The Project Gutenberg EBook of Der Weibsteufel, by Karl Schönherr

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Title: Der Weibsteufel
       Drama in fünf Akten

Author: Karl Schönherr

Release Date: May 27, 2015 [EBook #49059]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

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Karl Schönherr
Der Weibsteufel

Der Weibsteufel

Drama in fünf Akten von
Karl Schönherr

Erstes bis drittes Tausend

Leipzig * Verlag von L. Staackmann * 1914

Den Bühnen gegenüber Manuskript.

Übersetzungsrecht für alle Sprachen vorbehalten. Das Aufführungsrecht ist nur durch den Verlag L. Staackmann in Leipzig, Hospitalstraße 10, Abteilung Bühnenvertrieb zu erwerben.


Copyright 1914 by L. Staackmann, Leipzig.

Personen:

Der Mann
Sein Weib
Ein junger Grenzjäger

Schauplatz: Eine Stube.

Erster Akt.

Mann und Weib sitzen am Tisch. Vor ihnen stehen zwei Gläser mit Wein.

Mann
noch jung, aber kränklich und schwach; mit schütterem, rötlichem Haarflaum. Erhebt sich und nimmt das Glas zur Hand; schmunzelnd

Weib. Was ist heut für ein Tag?

Weib

Heut vor sechs Jahren haben wir Hochzeit ghabt.

Mann

Stoß an mit mir. Stoßen an. Weib, du sollst leben.

Weib
sieht ihm in die Augen

Und du nit minder. Trinken die Gläser leer und küssen sich auf die Wange.

Mann froh

Jetzt sag: Haben wir ein einzigsmal gstritten unter alle sechs Jahr?

Weib

Wir sein immer gut auskommen. Ich weiß von kein Streit. Räumt die leeren Gläser vom Tisch.

Mann setzt sich und lacht

Na also. Grad lachen muß ich, wenn ich zurückdenk, wie sich die Leut da alle das Maul zerrissen haben: Du sollst mich nit nehmen. Und meine eignen Brüder gespottet und glacht: So ein blutschwaches Manndl und das Weib dazu — das geht nit gut aus. Übermütig Wo sein sie jetzt alle — die Prophezeier; die Schwarzseher?

Weib schlicht und warmherzig

Grad weil du schwach bist; und ich hab gsehen, du brauchst wen; und man kann dir was sein; grad deswegen hab i dich gnommen. Dann Weißt, so hab i dich wie ein hilfnotiges Kind, das man hüten und pflegen und um das man sich sorgen muß.

Mann stiller, nachdenklich

Ja; so ein Krankensessel bin ich schon von kleinauf immer gwesen; sieht nach dem Bild seiner Mutter an der Wand gelt, Mutter. Dann Aber dafür bin ich schlau. Hat sich erhoben und verriegelt von innen die Tür. Zieh die Vorhäng zu. Während das Weib dem Befehl nachkommt, zieht er das Stehmesser aus der Hintertasche und hebt mit der Messerklinge ein Dielenstück des Fußbodens aus dem Falz. Holt aus der Höhlung in Papier gewickelten Seidenstoff und Spitzen hervor; breitet beides vor dem Weib auf dem Tische aus. Froh. He, Weib. Was sagst? Das ist für dich. Gelt, da schaust.

Weib voll Freude

Ah, ist das eine Pracht. Die feinen Spitzen und die Seide. Probiert den Seidenstoff als Schürze.

Mann
beobachtet befriedigt des Weibes Tun; für sich

Da hat sie eine Freud, das Kind. Dann Gelt, Weib; Schmuggelwaar ist feine Waar. Und Schmuggelwaar tragt Gold. Hat der Kommode einen großen Lederbeutel mit großen Goldstücken entnommen, die er mit Wohlgefallen auf dem Tisch Stück für Stück nebeneinander zu legen beginnt. Da; und da; und da; und da; den ganzen Tisch könnt ich pflastern mit Goldfüchs. Alles für dich.

Weib
greift nach seinem Arm; mit leuchtenden Augen

Wenn wir einmal das schöne Haus am Marktplatz haben; mit der großen Toreinfahrt und den gemalten Fensterbögen; und wenn ich dann am Sonntag in Spitzen und mit einem seidenen Kittel in die Kirchen rausch — ah.

Mann

Da werden die Leut hinter uns die Mäuler aufsperren.

Weib
wiegt den Lederbeutel in der Hand

Wieviel fehlt denn noch zum Haus?

Mann
legt die Goldstücke wieder in den Beutel

Es fehlt nimmer viel; noch ein paar gute Frachten und wir wären so weit. Verschließt den Beutel wieder in die Kommode.

Weib
legt den Seidenstoff und die Spitzen wieder sorgsam zusammen

Ist nit heut nacht wieder eine Schmugglfracht kommen?

Mann nickt

Im Keller liegt sie; unter dem doppelten Boden; ist dem Weib beim Glattrollen der Spitzen behilflich aber man kann nichts mehr wegschaffen; nix mehr zu Gold machen; der neue Jäger hat Augen, die sehen durch Holz und Mauer.

Weib
hat Spitzen und Seidenstoff wieder in das Papier gewickelt.

Streicht denn der Tag und Nacht um?

Mann

So. Jetz legs nur wieder hinein. Weib legt das Paket in die Dielenöffnung, Mann paßt das Dielenstück wieder auf die Öffnung. Und die Schmuggler wollen nichts mehr wagen; sie sagen, ich als der Hehler hätt leicht lachen hinter dem warmen Ofen daheim; aber sie müßten es ausfressen; sie sagen, der neue Jäger haut und sticht und kennt kein Pardon; und der laßt sich auch nit abschmiern.

Weib

Am End faßt er uns auch noch.

Mann
hat sich vom Boden erhoben und tritt das eingepaßte Dielenstück mit den Füßen fest. Zieht dann das Weib zu einer altertümlichen, großen, geräumigen Truhe hin

Jetz sag einmal: Seit wir Mann und Weib sein, haltst du die Truhe da versperrt; kein Mensch weiß, was drin ist.

Weib schroff abschneidend

Mann, es ist gut; die Truhe laß mir in Ruh.

Mann

Aber die Truhe hetzt uns die Grenzjäger auf den Hals.

Weib

Wie das?

Mann

Jeder Knecht und jeds Dienstmädl, das einmal bei uns gwesen ist, redt von der Truhe im Dorf herum; da sei eine Heimlichkeit drin. Na, und da spitzen die Grenzjäger die Ohren. Dann Sie haben jetzt schon wieder etwas Neus ausgetiftelt gegen mich.

Weib

Was denn schon wieder?

Mann

Weil ich ihnen zu schlau bin, und sie kommen mir nit an — jetz wolln sie dich dazu einspannen.

Weib

Mich?

Mann

Ja; dich — gegen mich. I weiß alls von einem, der selber dabei war; mit einem Goldstückl hab ich ihm das Maul aufgsperrt. Setzt sich auf die Truhe und zieht das Weib neben sich nieder. Dann Also gestern hat der Kommandant die Jäger alle zusammgetrommelt und gsagt: „Ist keiner da, der mir endlich einmal den Kapitalfuchs da oben fangt?“ Das wär nämlich ich. Drauf sagen die Jäger: „Wir tun, was wir können; aber dem kommt man nit an.“ Drauf sagt der Kommandant: „Er soll ja ein saubers Weib daheim haben. Himmelelement. Und ihr Jäger alls jungfrische Kerl. Na also. Warum steckt sich denn keiner hinter sie und macht sie ein bißl verliebt — die Gans; bis sie zum Schnattern anfangt. Weib hat sich erhoben. So ein Weib frißt einem jungen Kerl ja bald aus der Hand; und dann erfahrt man alls, was man wissen will. Na also: Wer wagts?“ Aber es ist mäuselstill geblieben in der Wachstubn; keiner hat sich grührt.

Weib

Pfui Teufel. Ist das nit ein Spott und Schand, für was der ein Weib anschaut? Glaubs gern, daß er zu so was keinen Jäger findet. Der soll sich schamen bis ins letzte Haar.

Mann ruhig

Halt, bin noch nit fertig. Fährt fort. Wie der Kommandant sieht, es will keiner dran, hat er noch ein Draufgab geben: „Jäger,“ sagt er, „wer mir den Fuchs da oben fangt, daß man ihm sein Hehlerei beweisen kann — der avanciert. — Ist noch keiner da, ders wagt?“ Dann Und jetzt ist einer vor und schreit: „Hier.“

Weib

Wer?

Mann

Der neue Jäger. Der Wachtmeister fragt ihn noch: „Du blutjunger Jäger. Bist du bei den Weibern schon so gut beschlagen?“ — Drauf hat der gsagt: „Hab noch mit keiner was zu tun gehabt; aber so ein Weib ein bissel karessieren, das wird doch kein Kunst sein. Und avancieren ist auch kein Dreck.“

Weib

Du Hund.

Mann
hat inzwischen die verschlossene Türe wieder aufgeriegelt und schiebt die Vorhänge an den Fenstern zurück; sieht wie ungefähr durch das Fenster; dann plötzlich

Weib, dort; schau. Weib ist ans Fenster geeilt Siehst ihn? Über den Bergsteig kommt er; gradwegs auf unser Haus zu.

Weib
sieht hinter dem Fenster scharf zu

Hund, verruchter. Komm mir nur. Dir fahr ich an die Gurgel.

Mann tritt vom Fenster zurück

Was hättst davon? Der schlenkert dich weg, wie eine Fliegn.

Weib

Wir schlagen ihm die Haustür vor der Nasen zu. Will ab.

Mann hält sie am Arm zurück

Natürlich. Daß wir gleich sein Verdacht aufriegeln. Dann sucht er uns auf der Stell das ganze Haus von oben bis unten ab und findet am End die ganze Fracht. Dann adje, Haus am Marktplatz, mit den gemalten Fensterbögen. Zieht sie ganz zu sich heran Weib. Schlau muß man sein: Wenn uns einer eine Grube grabt, dann müssen wir gegengraben.

Weib

Was willst damit sagen?

Mann

Wenn er dich fangen will — fang ihn du. Wirf ihm ein Hölzl; stell ihm ein Bein. Tu ihm auch ein bissel schön; halt ihn solang in der Stube, bis ich mit meinen Helfern die ganze Fracht aus dem Keller hab; solang er da in meiner Stube sitzt, weiß ich, er kann mit seinem Fernglas nit irgendwo hinter einem Baum oder Stein versteckt hocken und von der Weiten mein Haus abspekulieren.

Weib
starrt den Mann mit weit offenen Augen an

Aber Mann, was fallt dir denn ein? Ich so was. Ist das dein Ernst?

Mann klopft ihr auf die Schulter

Weib. Schlau muß man sein.

Weib sträubt sich heftig

Na. Bitt dich, Mann. Stell mich zu so was nit an. Was fallt dir denn ein? Da müßt ich ja schon ganz ausgschamt sein.

Mann ungeduldig

Herrgott noch einmal; brauchst ja nur dazusitzen und ein bissel das Maul verziehen, wenn er was sagt. Und laß nur die Augen ein bissel spielen; du hast ja ein Paar gute Augen; nu, wie man halt so einen Gimpel lockt; das hat doch jeds Weib am klein Finger.

Weib

Aber Mann, i bitt dich, Mann; das kann doch nit dein Ernst sein.

Mann abschneidend

Still jetzt. Er kommt schon. Flüstert ihr zu Denk an das Haus am Marktplatz; Spitzen und Seide; es gschieht ja alls nur für dich.

Jäger tritt in die Stube

Guten Tag um und um.

Mann

Auch soviel. Dann Schau, Weib, wer da ist. Zum Jäger Sind Sies oder nit: Der neue Jäger von der Grenz?

Jäger

Ja, der bin ich. Sieht sich spähend in der Stube um und faßt das Weib fest ins Auge, zum Mann Sie hausen da herobn wie in einem Geiernest; ganz weg von den Leuten.

Mann

Ja. Man laßt sich nit gern bei jedem Löffl voll Suppn ins Maul schauen. Wir wollen aber doch bald ins Tal ziehen, wenn sichs machen laßt; gelt, Weib. Dann Herr Jäger, womit kann man dienen?

Jäger behält das Weib im Auge

Es ist mehr Weibssach: Bin da drunten an einer Stauden hängen blieben und hab mir den Ärmel aufgrissen.

Mann
wirft dem Weib einen verstohlenen Blick zu; besieht den Ärmel

Hm, da sein Sie aber ordentlich hängen blieben. Schaut aus, wie mit dem Messer gschnitten. Zum Weib Weib. Gleich hol das Nähzeug und flick den Herr Jäger wieder schön zusamm.

Weib
holt zögernd widerwillig das Nähkörbchen, wobei ihr der Jäger mit den Augen folgt.

Mann
wirft dem Weib, das das Nähzeug auf den Tisch gestellt hat, einen vielsagenden Blick zu

Weib; näh aber gut und fein, daß man nichts merkt. Geht der Eingangtüre zu.

Weib wie von plötzlicher Angst befallen, flehend

Mann, bleib da. Der Türe zu Oder wart, i geh auch.

Mann ihr zublinzelnd, ärgerlich

Sei nit so kindisch. Laß den Jäger nit warten; der hat noch andere Sachen zu tun. Bin gleich wieder da. Eingangtür ab.

Weib
setzt sich widerwillig an den Tisch und nimmt Nadel und Faden zur Hand; unwillig zum Jäger

So ziehen Sie also frisch Ihren Rock aus.

Jäger

Bin im Dienst. Mein Rock und Seitengwehr tu ich nit ab. Da müssen wir schon zusammenrucken. Rückt sich neben dem Weib einen Stuhl zurecht und setzt sich; legt seinen schweren Arm mit dem zerrissenen Ärmel auf den Tisch.

Weib
mißt den Jäger mit einem scharfen Blick

Jäger
von dem Blick befangen und verwirrt, für sich

Teufel. Die hat Augen mit Widerhakn. Dann unschlüssig Überhaupt, der Riß da. Könnts ja auch gut sein lassen. Erhebt sich halb zum Gehen.

Weib

Jetzt hab ich schon eingfädelt.

Jäger zögernd

Na also, gut; wenn schon eingfädelt ist. Aber bitt, nur vorwärts. Ich will wieder fort. Während das Weib zu nähen beginnt, mit erzwungenem Lachen Sie tun ja grad, als ob Sie sich da fürchtn täten mit mir allein.

Weib trocken

Ich?

Jäger

Na, ich vielleicht? Macht sich stramm; lachend Ich schreib mich nit Fürchter.

Weib näht

Ja, die Leut reden schon davon, Sie seien ganz ein Harter im Dienst.

Jäger

Kann schon sein.

Weib

Aber Sterndl seh ich noch keins an Ihrem Kragen.

Jäger

Wird schon kommen.

Weib näht

Na ja; wenn man jung und strebsam ist wie Sie, da kanns nit fehlen. Plötzlich innehaltend Herrgott; unter dem Ärmel gehts hin und her, wie gespannte Strick.

Jäger

Naja. Muskeln haben wir schon, Gott sei Dank.

Weib befühlt den Arm

Na, hören Sie; wenn man da hingreift — das ist grad, als wenn alls voll steinerne Mäus durcheinand hupfen täten; befühlt wieder den Arm Brrr; es ist ganz gruslig.

Jäger lacht

So greifen Sie halt nit hin.

Weib
nimmt die Näharbeit am Ärmel wieder auf

Mit zwei solche Arm können Sie freilich leicht den wilden Grenzjäger spielen. Dann Na ja; bis Sie einmal Weib und Kinder haben, dann werden Sie schon zahm werdn.

Jäger
besonders energisch, als wollte er sich gegen sich selbst in Schutz nehmen

Mir hat noch keine warm gmacht.

Weib
sieht ihn spöttisch lächelnd an

Nur nix verreden. Sie sein noch jung gnug; Sie wird bald eine auf der Leimrutn habn.

Jäger lacht

Etwa Sie vielleicht?

Weib scherzend

O, ich geh nit aufs Fischen aus; dank, ich bin schon bemannt.

Jäger spaßt

Schad; hätts völlig ein bissel scharf auf Sie.

Weib nähend; lacht.

Ja, da sein Sie zu spät. Da kann man nichts machen.

Jäger

Sie sagen: Bemannt. Hm. Hält wie spottend die Hand ans Ohr als wollte er lauschen; dann I hör aber keine Kinder schreien.

Weib
gibt es einen Ruck. Dann sich zum Lächeln zwingend

Meinen Sie etwa, wir könnten nit gnug Kinder haben, wenn wir möchtn? Weil wir keine haben wolln — drum hörn Sie keine schreien. Achselzuckend Was hätt man weiter von so ein paar Fratzen. Nehmen einem Weib grad noch das bissel Schönheit weg.

Jäger

Pfui; ein schieche Red das, für ein Weib. Da wär ich anders.

Weib

Na, wie wären denn Sie?

Jäger

Ah ja; wenn ich oft so allein auf Posten sitz, oder nachts auf der Pritschen lieg — da mal ich mirs oft so aus, wie ich einmal als verheirater Wachtmeister neben meinem Weib gemütlich in der Stube sitz und mein lange Pfeifn rauch; lachend und so ein kleiner Reißteufel rutscht mir auf dem Knie herum, und langt mit seine Batschhanderln nach den weißen Sterndln an mein Blusenkragen. Lacht.

Weib ärgerlich

Ah was. Jetz hören Sie einmal auf zu schnattern. Und halten Sie sich ruhig. Wie soll ich denn da nähn?

Jäger

No, no. Dann das Weib betrachtend Aber viel schöner sein Sie, wenn Sie so ein bissel in die Rasch kommen. Da kriegen die Augn so ein Funkel; das gfallt mir. Will sie in die Wange kneipen.

Weib

Rühren Sie mich nit an. Holt zum Schlag aus.

Jäger
fängt ihren Arm lächelnd auf und hält ihn fest; wie zu einem Kind

Halt; nit schlagen. Drückt ihren Arm langsam herunter; ganz gemütlich Schlagen leid ich nit. Läßt ihren Arm los.

Weib

Jesus, hat der einen Griff. Reibt sich den Arm Der Arm ist ganz lahm. Setzt sich wieder Jetz geben Sie Ihren Ärmel her, daß ich fertig werd. Jäger setzt sich wieder neben sie Bin froh, wenn Sie bald weiter kommen. Näht.

Jäger lacht

Da haben Sies halt bei Ihrem Mannl gut; was? Bei dem gschieht Ihnen nit weh.

Weib näht

Warum?

Jäger

Weil er nix wert ist; das sieht man ihm doch übers Gwand her an. Der ist ja nur so ein Schneider.

Weib

Er sagt schon allweil, seine Brüder hätten der Mutter die ganze Kraft ausgsutzelt; ihn hat sie gar nimmer selber stillen können; er ist mit der Saugflaschn aufzogen.

Jäger lacht

Na also; haben Sie halt so ein Saugflaschen-Manndl.

Weib

Jetz fangen Sie mir noch an, über mein Mann schimpfen, ja? Da können Sie zehnmal der Stärkere sein; deswegen steckt Sie der Meinige noch zehnmal in Sack; spottend Sie Grenzjäger — Sie schlauer; der das Gras wachsen hört. Näht.

Jäger

Au. Jetzt haben Sie mich gstochen.

Weib trocken

So? Ich hab mir denkt, so ein Kraftmensch spürt das gar nit. Dann befehlend Halten Sie sich still. Oder i stich Sie gleich wieder.

Jäger
geht auf den Scherz ein

Ich bin schon mäuselstill.

Weib
mit aufblitzenden Augen

Ah. Sehen Sie — mit Ihrer Kraft. Und müssen doch parieren; vor einem Weib. Sieht ihn an.

Jäger
plötzlich ernst, befangen

Was schauen Sie mich denn so an?

Weib näht

Ich schau halt, wie ich schau.

Jäger
ungeduldig; wie von einer geheimen Angst befallen

Sein Sie bald fertig?

Weib

Gleich sein wir so weit. Ist mit dem Nähen eben zu Ende gekommen Nur zuerst noch einen Knopf machen. Beißt den Faden ab So. Jetzt sein Sie wieder ganz. Hat sich eben so wie der Jäger erhoben.

Jäger

Also. Was bin ich denn schuldig?

Weib
mit heuchlerischem Augenaufschlag

Das Wiederkommen.

Jäger
streift sich die Bluse zurecht; für sich, schmunzelnd

Aha; mir scheint, die brandelt schon. Seine Augen bleiben, wie schon früher während der Näharbeit des Weibes öfters, wieder an der altertümlichen Truhe haften; tritt näher an die Truhe heran Eine schöne Truhe haben Sie da.

Weib für sich

Aha. Er tappt schon auf die Truhe. Zum Jäger Ja. Hab sie als Heiratsgut mitkriegt.

Jäger lauernd

Was ist drin?

Weib

Was stehn Sie denn jetzt noch da herum? Ich hab gmeint, Sie habn es so eilig.

Jäger
versucht den Truhendeckel zu heben

Aha; zugsperrt.

Weib trocken

Ja. Und den Schlüssel hab ich in Bach gworfen.

Jäger

So. Hm. Setzt sich rittlings auf die Truhe Da sitzt sichs ganz gut. Sieht vor sich hin, als überlege er, was zu tun sei. Trommelt mit den Fingern auf dem Deckel einen kräftigen Marsch.

Weib höhnend

Da können Sie lang klopfen; sagt niemand herein.

Jäger aufbrausend

Ah, wenns auf das geht; Eingang verschaff i mir schon. Der Deckel ist mir nit zuviel. Schlägt mit einem wuchtigen Fausthieb den Truhendeckel entzwei. Greift rasch mit gieriger Hast durch die Öffnung in die Tiefe der Truhe, um nach verbotener Ware zu fahnden. Zieht endlich ein Kleinkinderhäubchen und eine Kinderfasche hervor; besieht die Gegenstände; enttäuscht Ein Kinderhäubl; und eine Fatschn; und Spinnwebn drum herum; das ist alls.

Weib

das ganz perplex über den Vorgang dagestanden ist, springt auf den Jäger zu, reißt ihm wortlos die Gegenstände aus der Hand und versperrt sie hastig, wie, um sie profanen Blicken zu entziehen, im Stehkasten; zieht den Schlüssel ab und steckt ihn zu sich; lehnt sich tief atmend an die Kastentüre; zornbebend Den Truhendeckl werden Sie mir noch zahlen; ich steh Ihnen gut; und wenn Ihre ganze Monatslöhnung draufgeht.

Jäger

steht bei der Truhe und sieht das Weib an; dann in echtem Ton Sie sein auch ein armer Teufel da heroben. Das steht.

Weib
schaut auf; beißt sich auf die Lippen. Dann hart auflachend

Ich? Wer sagt Ihnen das?

Jäger

Es ist einmal so.

Weib
plötzlich ein paar Schritte auf den Jäger zu; innerlich erregt

Aber niemandem sagen das — von dem Kinderhäubl und der Fatschn; hörn Sie. Meinem Mann auch nit, hörn Sie. Er tät sich nur kränken. Dann Ich hör ihn schon kommen.

Jäger sich umsehend

Wo kann i mich denn verstecken?

Weib erstaunt

Warum verstecken?

Jäger stiert das Weib wirr an

Was? Fährt sich wie benommen über die Stirn; gezwungen lachend Was schwatz ich da zusamm. Unsinn. Versucht sich stramm zu machen Ah was. Ein rechter Grenzjäger muß man sein. Alls andere hol die Katz. Rückt Riemen und Seitengewehr zurecht; macht sich zum Gehen fertig.

Mann

kommt aufgeräumt durch die Eingangtüre. Verschmitzt, mit leisem Hohn Gehn Sie schon, Herr Jäger? Aber Sie suchen uns doch wieder einmal heim, was?

Jäger

Hab nix zu suchen in dem Fuchsloch da. Zerstreut, wie benommen Adje allseits. Ab.

Mann
wartet, bis der Jäger das Haus verlassen hat; dann

Bravo. Gut hast ihn hinghalten. Schlägt eine Lache auf Hahaha. Währenddem er da bei dir gehockt ist, haben meine Helfer die ganze Schmuggelfracht ihm unter dem Sitzfleisch wegzogen. Bis auf dein Stückel da drin trippelt mit den Füßen auf dem versetzbaren Dielenstück herum ist jetzt alls aus dem Haus; an die Kundschaften unterwegs. Weib, es kommt wieder Gold. Schlägt die Füße aneinander Aber kalte Füß hab ich jetz kriegt, von dem Herumstehn im Keller.

Weib
das ans Fenster getreten ist, sich vom Fenster wendend. Dünn

Mußt halt bald schlafen gehn. Ich füll dir dann gleich eine Wärmflaschn für die Füß; sonst kriegst wieder dein Katarrh. Seufzend Und der dauert dann immer so lang.

Mann
ist der Truhe ansichtig geworden

Was ist denn da gschehen?

Weib

Na ja; der Jäger.

Mann hastig

Na also; was hab ich gsagt? Auf die Truhe haben sie es alle scharf. Fährt mit dem Arm neugierig durch die Öffnung und tastet in der Tiefe herum; dann ganz enttäuscht die leere Hand herausziehend; sieht das Weib an Was hast denn jetz da die ganzen Jahr her immer für ein Wesen gmacht mit der Truhe? Da ist ja nix drin — besieht die Hand als Spinnwebn.

Weib

Na ja.

Mann
reinigt die Hand von dem Spinngewebe

Überhaupt. Wo hat denn der einen Hammer oder eine Hackn hergnommen?

Weib lacht trocken

Der — eine Hackn? Mit der bloßen Faust hat er draufghaut; dann sein die Spelten gflogen. Mann starrt das Weib an Gelt, Mannl; da schaust. In bewunderndem Ton Ja, der Jäger hat Holz bei der Wand.

Mann
starrt schmerzlich wehmütig auf die Truhe

Meine Brüder, drunten im Tal: der Schmied und der Schlosser und der Binder — sein auch nit schlecht beim Zuschlagen; schmerzlich nur ich kann nit einmal an Brennspan über dem Knie abbrechen.

Weib

Mach dir nix draus. Wenn du auch keine Bäum ausreißest — aber dafür bist schlau.

Mann wird wieder aufgeräumt

Und grad die Kraftlackl — das sein die Dummen. Hab ich nit recht?

Weib

Ja, die gehn leicht auf den Leim.

Mann

Hast ihn schon ein bissel eingfädelt?

Weib
macht sich zaghaft und mutlos

Ach, du mein Gott. I hab kein Gschick zu so was.

Mann ärgerlich

Jetz hör mir aber auf. So einen Lackl dann und wann auf ein Stündl in der Stube da verhalten — das trifft doch jedes Weib also blinder.

Weib

Also gut. Wenn du schon meinst, dann will ichs probieren.

Mann froh

So oft er sich da versitzt, werden draußen die Schmuggler lebendig; und blüht unser Weizen. Dann ist das Haus am Marktplatz nimmer weit.

Weib

Ah. Da wird dann mein seidener Kittel rauschen, wenn ich am Sonntag zur Kirchen geh.

Mann

Und meine fleischklotzigen Brüder — ah; der Neid muß sie noch alle fressen: Ich, der Schwächste, das schönste Haus und das schönste Weib. Faßt das Weib und beginnt mit ihr in der Stube herumzutanzen Hopstrallala. Hopstrallala.

Weib
hält nach einigen Schritten inne und macht sich von ihm los

Halt, Mann; jetz ists schon gnug. Sonst hast gleich wieder kein Atem mehr. Geleitet ihn zu einem Sitz und drückt ihn darauf nieder So. Mußt immer bedenken: Du bist nit so ein dummer Kraftlackl, wie der Jäger.

Zweiter Akt.

Weib
steht vor dem Spiegel und schmückt sich; wendet sich nach dem Manne um

Mann. Steht mir die Masche gut?

Mann
mustert das Weib mit Wohlgefallen

Gar seitdem du jetz noch ein bissel mehr auf dich haltst, wirst mit jedem Tag schöner.

Weib befriedigt schmunzelnd

Ja; mir kommt schon selber vor, ich steig jetzt erst so langsam in Saft. Beginnt vor dem Spiegel sorgsam ihr Haar zu ordnen.

Mann
hinter ihr stehend, sieht ihr mit Gefallen zu

Und der Hals, so weiß und frisch; grad zum Dreinbeißen. Tippt mit den Fingern liebkosend ihren freien Hals.

Weib
lacht gekitzelt und schüttelt sich zugleich fröstelnd

Uh; deine Finger haben eine Kälte. Dann Ja, sag nur, Mann: Hast du schon bald gar keinen Tropfen warmes Blut mehr im Leib? Wendet sich vom Spiegel ab zu ihm. Stehn mir die Haar so gut?

Mann winkt verdrießlich ab

Was nutzt dein ganzer Aufputz; der Fuchs geht uns ja doch nit ins Eisen. Dann zum Weib, das sich längst wieder dem Spiegel zugewendet hat Wie lang ists her, seit du ihm den Riß an der Bluse gflickt hast? Gwiß schon eine Woche.

Weib
wendet sich um. Unwirsch

Was weiß denn ich? Meinst, i schreib mir das auf?

Mann

Und er ist seitdem nit wiederkommen?

Weib

Wenn er nit gern kommt, soll ers bleiben lassen. Ich hab ihn nit grufen. Wendet sich wieder zum Spiegel und ordnet ihr Haar.

Mann

Jetzt wird er schon wieder Tag und Nacht auf der Grenzwach hocken. Aufgebracht, vor der Truhe Nit einmal den Truhendeckl hat er noch gezahlt. Kerl, der.

Weib vor dem Spiegel

Hol mir den Steckkamm. In der Schlafkammer liegt er; auf dem kleinen Tisch.

Mann seufzend

Ja, ja, Weib; wir zwei und das Haus am Marktplatz kommen auch sobald nit zusammen. Geht durch die Nebentür ab, die er hinter sich halb offen läßt.

Weib
vor dem Spiegel beschäftigt, zuversichtlich froh

Ja, mein lieber Jäger; geschlagene vier Tag ists jetzt schon her; und du bist seitdem nit wiederkommen. Befriedigt Aber gestern in der schlafenden Nacht hats dich doch zum Haus herzogen, wie die Muggen zum Licht. Hab dich ganz deutlich gsehen hinter dem alten Holunderbaum; und wie ein verliebter Kater zu meinem Schlafkammerfenster hinaufgschaut. Frohlockend Jägerle. Ich mein, ich mein — du hängst schon mit einem Bratzl; auf der Leimrutn.

Mann
kommt aus der Nebentür und reicht ihr den Kamm, den sich das Weib vor dem Spiegel sorgsam ins Haar steckt

Was ich noch sagen will; hab dir heut in der Früh nit gleich Angst machen wollen: In der Nacht bin ich aufgwacht und hab lang nimmer einschlafen können; steh ich auf und schau zum Fenster hinaus; weißt, wen i da gsehn hab?

Weib
hat den Kamm aufgesteckt; wendet sich hastig zum Mann

Wen?

Mann

Den Jäger. Und wie er meinen Kopf am Fenster sieht — auf und davon wie ein Gspenst.

Weib

Laß dich nit auslachen. Das hast geträumt.

Mann

So wach bin ich gwesen, wie jetzt. Und hab ihn im Mondschein gut ausgnommen.

Weib winkt ab

Aber geh. Da hast etwa wieder einmal von deine kalten Füß her ein bissel Fieber ghabt. Dann Was sollt denn der Jäger bei stockgschlagner Nacht an unserm Haus herum zu tun haben.

Mann verwundert

Da fragst noch? Dann Spionieren. Damit er uns endlich fassen kann. Er will sich doch an uns zwei ein Sterndl verdienen.

Weib
steht ganz verdutzt mit offenem Munde da; vor sich hin

Auf das hab ich gar nit denkt. Dann Mann. Am End hast doch recht. Nachdenklich vor sich hin Und er ist nur deswegen ums Haus herumgschlichen.

Mann
sieht das Weib verwundert an

Ja, wegen was denn sonst? Was hast denn du gmeint?

Weib etwas unwirsch

Ich? Was soll ich denn gmeint haben? Nix hab ich gmeint. Dann erbost Wart nur, Kerl: Dir wird man schon noch das Sterndl geben. Auf den Mann zu Mann. Den fang i dir noch; an der Angel muß er hängen, wie ein dummer Karpf. Dir wird man schon geben, den Weiberfang. Ballt die Faust Am liebsten möcht ich ihn soweit bringen, daß er gar kein Jäger mehr sein könnt und ganz weg müßt aus dem Dienst. Dann hätt er sein Sterndl. Tritt erregt ans Fenster.

Mann

Das wär freilich das allerbeste: Wenn die Katz aus dem Haus wär, dann hätten die Mäus Kirchtag. Seufzend Aber was nutzt das alls; er geht uns nimmer zu. Der hat den Braten schon grochen.

Weib plötzlich vom Fenster her

Du. Dort geht er ja; mit Stiefel und Sporn.

Mann
ist ans Fenster geeilt; sieht nach der Richtung

Ja; im vollen Dienst auf dem Weg zur Grenzmark. Er schaut nit rechts und nit links. Wendet sich enttäuscht vom Fenster ab.

Weib
das nach dem Jäger spähend am Fenster steht; plötzlich sich nach dem Manne wendend

Jetz bleibt er stehn; zieht den Mann ans Fenster und zeigt, hinter ihm stehend, nach der Richtung siehst ihn? Dort, wo der Weg zu unserm Haus abbiegt. Zieht ihn plötzlich vom Fenster ab Geh zurück; er schaut her. Nachdem sie einen Augenblick in gedeckter Stellung ausgespäht hat, enttäuscht Er geht schon wieder weiter. Tritt vom Fenster zurück.

Mann
der spähend am Fenster geblieben ist, plötzlich

Halt. Er macht wieder Kehrtum. Zum Weib, das wieder ans Fenster eilt Dort steht er wieder am Wegbug. Siehst ihn?

Weib scharf zusehend

Jetz reißts ihn. Dann in froher Erregung ihre Finger in den Arm des Mannes krallend Er biegt ein. Direkt auf unser Haus zu. Vom Fenster zurück. Streicht sich die Frisur zurecht; wirft einen Blick in den Spiegel.

Mann
am Fenster, das Näherkommen des Jägers verfolgend; mit grimmiger Lust

Jetzt Karpf, beiß an. Auf das Weib deutend Da ist der Anbiß.

Weib am Fenster

Jägerle, komm. Wie man einen Vogel lockt Ziwui, ziwui. Komm nur, mein Gimperl; du hängst bald im Netz. Unwirsch zum Mann Jetz geh. Laß mich allein. Oder fang dir ihn selber.

Mann

I geh schon. Auf dem Weg zur Eingangtüre.

Weib dirigiert ihn zur Nebentür

Da geh; und dann hinten aus; sonst begegnest ihm.

Mann
an der Nebentür sich noch einmal umwendend

Weib; schön bist.

Weib kalt, ungeduldig

Ist schon gut. Geh nur. Schließt hinter dem Manne die Nebentür. Nimmt ihr Strickzeug zur Hand und setzt sich.

Jäger
kommt durch die Eingangtür, bleibt einen Augenblick unsicher in der offenen Tür stehen; dann sich strammend

Ein guten Tag.

Weib
stellt sich erschrocken, fährt vom Sitz auf

Gott steh mir bei, ein Mannsbild. Stellt sich, als erkenne sie ihn nicht Wer sein denn Sie? Faßt ihn näher ins Auge; dann spottend Hab einmal so einem jungen Grasteufel sein Rockärmel ausgflickt; der hat Ihnen ähnlich gschaut. Dann Oder sind Sies am End selber? Na hören Sie: Leben Sie noch? Setzt sich und strickt.

Jäger ist näher getreten

Warum lauft denn Ihr Mann immer davon, wenn ich komm? Grad hab ich ihn wieder da hinten hinauspfitschen sehen.

Weib

Oh, der ist nit eifersüchtig. Dann trocken Womit kann man dienen, Herr Jäger?

Jäger
ganz in dem Anblick des Weibes versunken, überhört die Frage; vor sich hin

Heut ist sie noch viel schöner.

Weib strickend

Jetz weiß ich noch immer nit, was Sie da wollen.

Jäger
fährt wie aus dem Traum; greift sich an den Kopf

Ah ja so. Ja. Na, was werd ich denn wollen. Den Truhendeckl zahlen.

Weib

Oh, wegen dem Truhendeckl lassen Sie sich nur kein graus Haar wachsen; wir zwei kommen schon noch zum Abrechnen, Herr Jäger. Dann ihm neben sich Platz machend Nehmen Sie ein bissel Platz; tun Sie uns nit den Schlaf austragen.

Jäger bleibt stehen

Hab keine Zeit; bin im Dienst. Dann Hab neulich schon vom Kommandant meinen Rüffel kriegt, den ersten. Weil i mich bei Ihnen verhockt hab.

Weib strickt

Uje. Dann werd ich jetzt bei Ihnen wohl ganz ausgspielt haben: Das vergißt einem ein richtiger Grenzjäger nie mehr, wenn ihm auf so dumme Weis vielleicht ein wichtiger Fang auskommt. Dann lachend Wenn Sie erst einmal eine richtige Liebschaft hättn — wie schauets etwa da erst aus mit dem Dienst? Sieht ihn an.

Jäger fährt auf

Meinen Sie denn, ich bin ein Weiberlapp?

Weib

Sagen Sie einmal, Herr Jäger: so ein Rüffel — das muß nit gar fein sein, was?

Jäger

Ich glaubs: Dastehn müssen mit einem brennroten Kopf und man darf sich nit mucksen.

Weib
legt die Strickerei in den Schoß; blinzelt mit halbgeschlossenen Augen den Jäger an

Na, so haben Sies halt mir zulieb glitten — was?

Jäger beinahe erschrocken

Ihnen zulieb? Was reden Sie da; und außerdem sein Sie ja ein verheirates Weib.

Weib
ungehalten, nimmt die Strickerei wieder auf

Na, jetzt kanzeln Sie mich etwa noch ab, ja? Es geht einem wohl öfter der Schnabl durch; das hab ich nit gwußt, daß Sie jedes Wort gleich auf die Goldwag legen. Sieht den Jäger fest an; gedehnt, in beinahe drohendem Ton Sie brächten es ja gar bald heraus, als wenn ich verliebt wär in Sie.

Jäger
hält den Blick nicht aus, polternd

Euch Weibern soll der Teufel was zulieb tun.

Weib

Oh. Es wird über Sie schon auch einmal kommen; auf so einen jungen Kraftkerl gehn ja die Weibsleut los, wie die Fliegn auf den Zucker. Sieht ihn an Aber dann Gnadgott; ich mein, bei Ihnen gehts grob her. In wohligem Erschauern Hu. Mich beutelts.

Jäger

Dann ists ja nur mein Sach; deswegen brauchts ja Sie nit zu beuteln. Dann Überhaupt; was steh ich da. Ich hab mein Dienst. Will ab.

Weib sitzt und strickt

Wissen Sie, daß Sie mir da neulich blaue Fleck aufdruckt haben?

Jäger kommt näher

Ich? Wo?

Weib
legt die Strickerei in den Schoß; streift sich den Ärmel weit über den Ellbogen hinauf und weist ihren schönen runden Arm vor

Da, wenn Sies nit glauben. Heut noch sieht man Ihre Fingermal. Und wie das brennt.

Jäger ist herzugekommen und besieht mit begehrlichen Augen den Arm

Meiner Seel, ja; es ist wahr.

Weib

Und wie i mich nachts beim Schlafengehn wenden und drehn muß vor meinem Mann, daß er nur die Tapper am Arm nit sieht; sonst gäbs Feuer am Dach.

Jäger
mit verächtlicher Handbewegung

Awas, der. Dann Eine Haut habn Sie, grad wie Sammet. Beginnt ihren Arm mit schüchterner täppischer Zärtlichkeit zu streicheln Das laßt sich fein angreifen.

Weib läßt ihn kokett lächelnd gewähren

Ah, da schau her; jetz hab ich immer gmeint, der Jäger kann nur so grob zutappen. Ganz verwundert Und jetz kann der fein streicheln auch. Mit halbgeschlossenen Augen Ah, das tut wohl gegen das Brennen.

Jäger vor Erregung stotternd

Ich kann schon ein bissel blasen auch, wenns brennt.

Nähert seinen Mund ihrem Arm und bläst auf die Stelle; drückt dann seine Lippe flüchtig scheu auf die Stelle

Weib zieht ungehalten ihren Arm zurück

Sie. Was glauben denn Sie. Mudeln Sie wen andern ab; ich bin ein verheirats Weib. Streift sich den Ärmel herunter; drohend Gleich ruf ich mein Mann.

Jäger mit rotem Kopf; spottend

Da fürcht i mich aber, wenn der Herkules kommt. Lacht Ist er eifersüchtig, der Schneider?

Weib
hat wieder das Strickzeug zur Hand genommen

Sonst schon; aber auf Sie nit. Das weiß er schon, daß ich von Ihnen nichts haben will.

Jäger erbost

Will ich vielleicht von Ihnen was? Sie wärn die Letzte, von der ich was möcht.

Weib ruhig

Wenn der Traubstock zu hoch ist, dann sagt der Fuchs: I mag keine Trauben.

Jäger in zornigem Spott

So hat die Fuchsin neulich auch gsagt: „Wir haben keine Kinder, weil wir keine haben wollen.“ Und in der Truhe schon brav fleißig das Häubl und die Fatsche vorgrichtet; daß nur alles gleich da ist, wenn etwas kommt. Schlägt eine Lache auf Aber es ist halt nix kommen.

Weib
zu innerst getroffen gegen den Jäger auf

Sie, Kerl; Sie ganz brutaler. Kann das Weinen kaum unterdrücken; stellt sich abseits mit dem Kopf an die Wand.

Jäger

So. Jetzt haben Sie auch eins am Schädl. Ihnen kommt man schon auch noch aufs Nackte. Sie werden noch lang nit einen Grenzjäger foppen. Da er einen unterdrückten Schluchzer hört, geht er auf das Weib zu Jetzt hab ich Ihnen weh getan. Aber Sie haben zuerst angfangen. Sonst hätt ich das gwiß nit gsagt.

Weib
hebt den Kopf und trocknet sich die Augen; dann sich gegen den Jäger wendend

Und wenns schon so ist mit dem Häubl und der Fatschn? Bin ich dran schuld? Muß ich mich da schamen? Reckt sich vor dem Jäger in ihrer ganzen wüchsigen Kraft und Jugend Ist mein Leib so krepierlich? Weist ihre Brust Oder hab ich da vorn eine Bretterwand, daß etwa ein Kind nix zum Lutschen hätt?

Jäger
hat das Weib mit den Augen verschlungen; dann

Ihr Mann soll sich schamen; das ist ja kein Mann; verächtlich nur so ein Schneider.

Weib

Ach was; lassen Sie mir meinen Mann in Ruh, Sie junger Grasbeißer. Lobt auffällig ihren Mann, in der Absicht, den Jäger aufzustacheln Und grad, weil er so schwach ist und Hilf braucht — ja, Herr Jäger, mit Verlaub; grad darum hab ihn gern; und nur ihn mag ich; und sonst gar niemand; und er ist, wie mein Kind: Wenn er krank ist, tu ich ihn pflegen; und wenn ihm in der Nacht die Decke vom Bett rutscht, dann deck ich ihn wieder zu, damit er sich nit verkühlt.

Jäger
aufgestachelt; kann sich nicht mehr halten

Meintwegen setzen Sie ihn auch noch aufs Topferl. In aufwallendem Zorn Was kümmert denn mich das Klappermanndl; das zaunmarterdürre? Schlägt mit der Faust auf den Tisch.

Weib stellt sich harmlos

Herr Jäger; warum haben denn Sie so eine Wut auf mein Mann? Er hat Ihnen doch gar nix getan. Dann Und schlagen Sie mir den Tisch da auch noch zu Brocken, ja? So einen, wie Sie sollt man gar nit frei umlaufen lassen; sieht ihn an; mit grausamer Lust an die Kette sollt man Sie legen, wie einen Tanzbär; ja, und Ihnen die Händ mit wollenen Fetzen einbinden, daß Sie kein Unglück anrichten. Das sollt man.

Jäger stiert sie an

Ich mein, da wären Sie schon ein gfährlicheres Tier. Hat den Kopf auf die Hände gestützt und starrt vor sich hin.

Weib ganz unschuldig

Herr Jäger; was ist denn jetz mit Ihnen?

Jäger
hebt den Kopf; sieht das Weib mit traurig-hilflosem Ausdruck an

Ich weiß nit, was mit mir ist; ich möcht grad am liebsten flennen, wenn ichs zuweg brächt.

Weib harmlos

Und was ist mit dem Dienst? Sie verhocken sich schon wieder bei mir da.

Jäger zerrissen, weinerlich-hilflos

Ich weiß nit, was mit dem Dienst ist; verzweifelt ich weiß nit, was mit mir ist; mich ist etwas angflogen. Schlägt mit dem Kopf auf die Tischplatte.

Weib
für sich, heimlich frohlockend

Hängen tust, du Gimpl; mit beiden Bratzeln auf der Leimrutn; das ist mit dir. Umschleicht ihn argwöhnisch lauernd Oder treibt er noch immer sein Schindluderspiel? Dann Aber wart; dir setz ich Spitz und Knopf schon noch besser zusamm. Auf den Jäger zu; rüttelt ihn derb. Mit schneidendem Hohn Jäger. Wenn Sie jetz dann der Wachkommandant fragt, wie weit Sie mich haben — was können Sie ihm da sagen? Friß ich Ihnen schon bald aus der Hand? Da sie der Jäger verwundert über ihre Kenntnis anstarrt Ja, Herr Jäger; wenn man auch einsam da heroben haust — deswegen hört man schon doch, was die Wachglocken im Tal drunten läuten.

Jäger
ist aufgestanden und hält wie beschämt den Arm vor das Gesicht. Schickt sich zum Gehen an

Überhaupt; ich hab da nix verlorn.

Weib

Aber suchen tun Sie was. Sie suchen da immer ein Sterndl und finden keins. Dann Aber warten Sie: Ich hilf Ihnen aus der Not. Dann Leihen Sie mir nur auf einen Augenblick Ihr Transchiermesser da. Zieht ihm den Säbel aus der Scheide. Da der Jäger unwillkürlich nach seinem Säbel greifen will Nur keine Sorg: Ich stich Sie nit ab. Schwingt den Säbel vor dem Jäger Das ist die Wünschelrutn; mit der suchen wir jetzt ein Sterndl für den Jäger; aber nit vom Himmel herunter; aus dem Boden heraus, wo die Erdäpfl wachsen. Beginnt an verschiedenen Stellen des Stubenbodens mit der Säbelspitze zu tippen Da ist nichts. An einer anderen Stelle Da ist auch nichts. Ist zum losen Dielenstück gekommen; tippt mit der Säbelspitze hin; dann Halt; aber da. Herr Jäger; da zuckt die Wünschelrutn. Stemmt die Säbelspitze in den Bodenspalt und hebelt das Dielenstück aus dem Falz; dann Da greifen Sie hinein; da drunten muß für Sie ein Sterndl liegen. Wirft den Säbel auf den Tisch und steht zuwartend.

Jäger
hat sich niedergebückt; fährt in die Dielenöffnung und zieht ein Stück Seidenstoff und eine Rolle Spitzen hervor; mit funkelnden Augen die Stücke aufrollend und besehend

Ah. Spitzen; Seide — Konterband. Legt die Beweisstücke auf den Tisch; greift hastig nach dem Säbel und klopft gierig an verschiedenen Stellen den Stubenboden ab, ob es noch irgendwo einen hohlen Klang gäbe.

Weib

Und wenn Sie das ganze Haus auf den Kopf stellen — mehr finden Sie nit. Sie können mirs glauben.

Jäger
wirft den Säbel in die Scheide; froh

Viel oder wenig — jetzt hat man euch; schwarz auf weiß. Ihr Hauptfüchs. Schickt sich an, die ausgebreiteten Spitzen und Seidenstoffe zu rollen und zu falten.

Weib abseits stehend

Jetz können Sie mich dann ausfoppen und spotten, wenn Sie mit Ihren Kameraden im Wachzimmer auf der Pritsche liegen; und noch vor dem Einschlafen schlechte Späß machen über die dummen Gäns, die Weiber. Als könnte sie das Weinen nur mühsam verhalten Ist weiter eine Kunst, das: Da kommt ein junger, baumstarker Jäger daher und wirft sein Netz; wie soll da ein schwaches Weib lang Widerpart halten. Der hat ja schon gwonnen, bevor er noch den Mund auftut.

Jäger
starrt das Weib mit großen, beinahe furchtsamen Augen an; fährt sich verwirrt an den Kopf

Sie spult mich auf, wie einen Zwirnknäuel; und wieder ab und wieder auf; höhnt sie schwachs Weib, ja. Du wirfst ein Dutzend Reiter um mit Roß und Wagen. Schreiend, als wollte er sich gewaltsam aus der drohenden Umklammerung befreien Du Teufelshex. Ich zeig dich an. Vor einem Weib steht noch mein Ehr nit zruck; vor zwei so Teufelsaugen. Bemüht sich, mit plumpen, ungeübten Händen Seidenstoff und Spitzen zusammenzurollen.

Weib

Ehr muß beim Mann vorangehn; sonst wären Sie kein richtiger Jäger. Da sie sieht, wie er sich mit seinen ungefügen Händen um Seidenstoff und Spitzen müht Geben Sie her; ich legs Ihnen schön zusamm und wickl es Ihnen ein. Während sie Spitzen und Seidenstoff kunstgerecht faltet Freilich — Weiber denken da anders; sonst hätt ich auch mein und mein Manns Ehr besser bedacht und Ihnen nichts gsagt; ich hätt ja nit müssen. Schlägt die Augen nieder; wie verschämt Aber da hilft nichts; ein Weib kann ihr Lieb und Gunst nit verstecken; da ist der Mantel gleich überall zu kurz; Sie sollen avancieren und Ihr Sterndl kriegen. Hat Spitzen und Seide flach gefaltet; wickelt die Sachen in Papier Nur sagen Sie meinem Mann nichts, daß ichs verraten hab; sonst der brächt mich um. Sagen Sie nur, Sie haben es selber gfunden; das ist auch fürs Sterndl besser. Hat das Paket in Papier gewickelt So; das können Sie jetz ganz kommod unter dem Rock tragen; Seide und Spitzen machen keinen Bauschen. Öffnet ihm rasch ein paar Rockknöpfe und steckt ihm das flache Paket resolut dahinter So. Bewundernd Mein Gott, ist das ein Brustkorb; wie ein Roß. Ja, da hat einmal eine was.

Jäger
der von einem heftigen inneren Kampf durchrüttelt, dasteht, zuckt bei der Berührung heftig zusammen

Herrgott, Weib; rühr mich nit an. Wo du an mir ankommst, da brenn ich. Schließt seinen Rock.

Weib
stellt sich tief gekränkt

Das können Sie jetz leicht sagen: Rühr mich nit an. Aber gelt; früher haben Sie auch ganz fleißig meine Arm abgriffen; weinerlich aber jetzt haben Sie mich ja soweit, als Sie mich brauchen; weiter brauchen Sie mich nimmer. Dem Weinen nahe Augen haltet das Wasser zrück; flennen könnt ihr noch gnug, wenn der Jäger dahin ist. Beginnt zu flennen.

Jäger
steht unschlüssig; macht einen Schritt auf sie zu und macht mit den Händen eine täppische, schwerfällige Bewegung, als wollte er ihr die Hände vom Gesicht lösen; dann sich mit einem Ruck härtend

Awas. Rotz und flenn zu; anzeigt wirst doch.

Weib
trocknet sich die Augen; gegen den Jäger

Wenn Sie es nit täten — da wären Sie wohl ein trauriger Tropf. Dann So; jetz gehn Sie nur, Herr Jäger. Ich wünsch Ihnen viel Glück und ein schöns Avancieren; gehn Sie, machen Sie ein End; damit s endlich aus ist mit uns zwei. Denn sehen, mein lieber Jäger, wirst mich dann nie mehr, wenn ich meine bürgerliche Ehr nimmer hab; da möcht ich mich lieber in ein Mausloch verkriechen. Aber immer noch besser, mein Bürgerehr ist hin, als mein Weibsehr. Denn vor dir könnt ich mich als braves Ehweib sowieso nicht mehr halten.

Jäger
knirschend, im Kampf mit sich

Falsche Katz; du biegst mich nit um: Ich zeig dich an und ohne Pardon.

Weib heftig

Und wenn Sie es nit täten — ich speiet Sie an. Sie sollen und müssen Ihr Sterndl kriegen. Wenn Sie dann ein jung verheirater Wachtmeister sein, und nach dem Dienst daheim ihre lange Pfeife rauchen; und es rutscht schon ein junges Jägerle auf Ihrem Knie herum und greift mit seinen Handerln nach Ihrem Blusenkragen um die weißen Sterndln — Herr Jäger, ich wünsch Ihnen nichts Schlechtes; aber dann denken Sie dran, durch was für ein Luderspiel mit einem Weib Sie zum ersten Stern kommen sein; näher an ihn heran da könnt schon sein, daß Gott Sie straft — an Ihrem Kind; daß ihm die Hand abfault, wenns nach dem Sterndl greift.

Jäger erschaudernd

Weib; hat dich die Höll ausgspien?

Weib stampft mit dem Fuße

Was stehn Sie noch da? Marsch fort. Ich will anzeigt sein.

Jäger
steht durchschauert; dann innerlich zerrissen; verzweifelt

Höllteufel; bin noch immer ein ehrlicher Jäger gwesen. Eingangtüre ab.

Weib befriedigt

So; jetzt zeigs an, wenn du kannst. Sieht ihm hinter dem Fenster stehend nach.

Mann
stürzt aus der Nebentüre, die ein kleines, rundes mit Glas versehenes Guckfensterchen trägt; froh in die Hände klatschend

Weib; den hast aber gut aufgepulvert; der brennt ja schon.

Weib fährt herum

Hast du mich jetzt erschreckt. Ungehalten Kommst du aus dem Uhrkasten heraus? Oder gar wie die neunundneunzig Schneider aus dem Schlüsselloch? Mustert ihn geringschätzig Dünn gnug wärst dazu.

Mann
deutet nach der Nebentüre

Hab ein kleines bissel durch das Guckfenster glauscht. Weib zieht die Stirn kraus Den hast schon fest an der Halfter. Reibt sich vergnügt die Hände Und wie er zappelt und umschlagt. Klopft ihr auf die Schulter Weib, das hast gut gmacht.

Weib
setzt sich und nimmt die Strickerei wieder auf

Hm; das ist weiter eine Kunst: Die Mannsbilder sein ja so dumm; man könnt damit Türen einrennen.

Mann hebt den Finger

Halt. Bin auch ein Mannsbild.

Weib strickt

Aber Manndl; i mein doch nur den andern; den Kraftlackl da; du zählst doch nit mit. Da sie der Mann liebkosend streicheln will, abwehrend Geh laß das; reg dich nit auf; es könnt dir nit gut tun: Könntst auf Ja und Na wieder deinen Herzklopfer kriegen. Legt das Strickzeug beiseite, dann ernst Du, Mann. Was i dir noch sagen will: deutet mit dem Kopf nach der Nebentür Das Herumspionieren leid ich nit. Merk dirs. Murrend Das schauet ja bald aus, als — trauetst du mir nit.

Mann
sieht sie ganz verdutzt an

Was nit trauen? Stutzig Wie kommst jetzt auf das?

Weib
zuckt die Achsel, strickt

Nit spionieren sollst. Mehr sag ich nit.

Mann
sieht das Weib an. Dann etwas kühl

Jetzt haben wir ihn soweit, wie wir ihn brauchen: Zeigt ers an, dann macht das kleine Paketl nit viel Straf aus; und zeigt ers nit an, dann zeigen wir ihn beim Kommando an; dann ist er gliefert. Dann resolut abschneidend Wir lassen es jetzt gut sein — das ganze Spiel.

Weib

Halt. Nur nix überstürzen. Legt das Strickzeug weg und steht auf. Sieht den Mann mit beinahe drohenden Augen an Das werd dann schon ich sagen, wenns gut ist; verstanden.

Mann

Aber Weib; mach nit solche Augen. Man möcht sich bald fürchten.

Weib
lenkt wieder ein; kraut ihm wie einem Knaben lachend den Kopf

Aber Manndl; wer wird sich denn fürchten. Sei froh; jetzt hast doch endlich ein richtiges Weib: Bis jetzt bin i nur so ein leerer Teigbatzen gwesen; aber jetzt ist im Teig Hefel drin. Reckt sich mächtig Mir scheint, jetzt geh ich erst auf.

Dritter Akt.

Mann
sitzt am Tisch, der zum Teil mit hoch aufgetürmten Rollen von Gold- und Silberstücken bedeckt ist. Zählt und macht sich mit dem Bleistift auf einem Blatt Papier Notizen.

Weib
sitzt, die Hände im Schoß, in der Nähe des Fensters. Späht immer wieder, als ob sie jemand erwarte, heimlich durch die Scheiben. Nur um etwas zu sagen, gleichgültig

Wieviel fehlt jetz noch zum Haus am Marktplatz?

Mann
mit Zählen und Rechnen beschäftigt, vor sich hin

Neuntausend und da tausend wär zehntausend; nimmt einen vollen Lederbeutel und entleert seinen Inhalt auf den Tisch jetz käm noch das dazu. Nachdem er flüchtig den Inhalt übersehen; froh Vielleicht langts schon. Zählt. Im Zählen innehaltend; zurücksprechend Was meinst, hat ers angezeigt, der Jäger?

Weib

Was kümmerts mich. Wir werdens wohl noch früh gnug erfahren, wenn die Hausdurchsuchung kommt.

Mann

Im Haus finden sie nix. Und mein Geld können Sie mir nit nehmen. Zählt emsig für sich und setzt die Münzen in Rollen auf Die Schmuggler sein wieder gut an der Arbeit; sie sagen, der Jäger geh um, als hätt er einen Kugelschuß im Leib.

Weib

So?

Mann

Ja. Zählt; befriedigt Das Gschäft kommt wieder in Saft; ich merks an meinem Zuwachs. Zählt hastig weiter; dann freudezitternd Weib; jetzt halt mir die Daumen — ich mein, es langt. Zählt mit großer freudiger Hast und steigernder Spannung fort; plötzlich mit einem Freudenschrei aufspringend; auf das Weib zu Weib; es langt. Morgen, wenn du willst, kann ichs kaufen. Lacht vor Freude aus vollem Hals Was sagst dazu?

Weib gleichgültig

Na ja; dann ists ja gut.

Mann verdutzt

Ist das dein ganze Freud?

Weib

Na ja, ich kann doch jetz wegen dem Haus am Marktplatz nit gleich aufhupfen, daß ich den Kittl verlier.

Mann
sieht sie argwöhnisch an

Weib, du gfallst mir nit; was ist mit dir?

Weib mürrisch

Mir gfallt auch viel ganz und gar nit, und muß es erleiden. Plötzlich heftig gegen den Mann ausbrechend Es ist nit recht, einen Menschen so hineinzuhetzn; und du hast mich dazu angstellt; ja, du.

Mann

Hat nit er dich fangen wollen?

Weib

Ja; das ist wahr.

Mann

Und hättest nit ebenso gut du können Feuer fangen anstatt ihm?

Weib

Ja, Mann; da hast recht. Hätt auch sein können. Schau, auf das hätt ich jetz ganz vergessen.

Mann

Und er hätt dich dann brav ausglacht. Na also; jetz ist er im Schnappsack drin; jetz lach du ihn brav aus. Befriedigt Es hat schon den Rechten erwischt; er ist der Anstifter gwesen.

Weib

Ausgeheckt hats unten der Wachkommandant; und der Jäger hat avancieren wollen; und du hast dir wollen das Geld verdienen für das Haus am Marktplatz; heftig und mich habt ihr alle als Köder ausgsteckt; so springt ihr mit unsereinem um; schamt euch — alle miteinander; in Boden hinein. Beginnt zu schluchzen.

Mann
auf sie zu; rüttelt sie

Du bist heut ganz auseinander. Und in der Nacht hast ein paarmal aufgschrien, ganz wild; bin nur so aus dem Schlaf gfahren.

Weib
trocknet sich die Augen

Da hast etwa auf dem Tennendach die Märzenkater ghört; die machen jetzt in der Nacht immer großen Rebell: es ist Frühjahr und Brunftzeit.

Mann

Und die ganze Nacht bist türaus und türein, und im Bett hin und her, ganz heiß im Dampf.

Weib

Bin ja noch jung; sollt ich schon kalt sein? Dann grob Überhaupt; muß ich jetzt schon bald über jeden Schnaufer, den ich tu, Rechenschaft legen? Ausschaun tuts bald so.

Mann
der unterdessen das Geld vom Tische in die Lade der Kommode versperrt, kopfschüttelnd

Weib; in dir ist eine Unruh, ganz eine gwaltige.

Weib
hat sich inzwischen wieder zu ihrer Strickarbeit gesetzt; trocken

So. Ich sitz aber ganz ruhig da und strick; und denk über die Maikäfer nach. Späht durch das Fenster; zuckt zusammen; für sich Dort kommt er um den Wegbug; und den Kopf laßt er hängen. Dann laut, in der Absicht, den Mann baldigst aus der Stube zu bringen; schmeichelnd Mann; ich hätt Appetit auf an Fisch; geh, Manndl, sei nett: Fang mir für heut abend einen Fisch aus dem Mühlbach.

Mann
hat eben den Schlüssel von der Kommode abgezogen

Dann muß ich aber gleich gehn; sonst beißt keiner mehr; die Sonn geht schon abwärts.

Weib

Ja freilich mußt gleich gehn.

Mann

Wenn der Jäger kommen sollt, dann jag ihn aus mit Spott und Lachen. Was das Haus am Marktplatz kostet, haben wir. Wir brauchen ihn nimmer.

Weib

Wenn er kommen sollt, dann werd ich schon machen.

Mann
im Abgehen des Weibes Wange befühlend

Deine Wang ist brennheiß. Eingangtüre ab.

Weib

Dein Hand ist eiskalt; drum kommt dir meine Wange brennheiß vor. Dann Aber spioniert wird heut nit. Geht durch die Nebentür, die sie hinter sich offen läßt, ab. Man hört das kräftige Zuschieben eines starken Riegels. Kommt wieder durch die Nebentüre; befriedigt So. Da ist ein Riegel gschoben. Reckt sich Jetz lassen wirs grad treiben, wies treibt.

Jäger
ist im Rahmen der Eingangtüre aufgetaucht; bleibt an den Pfosten gelehnt stehen.

Weib

Na also; haben Sie das Sternl gleich mitgebracht? Ist gut; ich nähs Ihnen gleich auf. Holt das Nähzeug Ich freu mich schon; das wird Ihnen passen. Dann Aber warum hat man uns noch nit das Haus durchsucht? Fädelt eine Nadel ein Was schätzen Sie: Wieviel Straf werdn wir kriegen? Tröstet sich Na, man wirds ja noch früh gnug erfahrn. Dann So, jetz nur her mit dem Sternl, Herr Jäger; eingfädelt ist schon.

Jäger dumpf

Ah was. I bin kein Jäger mehr.

Weib

Was sagen Sie da?

Jäger ist vorgekommen

Mein Ehr ist hin.

Weib

Haben Sies am End gar nit angezeigt?

Jäger

Ihr Weiberteufl. So wie man an euch nur anstreift, habt ihr ein; und habt ihr erst den kleinen Finger, dann habt ihr schon die ganze Hand; und den ganzen Kerl mit Haut und Haar.

Weib brutal

So. Jetz gings auf mich aus. Ists noch nit gnug, wenn ich Ihnen die Spitzen hinter das Wams hineinschopp? Hätt ich Sie noch sollen hinunterführen an der Hand, auf die Wach, wie einen Schulbub? Dann Marsch; da ist die Tür. Tun Sie Ihr Pflicht. Ich laß mir da vorwinseln; das könnt mir passen.

Jäger schüttelt den Kopf

Ich bin schon eingezwickt: Heut beim Rapport der Kommandant mich gfragt: „Jäger. Nichts Neus von dem Fuchsbau da oben?“ — Gott mein Zeug, ich wollt sagen: Ja. Und gsagt hab ich: Na. Es hat mir das Wort im Maul verrissen. I kann nimmer, wie ich will; ich ghör nimmer mir selber. Reißt das Paket unter dem Rock hervor und schleudert es auf den Tisch Da. Hab gmeint, es brennt mir ein Loch durch. Wirft sich auf einen Stuhl Ich scham mich — zum Inbodenversinken.

Weib
reißt das Paket an sich; wiegt es vor dem Jäger höhnend in der Hand

Wenn ich jetz morgen in der Früh auf die Wachstubn geh; und laß mir den Kommandanten rufen —

Jäger

Dann sag ich: Ein Weib hat mich gfangen; ein durchgeteufeltes, eingeteufeltes über und über.

Weib frohlockend

Jägerle; jetzt hab i dich. Hat das Paket geöffnet; entrollt die Spitzen vor dem Jäger Sein noch ganz warm die Spitzen, von dem langen Liegen unter der Blusn; weist dem Jäger das Spitzengewebe vor schau, Jäger; wie feine Mauszähn schauen sie aus; und die haben dein Ehr zerfressen. Schiebt ihm die entrollten Spitzen zu. Dann in streng befehlendem Ton Da. Leg mir sie um den Hals; ich schaff dirs. Wirds auf der Stell, oder ich geh schnurstracks zur Grenzwach.

Jäger
nimmt wie willenlos die Spitzen in die Hand und legt sie ihr um den Hals

Da; ich tu alls; ich bin nimmer ich; nur mehr so ein Tanzbär mit dem Ring durch die Nasen.

Weib frohlockend

Haha; der Jäger, der stolze. Jägerle; wirst du noch einmal Weiber fangen? Ordnet sich die Spitzen am Hals und läßt die beiden langen freien Enden beiderseits vorne herunterbaumeln; kokett die Enden über der Brust glatt streifend, spottend vor dem Jäger Steht sie mir gut — dein Ehr um den Hals? Sie würgt mich nit und druckt mich nit. Haha.

Jäger stiert das Weib stumpf an

Ja, wenn ihr einen habt, dann habt ihr ihn ganz.

Weib heftig

Gelt, jetz winselst um dein Ehr; aber das hätt deiner Ehr keinen Schaden getan: Mit einem Weib Schindluder treiben, für ein Sternl an deinem Blusenkragen. In hellem Zorn Du Mannswolf. Nimmt das Papier vom Tisch, in das die Spitzen gewickelt waren; ballt es zusammen Da, das Papier: Ich wirf dirs unter den Tisch hin, wie einem Hund. Wirft das Papier unter den Tisch; befehlend Hebs auf vom Boden; auf der Stell bring das Apportl.

Jäger
bebend vor Scham und Zorn

Weib; ich möcht dich schlagen. Drohend auf sie zu Soll i dich nit an die Wand hinaufdrucken, daß man nichts mehr sieht von dir, als ein rotes Mal?

Weib flüchtet gegen die Eingangtüre.

Jäger

Nur kein Sorg. Ich rühr Sie nicht an. Sie sein mir viel zu schlecht.

Weib heftig, in echtem Ton

Das laß ich nit auf mir sitzen. Wer hat denn angfangen? Bin ich zu Ihnen kommen, oder Sie zu mir?

Jäger
hat sich gesetzt. Brütet vor sich hin

Ja; der Teufel muß einen reiten; dann kommt man weit bei der Nacht: Hab mir denkt, ein Sternl wär schon gut da her; und dann auch mehr Löhnung dazu; muß ja jeden Monat meiner Mutter was schicken; sie kann nichts mehr verdienen; und wenn man dann ein paar Sterndln hat, sich vielleicht auch ein bissel Familie schaffen; man hat ja sonst auch nix. Verzweifelt Aber ich hab sie nit kennt, die Weiber; sonst wär ich schon ausgwichen auf drei Büchsenschuß weit.

Weib auf ihn zu

Ich laß mich jetzt da von Ihnen nit für die Schlechte halten; ich hab die Mannsbilder auch nit kennt; Gott mein Zeug: Nie wär ich auf so was kommen; aber mein Mann; ja, schauen Sie mich nur an; der hat alles ausgetiftelt und gsagt, ich soll Sie fangen.

Jäger knirschend vor sich hin

Der Elendshirsch; die Schneiderfigur.

Weib beistimmend

Ja; sonst ist er um und um zu nichts nutz; aber solche Spitzbübereien auszuhecken — ah, da ist er gut. Legt dem Jäger die Hand auf den Arm Ja, Jäger; es ist so.

Jäger
zieht seinen Arm von ihrer Hand ab

Weib, tu dein Hand weg; die macht mir zu warm. Sieht das Weib an Sonst vergiß i mich und tapp nach dir.

Weib
versucht einen strengen Ton anzuschlagen

Jäger; i bin ein verheirates Weib. Vergessen Sie das nit.

Jäger

I weiß schon, daß Sie beschneidert sein. Haßerfüllt Wo man sich reckt oder einen Finger rührt — überall stoßt man an den Schneider an. Schlägt mit der Faust auf den Tisch.

Weib
besieht die Stelle des Tisches. Trocken

Und wieder vier Gruben im Tisch. Sieht ihn bewundernd von der Seite an Ja, sagen Sie, Mensch: Sie sein ja ganz von Eisen. Setzt sich neben ihn; nimmt ihm sanft die Hand vom Kopf Was denken Sie denn jetz? Streicht ihm über die Stirn.

Jäger
sucht sich seiner Leidenschaft zu erwehren

Nur nit so nah bei. Rückt von ihr etwas ab.

Weib
rückt ihm nach; ihre Wangen glühen

Was stoßen Sie denn allweil mit Ihrem Knie an mir an?

Jäger schreiend

Ich? Sie rucken ja immer nach. Springt auf; faßt sie an den Schultern und rüttelt sie heftig. Heiser. Sag, Weib; was willst du mit mir?

Weib
ohne den geringsten Versuch, sich von ihm frei zu machen

Gar nichts. Ruh geben sollst. Jäger läßt sie los; sie reibt sich die Schultern Grobian, jetzt hat er mir völlig die Achseln auskegelt.

Jäger trocken

Hätten Sie halt gschrien; dann hätt ich früher ausglassen.

Weib

Ah, zum Schreien bringen Sie mich nit; da können Sie schon noch besser drucken. Vor ihm, ganz sachlich Wetten wir um an Sechser, daß ich nit schrei?

Jäger
aufgestachelt, legt die Arme um sie und preßt sie zusammen

Soll ich noch fester? Schreist bald?

Weib
kann kaum atmen; gepreßt kichernd

Noch lang nit; grad extra nit; och du mein Jäger.

Jäger
als besänne er sich; läßt sie los und schiebt sie unmutig von sich

Geh weg. Du bist ja doch nit mein. Laß dich von deinem haßerfüllt Schneidermanndl drucken um an Sechser.

Weib lebhaft einstimmend

Ja; das wird er wohl sein; so ein Kripperlspiel. Jäger ergreift ihre Hand und will sie wie liebkosend streicheln; sie entzieht ihm die Hand heftig Laß mich; ich bin nit dein; ich hab an Mann. Verzweifelt Ich hab ihn einmal und ich muß mit ihm leben; und da hilft einmal nichts. Hat sich abgewendet und schluchzt.

Jäger nicht ohne Schadenfreude

Ah; hats dich jetzt? Höhnend Gelt, mich hast fangen wollen; und jetzt bist selber drin. Haha.

Weib

Wer ist drin? Jäger, so weit haben Sie mich noch lang nit, daß ich etwa wegen Ihnen eine Dummheit mach. Bilden Sie sich nur das nit ein. Sich selbst zuredend Mein Gott, wenn er halt einmal nit besser geraten ist — denk i mir halt, er ist wie mein Kind und pfleg ihn weiter.

Jäger

Bis es Ihnen verleidet. Das Kind.

Weib

Oh na. Erst voriges Jahr hab ich ein krankes Hundl aufzogen; den ganzen Tag müssen mit dem Fetzen hinter ihm in der Stube her sein und aufwischen; und Medizin eingeben und futtern. Und hab alls gemacht mit Geduld. Hat mir gar nit verleidet. Immer sich selbst zusprechend, ohne es innerlich selbst zu glauben Na also; werd ichs mit mein Mann, mit dem ich jetzt sieben Jahr leb, auch noch weiter ermachen. Gegen den Jäger Ah na. Noch weiß ich schon, was Brauch ist. Gehn Sie. Und kommen Sie nimmer. Da wachsen für Sie keine Birnen.

Jäger zerrissen

Der Teufel hat mich hergführt.

Weib

Na, so soll er Sie auch wieder wegführen. Da ist die Tür.

Jäger macht sich zum Gehen fertig.

Weib horcht gegen den Flur

Halt. Jetz hör ich ihn grad beim Haus hereinschlurfen; jetz können Sie nit zugleich bei der Tür aus, wenn er hereinkommt; das fallt zu viel auf; rückt ihm einen Stuhl an den Tisch Setzen Sie sich noch ein bissel, damits nit so ausschaut. Aber ja nix anmerken lassen.

Jäger setzt sich

Wenn ichs nur kann. Trommelt mit den Fingern auf den Tisch.

Weib
ist zum Wandschrank geeilt, entnimmt ihm eine halbvolle Flasche Rotwein nebst Trinkglas und stellt beides vor dem Jäger auf den Tisch

Tun Sie grad, als ob Sie ganz gemütlich ein Glasl Wein trinken täten. Richtet sich zurecht.

Jäger

Ich brauch ja nit nur so zu tun; ich kann ja wirklich ein trinken. Schenkt sich ein Glas voll und leert es mit einem Zug.

Mann

tritt währenddem, einen Fisch in der Hand, in die Stube. Sieht den Jäger trinken. Spottend Zum Wohlsein, Herr Jäger; schmeckt der Wein?

Jäger
nimmt keinerlei Notiz von dem Mann; setzt das leere Glas heftig auf den Tisch; steckt beide Hände in die Hosentaschen und sitzt vor sich hinstarrend, breitspurig da

Mann auf das Weib zu, leise

Der trinkt meinen Wein und redt nix.

Weib

Er trinkt noch aus und kommt nie mehr.

Mann befriedigt

Gut so. Weist den Fisch vor. Laut Da schau, einen Fisch hab i dir gfangen.

Weib besieht den Fisch flüchtig

Mhm. Ist noch dazu ein großer. Nimmt einen Zinnteller von der Wand und wirft den Fisch hinein.

Mann

Ja. Mit einem Blick nach dem Jäger Je größer, desto lieber beißen sie. Tritt zum Jäger vor Nu, Herr Jäger; jetz werden Sie dann etwa doch wieder einmal müssen auf die Grenzwach gehn. Man hört, die Schmuggler sollen es arg treiben.

Jäger
tut, als wäre der Mann nicht da; zum Weib

Haben Sie da einen Kanarivogl? Ich hör alleweil was piepsen.

Mann gibt es zurück

Na; aber wir tun uns einen Gimpel ein; die werden viel zahmer und fressen bald aus der Hand; gelt, Weib.

Weib trocken

Ich mein, wir haben schon einen.

Mann

Gut geben; bravo. Lacht aus vollem Hals.

Jäger dem Weib zunickend

Gut geben; bravo. Lacht ebenfalls

Mann
geht auf das Weib zu, die den Zinnteller auf dem Schoß, im Hintergrund sitzt und mit dem Abschuppen des Fisches beschäftigt ist

Sag, ist der übergschnappt?

Weib gleichmütig

Mir nix bekannt. Dann Es geht schon auf Abend; Herr Jäger, gute Nacht.

Mann höhnisch

Gute Nacht, Herr Jäger. Dann zum Weib Meine Filzbatschen mußt mir bringen und frische Strümpf; sonst krieg ich wieder mein Huster; hab nasse Füß.

Weib

Wie kommst zu nasse Füß?

Jäger
der sich bereits zum Gehen erhoben hat, kann sich nicht mehr halten; höhnend

Der Fisch hat ihn in Bach verrissen; lacht ja, so ein Fischschwanzl hat eine Kraft.

Mann erbost gegen den Jäger

Wer spottet mich da?

Jäger
kann seinen Haß kaum mehr bändigen; vor sich hin

Laß dich einfatschen; Schneider.

Weib energisch

Herr Jäger, gute Nacht.

Mann in steigender Wut

Wer ist ein Schneider?

Weib

Mann, sei still und frag nit lang.

Jäger äußerlich ruhig

Jetz piepst schon wieder was.

Mann
kommt nach Art schwächlicher Menschen in rasch ansteigende Wut

Wer piepst?

Jäger ruhig

Der Schneider.

Mann

Wer ist ein Schneider?

Jäger

Immer, der fragt.

Mann in höchster Wut

Wer ist ein Schneider? Zieht ein Stehmesser aus der Hintertasche.

Weib
beinahe stolz auf ihren Mann

Herr Jäger, geben Sie acht. Sie könnten sich doch ein bissl irren in meinem Mann. Dann zum Mann Mann. Bist du nit bei Trost? Steck dein Messer ein.

Jäger zum Weib

Aber lassen Sie dem Schneider die Freud. Stellt sich ruhig vor den Mann hin. Da; Schneiderle, stich. Du bringst mirs ja gar nit durch die Rippen ein. Da der Mann in seiner Schwäche zitternd unschlüssig mit dem Messer dasteht, zum Weib. Halten Sie ihn; sonst fallt er um. Es sieht einen Augenblick aus, als wollte er sich in ausbrechendem Haß auf ihn stürzen. Bezwingt sich Ich muß grad laufen, sonst zerdruck ich ihn noch mit mein Augendeckl; in der offenen Eingangtüre sich noch einmal umwendend, haßerfüllt den Schneider. Ab.

Weib
enttäuscht zum Mann, der am ganzen Leib zitternd dasteht

Jetz steck nur deinen Feitel ein und setz dich; du bist ja weiß wie ein Leintuch. Geleitet ihn zu einem Sitz. Er ist schon weg. Brauchst dich nimmer zu fürchten.

Mann fährt herum

Wer fürcht sich? Sitzt Sag, Weib: Warum hat denn der so eine Wut auf mich?

Weib

Hättst ihn gfragt; ich steck nit in seiner Haut drin. Dann Also was willst? Ah ja, richtig: Die Filzbatschen und frische Strümpf. Zieht die Filzschuhe unter einer Bank hervor und stellt sie etwas unwirsch zu seinen Füßen hin. Geht zur Kommode und entnimmt der untersten Schublade ein Paar Strümpfe.

Mann
noch immer außer Atem; keuchend

So ein Lümmel.

Weib

Laß den Lümmel Lümmel sein und denk nimmer dran. Ist mit den Strümpfen zum Mann hingetreten und richtet sie ihm gebrauchsfertig. Aber Kraft hat er; wie er jetzt so dagstanden ist und hat seine Brust hergreckt, gradaus auf dein offnes Messer hin — ja, vor dem Jäger müssen wir noch alle kuschen.

Mann etwas gereizt

Ja, ja; jetz hör nur einmal auf. Wir reden nimmer davon.

Weib
hat sich vor ihn hingekniet, um ihm beim Anziehen der Strümpfe behilflich zu sein

Zieh dir die Strümpf aus; hilf auch ein bissel mit; soll denn alls ich machen?

Mann
streift sich die Strümpfe herunter

Einreiben mußt mich dann auch noch mit Ameisgeist; ich spür wieder ein Rheumatismus im Arm.

Weib trocken registrierend

So. Nasse Füß und Rheumatismus steht heut im Kalender. Kopfweh und Bauchweh hast gestern ghabt.

Mann

Das Herz klopft mir noch bis zum Hals herauf.

Weib hilft ihm in die Strümpfe

Aber sonst bist gsund. Dann Ja, mit solche Kraftlackel soll man halt nichts anfangen; da ist man allemal hinten dran. Hat ihm in Strümpfe und Filzschuhe geholfen; erhebt sich vom Boden; nimmt von der Wandstelle eine Flasche; vor dem Mann Da wär der Ameisgeist; unwirsch streck dir den Ärmel auf; oder soll alles ich machen? Das wär wirklich bald so, daß man dich noch fatschen müßt.

Mann

Hast du heut ein Grant. Streckt sich den Hemdärmel auf.

Weib besieht den Arm

Mein Gott, ist das ein Arm. Um kein Kreuzer Fleisch dran.

Mann

Siehst ihn denn heut zum erstenmal? Schreiend Ich hab ja nichts Bessers mitkriegt von meiner Mutter.

Weib trocken

Deswegen mußt aber jetzt nit mit mir so schreien. Ich bin nit dein Mutter. Reibend. Mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Vor sich hin Ich mein, wenn der Jäger einmal Kinder kriegt — das gibt lauter junge Bären ab.

Mann erbost

Jetzt hör mir bald auf mit dem Jäger. Wir reden nimmer davon. Pause. Plötzlich sich besinnend Richtig. Jetzt hätt ich bald die Hauptsach vergessen. Also, was ist? Hat ers anzeigt?

Weib

Wer?

Mann

Wer. Der Jäger.

Weib energisch

Jetzt wird nimmer gredt davon.

Mann erbost aufspringend

Ob ers anzeigt hat.

Weib unwirsch

Was anzeigt.

Mann

Das Paketl mein ich; mit den Spitzen.

Weib grob

Ah was, Paketl. Leg dich ins Bett und schlaf dein Schrecken aus; ist gscheiter.

Mann ganz perplex

Wie redst denn du auf einmal mit deinem Mann?

Weib achselzuckend

Ich red halt, wie ich red. Überhaupt, wo ist denn ein Mann? Hohnlachend Das wär mir ein Mann: Im Frühjahr voll Katarrh, im Sommer Kopfweh; im Winter die Wärmflaschn im Bett; und wenn er am besten ist, ist er umundum nix nutz. Heftig ausbrechend Und das soll mein Leben sein? Wirft das Flanelltuch, mit dem sie die Einreibung vorgenommen, von sich Laß dich von der Katz einreiben. Mir graust. Ja, grausen, grausen tut mir vor dir; du Saugflaschenmanndl.

Mann
steht wie erstarrt; dann

Ah. Jetz geht mir ein Licht auf. Erschütternd aufschreiend Mein Haus brennt.

Weib brutal

Wer hats denn angezunden?

Vierter Akt.

Weib
sitzt am Morgen zusammengekauert in einem Winkel der Stube und brütet vor sich hin.

Mann
kommt zum Gehen gerüstet aus der Nebentür. Innerlich tief erregt. Bezwingt sich

Weißt du nit, wo du bei Nacht hinghörst?

Weib

Mir muffelts zuviel in der Schlafkammer.

Mann
hält sich gewaltsam ruhig

Weib, ich sag dir nur das: Was mir ghört, das halt ich mir. Kommt ihr mit der Hand zu nahe.

Weib
fährt wie angeekelt zurück

Rühr mich nit an. Deine Hand ist kalt, wie eine Totenhand.

Mann
kann sich nicht mehr halten. Schreiend

Dem Jäger seine — ist die wärmer? Sich selbst zur Ruhe mahnend Nur kaltes Blut.

Weib vor sich hin

Sorg dich nit. Das wird eh nit warm.

Mann
hält sich mühsam ruhig

Ich geh jetz ein neues Türschloß bstellen. Das alte taugt nichts.

Weib

Du hast die ganze Suppe selber eingebrockt — jetz löffel sie auch aus. Gib mir soviel Geld, daß ich nit Not leiden muß. Dann geh ich heut noch von dir weg.

Mann
keuchend vor verhaltener Wut

Zum Jäger.

Weib

Gleich wohin. Denk dir grad, ich bin gstorben. Ein schöns Begräbnis spendierst mir doch; und dann das Totenmahl und ein schönen Grabstein. Gib mir, was das alls kostet, also lebendiger, dann hab ich was davon.

Mann

Und der Jäger auch.

Weib verzweifelt ausbrechend

Ich kann mit dir nimmer leben. Kniet vor dem Manne Laß mich aus. Du erhebst mich ja doch nimmer.

Mann kochend vor Wut

Ah; mein Weib mir davon; das Lachen dann und Spotten bei meinen Brüdern. Wenn du mir so kommst — da hast. Schlägt sie auf die Wange; im Abgehen Mein Sach halt i mir noch. Eingangtüre ab.

Weib
erhebt sich vom Boden

Mannl; du sperrst ein Weib nit ein. Man hört plötzlich ein mächtiges, dumpfes Pochen an der Haustür. Das Weib horcht auf; da es neuerdings pocht, froh Ja. Das ist seine Faust. Eilt ab, um die Haustür zu öffnen. Kommt gleich wieder in die Stube zurück; hinter ihr, vernachlässigt in der Kleidung, mit wirrem Haar, wie übernächtig, der Jäger Grad hab i auf dich denkt. Und jetz bist da. Als wenn i dich herzaubern könnt. Dann Wie kommst du jetz her?

Jäger
wirft die Mütze auf den Tisch; wischt sich mit dem Ärmel über die Stirn; achselzuckend

Bin halt da. Er ist ja weg.

Weib

Ja. Grad ist er fort. Bist ihm begegnet?

Jäger

Na. Hab mich versteckt ghabt und gwartet, bis er geht.

Weib

Ich kanns nimmer aushalten neben ihm in der Kammer. Bin heut die halbe Nacht da in der Stube herumgsessen.

Jäger

Hab schon dein Schatten gsehen; deutet mit dem Kopf nach dem Fenster hinter dem Vorhang.

Weib verwundert

Schleichst denn du Tag und Nacht da um? Machst du kein Dienst mehr?

Jäger
dumpf, resigniert; zuckt die Achsel

Ich will auf die Grenzwach gehn, und auf einmal bin ich da. Ich lieg im Wachzimmer auf der Pritschn, und auf einmal bin ich da. Wischt sich über die Stirn Kenn mich selber nimmer; bin von oben bis unten aufgrissen.

Weib

I muß auch immer an dich denken. Kann nimmer schlafen und essen. Immer nur an dich und dein Kraft; angeekelt neben dem Fliegenmanndl da.

Jäger winkt haßerfüllt ab

Red mir nit von ihm.

Weib

Siehst Jäger; mir graust so vor ihm; ich kann dir nit sagen, wie. Wie vor einer halbtoten Fliegn, die im Kaffee herumschwimmt.

Jäger
hat das Weib aufmerksam angesehen; deutet auf ihre Wange

Was hast denn da? Bist ganz brennrot.

Weib
zuckt zusammen. Dann kurz

Bin früher beim Fenster glehnt und hab die eine Hand da auf die Wange deutend aufgstützt. Davon wirds wohl sein.

Jäger

Wo ist er denn jetz hingangen?

Weib

Er?

Jäger

Ja.

Weib

Zum Schlosser. Ein neues Türschloß will er machen lassen, das man von innen nimmer aufbringt. Und die Fenster sein sowieso vergittert.

Jäger

Will er dich einsperren?

Weib

Er probierts einmal. Dann Wenn du morgen kommen wärst, hätt ich dir gar nimmer die Tür aufmachen können.

Jäger aufbrausend

Teufel. Meinst, ich möcht das? Verächtlich Warten, bis die Katz aus dem Haus ist; dann einkriechen, wie ein Einbrecher. Das wär mir viel zu minder. Frisch ganz oder gar nit. Halb und halb ist nit mein Art.

Weib

Bitt dich, Jäger: Verlaß mich nur nit.

Jäger
nagt an seiner Lippe. Plötzlich

Gehn wir miteinander durch.

Weib

Da dran hab i auch schon denkt. Aber was tun wir dann? Ich hab kein Kreuzer; alls ghört ihm; und du hast auch nix. Und von der Lieb können wir nit abbeißen. Da schaust du mir nit darnach aus. Dann Soll ich dann vielleicht in Dienst gehn, als Kuchelmädl? Dank dafür. Und ich mein, da wär i dir auch bald zuwider.

Jäger seufzend

Es ist ja bei mir auch nur so gredt; wie man halt redt ohne Kopf. Ich hupfet nit weit; sie können mich jede Stund wieder holen. Und meine Reputation und die Mutter, und alls. A was, ich hab ja kein Kopf mehr. Sitzt brütend da und stützt den Kopf in die Hand.

Weib nahe an ihn heran

Jäger; was tun wir?

Jäger äfft sie

Was tun wir; was tun wir; verzweifelt gegen das Weib ausbrechend Nit einfangen hättst mich sollen.

Weib auffahrend

Hab ich mir wollen ein Sternl verdienen oder du? Höhnt ihn Hast jetzt dein Sterndl? Hängst jetzt?

Jäger

Hängst du vielleicht nit?

Weib dumpf aufstöhnend

Ja. Wir sein jetz beide drin. Wirft sich ihm an den Hals Sag nur, mein Jäger: Was fangen wir an.

Jäger

Überall wo man hinschaut — alls ist verrammelt. Preßt das Weib an sich.

Weib macht sich unwirsch los

Laß mich. Ich ghör ja doch nicht dir. Dann, unter den halbgeschlossenen Lidern nach dem Jäger sehend Ja, wenn ich kein Mann hätt — dann wärs leicht.

Jäger beinahe rauh abschneidend

Jetzt hast aber ein. Plötzlich unsicher; zögernd Ich wüßt ein Mittel.

Weib
lauernd, mit aufblitzenden Augen

Sags.

Jäger
zieht seine doppelläufige Dienstpistole hervor und legt sie hart auf den Tisch

Da sein zwei gute Schuß drin. Einer dir und einer mir. Dann ist ein Ruh. Wir lebens ja doch nit aus.

Weib
enttäuscht über den Vorschlag; schiebt die Pistole weg

Steck ein. Dünn, trocken Weißt, Jäger; ich bin keine Sterberin. Ich tu recht gern leben; ja, ich möcht völlig sagen, jetz noch viel lieber als früher. Dann Wenn schon gstorben sein muß — näher an den Jäger heran warum denn grad ich und du, zwei gsunde Leut? Spielt mit der Pistole und sieht den Jäger lauernd an Sein nit gnug andere da, die näher dran wärn?

Jäger
stutzt. Sieht das Weib an

Was willst damit sagen? Steckt die Pistole ein.

Weib trocken

Nichts. Dann harmlos Was hast denn du gmeint, was ich sagen will?

Jäger

Ich? Nix. Aber du hast mich jetz so angschaut.

Weib

Ich schau nit anders, als wie sonst.

Jäger winkt ab

Reden wir von was anderm.

Weib

Hast recht. Sieht wie von ungefähr gegen das Fenster. Dann Jetz regnets.

Jäger sieht zum Fenster

Ja. Es schüttet.

Weib

Und mein Mann hat kein Schirm mit.

Jäger

Den weichts heut ordentlich ein.

Weib

Er hat sich schon einmal auf die Weis eine Lungenentzündung gholt.

Jäger

So? Hm. Da wärs das zweitemal gfährlich.

Weib

Ja. Er hat ohnedem so einen stillen Atem.

Jäger

Wie das?

Weib

Neulich in der Nacht da hab ich ihn auf einmal nimmer schnaufen hören.

Jäger

Oha.

Weib

Na ja. Gschnauft hat er schon. Sonst läbet er ja nimmer. Ich hab halt seinen Atem nit ghört.

Jäger

Ja. Ich versteh schon.

Weib

Und da hab ich mir so ausdenkt, wies dann etwa wär: Sieht den Jäger unter den halbgeschlossenen Lidern an Da brauchtest nimmer heimlich einschleichen, wie ein Dieb bei der Nacht; könntest gradaus bei der Haustür eingehn mit dein schweren Mannstritt. Und dann wär im Haus auch alls gsund und stark; da gäbs kein Grausen mehr.

Jäger

Na ja; gsund sein wir, Gott sei Dank.

Weib

Weißt, was ich mir noch denkt hab?

Jäger

Na. Das weiß ich nit.

Weib
näher an ihn heran; ziert sich

Na; das sag ich nit. Dann Hab mir denkt, da möchts nit lang dauern, und es rutschet auf deinem Knie so ein junges Kraftbübl um. Wie ein jungs Bärl. Lacht.

Jäger heftig auffahrend

Hör einmal auf. Ist alls in die Luft gredt. Er lebt ja.

Weib seufzend

Och, du mein Gott, ja. Da hast wohl recht.

Jäger
nachdenklich, vor sich hin

Na ja; aber wenn er immerfort so herumkrankt, könnt er leicht heut oder morgen einmal — awas, reden wir von was anderm.

Weib

Bin gestern nachmittag beim Doktor gwesen.

Jäger zerstreut

So? Bist krank?

Weib

Ich nit. Dann Hab ihn nur gfragt, was er eigentlich meint zu meinem Mann, und er soll mir die Wahrheit sagen; weil der alle Tag eine andere Krankheit hat.

Jäger

So. Und was hat er gsagt?

Weib

Er hat gsagt, die ewigen Krankensessel werden alle steinalt; weil sie sich immerfort halten müssen und dürfen kein Unfug treiben; und so wird das Gehäus nit viel abgwetzt.

Jäger

So. Na ja, dann wirds schon so sein.

Weib trocken

Ja, er hat mich recht aufgetröstet und beim Gehn noch gsagt: „Da können Sie ganz ruhig sein. Der wird achzig Jahr alt, wenn ihm nit grad ein Zieglstein auf den Kopf fallt, oder sonst etwas passiert.“

Jäger lacht etwas gezwungen

Na, mit die Ziegelstein schauts da schlecht aus; in der Gegend sein die Häuser noch alle mit Holzschindeln gedeckt.

Weib

Na eben. Müßt ihm höchstens sieht den Jäger an; stockend sonst etwas passieren.

Jäger

Was sollt ihm denn passieren?

Weib sieht ihn an

Was du nur heut immer so fragst?

Jäger
mißt sie mit mißtrauischen Blicken

Mir kommt vor, deine Reden haben heut alle noch eine Nebentür.

Weib zuckt die Achsel. Kalt

Du findest heut überall ein Haar in der Suppe.

Jäger sieht das Weib an

Weib; sag, was ist das: Wenn ich von dir weg bin, verlangts mich nach dir; und wenn ich bei dir bin, dann fürcht i mich.

Weib erstaunt

Fürchten? Vor was?

Jäger

Ich weiß nit. Du hast so eine Gwalt.

Weib

O Jäger. Wenn du nur wüßtest, wies mich zu dir hinreißt. Siehst, ich hab schon bald gar keinen Funken Scham mehr ein. Hängt sich an ihn. Mein Jäger.

Jäger
macht sich heftig von ihr los

Du bist nit mein. In der Nacht mudelt dich ja doch wieder der andre ab.

Weib

Bist auch so eifersüchtig? Mir gehts grad so. Wenn ich nur von weitem dran denk, dich könnt einmal eine andere habn, da treibts mir das ganze Blut zum Kopf.

Jäger haßerfüllt

Der Schneider. Fährt unwillkürlich mit der Hand an den Säbelgriff.

Weib
das die Bewegung wohl bemerkt hat

Na, was denn?

Jäger beherrscht sich

Nix.

Weib plötzlich unmutig

Ah was. Schneider hin, Schneider her. Das hat alls kein Griff. Soll ich deswegen vielleicht auf dem Heustock schlafen? Ich bin einmal sein Weib und er ist mein Mann. Und es ist sein guts Recht. Und er hat mich ja insoweit auch immer gut ghalten.

Jäger aufgestachelt

Weib, hör auf jetzt; mir ist grad bald, als müßt ich ihn erschlagen.

Weib
rasch auf das Wort einschnappend. Mit aufblitzenden Augen, ganz nahe vor ihm

Jäger. Erschlag ihn.

Jäger
starrt das Weib an. Dann tonlos, ruhig

So. Jetz ists draußen. Das Wörtl hat schon die ganze Zeit her heimlich in der Stube herumgeistert. Jetz hats auf einmal Fleisch angsetzt. In Furcht, mit aufgerissenen Augen vor sich hin Jetzt stehts da auf zwei Füß.

Weib fährt gegen ihn auf

Hab ichs zuerst gsagt? Du hasts zuerst gsagt.

Jäger heftig auffahrend

A was; ich, du — du, i. Dann ruhig Niemand hats gsagt. Es ist von selber reif vom Baum gfallen. Dann trocken Siehst, Weib; es ist nicht, daß i mich besser mach, als ich bin. Aber wenn jetz meine Mutter da wär; sie müßt es dir selber ins Gsicht sagen, daß ich immer bin ordentlich gwesen, von meiner jüngsten Bubenzeit an. Gepreßt Und jetz halten wir auf einmal bei dem. Erschütternd ausbrechend Ja sag mir nur, Weib: Wo kommen denn wir zwei noch hin?

Weib
wischt sich über die Stirn. Nachdenklich

Mir hat auch nie ein Mensch was Übels nachsagen können. Da kannst überall fragen. Fast traurig, resigniert vor sich hin Aber jetz bin ich ganz eine andere. Und die kenn ich selber bei Haut und Haar noch nit. Plötzlich ausbrechend Wer hat mich denn herausgekitzelt, wie die Grille aus dem Loch? Mein Mann und du. Ja ihr zwei. Und der Wachkommandant drunten hats ausgheckt. Läßt sich im Hintergrund der Stube auf einem Sitz nieder.

Jäger
am Tisch sitzend; reuevoll vor sich hin

Solang haben wir mit dem Feur gezündelt; das frißt uns noch alle auf.

Mann
kommt, einen Regenschirm in der Hand, in die Stube. Sieht den Jäger. Innerlich sehr erregt; zwingt sich aber gewaltsam zur Ruhe; heiser

Ein grauer Tag ist heut, Herr Jäger; was?

Weib sitzt abseits

Ja. Katzgrau.

Mann barsch

Dich hat niemand gfragt. Stellt den Schirm in die Ecke.

Weib

Hab gmeint, du hast keinen Schirm mitgnommen; jetz hast doch ein.

Mann

Hab mir einen ausgliehen. Verbissen Sei ganz ruhig, Weib. Ich gib schon acht auf mich; daß mir ja nichts gschieht, und daß ich mir das Leben erhalt. Zum Jäger, der aufgestanden ist und sich davon machen will. Bleiben Sie Herr Jäger. Sie sein mir ganz recht da. Wir haben zu reden. Das Weib mit einem Blick streifend Die Leut im Dorf reden auch schon.

Weib zuckt die Achsel

Die Leut reden viel, wenn der Tag lang ist. Dann Das Türschloß hast bstellt?

Mann

Ja. Es ist bstellt.

Weib

Bei deinem Bruder vielleicht gar? Und hast ihm auch gsagt, du brauchsts, um dein Weib einzusperrn?

Mann
bezwingt sich; vor sich hin

Nur kaltes Blut. Setzt sich zum Jäger an den Tisch Jäger; wir zwei reden es jetz aus. Von Mann zu Mann; aber ganz kalt; wie man redt von einem Geschäft. Ganz kühl bei Kopf.

Jäger trocken

Um so besser, wenns kalt hergeht.

Mann
zum Jäger, und auch das Weib mit einem Blick einbeziehend

Niemand hats vermeint: Da ist mit einmal etwas da gstanden, wie aus dem Boden heraus; auf das niemand denkt hat; und jetz hats uns auf einmal alle. Zeigt sein Stechmesser vor Aber so schwach ich bin — dasmal stoß ich zu, Herr Jäger. Legt das Messer hart auf den Tisch. Ja. Heftig Mein Weib ist mein Sach; und mein Sach laß ich mir nit nehmen. Sich selbst zur Ruhe mahnend Nur kühl bei Kopf. Dann ruhig zum Jäger Aber was hab ich dann davon, wenn ich Ihnen das Messer hineinrenn? Mich beutelts eiskalt durcheinander, wenn ich nur dran denk. Starrt mit entsetzten Augen vor sich hin. Dann hab ich einen Menschen umgebracht. Ja. Dann hab ich keine gute Stund mehr mein Lebtag. Dann sachlich, ruhig Oder Sie mich, Herr Jäger. Sagen wir, Sie geben mir einen Drucker; Sie haben ja die Kraft. Nur ganz ein klein Drucker, und ich bin schon weg. Wissen Sie, mich hats gleich. Bitter Ich hab von daheim nit viel mitkriegt. Dann Aber deswegen haben Sie vom Weib dann doch nichts; ganz kühl gredt. Nix haben Sie. Stärker Das Zuchthaus haben Sie. Hat sich erhoben. Oder gar — um einen Kopf zuviel. Blitzt den Jäger mit den Augen an. Ja. Ganz kühl gredt, Herr Jäger.

Jäger
von Furcht und Angst gepackt, schreiend gegen den Mann

Verfluchter Mensch. Was redst da zusamm. So was. Das wär ja bald, als spüret man schon das kalte Eisen am Hals.

Mann ruhig

Na eben. Das mein i ja auch. Dann Und da weiß ich ein Mittel, daß alls wieder ins Gleis kommt.

Jäger
horcht ebenso wie das Weib auf

Sags.

Mann

Sie müssen aus der Gegend; und das heut oder morgen.

Jäger

Das steht nit bei mir. Hab zu tun, was der Kommandant mir schafft.

Mann

Es geht schon. Nur schlau muß man sein.

Jäger

Ich wüßt nit, wie.

Mann
behält den Jäger fest im Auge

Bin heut auch auf der Grenzwach gwesen. Jäger starrt den Mann an Hab mich zum Kommandanten führn lassen. Hab den Kommandanten gfragt, ob Sie nit von uns da ein Paketl Konterband, Spitzen und Seide, abgliefert haben. Jäger hält die Augen, ohne mit der Wimper zu zucken auf den Mann gerichtet.

Weib
vom Sitz auf; heftig gegen den Mann

Was? Du hasts anzeigt?

Mann
ohne seine Augen vom Jäger zu lassen

Kusch, Weib; wenn Männer reden. Dann fortfahrend, zum Jäger Da hat der Kommandant große Augen gemacht und gsagt: „Da ist kein Paketl und keine Anzeig einglaufen.“ Und er wird Sie auf der Stell zum Rapport nehmen, sagt er. Bohrt seine Augen in die Augen des Jägers Wenn er Sie jetzt dann zum Rapport nimmt, was werden Sie dann sagen, Herr Jäger?

Jäger voll Scham

Jetz bin ich dann offen angnagelt. Vor allen Kameraden; als einer, der sein Ehr verweibert hat. Wendet sich gegen die Wand.

Weib zum Mann, trocken

Wer hat ihm denn ein Paketl geben? Hast du ihm eins geben?

Jäger sich gegen das Weib wendend

Weib, streng dich nit an. Ich steig dir nimmer weiter in die Lug hinein. Zum Manne Ich werd haarklein alls sagen, wies wahr ist; und ich hab von der da ein Paketl kriegt; und wie alls kommen ist. Dann sollen sie mit mir machen, was sie wollen. Versetzt werd ich auf der Stell; das ist schon das wenigste.

Mann zum Jäger; befriedigt

So hab ich mirs denkt.

Weib springt auf

Jäger. Das wirst nit tun.

Jäger gegen das Weib

Ja, Weib: Jetz tu ich so. Und ists auch gallenbitter; ich tus. Ich tus.

Weib kalt

Ich habs schon ghört. Brauchst es nit sechsmal zu sagen. Setzt sich.

Jäger

Ah na. Ganz mit Haut und Haar hat mich der Teufel noch nit auf der Mühl.

Mann zum Jäger

Also dann wär ja insoweit alls gut, Herr Jäger. Aber sehen Sie: Auf so einen balzenden Hahn ist ein schlechter Verlaß. Wenn Sie bei der Tür draußen sein, fallts Ihnen am End wieder anders ein; und Sie sagen dann auf der Wach, sie hätten nichts kriegt und nichts gsehen. Das vergeßne Weib da hat Ihnen ja gleich schon auf das hin ein Brückerl gebaut. Drum ists besser, ich setz gleich über das eine Schrift auf, und Sie unterschreiben; dann steht die Sach fest. Ists gut so?

Jäger entschieden

Ja. Es ist gut. Nur fort aus dem Fuchsloch; je eher, je lieber.

Mann

Also ich schreibs gleich. Geht auf die Nebentüre zu.

Jäger

Nur schreiben. Nur schreiben. Und wenn i da auch einen Fetzen Ehr und eine blutige Pfote zurücklaß — nur heraus aus dem Fangeisen. Setzt sich an den Tisch und stützt den Kopf in die Hände.

Mann
schon bei der Nebentüre, wendet sich noch einmal um; gegen das Weib

Weib. Mit dir werd ich dann schon fertig. Dir leg ich den Zaum schon enger an. Nebentüre ab.

Weib
sieht dem Manne nach. Ruhig, in kaltem Haß

Manndl. Du sperrst ein Weib noch lang nit ein; in deine Totengruft. Steht auf und setzt sich zum Jäger an den Tisch. Mit dem Kopfe nach der Nebentür deutend Was der Maulmacher da vom Zuchthaus redt; oder gar um einen Kopf zuviel; zum Lachen.

Jäger

Schon gut. Mir wars nit zum Lachen, wie er davon gredt hat. Erschauernd Hab schon das kalte Eisen gspürt. Weib. Das kühlt ab. Ich bin nüchtern.

Weib

Da weiß ich als Mädl daheim einen Fall im Nachbardorf: Da hat einer ein Weib ghabt. Und einen jungen Knecht; stark, wie du; wie Milch und Blut. Und jung.

Jäger
mit sich selbst beschäftigt; stiert vor sich hin

Was kümmerts mich.

Weib

Der Mann war auch so ein dürrer Baum; so, wie der meine. Dann Und da hat man den Mann einmal gfunden; tot; mit seinem eignen Messer im Leib. Jäger beginnt mit halbem Ohr hinzuhorchen Es ist beinah so ein Messer gwesen, wie das da; spielt mit dem Messer des Mannes, das auf dem Tische liegt grad mit so einem Hirschhorngriff.

Jäger

Und was weiter?

Weib

Nichts weiter. Die Leut haben gsagt: Der hat sich selber erstochen; es hat ihn das Leben nimmer gfreut. Dann haben sie ihn begraben, und aus. Kein Mensch hat weiter nach dem Dürrling gfragt. Dann Und der junge Knecht und das Weib haben ein halbes Jahr drauf geheirat. Und jedes Jahr zu Allerseelen haben sie vor dem Dürrling seinem Grab gebetet und die Kinder mitgnommen; jedes Jahr um eins mehr; so daß es bald um das Grab herum nur so gewurlt hat. So lebendig hats der zu seinen schönsten Lebzeiten nie ghabt.

Jäger hat sich erhoben

Weib; mich schüttelts vor dir.

Weib
hat sich ebenfalls erhoben

Ich weiß nur, daß mich graust.

Jäger

Werd nüchtern.

Weib

Wenn er aus mir hätt eine Mutter gmacht, wies Recht und Brauch ist, dann könnt man ihn leichter ertragen und wär alls ein Teil besser. Haßerfüllt Aber so hat mich der haßerfüllt Unnutz betrogen — um alls. Plötzlich auf den Jäger zu. Hängt sich leidenschaftlich an ihn Jäger; so wie mich vor ihm graust, so verlangts mich nach dir. Klammert sich an ihn.

Jäger sucht sich von ihr loszumachen

Weg. Ich hab mit mir selber zu tun, daß mich der Wind nit verreißt. Da sich das Weib an ihn klammert Weg, sag ich. Komm zu Verstand und werd nüchtern.

Weib
das nicht von ihm lassen will

Jäger. Ich möcht ein Kind von dir haben.

Jäger
schüttelt sie mit Gewalt von sich ab, daß sie taumelt

Geh weg. Du brünstige Hündin.

Mann
steckt den Kopf durch die Nebentür

So, Herr Jäger. Bitt unterschreiben.

Jäger
durch die Nebentür ab, die er hinter sich schließt.

Weib vor sich hin

Werd nüchtern. Tritt ans Fenster; preßt einen Augenblick den Kopf an die Scheiben. Dann Ihr Mannderln. Geht euch jetz der Grausen an? Zuerst habt ihr mich aufgehackt bis auf den Grund; und jetz möchts ihr mich wieder zudrehn, wie einen Wasserhahn. Aber mich fangts ihr nimmer ein. Jetz habt ihr mich aufgezwirbelt; mit einem gewaltigen Ruck und jetz bin ich da. Da sie die Männer aus dem Nebengemach kommen hört, setzt sie eine gleichmütige, ruhige Miene auf.

Jäger und hinter ihm der Mann kommen aus der Nebentür.

Mann
faltet im Gehen die Schrift zusammen und steckt sie befriedigt in die Tasche

So. Wir Männer sind handeleins; mit einem geringschätzigen Blick nach dem Weib und Weibersach renkt sich von selber ein.

Weib

trägt eine ergebene Miene zur Schau

Mann; du kannst schon recht haben. Ich hab mir jetzt auch alls überlegt; und ich mein schon, wenn man es beim Licht betrachtet — du triffst immer das Rechte.

Mann

Zeit wärs; daß es wieder hell wird in dem Weiberhirn.

Weib

Naja. Wir Weiber sein ja nur halbe Leut. Dann Ich weiß überhaupt nit, was ich eigentlich will. Mir geht ja bei dir nix ab. Aber die dummen Weiberleut kriegen halt oft so einen Rabbl, wenns ihnen zu gut geht. Ein Pferd sticht auch der Haber, wenns zu lang leer im Stall steht. Aber ich spür schon, es renkt sich wieder ein.

Mann

Was ich immer sag: Weiber sein wie Kinder. Heut so und morgen so. Da darf man nur nit nachgeben.

Weib

Es wird schon so sein, wie du sagst. Du kennst sie ja vom Grund aus, die Weiber.

Jäger
macht sich gehfertig. Mit den Zähnen knirschend

Ich machs jetzt mit dem Kommandanten richtig. Werd bald mein Order haben. Dann fort mit Schaden. Verabschiedet sich flüchtig Adje allseits. Auf Nimmerwiedersehn. Will ab.

Weib verstellt ihm die Türe

Halt, Jäger. Grad wie vom nächstbesten Küchentrampel brauchen Sie jetz deswegen nit von mir zu gehn. Zu dem ists doch ein bissel zu tief gangen.

Mann barsch

Was soll er denn noch?

Weib zum Mann

Man laßt ja einen See auch langsam ausrinnen, und nit auf einmal; damit er kein Unheil anstiftet. Zum Jäger Morgen, bevor Sie marschieren, müssen Sie noch kommen auf einen Abschiedstrunk. Noch einmal mit dem Glas anstoßen alle drei; daß alles ruhig ausklingt und still ins Wasser fallt. Ich mein, das ist nit zuviel verlangt.

Jäger fest

Ich schlief nimmer ein in den Fuchsbau.

Weib
sieht dem Jäger fest ins Gesicht, als wollte sie ihn mit den Augen bannen

Jäger. Auf zwei Minuten. Es ist ja das letztemal. Wir sehn uns dann nie mehr.

Jäger statt einer Antwort

Adje hab ich gsagt. Jetzt ein Strich unter alls, und wieder frisch angfangen ganz von vorn. Ab.

Mann
schließt hinter dem Jäger erleichtert aufatmend die Türe. Dann

Weib; und wir löschen auch alls aus, was gwesen.

Weib

Auch den Schlag ins Gsicht? Alls auslöschen?

Mann

Hab ich da nit recht ghabt? Wenn du mir so kommst.

Weib in blutigem Hohn

Ja. Tausendmal recht. Ich sehs ein. Aber nit einmal — zweimal hättest schlagen sollen. Na. Dreimal. Also sagen wir, ich habs noch zweimal auf das nächstemal gut.

Mann

Ich hoff, es wird nie mehr dazu kommen. Reicht ihr die Hand.

Weib
mit verhaltener Wut; sich recht demütig stellend

Wir wolln es hoffen. Und ich werd gwiß mein Möglichstes tun.

Fünfter Akt.

Es ist Abend. Die Hängelampe brennt über dem weißgedeckten Tisch.

Weib
stellt eine große Flasche Rotwein mit drei Gläsern auf und rückt drei Stühle zurecht

Jäger, du kommst noch. Dich ziehts da her, wie den Bär zum Honigschlecken. Dann Zum Schuttwegräumen bist mir noch gut; weiter brauch i dich nimmer: Wenn ich das Haus am Marktplatz hab und drin sitz als junge Wittib — da fang ich mir so junge Kraftkerl her, grad nach Lust. Ich weiß jetz schon, wie mans macht. Übersieht noch einmal den Tisch. Hält die Flasche Rotwein vor das Licht Der Wein ist rot, wie frisches Blut. Na, ist recht.

Mann kommt durch die Eingangtüre.

Weib

Mann, bist da?

Mann

Ja; wie du siehst.

Weib

Hab schon um dich Sorg ghabt, wies gefinstert hat, und du warst noch nit da.

Mann froh

Weib; das hör ich gern bei der Tür herein. Ich seh, du bist ausgnüchtert.

Weib

Oh, es ist alls längst wieder gut.

Mann
hat sich gesetzt und entledigt sich der Schuhe; vor sich hin

Man kennt sie ja, die Weiber.

Weib
hat ihm die Hausschuhe besorgt und stellt sie zu seinen Füßen hin

Da wären die Hausschuh. Da der Mann laut aufatmet Bist müd?

Mann

Ja; da herauf machts einen schnaufen. Schlüpft in die Hausschuhe.

Weib

Solang man schnauft, lebt man.

Mann lachend

Das stimmt. Bemerkt den gedeckten Tisch Was hast da vorgrichtet?

Weib trocken

Den Abschiedstrunk, wenn der Jäger kommt.

Mann ärgerlich

Hat er nit selber gsagt, er kommt nit?

Weib achselzuckend

Naja, für den Fall. Man weiß bei so einem Mannsbild ja nie, wies ihm grad in Kopf kommt.

Mann

Er hat sich schon schuldig geben; ich hab nachgfragt.

Weib

So. Kommst von unten?

Mann

Ja.

Weib lauernd

Und was ist mit dem Haus am Marktplatz? Heut früh hast gsagt, du kaufst es.

Mann selig, tief Atem holend

Es ist schon mein.

Weib mit aufblitzenden Augen

Du hasts erstanden? Ah.

Mann erhebt sich; frohlockend

Mein ists. Mein. Ah, das war ein Müh und Plag viel Jahr lang. Siehst Weib; jetz hab ichs doch ermacht.

Weib

Na ja, schlau muß man sein.

Mann reckt sich vor dem Bildnis der Mutter

Mutter. Als Elendmannderl hast mich in die Welt gsetzt. Aber ich habs doch ermacht. Froh lachend Haha; meine Brüder mit ihren breiten Achseln; ja, Schlosser; Schmied; und Binder — euch wirds vor Neid schnaufen und blasen machen: Ich, das Flaschenmanndl — das schönste Haus und das schönste Weib. Faßt das Weib um die Taille.

Weib
fährt bei der Berührung mit einem Schrei des Abscheus zurück.

Mann verdutzt

Was hast?

Weib faßt sich

Ein Fischbein ist von meinem Mieder los; das hat mich jetzt in die Seite gstochen. Dann forschend Na, und hast den Kaufbrief?

Mann
greift in die innere Tasche und reicht ihr ein gefaltetes Blatt Papier

Da ist er.

Weib
besieht den Schein; dann sehr kühl

Hm ja; da steht enttäuscht dein Namen. Auf dich ists gschrieben. Plötzlich unwirsch den Schein hinwerfend Will nix mehr hören von der Hüttn da unten; da hab ich schwer draufzahlen müssen. Da sie der Mann anstarrt, heftig Wegen dem Haus hast du dein Weib dem Grenzjäger als Köder hingschmissen.

Mann heftig

Fang nit mit alten Sachen an. Das haben wir ausglöscht.

Weib
funkelt ihn mit den Augen an

Ausglöscht? Das ganze Weib mit Haut und Haar und Fleisch und Blut? Dann mit künstlicher Ruhe Du mußt mirs nit übelnehmen: Dort und da züngelts noch auf. Jetzt ists schon wieder gut. Dann sanft, schmeichelnd Du, Mann.

Mann

Ja. Was ist?

Weib

Du hast früher immer gsagt, das Haus am Marktplatz wirst mir zuschreiben.

Mann

Ich halts auch.

Weib

Ja freilich. Wie die Männer schon sein mit dem Worthalten. Geh, geh. Euch kennt man schon.

Mann entschlossen

Hol mir Papier und Schreibzeug. Setzt sich an den Tisch.

Weib
stellt sich beinahe beleidigt

Aber, was dir nit einfallt. Du wirst doch noch ein Spaß verstehn. Hat sich aber trotzdem gleich erhoben und geht durch die Nebentüre ab.

Mann vor sich hin

Weiber. Zuerst wollen sie etwas haben, dann wieder nit; ja ja, grad wie die Kinder.

Weib
kommt mit Papier und Schreibzeug aus der Nebentür

Und grad heut, wo du so müd bist. Laß es doch gut sein. Stellt das Schreibzeug auf den Tisch und schiebt es ihm bequem zu So. Aber mach mir aufs weiße Tischtuch kein Tintenfleck. Setzt sich abseits.

Mann
beginnt zu schreiben. Läßt ein Weilchen die Feder über das Papier kratzen. Hält dann inne und legt die Feder weg. Wischt sich über die Stirn

Es ist doch was Spaßiges ums Testamentmachen. Zum Weib Jetz ist mir ein eiskalter Grusler über den Rücken glaufen.

Weib

Was du nit sagst. Erhebt sich und tritt an den Tisch. Sieht über die Schulter des Mannes auf das Blatt und liest „Für den Fall meines Todes vermache ich meinem stellt sich gerührt lieben Eheweib …“ dann na, so was; ich glaubs, daß es einen da gruselt. Das ist ja grad, als wenn einem der Klapperhans schon hinten über die Achsel hereinschauet. Nimmt das Blatt an sich Weg mit dem Wisch. Ich laß dich nit weiterschreiben. Zu was sollst dich da lang martern?

Mann

Hast recht; bin heut auch zu müd. Leg das Blatt in Kasten. Ich schreibs morgen fertig.

Weib
hält das Blatt in der Hand; unwirsch

Na also. Wenn ich schon immerfort sag: Laß es gut sein. Dann mit dem Blatt in der Hand zögernd, als käme ihr ein Bedenken Ja, aber sag Mann; du bist doch sonst so ein gscheiter Mensch; ist denn das schlau?

Mann

Was?

Weib

Ich mein halt so: Für den Fall meines Todes, oder wies da heißt — so was schreibt niemand gern; jetz hättst es eigentlich schon überstanden; und da sollst dich dann morgen wieder auf und neu in den Tod hinein denken? — Na. Ich laß mir meinen Mann nit doppelt und dreifach martern. Legt ihm das Papier wieder vor Da; schreibs zu End. Man laßt sich einen Zahn auch auf einmal reißen; und nit portionenweis.

Mann

Du hast recht. Und was du da sagst, das zeigt auch von Gemüt. Beginnt wieder zu schreiben.

Weib

Na eben. Setzt sich abseits.

Man hört jetzt und auch in der Folge durch das geschlossene Fenster dann und wann sehr gedämpft die Klänge einer Ziehharmonika; keine eigentliche Melodie; es erweckt den Anschein, als ob jemand Akkorde üben würde

Mann

Aha. Unser alter Knecht spielt wieder auf seiner Harmonika. Da kriegen wir ein anders Wetter.

Weib

Das kann schon sein.

Mann schreibt
hält im Schreiben inne; wendet sich nach dem Weibe um

Was hat das Haus für eine Nummer? Ungeduldig Marktplatz Nummero?

Weib
hält sich die Ohren zu, als täte ihr der ganze Vorgang wehe

Bitt dich, Mann, frag mich nix; ich werd dir nit bei der Arbeit noch den Handlanger machen. Dann Nummero sieben hats, fallt mir grad ein. Während der Mann schreibt Oder meinst, für ein Weib ist das gar so eine Freud, wenn der Mann da beim Tisch sitzt und schreibt: Für den Fall meines Todes. Ist aufgestanden und tritt ans Fenster Och Gott, ja; man steht sich schon was aus. Sieht durch die Scheiben.

Mann schreibend; froh vor sich hin

Sie ist wieder gut, wie früher. Das Weib ist wieder im rechten Gleis. Hat zu Ende geschrieben; gibt Streusand auf das Papier; dann sich umwendend Weib; ich bin fertig. Reicht dem Weib, das vom Fenster auf den Tisch zugekommen ist, das Papier Lies durch. Obs dir so recht ist.

Weib
macht, als wäre sie innerlich ergriffen, mit der einen Hand eine abwehrende Bewegung

Gott bewahr; ich werd das noch lesen. Langt mit der andern Hand nach dem Papier und überfliegt rasch dessen Inhalt; dann Das Datum hast vergessen; dann, noch einen Fehler entdeckend, hastig och du mein Gott, und dein Vornamen auch. Legt ihm das Blatt wieder auf den Tisch.

Mann
bessert das Fehlende aus; dann

So.

Weib
das beim Tisch stehen geblieben ist und zugesehen hat, nimmt rasch das Papier weg

Jetzt aber gleich fort mit dem Wisch; in Kasten hinein, und nimmer heraus. Gibt das Papier in den Stehkasten, den sie versperrt.

Mann
überläuft plötzlich wie von ungefähr ein kalter Schauer

Weib; es übergruselt mich schon wieder eiskalt. Wischt sich über die Stirn Und eine Hitz steigt mir auf; und eine Angst. Erhebt sich taumelnd vom Tisch.

Weib

Was hast denn?

Mann

So eine Angst hab ich.

Weib unwirsch

Vor was denn?

Mann

Ich weiß nit vor was. Ich hab nur so eine Angst.

Weib

Das dumme Testament. Hab i dir nit alleweil gsagt: Laß es. Aber na; wenn sich ein Mannsbild einmal was in Kopf setzt, das muß durch. Och Gott ja. Ist ans Fenster getreten und sieht durch die Scheiben.

Jäger
zur Reise gerüstet, gespornt und gestiefelt, mit dem gerollten Mantel über Brust und Schulter, tritt beinahe lautlos zur Türe herein.

Mann
starrt angstvoll nach dem Dunkel der offenen Türe, in der sich die Gestalt des Jägers beinahe gespenstisch abhebt; als sähe er ein Gespenst. Aufschreiend

Ah.

Weib wendet sich vom Fenster

Na, was denn? Sieht den Jäger. Triumphierend Der Jäger. Dann vor dem Jäger Na also, Herr Jäger. Sein Sie doch noch einmal eingschloffen in den — Fuchsbau.

Jäger
wischt sich wie benommen über die Stirn

Weiß selber nit; bin schon auf der Straß dahin marschiert. Und auf einmal bin ich da.

Weib sieht ihn an

Ich habs gwußt, daß Sie kommen. Soweit kenn ich jetz schon alles, was Hosen tragt.

Mann
starrt den Jäger furchtsam an

Weiß nit, wie Sie mir jetzt im Halbschatten da vorkommen: Viel größer und wilder.

Jäger kurz

Ei was.

Weib
mustert den Jäger von oben bis unten

Na ja; weil er so aufgezäumt ist; mit dem gerollten Mantl über, und gestiefelt und gspornt. Dann Jäger; legen Sie ab.

Jäger

Abglegt wird nit.

Weib

Aber niedergsessen. Rückt ihm beim Tisch einen Stuhl zurecht.

Jäger setzt sich

Auf zwei Minuten.

Weib

Na, sagen wir drei. Soviel werden Sie schon noch zugeben. Zum Mann Mann setz dich. Ist dir jetz besser?

Jäger hastig zum Weib

Wo fehlts ihm?

Mann setzt sich. Rasch gegen den Jäger

Nur keine Sorg, Herr Jäger. Ich werd hundert Jahr alt.

Weib zum Jäger

Wir müssen noch einmal anstoßen zum Abschied. So jung kommen wir nimmer zusamm. Beginnt die Gläser der Reihe nach vollzuschenken.

Jäger
mit Beziehung auf die eben wieder auf einen Augenblick hörbar werdenden Klänge der Ziehharmonika

Tafelmusik haben Sie auch bstellt?

Weib

Das ist nur unser alter Knecht; so ein halber Zigeuner. Der probiert oft so am Abend. Aber oft spielt er auch ganz wilde Stückeln.

Jäger

So, so.

Mann

Also ist alles in Richtigkeit, Herr Jäger?

Jäger fest

Hab schon mein Order. Klopft auf die Brusttasche Zum Rapport in die Stadt.

Weib
hat die Gläser vollgeschenkt. Setzt sich zwischen Mann und Jäger

Und was meinen Sie; was gschieht jetz dann mit Ihnen?

Jäger

Weiß nit, was mit mir gschieht und wie sie es nehmen. Bitter Aber mein Ehr hat einen Sprung kriegt, das weiß ich. Schmerzlich vor sich hin Es ist mir nur wegen meiner Mutter: Sie ist immer stolz gwesen auf meine gute Führung. Mit Inbrunst Aber ich will wieder ehrlich werden von Grund auf.

Weib
erhebt sich mit dem vollen Glas

Wir sollen lebn. Zuerst der Mann, der alles wieder eingerenkt hat. Stößt mit ihm an Du bist doch der Schlaueste von uns allen. Dann zum Jäger gewendet Jäger. Wir zwei können jetz einander ganz — nüchtern ins Aug schauen; was? Sehen sich, das Glas in der Hand, an Halt. Ganz da hinten drin sieh ich noch ein Feuerl brennen. Das löschen wir aus. Zum Wohl, Herr Jäger. Stoßen an Wir schwemmen es hinunter. Trinken.

Jäger
trinkt das Glas leer. Während ihm das Weib wieder nachschenkt, vor sich hin

Ja. Haar und Blut hab ich da glassen; gegen das Weib aber ganz mich zu schanden rupfen warst doch nit imstand; du Weiberteufel.

Weib fährt auf

Wer hat den Teufel aus dem Ei gebrütet? Heftig gegen Mann und Jäger Du und du; ja, ihr zwei. Ah, wenn ihr mir so kommt.

Mann
beängstigt vor dem heftigen Ausbruch des Weibes

Weib, brenn nit wieder auf. Wir lassen es gut sein.

Weib scheinbar besänftigt

Na also gut. Dann ists ja gut, wenns gut ist. Dann Aber das müßt ihr doch selber sagen, ihr zwei Mannderln: Es ist nit gut, mit einem Weib Katz und Maus zu spielen. Wie schadenfroh Was, Jägerle, he?

Jäger

Die Weiber haben Schießpulver ein. Ich geh keiner mehr zu.

Weib spöttisch

Aber heut sein Sie doch wieder kommen.

Jäger
wischt sich wie benommen über die Stirn und sieht das Weib beinahe hilflos an

Weiß nit wie. Bin halt da.

Mann sieht auf die Uhr

Weib. Lang tun wir da nit um. Gsundheit trunken haben wir. Ich bin müd.

Weib

Ah was. Du bist alleweil müd. Nickt dem Jäger zu. Ja, Jäger. Sie müssen heut noch mit Sack und Pack die Nacht durch marschieren; schmeichelt sich an den Mann heran und wir zwei schlafen fein warm im Federbett. Gelt, Mannderl? Legt den Arm von hinten her um des Mannes Nacken und Schulter. Mit der andern Hand ergreift sie das Glas und blinzelt unter den halbgeschlossenen Lidern den Jäger an Gsundheit, Herr Jäger. Was sein muß, muß sein. Nippt von dem Wein.

Jäger
aufgestachelt, packt sein Glas und stürzt es, ohne mit dem Weib anzustoßen, rasch wortlos auf einen Zug hinunter. Stößt das leere Glas heftig auf den Tisch auf.

Mann zuckt zusammen

Oha. Für Sie wär am besten ein Glas aus Schmiedeisen.

Weib gegen den Mann

Laß ihn. Der Jäger hat Kraft. Und die muß irgend wo aus.

Jäger hat sich erhoben

Ich geh.

Weib hält ihn zurück

Jetz sein Sie erst niedergsessen. Ist der Stuhl noch gar nit warm. Und heut ists ja das letztemal; dann sehn wir uns nie mehr. Schenkt ihm das Glas voll.

Mann
den die Situation nicht geheuer dünkt

Weib, halt ihn nit auf. Es ist Zeit. Und der Jäger muß jetzt gehn.

Jäger
streift den Mann mit einem haßerfüllten Blick

Brauch keinen Mahner. Weiß selber, wenns Zeit ist. Setzt sich wieder.

Weib befriedigt

So ists. Wir sein nit auf dem Wasser. Und zünden Sie sich ein Zigarettl an. Dann wirds erst gemütlich. Ich riech den Rauch so gern.

Jäger
greift um eine Zigarette zwischen die Rockknöpfe; dabei den Mann mit den Augen streifend

Wenn nur niemandem übel wird vom Rauch.

Mann
hat sein Glas leer getrunken; gegen den Jäger

Geht das auf mich?

Jäger brennt sich die Zigarette an.

Weib den Mann scheltend

Sag nur, Mann; was ist heut mit dir? Bist wie eine Stechfliege. Möchst du mit Gwalt Unfrieden haben?

Mann verdutzt

Wer. Ich?

Weib

Dann gib einmal Ruh und reiz den Jäger nit auf. Heftig So ein blutschwaches Manndl, wie du. Du mußt kuschen vor dem Jäger. Du weißt es noch vom letztenmal her.

Jäger gegen das Weib

Ruhig von dem. Das ist begraben.

Mann fährt gegen das Weib auf

Reißt dich schon wieder der Teufel?

Weib fährt sich über die Stirn

Männer verzeiht mir. Aber ein Weib vergißt nicht so schnell. Es brandelt halt noch auf der Kohlstatt. Dann Aber jetzt ists schon wieder gut. Wir fahren mit dem Löschhörndl drüber und sagen: Es war nichts. Mann. Stößt mit dem Manne an Sollst leben; sieht ihn an wenn der Tod nichts dagegen hat.

Mann
setzt das Glas vom Mund ab; starrt erschrocken das Weib an

Weib; laß solche Späß.

Weib

Na, was denn? Kein Mensch ist vor dem Sterben sicher. Es kann jede Stund mich oder dich oder den Jäger haben. Dann das Glas schwingend Drum sein wir froh, daß wir noch leben und jung sein; was, Jäger? Stößt mit dem Jäger an Die jungen Jahr muß man nutzen. Mißt den Mann mit feindseligen Blicken Man hat ja sonst auch nichts. Trinkt und setzt sich.

Mann erbost gegen das Weib

Sonst auch nichts. Hab ich dir nit grad jetzt das Haus am Marktplatz verschrieben? Äfft das Weib Sonst auch nichts.

Weib
klopft dem Jäger lachend auf die Schulter

Herr Jäger; zu dem Haus haben Sie auch etwas beigsteuert; Sie haben mit mir in der Stubn da brav karessiert, und derweil hat mein Mann mit seinen Helfern die Schmuggelfracht aus dem Keller weggschafft. Lacht aus vollem Halse Mann, das hast fein gmacht. Klopft dem Manne auf die Schulter.

Jäger
hat wieder sein Glas leer getrunken. Fährt auf

Mein Ehr habt ihr mir angfressen in dem Fuchsloch da; und zu der Spitzbüberei noch den Spott dazu? Weib, bring mich nimmer weiter auf; ich hab jetzt Wein im Leib.

Weib

Jetz werden Sie nur nit mit mir sackgrob. Heftig Wer hat mich denn anglernt zu der Spitzbuberei? Gegen den Mann Du hast mich anglernt. Ja, du.

Mann heftig gegen das Weib auf

Das ist begraben.

Jäger
in wildem Haß gegen den Mann aufspringend

Begraben, ja. Und mein Ehr auch begraben. Es sieht einen Augenblick aus, als wollte er in seinem Grimm dem Manne zu Leibe gehen.

Weib stellt sich schützend dazwischen

Halt. Kein Streit. Dann Was nur die Männer haben: Aus jedem Wörtl drehn sie gleich einen Hackenstiel und schlagen damit los.

Jäger bezwingt sich mühsam

Ich muß grad gehn. Will ab.

Weib hält ihn zurück

Aber nit in Unfrieden. Wir stoßen noch einmal an. Schenkt dem Jäger das Glas voll. Reicht es ihm und hebt ihr Glas. Stellt sich ganz nahe vor ihm hin und sieht ihn an Jäger. Es ist das letztemal; bald sein Sie weit und nie mehr sehn wir uns. Stoßt an In drei Tagen haben Sie mich längst schon vergessen.

Jäger

Weib. Ich hab von dir meinen Hacker. Der sitzt. Und vergessen kann i dich nie mehr. Sieht sie mit trunkenen Augen an Ein Weib — ja, das bist schon. Voll Raß und voll Teufel. Stößt mit ihr an, daß die Gläser laut erklingen und leert sein Glas.

Weib
nippt vom Weine und beginnt, da eben wieder einige Takte der Musik vor dem Fenster hörbar werden, mit dem Glase in der Hand sich tänzelnd im Takte zu wiegen

Hopstrallala; hopstrallala.

Mann
auf das Weib zu; nimmt ihr das Glas aus der Hand und setzt es heftig auf den Tisch auf

So. Aus und fertig. Es ist Nacht und Schlafenszeit. Du weißt, wo du hinghörst.

Weib brutal

Ich schlaf mir noch gnug, wenn ich kalt bin. Eilt ans Fenster, öffnet es und ruft hinaus Knecht, vorwärts. Spiel auf, was ins Blut geht. Grad extra. Es ertönt nunmehr durch das offene Fenster eine Tanzweise, die immer stärker und wilder wird. Weib beginnt zu tanzen. Hopstrallala. Hopstrallala. Hält mit ihren Augen den Jäger im Bann.

Jäger
der sich zum Gehen gerüstet hat und schon bei der Tür steht, sieht dem tanzenden Weibe mit trunkenen Blicken zu

Weiter, Weib; weiter; nur immer drauflos. Weib beginnt zu tanzen.

Mann heftig

Herr Jäger; gute Nacht.

Jäger

Da piepst was. Sieht mit trunkenen Augen dem Weibe zu Weiter; nur weiter.

Weib
innehaltend, heftig gegen den Mann

Wo er nur von weitem was spürt, das nach Leben riecht — gleich möcht ers verbietn. Brutal Weil du keinen Atem hast, drum soll ich nit tanzen. Haha. Manndl. Du sperrst ein Weib noch lang nit ein. Im vollen Tanz Da schau, wie ich tanz. Und grad extra. Hopstrallala. Hopstrallala. Hält während des Tanzes mit ihren Augen den Jäger im Bann.

Jäger
der das tanzende Weib mit trunkenen Blicken verfolgt und mit den Füßen nun selbst den Takt zu stampfen beginnt, kann sich nicht mehr halten. Entflammt

Weib; du hast sieben Teufel im Leib. Wirft den gerollten Mantel ab; packt das Weib und schwingt sich mit ihr in wildem Tanz Weiter; nur weiter; nur immer drauflos.

Mann
ist ans offene Fenster geeilt. Ruft heftig hinaus

Hör auf mit dem Gedudl. Die Musik reißt plötzlich mitten im Takte ab. Mann wirft das Fenster zu. Auf die Tanzenden los Kein Schritt mehr.

Jäger
der in seinem Taumel das Verstummen der Musik gar nicht gewahr wird

Da piepst was. Während der Mann, der dem Ellbogen des Jägers zu nahe gekommen ist, von der Tanzbewegung fortgeschleudert wird, daß er taumelt, mit dem Weibe ohne Musik forttanzend Weiter; nur weiter; und immer drauflos.

Weib
beginnt sich plötzlich heftig gegen den Jäger zu wehren

Lassen Sie mich aus. Hören Sie denn nit? Wenn mein Mann nimmer will.

Jäger
hält das Weib noch immer gewaltsam fest und zerrt sie im Tanze fort

Weiter; nur weiter; nur immer drauflos.

Weib zornig

Das will i doch sehen. Macht sich mit einem gewaltigen Ruck aus den Armen des Jägers los. Zornfunkelnd Sie sein nit mein Mann. Vorwärts, Mann, wir gehn jetzt ins Bett.

Jäger

Was, Bett. Hat sich vor das Weib gestellt. Schneiderle; die rührst du nimmer an.

Mann

Wer ist ein Schneider? Zieht sein Messer.

Weib

Soll jetzt noch mit Gewalt ein Streit herauswachsen? Mann; steck dein Messer ein. Zum Jäger Sie, Jäger; da ist die Tür. Ich und mein Mann wollen jetzt schlafen gehn.

Jäger aufgepeitscht

Was schlafen. Der Schneider rührt dich nimmer an. Faßt das Weib.

Mann
mit dem gezückten Messer; totenblaß, schlotternd, unschlüssig

Jäger; und wenns mich noch so beutelt …

Weib
von dem Jäger gehalten

Jäger; dasmal sticht er.

Jäger

Der sticht nit. Reißt seinen Säbel aus der Scheide Schneider. Da hast. Ersticht den Mann.

Mann
ist unter dem Bildnis der Mutter zu Boden gesunken. Die brechenden Augen auf sein Weib gerichtet

Weib; jetz kenn i dich erst ganz.

Weib

Du kennst sie ja von Grund aus, die Weiber.

Mann stirbt.

Weib

Jäger. Du hast ihn umbracht. Du ganz allein.

Jäger
den Säbel in der Faust, stiert dumpf auf den Toten. Der Säbel entfällt ihm

Jetz bin ich avanciert. Bricht nieder.

Weib triumphierend

Hast jetz dein Sterndl? Mächtig Ihr Mannsteufel. Euch ist man noch über.

Ende.

Druck von C. Grumbach in Leipzig.

Anmerkungen zur Transkription

Der Originaltext ist in Fraktur gesetzt. Im Original g e s p e r r t hervorgehobener Text wurde in einem anderen Schriftstil markiert.

Die mundartliche Schreibweise und Grammatik des Originals wurden beibehalten. Lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher):






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effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
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the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
Defect you cause.

Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm

Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
electronic works in formats readable by the widest variety of
computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
from people in all walks of life.

Volunteers and financial support to provide volunteers with the
assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
www.gutenberg.org



Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
U.S. federal laws and your state's laws.

The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
volunteers and employees are scattered throughout numerous
locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
date contact information can be found at the Foundation's web site and
official page at www.gutenberg.org/contact

For additional contact information:

    Dr. Gregory B. Newby
    Chief Executive and Director
    gbnewby@pglaf.org

Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation

Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
spread public support and donations to carry out its mission of
increasing the number of public domain and licensed works that can be
freely distributed in machine readable form accessible by the widest
array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
status with the IRS.

The Foundation is committed to complying with the laws regulating
charities and charitable donations in all 50 states of the United
States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
with these requirements. We do not solicit donations in locations
where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
state visit www.gutenberg.org/donate

While we cannot and do not solicit contributions from states where we
have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
against accepting unsolicited donations from donors in such states who
approach us with offers to donate.

International donations are gratefully accepted, but we cannot make
any statements concerning tax treatment of donations received from
outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.

Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
ways including checks, online payments and credit card donations. To
donate, please visit: www.gutenberg.org/donate

Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.

Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
volunteer support.

Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
edition.

Most people start at our Web site which has the main PG search
facility: www.gutenberg.org

This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
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