyaichi 358.
Miyajima 359.
Miyako 371.
Miyanoshita 385.
Miyazu 379.
[S. 431]
Miyün 297.
Mocha 35.
Modji 287. 286.
Modjokerto 207.
Modu Manu, Insel 413.
Moenggal-Paß 211.
Möngtse 190.
Moentilan 206.
Mogi 352.
Mogok 154.
Moji 355. 354.
Mokka, s. Mocha.
Molokai 413. 422.
Momoyama 379.
Monte Agudo 234.
Montpezir 61.
Mooltan 81.
Moon Plains 123.
Morschansk 312.
Mosesquelle 30. 32.
Moshaisk 305.
Moskau 305.
Motienling, Paß 332.
Moto-Hakone 387.
Mount Abu 67.
— Diablo 423.
— Everest 142.
— Lavinia 114.
Mughal Sarai Junction, Station 90. 95.
Mukden 324.
Mukojima 360.
Malin 319.
Munok 190.
Murawjew-Amurskij 323.
Murkurti Peak 130.
Murotosaki, Kap 361.
Murree 78.
Musuki 357.
Mutankiang 319.
Muttra 83.
Myanoung 154.
Myingyan 150. 154.
Myitkyina 153.
Myōgi 410.
Myohaung Junction 150. 153.
Mysore 137.
Myssowaja (Myssowsk) 317.
My-tho 183.
N.
Naba Junction 153.
Nadeschdinskaja 320.
Nagaoka 380.
Nagasaki 349.
Nagasaki-Binnenlandsee-Kōbe 354.
Nagasaki-Moji 353.
Naginata Saki 348.
Nagoya 380.
Naigutempel 382.
Naka 357.
Nakatsugawa 383.
Nalande 119.
Nalwar 99.
Namsan 334.
Nandaimun 333.
Nanga-Parbat 79.
Nangasaki, s. Nagasaki.
Nanhai 220.
Naniwa 365.
Nanjangud 131.
Nanking 256.
Nank'ou 295.
Nankoupaß 296.
Nanling 257.
Nanlungkou 270.
Nantaisan 407.
Nantai Wuschan-Pagode 241. 242.
Nanuoya 122.
Nara 368.
Narita 403.
Narutaki 353.
Nasik 62.
Nattore 140.
Naulawasserfall 123.
Navsari 64.
Neapel 23. 105.
Neapel-Bombay 23.
Neapel-Colombo 104.
Neckerinsel 413.
Negombo 114.
Negrais, Kap 143.
Negros 235.
Nekoya 384.
Nellore 132.
Nertschinsk 317.
Neun Grad-Kanal 105.
Ngadisari 212.
Nganking 258.
Nha-Trang 186.
Nihoa-Insel 413.
Nihou 337.
Niihama 356.
Niihau 413.
Nikko 404.
Nikobaren 134.
Nikolajewsk 323.
Nikolsk-Ussuriisk 320.
Nimrodsund 244.
Ningjuen 329.
Ningganschan-Pagode 256.
Ningkuofu 257.
Ningpo 244.
Ningteh 244.
Ninguta 319.
Nippon (Japan) 337.
Nishimomiya 365.
Nishne-Udinsk 315.
Niulanschan 297.
Niutschwang, s. Yinkou.
Nodol 333.
Noesa Kembangan 205.
Nokotsuna 357.
Nonni 318
Nordchina 264-265.
North Saddle 253.
Norwayinseln 187.
Noshima saki 412.
Nowo-Minsk 305.
Nowo-Nikolajewsk 314.
Nui-Chuachan 182.
Numashima 361.
Numazu 384.
Nunobiki 364.
Nun-yüan 277.
Nurelia 122.
Nuwara Eliya 122. 106.
Nyohozan 408.
O.
Oahu 413.
Ob 314.
Obama u. Golf 352.
Obock 36.
Obreestraße 354.
Ockseeinseln 245.
Odateshima 354.
Odawara 385.
Oedjoeng 208.
Ofuna 387. 391.
Ogaki 380.
Ogasawarashima 337.
Ogori 358.
Oita 354.
Oiwake 411.
Oji 368.
Oka 315.
Okamura 357.
Okayama 360.
Okazaki 383.
Okinawa 337.
Oki Shima 357.
Okitsu 384.
Oku-no-in 409.
Olaa 422.
Omama 409.
[S. 432]
Omiya 403. 411.
Omori 393.
Omsk 313.
Omura 353.
Ongagawa 354.
Ongole 132.
Onomichi 360. 357
Ontake 383.
Ootacamund 129.
Ooty 129.
Orscha 305.
Ōsaka 365.
— Golf 361. 365. 356. 358. 348.
Ōsakishima 357.
Ōse Saki 349.
Oshima 348. 385. 387.
Oshu Kaido 403.
Ostchinesisches Meer 348. 246.
Östlicher Bosporus 320.
Ostindien 48.
Osumi Bana 357.
Otometoge 386.
Ōtsu 378. 392.
Ou-dong 184.
Oyama 403. 408.
Oya-shima 337.
P.
Padang 159.
Padang-Batavia 160.
Padang-Galanggang 159.
Padang-Pandjang 159.
Padang-Rengas 163.
Padangsches Oberland 159.
Padaran, Kap 186.
Pagan 154.
Pagodenreede 243.
Paikarifluß 130.
Paja-Kombo 139.
Pak-moun 185.
Paknam 170.
Paklat 170.
Paktsim 214.
Palabaddala 124.
Palatupana 124.
Palawan 220.
Palischlucht 420.
Palkstraße 106.
Pambam 124.
Pamiongchi 142.
Panay 235.
Pangerango 202.
Panipat 74.
Pankulam 121.
Pantsiakou 298.
Paoschan-Pagode 255.
Paotingfu 300.
Papaudajan 204.
Papenberg 349.
Paracel-Inseln 219. 220
Parasnath-Gebirge 96.
Parbatipur 140.
Parell 56. 61.
Parit Buntar 161.
Pashoke 143.
Pasoeroean 210.
Pasrepan 211.
Pataling 296.
Pathankot 76.
Patna 95.
Pattaniapura 151.
Pazundaung Creek 148.
Pedjagolan 204.
Pedrotallagalla 106. 123.
Pegu 150.
Pegufluß 148.
Peiho 228.
Peiling 325.
Peitaho 329.
Peitang 329.
Peitsang 277.
Peking 280.
Peking-Chinesische Mauer 298.
Peking-Hankau 299.
Peking-Jehol 297.
Peking-Kjachta 317.
Pellaro, Kap 24.
Penandjaan 212.
Penang 156.
Penang, Insel 155.
Penang-Singapore 160.
Penang-Sumatra 157.
Penchihu 332.
Pengtse 258.
Pensa 312.
Peradeniya 117. 115.
Perim, Insel 35. 31.
Perlfluß 214.
Perur 129.
Pescadores 337.
Pescadoresinseln 245.
Peshawar 80.
— Cantonment Stat. 80.
Petropawlowsk 313.
Petrowski sawod 317.
Petschili, Straße u. Golf 279.
Pettah 113.
Phalut 142.
Philippinen 235.
Phrabat 176.
Pidauru Talagala 123.
Pinggit-Paß 206.
Pingshanhien 263.
Piohunsa 336.
Pirie 246.
Piting 246.
Pnom-Penh 184. 179.
Podanur 128.
Poeloe Rakata 160.
— Weh 153.
Poentjak 202.
Poespo 211.
Pogranitschnaja 319.
Point de Galle 125. 114.
— Pedro 124.
Pola 22.
Polgahawela 115.
Polowina 315.
Pondichery 128.
Ponghau 246.
Ponneri 132.
Pont Doumer 188.
Poona 97.
Poradaha Junction 139.
Port Arthur 327.
— Berenice 32.
— Dickson 160. 164.
— May 322.
— Saïd 25. 24. 23. 105.
— Sudan 32. 33.
— Swettenham 160. 164.
— Tewfik 28.
— Weld 160. 163.
Porto Novo 128.
Poschan 272.
Possolskaja 317.
Poyangsee 258.
Prabat 176.
Prai 161.
Prambanan 205.
Preanger-Regentschaften 202.
Prinzental 270.
Probolinggo 212.
Prome 154.
Prongs Leuchtturm 56.
Psiloriti 24.
Pukhan 335.
Puksan 334.
Pulo Condor 177.
Pulubrani 168.
Pulu Pinang 156.
Puna 97.
Punjab 44. 81
Pup-hyöng 333.
Purana Kila 73.
Puri Jagganath 133.
[S. 433]
Pushkar 67.
Pussella 124.
Q.
Quangtri 186.
Quelpart 348.
Quinhon 177.
R.
Radschputana-Ebene 67.
Ragama 115.
Raichur 100.
Rajahmundry 133.
Rakutōko 336.
Rambha 133.
Ramboda 124.
Rambodapaß 123.
Rainbukkana 115.
Rameswaram 124.
Ramnagar 95.
Rampur 79.
Ranaghat Junction 139.
Randapola 123.
Rangoon 145. 155.
Rangoon-Calcutta 145-143.
Rangoon-Oberbirma 150.
Rangoonfluß 143. 145. 148.
Raniganj 96.
Ranipet 132.
Râs Bab el-Mandeb 30.
— Benas 32.
— el-Bir 36.
— Gharib 32.
— Safarana 32.
— Sijan 36
Ratnapura 123.
Rawal Pindi 78.
Rawang 164.
Reggio 24.
Renigunta 100.
Riang 143.
Ridi Vihare 118.
Rinchinpong 142.
Riouw-Archipel 191.
Riouw-Inseln 161.
Rjashk 312.
Rohri 81.
Rokkosan 364.
Rokuren 355.
Rompin 166.
Roter Fluß 178.
Rotes Meer 30. 105.
Ryojun Ko 327.
Ryu-Kyu-Inseln 348. 337.
S.
Saalij 333.
Sabang 155. 158.
Sachalin 337.
Saddle Islands 253.
Sa-dec 184.
Safarana 32.
Saga 353. 379.
Sagaing 153.
Sagallo 36.
Sagamibucht 392.
Sagar 132.
Sahati 35.
Saidaimun 333.
Saïgon 179.
Saïgon—Pnom-Penh—Angkor—Thom 185.
Saïgon—Haiphong—Hanoï 185.
Saïgon—Singapore 177.
Saïgonfluß 178.
Saint John-Insel 34.
Sakai 367.
Sakava-gawa 385.
Sakitoshima 354.
Sakura 353.
Sakurai 368.
Sálak-Vulkan 202.
Salsette, Insel 55. 61.
Samalkot Junction 133.
Samar 235.
Samara 312.
Samarang 207.
Samban 360.
Sandakphu 142.
Sandwich-Inseln 413.
Sankei 359.
Sankt Nikolaas-Huk 160.
San Mateo 235.
Sano 384.
Sanroshiu 336.
Santuan 244.
Sanyoeisenbahn 358.
Sara Ghat 140.
Sardinien 25.
Sarkhej 66.
Sarnath 95.
Sasebo 353.
Saten 224.
Sauakin 33.
Saugor 134.
Sawah-Loentoe 159.
Schadwan-Insel 32.
Schamien 225.
Schanghai 246. 255.
Schanghai—Hankau (Yangtsefahrt) 254.
Schanghai—Hongkong 245-240.
Schanghai—Japan 347.
Schanghai—Tsingtau—Tientsin—Peking 265.
Schanhaikuan 329.
Schansi 300.
Schanstaaten 144.
Schantung 271.
Schantungvorgebirge 277.
Schaschi 261.
Schaweischan 266.
Schiwuiyao 258.
Schnikou 244.
Schoa 37.
Schuangschywu 270.
Schumicha 313.
Schuntöfu 300.
Schunyi 297.
Sealdah 139.
Sebajir-Inseln 35.
Sechs Brüder 36.
Secunderabad 99.
Seikwan 336.
Seki 392.
Seki-ga-hara 380.
Semeroe 211. 191.
Semipalatinsk 314.
Sengenyama 386.
Sengoku 386.
Sensuito 360.
Sentei 359.
Serampore 96.
Seremban 165.
Serendah 164.
Serendib 106.
Seringapatam 131.
Seta 379.
Seulawai Agam 155.
Shah-Dara 77.
Sha-ho 295. 326.
Shahocheu 332.
Shalimar 78.
— Bagh 79.
Shang-fang-san 254.
Shanghai, s. Schanghai.
Shang-kuan 296.
Shêchan 260.
Shibukawa 408.
Shichijo 369.
Shichi-to 348.
Shillong 140.
Shimoga 131.
Shimonoseki 355.
Shimonoseki—Kōbe (Eisenbahn) 358.
Shimo Sakamoto 378.
[S. 434]
Shinagawa 393.
Shinsen 336.
Shinyu-Unsen 352.
Shiojiri 383.
Shioya 361.
Shirakawa 377.
Shiranesan 408.
Shiwo Misaki 387.
Shizuoka 383.
Shodoshima 360.
Sholapur 98.
Shoto-en 385.
Shozushima 360. 358.
Shufurei 336.
Shukaltirth 65.
Siam 170.
Siaukuschan 258.
Sibirische Bahn 301.
Sieben Inseln 348.
Siedlec 305.
Siem-reap 184.
Sierra de Mariveles 234.
Sigiri 119.
Sigur 130.
Sikandarah 86.
Sikiang 215. 233.
Silberinsel 255.
Siliguri 140.
Sima 315.
Simla 75.
Sinai 30.
Sinaihalbinsel 29. 32.
Sindanglaja 202. 201.
Sindukphu 142.
Singapore 167. 161.
Singapore-Bangkok 169.
Singapore-Batavia 190.
Singapore-Hongkong 219.
Singapore-Saïgon 177.
Singgalang 159.
Singhala 106.
Singkarah 159.
Single Tree Hill 123.
Sinhgarh 97.
Sischanhügel 259.
Sitoe Bagendit-See 204.
— Batoe 202.
— Goenoeng 202.
Sivasamudram 131.
Siwalli 64.
Skierniewice 304.
Skrypleff 320.
Slatoust 313.
Smolensk 305.
Sochondo 317.
Soekaboemi 202.
Soekapoera 212.
Soengai-Poear 159.
— -Tanang 159.
Soerabaja 207.
Soerakarta 207.
Sokotra 41. 105.
Solo 207.
Solok 159.
Sone 360.
Songkoi 178. 190.
Sori 409.
Söul 333.
Sperlingsberge 309.
Spexstraße 354.
Srinagar 79.
Sri Rangam 127.
Srirangapattam 131.
Sserpuchow 311.
Steamer Point 38.
Steepinsel 246.
Straits Settlements 155.
Strjetensk 317. 323.
Stromboli 24.
Studjenka 305.
Suakin (Sauakin) 33.
Suantuau 244.
Sua-Son-Lek-Tin 170.
Subic 234.
Suchiatim 325.
Su-chou 248.
Südchina 215.
Südchinesisches Meer 220. 169. 177.
Südsee 411.
Suez 29. 105.
Golf 32. 105.
Suezkanal 26. 105.
Suifu 263.
Suifun 319.
Suigen 336.
Sulphur-Durchfahrt 220.
Sultanpur 75.
Suma 361.
Sumatra 157. 158.
Sumidagawa 396.
Sumiyoshi 367.
Sundastraße 160.
Sungari 318.
Sungsi-Kaia 163.
— Siput 163.
Sunho 297.
Suradjnagar 79.
Surat 64.
Surugabucht 384.
Sutschou 253.
Suwayama 364.
Suwo Nada 356.
Swatau 241.
Swatoje More 316.
Syfang II 271.
Syrivan 149.
T.
Tachienlu 263.
Tadjura 36.
Tadotsu 357.
Tadpatri 100.
Tafelberg 423.
Taianfu 273.
Taiku 336.
Taiping 257. 161.
Taipingkanal 261.
Taipo 224.
Tair, Djebel 34. 35.
Tairen Wan, s. Dairen.
Taischan 273.
Taitungtschen 270.
Taiwan (Formosa) 337.
Taiyuenfu 300.
Tajga 314.
Taj Mahal 85.
Takaboko 349. 351.
Takada 368.
Takahama 356.
Takaikami 357.
Takamatsu 358.
Takarazuka 365.
Takasago 360.
Takasaki 411.
Takatori 361.
Takayama 361.
Takenoko 355.
Takeo 353.
Taku, Takuforts 279.
Talawakele 122.
Talgappe 132.
Talienwan 326.
Taloschan 297.
Tanaka 392.
Tanchoi 317.
Tandikat 159.
Tandjong-Pandang 191.
Tandjong-Priok 195.
Tandschur, s. Tanjore.
Tandur 98.
Tanegashima 348.
Tangfang 329.
Tangho 329.
Tangkangtzu 326.
Tangkoeban-Prahoe 203.
Tangkukae 335.
T'ang-shan 297.
Tanjore 127.
Tapah Road 164.
Taragarh-Hügel 67.
[S. 435]
Tarna 176.
Tasik-Malaja 204.
Tatarskaja 314.
Tatung 257.
Tawaji, Bai 39.
Teesta Bridge 143.
— -Tal 143.
Telaga Bodas 204.
— Warna 202.
Teliszu 326.
Telok Anson 160. 164.
Temerloh 166.
Tempelpaß 270.
Tengger 211.
— Vulkan 211.
Tenggeresen 212.
Teng-gol 169.
Tengyau 270.
Tenjintoge 409.
Tenoyugawa-Stromschnellen 383.
Thabeitkyin 154.
Thaetsingang 335.
Thana 61.
Thazi Junction 150.
The Straits 161.
Thudau mot 183.
Tiahling 324.
Tientsin 275.
Tientsin—Peking 277.
Tientsin Settlement 280. 276.
Tiger Hill 141.
Timsah-See 28.
Tinghai 244.
Tioman 169.
Tirapane 119.
Tirukalikundrum 104.
Tirumala 100.
Tirupati 100.
Tissamaharama 124.
Tjandi 208.
Tjangkoewang-See 204.
Tjiampelas 203.
Tjiandjoer 202.
Tjibatoe 203.
Tjibodas 203.
Tjilatjap 205.
Tjipanas 202. 204.
Tjiseroepan 204.
Tjisokanfluß 203.
Tjitaroemfluß 203.
Tjitis 204.
Tjitjalengka 203.
Tjoeroeg 203.
Toba 382.
Tobol 313.
Tobolsk 314.
Tobusaki 354.
Todas 130.
Todestal 204.
To-Fluß 155.
Togami 403.
Tokaido 378.
Tokuyama 358.
Tōkyō 393.
Tōkyō—Nikkō 403.
Tōkyō, Golf 388. 390. 396. 348.
Tolohafen 224.
Tomagashima 387.
Tomo 360.
Tomsk 314.
Tongku 279.
Tongschan 329.
Tongting 246.
Tonkin 188. 178.
Tonosho 360.
Tor (Sinai) 32.
Torishinia 347.
Tosari 211.
Toshi-jima 382.
Tosu 353.
Totapolla 106.
Totsuka 391.
Tourane 186. 177.
Toyama 408.
Toyohashi 383.
Toyoura 358.
Trian 183.
Trichinopoly 127. 128.
Triest 22. 23.
Triest—Bombay 22.
Triest—Colombo 106.
Trimalgiri 99.
Trincomalie 124. 121. 106.
Trivalur 104.
Trombay, Insel 55.
Tsachokou 332.
Tsangkou 271.
Tschalientau 266.
Tschanganso 335. 336.
Tschangli 329.
Tschanglo 272.
Tschangscha 261.
Tschangschan-Durchfahrt 279.
Tschangtöfu 300.
Tschangtschun 324.
Tschánho 296.
Tschautschoufu 241.
Tscheljabinsk 313.
Tschengtan 270.
Tschifu 278.
Tschikiang 262.
Tschimtschun 224.
Tschimulpo 333.
Tschinglungtse 272.
Tschingwantau 329.
Tschinhai 244.
Tschinkiang 255.
Tschita 317.
Tschiu-schui 270.
Tschöngtingfu 300.
Tschöngtou 263.
Tschop-Dollar 219.
Tschouhsien 274.
Tschoutsun 272.
Tschukiang 219.
Tschumatien 301.
Tschungking 263.
Tschusanarchipel 244. 253.
Tschusanpagode 255.
Tsientangkiang 253.
Tsinanfu 272.
Tsingtau 267.
Tsingtau—Tsinanfu 271.
Tsingtschoufu 272.
Tsinkiang 262.
Tsinling-Gebirge 215.
Tsumago 383.
Tsungming 255.
Tsuruga 379.
Tsurumi 393.
Tsuru Shima Seto 357.
Tsushima 337.
Tughlakabad 74.
Tula 311.
Tulun 315.
Tundla 88.
— Junction 83.
Tunghai 348.
Tungling, Ostgrab 325.
Tungliu 258.
Tungscha-Feuerschiff 246.
Tungtingsee 261.
Tuni 133.
Turnaboutinsel 245.
Tuticorin 125.
Twin Peaks 240.
U.
Uchino Umi 358.
Uda 317.
Udvada 64.
Ufa 312.
Uji 382.
Ujina 359.
Umballa 74. 75.
Undavilli 133.
[S. 436]
Unzentake 352.
Upolu Point 422.
Uraga 392. 388.
Uragakanal 348. 388. 390. 412.
Urakamino Onsen 353.
Uralgebirge 312.
Urami 408.
Urawa 403.
Urga 317.
Uri 79.
Urshum 313.
Ushizu 353.
Uslowaja 312.
Ussuribahn 323. 320.
Ussuribucht 322.
Ussurifluß 323.
Ustj Strjelka 317.
Uti 129.
Utsunomiya 403. 408.
V.
Van Diemenstraße 348.
Varella, Kap 186.
Vellore 132.
Victoria (Hongkong) 223.
— Peak 222.
Victoriasee 149.
Vidjajapura 98.
Villupuram 128.
Vinh-long 184.
Vizagapatam 133.
Vizianagram 133.
Vorderindien 42.
Vriesinsel 387.
W.
Wackelstein 242.
Wadi Junction Stat. 99.
Wafangtien 326.
Wahiawa 420.
Waikiki 420.
Waimea 422.
Waka-no-ura 367.
Wakayama 367.
Waltair 133.
Wanaradja 204.
Wang-ba-gr 298.
Wangking 333.
Wanshien 262.
Warschau 304.
Weihaiwei 278.
Weihsien 272.
Weißer Hirsch- u. Tigertempel 242.
Wellawaya 123.
Wellesley 155.
Wellington 129.
Werchne-Udinsk 317.
Westberge 293.
Westgräber 300.
West-Lamma-Durchfahrt 219-220.
Whampoa 225.
Wiodaren 211.
Wjasma 305.
Wjasowaja 313.
Wladiwostok 320.
Wladiwostok-Chabarowsk 323.
Wloclawek 304.
Wolga 312.
Wönsan 334.
Wöntschou 244.
Woodlands 169.
World's End 123.
Wosnessenskij-Kloster 315.
Wuhu 257.
Wulungpei 332.
Wusüeh 258.
Wusung 246. 245.
Wutschang 259.
Y.
Yamada 381.
Yamaguchi 358.
Yamakita 385.
Yamashina 379.
Yanaitsu 358.
Yandoon 154.
Yangtsefahrt 254.
Yangtsekiang 246. 254.
Yangtsun 277.
Yankintaung 153.
Yao 368.
Yapahu 118.
Yashima 356.
Yashimayama 358.
Yatsugatake 338.
Yaumati 224.
Yedobai 390.
Yenangyaung 154.
Yentai 326
Yeso, s. Yezo.
Yezo, Insel 337.
Yingkou 328.
Yitsching 256.
Yodogawa 365.
Yokohama 388.
Yokohama-Kōbe 387.
Yokohama-Kyōto 387-379.
Yokohama-San Francisco 423.
Yokohama-Tōkyō 393.
Yokohamabai 390.
Yokosuka 392. 388.
Yongpöng 335.
Yotschau 261.
Yüchömsa 336.
Yuda 358.
Yünnan, Prov. 189.
Yünnanfu 190.
Yumoto 385.
— und See 408. 409.
Yunfukloster 244.
Yungfluß 244.
Yungpingfu 298.
Yungsan 333.
Yunuisan 266.
Yurastraße 387.
Z.
Zikawei 252.
Zizikar 318.
Zushi 392.
Druck vom Bibliographischen Institut in Leipzig.
[S. 437]
Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig.
Für Reise und Haus.
Arabisch |
geb. |
3 |
M. |
| |
Portugiesisch |
geb. |
3,50 |
M. |
Dän.-Norwegisch |
" |
3 |
" |
| |
Russisch |
" |
5 |
" |
Englisch |
" |
2,50 |
" |
| |
Schwedisch |
" |
3 |
" |
Französisch |
" |
2,50 |
" |
| |
Spanisch |
" |
3 |
" |
Italienisch |
" |
2,50 |
" |
| |
Türkisch |
" |
3 |
" |
Neugriechisch |
" |
2,50 |
" |
| |
|
|
|
|
Meyers Sprachführer bieten als Verschmelzung von Konversationsbuch
und Taschenwörterbuch den großen Vorzug, daß man sich mit
ihrer Hilfe in der Sprache fremden Landes ohne besondere Vorkenntnis
ausdrücken und eine jedermann verständliche Unterhaltung
führen kann. Man findet im Nu das gewünschte Wort, daneben
Warnung vor üblichen Sprachfehlern, grammatische Anweisungen,
lehrreiche Winke über Sitten und Gebräuche und eine Fülle zusammengehöriger
Vokabeln und Bedewendungen. Korrekt in der
Sprache und praktisch in der Anlage, sind diese Führer vortreffliche
Helfer auf der Reise und im Haus.
[S. 438]
Münzen-Umrechnungstabelle.
Name des Landes |
Wert in |
Man erhält ungefähr für |
1 Mark deutsch |
1 Tael chines. |
1 Pfd. St. englisch |
1 Frank französ. |
1 Lira italienisch |
1 Gold-Yen japanisch |
1 Gulden niederl. |
Deutsch- land |
Mark zu 100 Pf. |
— |
M. 3,10 |
M. 20,40 |
M. 0,80 |
M. 0,80 |
M. 2,10 |
M. 1,70 |
China[A] |
Tael zu 1000 Cash |
Tael 0,323 |
— |
Tael 6,580 |
Tael 0,258 |
Tael 0,258 |
Tael 0,674 |
Tael 0,550 |
England |
Pfd. Sterl. zu 20 Shill. zu 12 d. |
1 sh. |
3 sh. 2 d. |
— |
91/2 d. |
91/2 d. |
2 sh. 1 d. |
20 d. |
Frank- reich |
Frank zu 100 Centimes |
Fr. 1,25 |
Fr. 3,875 |
Fr. 25,50 |
— |
Fr. 1,00 |
Fr. 2,612 |
Fr. 2,12 |
Italien |
Lira zu 100 Cen- tesimi |
L. 1,25 |
L. 3,875 |
L. 25,50 |
L. 1,00 |
— |
L. 2,612 |
L. 2,12 |
Japan |
Gold-Yen zu 100 Sen |
Yen 0,48 |
Yen 1,48 |
Yen 9,76 |
Yen 0,38 |
Yen 0,38 |
— |
Yen 0,80 |
Nieder- lande |
Gulden zu 100 Cents |
Fl. 0,585 |
Fl. 1, 92 |
Fl. 12,00 |
47 cts. |
47 cts. |
Fl. 1,225 |
— |
Nord- amerika |
Dollar zu 100 Cents |
23,5 Cents |
73 Cents |
Dol. 4,80 |
18,8 Cents |
18,8 Cents |
48 Cents |
40 Cents |
Österr.- Ungarn |
Krone zu 100 Heller |
Kr. 1,176 |
Kr. 3,845 |
Kr. 24,00 |
Kr. 0,94 |
Kr. 0,94 |
Kr. 2,457 |
Kr. 2,00 |
Ost- Indien |
Rupie zu 16 Annas zu 12 Pies |
11 Annas 5 Pies |
2 Rupies 3 A. 5 P. |
14 Rupies 9 A. 1 P. |
9 Annas |
9 Annas |
1 Rupie 4 A. 11 P. |
1 Rupie 5 A. 6 P. |
Portugal |
Milreis zu 1000 Reis |
220 Reis |
682 Reis |
4 Milreis 493 Reis |
176 Reis |
176 Reis |
4594/5 Reis |
374 Reis |
Rußland |
Rubel zu 100 Kopeken |
46,3 Kop. |
1,43 Rub. |
9,49 Rub. |
37 Kop. |
37 Kop. |
97 Kop. |
78 Kop. |
Spanien |
Peseta zu 100 Cente- simas |
1 Peseta 25 Cts. |
3 Pesetas 87,5 Cts |
25,5 Pes. |
1 Peseta. |
1 Peseta |
2 Pesetas 61,25 Cts. |
2,12 Pes |
Türkei |
Piaster zu 40 Para |
5 Piaster 22 Para |
17 Piaster 8 Para |
113,3 P. |
4 Piaster 18 Para |
4 Piaster 18 Para |
11 Piaster 24 Para |
9 Piaster 17 Para |
Name des Landes |
Wert in |
Man erhält ungefähr für |
1 Dollar amerikan. |
1 Krone österreich. |
1 Rupie indisch |
1 Milreis portugies. |
1 Rubel russisch |
1 Peseta spanisch |
1 Piaster türkisch |
Deutsch- land |
Mark zu 100 Pf. |
M. 4,25 |
M. 0,85 |
M. 1,40 |
M. 4,54 |
M. 2,16 |
M. 0,80 |
M. 0,18 |
China |
Tael zu 1000 Cash |
Tael 1,370 |
Tael 0,275 |
Tael 0,452 |
Tael 1,465 |
Tael 0,71 |
Tael 0,258 |
Tael 0,058 |
England |
Pfd. Sterl. zu 20 Shill. zu 12 d. |
4sh. 2 d. |
10 d. |
1 sh. 4 d. |
4 sh. 51/2 d. |
2 sh. 2 d. |
91/2 d. |
21/8 d. |
Frank- reich |
Frank zu 100 Centimes |
Fr. 5,30 |
Fr. 1,065 |
Fr. 1,75 |
Fr. 5,675 |
Fr. 2,68 |
Fr. 1,00 |
Fr. 0,225 |
Italien |
Lira zu 100 Cen- tesimi |
L. 5,30 |
L. 1,065 |
L. 1,75 |
L. 5,675 |
L. 2,68 |
L. 1,00 |
L. 0,225 |
Japan |
Gold-Yen zu 100 Sen |
Yen 2,04 |
Yen 0,40 |
Yen 0,76 |
Yen 2,16 |
Yen 1,05 |
Yen 0,38 |
Yen 0,08 |
Nieder- lande |
Gulden zu 100 Cents |
Fl. 2,50 |
50 cts. |
82,5 cts. |
Fl. 1,229 |
Fl. 1,229 |
47 cts. |
Fl. 0,105 |
Nord- amerika |
Dollar zu 100 Cents |
— |
20 Cents |
33 Cents |
106,8 Cts. |
49 Cents |
18,8 Cents |
4,25 Cents |
Österr.- Ungarn |
Krone zu 100 Heller |
Kr. 5,00 |
— |
Kr. 1,65 |
Kr. 5,34 |
Kr. 2,54 |
Kr. 0,94 |
Kr. 0,212 |
Ost- Indien |
Rupie zu 16 Annas zu 12 Pies |
3 Rupies 7 Pies |
10 Annas 9 Pies |
— |
3 Rupies 3 A. 10 P. |
1 Rupie 5 A. 8 P. |
9 Annas |
2 Annas 1 Pies |
Portugal |
Milreis zu 1000 Reis |
936 Reis |
187 Reis |
308 Reis |
— |
476 Reis |
176 Reis |
3913/20 R. |
Rußland |
Rubel zu 100 Kopeken |
1,96 Rub. |
39 Kop. |
65 Kop. |
2,1 Rub. |
— |
37 Kop. |
8 Kop. |
Spanien |
Peseta zu 100 Cente- simas |
5 Pesetas 30 Cts. |
1,062 Pes. |
1,75 Pes. |
5 Pesetas 67,5 Cts. |
2 Pesetas 61 Cts. |
— |
22,5 Cts. |
Türkei |
Piaster zu 40 Para |
23 Piaster 24 Para |
4 Piaster 28,75 Para |
7 Piaster 30 Para |
25 Piaster 9 Para |
12 Piaster |
4 Piaster 18 Para |
— |
Notizen des Bearbeiters:
Die inkonsistente Verwendung von Bindestrichen im Original wurde beibehalten.
*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 50669 ***